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Hans-Georg Soldat rezensiert Günter de Bruyns Aufsatzsammlung "Deutsche Zustände. Über Erinnerungen und Tatsachen, Heimat und Literatur" aus dem Jahre 1999. Fast unversehens für den Leser weitet sich die Betrachtung jüngster Gegenwart zu einer subtilen Analyse ihrer Wurzeln, wird zu einer deutschen Geschichtsschreibung allgemein, zur Darstellung der Verdrängungsprozesse, die dabei in Ost und West gleichermaßen eine Rolle spielen. Das Überzeugende daran ist, dass dies ohne jeden Eifer geschieht, unaufgeregt, überlegen und dennoch unglaublich engagiert.
Hans-Georg Soldat rezensiert für die Eßlinger Zeitung die 1997 im Carl Hanser Verlag erschiene Autobiographie "Erwachsenenspiele" von Günter Kunert. Das Buch ist übervoll von skurrilen Erlebnissen, Begegnungen, Gesprächen mit Prominenten und weniger Prominenten. Kunerts Reisen in Ost und West sind Fundgruben staunenswerter Geschehnisse, selbst seine Übersiedlung 1979 nach Westdeutschland ist bei der Schilderung der bürokratischen Abläufe, des Verhaltens der offiziellen Stellen eine Satire in sich. Günter Kunerts gelassene, humorvolle Erzählweise entlarvt das eigentliche Böse, nämlich die unglaubliche Mittelmäßigkeit der Funktionäre und Schreibtischtäter - Hermann Kant wird einmal so apostrophiert - fast wie von selbst. Ähnlich wie im Pointillismus entsteht aus Einzelbeobachtungen das klare Bild einer DDR, die sich auf nichts so gut verstand, wie ihre anfangs gutgläubigen Verteidiger immer neu zu enttäuschen und schließlich in die Opposition zu treiben. »So ein "Vaterland" wie die DDR kriege ich zum herabgesetzten Preis im nächsten Spermarkt«, schreibt Günter Kunert grimmig gegen Ende des Buches, wenn er die Bemühungen von Klaus Höpcke, des DDR-"Literaturministers", schildert, ihn mit einem Apell ans Vaterlandsbewußtsein im Lande zu halten.
Hans-Georg Soldat rezensiert für die Berliner Zeitung die 1996 im Fischer-Verlag erschiene Autobiographie "Vierzig Jahre. Ein Lebensbericht" von Günter de Bruyn. Tatsächlich ist dieser zweite Band seiner Autobiographie viel stärker als der erste ein offener Selbstverständigungsversuch de Bruyns. Der Autor bemüht sich, zum einen, seine Integration in der Gesellschaft der DDR zu verstehen, mehr noch allerdings, zum anderen, seine Stellung innerhalb des Staates DDR zu begreifen. Während er mit ersterem nur bedingt Schwierigkeiten hat, schlägt er sich mit dem zweiten Punkt weidlich herum - wobei allerdings nicht ganz klar wird, ob er zwischen diesen beiden Aspekten selbst genau trennt. Nur mittelbar wird die Unterscheidung deutlich: An seiner liebevollen Beschreibung der Menschen in seinem Umkreis und an der eher harschen Beurteilung parteipolitisch-staatlicher Willkür, die sich naturgemäß bei ihm zuallererst an der Kulturpolitik der Hager, Höpcke oder Kant festmacht.