Refine
Year of publication
Document Type
- Article (56) (remove)
Language
- German (56)
Has Fulltext
- yes (56)
Is part of the Bibliography
- no (56)
Der Bubikopf ist schon seit Anfang des 20. Jahrhunderts als Zimmerpflanze in Kultur und auch heute noch ganzjährig im Pflanzenhandel erhältlich. Dem Gärtner ist schon länger bekannt, dass die Art auch bei uns milde Winter im Freiland überdauern kann. Für den Botaniker ist aber interessant, dass der Bubikopf offensichtlich immer häufiger auch verwildert und dabei Fröste von unter -10 °C schadlos überdauert. Im Ruhrgebiet haben sich verwilderte Bubikopf-Vorkommen in Zierrasen als vollkommen winterhart erwiesen.
Süßholz ist bekannt vom Raspeln und als Lakritz, vielleicht sogar als Hustenmittel. Aber wer hat schon einmal die lebende Pflanze gesehen? Im Jahr 2012 wurde die Art vom Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzen vom Institut für Geschichte der Medizin der Universität Würzburg zur Arzneipflanze des Jahres gewählt. Wie schon im letzten Jahr mit der Fleischfarbenen Passionsblume (Passiflora incarnata) handelt es sich um eine fremdländische Art, die man in Deutschland, wenn überhaupt, nur noch in Botanischen Sammlungen finden kann. Die lebende Pflanze ist heute weitaus unbekannter als ihre Heilwirkung. In noch größerem Maße trifft dies übrigens auch auf die Heilpflanze des Jahres 2012 zu, die Koloquinte (Citrullus colocynthis). Der Sinn solcher Auswahlen bleibt im Unklaren. Es scheint uns geeigneter, den Botanischen Gärten die Aufgabe zu überlassen, sich solchen interessanten, aber weitgehend unbekannten oder in Vergessenheit geratenen Pflanzen zu widmen. Bei der Wahl einer deutschen "Pflanze des Jahres" sollte man sich unserer Ansicht nach auf Arten der heimischen Pflanzenwelt konzentrieren, die man auch in der Natur zu Gesicht bekommen kann. Die Auswahl an geeigneten Kandidaten mit Heilwirkung jedenfalls dürfte für einige hundert Jahre ausreichen – oder aber man kürt gleich ein "Medikament des Jahres".
Zwei Funde des Mittleren Nixkrauts (Najas marina subsp. intermedia) in Gewässern der Rheinaue in Duisburg geben Anlass, auf die in Nordrhein-Westfalen noch weitgehend unbekannte Art Najas marina mit ihrenbeiden Unterarten aufmerksam zu machen, zumal es Hinweise darauf gibt, dass die Sippen bundesweit in Ausbreitung begriffen sind. Während in jüngerer Zeit die subsp. marina in Nord- und Ostwestfalen erstmals für Nordrhein-Westfalen nachgewiesen wurde, liegt mit dem Fund der subsp. intermedia in Duisburg nun der Erstnachweis dieser Unterart für Nordrhein-Westfalen vor.
Aktuelle Vorkommen der Pracht-Königskerze (Verbascum speciosum SCHRAD.) in Nordrhein-Westfalen
(2012)
Im Sommer 2012 wurden an fünf verschiedenen Stellen in vier unterschiedlichen Großlandschaften Nordrhein-Westfalens Vorkommen der Pracht-Königskerze (Verbascum speciosum SCHRAD.) entdeckt. Vier der Vorkommen lassen auf eine bereits erfolgte Einbürgerung schließen. Die Erkennungsmerkmale der in Deutschland bisher als unbeständig angesehenen Art werden aufgeführt, die Unterschiede zu ähnlichen Arten (Verbascum pulverulentum, V. lychnitis, V. bombyciferum, V. olympicum) werden dargestellt.
Im Jahr 2011 wurde die Moorlilie (andere Namen z. B. Beinbrech, Ährenlilie, Stablilie oder Knochenbruchgras) zur Blume des Jahres 2011 gewählt, zum letzten Mal von der bekannten Naturschützerin HANNELORE SCHMIDT, die auch die Rede zur Ernennung noch selbst verfasste (http://www.stiftung-naturschutz-hh.de/blum/rede2011.htm), aber kurz vor der Bekanntgabe mit 91 Jahren verstarb. Seit 1980 wird eine "Blume des Jahres" gekürt. Sie soll "Menschen immer wieder über den ökologischen Wert der Pflanzenwelt und über die Notwendigkeit des Schutzes aller bedrohten Arten informieren" (LOKI SCHMIDT, http://www.stiftung-naturschutz-hh.de/blumedj.htm). Mit der in Deutschland stark zurückgegangenen Moorlilie will die LOKI-SCHMIDT-STIFTUNG den Lebensraum Moor ins öffentliche Bewusstsein rücken, stellvertretend für alle weiteren charakteristischen und ebenfalls oft gefährdeten Arten dieses stark gefährdeten Lebensraums.
Die Echte Katzenminze, auch Katzenkraut, Katzenmelisse oder Steinmelisse genannt, ist eine alte Heilpflanze, die bereits von den Römern in Mitteleuropa kultiviert wurde. Ihre Ver-wilderungen gehörten zur typischen Flora der Dörfer, der Umgebung von Klöstern und Gehöften. Die Art tritt aber auch im Siedlungsbereich größerer Städte auf. Sie war in der nordrhein-westfälischen Flora zumindest im letzten Jahrhundert nie häufig und ist heute nur noch sehr selten zu finden (z. B. BECKHAUS 1893, HÖPPNER & PREUSS 1926, RUNGE 1990, HAEUPLER & al. 2003, GORISSEN 2015). Derzeit steht sie landesweit als stark gefährdet auf der Roten Liste (RL 2, RAABE & al. 2011), in einigen Großlandschaften wird sie sogar als "vom Aussterben bedroht" (RL 1) oder "ausgestorben" (RL 0) eingestuft. Dabei muss man aber wissen, dass aktuelle Vorkommen der Echten Katzenminze oft als neophytisch klassifi-ziert und deswegen nicht in der Roten Liste berücksichtigt werden. Hierbei drängt sich die Frage auf, inwiefern sich solche neophytischen Vorkommen überhaupt von anderen Vorkommen unterscheiden.
Am 18. Juli 2010 fand im Ruhrgebiet das Projekt "Still-Leben Ruhrschnellweg" im Rahmen der Veranstaltung zur Kulturhauptstadt 2010 statt. Für einen Tag war die A40 zwischen Dortmund "Märkische Straße" und Duisburg-Häfen für den Kraftfahrzeugverkehr gesperrt und wurde zu einer Veranstaltungsmeile (www.ruhr2010.still-leben-ruhrschnellweg.de), die im Nachhinein als einer der erfolgreichsten Veranstaltung des Kulturhauptstadt-Jahres betrachtet wurde. Neben dem außergewöhnlichen Event an sich stellte dieser Tag für Botaniker zusätzlich eine einmalige Gelegenheit dar, einen Lebensraum zu untersuchen, der ansonsten nicht zugänglich ist und bisher nur völlig unzulänglich aus dem fahrenden Auto bzw. im Stau stehend untersucht worden war. Daher beschlossen der Bochumer Botanische Verein und die Biologische Station Westliches Ruhrgebiet (www.bswr.de), eine systematische Kartierung der Autobahnstrecke zu organisieren. Unter der Federführung von Dipl.-Biol. CORINNE BUCH (Vorsitzende des Bochumer Botanischen Vereins und Mitarbeiterin an der Biostation Westliches Ruhrgebiet) konnten außerdem insbesondere aus dem Umfeld der anrainenden Universitäten, des BUND, des NABU und der Biologischen Station Östliches Ruhrgebiet über 70 Fachleute, Studierende und interessierte Laien für das Projekt gewonnen werden. Als Triebkraft für ein solch außergewöhnlich großes Interesse war zu allererst eine gespannte Neugierde festzustellen. Wissenschaftliches Ziel war neben einer möglichst vollständigen Erfassung aller Arten, besonders charakteristische Autobahnarten herauszustellen, wobei ein besonderes Augenmerk auf den Salzpflanzen (Halophyten) lag.
Das aus Südafrika stammende Gebogene Liebesgras (Eragrostis curvula) wurde bisher in Nordrhein-Westfalen nur vereinzelt gefunden. Die charakteristischen Merkmale der Art werden hier vorgestellt und drei ihrer nordrhein-westfälischen Wuchsorte (Rhein-Herne-Kanal in Bottrop, NSG "Brachter Wald" im Kreis Viersen, Quarzsandgrube in Frechen, Rhein-Erft-Kreis), an denen sie eingebürgert ist, ausführlich beschrieben. Eragrostis curvula gelangte z. T. offensichtlich aus Ansaaten ins Gelände, an anderen Stellen bleibt die Herkunft unklar. Wie langjährige Beobachtungen zeigen, ist die Art in der Lage, sich an offenen Standorten massiv auszubreiten. Durch Mahd und Brand wird die Art offensichtlich gefärdert. Im NSG "Brachter Wald" wird sie zum Erhalt der ursprünglich vorhandenen Arten und der ursprünglichen Vegetation bereits seit einigen Jahren durch verschiedene Maßnahmen erfolgreich zurückgedrängt.
Das Sumpf-Herzblatt (Parnassia palustris), benannt nach dem bevorzugten Lebensraum und den oft herzförmigen Blättern, ist in Nordrhein-Westfalen eine Seltenheit und es wird immer seltener. Die Blüten wirken auf den ersten Blick schlicht, aber sie haben einige Überraschungen zu bieten, denn schaut man genau hin, dann stellt sich heraus, dass sie einerseits trickreich ihre Bestäuber betrügen und andererseits durch eine ausgeklügelte Blührhythmik dafür sorgen, dass ihre Blüten nicht selbstbestäubt werden können. Und man kann einer Blüte sogar ansehen, wie alt sie ist und wie viele Tage sie noch blühen wird.
Zur Blume des Jahres 2012 wurde die Heide-Nelke (Dianthus deltoides) ernannt. Die Loki-Schmidt-Stiftung möchte damit auf die schutzwürdige und in Deutschland gefährdete Art sowie ihre bedrohten Lebensräume aufmerksam machen. Eine Beschreibung der Art, ihres Lebensraums und die Gründe für Ihren Rückgang sind unter www.stiftungnaturschutz- hh.de/blume/2012.htm nachzulesen. Die Art ist auch in Nordrhein-Westfalen heimisch, hier selten geworden und steht mittlerweile als gefährdet (RL 3) auf der Roten Liste (RAABE & al. 2010). In diesem Porträt sollen einige ergänzende Infos gegeben werden, die sich im Wesentlichen mit der Verbreitung in Nordrhein-Westfalen und der Unterscheidung zu ähnlichen bei uns auftretenden Dianthus-Arten befassen.