Es beginnt mit einer Reminiszenz an mein Lieblingsmärchen. Das ist das Märchen von des Kaisers neuen Kleidern. Ich zitiere v. Olberg- Haverkate: "Ziel der Klassifikation der Textklasse Rechtsbücher ist die Textsortenermittlung, die Kategorisierung auf der Ebene der langue, des Sprachsystems. Gegenüber der Textklasse/Textgattung/Textgruppe sind Textsorten theoretische Konstrukte. Der Umfang der Textsorte ist in dieser Untersuchung nicht wie in älteren Ansätzen an das Satzmodel gebunden. 'Die Annahme von der kommunikationstheoretischen Orientierung der systemhaften, synchronen linguistischen Textsorte sprengt schließlich den Rahmen des strukturalistischen Systembegriffs… Sie führt zu einer Zweidimensionalität des Textsortenbegriffs. … Die Textsorte unterschiedet [sic] sich durch die Einbeziehung situativer, pragmatischer Merkmale von den anderen Einheiten der langue (Phonem, Morphem, Satztypen)'". Die zentrale Frage aus des Kaisers neuen Kleidern lautet übersetzt für diesen Kontext so: Ist das einfach völlig substanzlos und nichtssagend oder habe ich irgendetwas nicht verstanden? ...
This paper reflects on legal pluralism. How did medieval societies incorporate both unwritten customs and written law at the same time? How did they constitute the process of finding justice? What is the essense of legal pluralism, and will it help us understand the situation of Taiwan’s indigenous population?
We aim to solve these problems by taking a closer look at medieval Saxony: for around 400 years, both laws given by the authorities and traditional customs in Saxony worked fine in parallel. The latter were put into writing by the legal practitioner Eike von Repgow around 1230 for reasons unknown. We refer to his collection of laws and customs of the Saxons as the Sachsenspiegel ("Mirror of Saxons").
While Saxons certainly differed from Taiwan’s indigenous population for many reasons, such as the supposedly weaker egalitarianism among the Saxons than among at least some indigenous groups, the two show some remarkable similarities nonetheless. Just like the Taiwanese Gaya, the Sachsenspiegel’s spiritual origin raises the claim to validity. Furthermore, comparing the handling of a person’s sale of inherited property, the legal situations in the Sachsenspiegel and Taiwan’s unwritten customs resemble each other. The heir can transfer only property he acquired personally. Furthermore, the author discusses the different character of courts and procedure under oral law in contrast to written modern law.
Finally, the paper concludes with some remarks about a learned commentary on the Sachsenspiegel written around 1325, combined with an outlook on the possible future of Taiwanese customs.
Ob eine Suche nach Rechtsbegriffen des Mittelalters förderlich sei, erscheine – so Harald Siems – zweifelhaft. Theoretische Reflexionen über Recht habe man im Frühen Mittelalter kaum angestellt. Jedenfalls nicht in der Intensität, dass sie sich zum Begriff verdichtet hätten. Die Frage nach dem Rechtsbegriff sei auch deshalb fehl am Platze, weil im Frühmittelalter so etwas zur Lösung von Rechtsfragen nichts hätte beitragen können. Warum sollte jemand auf die Idee kommen, "quasi auf Vorrat" Rechtsbegriffe zu entwickeln? Schon wenn es um konkrete Rechtsfragen wie beispielsweise die Behandlung von Diebstahl oder Raub geht, fehle es "noch lange an Begriff und System". Diese knappe Feststellung bringt Siems’ Ausführungen für einen kurzen Moment in die Nähe von Überlegungen, die Pilch anstellt und die auf dieser Tagung zu verfolgen sind. Aber wirklich nur für einen Augenblick blitzt das auf: Siems sagt, Rechtsbegriffe seien eine schwierige, abstrakte Kategorie, für die heute die Vertreter der Rechtstheorie und der Rechtsphilosophie zuständig seien. ...
Charles Dickens wusste, was es bedeutet. Ihm selbst blieb dieses Schicksal zwar erspart, nicht aber seinem Vater. Der geriet in Schuldhaft (debtor’s prison), so wie der Vater von Little Dorit in Dickens’ gleichnamigem Roman. Von so etwas handelt Breßlers Buch. Noch vor nicht allzu langer Zeit wurde die Aussage, jemand hafte (persönlich) für seine Schulden, sehr wörtlich genommen. Später haftete nicht mehr der Schuldner in Person, sondern nur sein Vermögen, und nach heutigem Recht ist Haft im Zusammenhang mit Schulden nur in Ausnahmefällen möglich. ...