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Auf der Insel Helgoland in der südöstlichen Nordsee (54° 11‘ N,
7° 52‘ O) wird seit 1972 alljährlich der mutmaßliche Brutbestand
des Eissturmvogels Fulmarus glacialis als „apparently
occupied sites“ (AOS) erfasst. In drei Jahren intensiverer Beobachtungen
von insgesamt 41 verschiedenen, gut einsehbaren
Standorten erbrachten in der Summe 96 im Juni besetzte
AOS 38 flügge Junge, entsprechend einem Bruterfolg von im
Mittel 0,40 Jungen pro AOS. Eine Neuberechnung des Bruterfolgs
unter Ausschluss der Prospektoren und adulten Nichtbrüter,
welche den Brutfelsen bis August verlassen, ergab
hingegen einen Bruterfolg von im Mittel 0,67 Jungen pro
tatsächlichem Brutpaar.
Isolierte Brutplätze oder solche am Rand der Kolonie wurden
vermutlich eher von unerfahrenen, ungeschickten oder konditionell
schwächeren Brutvögeln oder von Prospektoren besetzt:
Zwar war der (unterschätzte) Bruterfolg der Juni-AOS im Zentrum
der Kolonie höher als am Rand, nach der Neuberechnung
des Bruterfolgs auf der Basis der tatsächlich brütenden Paare
gab es aber keine lokalen Unterschiede mehr.
Nur zwölf der insgesamt 41 verschiedenen Brutstandorte
waren vergleichsweise erfolgreich und erbrachten drei Viertel
des gesamten Bruterfolgs (28 flügge Jungvögel). Vermutlich
waren diese Brutstandorte immer von den selben erfahrenen
Brutpaaren mit hoher individueller Qualität besetzt.
Im Hinblick auf potenzielle Standorte für Offshore-Windenergieanlagen
und die von ihnen ausgehende mögliche
Gefährdung von Vögeln ist es erforderlich, die Kenntnisse
über den Vogelzug über See - insbesondere über den nächtlichen
- zu erweitern. Im Rahmen einer umfassenden ökologischen
Begleitforschung zur Offshore-Windenergienutzung
wurden daher auf einer Forschungsplattform in der südöstlichen
Nordsee auch die Rufe von Vögeln automatisch erfasst.
Die genaue Artzugehörigkeit insbesondere nachts ziehender
Vögel automatisch zu erfassen und zu bestimmen, ist bis auf
wenige Ausnahmen nur anhand von Rufen möglich. Hier wird
erstmals das artspezifische Vogelaufkommen in der Nähe
einer anthropogenen Offshore-Struktur im gesamten Tagesund
Jahresverlauf dargestellt (Pentadenmittel von zwölf Arten).
Von 2004 bis 2007 wurden insgesamt 100 Arten identifiziert
und die Rufe von 95.318 Individuen (ohne Großmöwen)
analysiert. Drei Viertel aller Registrierungen betrafen Passeres
(überwiegend Drosseln), ferner wurden vor allem Limikolen,
Seeschwalben und Kleinmöwen nachgewiesen. 79,4 % aller
Individuen wurden in der Nacht registriert. Hohe Individuenzahlen,
meist von vielen Arten gleichzeitig, konzentrierten
sich oft auf wenige Tage/Nächte oder gar Stunden. Zur Wegzugzeit
war das Vogelaufkommen wesentlich höher als zur
Heimzugzeit, maximal wurden in der Nacht vom 28. auf den
29.10.2005 über 5.236 Vögel (entsprechend 392 Ind./h) verschiedener
Arten identifiziert. Die Zugzeiten der Kurz/Mittelstreckenzieher
waren anhand der Rufe deutlich, die der Langstreckenzieher unter den Passeres wahrscheinlich wegen
ihrer geringen Ruffreude nicht zu erkennen. Im Juli wurden
überwiegend Kleinmöwen und Seeschwalben, im August vor
allem Seeschwalben und Limikolen (insbesondere Rotschenkel)
und im Winter spät wegziehende Kleinmöwen und Drosseln
registriert. Generell stieg die Häufigkeit mit Beginn der
Nacht stetig an und erreichte ihr Maximum vor Sonnenaufgang,
die wenigsten Vögel wurden am späten Nachmittag
registriert.
Trotz methodischer Einschränkungen stimmen die gezeigten
artspezifischen Phänologien im Großen und Ganzen mit den
Zugzeiten im Offshore-Bereich der Deutschen Bucht nach
Fangzahlen sowie nach Zugplan- und Zufallsbeobachtungen
überein. Wie mit diesen Erfassungsmethoden ist aber auch mit
der akustischen Aufzeichnung eine vollständige Quantifizierung
des Vogelaufkommens nicht möglich. Vermutlich wird
die Zahl der Vögel bei gutem Wetter unterschätzt und bei
schlechtem überschätzt. Wir gehen aber davon aus, dass die auf
der Plattform akustisch erfassten Vögel zumindest den niedrig
fliegenden Anteil der rufenden Arten im jahreszeitlichen Verlauf
und in seiner täglichen Variabilität reflektieren.
Die Möglichkeit, anhand der Rufe auf die Zahl der niedrig
und damit in der Nähe eines anthropogenen Hindernisses
fliegenden Vögel schließen zu können, ist in Hinblick auf die
Beurteilung ihres Kollisionsrisikos und der Einleitung von
Verminderungs- oder Vermeidungsmaßnahmen (Standort,
kurzzeitiges Abschalten der Anlagen und Beleuchtungsoptimierung)
nicht unerheblich.