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Kaum auf dem Markt, hatte Simon Coles Buch Suspect Identities schon einigen Wirbel verursacht. Cole, in Harvard in Science and Technology Studies promoviert, beschäftigt sich mit der Geschichte des Fingerabdrucks und anderer Identifizierungsverfahren. Sein Buch schildert die Revolution der Kriminaltechnik ab der Mitte des 19. Jahrhunderts und endet in der Gegenwart: Auf die Begeisterung für die Polizeifotografie folgen Versuche mit dem Fingerabdruckverfahren (Daktyloskopie) sowie der "anthropometrischen Bertillonage", die eine Person anhand ihrer Knochenlängen und anderer körperlicher Merkmale identifizieren wollte. Aus der Konkurrenz und Koexistenz geht schließlich das Fingerabdruckverfahren ob seiner Einfachheit in der Datenerhebung und -archivierung als eindeutiger Sieger hervor. Mittlerweile wird es zunehmend vom genetischen Fingerabdruck ergänzt, der eine historisch nie dagewesene Zuverlässigkeit bietet, aber als forensisches Beweismittel verblüffend ähnliche Strukturprobleme in sich birgt. ...
Die deutsche Normalschraube
(2003)
Moderne Selbstbeschreibungen können durchaus produktiv die historische Forschung zu neuen Paradigmen anregen. Die derzeit sehr populäre Vorstellung von "Netzwerken" lässt sich mit Gewinn sogar auf historische Gesellschaften übertragen. Die Folgen dieses Konzepts für Theorien der Herrschaft beschäftigten am 5. und 6. Dezember 2002 am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz einen von Peter Becker und Raffaele Romanelli organisierten Workshop – sein Thema: "Governing through Networks: International Collaboration between Public Administrators". Der Veranstaltungstitel bildet nicht ab, dass es sich um ein dichtes Expertengespräch zum 19. Jahrhundert handelte. Thomas Nutz (München)berichtete über den sich internationalisierenden Gefängnisdiskurs in der ersten Hälfte des Jahrhunderts, Pietro Corsi (Paris) breitete imposantes Material über die bis heute fruchtlosen Versuche italienischer Geologen aus, eine vollständige Karte des Landes zu erstellen. Hier wie auch bei den Statistikern (Silvana Patriarca, Fordham) wurde deutlich, welch überragende Rolle internationalen Netzwerken von wissenschaftlichen Experten im Verlauf von nur wenigen Jahrzehnten zugewachsen war. Sie organisierten sich in privaten Vereinen oder halbstaatlichen Organisationen und bildeten grenzüberschreitende Wissenssysteme, denen zunehmend eine Schlüsselstellung bei der politischen Entscheidungsfindung zukam. ...