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Ausgangsfrage des Reports war, ob das Ausbildungsverhalten der Betriebe in Hessen 2010 noch unter den Folgen der Wirtschaftskrise litt oder schon vom beginnenden Aufschwung geprägt war. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass der Ausbildungsmarkt tatsächlich ein Spätindikator der wirtschaftlichen Entwicklung ist: Das Ausbildungsverhalten der Betriebe reagiert mit Verzögerung auf negative konjunkturelle Effekte, weswegen 2010 viele Ausbildungskennziffern noch unter dem Einfluss der Wirtschaftskrise stehen. Im Einzelnen trifft dies sowohl auf die Ausbildungsbeteiligung, die Ausbildungsintensität sowie die Übernahmebereitschaft der Betriebe zu, die allesamt etwas niedriger sind als im Jahr zuvor. Die Veränderungen sind jedoch nicht so massiv, dass von großen konjunkturellen Effekten auszugehen ist; insgesamt ist der Ausbildungsmarkt von strukturellen Faktoren und langfristigen Entwicklungen geprägt. Der Anteil der hessischen Betriebe, der 2010 ausbildete, lag bei nur noch 31 Prozent und damit vier Prozentpunkte niedriger als zwei Jahre zuvor. Insbesondere im Dienstleistungsbereich bilden viele Betriebe nicht aus, wobei das ungenutzte Potenzial, d.h. der Anteil der Betriebe, der trotz Berechtigung nicht ausbildet, im von der Krise besonders betroffenen Produzierenden Gewerbe noch höher liegt. Die Zahl der Auszubildenden insgesamt ging 2010 ebenfalls zurück, erneut vor allem im Produzierenden Gewerbe. Da zugleich die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten wieder anstieg, lag die Ausbildungsquote Hessens bei nur noch 4,9 Prozent und somit einen ganzen Prozentpunkt unter dem Vergleichswert von Westdeutschland.
Verantwortlich für den geringeren Anteil an Auszubildenden war unter anderem der Rückgang des Angebots an Ausbildungsstellen. 2010 boten hessische Betriebe deutlich weniger Ausbildungsplätze an als noch 2009. Zudem konnten nur knapp 83 Prozent dieser Stellen auch be‐
setzt werden, was den niedrigsten Wert seit Beginn der Panelbeobachtung darstellt. Besonders groß waren die Besetzungsprobleme bei den Kleinbetrieben und in den Bereichen Handel und Sonstigen Dienstleistungen. Ob hier bereits erste Anzeichen für die Effekte des demografischen Wandels zu verzeichnen sind, wir sich in den nächsten Jahren zeigen. Als weiterer Grund für die geringere Zahl an Auszubildenden ist schließlich die hohe Zahl an erfolgreichen Ausbildungsabschlüssen zu nennen. 2010 beendeten rund 36.500 Auszubildende ihre Ausbildung, was langfristig betrachtet ein sehr hoher Wert ist. Rund 51 Prozent hiervon waren Frauen, womit die weiblichen Auszubildenden zum zweiten Male die Majorität der erfolgreichen Absolventen stellen. Von diesen Absolventen wurden jedoch nur 58 Prozent in den Betrieb übernommen, was den niedrigsten Wert der letzten Jahre darstellt. Hierbei ist anzumerken, dass die Gründe häufig bei den Auszubildenden selbst zu suchen sind, die eine andere berufliche Orientierung suchen. Wirtschaftliche Gründe seitens der Betriebe sind nur recht selten maßgeblich für die Nicht‐Übernahme. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass auf dem hessischen Ausbildungsmarkt die Krise 2010 noch nicht überwunden war. Für die Zukunft sollte bei anhaltendem Wachstum jedoch wieder mit positiveren Zahlen zu rechnen sein.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Trend zu immer größerer Flexibilisierung bei den Beschäftigungs‐ und Personalmaßnahmen in Hessen auch 2010 eine Fortsetzung fand. Der Anteil der befristeten Neueinstellungen nahm nochmals zu und liegt mittlerweile bei fast 50 Prozent. Mit anderen Worten: Fast die Hälfte aller Neueingestellten bekam zunächst nur einen befristeten Vertrag. Auch die Leiharbeit hat sich als Flexibilisierungsinstrument in Hessen etabliert, wenn auch auf niedrigerem Niveau: Nur in sieben Prozent der hessischen Betriebe finden sich Leiharbeitskräfte, diese machen derzeit rund zwei Prozent aller Beschäftigten aus. Vor allem in der Produktion (Verarbeitendes und Baugewerbe) ist Leiharbeit verbreitet, wobei die schnelle Verfügbarkeit der Beschäftigten und der zeitlich begrenzte Bedarf die Hauptgründe für deren Einsatz sind. Neben diesen langfristig wirksamen Entwicklungen war 2010 von besonderem Interesse, wie sich kurzfristige konjunkturelle Effekte auf die Personalbewegungen und die Personalpolitik auswirken.
Als Reaktion auf die Wirtschaftskrise setzten die Betriebe auf unterschiedlichste Maßnahmen, vor allem auf den Abbau von Überstunden und das Zurückstellen von Neueinstellungen. Der beginnende Aufschwung des Jahres 2010 spiegelte sich hingegen noch nicht durchgängig wieder. Die Zahl der Neueinstellungen blieb trotz Konjunkturbelebung auf vergleichsweise niedrigem Niveau; da zugleich auch recht wenig Entlassungen zu verzeichnen waren, konnte auch im Jahr 2010 in Hessen nur eine geringe Arbeitsmarktdynamik beobachtet werden. Allerdings gibt es auch Bereiche, in denen es 2010 zu einem deutlichen Aufwärtstrend kam. So stieg die Zahl der offenen Stellen um etwa 10.000 an, wobei vor allem der Dienstleistungsbereich eine höhere Nachfrage zeigte. Interessant ist hier, dass entgegen früherer Entwicklungen eine erhöhte Nachfrage vor allem nach einfachen Tätigkeiten bestand, während die Suche nach qualifizierten Beschäftigten noch verhalten blieb. Diese Momentaufnahme sollte aber nicht den Blick verstellen für das bereits bestehende Problem, Stellen für qualifizierte Arbeitskräfte nicht besetzen zu können. Dies betraf 2010 etwa sieben Prozent der hessischen Betriebe, in denen rund 23.500 qualifizierte Stellen nicht besetzt werden konnten. Gefragt, was die zentrale personalpolitische Herausforderung der nächsten Jahre sei, nennen die Betriebe folgerichtig die Rekrutierung von Fachkräften, während zu hohe Lohnkosten weniger bedeutsam sind als in der Vergangenheit. Der drohende Fachkräftemangel ist demnach ein übergreifendes Problem, dem durch gemeinsame Anstrengungen der Bildungs‐ und Arbeitsmarktakteure zu begegnen ist.
Als Leitfrage wurde eingangs formuliert, ob die Wirtschaftskrise auch im Jahr 2010 noch Auswirkungen auf die hessischen Betriebe hatte. Dies kann zusammenfassend bestätigt werden; bei fast allen untersuchten Indikatoren, die konjunkturellen Einflüssen unterliegen, liegt die Vermutung nahe, dass 2010 noch Kriseneffekte zu spüren sind, wenn diese auch häufig moderat ausfallen. Eine unmittelbare Bestätigung findet dieser Befund, wenn man die krisenbetroffenen Betriebe nach dem gegenwärtigen Status befragt. Für nicht einmal jeden zehnten Betrieb ist die Krise vollständig überwunden. Fast 30 Prozent befinden sich nach eigenen Angaben noch inmitten der Wirtschaftskrise, und für fast zwei Drittel der Betroffenen sind die Auswirkungen noch spürbar. Einschränkend ist hierbei festzuhalten, dass nur eine Minderheit der hessischen Betriebe direkt von der Krise betroffen war. Falls dies der Fall war, waren die Auswirkungen in der Regel negativ, insbesondere im Verarbeitenden Gewerbe sowie den exportorientierten Betrieben. Es gibt jedoch auch „Krisengewinner“, die von der konjunkturellen Lage und den Krisenmaßnahmen profitieren konnten, dies gilt vor allem für das Baugewerbe. Die betriebliche Einschätzung der Ertragslage des Geschäftsjahres 2009 liegt unter den Vorjahreswerten, aber noch immer deutlich besser als in den Jahren 2001 bis 2005. Die Erwartungen waren für 2010 eindeutig positiv: in Umkehrung der letztjährigen Daten rechnen deutlich mehr Betriebe mit einem steigenden Geschäftsvolumen im nächsten Jahr, besonders häufig im Verarbeitenden Gewerbe. Auch der Wettbewerbsdruck, dem sich die hessischen Betriebe ausgesetzt sehen, hat gegenüber 2009 abgenommen, wird aber noch immer höher empfunden als im Vorkrisenjahr 2008. Für hochgerechnet knapp 18.300 hessische Betriebe ist der Konkurrenzdruck derart hoch, dass er nach Einschätzung der Betriebe den Fortbestand gefährdet; dies sind knapp 4.000 weniger als im Vorjahr. Ein Rückgang an betrieblichen Aktivitäten lässt sich rückblickend bei den Investitionen beobachten. Der Anteil der investierenden Betriebe lag im Jahr 2009 auf dem niedrigsten Wert der langfristigen Betrachtung, wobei im Jahr der Krise vor allem die Investitionen in Anlagen und Betriebsausstattung zurückgingen. Die Investitionsplanungen sehen je doch für 2010 bei vielen Betrieben eine Erhöhung des Investitionsvolumens vor. Relativ unbeeinflusst von konjunkturellen Einflüssen zeigt sich allein das Innovationsverhalten der hessischen Betriebe. Sowohl der Anteil der innovativen Betriebe als auch die Art der Innovationen und organisatorischen Änderungen liegen innerhalb der langjährigen Beobachtung.
Die Finanzmarkt‐ und Wirtschaftskrise hat auch bei den betrieblichen Arbeitszeiten in Hessen Spuren hinterlassen. So ist der langfristige Trend zu längeren Arbeitszeiten zunächst unterbrochen worden: Die durchschnittliche vereinbarte Wochenarbeitszeit lag 2010 bei durchschnittlich 39,1 Stunden. Dies ist eine knappe halbe Stunde weniger als noch vor zwei Jahren. Insbesondere hat der Anteil der Betriebe, in denen weniger als 36 Stunden gearbeitet werden, zugenommen, während weiterhin in einer Mehrheit der hessischen Betriebe eine Arbeitszeit von über 40 Stunden gilt. Ebenfalls rückläufig war die Zahl der Betriebe, die anfallende Mehrarbeit mit Überstunden begegnete, wobei vor allem Mittel‐ und Großbetriebe dies seltener nutzten. Kompensiert werden Überstunden weiterhin vor allem durch Freizeitausgleich; die kostenintensivere Bezahlung spielt eine geringere Rolle. Am deutlichsten zeigte sich der Kriseneffekt erwartungsgemäß bei dem Instrument, dass unmittelbar zur Dämpfung von konjunkturellen Schwankungen vorgesehen ist: der betrieblichen Kurzarbeit. Während im Jahr 2006 nur 0,8 Prozent der hessischen Betriebe Kurzarbeit einsetzte, traf dies in den Jahren 2009 und 2010 auf rund fünf Prozent zu. Betroffen hiervon waren kumuliert im ersten Halbjahr 2010 hochgerechnet noch immer 107.000 Beschäftigte, mehrheitlich aus dem Verarbeitenden Gewerbe, das besonders stark unter der Krise litt. Neben diesen Bereichen, in denen kurzfristige konjunkturelle Einflüsse zu verzeichnen sind, gibt es jedoch einige Aspekte der betrieblichen Arbeitszeiten, in denen die Entwicklung langfristig und strukturell wirksam ist bzw. die generell eine hohe Konstanz aufweist. Dies gilt beispielsweise für das Instrument der individuellen Arbeitszeitkonten, das weiterhin von nur etwa jedem vierten hessischen Betrieb genutzt wird, wobei es vor allem in den Dienstleistungsbranchen sowie den kleineren Betrieben kaum zur Anwendung kommt. Andere Flexibilitätsinstrumente der Arbeitszeitsteuerung, wie z.B. Samstagsarbeit oder versetzte Arbeitszeiten, finden häufigere Anwendung, wobei auch hier nur geringe Veränderungen im Zeitverlauf zu beobachten sind. Der Anteil der Betriebe, die Teilzeitkräfte beschäftigen, hat 2010 wieder zugenommen und liegt in etwa auf dem hohen Niveau der letzten Jahre. Gleiches gilt für die Teilzeitquote, die weiterhin vor allem in Kleinbetrieben und dem Dienstleistungsbereich hoch ist. Die Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass die Arbeitszeitinstrumente von den Betrieben flexibel eingesetzt werden, um konjunkturelle Effekte abzufedern; langfristige Trends bleiben hiervon meist unberührt.