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Unter medizinischer Kommunikation werden verschiedene Kommunikationstypen zusammengefasst: Dazu gehören zum einen Gespräche von Medizinern mit Krankenkassen und Verwaltungen, zum anderen öffentliche Diskurse zu Gesundheit und Krankheit. Die linguistische Forschung hat sich zunächst mit der medizinischen Fachsprache, wie z. B. der Verständlichkeit von Beipackzetteln, beschäftigt. Seit den 1970er Jahren steht das Gespräch zwischen Arzt und Patient im Vordergrund (z. B. Brünner 2005). Gisela Brünner betritt mit ihrem umfassenden Buch Gesundheit durchs Fernsehen vor diesem Hintergrund Neuland. Es bietet einen innovativen Einblick in die Vermittlung medizinischer Informationen und gesundheitlichen Rats in Gesundheitssendungen. Brünners Untersuchungen zeigen, wie die Experten-Laien-Kommunikation abläuft und welche Strategien zur Erklärung und Veranschaulichung verwendet werden. Die Monographie kann somit an der Schnittstelle von Experten-Laien-Kommunikation und linguistischer Medienanalyse eingeordnet werden. ...
Das Tip-of-the-Tongue-Phänomen (TOT) bildet neben Pausen und Versprechern eine weitere Störungsklasse der Sprachproduktion. Im TOT-Zustand kann auf semantische (Konzept) und syntaktische Informationen (Lemma) zugegriffen werden, aber nur begrenzt auf phonologische Informationen (Lexem). Die komplette Wortform bleibt verborgen. Um TOTs im Labor zu evozieren, wurden Definitionen auf einem Computerbildschirm präsentiert, z. B. „ständig umlaufender Aufzug ohne Tür“ für Paternoster. Die Probanden gaben über die Computertastatur an, ob sie das Wort kennen und benennen können (JA), das gesuchte Wort nicht kennen (NEIN) oder es ihnen auf der Zunge liegt (TOT). Im TOT-Zustand wurde ein Cue visuell präsentiert. Beim Cueing-Verfahren wurden bisher Silben-Cues in Wörter bzw. Pseudowörter eingebettet und diese innerhalb von Wortlisten dargeboten, um die Auflösung eines TOTs zu manipulieren. In den vorliegenden Studien wurden die Silben-Cues isoliert präsentiert. Der Vorteil besteht darin, dass eine Silbe per se keine semantischen (Wortbedeutung) und syntaktischen Informationen (Wortart) enthält. Die Präsentation isolierter korrekter, inkorrekter und erweiterter Silben ist neu in der TOT-Forschung. Außerdem bietet die vorliegende Arbeit die erste Studie sowohl im Cueing-Paradigma als auch im Bereich der Reaktionszeitmessung (RT) zu TOTs im Deutschen.
Im Pre-Test wurden die Definitionen vorgetestet. In den beiden Pilotstudien wurden das Design für die Reaktionszeitmessung evaluiert und weitere Definitionen gesammelt und überprüft. Im ersten Experiment zeigte sich, dass mit der korrekten Silbe (z. B. Pa für Paternoster) die TOTs etwa doppelt so schnell aufgelöst werden konnten als mit einer inkorrekten Silbe (z. B. Ko) und der Kontrollbedingung (xxx). Die korrekte Silbe führte außerdem zu signifikant mehr akkuraten Antworten im Vergleich zu den beiden anderen Bedingungen. Die inkorrekte Silbe hat die TOT-Auflösung zwar nicht blockiert (nicht mehr inakkurate Antworten), aber gehemmt: Die Anzahl an akkuraten Antworten wurde reduziert und die Anzahl an unaufgelösten TOTs erhöht. Im zweiten Experiment wurde demonstriert, dass die erweiterte Silbe (z. B. Pat für Paternoster) die TOT-Auflösung im Vergleich zur regulären Silbe sowohl signifikant beschleunigte (kürzere RTs) als auch signifikant verstärkte (mehr akkurate Antworten). Dies lässt sich mit dem segmentalen Überlappungseffekt erklären. Die Ergebnisse der vorliegenden Studien unterstützen Sprachproduktionsmodelle, die einen interaktiven Aktivierungsfluss haben und eine Silben-Ebene unterhalb der Phonem-Ebene annehmen.