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Hans-Georg Soldat rezensiert für die Berliner Morgenpost die 1998 im Rostocker Hinstorff-Verlag erschiene und von Barbara Heinze, der Bearbeiterin des Fühmann-Archivs in der Akademie der Künste, herausgegebene Biographie "Franz Fühmann. Eine Biographie in Bildern, Dokumenten und Briefen". Das Ergebnis ist erstaunlich und auf seine Art wohl ziemlich einzigartig in der neueren deutschen Literaturgeschichte. Barbara Heinze läßt ausschließlich Dokumente und Bilder sprechen, liefert also im wahren Wortsinne eine Collage: Zitate aus den Werken Fühmanns, vor allem natürlich mit autobiographischem Bezug, Protokolle aus Sitzungen des NDPD-Vorstandes, dem Fühmann nach Gründung der DDR eine Zeitlang angehörte, Stasi-Einschätzungen, Interview-Äußerungen, Stellungnahmen von Zeitgenossen und Schriftstellerkollegen - und immer wieder Fotos und Faksimiles. Aus Kindheit und Jugend, aus der Kriegsgefangenschaft, aus der Familie und dem offiziellen Leben, mit Freunden und späteren Feinden.
Hans-Georg Soldat rezensiert für die Eßlinger Zeitung die 1997 im Carl Hanser Verlag erschiene Autobiographie "Erwachsenenspiele" von Günter Kunert. Das Buch ist übervoll von skurrilen Erlebnissen, Begegnungen, Gesprächen mit Prominenten und weniger Prominenten. Kunerts Reisen in Ost und West sind Fundgruben staunenswerter Geschehnisse, selbst seine Übersiedlung 1979 nach Westdeutschland ist bei der Schilderung der bürokratischen Abläufe, des Verhaltens der offiziellen Stellen eine Satire in sich. Günter Kunerts gelassene, humorvolle Erzählweise entlarvt das eigentliche Böse, nämlich die unglaubliche Mittelmäßigkeit der Funktionäre und Schreibtischtäter - Hermann Kant wird einmal so apostrophiert - fast wie von selbst. Ähnlich wie im Pointillismus entsteht aus Einzelbeobachtungen das klare Bild einer DDR, die sich auf nichts so gut verstand, wie ihre anfangs gutgläubigen Verteidiger immer neu zu enttäuschen und schließlich in die Opposition zu treiben. »So ein "Vaterland" wie die DDR kriege ich zum herabgesetzten Preis im nächsten Spermarkt«, schreibt Günter Kunert grimmig gegen Ende des Buches, wenn er die Bemühungen von Klaus Höpcke, des DDR-"Literaturministers", schildert, ihn mit einem Apell ans Vaterlandsbewußtsein im Lande zu halten.
Hans-Georg Soldat rezensiert für die Berliner Morgenpost Reinhard Jirgls im Jahr 2000 erschienen Roman "Die atlantische Mauer". Reinhard Jirgl, aus der DDR kommend, ist möglicherweise das, was man einen literarischen Nihilisten nennen könnte. Die atemlosen Monologe seines Buches "Die atlantische Mauer" lassen kaum einen Ausweg, sie sind bis in die letzten Verästelungen konsequent. Ahnung von Besserem gibt es nicht. Das Denken und Fühlen der handelnden, ach was, vor sich hin redenden Personen ist - ohne, dass sie es merken - von tiefstem Schwarz. Vier Figuren monologisieren geschlossen und nacheinander: Formales Bindeglied ist die Sprache und deren Darstellung - sie orientiert sich an Arno Schmidt und arbeitet mit den Zeichen »=« oder »&« und schreibt »1malig«. Sonderbarerweise wirkt es dennoch kaum einmal prätentiös, sondern trägt zum Eindruck der Atemlosigkeit bei. Tatsächlich gelingt wohl nur so die adäquate Wiedergabe eines Bewussteinsstroms.
Hans-Georg Soldat rezensiert den 1999 von Eberhard Fahlke und Raimund Fellinger bei Suhrkamp herausgegebenen Briefwechsel von Uwe Johnsen und Siegfried Unseld. Die Korrespondenz zwischen Uwe Johnsen und seinem Verleger Siegfried Unseld, geführt vom ersten Tag, an dem Uwe Johnsen 1959 im damaligen West-Berlin ankam, bis wenige Tage vor seinem Tod 1984, ist ein großartiges, literarisch gewichtiges Dokument der Freundschaft, der Zeit- und Kulturgeschichte.