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Das "Fürstenlob" des "Wartburgkriegs" - Heinrich III. von Meißen und die "gemischte Medialität"
(1999)
Was wir vom WARTBURGKRIEG der Mitte des 13. Jahrhunderts fassen können, müssen wir aus der schriftlichen Überlieferung des 14. (und 15.) Jahrhunderts erschließen, aus dem „(subsidiär verschriftlichen) Inhalt eines Text- und Wissensspeicher“ (...), den zu aktualisieren nur teilweise gelingen kann. Die wichtigsten Handschriften sind die MANESSISCHE LIEDERHANDSCHRIFT C und die JENAER LIEDERHANDSCHRIFT J (...). Hier soll es zur Hauptsache um den eigentlichen „Wartburgkrieg“, nämlich das (...) „Fürstenlob“ gehen, daneben um das „Rätselspiel“. Ziel ist die sozial- und medientheoretische Verortung des „Fürstenlobs“, d.h. eine weitere argumentative Absicherung der These, es sei für Markgraf Heinrich III. von Meißen verfaßt (...).
Im folgenden soll an Hand spätmittelalterlicher und frühneuzeitlicher Bücher (Handschriften und Frühdrucke) der Ratsschulbibliothek dem Problem des Medienwechsels, den Interferenzen von Buch und Stimme nachgegangen werden. Dafür (...) [wählt Volker Mertens] drei Textsorten, die per se eine besondere Nähe zur Mündlichkeit haben: das gesungene Lied, das geistliche Spiel und die Predigt.
Der Hörer erwartet vom Hörfunk ein gewisses Maß an Aktualität – im Fall des Mittelalters naturgemäß eine mittelbare. Die Wahl des Themas und des Titels soll den Reiz des Fremden mit dem Bedürfnis nach Vertrautem vereinen, der Hörer braucht einen wie immer gearteten Bezug auf die eigene Situation oder das eigene Wissen – sei es, daß man anknüpft an bekannte Namen (wie den genannten Neidharts) oder entsprechende Schlagwörter findet: Der Trobador der Jungfrau Maria – das ist Alfons der Weise, der Sammler der Cantigas di Santa Maria.
Wagners „Ring“ teilt mit dem „Nibelungenlied“ anscheinend eine nahezu unendliche Interpretierbarkeit. Durch seine brüchige literarische Gestalt ist das „Nibelungenlied“ für immer neue aktualisierende Sinngebungen offen, wie sich in seiner Funktionalisierung in unterschiedlichsten Zusammenhängen der kulturellen und politischen Geschichte zeigt. Wagners „Ring“ hingegen erreicht diese Offenheit bewußt durch sein kalkulierte mythische Uneindeutigkeit. Bei aller Verwurzelung im ‚Mythos des 19. Jahrhunderts’ sind doch dessen Vorgaben absichtlich nicht so stringent umgesetzt, daß nicht andere, immer neue Auslegungen möglich wären.
Drei Generationen von Plenarien lassen sich unterscheiden: Der ältere Typus enthält nur die Prikopen und die Glosse; er wird im Druck seit 1488 abgelöst durch einen Typ, der zusätzlich Introitus, Psalm und Collecta enthält, also auch die Gesänge und Gebete des ersten Teils der Messe. Das wird im Titel entsprechend angekündigt. (...) Mit seinen fünf Ausgaben zwischen 1514 und 1522 gehört Petris Plenar zu den verbreitetsten, vor allem aber enthält es, weit mehr als jede andere Sammlung, an die Glossen angeschlossene Exempla: mitsamyst einer vor nie bey vnß gehorter Gloß mit fruchtbaren schönen Exemplen beschlossen heißt es im Titel. Deshalb hat es [Volker Mertens] (...) für diese Studie als besonders geeignet ausgewählt.
Wohl kaum eine andere Stelle in "Des Minnesangs Frühling" hat soviele Emendationen und Interpretationen provoziert, wie Zeile 5 und 6 der letzten Strophe des Kreuzlieds "Mîn herze und mîn lîp die wellent scheiden" von Friedrich von Hausen. (...) Der Kontext der Strophe soll zuerst dazu dienen, den möglichen Bedeutungskreis der dunklen Textstellen zu erhellen. Es geht um die Rechtfertigung des Sängers vor der Gesellschaft, weil er ein Minneverhältnis aufgekündigt hat.
(...) [Volker Mertens Ziel ist es], an einem relativ eng begrenzten Gegenstand das Ineinanderspielen und die Bedingungen der beiden Konzepte, des gradualistischen und des polaren, zu erhellen. Gegenstand sind die Texte zweier männlicher Mystiker [Berhard und Seuse], die die Vereinigung mit Gott mit der Bildlichkeit der Geschlechterliebe darstellen. Die Mystik kann als eine psychologische Theologie verstanden werden, insofern sie geistliche Prozesse als innerseelische und nicht kultisch vermittelte versteht. Daher ist von der Untersuchung der Texte nicht nur Aufschluss über ein geistliches, sondern auch ein psychisches Genderkonzept zu erhoffen.
Literarische Fiktion beim Wort genommen ist in den zitierten Fällen eine geläufige Technik, um Komik zu erzeugen, wobei hier diese Wirkung doch nur dann eintritt, wenn z.B. die Werbungssituation als im Minnelied präsent empfunden, sie weder als Allegorie für den Bewußtseinsstand einer Aufsteigerschicht (...) verstanden wird, (...) noch als gesellschaftliches Verhaltens – „Programm“, das durch den Mitvollzug des Liebesliedes durch das Publikum in der Aufführung eingeübt wird.
[Volker Mertens nimmt] (...) zwei jüngere Arbeiten zum Minnesang, die sich mit eben diesen Problemen auseinandersetzen, zum Anlaß, die Frage nach Thematik und Pragmatik der mittelhochdeutschen Lyrik zunächst grundsätzlich zu diskutieren und sie dann an drei Liedern Walthers von der Vogelweide (11ß,24; 53,25; 74,20) als interpretatorisches Instrument zu benutzen.
In seiner umfassenden Untersuchung zum deutschen geistlichen Lied im Mittelalter beschäftigt sich J. Janota (...) mit dem "Ruf" im Zusammenhang mit dem Credolied und dem Lied nach der Predigt. Er weist daß die "Nachrichten über mittelalterliche Predigtlieder jeweils nur eine Liedzeile" nennen. (...) [Volker Mertens scheint] das vorliegende Material noch nicht hinlänglich ausgebreitet und ausgewertet und einen Aussage, die über das faktische non liquet Janotas hinausgeht, möglich zu sein.