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(…) [Volker Mertens] beschäftigt (…) die Frage, ob (…) [man] in Siegfried tatsächlich einen (…) „Helden im Nirgendwo“ sehen k[ann], der hinter und über dem Merowinger Sigibert von Austrasien steht, der i.J. 575 ermordet wurde im Rahmen politischer Machtkämpfe und blutiger Familienzwistigkeiten –oder auch einem burgundischen Spross ähnlichen Namens. „Hat Siegfried gelebt?“ (…) Im Jahre 2000 lautet die Antwort: Helden leben in der Erzählung.
Während die Tannhäuser- und die Bremberger-Ballade keine direkten Beziehungen zum Minnesang aufweisen, ist das im Moringer-Lied anders: hier singt der Held zwei Strophen eines Liedes, das durch die Liederhandschriften A, C und E als Lied Walthers von der Vogelweide bezeugt ist, das sogenannte „sumerlaten-Lied“. Es hat damit die längste ununterbrochene Wirkungsgeschichte eines mittelhochdeutschen Liebesliedes: der jüngste nachweisbare Druck stammt aus dem Jahre 1605 (…). Die lange produktive Rezeption des Liedes (…) [nimmt Volker Mertens] zum Ausgangspunkt (…) [seiner] Überlegungen und (…) [arbeitet sich] durch die Tradition zurück: von der Ballade zum Text der Hs. B (dazu kommt der Vergleich von B mit dem, was der Balladen-Autor daraus gemacht hat) bis zu dem komplexen Text, wie ihn die Handschriften A und C überliefern. Über das Verständnis der Eigenart der späten Texte und der on ihnen aktualisierten Valenzen des ältesten Textes will (…) [Volker Mertens] dann abschließend dessen Mehrdimensionalität erschließen.
[Volker Mertens] Beitrag beschäftigt sich mit den Texten, die teils auf hoch- (Tristant), teils auf spätmittelalterliche Vorlagen (Melusine, Magelone) zurückgehen und deren letztbetrachteter Fall einer weitgehend autonomen Erfindung des Autors Jörg Wickram entspringt. (…) [Volker Mertens fragt] nach der Darstellung der Geschlechterliebe (…) im jeweiligen Werk und nach ihrer spezifischen Semantik im Rahmen der literarischen und gesellschaftlichen Situation der Entstehungszeit, die etwa einhundert Jahre umspannt – von der 1456 aus dem Französischen adaptierten Melusine des Thüring von Rigoltingen, über den Prosa-Tristant von 1484 und Veit Warbecks Magelone von 1527 bis zum 1557 gedruckten Goldfaden. Um das liebessemantische System des Hochmittelalters einzubeziehen, (…) [stellt Volker Mertens] den Tristant im Vergleich zur Versfassung Eilharts von Oberge von ca. 1190 an den Beginn.
Die folgende Untersuchung zielt auf die Poetologie, wie und mit welcher Wirkung die verschiedenen Männerrollen entworfen sind, ohne daß (…) [Volker Mertens berücksichtigt], welche soziologischen oder psychohistorischen Aufschlüsse man aus der Analyse der Rollenfiguration gewinnen kann. Das schließt andere Dimensionen natürlich nicht aus, die sich eher aus der Juxtaposition von Männer- und Frauenrollen im Hinblick auf die Affirmation und Didaktisierung von Genderrollen ergeben können. Ergebnis der Untersuchung soll ein differenziertes Verständnis dieses narrativen Mittels in beiden Texten und der Konsequenzen dieses Verständnisses vor allem in Bezug auf die kommunikativen Intentionen des Autors sein (…). Der Beitrag soll darüber hinaus die grundsätzliche Validität des Ansatzes erweisen und damit die Möglichkeit der Übertragung auf andere Texte eröffnen.
Das Misstrauen gegen den schönen Klang der Versdichtung ist alt, und das Bedürfnis nach der Prosa (…) dient einerseits der Vergewisserung, daß die lateinischen Vorlagen ohne versbedingte Erweiterung und Veränderung wiedergegeben werden, andererseits der Abgrenzung der geistlichen Lehre von der höfischen Dichtung mit ihrem auf die Erzählung bezogenen Wahrheitsanspruch. (…) Neben Predigt und Traktat (…) wird im 15. Jahrhundert dann die Legende zur wichtigsten Gattung geistlicher Prosa. Die geistliche Prosa unseres Zeitraums ist sowohl traditionell wie neu: neu in der Rhetorik und Anschaulichkeit Bertholds von Regensburg, neu in der aus höfischer Sprache hochgetriebenen erotischen Bildlichkeit Meister Eckharts. Daß seine „Verantwortung“ mystischer Erfahrung vor allem durch den Bedarf an mystischer Erbauung formelhaft vererbt und zersetzt wurde, gehört zum vielfältigen und bunten Bild der geistlichen Prosa.
Offensichtlich fanden (...) [die Mönche] die Geschichten von Kampf und Liebe, die mit dem Namen Artus verbunden waren, viel spannender als 'Jesu Wunder und Passion' oder der 'Heiligen Leben und Leiden'. Die Klosterbrüder kannten anscheinend Geschichten von Ideal-König Artus und seinen tapferen Rittern, den hilfsbedürftigen Damen, die ihre Befreier mit Hand und Land belohnten, und den grandiosen Festen mit den edelsten Gästen. Das höfische Leben, für das der Name Artus stand, war der willkommene Gegensatz zum asketischen Klosteralltag. (…) Klosterkirche und Minnegrotte gehören von der Auslegungsdimension her zusammen: Bildungsgeschichtlich ist die Philosophie der Liebe, die der Minnegrotte zugrunde liegt, ohne die Theologie der Mönche und die Philosophie der französischen Hohen Schulen nicht zu denken. (…) Die Darstellungsmuster für die geistige Bedeutung von Klosterkirche und Minnegrotte sind sich weitgehend gleich.
[Volker Mertens greift] (…) auf die von Rainer Warning formulierte „doppelte Rollenhaftigkeit“ des lyrischen Ichs zurück (…), [die er] Performanz-Ich und Text-Ich (…) [nennt]. (…) Beide Ichs stehen in Spannung zum (biographischen)Autor (…), wobei seine Nähe zum Performanz-Ich dann besonders groß ist, wenn er selbst als Sänger seiner eigenen Lieder auftritt. Der Autor ist in hohem Maße sozial eingebunden, das Performanz-Ich fügt sich in eigene Traditionen und Konventionen, besitzt aber weitgehende Lizenzen im Vergleich zur sozialen Realität; am freiesten von äußeren Bedingungen ist das Text-Ich. Ein Beispiel aus Walthers Minnesang kann das verdeutlichen (…).
The bringing together of the two realms, that of Tristan and Isolde and that of Arthur, thus has a mutually corrosive effect. However, in the further course of the action Tristan and Isolde’s love regains some of its absoluteness: for instance Heinrich refrains from taking over the quarrel of lovers from Eilhart. He plays a double game, on the one hand reducing the absoluteness and self-sufficiency of love, on the other hand building it up again and thus preventing the establishment of a firm doctrine in the course of the narrative (…), as neither the Arthurian court nor the love of Tristan and Isolde provides an absolute norm. Heinrich wrote his romance for the Bohemian noble Raimund von Lichtenburg, and the account of the foundation of the Round Table and the self-directed activities of the knights have belonged (…). The initial Arthurian ideal has become a confirmatory ritual for an exclusive body of noblemen – that matches the spirit of the knightly societies.
Meistergesang und Predigt : Formen der Performanz als Legitimationsstrategien im späten Mittelalter
(2004)
(…) [Volker Mertens] Fragestellung ist es, durch den Vergleich der mündlich geprägten Literaturgattungen Predigt und Meisterlied die Spezifika meistersängerischer Performanz zu erschließen, darüber hinaus durch die Heranziehung des volkstümlichen geistlichen Liedes zu einer differenzierten Kategorisierung von Performanz schlechthin beizutragen und schließlich zu Einsichten in das Verhältnis von überliefertem Text und Performanz zu gelangen.
‘Religious identity’ will be regarded as the homogeneous whole of religious attitudes and religions and ethical actions which are rooted in the mentality of a person/a community: (1) this identity may exist in different stages of awareness; (2) the tension between the mentality of a person and of a community may be strong or nearly non-existent; and (3) religious attitudes and ethical actions may be closely tied or only loosely connected. (...) The awareness of religious identity is marked in the ‘Rolandslied’ by affirmation, in the ‘Willehalm’ by problematisation. (...).
A tension between subjective and collective mentality is non-existent in the ‘Rolandslied’, whereas in the ‘Willehalm’ it is relatively strong without breaking up the integration of the subject into the nobility. (...) Religious attitudes and political actions (...) strongly diverge in both works on an objective level; however, this is not the case for the ‘Rolandslied’ on a subjective level. The ‘Willehalm’ testifies to a process of a subjectivisation and individualisation which can be termed typical for the twelfth century and which is to be found in various cultural areas.
[Alfred Ebenbauers] altertumswissenschaftliche Prägung äußert sich in seinen Arbeiten zur skandinavischen und mittellateinischen Literatur: die Dissertation widmet sich der Helgi-Sage und dem Helgi-Kult (...), einer der ersten Aufsätze gilt dem Altisländischen (...), un der Germanischen Religionsgeschichte bleibt er treu (...), schreibt den einschlägigen Artikel in der Theologischen Realenzyklopädie. (...) Als Perspektive durchzieht das Denken vom Mythos (...) her viele Arbeiten, der Blick in den "Brunnen der Vergangenheit" reicht bei ihm weiter als bei den Fachkollegen, und die "Frühzeit menschlichen Bildträumens", umd mit Thomas Mann zu sprechen, ist als Horizont oft präsent.
Drei Tagweisen schreibt die Kolmarer Liederhandschrift einem sonst nicht weiter bekannten ‚Graff peter von arberg’ zu, darunter befindet sich die bekannte ‚Große Tagweise’ mit dem Text ‚Ach starcker got’. (...) Originale Texte von Peter von Aarberg kennen wir nicht (...). Wahrscheinlich standen seine Lieder auch ganz in den traditionellen literarischen und gesellschaftlichen Formen, so daß nur seine Töne lebendig blieben: mit neuen Texten, die in ihrer religiösen Thematik eher als die an ein bestimmtes soziales Ideal gebundene Minnelyrik das trafen, was auch nach der Mitte des 14. Jh.s bis weit in das 15. Jh. hinein zeitgemäß war.
Der Titel „Jemandssprache“ bezieht sich kontrafaktisch auf Paul Celans Gedichtband „Die Niemandsrose“. (...) [In dem ersten Teil seine Aufsatzes bezieht sich Volker Mertens] auf die aktuelle Situation im Fach, in einem zweiten (...) [votiert er] für eine spezifische Gegenstandsbestimmung und einen bestimmten Umgang mit den methodischen Paradigmen, in einem dritten für eine Überwindung der Schwelle zwischen Älterer und Neuerer Literatur, (...), in einem vierten (...) [gibt er] eine vergleichende Interpretation je eines Gedichts von Heinrich von Morungen und von Paul Celan als Beispiel für eine Überschreitung der im Fach institutionalisierten Epochengrenze.
Als einziger ist bisher W. Wolf auf (...) [die Titurelstrophe des Vorsatzblattes (I V) der Pergamenths. Nr. 2675 der Österreichischen Nationalbibliothek ('Jüngerer Titurel' Hs. A)] eingegangen (...). Er erwägt fünf Möglichkeiten für die Herkunft des Textes (...). Da Wolf auf diese Möglichkeiten zum Teil nur mit recht pauschalen Argumenten eingeht, (...) [erwägt Mertens diese einzeln], um so über Wolfs Unentschiedenheit hinaus zu einer festeren Vermutung bezüglich der Herkunft der Strophe zu gelangen. (...) Als Quelle für Form und Stoff kommt eigentlich nur der 'Jüngere Titurel' in Frage, zumindest hinterlässt diese Annahme am wenigsten ungelöste Probleme. Wir hätten es mit einer Strophe zu tun, die im Gefolge des "Jüngeren Titurel" unter Anschluß an die Klageszenen der Sigune entstanden ist und diese Klage zum Inhalt hat, d.h. mit einem Rollengedicht der Sigune. (...)
[Volker Mertens] betrachtet einen (...) bisher wenig beachteten Einzelfall: die Auflösung höfischer Verslegenden in Prosa in dem umfangreichen und am weitesten verbreiteten Legendar des späten Mittelalters: ‚Der Heiligen Leben’. Die Tatsache, daß eine beträchtliche Anzahl der Legenden in diesem Legendar auf Versfassungen zurückgeht, ist seit langem bekannt. Das Interesse war jedoch meist textkritisch motiviert, so daß die Prosaauffassungen für die Konstitution der Verstexte herangezogen wurden (...). Gut 250 Legenden umfaßt der Grundstock des Legendars, längst nicht alle Quellen sind bekannt. Verfassungen liegen etwa einem Fünftel zugrunde. (...) [Volker Mertens untersucht] an drei Texten (...) (nämlich Ebernands von Erfurt ‚Kaiser und Kaiserin’, Hartmanns ‚Gregorius’ und Reinbots von Durne ‚Heiliger Georg’) zuerst die Art der Adaption (...), [und fragt gleichzeitig], wie sich die spezifische Aussage der hochmittelalterlichen Texte die veränderten Aussagen im Rahmen der Entstehungs- und Existenzbedingungen des spätmittelalterlichen Legendars interpretieren.
Ausgangspunkt der Überlegungen ist der Befund, daß die Predigten des Hartwig (Hartung/Heinrich) von Erfurt in drei verschiedenen Überlieferungszusammenhängen tradiert sind: Postille, Plenar und Traktatsammlung. (...)
Die Textbearbeitung von Traktat über Postille zu Plenar vollzieht sich graduell in gleicher Richtung: Die Texte werden eingängiger, leichter verstehbar gemacht durch deutliche Gliederung, Erklärungen, Auslassungen schwieriger Passagen, die theologische Darstellung wird reduziert zugunsten von Textteilen, die sich auf Lebensprobleme, sittliches Verhalten, religiöses Erleben beziehen. Der Ausgangspunkt ist ‚wissenschaftlicher’, theologischer – der Zielpunkt praktischer, bezogen auf Frömmigkeitshaltungen und Lebensführung. Sehr ausgeprägt sind diese Textwandlungen nur an einzelnen Stellen: Es handelt sich nicht um tiefgreifende Umarbeitungen, sondern um eher gleitende Umakzentuierungen. Deshalb bleibt allen Texten die Polyfunktionalität gemeinsam (...).
Das Spiel der Authentizität mit Erzähler, Figuren und dem biografisch faßbaren Autor wird immer wieder gespielt und wirkt immer wieder neu, selbst wenn der Text, wie der von (...) [Volker Mertens] behandelte, etwa fünfhundert Jahre älter ist als der von Jean Paul. Ob es legitim ist, die narratologischen Analysemodelle, die vor allem an der Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts entwickelt wurden, auf den Roman des Mittelalters zu übertragen, soll (...) [Mertens Beitrag] erweisen und damit zu einem besseren Verständnis der Poetik von Albrechts Werk beitragen. 'Der Jüngere Titurel' (...) eines sonst unbekannten Autors Albrecht integriert die in drei Handschriften uneinheitlich überlieferten beiden 'Titurel'-Fragmente Wolframs in einen weitdimensionierten Erzählzusammenhang um die Queste nach dem Brackenseil und die Gralsuche, der vor allem aus dem 'Parzival' entwickelt ist. Da im Verlauf des Textes ,mehrfach die Erzählperson 'Wolfram' bzw. 'der von Eschenbach' oder 'Freund von Blienfelden' angesprochen wird und der Erzähler Albrecht sich nur einmal kurz vor Schluß nennt, galt das Werk schon eine Generation nach seinem Abschluß um 1270 als von Wolfram von Eschenbach verfaßt. (...) [Mertens untersucht] im folgenden die Erzählerfiktion 'Wolfram' an ausgewählten Textbeispielen und (...) [fragt] nach der jeweils spezifischen Aussage. (...) [Seine] These ist, daß es dem Autor nicht um ein tatsächliches Allonym für sich selbst ging, sondern (Jean Paul vergleichbar) um einen poetologischen Diskurs in konnotativer Form, der sich einerseits auf die Tradition und die zeitgenössischen narratologische Position bezieht, andererseits die spezifischen Probleme und Zielsetzungen des unternommenen Werkes thematisiert.
[Ulrich von Liechtensteins] Methode der Einbettung der Lieder in eine 'Autobiografie' zielt auf die Memoria seiner Person und isoliert sein Werk damit zwar nicht völlig vom Strom der Überlieferung, gibt ihm aber eine eigene Existenzform abseits der großen Liedersammlungen. [Johannes] Hadloub will im Rahmen der Züricher Konservierungsbestrebungen Lieder schaffen, die sich einerseits der Tradition höfischen Sanges vom Beginn an einfügen, andererseits aber der neuen Mediensituation gerecht werden. Bei Ulrich hat diese grundsätzlich noch keinen Einfluß auf die Lieder selbst, sondern nur auf die Art ihrer 'Bewahrung'. Bei Hadloub aber verändern sich die Lieder am deutlichsten in der Entwicklung zum neuen Genre der 'Romanzen' (...) bis hin zu Gottfried Keller und uns Wissenschaftlern eines Zeitalters, in dem ein neuer Medienwechsel erfolgt, der die Sinnlichkeit, die die gesungene Liebesdichtung auch als zu lesende Dichterliebe durch die individuelle Handschrift auf dem Pergament, und selbst in der Typografie des gedruckten Buches noch hatte, endgültig in die Imagination verlagern wird.
Die Liebeslyrik hatte ihre Authentizität in der Performanz, der Sänger, der von Liebe sang, lieber im Augenblick seines Vortrags und faszinierte, überzeugte damit. Einer biographischen Kontinuität bedarf es erst dann, wenn kein Sänger-Ich, kein Körper, keine Stimme, die Liebe mehr beglaubigt. So scheint mir Ulrich [von Liechtensteins] Werk der Übergang von der primär aufführungsbezogenen Existenzform der Lyrik zum schriftkonservierten Lied zu markieren. (…) [E]ntweder wurde der öffentliche Vortrag schon zu dieser Zeit obsolet oder Ulrich konnte dies deutlich voraussehen und wollte seinen Nachkommen (…) den 'Frauendienst' als Memoria [hinterlassen]. Für den Nichtadligen [Johannes] Hadloub gab es eine solche Motivation (…) anscheinend nicht. Er reagierte (…) durch das Verschwinden des Sängers, indem er seine Dichterliebe episch in seine Liebesdichtung integrierte. (…) Dazu erfand Hadloub das neue Genre der 'Romanzen' (…).
Hartmann von Aue’s borrowing of the world âventiure from French in his ‘Erec’ means that the term was developed further in the field of poetology – it did not only mean an ‘event which was told’, but it also came to mean ‘the act of telling as a (medial) event’, as a successful (or unsuccessful) creation of sense. In the ‘Nibelungenlied ‘,’âventuire’ has the connotation of contingency as establishing order by means of the plot failures. This deficit is compensated by the fascination of the singer’s performance. This is where Wolfram starts.
Die Übersetzung aus dem Mittelhochdeutschen als Hinführung zum Verständnis des Originals ist nicht nur das tägliche Brot in der mediävistischen Lehre, sie hat mittlerweile auch den Buchmarkt erobert. (…) Es scheint sich ein Konsens herausgebildet zu haben, wie dafür zu übersetzen ist: textdienlich, ohne Nachahmung der poetischen Form, v.a. der Reime, jedoch zeilengetreu, seltener sogar in reimlogischen Versen (…).
Walthers Strophen im sog. „Leopoldston“ (‚Erster Thüringerton’, ‚Zweiter Atzeton’), die sich auf den Minnesänger Reinmar namentlich beziehen (L, 82,24 und 83,1, Ausgabe Cormeau Nr. 55, II, III), bereiten der Forschung nicht geringe Verlegenheit. Entweder man charakterisiert sie (...) als perfide, gehässig, scheinheilig, spricht von Rache und Haß, oder man entschuldigt den vermeintlich aggressiven Ton mit dem Temperament Walthers, hält das Ganze auch für einen Nachruf zu Lebzeiten, der allein den Untergang von Reinmars Kunst beklage. (...) [Volker Mertens] Beitrag unternimmt eine umfassende Kontextualisierung der Strophen in der handschriftlichen Überlieferung, im Zusammenhang des Tons und im Oeuvre beider Sänger als Vorbereitung einer detaillierten Textanalyse. Abschließend wird die Rezeption betrachtet um die zeitgenössischen Verständnismöglichkeiten abzusichern. Dabei (...) [kommt] eine relativ genaue Datierung der Strophen gewissermaßen als Nebenprodukt heraus (...).
Ausgangspunkt (...) [der] Überlegungen ist die Beobachtung, daß der Münchner Hofmaler Ulrich Füetrer in seinem ‚Buch der Abenteuer’ aus den 80er Jahren des 15. Jahrhunderts diese Erzähltechnik verwendet, die bisher vor allem am ‚Nibelungenlied’ beobachtet worden ist. Schon im Jahre 1953 hat Hugo Kuhn von der ‚Szenenregie’ in der ‚Nibelungendichtung’ gesprochen und damit ein Stichwort aufgegriffen, das von Andreas Heusler stammt. (...) Er sieht die Gebärde der Mündlichkeit zugeordnet, ihre Kontextualisierung in der Szene hingegen als Kompensationsversuch der Schriftlichkeit, wo die verlorene oder gefährdete räumliche Verortung, die durch die Situativität des mündlichen Vortrags gegeben sei, sozusagen ausformuliert wird im schriftlich konzipierten Text. Das ist ein Vorgang, den wir ähnlich in der Minnelyrik beobachten können, etwa einhundert Jahre nach dem ‚Nibelungenlied’ bei Johannes Hadloub.
Die Engländer nennen noch heute die Franzosen (…) 'frogs', die Deutschen 'krauts', und wir Kartoffelesser sprechen in Bezug auf die Italiener von Spaghettifressern. Über Kommensalität und Ausschluß aus derselben werden Abgrenzungen gezogen, erfolgt die Zuschreibung als 'anders', als fremdkulturell. Die Dichotomisierung funktioniert über Körperliches, über die symbolische Ordnung der biologisch notwendigen Nahrungsaufnahme, über die Definition dessen, was rein und unrein ist, was Nahrung ist und wie man sie erwirbt und zubereitet
In Reiseberichten spielt das Essen schon allein deshalb eine besondere Rolle, weil die Selbstverständlichkeit der Nahrungsaufnahme zum Problem wird (…).
Dies ist eine Fallstudie, an der die hermeneutischen Potenzen verschiedener Methoden überprüft werden: eine poetologische Hermeneutik , eine performanzbezogende und eine im weiteren Sinn „kulturwissenschaftliche“, wobei eine reinliche Trennung v.a. von Punkt 1 und 3 nicht möglich ist, da literarische Typen auch über Inhalte bestimmt sind, die wiederum auf außerliterarische Sachverhalte bezogen werden, und Punkt 2 als kulturelle Verortung literarischer Texte bezieht. Performativität/Theatralität wird gerade als innovatives kulturwissenschaftliches Paradigma verstanden (...). Gegenstand ist ein Corpus von Liedern Oswald von Wolkenstein, einen Auswahl aus den sog. „Margarethen-Liedern“.
Poetologisch sind beide Werke [„Ackermann“ und „Ring“] ganz der Tradition verpflichtet, die erschließbare Konzeption geht jedoch deutlich darüber hinaus. Der „Ackermann“ behält dabei die Position im literarischen Prozeß, die man ihm generell zuerkennt, der „Ring“ hingegen erweist sich so nicht nur als letzter bedeutender mittelalterlicher Roman, als der er von Walter Haug apostrophiert worden ist, (...) sondern ebenso als ersten neuzeitlicher: „modern“ in der Konstitution eines subjektbezogenen Sinnzentrums, der Tradition verpflichtet aber in der Rückbindung der Autonomie an ein „transzendentales Obdach“, an ihr Gewolltsein durch Gott.
Im folgenden soll an Hand spätmittelalterlicher und frühneuzeitlicher Bücher (Handschriften und Frühdrucke) der Ratsschulbibliothek dem Problem des Medienwechsels, den Interferenzen von Buch und Stimme nachgegangen werden. Dafür (...) [wählt Volker Mertens] drei Textsorten, die per se eine besondere Nähe zur Mündlichkeit haben: das gesungene Lied, das geistliche Spiel und die Predigt.
Wachingers Ergebnisse zu den ‚Sängerkriegen’ des 13. Jh.s warnen davor, den künstlerisch-literarischen Wettstreit als Erscheinungsform materieller Rivalität zu deuten. Auch die Reimar- und Walthertexte geben in diesem Punkt keine unmittelbare Rechtfertigung für eine solche Interpretation. Ob Reimar überhaupt einen ökonomischen Wettbewerb zu fürchten hatte, bleibt dahingestellt (...). Aus seiner Position des adligen Dilettanten heraus wehrte er sich dann gegen die Erweiterung des dichtungs- und minnetheoretischen Geltungsanspruchs des höfischen Liebesliedes, wie Walther sie in deinen ‚Mädchenliedern’ und (...) im ‚Lindenlied’ betreibt. Dem Berufsdichter, der seine Kenntnisse der mittellateinischen Lyrik (...) systematisch zur Expansion der vorgegebenen sängerischen Möglichkeiten nutzt, setzt Reinmar die Tradition des adligen Sanges als ausdrücklich fiktionales Sprechen über Eros und Sexus entgegen.
Parzivals doppelte Probe
(1979)
Als Parzival zum erstenmal nach Munsalvaesche kommt, verlangt er, wie Gurnemanz ihm geraten hatte, gleich nach Wasser, um 'îsers râme' abzuwaschen. Er erhält den Mantel der Repanse de Schoye geliehen, und der kameraere ist sicher, ihn 'rehte geprüevet' zu haben (...) Da tritt ein 'redespaeher man' zu ihm und bittet ihn 'vrävellîche', zum Gastgeber zu kommen. Parzival reagiert mit äußerster Erregung, fast geht es dem kühnen Frager ans Leben, aber die Ritter greifen rechtzeitig ein. (...) [Volker Mertens möchte die Stelle] parallel zur versäumten Gralsfrage sehen und daher den Versuch Wolframs herauslesen, einer möglichen Fehlinterpretation von Parzivals Versagen vorzubeugen. (...)
„Unter unsern Altdeutschen Gedichten wenigstens wüßte ich kein Paar zu nennen, das uns mit einer solchen Familienähnlichkeit überraschte wie der Iwein und Wigalois“, schreibt G. F. Benecke in der Einleitung seiner Wigalois-Ausgabe (S. XV). (…) Als vermittelnde Kategorie zwischen der literarischen Gestaltung der historischen Realität (sowohl auf der Produktions- wie der Rezeptionsseite) (…) [benutzt Volker Mertens] im Folgenden die Konzeption der „Lebensform“ (…): der erzählerisch mit wichtigen Signalen angedeuteten Lebenssituationen, des Handlungsrahmens und der Vorstellungen der Personen können die Zuhörer Selbst- oder Fremdidentifikationen entnehmen und so die erzählte Geschichte als Antwort auf die Aussage zu einer bestimmten historischen Situation verstehen.
Die deutschsprachigen Predigttexte sind schon von ihren ältesten Zeugnissen her nicht auf eine Funktion festlegbar: das Predigtmuster, die Anleitung zum Kanzelvortrag ist wohl die älteste. (...) Die angestrebte Unterscheidung von Predigt und Traktat scheint (...) [Volker Mertens] von der intentionalen virtuellen Mündlichkeit her am ehesten faßbar, sei sie post- oder anteskriptiv: als Predigten sollen daher Texte gelten, die textinterne oder –externe Markierungen dieser Mündlichkeit aufweisen. Zu unterscheiden von dieser intentionalen Mündlichkeit ist die occasionelle, die für viele Texttypen gilt: vom Traktat über Legende, Exempel, Fabel, usw.
Groß ist die Spannweite der Interpretationen, die die ersten Verse von Hartmanns 'Iwein' erfahren haben. (…) Das reicht vom „Inbegriff der güete..., bei dem caritas, misericordia und summum bonum mitgedacht werden müssen“ (…) bis zum „recht verstandenen Rittertum“ (…), die als „leitstern“ (…) des Gedichts fungieren; kürzlich hat D.G. MOWATT den Prolog sogar ironisch verstehen wollen (…), wobei beweiskräftige sprachliche Signale für uneigentliches Sprechen jedoch kaum auffindbar sein dürften (…) und die Annahme einer nachträglichen Ironisierung des Beginns durch das (einseitig interpretierte) Ende des Roman nur aus der vergleichenden Lektüre des modernen Interpreten, nicht aber aus einer kontinuierlich-linearen zuhörenden Aufnahme durch Hartmanns Publikum abgeleitet werden kann.
Die Annahme, Fuß sei ein Minnesänger gewesen, beruht auf der Zuordnung zu drei Personen, die auf diesem Gebiet hervorgetreten sind, und auf der Interpretation der Bezeichnung ‚puler’. Trifft nun schon die Angabe „Minnesänger“ bei Wolfram nur für ein dem späten Mittelalter kaum mehr gegenwärtiges Nebengebiet seines dichterischen Schaffens zu, so bedeutet ‚puler’ in den (...) [Volker Mertens] bekannten Belegen soviel wie „Minner, Liebhaber“, in einem Fall auch „Sachverständiger in Liebesdingen“ (...), aber niemals „Minnesänger“.
Vergänglichkeitsmetapher oder Bild für den Aussatz – um diese Interpretationen der Stelle E 73 (bzw. B 143) "ze hewe wart sîn grüenez gras" im neuaufgefundenen Benediktbeurer Fragment des "Armen Heinrich" ist ein Streit zwischen L. Wolff und Gesa Bonath einerseits und H. Rosenfeld andererseits entbrannt (....). Die strittigen Verse im "Armen Heinrich" aber sind in ihrer, das "ûzen" (Vergehen der Schönheit) ebenso wie das innen (Krankheit als Prüfung) erfassen Mehrschichtigkeit doch eher das Werk eines theologische Anregungen verwertenden Dichter, und damit (...) [nimmt Volker Mertens an], Hartmann selbst.
In seinen Ausgaben der Altdeutschen Predigten (...) hatte A.E. Schönbach mehrmals (...) einen Untersuchungsband angekündigt; obwohl er bei Edition des 3. Bandes als für die vorliegenden Texte fertig bezeichnet wird, ist er nie erschienen.(...) Die folgenden Studien (...) wollen aus dem umfangreichen Programm Schönbachs (...) zur Hauptsache nur Fragen der Überlieferung behandeln und eine weitergehende Aufschlüsselung der Vorgeschichte der Leipziger Sammlung bieten, als sie A. Linsenmayer in seiner ‚Geschichte der Predigt in Deutschland’ (...) gegeben hat.
Wohl kaum eine andere Stelle in "Des Minnesangs Frühling" hat soviele Emendationen und Interpretationen provoziert, wie Zeile 5 und 6 der letzten Strophe des Kreuzlieds "Mîn herze und mîn lîp die wellent scheiden" von Friedrich von Hausen. (...) Der Kontext der Strophe soll zuerst dazu dienen, den möglichen Bedeutungskreis der dunklen Textstellen zu erhellen. Es geht um die Rechtfertigung des Sängers vor der Gesellschaft, weil er ein Minneverhältnis aufgekündigt hat.
The sermon is essentially a performance and oscillates between orality and scripturality. The preaching of Geiler of Kaysersberg was a famous event at its time and the article asks, what is transmitted of it by the manuscripts and printed books. The writing does not try to reproduce the event, resp. the performance, but represents different reflections of it, adapted to the intended usage of the manuscript or printed book. The article demonstrates this on several examples from the work of Geiler and pleads for a diplomatic rendering of the manuscripts with a commentary and a facsimile edition of the printed books respectively. The results could refer to other texts between orality and scripturality, too.
Im Jahre 1308 (...) entstand Hertig Fredrik, angeblich nach einer nicht überlieferten niederdeutschen Vorlage, schließlich „Flores och Blanzeflor“ von 1311/12 auf Grundlage der altnorwegischen Flores-Saga; inwieweit daneben eine der altfranzösischen (...) Fassungen benutzt wurde, ist nicht hinreichend geklärt. Ich werde mich auf die beiden ersten Texte beziehen und dabei folgende Fragen diskutieren:
Welches historisch-kulturelle Szenario ist für die Übertragungen zu rekonstruieren?
Wie sahen die Vorlagen für Hertig Fredrik und ihr Kontext aus?
Welche Erkenntnisse lassen sich für die Literaturszene und die Kulturkontakte gewinnen?
Ziel (...) [der] Überlegungen [Volker Mertens] ist eine Deutung von Wolframs Ehe-Tagelied „Der helden minne ir klage“ – (...) [Volker Mertens] will dieses Lied zu verstehen suchen im Zusammenhang mit Wolframs Lyrik: von Minnedienst und Tageliederotik. Die Lieder stehen im Kontext des hohen Minnesangs – deutliche Bezüge zu Liedern Walthers und Reinmars haben sich erschließen lassen, nicht umsonst erscheinen alle drei Sänger im Gedicht vom ‚Wartburgkrieg’, wenngleich es dort nicht um Liebe sondern um Fürstenpreis geht.
Johann Jakob Bodmer is regarded as the ‘father of Minnesang-research’. The article attempts a critical analysis of this claim. It traces the reception of the most important manuscript of Minnesang, the ‘Manesse’ manuscript (as Bodmer called it) since Melchior Goldast (1604) and its ‘discovery’ by Bodmer. He claims his position as the discoverer of Minnesang on three points: the patriotic, the poetic analogy and the ‘revelatory’. (...) [T]he ‘revelatory’ that Bodmer had rescued medieval literature from oblivion, had woken it up when it was sleeping like a marmot.
In seiner umfassenden Untersuchung zum deutschen geistlichen Lied im Mittelalter beschäftigt sich J. Janota (...) mit dem "Ruf" im Zusammenhang mit dem Credolied und dem Lied nach der Predigt. Er weist daß die "Nachrichten über mittelalterliche Predigtlieder jeweils nur eine Liedzeile" nennen. (...) [Volker Mertens scheint] das vorliegende Material noch nicht hinlänglich ausgebreitet und ausgewertet und einen Aussage, die über das faktische non liquet Janotas hinausgeht, möglich zu sein.
Rudolf von Fenis ist (...) ein Paradefall für das Problem, das man heute als ‚Kulturtransfer’ bezeichnen würde und das, vor allem für die höfische Epik, unter dem Stichwort der ‚adaption courtoise’ diskutiert worden ist: (...) Was ändern die deutschen Autoren bei ihrer Übernahme der romanischen Modelle, wie passen sie diese an die andere soziale, kulturelle und literarische Situation an?
„Ich bin der Welt noch den Tannhäuser schuldig“, bemerkte Richard Wagner gegen Ende seines Lebens. (...) [An keinem seiner früheren Werke] hat er soviel retuschiert und geändert (...) Es blieben Undeutlichkeiten, Unklarheiten, ja scheinbare Brüche. Sie betreffen v.a. Elisabeth und ihre Entwicklung, Tannhäusers Schuld und Buße sowie den Schluß mit ihrem und Tannhäusers Tod. (...) Aber nicht allein die Position Elisabeths (...) wurde mißverstanden, die Unklarheit ging vielmehr tiefer, betraf die Rolle der gesamten Wartburg-Gesellschaft wie die der Kunst und des Künstlers. (...) Es waren die MEISTERSINGER in ihrem ersten Entwurf, der also als Ergänzung und als Korrektur des TANNHÄUSERS zu lesen ist, was [Volker Mertens in diesem Aufsatz unternimmt].
Das "Fürstenlob" des "Wartburgkriegs" - Heinrich III. von Meißen und die "gemischte Medialität"
(1999)
Was wir vom WARTBURGKRIEG der Mitte des 13. Jahrhunderts fassen können, müssen wir aus der schriftlichen Überlieferung des 14. (und 15.) Jahrhunderts erschließen, aus dem „(subsidiär verschriftlichen) Inhalt eines Text- und Wissensspeicher“ (...), den zu aktualisieren nur teilweise gelingen kann. Die wichtigsten Handschriften sind die MANESSISCHE LIEDERHANDSCHRIFT C und die JENAER LIEDERHANDSCHRIFT J (...). Hier soll es zur Hauptsache um den eigentlichen „Wartburgkrieg“, nämlich das (...) „Fürstenlob“ gehen, daneben um das „Rätselspiel“. Ziel ist die sozial- und medientheoretische Verortung des „Fürstenlobs“, d.h. eine weitere argumentative Absicherung der These, es sei für Markgraf Heinrich III. von Meißen verfaßt (...).
Der Traum ist für [E.T.A.] Hoffman, neben der Musik, die Möglichkeit, mit dem „fernen, unbekannten Geisterreich“ in Kontakt zu treten, und was er über dieses sagt, trifft auch auf Undine , sowohl auf die Figur, wie auf das Werk zu: „Mag der Traum, den der, bald zum Grausen erregenden, bald zum freundlichen Boten an den irdischen Menschen erkoren (...)“ (Don Juan) (...) mit ‚Undine’ wird die Oper zum Traum, wie der Traum zur Oper.
Wagners „Ring“ teilt mit dem „Nibelungenlied“ anscheinend eine nahezu unendliche Interpretierbarkeit. Durch seine brüchige literarische Gestalt ist das „Nibelungenlied“ für immer neue aktualisierende Sinngebungen offen, wie sich in seiner Funktionalisierung in unterschiedlichsten Zusammenhängen der kulturellen und politischen Geschichte zeigt. Wagners „Ring“ hingegen erreicht diese Offenheit bewußt durch sein kalkulierte mythische Uneindeutigkeit. Bei aller Verwurzelung im ‚Mythos des 19. Jahrhunderts’ sind doch dessen Vorgaben absichtlich nicht so stringent umgesetzt, daß nicht andere, immer neue Auslegungen möglich wären.
Die mittelalterlichen Texte nicht als autonome Kunstwerke zu betrachten, sie nicht als situativen und zeitgebunden Verwendungszusammenhängen enthoben anzusehen, hat sich auch in der Germanistik seit einiger Zeit durchgesetzt. (...) Deutliches Indiz für dieses Verständnis des ‚Falkenlieds’ als Projektion eines feudalen Gesellschaftentwurfs ist die Falkenthematik selbst, die eines Allegorie für des Funktionieren von Herrschaft bereitstellt – wie es in ‚De arte venandi cum avibus’ Kaiser Friedrichs II. ausformuliert ist. Die Kunst mit Falken zu jagen, die Falken zur Jagd abzurichten, ist die Kunst des Herrschen in der richtigen Ausübung seiner Macht. Und genau darum geht es im ‚Falkenlied’.
Der Typus (...) [des] Liebesromans bildet das Gerüst von „Mai und Beaflor“, einem anonym überlieferten höfischen Roman des 13. Jahrhunderts, dessen genaue Datierung unsicher ist. (...) Die Vorlage ist unbekannt, sie dürfte französisch sein. (...) Eine Prosachronik als Quelle ist eher unwahrscheinlich und soll wohl die Authentizität der Geschehnisse verbürgen; Prosaromane vergleichbaren Inhalts sind nicht überliefert. Der Liebesroman erhebt – im Unterschied zum Artusroman – generell einen Faktizitätsanspruch: Flore und Blanscheflur sind in die Karls-Genealogie eingebunden, der „Partonopeus“ auf das Haus Blois bezogen, auch der „Willehalm von Orlens“ gibt sich als Historia.
Ein ‚intertristanisches’ Spiel, angedeutete Dialoge zwischen literarischen Figuren – solche Bezüge sind nicht erst in der jüngeren Literatur zu entdecken. Die Deutlichkeit der intertextuellen Markierungen kann zu allen Zeiten sehr unterschiedlich sein – in unserem Beispiel kann sie von der lediglich im Titel genannten Tristan-Figur, die im Bezug auf den Mythos schwebend bleibt, bei Platen, bis zur explikativen Benennung bei Thomas Mann (und zu in anderer Weise schwebenden Bezügen) gehen.
Die Wiederentdeckung in der Mitte des 18. Jahrhunderts und die zunächst höchst bescheidenen Wirkungsgeschichte vollziehen sich in einer europäisch bestimmten heldenepischen Arena, deren Koordinaten von Vergil und dann Homer einerseits und den nordischen Dichtern mit dem Paradigma Ossian andererseits gebildet werden.(...) [Volker Mertens bezieht sich] auf das 18. Jahrhundert. (...) [Er zeichnet] die Entwicklung des epischen Feldes in Bezug auf das ‚Nibelungenlied’ nach und entwickel[t] am Schluss Perspektiven auf den mittelhochdeutschen Text in der epischen Arena um 1200.