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Als Teil der Atmungskette des hyperthermophilen Bakteriums Aquifex aeolicus besteht die NADH:Ubichinon-Oxidoreduktase aus 13 Untereinheiten, die durch 24 unterschiedliche Gene codiert werden. Im Rahmen dieser Arbeit wurde für den massenspektrometrischen Nachweis dieser Untereinheiten nach der Aufreinigung des Komplexes eine SDS-PAGE durchgeführt, an die sich eine tryptische Proteolyse und eine Messung per MALDI MS und MS/MS anschlossen. Mit dieser analytischen Strategie war es möglich, jede nicht-homologe Untereinheit nachzuweisen und 20 von 24 genombasierten Isoformen eindeutig zu identifizieren. Selbst kleine bzw. sehr hydrophobe Untereinheiten mit vielen Transmembranhelices konnten mit Hilfe dieser Methode analysiert werden. Die hohe Anzahl an präsenten, unterschiedlichen Isoformen und die vorherrschenden Verunreinigungen durch Fremdproteine (z.B. ATP-Synthase) könnten Indizien dafür sein, dass bis jetzt keine hinreichend stabile und reproduzierbare Enzympräparation gelungen ist, um eine Kristallstrukturanalyse durchzuführen. Im Allgemeinen kann der Ablauf eines solchen Proteomics-Experiments in drei Teile gegliedert werden: die Auftrennung eines Protein- oder Peptidgemischs zur Verringerung der Probenkomplexität, die Identifikation des Proteins per Massenspektrometrie und die damit verbundene bioinformatische Datenanalyse. Neben chromatographischen Methoden ist die Elektrophorese in Polyacrylamidgelen immer noch das am häufigsten angewandte Trennverfahren im Proteomics-Bereich. Vor der MS-Messung werden die aufgetrennten Proteine in der Regel direkt in der Gelmatrix verdaut. Die Qualität der Ergebnisse wird stark durch Proteinmenge und die auftretenden Probenverluste beeinflusst. Diese werden beispielsweise durch eine unzureichende Peptidextraktion aus dem Gel hervorgerufen. Im Rahmen dieser Dissertation wurde ein neues Gelsystem entwickelt, dass vor allem für die Proteolyseeffizienz, die Peptidextraktion und somit auch für die anschließende massenspektrometrische Messung von Vorteil ist. Das Monomer Acrylamid wird hierzu mit den beiden Quervernetzern N,N-Methylenbisacrylamid (MBA) und Ethylenglykoldiacrylat (EDA) polymerisiert. Es entsteht ein Gel, dessen Poren durch die basische Hydrolyse der Esterbindungen des EDAs vergrößert werden können, ohne die dreidimensionale Grundstruktur des Gels zu zerstören.   Die gemischten Gele mit MBA und EDA als Crosslinkern sind sowohl für Tris-Glycin- als auch Tris-Tricin-Puffersysteme einsetzbar. Die Evaluierung der Daten erfolgte meist gegen ein Standardgel mit T= 14% und C= 2,6%. Durch eine experimentell ermittelte Anpassung der Mischgele auf T+10% und C+45% mit einem MBA/EDA-Verhältnis von 0,5 verhalten sich die beiden Gelsysteme empirisch gleich und zeigen eine übereinstimmende elektrophoretische Trennung und Auflösung. Es gibt keine wesentlichen Nachteile in Bezug auf die Handhabung, die elektrophoretische Trennung und die anschließenden Analysen und Techniken, solange diese in sauren bis leicht basischen pH-Bereichen durchgeführt werden. So wurde das gemischte Gelsystem sowohl bei einer 2D IEF/SDS-PAGE als auch bei einem Western Blot-Experiment angewendet und für vollständig kompatibel befunden. Die gemessenen MS-Daten profitieren im Fall von Trypsin und Elastase erheblich von der besseren Zugänglichkeit des Enzyms zum Substratprotein und der verbesserten Peptidextraktion. Die Gelaufweitung führt zu signifikant besseren Ergebnissen, die größtenteils auf höhere S/N-Werte zurückzuführen sind. Die Signalintensitäten der Peptide sind um den Faktor 5 besser als die des Referenzgels. Der Nachweis von je 1 pmol der Proteine BSA, Serotransferrin und Alkoholdehydrogenase profitiert stark von den zusätzlich erhaltenen Daten, da die Zunahme an identifizierten Peptiden bei der PMF-Suche im Bereich von 40 bis 80% liegt. Auch bei geringen Proteinmengen wie 250 bzw. 50 fmol BSA ist die Anzahl der zugeordneten Signale um den Faktor 2-3 besser. Der in-Gel Verdau von 1 pmol Bacteriorhodopsin mit Elastase zeigt ebenfalls einen Anstieg der Peptidsignale um 60% im Vergleich zum Referenzgel. Da die Proteine im Gel alle mit kolloidalem Coomassie Brilliant Blue angefärbt wurden, kann davon ausgegangen werden, dass sich die guten MS-Ergebnisse auf jede mit diesem Farbstoff visualisierte Probe übertragen lassen. Für den Fluoreszenzfarbstoff RuPBS trifft dies ebenso zu, insgesamt wurden aber weniger Peptide als bei kolloidaler Coomassie Brilliant Blue-Färbung detektiert. Dementsprechend handelt es sich bei Acrylamidgelen mit MBA/EDA-Vernetzung um ein vielversprechendes alternatives Gelsystem, dass auf eine Vielzahl anderer Methoden angewendet werden kann.
Die heutige moderne Toxikologie ist dem 3-R-Prinzip (Russel und Burch, 1959), einem Konzept zur Verminderung und Verkürzung von Tierversuchen, verpflichtet. Allerdings stellt insbesondere die für die Zulassung und Registrierung neuer Arzneistoffe oder Chemikalien behördlich geforderte Prüfung von Substanzen auf kanzerogene Eigenschaften immer noch einen langwierigen Prozess mit einem hohen Bedarf an Versuchstieren dar. Daher sollte unter dem Einsatz von Methoden der Proteomforschung eine Identifizierung und Charakterisierung neuer Protein-Biomarker erfolgen, die eine verbesserte Vorhersage von Prozessen der chemisch induzierten Leberkanzerogenese erlauben. Motivation für diese Arbeiten war die Annahme, dass durch chemische Substanzen angestoßene molekulare Prozesse mit proteinanalytischen Methoden früher detektierbar sind als dies mit konventionellen toxikologischen Methoden möglich ist, welche vor allem die Prüfung von Substanzen im Tierversuch mit anschließender histopathologischer und klinisch-biochemischer Bewertung der toxischen Effekte vorsehen. Die Untersuchungen sollten Aufschluss darüber geben, ob Proteomstudien die traditionelle Toxikologie mit einer verbesserten, insbesondere verkürzten Erkennung und Aufklärung toxischer Wirkmechanismen unterstützen können. In der Zukunft würde dies eine signifikante Verkürzung und Verbesserung von Tierversuchen bedingen, verbunden mit einer Verringerung der Anzahl an Versuchstieren und letztlich einer Einsparung von Kosten und Zeit. N-Nitrosomorpholin (NNM), ein bekanntes Leberkanzerogen, diente als Modellsubstanz zur Abbildung des Kanzerogeneseprozesses. Zur Induktion von Lebertumoren sowie frühen präneoplastischen Veränderungen wurden Ratten in zwei Tierstudien über definierte Zeiträume mit zwei unterschiedlichen Dosierungen NNM behandelt. Das nach verschiedenen Behandlungszeitpunkten gewonnene Lebergewebe diente als Ausgangsmaterial für die nachfolgenden proteomischen Analysen. Dazu kam vor allem die zweidimensionale Gelelektrophorese (2-DE) zum Einsatz, gefolgt von MALDI-Massenspektrometrie (MS) zur Identifizierung differentiell exprimierter Proteine. Ausserdem wurden aus den Leberproteinextrakten unter Einsatz der SELDI (Surface Enhanced Laser Desorption and Ionisation)-Technologie Proteinprofile erstellt und für die verschiedenen durch NNM-Behandlung aufgetretenen Leberveränderungen charakteristische Signalmuster ermittelt. Das Potential der iTRAQ-Technologie, einer MS-basierten Quantifizierungsstrategie wurde in einem weitergehenden Schritt ermittelt. Mittels 2-DE/MS-Analyse konnten einerseits Proteine identifiziert werden, deren vermehrte Expression die nach einem Tag der Behandlung mit NNM ausgelösten akut toxischen Effekte der Chemikalie in der Leber reflektierten. Andererseits lieferte die Analyse von Proben, in denen nach 25 Wochen Lebertumore diagnostiziert wurden, differentiell exprimierte Proteine, die als Tumor-spezifische Markerproteine charakterisiert werden konnten. Im Hinblick auf das vorrangige Ziel der Arbeit, neue Biomarker zu identifizieren, die schon zu einem frühen Zeitpunkt des Tierversuchs bereits einsetzende kanzerogene Prozesse aufzeigen und damit in der Zukunft einen Beitrag leisten könnten, konventionelle toxikologische Prüfmethoden zu unterstützen oder gar zu verkürzen, erfolgte eine Fokussierung der Analyse auf Proben von Tieren, die drei Wochen lang mit NNM behandelt wurden. Bereits zu diesem Zeitpunkt wurden Proteine detektiert, deren Deregulation mit frühen Prozessen der Leberkanzerogenese in Einklang gebracht werden konnte. Vor allem 18 Proteine, die sich in den Proben nach drei Wochen der NNM-Behandlung wie auch in dem Gewebe von Tieren mit Tumoren als dereguliert erwiesen, wurden als potentielle frühe Biomarker mit einem enormen Potential zur verbesserten Vorhersage von Leberkanzerogenese charakterisiert. Um die durch 2-DE/MS-Analyse ermittelten potentiellen frühen Biomarker in ihrem detektierten Regulationsmuster zu bestätigen und damit das Vertrauen in die 2-DE/MS-Ergebnisse zu erhöhen, erfolgte eine Prävalidierung der Markerproteine mit unabhängigen Methoden. Hierfür wurde der immunologische Nachweis der Proteine in Form des Western Blottings sowie eine MS-basierte Quantifizierung unter Anwendung der iTRAQ-Technik herangezogen. Des Weiteren eröffnete die Integration der Arbeit in ein Verbundprojekt die Möglichkeit zum Vergleich der Proteinexpressionsdaten mit den Ergebnissen der globalen Genexpressionsanalyse, die bei einem Projektpartner durchgeführt wurde. Während durch Western Blotting nur wenige der 18 potentiellen frühen 2-DE/MS-Biomarker in ihrer nach drei Wochen Behandlung beobachteten Regulation bestätigt werden konnten, wurden durch Einsatz der iTRAQ-Technik 11 der Biomarker verifiziert und damit der Wert dieser Quantifizierungsstrategie für den Ansatz der Prävalidierung unterstrichen. Der Abgleich mit den Genexpressionsdaten legte für 63% der Proteine eine übereinstimmende Deregulation auf Genniveau offen. Insgesamt wurden 13 der 18 potentiellen frühen 2-DE/MS-Biomarker durch mindestens eine weitere unabhängige Technologie in ihrer im 2-DE-Gel beobachteten Expressionsveränderung bestätigt. Zusammenfassend lieferte die 2-DE/MS-Analyse des durch NNM veränderten Lebergewebes zahlreiche Protein-Biomarker, die auf molekularer Ebene sowohl frühe als auch späte Stadien der Leberkanzerogenese reflektieren. Vor allem die charakterisierten potentiellen frühen Biomarkern weisen ein signifikantes Potential auf, in der Zukunft konventionelle toxikologische Prüfsysteme zu unterstützen und möglicherweise einen Beitrag zur Verkürzung von Tierstudien und damit zur Einsparung von Versuchstieren zu leisten. Durch Prävalidierung der meisten der frühen Markerproteine durch unabhängige Methoden wurde dieses Potential als auch der Wert von Methoden der Proteomforschung zur allgemeinen Unterstützung der prädiktiven Toxikologie noch einmal unterstrichen.