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Die vorliegende Dissertation stellt eine Methode zur Löslichkeitsbestimmung vor, die für die Anwendung im Rahmen von BCS-Biowaiver Monografien entwickelt wurde. Der Methode und dem dafür konzipierten Studienprotokoll liegt das Prinzip der „Minimallöslichkeit“ zugrunde. Damit lässt sich einfach, kosteneffizient und wissenschaftlich verlässlich feststellen, ob ein Arzneistoff „hochlöslich“ gemäß den BCS-Biowaiver Richtlinien der Gesundheitsbehörden FDA, EMA und WHO ist und sich dementsprechend generische Produkte des Arzneistoffs grundsätzlich für das BCS-Biowaiver Zulassungsverfahren eignen.
Dieses Verfahren für die Zulassung von Generika erlaubt die Beurteilung der Bioäquivalenz eines festen generischen Arzneimittels zur peroralen Anwendung auf Basis von in vitro-Freisetzungsuntersuchungen anstatt von in vivo-Studien wie z.B. pharmakokinetischen Studien am Menschen und erleichtert dadurch eine Marktzulassung sowohl durch Zeit- als auch Kosteneinsparung. Die Anwendung des Verfahrens ist von Vorteil, um die Verfügbarkeit von qualitativ hochwertigen, generischen (und damit kostengünstigen) Arzneimitteln zu erhöhen. Dies ist besonders wünschenswert für die Verfügbarkeit von gemäß der Weltgesundheitsorganisation essenziellen Arzneistoffen und unter denen gerade von solchen, die zur Bekämpfung von Krankheiten mit nur wenigen und/oder teuren therapeutischen Alternativen benötigt werden.
Entstanden ist die Löslichkeitsbestimmungsmethode im Rahmen von zwei Projekten, die beide zu diesem Ziel einer guten globalen Gesundheitsversorgung beitragen: die Erstellung der Biowaiver Monografien von Proguanilhydrochlorid (ein Malaria-Prophylaktikum) und Cefalexinmonohydrat (ein Antibiotikum aus der Gruppe der Cephalosporine) setzt die Publikationsreihe „Biowaiver Monograph Series“ der FIP Focus Group „Bioclassification/Biowaiver“ fort. Jede Monografie gibt eine umfassende wissenschaftliche Empfehlung zur Eignung eines Wirkstoffs der WHO „Model List of Essential Medicines“ und seiner generischen Produkte für das BCS-Biowaiver Verfahren hinsichtlich aller regulatorisch geforderten Aspekte ab. Proguanilhydrochlorid (BCS Klasse III – „hochlöslich“ und nicht „hoch permeabel“) und Cefalexinmonohydrat (BCS Klasse I – „hochlöslich“ und „hoch permeabel“) sind beide für dieses Zulassungsverfahren geeignet.
Im Zuge des anderen Projektes wurde die Löslichkeit und anschließend die BCS Klasse von Wirkstoffen bestimmt, die der 16. und 17. Version der WHO „Model List of Essential Medicines“ neu hinzugefügt wurden. Neun von 16 untersuchten Wirkstoffen, die in feste, perorale Arzneimittel formuliert werden können, sind im Hinblick auf ihre BCS Klasse für das eine Zulassung per BCS-Biowaiver geeignet. Eine umfangreichere Empfehlung könnte im Rahmen einer Biowaiver Monografie gegeben werden.
Die experimentelle Bestimmung der Löslichkeit über einen pH-Wert-Bereich von 1-6,8 war essenzieller Bestandteil beider Projekte, da Literaturdaten zur Löslichkeit der Wirkstoffe nicht oder nur unvollständig vorlagen. Die entwickelte Methode basiert auf einer im Kleinmaßstab angesetzten „Shake-Flask“-Methode zur Bestimmung der thermodynamischen Löslichkeit, wird jedoch in einem Zeitrahmen von 24 Stunden durchgeführt. Sie nutzt die höchste Dosis der Wirkstoffe als Substanzmenge, um zu bestimmen, ob dieser „hochlöslich“ gemäß den BCS-Biowaiver Richtlinien ist oder nicht. Die Methode bzw. das dazugehörige Studienprotokoll beinhalten Empfehlungen zu den einzelnen Schritten der Durchführung, der Auswahl der Medien und Herausforderungen wie Präzipitation (Fallbeispiel: Proguanilhydrochlorid) und Zersetzungsreaktionen (Fallbeispiel: Cefalexinmonohydrat). Löslichkeitsdaten, die mit dieser Methode erhoben werden, können für eine Zulassung per BCS-Biowaiver bei den Gesundheitsbehörden eingereicht werden, aber auch für ein Vorab-Screening genutzt werden, dass „hochlösliche“ Arzneistoffe aus einer Vielzahl von Substanzen herauszufiltern soll, um nähere Untersuchungen im Rahmen einer Biowaiver Monografie anzuschließen.
Im Rahmen dieser kumulativen Dissertation konnte eine Methode mitentwickelt werden, die die Bestimmung der absoluten Konfiguration pharmazeutischer Verbindungen aus Röntgenpulverbeugungsdaten ermöglicht. Die Methode basiert auf der Bildung von Salzen. Die notwendige Herstellung dieser Salze mit Salzbildnern bekannter Konfiguration wurde hinsichtlich einer minimalen Ansatzgröße optimiert und erlaubt ein Arbeiten mit Mengen von unter zehn Mikrogramm. Die Kristallisation konnte sogar direkt in den Kapillaren für die Aufnahme der Pulverdiagramme durchgeführt werden. Die absolute Konfiguration einiger als Testfälle gewählter pharmazeutischer Wirkstoffe konnte auf diese Art erfolgreich bestimmt werden. Dies stellt eine erfolgreiche Erweiterung bisher verfügbarer Methoden dar.
1,1,3,3-Tetraethyl-5-nitroisoindolin (TENI) und 1,1,3,3-Tetraethyl-5-nitroisoindolin-2-oxyl (TENO) sind Zwischenstufen in der Synthese von RNS-Spinlabeln für die EPR-Spektroskopie. Die Kristallstrukturen beider Verbindungen konnten aus Einkristallbeugungsdaten bestimmt werden. TENI hat einen Schmelzpunkt nahe der Raumtemperatur. TENO hat dagegen einen wesentlich höheren Schmelzpunkt, obwohl das Molekül nur ein Sauerstoffatom zusätzlich hat. Die Kristallstruktur liefert die Erklärung für dieses Phänomen: In der Kristallstruktur von TENI findet sich als stärkste intermolekulare Wechselwirkung eine einzelne schwache, sehr lange Wasserstoffbrückenbindung.
6-Amino-2-iminiumyl-4-oxo-1,2,3,4-tetrahydropyrimidin-5-aminiumsulfat, ein Edukt der Synthese von Leukopterin konnte als Hydrat erhalten werden. Die Kristallstruktur dieses Monohydrats konnte problemlos bestimmt werden, ebenso wie die von synthetisiertem 4-Amino-2,6-dimethylpyrimidin.
Natriumethanolat wurde nach einer 180 Jahre alten Vorschrift von Liebig synthetisiert. Wie die Röntgenpulverdiagramme zeigen, bilden sich dabei jedoch Gemische von verschiedenen Phasen. Die Kristallstruktur von reinem NaOEt konnte aus Pulverdaten bestimmt werden. Ebenfalls wurden ein Diethanolsolvat sowie zwei weitere Phasen identifiziert. Vom Diethanolsolvat NaOEt · 2 HOEt konnten Einkristalle hergestellt und die Kristallstruktur aus diesen bestimmt werden. Die Kristallstrukturen von Natrium-n-propanolat (NaOnPr), Natrium-n-butanolat (NaOnBu) und Natrium-n-amylat (NaOnAm) konnten ebenfalls aus Pulverdaten aufgeklärt werden. Sie weisen ein ähnliches Na-O-Gitter wie Natriumethanolat auf, allerdings kristallisieren sie in der Raumgruppe P 4/n m m. Die abweichende Raumgruppe des NaOEt (P -4 21 m) liegt am sterischen Anspruch der Ethylgruppe. Die längeren Alkylgruppen sind hochgradig fehlgeordnet und somit im Mittel zylinderförmig. Die Ethylgruppe dagegen hat einen weniger symmetrischen Raumbedarf. Die Solvate der Alkalialkoholate wurden mit zunehmender Länge der Alkylketten instabiler. Nichtsdestotrotz konnten drei verschiedene Solvate hergestellt werden: NaOnPr · 2 HOnPr, NaOiPr · 5 HOiPr und NaOtAm · HOtAm. Ihre Kristallstrukturen konnten aus Einkristallbeugungsdaten bestimmt werden. In diesen Strukturen zeigen sich sehr unterschiedliche Strukturmotive, die teilweise die mögliche Existenz weiterer Solvatstufen andeuten.
Die industriellen Rotpigmente Pigment Red 52 und Pigment Red 48 wurden im Labor unter verschiedenen Bedingungen synthetisiert. Dabei wurden neben den kommerziell verfügbaren Phasen einige neue Phasen identifiziert. Erstmals konnten Kristallstrukturen von P.R.52 und P.R.48 bestimmt werden. Von Pigment Red 52 konnte ein bisher unbekanntes Mononatriumsalz hergestellt werden. Von diesem Salz konnte ein DMSO-Solvat-Monohydrat kristallisiert werden. Aus erhaltenen Einkristallen konnte die Struktur bestimmt werden. Von Pigment Red 48 konnte ebenfalls ein bisher nicht literaturbekanntes Mononatriumsalz isoliert werden. Von zwei Hydratstufen dieser Verbindung konnten Einkristalle hergestellt und ihre Kristallstrukturen bestimmt werden. Eine weitere Phase wurde als Anhydrat identifiziert. Vom Di-Natriumsalz des P.R.52 sowie von seinem Calciumsalz wurden insgesamt fünf verschiedene Hydratstufen gefunden. Die Kristallstrukturen dieser Hydrate konnten aus Röntgenpulverbeugungsdaten bestimmt werden. Von einer Hydratstufe konnte ebenfalls ein Einkristall erhalten und die Struktur bestätigt werden. Eine Veröffentlichung ist in Vorbereitung.
Die Isomere des Orangepigments Perinon werden nach gemeinsamer Synthese industriell durch Überführung in „Trennsalze“ getrennt. Weder die Molekülkonstitution der Trennsalz-Ionen, noch die chemische Zusammensetzung der Feststoffe, noch deren Kristallstrukturen waren bisher bekannt. Die industrielle Form des „trans-Trennsalzes“ konnte im Labor hergestellt werden. Eine weitere Phase des trans-Perinontrennsalzes konnte hergestellt und identifiziert werden. Durch die nachfolgende Einkristallstrukturanalyse zeigte sich, dass die Trennsalze eine völlig andere Molekülkonstitution haben, als in der Literatur beschrieben war: Statt eines planaren Perinongerüsts enthält das Trennsalz ein verdrehtes Bis(benzimidazolat)naphthalindicarboxylat-tetraanion, dessen Ladung durch Kalium-Kationen kompensiert wird. Das bisher nie als Feststoff beschriebene cis-Perinontrennsalz wurde hergestellt und kristallisiert. Es konnten Einkristalle hergestellt und die Kristallstruktur aus diesen bestimmt werden. Alle Perinontrennsalze enthalten im Kristallgitter eine beträchtliche Anzahl Wasser- und Ethanolmoleküle. Durch Festkörper-NMR-Spektroskopie konnte gezeigt werden, dass das Wasser-Ethanol-Netzwerk stark dynamisch ist. Bei der Hydrolyse der Trennsalze entstehen wieder die ursprünglichen, wasser- und lösungsmittelfreien Perinonpigmente.