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Erkrankungs- und transplantationsassoziierte Nebenwirkungen (z.B. Mukositis, Neutropenie) und Komplikationen (z.B. Infektionen, Abstoßung) führen zu einem radikalen Rückgang der körperlichen Leistungsfähigkeit während der Hämatopoetischen Stammzelltransplantation (HSZT). Ein Großteil der Patienten leidet vor Beginn der Transplantation bereits an ausgeprägten muskulären sowie kardiopulmonalen Defiziten. Randomisiert-kontrollierte Interventionsstudien mit Erwachsenen weisen auf positive multidimensionale Effekte einer Bewegungstherapie vor, während und nach der Transplantation hin. Wiskemann et al. [2013] identifizierten zudem das Fitnesslevel zu Transplantationsbeginn als relevanten Prädiktor für trainingsinduzierte Adaptionen. Im klinischen Sektor der pädiatrischen HSZT wird der wissenschaftliche Forschungsstand im als unzureichend eingestuft. Neben der Evaluation der Wirksamkeit pädiatrischer Bewegungsprogramme besteht dringender Bedarf zur Identifikation geeigneter Trainingsmethoden. Auf Basis dessen evaluierte die vorliegende Arbeit als Primärziel den Einfluss der körperlichen Leistungsfähigkeit zu Transplantationsbeginn auf die Effekte einer Sporttherapie während pädiatrischer HSZT. Darüber hinaus erfolgte eine Überprüfung der Machbarkeit des Interventionskonzeptes und eine explorative Analyse der sportlichen Belastbarkeit während der stationären Behandlung.
In dieser Subanalyse der BISON-Studie (RCT, n=70) wurden 53 hämato-onkologisch erkrankte Kinder und Jugendliche (35 m 18 w, 10.9±3.5 Jahre) mit Indikation zur HSZT computergestützt in eine Interventions- (IG) oder bewegungsarme Kontrollgruppe (KG) randomisiert. Im Rahmen der Transplantation führte die IG eine Sporttherapie, bestehend aus einem täglichen Ausdauer-, Kraft- und Beweglichkeitstraining (täglich, 30–60min), die KG ein Konzentrations- und Entspannungstraining von gleichem Umfang durch. Die individualisierten Trainingseinheiten fanden supervidiert statt und wurden von den behandelnden Sporttherapeuten dokumentiert. Zur Evaluation der Therapieeffekte erfasste ein 6-Minuten Gehtest (6MWT) die Ausdauerleistungsfähigkeit im Eingangs- und Retest (T1 Aufnahme, T2 Entlassung). Im Sinne der primären Zielsetzung erfolgte für die Auswertung eine retrospektive Dichotomisierung beider Studiengruppen anhand der referenzwertbezogenen Baslinewerte (cut off: 80 % 6MWDREFT1). Gruppenunterschiede (IGUNFIT n=14, IGFIT n=12, KGUNFIT n=16, KGFIT n=11) der relativen Veränderung im pre-post Design wurden mittels Kruskal-Wallis mit post-hoc-Test analysiert. Die Machbarkeit des sporttherapeutischen Interventionskonzeptes wurde anhand von neun Outcomeparametern (Bedarf, Akzeptanz, Durchführbarkeit, Adhärenz, Toleranz, Verträglichkeit, Sicherheit, Medizinische Barrieren, Non-Compliance) bewertet.
Vor Transplantation legten die Kinder und Jugendlichen im 6MWT ohne Auftreten unerwünschter Ereignisse durchschnittlich 470.9±79.1 m bzw. referenzwertbezogen 76±12% zurück. Die nichtparametrische Testung ergab für das Gesamtkollektiv bereits vor Beginn der Behandlung signifikante Einbußen der Gehstrecke im Vergleich zu den Normwerten gesunder Gleichaltriger (p<.001).
Insgesamt 25 Kinder und Jugendliche der IG (74%) trainierten über den stationären Verlauf kontinuierlich 2–4x pro Woche (50.3±6.3 min/TE) mit einem subjektiven Anstrengungsempfinden (RPE) von 11 bis 16. Die Adhärenzrate lag in der Untersuchung bei 94 (64–100)%. Das Training beinhaltete ein Ausdauertraining auf dem Fahrradergometer, als Aerobic-Einheit oder in spielerischer Form (2.5±0.9x/wk, 20.9±5.1 min/TE, 70.7±6.5% der HFmax), ein kleingerätegestütztes Krafttraining (2.4±0.6x/wk, 3.7±0.7 Übungen, 1.9±0.3 Serien, 10.4±1.1 Wiederholungen) und Stretchingübungen (2.3 ±0.7x/wk, 75% aktiv, 25% passiv). In insgesamt 13 von 410 Therapieeinheiten musste aufgrund von Gegenanzeigen abgebrochen werden.
Beim Vergleich der Trainingseffekte zeigte sich, dass die IGFIT ihre Ausdauerleistung im Rahmen der Transplantation um +0.7% steigerte, während die IGUNFIT eine Verbesserung um +7.7% aufwies (p>.05). In Bezug auf die relative Veränderung konnten ausschließlich signifikante Unterschiede zwischen der IGUNFIT und der KGUNFIT (-13.7%, p<.05) bzw. KGFIT (-15.9%, p>.05) erhoben werden. Bei Entlassung absolvierte die Gruppe IGFIT weiterhin 85.5±10.3% der referenzwertbezogenen Gehstrecke und differierte diesbezüglich bei Entlassung signifikant zu den beiden initial leistungsreduzierten Gruppen (KGUNFIT p<.001, IGUNFIT p<.01).
Negative Auswirkungen der Grunderkrankung und hämato-onkologischer Vorbehandlungen führen auch bei der Mehrheit betroffener Kinder und Jugendlicher bereits vor der Transplantation zu einer defizitären Leistungsfähigkeit im Vergleich zu Gesunden. Vor dem Hintergrund einer progressiven transplantationsinduzierten Dekonditionierung zeigt sich eine supportive Sporttherapie während pädiatrischer HSZT von moderater und hoher Intensität als sicher, machbar sowie effizient. Das konstante Training sowie die hohe Compliance erfordern ein tägliches, flexibles und kreatives Angebot unter fachtherapeutischer Anleitung und Betreuung. Alle Patienten können über den gesamten Verlauf der Transplantation ca. 3x pro Woche zwischen 40–60 min trainieren. Wie bei Gesunden könnten insbesondere initial leistungslimitierte Kinder und Jugendliche sowie Patienten mit schweren Nebenwirkungen von einer supportiven Bewegungsförderung profitieren. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse lässt sich außerdem ableiten, dass ein optimaler Versorgungsansatz für die pädiatrische HSZT zusätzlich ein bewegungstherapeutisches Aufbautraining vor Transplantation vorsieht.
Die hämatopoetische Stammzelltransplantation (HSZT) stellt für zahlreiche Erkrankungen die einzige Chance auf Heilung dar. Gleichzeitig ist dieses Therapieverfahren mit einer hohen Morbidität und Mortalität verbunden, welche auf diverse akute Nebenwirkungen aber auch langfristige Komplikationen zurückzuführen ist. Unter anderem wurden vielfältige Funktionsbeeinträchtigungen erfasst, welche in einer gravierenden körperlichen Dekonditionierung sowie einem erhöhtem Risiko für kardiovaskuläre Folgeerkrankungen münden können. Sport- und Bewegungstherapie konnte sich in diesem Rahmen als Supportivmaßnahme vor allem bei erwachsenen Krebspatienten etablieren. Die Studienlage für Kinder und Adoleszenten mit Krebs ist nicht gleichsam evident. In der pädiatrischen SZT gibt es bis dato lediglich vier international publizierte Studien. Aufgrund des skizzierten Forschungsdefizits, sollten im Rahmen der vorliegenden randomisiert-kontrollierten Untersuchung, die physischen und psychischen Effekte einer strukturierten Sporttherapie während und nach der HSZT evaluiert werden.
Die erste Studienphase bezieht sich auf die stationäre Behandlung der Patienten und wurde in einem randomisiert-kontrollierten Design durchgeführt. Mit stationärer Aufnahme wurden teilnehmende Probanden in eine von zwei Studiengruppen randomisiert (Interventionsgruppe (IG) oder Kontrollgruppe (KG)). Während die IG ein Ausdauer-, Kraft- und Beweglichkeitstraining erhielt, führte die KG Konzentrations- und Entspannungsübungen durch. Beiden Gruppen wurde das altersentsprechende sowie individualisierte Training täglich zwischen 30–60min angeboten. Mit stationärer Entlassung gingen die Patienten in Phase II, die ambulante Nachbehandlung über. In dieser Pilotstudie sollten neben der Machbarkeit von Sporttherapie, die physischen Effekte bis 6 Monate nach HSZT analysiert werden. Aufgrund der wohnortgestützten ambulanten Weiterbehandlung wurde eine Neu-Stratifizierung der Patienten durchgeführt, wodurch vier Gruppen entstanden: IG–IG, IG–KG, KG–IG und KG–KG. Als MZP dienten die stationäre Aufnahme (T0) und Entlassung (T1) sowie für die Phase II Tag+100 (T2) und Tag+200 (T3). Die Testungen inkludierten motorische Testverfahren (6-Minuten-Walking-Test (6MWT), Spiroergometrie, Handkraft (Hk), Beinkraft (Bk)), psychometrische Testverfahren (Lebensqualität (LQ)) sowie klinische Parameter (z.B. Blutwerte) und die Körperzusammensetzung.
In vier Studienjahren (2011-2014) wurden 70 Patienten mit einem mittleren Alter von 11,0 Jahren (5–18Jahre) eingeschlossen. Stationär kam es zu einer Drop out Rate von 18,6% sowie zu Tag+200 von 54,3%. Die Patientencharakteristika zeigten abgesehen vom BMI bei Aufnahme (p<.05) keine Gruppenunterschiede.
Das stationäre Training wurde von beiden Gruppen mit 3,1 (2–4; IG) bzw. 2,9 (0,3–4; KG) Trainingseinheiten pro Woche ähnlich gut angenommen (je ~51min/Trainingseinheit). Für drei von den vier motorischen Testverfahren zeigte sich anhand der relativen Veränderungen für die IG ein Erhalt der Leistungsfähigkeit (6MWT: 2,4 (-66,1–25,7)%; Hk: -3,6±16,3%; Bk: -1,6 (-52,6–144,4)%). Gleichzeitig reduzierte die KG diese Daten jeweils signifikant (6MWT: -14,6 (-73,2–18,0)%; Hk: -10,9±20,0%; Bk: -13,0 (-57,9–131,7)%; p<.05). Die VO2peak ml/kg/min der Spiroergometrie zeigte innerhalb beider Gruppen eine signifikante Verschlechterung (IG: 15,0±16,7%; KG: -18,7±22,7%; p<.05). Die LQ präsentierte dagegen ein uneinheitliches Bild für beide Studiengruppen. Für die Körperzusammensetzung und klinischen Parameter konnten keine signifikanten Unterschiede berechnet werden.
Im ambulanten Setting demonstrierte die Aufbereitung des Trainings eine generelle Machbarkeit. Das Training wurde in 53,6±10,2% der Ambulanztermine integriert. Die hohe Ausfallrate war primär auf Kontraindikationen (63,3±22,1%) und Sondertermine (14,6±7,0%) zurückzuführen. Die Trainingshäufigkeit belief sich insgesamt auf 0,7 Trainingseinheiten/Woche bei 42,5min pro Trainingseinheit. Die Betrachtung der physischen Effekte zeigte eine generelle Verbesserung der Daten innerhalb aller Gruppen. Gruppen mit sportlicher Intervention (stationär oder ambulant) wiesen partiell (6MWT, Bk) höhere Messwerte und Verbesserungen auf. Signifikanzen lagen keine vor.
Gesamt betrachtet konnte in Studienphase 1 dem therapieassoziiertem körperlichen Abbau durch Bewegungstherapie entgegengewirkt werden. Gleichzeitig zeigte das Assessment, ausgenommen LQ, Körperzusammensetzung sowie die Spiroergometrie eine gute Anwendbarkeit in dem Setting. Für die ambulante Studienphase kann eine generelle Machbarkeit von Sporttherapie nach HSZT postuliert werden. Weitere Erhebungen wären in diesem Setting hinsichtlich der Trainingseffekte noch erforderlich. Zukünftige Studien sollten multizentrisch durchgeführt werden, um mit Hilfe größerer Fallzahlen umfassendere Erkenntnisse zu erlangen.