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Die Digitalisierung geht mit tiefgreifenden Veränderungen der Arbeitswelt einher. Der Einsatz neuer Kommunikationsmittel, automatisierte Produktion, digitale Dienstleistungen sowie die digitale Vernetzung von Produktionsschritten begünstigen die Entwicklung neuer Arbeitsformen und Tätigkeitsfelder. Wirtschaft, Politik und Gesellschaft sind gemeinschaftlich herausgefordert einen guten Umgang mit den neuen Möglichkeiten von Arbeit zu entwickeln. Wie sich die Unternehmen in diesem Diskurs positionieren, wie weitreichend eine Digitalisierungsstrategie ein Unternehmen verändert oder welche technologischen Neuerungen in der Produktion Verwendung finden, zeigt sich in der betrieblichen Praxis. Dabei bedarf der Einsatz digitaler Technologien neuer Kompetenzen und Qualifikationen. Mehr denn je sind Betriebe und Beschäftigte angehalten, sich kontinuierlich weiter zu entwickeln, um in diesen veränderungsreichen Zeiten erfolgreich zu bleiben. Für die Betriebe gilt infolgedessen, dass sie in die Technologien ebenso wie in das Knowhow ihrer Beschäftigten investieren müssen. Neben der beruflichen Erstausbildung gewinnt Weiterbildung für alle Beschäftigtengruppen an Bedeutung. Diese ergänzt im Idealfall arbeitsnah und betriebsspezifisch die Erstausbildung in Schulen und Hochschulen sowie Berufsschulen und Betrieben. Der Fokus des dritten Reports zum IAB-Betriebspanel Hessen 2017 liegt auf den betrieblichen Möglichkeiten der Personalrekrutierung, auf offenen Stellen, Neueinstellungen und Personalabgängen.
Der erste Report umfasste Fragen zur Nutzung und Bedeutung bestimmter digitaler Technologien sowie deren Auswirkungen auf die Betriebe. Der zweite Report war dem betrieblichen Ausbildungsverhalten gewidmet. Thematischer Schwerpunkt des vierten Reports wird das betriebliche Weiterbildungsverhalten sowie das Engagement der Betriebe in der Nach- und Aufstiegsqualifizierung sein. Die Gesamtbeschäftigung in Hessen ist in den vergangenen zehn Jahren auf über drei Millionen angestiegen. Trotz allgemeinem Beschäftigungszuwachs kam es in diesem Zeitraum innerhalb der meisten Betriebe zu personellen Fluktuationen. Zieht die Wirtschaft an, verbessern sich für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Jobaussichten. Gleichzeitig sind die Betriebe herausgefordert, attraktiv für die anvisierte Zielgruppe zu bleiben. Die Daten des IAB-Betriebspanels ermöglichen Einblicke in die personellen Veränderungen auf Betriebsebene. Diese werden in einem ersten Abschnitt dargestellt. Neben den verschiedenen Gründen für den Austritt aus einem Betrieb wird zudem über die Entwicklung der offenen Stellen berichtet. Hieran anschließend wird die Entwicklung der Teilzeit- und der Befristungsquote dargestellt. Darüber hinaus wird auf die Beschäftigung von Geflüchteten, die seit 2015 nach Deutschland gekommen sind, eingegangen. Fragen zur Art ihrer Beschäftigung sowie ihrem Tätigkeitsniveau wurden 2017 erstmals erhoben. In einem letzten Abschnitt wird die Verbreitung schriftlich fixierter Pläne in der betrieblichen Personalarbeit dargestellt, welche eine langfristig angelegte und zielgerichtete Personalentwicklung unterstützen.
Viele Initiativen und Programme zielen darauf, die Mobilität von Arbeitskräften zu stärken. Der gemeinsame Europäische Arbeitsmarkt ist bislang eher ein politischer Wunsch, denn gelebte Realität: Weniger als 10 Prozent der Erwerbstätigen arbeiten nicht in ihrem Herkunftsland. Insbesondere junge Menschen bewegen sich von Ost nach West oder von Süd nach Nord – meistens mit dem Ziel, die eigene ökonomische Situation zu verbessern. Der Anteil der Tagespendler ist dagegen mit knapp 24 Prozent deutlich höher. Neben einem höheren Einkommen lockt die Erwerbstätigen auch ein Mangel an passfähigen Arbeitsplätzen am Wohnort in die Nachbarregionen.
Eingangs wurde als eine Leitfrage formuliert, ob sich die Nutzung der Potenziale von betrieblicher Aus- und Weiterbildung zwischen den Betrieben unterscheidet und welche Faktoren hierfür maßgeblich sind.
In Frage kamen, neben strukturellen Größen wie der Betriebsgröße und dem Wirtschaftszweig, vor allem personalpolitische Probleme wie unbesetzte Fachkräftestellen, Überalterung und Personalmangel.
Geprüft wurde aber auch, ob die wirtschaftliche Lage der Betriebe das Verhalten beeinflusst. Letzteres ist eher nicht der Fall. Ob und wie viel Betriebe aus- und weiterbilden, ob sie Probleme bei der Rekrutierung von Jugendlichen haben, oder ihre Absolventen übernehmen, wird nach Lage der Daten kaum davon beeinflusst, ob sie einen hohen Wettbewerbsdruck verspüren oder aber mit steigendem Geschäftsvolumenrechnen. Entscheidungen zur Aus- und Weiterbildung werden demnach weitgehend unabhängig von der aktuellen ökonomischen Situation getroffen, wobei Betriebe mit einer positiven Geschäftserwartung in der vorliegenden Untersuchung zumindest eine etwas höhere Ausbildungsintensität und Übernahmebereitschaft zeigen.
Deutlich stärker wirken sich hingegen personalpolitische Probleme aus. Wie auch zu erwarten war, zeigen Betriebe, in denen aktuell Fachkräfteengpässe bestehen, ein erhöhtes Aus- und Weiterbildungsengagement, was nahelegt, dass dies auch zur Kompensation der bestehenden Stellenbesetzungsprobleme geschieht. Allein die Intensität der Ausbildung ist bei diesen Betrieben unterdurchschnittlich, was auf deren generelle Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von externem Personal verweist.Etwas weniger deutlich ist dieser Zusammenhang bei den Betrieben spürbar, die für die Zukunft mit Problemen bei der Fachkräftegewinnung rechnen. Insbesondere in der Ausbildung zeigen sie nur durchschnittliches Engagement, haben auch bislang keine besonderen Probleme bei der Rekrutierung von Auszubildenden.
Deutlich aktiver sind sie im Weiterbildungsbereich, der flexiblere Anpassungen an veränderte Qualifikationsanforderungen und zukünftige Fachkräftebedarfe ermöglicht. Dies verweist auch auf schon bekannte Unterschiede zwischen der betrieblichen Aus- und Weiterbildung: Die Ausbildung ist in erster Linie strukturell determiniert Betriebe bilden in der Regel entweder aus oder eben nicht, wobei bestimmte Bereiche traditionell höheres Engagement zeigen als andere. Die betriebliche Bereitschaft, in Weiterbildung zu investieren, ist hingegen häufiger von personalpolitischen Erwägungen beeinflusst, wobei sowohl bestehende als auch erwartete Probleme von Belang sind.
Gemeinsam ist schließlich beiden Qualifizierungsbereichen, dass deutliche sektorale Differenzen in der Ausschöpfung des Potenzials bestehen, und zwar wechselseitig: In Wirtschaftszweigen, die ein hohes Ausbildungsengagement zeigen, wird tendenziell weniger weitergebildet, während Wirtschaftszweige mit hoher Weiterbildungsaktivität eher ausbildungsfern sind. Diese strukturellen Zuordnungen zeigen sich über lange Zeiträume stabil, so dass betriebsindividuelles Qualifizierungsverhalten immer vor diesem Hintergrund zu verstehen ist.
Eine hohe Erwerbsbeteiligung von Frauen hat nicht nur eine zentrale Funktion für deren gesellschaftliche Teilhabe, sondern leistet auch einen wesentlichen Beitrag zur mittel- und langfristigen Fachkräftesicherung in den hessischen Betrieben. Die Daten des IAB Betriebspanels liefern Anhaltspunkte für eine positive Entwicklung der Frauenbeschäftigung; allerdings gibt es auch andere Befunde. Die wichtigsten Ergebnisse im Einzelnen: Die Zahl der in Hessen beschäftigten Frauen lag 2011 mit hochgerechnet 1,325 Mio. auf dem höchsten Stand der Panelbeobachtung. Der Anteil der Frauen an den Gesamtbeschäftigten beträgt seit einigen Jahren konstant etwa 47 Prozent und liegt somit etwa fünf Prozentpunkte höher als vor zehn Jahren. Besonders hoch ist der Frauenanteil in der Öffentlichen Verwaltung und insbesondere bei den Sonstigen Dienstleistungen; noch immer relativ wenige Frauen sind im Produzierenden Gewerbe beschäftigt. Der Anteil der qualifiziert beschäftigten Frauen an allen beschäftigten Frauen ist angestiegen, liegt jedoch noch immer unter dem Durchschnitt aller Beschäftigten. Der Anstieg der Beschäftigung liegt vor allem an der Ausweitung atypischer Beschäftigungsverhältnisse. Vor allem die Teilzeitbeschäftigung hat eine deutlich höhere Bedeutung als noch vor zehn Jahren; allein die Zahl der teilzeitbeschäftigten Frauen hat in Hessen in diesen Zeitraum um hochgerechnet etwa 140.000 zugenommen. Die Teilzeitquote der Frauen und deren Anteil an allen Teilzeitbeschäftigten blieben hingegen konstant. Auch die befristete Beschäftigung hat an Bedeutung gewonnen. Zwar sind auch hier Frauen etwas häufiger betroffen. Vor allem Wirtschaftszweige, in denen ein hoher Frauenanteil zu verzeichnen ist, weisen überdurchschnittlich häufig befristete Arbeitsverhältnisse auf. Die Beteiligung der Frauen an betrieblicher Aus- und Weiterbildung war 2011 sowohl im Zeitvergleich als auch in Relation zu den Gesamtbeschäftigten überdurchschnittlich hoch. Zudem konnten Frauen bei der Ausbildung in jedem der beobachteten Jahre überdurchschnittlich häufig ihre Ausbildung erfolgreich abschließen. Dies wirft im Hinblick auf die Fachkräftesicherung die Frage auf, wie es gelingen kann, die qualifizierten Frauen im Erwerbsleben zu halten und somit mittel- und langfristig die qualifikatorische Lücke zu schließen, die noch immer zu den männlichen Beschäftigten besteht.
Im vorliegenden Report wurde anhand von Daten aus dem IAB-Betriebspanel ein Schlaglicht auf die Innovationskraft hess- ischer Betriebe geworfen. Nur wenige Betriebe sind, in der Regel in Kooperation mit anderen Betrieben und Hochschulen, explizit mit Forschung und Entwicklung beschäftigt. Dennoch investiert ein großer Teil, nämlich ein Drittel der hessischen Betriebe, in die Weiterentwicklung und Verbesserung von Pro- dukten und Dienstleistungen. Acht Prozent der Betriebe haben darüber hinaus den Produktionsprozess verbessert. Diese Anteile haben sich in den letzten Jahren kaum verändert. 17 Prozent der Betriebe haben ihr Angebotsspektrum zuletzt erweitert, und immerhin fünf Prozent entwickeln gänzlich neue Produkte oder Dienstleistungen.Wie gezeigt wurde, konnten im Geschäftsjahr 2018 jedoch nicht sämtliche geplanten Innova-tionen umgesetzt werden. Jeder zwanzigste Betrieb gab an, dass dies nicht möglich war. Hauptgrund ist der Mangel an Fach-kräften. Daneben spielt aber auch die wirtschaftliche Situation der Betriebe eine Rolle: Gemäß der Ergebnisse des IAB-Betriebspanels befinden sich unter den Betrieben, die Produkte, Dienstleistungen oder betriebsinterne Prozesse weiterentwickelt haben, deutlich mehr mit einem positiven Jahresergebnis als solche mit einem negativen Jahresergebnis.
Der Einsatz von Robotern nimmt in den hessischen Betrieben zu. Zwar ist er, außer im Verarbeitenden Gewerbe, derzeit noch wenig verbreitet; die Zahl der Neuanschaffungen ist jedoch in den vergangenen Jahren – gerade auch in kleineren Betrieben – stark gestiegen. Die Corona-Krise könnte diese Entwicklung begünstigen, wenn es aufgrund der Unsicherheiten, die mit globalen Lieferketten verbunden sind, zu einer Verlagerung von Produktionsschritten nach Deutschland kommen sollte. Dies könnte mit einem stärkeren Einsatz von Robotern einhergehen, so die Expertin für Internationale Wirtschaftsbeziehungen Prof. Dr. Dalia Marin im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ vom 01.03.2020). Andererseits könnten den Betrieben die Mittel für größere Investitionen aufgrund des Einbruchs der Wirtschaft fehlen. Auffällig ist, dass die Großbetriebe bei allen Auswertungen im vorliegenden Report als innovationskräftiger erscheinen als die kleinen und mittleren Betriebe. Sie investieren häufiger in Forschung und Ent- wicklung sowie in Produkt-, Dienstleistungs- und Verf- ahrensverbesserungen. Dabei ist jedoch auch anzumerken, dass jeweils ein Drittel der Kleinstbetriebe, der kleinen und mittleren Betriebe an der Verbesserung und Weiterentwicklung ihrer Produkte und Dienstleistungen arbeitet. Es kann hier also nicht von einem klaren Trend, dass die Innovativität mit steigender Betriebsgröße zunimmt, gesprochen werden. Der Innovationsforscher Everett Rogers vermutet, dass die Betriebsgröße eine „Stellvertretervariable“ ist, die leicht zu messen ist, die aber verdeckt, dass vielmehr Faktoren wie eine positive Einstellung von Führungskräften gegenüber Veränder- ungen, eine wenig zentralistische Betriebsstruktur und eine Betriebskultur mit kurzen, auch hierarchieübergreifenden Kommunikationswegen einen entscheidenden Einfluss auf die Innovativität eines Betriebs haben (Rogers 2003: 409ff.). Solche Voraussetzungen lassen sich in Betrieben aller Größenklassen finden. Die Ausstattung der Betriebe mit Hochgeschwindigkeits-Internet als eine technische Voraussetzung für Innovationen ist grundsätzlich als gut anzusehen, allerdings hat die Zufriedenheit damit abgenommen.
Womöglich ist die gestiegene Unzufriedenheit ein An zeichen für höhere Ansprüche. Im Zuge der Corona-Krise dürfte die Bedeutung von Hochgeschwindigkeits-Internet zugenommen haben; viele Beschäftigte arbeiten zuhause und greifen von dort bspw. auf Betriebsserver zu. Insbesondere im Wirtschaftszweig Handel und Reparatur ist ein recht hoher Anteil der Betriebe unzu- frieden mit der verfügbaren Bandbreite, also in einem Bereich, in dem der Druck zur Online-Vermarktung gerade durch die Corona-Krise wächst. Insgesamt zeigen die Auswertungen jedoch, dass die Innovationskraft der hessischen Betriebe als stabil zu bewerten ist. Im Vergleich zu den Ergebnissen aus dem Befragungsjahr 2017 ergeben sich keine klaren Hinweise einer zunehmenden oder abnehmenden Innovativität. Auffällig ist die ausgeprägte Kooperationsbereitschaft hessischer Betriebe mit Hochschulen und außerhochschulischen Forschungseinrichtungen, die zur Zukunftsfähigkeit der Betriebe beiträgt. Andererseits erweist sich der Fachkräftemangel bereits heute in einigen Betrieben als Innovationsbremse, und personelle Engpässe dürften in den kommenden Jahren an Bedeutung gewinnen. Aktivitäten zur Sicherung des Fachkräftebedarfs sind auch deshalb zu intensivieren, weil damit die Innovationsfähigkeit der hessischen Wirtschaft gestärkt wird