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kurz und kn@pp news : Nr. 33
(2015)
Eine Liste mit den Namen von 1.794 Wissenschaftlern, die in Nazideutschland entlassen wurden, steht seit 30 Jahren im Regal des Frankfurter Neurologischen Instituts. Von dort geht die Initiative aus, ihren Urheber wiederzuentdecken: den zu Unrecht in Vergessenheit geratenen Neuropathologen Philipp Schwartz.
Der Begriff Hirndoping beschreibt die Einnahme von Medikamenten mit dem Ziel der geistigen Leistungssteigerung. Diese Medikamente sind verschreibungspflichtig und bei den Konsumenten medizinisch nicht indiziert, werden also zweckentfremdet. Mittlerweile ist aus dem Thema Hirndoping ein Thema geworden, welches öffentlich diskutiert wird. Zeitung, Presse und sogar die Film- und Fernsehindustrie beschäftigen sich mit diesem Thema. So nimmt unter anderem die gestresste Mutter Lynette aus der US-Serie «Desperate Housewives» die Ritalin-Tablette ihres Sohnes ein, um so den anstrengenden Alltag besser meistern zu können. In dem US-Film «Ohne Limit - Die Droge für Reichtum und Macht» dreht sich alles um eine Droge, welche die Leistungsfähigkeit ins unermessliche steigern kann.
In der aktuellen Presse findet man immer öfter Schlagzeilen wie beispielsweise Folgendes: „Studenten unter Druck: Hirndoping kein Massenphänomen“.
Doch auch die Lebensmittel- und Pharmaindustrie ist beim Thema Leistungssteigerung in der Ideenfindung sehr kreativ. Manche Substanzen „verleihen einem Flügel“ (Red Bull®), andere sind lecker in Schokolade eingepackt (Pocket Coffee®) und wieder andere sollen die Menschen geistig aktiver machen (Gingium®).
Der Großteil der bisherigen Studien zum Thema Hirndoping stammt aus den Vereinigten Staaten von Amerika. Erst seit kurzer Zeit wird auch die Prävalenz von Hirndoping in Deutschland untersucht. Wie viele Schülerinnen und Schüler sowie Studentinnen und Studenten Substanzen zur geistigen Leistungssteigerung einnehmen, wurde teils schon für bestimmte Regionen und bestimmte Fachrichtungen stichprobenartig ermittelt. Bisher liegen allerdings noch keine umfangreichen Daten zur Prävalenz von Hirndoping bei Medizinstudenten vor. Daher untersuchte diese Studie die Einnahme von Leistungssteigernden Substanzen bei Medizinstudenten in Frankfurt am Main.
Bei Knochendefekten kritischer Größe ist es notwendig, den Knochen bei der Heilung zu unterstützen. Der derzeitige Goldstandard bei der Behandlung von critical size defects ist die Entnahme von autologem Knochen aus dem Beckenkamm, dies ist jedoch mit Nachteilen wie Entnahmemorbidität und Limitierung der entnehmbaren Menge vergesellschaftet. Das Knochen tissue engineering, bei welchem regenerative Zellen mit einem Knochenersatzmaterial kombiniert werden, könnte eine vielversprechende Alternative sein. Stromale Knochenmarkzellen, die Osteoblasten differenzieren können, und endotheliale Vorläuferzellen, die die Vaskularisierung der Defektzone unterstützen, zeigten sich effektiv in tierexperimentellen Studien; jedoch müssen diese Zellen vor Verwendung über einen längeren Zeitraum in Kultur expandiert werden. Dies kann jedoch zu einer Akkumulation genetischer Schäden und möglicherweise zu einer Entartung der transplantierten Zellen führen. Bone marrow mononuclear cells (BMC) stellen eine interessante Alternative dar, sie können innerhalb weniger Stunden isoliert und dem Patienten zurückgegeben werden. Ziel dieser Arbeit war daher, die Adhäsion und funktionelle Aspekte von BMC auf drei verschiedenen Knochenersatzmaterialien zu analysieren.
Im ersten Versuchsteil wurde untersucht, ob es möglich ist, BMC auf einem β-Tricalciumphosphat (β-TCP)-Scaffold auszusäen, und ob eine Beschichtung des Scaffolds eine positive Auswirkung auf die BMC-Adhäsion und Aktivität hat. Hierbei wurde eine Beschichtung mit humanem Plasma (FFP) und Fibronektin gegen eine Kontrolle verglichen. Es konnte gezeigt werden, dass BMC auf unbeschichtetem β-TCP adhärieren und dass eine Vorbeschichtung des Scaffolds mit Fibronektin oder mit FFP zu keiner weiteren Verbesserung der initialen Adhäsion führt. FACS-Analysen zeigten, dass der Prozentsatz der auf dem Material adhärierenden Fraktionen regenerativer Zellen dem Prozentsatz der in der Kontrolle enthaltenen regenerativen Zellen entspricht. Überdies konnte eine endotheliale Differenzierung der ausgesäten BMC beobachtet werden. Die Anzahl adhärierender BMC war zum ersten Messpunkt an Tag zwei unabhängig von der Vorbeschichtung am höchsten. Interessanterweise war die Zahl der adhärierenden BMC auf unbeschichtetem Material signifikant gegenüber den beschichteten Materialien erhöht.
Basierend auf der Beobachtung, dass eine Vorbeschichtung der Trägersubstanz nicht zu einer Verbesserung der BMC-Adhäsion auf dem Gerüststoff führt, wurden im zweiten Versuchsteil unbeschichtete Gerüststoffe miteinander verglichen. Für diese Arbeit wurden drei aus verschiedenen Klassen der Knochenersatzmaterialien stammende Scaffolds gewählt. ChronOs® als Vertreter der β-TCPs, Cerabone®, eine verarbeitete bovine Knochenmatrix, und Demineralized Bone Matrix (DBM), ein sterilisiertes humanes Knochentransplantat. Die Untersuchungen ergaben signifikante Unterschiede in der Aussaateffizienz der Zellen auf den Materialien und der Zellaktivität im Verlauf über 21 Tage. DBM zeigte hier im Materialvergleich die besten Ergebnisse. In unserem Versuch zeigte sich die Menge der absorbierten Flüssigkeit im Verhältnis zur Materialmenge bei DBM signifikant erhöht gegenüber den beiden anderen Materialien. Zudem konnte mittels HE- und Kern-Färbung (DAPI) der Nachweis erbracht werden, dass sich Zellen tief im Inneren des Materials anlagern. MTT-Tests zeigten an Tag 14 eine signifikant erhöhte metabolische Aktivität auf DBM gegenüber Cerabone® und an Tag 21 gegenüber beiden Vergleichsmatrices. Wir konnten auf allen Materialien an Tag 2 eine signifikant erhöhte VEGF-Produktion feststellen. Mittels Real-Time-PCR ließ sich eine VEGF-Genexpression in BMC auf allen Materialien bis Tag 14 und auf DBM über die kompletten 21 Tage nachweisen. Die Genexpression von vWF konnte ebenfalls auf allen Materialien über den gesamten Zeitraum nachgewiesen werden.
Zusammengefasst konnte durch diese Studie belegt werden, dass die initiale Adhärenz von BMC auf unbeschichtete Knochenersatzmaterialien generell hoch ist, aber signifikante materialspezifische Unterschiede in der Aussaateffizienz und nachfolgend der metabolischen Aktivität und der VEGFSynthese der BMC existieren. Humanes Knochenersatzmaterial zeigte sich in unserer Studie als überlegen. Daher sollte die Art des Knochenersatzmaterials für den künftigen klinischen Einsatz von BMC Berücksichtigung finden.
kurz und kn@pp news : Nr. 32
(2014)
Wassergefiltertes Infrarot A (wIRA) als spezielle Form der Wärmestrahlung mit hohem Eindringvermögen in das Gewebe bei geringer thermischer Oberflächenbelastung fördert die Heilung akuter und chronischer Wunden sowohl über thermische und temperaturabhängige als auch über nichtthermische und temperaturunabhängige Effekte. Wassergefiltertes Infrarot A steigert die Temperatur (+2,7°C in einer Gewebetiefe von 2 cm) und den Sauerstoffpartialdruck im Gewebe (+32% in einer Gewebetiefe von 2 cm) und die Gewebedurchblutung. Diese 3 Faktoren sind entscheidend für eine ausreichende Versorgung des Gewebes mit Energie und Sauerstoff und deshalb auch für Wundheilung und Infektionsabwehr. Wassergefiltertes Infrarot A hilft sowohl bei der normalen als auch bei der gestörten Wundheilung, indem es Entzündungsreaktionen und erhöhte Wundsekretion mindert, Infektionsabwehr und Regeneration fördert und Wundschmerzen lindern helfen kann. Die genannten Effekte wurden in insgesamt 7 prospektiven Studien (davon 6 randomisierten kontrollierten Studien) belegt, die meisten mit einem Evidenzgrad von Ia bzw. Ib. Die hier zusätzlich dargestellten Fallbeispiele komplizierter Wundheilungsverläufe illustrieren die belegten Wirkungen von wIRA. Nicht nur in den hier gezeigten 6 Fällen wendeten die Bestrahlungen mit wIRA komplizierte Wundheilungsverläufe zum Besseren und ermöglichten nach ganz unterschiedlich langen Gesamtdauern der Bestrahlungen (in den 6 Fällen: von 51–550 h) und nach verschieden langen Gesamtdauern der Wundpflege, meist nach Transplantation von Spalthautgittern, die Heilung der Wunden. Bei komplizierten Wundheilungsverläufen ersetzt wIRA nicht den Rat und ggf. auch die Behandlung eines erfahrenen plastischen Chirurgen und eines Chirurgen mit der Spezialisierung in septischer Chirurgie. Mit dieser Einschränkung kann wIRA als wertvolle Ergänzung der Behandlung von akuten und chronischen Wunden empfohlen werden.
Aufgrund von § 44 Abs. 1 Nr. 1 des Hessischen Hochschulgesetzes vom 14. Dezember 2009 (GVBl. I S. 666), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. Mai 2013 (GVBl. S. 218), hat der Fachbereichsrat des Fachbereichs Medizin der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main am 3. Juli 2014 die nachstehende Ordnung erlassen:...
Aufgrund von § 44 Abs. 1 Nr. 1 des Hessischen Hochschulgesetzes vom 14. Dezember 2009 (GVBl. I S. 666), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. Mai 2013 (GVBl. S. 218), hat der Fachbereichsrat des Fachbereichs Medizin der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main am 3. April 2014 die nachstehende Änderung beschlossen:...
In der vorliegenden Promotion wurde erstmals die Gewebsreaktion ehemaliger Tumorpatienten auf das synthetische Knochenersazmaterial Nanobone® (NB) und das xenogene Knochenerstazmaterial Bio-Oss® (BO) untersucht. In einem Patientenkollektiv von acht Patienten mit Plattenepithelkarzinomen im Mund- und Halsbereich, die im Vorfeld der Studie erfolgreich therapiert wurden, wurden in einer split-mouth design Studie die beiden Knochenersatzmaterialien zur Sinusbodenaugmentation verwendet und nach sechsmonatiger Einheilphase histologisch und histomorphometrisch untersucht. Um den Einfluss der beiden Augmentationsmaterialien auf den Erfolg und das Überleben der Implantate zu evaluieren, wurden zudem die Implantate nach einem Zeitraum von zwei Jahren klinisch und radiologisch nachuntersucht. ...
Zu den exzellenten Frankfurter Neurowissenschaftlern des 20. Jahrhunderts zählt Kurt Goldstein. Er durchlief die harte Schule von Ludwig Edinger. Bekannt wurde er jedoch durch einen eigenständigen Ansatz, der mit dem Schlagwort ganzheitliche Neurologie charakterisiert werden kann. Er wandte sich gegen die Auffassung, »Funktionen« im Gehirn exakt lokalisieren zu können, ohne den lokalisatorischen Ansatz vollständig zu verwerfen. Besondere Aufmerksamkeit schenkte er den Kompensationsreaktionen des Gehirns und des »ganzen« Menschen. » […] he never forgot that he addressed an individual, not a brain«, brachte es sein Schüler Walther Riese auf den Punkt.
kurz und kn@pp news : Nr. 30
(2014)
kurz und kn@pp news : Nr. 31
(2014)
Plus Puls : 2014, 1
(2014)
Im Jahre 2004 sind am Universitätsklinikum Frankfurt zwei Patienten mit X-CGD gentherapeutisch behandelt worden. Nach einer initialen Phase mit Nachweis ausreichender Mengen Oxidase-positiver Zellen im Blut der Patienten und einer deutlichen klinischen Besserung vorbestehender Infektionsherde kam es zu einem Verlust der Transgenexpression durch epigenetische Veränderungen des viralen Promotors. Ferner entwickelte sich durch Insertionsmutagenese eine klonale Expansion in der Hämatopoese und schließlich ein myelodysplastisches Syndrom mit Monosomie 7 bei beiden Patienten. In der Zusammenschau mit anderen Gentherapiestudien zur X-CGD zeigt sich, dass bislang ein langanhaltendes Engraftment funktionierender genkorrigierter Zellen nur im Zusammenhang mit einer Insertionsmutagenese beobachtet wurde. Zukünftige gentherapeutische Strategien zur Behandlung der X-CGD müssen das Risiko einer Insertionsmutagenese minimieren und gleichzeitig die Effektivität des Engraftments genkorrigierter Zellen steigern. Dies soll durch den Einsatz von SIN-Vektoren sowie einer Intensivierung der Konditionierung der Patienten erreicht werden.
Die supratentorielle dekompressive Kraniektomie mit Eröffnung und Erweiterungsplastik der Dura mater ist heutzutage eine wichtige Therapiemaßnahme in der Behandlung des konservativ nicht kontrollierbaren Hirndrucks. Unter Kranioplastik versteht man den chirurgischen Verschluss des entstandenen Knochendefekts zum Schutz des direkt unter der Kopfhaut liegenden Gehirns, zur ästhetischen Wiederherstellung der Konturen sowie zur Verbesserung einer neurologischen Symptomatik („syndrome of the trephined“).
In der vorliegenden Arbeit werden die Daten von insgesamt 242 Patienten, die einer Kranioplastik unterzogen worden waren, retrospektiv analysiert. Die Patienten wurden im Zeitraum 2001-2008 in der neurochirurgischen Abteilung der Städtischen Kliniken Frankfurt am Main-Höchst operiert. Um Aufschluss über das postoperative, funktionelle und kosmetische Ergebnis zu erhalten, wurde im Anschluss an die Aktenauswertung bei diesen Patienten eine telefonische Befragung durchgeführt.
Ziel der Arbeit war es, die bisherigen Erfahrungen der Kalottenplastik und insbesondere der autogenen orthotopen Knochendeckelreimplantation im Hinblick auf die verschiedenen Kranioplastik Zeitpunkte zu untersuchen und unter klinischen Aspekten zu bewerten.
Die Frage des Kranioplastik Zeitpunktes ist essentiell für die Therapieplanung.
Das autologe Schädelknochentransplantat hat bessere Eigenschaften und Qualitäten als alle anderen alloplastischen Materialien. In Anbetracht der perfekten Histokompatibilität, der optimalen biomechanischen Eigenschaften, der guten anatomischen Fusion mit dem umgebenden Knochen und der Möglichkeit der partiellen oder totalen Revitalisation des Transplantats, besteht kein Zweifel, dass der autologe Knochen immer zu verwenden ist, wenn die Möglichkeit dazu besteht.
Die Analyse der Patientengruppen ergab, dass die ultra frühe Kranioplastik der Patienten mit großen Defekten nach dekompressiver Kraniektomie ein besseres Outcome im langfristigen Follow-up hat. Diese Patienten hatten keine gesteigerte Infektions- oder andere Komplikationsraten. Das Timing der Kranioplastik spielt eine Rolle in der Komplikationsrate nur bei den Patienten, die sekundär eine Komplikation erlitten haben. Patienten, die nach der Kraniektomie eine Nachblutung, einen Infarkt oder eine Infektion erlitten haben, hatten eine signifikant höhere Infektionsrate bei ultra früher Kranioplastik. Insbesondere soll betont werden, dass der Trend einer Häufung von Wundheilungsstörungen und Infektionen mit der Folge einer erneuten Explantation des Knochendeckels bei Patienten nach autogener Knochendeckelreimplantation mit mehr als 2 Risikofaktoren und bei Patienten mit kompliziertem Verlauf nach Kraniektomie festgestellt wurde.
Gemäß den Ergebnissen dieser Patientenserie kann die ultra frühe Kranioplastik bei ausgewählten Patienten mittels Reimplantation des Eigenknochens als ein sicheres und hilfreiches Verfahren für die schnellere Rehabilitation und Besserung der neurologischen Funktion und der Prognose bewertet werden. Ähnlich gute Ergebnisse zeigten die Pantienten in der Gruppe 1 der ultra frühen Kranioplastik die aufgrund einer Liquorzirkulationsstörung ein VP Shunt System als kombinierte Therapie in der gleichen Sitzung erhalten haben.
Somit kann zusammenfassend festgehalten werden:
Die Ergebnisse dieser Arbeit bestätigen, dass die Kranioplastik nach einer supratentoriellen dekompressiven Kraniektomie mit Reimplantation des eigenen Schädelknochens zum frühesten möglichen Zeitpunkt ein sicheres und effektives Verfahren darstellt und bei ausgewählten Patienten sogar bessere Ergebnisse als die späte Kranioplastik haben kann. Eine mögliche Erklärung dafür könnte das Auftreten und die Persistenz von neurologischen Defiziten im Rahmen des „syndrome of the trephined“ bei Patienten bieten, bei denen eine späte Kranioplastik durchgeführt wurde. In diesem Patientengut hatten die Patienten mit ultra-früher Kranioplastik das beste neurologische Outcome, die Komplikationsrate war in allen Gruppen vergleichbar.
Um Komplikationen zu vermeiden, sollten Patienten mit einer vorausgegangenen lokalen Infektion spät kranioplastiert werden.
Das neurologische Outcome der Patienten, bei denen ein kombiniertes Verfahren Kranioplastik –VP Shunt durchgeführt wurde, war vergleichbar mit anderen Patientengruppen. Somit ist eine Kranioplastik bei Patienten mit konvexen, über Kalottenniveau prolabierten Kraniektomielappen aufgrund eines Hydrocephalus keine Kontraindikation.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es die computergestützte, lichtoptometrische Gesichtsscannung ‚Primos body‘ zur dreidimensionalen Weichteilvermessung des Gesichts gegenüber der althergebrachten, manuellen Gesichtvermessung durch das ‚Clinometer nach Dr. Behrend‘ für den Bereich der Kieferorthopädie zu evaluieren. An dieser Untersuchung haben insgesamt 42 gesunde Erwachsene im Alter zwischen 24 und 51 Jahren teilgenommen. Um die optimalen Versuchsanordnungen sowie die Untersucher-Intervariabilität der Geräte festzustellen sind Voruntersuchungen durchgeführt worden. Bestandteil der Hauptuntersuchungen ist es mittels beider Apparaturen definierte Winkel zu vermessen und vergleichend auszuwerten. Für beide Messreihen kommen Landmarken im Bereich der Gesichtsmitte (Glabella, Nasenspitze und Hauptpogonion) zur Anwendung. Bezüglich Primos body werden zusätzlich die Abbildungen lächelnder sowie nicht lächelnder Gesichter (l- und nl- Messreihe) softwaregestützt nach definierten Winkeln ausgewertet. Die Voruntersuchungen ergeben, dass für das Clinometer die Methode „Fläche – Kopfhalterung“ als die sicherste Variante bezüglich der Reproduzierbarkeit der Messwerte einzustufen ist. Zur zusätzlichen Fixierung des Clinometers sollte daher zukünftig eine Kopfhalterung eingesetzt werden. Ferner sollte es auf eine Fläche aufgelegt werden. Abgesehen davon besagen die statistischen Auswertungen, dass das Clinometer nach Dr. Behrend einer häheren Untersucher-Intervariabilität unterliegt, als das Primos body. Die Untersucher-Intervariabilität des Clinometers liegt aber in einer klinisch wenig relevanten Größenordnung (<1°).
Für die Messungen der Hauptuntersuchungen mittels des Primos bodys sind folgende Winkel gewählt worden: Die erste Halbgerade stellt immer die Bipupillarlinie dar, die zweiten Halbgeraden werden gebildet aus den Verbindungslinien zwischen 1) Glabella und Nasenspitze (BN); 2) Glabella und Hauptpogonion (BK); 3) den beiden äußeren Augenwinkeln (BäA); 4) den bei-den Mundwinkeln (BM); 5) den beiden inneren Augenwinkeln (BiA); 6) Glabella und dem Interincisalpunkt (BI) sowie 7) den beiden Eckzahnspitzen (BE).
Der Winkel BN hat in den l- und nl-Messreihen die größte Distanz zur Symmetrieebene, beim Lächeln verändert er sich am stärksten und bezüglich der Standardabweichung unterliegt er der größten Streuung. Der Winkel BäA unterliegt der kleinsten Distanz zur 0°-Ebene, verändert sich beim Lächeln am wenigsten und weist bezüglich der Standardabweichung die geringste Streuung auf. Der Winkel BK konnte vom Untersucher am präzisesten bestimmt werden, dem Winkel BE wird hingegen die größte Ungenauigkeit zugeschrieben. Die Gesichter der Probanden dieser Studie werden beim Lächeln nicht symmetrischer oder asymmetrischer. Vielmehr nähert sich die Veränderung einer Gauß`schen Normalverteilung an. Der Winkel BK verändert sich beim Lächeln signifikant stärker, wenn er in nicht lächelnder Stellung weit von der Symmetrieebene entfernt ist (Spearman-Rho-Test: p=0,015). Für alle anderen Winkel sind keine Signifikanzen diesbezüglich festzustellen. Auch gilt für BK: Die Gesichter der Frauen der Studie sind sowohl in der nl- als auch l-Messreihe bezüglich des Winkels BK signifikant symmetrischer als die der Männer (Wilcoxon-Mann-Whitney-U-Tests: p<0,05). Der Bland-Altman-Test ergibt, dass der Winkel BK eher mit dem Ästhetikwinkel vergleichbar ist als der Winkel BN. Für zukünftige Vermessungen mit dem Clinometer sollte die Gesichtsmitte daher eher durch Hinzuziehen der Kinnmitte, als der Nasenachse zur Bestimmung des Ästhetikwinkels miteinbezogen werden. Weiterführend ist die softwaregestützte Gesichtsvermessungsmethode mit Primos body bezüglich der Messgenauigkeit dem Clinometer überlegen. Die vorliegende Dissertation kann somit ein neues bildgebendes Verfahren im Bereich der dreidimensionalen Gesichtsvermessung spe-ziell für das kieferorthopädische und kieferchirurgische Gebiet vorstellen, mit Hilfe jener zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten in Diagnostik, Planung, Therapie und Nachsorge bestehen. Zusätzlich sollen die Ergebnisse Anstoß für weitere Forschungen im Bereich der dreidimensionalen Gesichtsvermessung sein um zukünftig invasive bildgebende Verfahren ersetzten zu können.
Gegenstand dieser Arbeit ist die Untersuchung der Genexpression der axonalen wachstumsassoziierten Proteine NAP-22, GAP-43 und CAP-23 in den dopaminergen Neuronen der Substantia nigra pars compacta (SNc), einer im Mesencephalon gelegenen Zellregion, relativ zu der Genexpression eines Referenzgens. Als Versuchstiere dienten sechs Monate alte, männliche CB6F1 Wildtypmäuse sowie sechs Monate alte, männliche CAP-23 transgene (CAP-23tg) Tiere, die das wachstumsassoziierte Protein CAP-23 überexprimieren. Die dopaminergen Zellen der SNc wurden zunächst morphologisch charakterisiert und ihre Ausdehnung im Mittelhirn durch alternierende Immunfärbungen der Tyrosinhydroxylase, einem Schlüsselenzym der Dopaminsynthese, sowie Toluidinblaufärbungen ermittelt. Anschließend wurden die Neurone durch die Methode der Lasermikrodissektion (LMD) im Zellverband isoliert. Hierfür war die Optimierung der Toluidinblaufärbung erforderlich, mit dem Ziel, sowohl eine gute Färbung der Neurone als auch eine hohe RNA-Nativität zu erzielen. Die RNA wurde isoliert und nach Integritätsprüfung in cDNA umgeschrieben. Daraufhin erfolgte die Analyse der Genexpression der beschriebenen Gene durch die quantitative Echtzeit-Polymerase-Kettenreaktion (qRT-PCR). Dabei war feststellbar, dass das Transgen Cap-23 in den transgenen Tieren stärker exprimiert wird als das Endogen Nap-22. Es zeigte sich jedoch kein signifikanter Unterschied der Expression von endogenem Nap-22 und endogenem Gap-43 in den CAP-23tg Tieren im Vergleich zu der Expression in den Wildtypmäusen. Das bedeutet, dass die Überexpression von Cap-23 in den transgenen Tieren die Expression der mRNA der beiden endogenen wachstumsassoziierten Proteine NAP-22 und GAP-43 nicht beeinflusst. Auf Grundlage der in dieser Arbeit vorgelegten Ergebnisse soll in Folgeexperimenten untersucht werden, inwieweit die Überexpression von CAP-23 die Reorganisationsfähigkeit dopaminerger Neuronen der SNc nach einer Schädigung beeinflusst, wie sie zum Beispiel beim Menschen im Verlauf des Morbus Parkinson beobachtet wird.
kurz und kn@pp news : Nr. 29
(2013)
Hintergrund: Das Burkitt Lymphom und das Diffus großzellige B-Zell Lymphom können überlappende morphologische und immunhistochemische Eigenschaften aufweisen. Eine Differenzierung beider Entitäten ist klinisch relevant. Mit Hilfe von Genexpressionsanalysen an kryo-konservierten Proben hochmaligner B-Zell Lymphome, bestehend aus Burkitt Lymphomen und Diffus großzelligen B-Zell Lymphomen, gelang 2006 die molekulare Definition des Burkitt Lymphoms (mBL) mit einer burkittspezifischen Gensignatur (Genchip-Klassifikator). Demgegenüber wurden Proben, die nicht diese Signatur aufwiesen als non-mBL bezeichnet. Proben, die weder mBL noch non-mBL klassifiziert wurden, wurden als intermediär eingestuft.
Ziel: Entwicklung einer Methode zur Unterscheidung von mBL und non-mBL mittels quantitativer Echtzeit-Polymerase Kettenreaktion (qPCR) durch die Etablierung eines Assays-Sets einer kleinen Anzahl von Genen der mBL-Signatur an formalinfixiertem, in paraffineingebettetem (FFPE) Gewebe.
Methoden: An 116 Proben, bestehend aus mBL, non-mBL und intermediären Fällen (entsprechend der Genchip-Klassifikation) wurden qPCR Messungen für sechs Gene und ein Referenzgen durchgeführt. Die Expressionsmessungen wurden auf den vorhandenen Genchip-Klassifikator projiziert.
Ergebnisse: 90 von 116 Proben konnten mit dem qPCR-Klassifikator klassifiziert werden. Bei 22 Proben kam es zu Messausfällen. 4 Fälle wurden bioinformatisch ausgesondert.13 von 14 mBL, 59 von 61 non-mBL und 8 von15 intermediären Fällen wurden identisch zu dem Genchip-Klassifikator bewertet.
Diskussion: Der entwickelte qPCR-Klassifikator ist eine objektive, schnelle und kosteneffiziente diagnostische Herangehensweise zur Bestimmung des mBL. Nicht alle FFPE-Proben waren mit dem qPCR Klassifikator eindeutig auswertbar und für eine Klassifikation zu nutzen. Eine Einflussgröße hierbei stellt das Alter der Proben dar. Mit Hilfe dieser Untersuchung können retrospektive Analysen durchgeführt werden. Der Klassifikator kann zusätzlich zur Morphologie und Immunhistochemie mit eindeutiger Klassifikation von 93% (mBL) und 97% (non-mBL) angewendet werden.
Plus Puls : 2013, 4
(2013)
Plus Puls : 2013, 3
(2013)
Plus Puls : 2013, 2
(2013)
Plus Puls : 2013, 1
(2013)
Das Medizinstudium und die spätere Berufstätigkeit werden als stressig angesehen; dennoch liegen nur wenige Daten zur Stressbelastung von Medizinstudenten und Ärzten vor. Als Teil einer umfangreichen Erhebung zur Stressbelastung haben wir die Stressbelastung und Resilienz von Frankfurter Medizinstudenten in den ersten Wochen des 1. vorklinischen Semesters erhoben (Trierer Inventar zum chronischen Stress TICS, Resilienz-Skala RS11); an der Studie nahmen 348 von 383 Studienanfängern (90,8%) teil. Übereinstimmend mit Ergebnissen aus dem 5. Semester zeigen die Studenten des 1. Semesters hohe Werte insbesondere in den Teilskalen Überlastung und Überforderung; auffallend sind ebenfalls hohe Werte in den Skalen Soziale Isolation und Summenscore. Ein T-Score (altersnormierter Normalwert = 50) über der 2fachen Vertrauensgrenze findet sich im Summenscore (17,2%), chronische Besorgnis (17,8%), Überforderung (11,2%) und Überlastung (22,7%), während in anderen Skalen entsprechende Werte nur bei 1–5% der Teilnehmer erreicht wurden. Die Skalen Überlastung, Erfolgsdruck, chronische Besorgnis sowie der Summenscore sind weitgehend normalverteilt (Schiefe <0,2), dieser Wert beträgt für die anderen Skalen 0,45–0,65. Zwischen den Unterskalen finden sich Korrelationskoeffizienten >0,5 für Überlastung und Überforderung sowie chronischer Besorgnis, zwischen Überforderung und mangelnder sozialer Anerkennung, sozialer Isolierung und chronischer Besorgnis sowie zwischen sozialen Spannungen, sozialer Isolierung und chronischer Besorgnis. Parallel wurde die Resilienz mit Hilfe des Fragebogens RS11 erhoben (kein Optimum, hohe Werte weisen auf Resilienz hin). Bei einer Maximalpunktzahl von 77 erreichten die Studenten 62,2 +/– 8,8 Punkte, bei einer ausgeprägten rechtsschiefen Verteilung. Zwischen der Stressbelastung und der Resilienz fand sich keine relevante Korrelation, mit einem Maximalwert von –0,267 zwischen dem RS11-Score und der Subskala Überforderung. Die Daten belegen ein bereits zu Studienbeginn vorliegendes hohes Maß an Überlastung und Überforderung; dieser Stress korreliert nicht mit der Fähigkeit, mit Stress adäquat umzugehen (Resilienz).
Im Rahmen dieser Arbeit wurde die Rolle des Proteins S100B in humanen Neuroblastomzellen und primären hippokampalen Neurone der Ratte beim apoptotischen Zelltod untersucht. Hierfür wurden verschiedene zelltodinduzierende Agentien und Stresskonditionen verwendet. Für den exzitotoxischen, glutamatabhängigen Zelltod wurde eine NMDA-induzierte Zellschädigung sowie eine Hypoxieinduktion in einer Hypoxiekammer benutzt. Hier konnte für beide Apoptosemodelle und in beiden Zellarten eine signifikante Neuroprotektion in Anwesenheit von S100B gezeigt werden. Besonders in Hinblick auf bereits gezeigte aktive Sezernierung von S100B nach metabolomischem Stress in Astrozyten sollten die weiteren Signalwege und Effekte dieses Proteins erforscht werden. Im Zuge der Untersuchung eines möglichen Wirkungsmechanismus von S100B zeigte sich zunächst eine signifikante Aktivierung des Zellrezeptors RAGE. Weiterhin zeigte sich in primären hippokampalen Neuronen eine Aktivierung des RAF/MEK/MAPKERK-Signalwegs zumindest partiell verantwortlich für die Vermittlung der neuoprotektiven Wirkung von S100B bei NMDA-induzierter Apoptose. Durch Experimente unserer Arbeitsgruppe wurde bereits zuvor eine S100B abhängige Aktivierung von NFκB beobachtet. In dieser Arbeit konnte mit VEGF ein evtl. NFκB-abhängig aktiviertes Zielgen für die neuroprotektive Wirkung von S100B bei hypoxieinduzierter Apotpose gefunden werden. Demnach erklärt sich ein möglicher neuroprotektiver Wirkmechanismus von S100B beim exzitotoxischen Zelltod durch Aktivierung des Rezeptors RAGE an der Zelloberfläche, mit anschließender Aktivierung des MEK-Erk Signalwegs. Dieses kann seinerseits zu einer Aktivierung von NFκB in der Zelle mit Hochregulierung des VEGF-Gens führen.
Ein weiteres untersuchtes Apoptosemodell für die Rolle von S100B war die direkte DNA-Schädigung durch UV-Bestrahlung und Etoposid sowie die Schädigung durch den Proteasom-Inhibitor und p53 Aktivator Epoxomicin in humanen SHSY5Y Neuroblastoma-Zellen und primären hippokampalen Neuronen der Ratte. Auch hier zeigte sich in allen drei Modellen eine signifikante Neuroprotektion in Anwesenheit von S100B.
Da es einige Hinweise (unter anderem noch nicht publizierte Daten unserer eigenen Arbeitsgruppe) für eine Aufnahme von S100B in die Zelle gibt, wurde eine evtl. Wechselwirkung von S100B mit dem, nach DNA-Schädigung hochreguliertem, apoptoseinduzierenden Protein p53 untersucht. Hier zeigte sich, dass S100B sowohl nach DNA-Schädigung durch UV-Bestrahlung, als auch nach Etoposid-Behandlung die Hochregulierung von p53 auf Proteinebene signifikant reduziert und eine Translokation zum Zellkern verhindert. In Zusammenschau dieser Daten und den aktuellen Literaturdaten über direkte Wechselwirkungen von S100B und p53 kann man davon ausgehen, dass S100B seine Wirkung nicht nur über den Zelloberflächenrezeptor RAGE ausübt, sondern nach einem noch nicht vollständig erforschten Aufnahmemechanismus in die Zelle durch direkte Proteininteraktionen, z. B. wie hier mit dem Protein p53, in den Zellprozess insbesondere im Apoptoseprozess eingreift. Abgesehen von der in dieser Arbeit beschriebenen Herunterregulierung des p53-Proteinlevels in Anwesenheit von S100B, welche die Folge einer proteasomalen Degradation nach Formationsänderung sein kann, sollten die weiteren p53-abhängigen Apoptoseinduktionswege wie eine Veränderung von dessen Transkriptionsaktiviät, Hemmung proapoptotischer Proteine und ein evtl. Einfluss auf die Translokation von sog. Todesrezeptoren an die Zellmembran in Anwesenheit von S100B als evtl. Ursachen des neuroprotektiven Effekts von S100B weiter erforscht werden.
Im Rahmen dieser Arbeit bereits durchgeführte Untersuchungen auf Veränderungen der Expressionsrate von möglichen p53-Zielgenen haben noch keine endgültigen Ergebnisse geliefert. Zum einen ist evtl. die Auswahl der ausgewählten Zielgene nicht ausreichend gewesen und zum anderen besteht eine evtl. Limitation der semiquantitativen RT-PCR Methode gegenüber neueren Methoden wie die quantitative Real-Time-PCR in der Detektion auch kleinerer Expressionsunterschiede (siehe oben). Der Mechanismus der Neuroprotektion kann in diesem Modell abschließend noch nicht vollständig geklärt werden. Weiterführende Untersuchungen sollten den genauen Aufnahmemechanismus von S100B in die Zelle untersuchen, und die neuroprotektiven Schritte nach einer Blockierung/Herunterregulierung von p53 weiter klären.
kurz und kn@pp news : Nr. 28
(2013)
Hintergrund und Fragestellung: Patientensicherheit ist in den letzten Jahren zum intensiv diskutierten Thema geworden. Zudem rückt als potenzielle Basis der Patientensicherheit die Patientensicherheitskultur von Einrichtungen des Gesundheitswesens in den Fokus, bislang wurde dahingehend vor allem der stationäre Bereich untersucht. Ziel dieser Arbeit ist es, einen Einblick in den aktuellen Stand der Patientensicherheitskultur in Hausarztpraxen zu geben, und diesbezügliche Einflussfaktoren und Zusammenhänge aufzuzeigen. Dabei wurden insbesondere zwei Fragestellungen untersucht: 1. Lässt sich ein Zusammenhang aufzeigen zwischen einzelnen Praxis- und Teammerkmalen einerseits und den Ergebnissen in den Bereichen Sicherheitsklima, Patientensicherheitsindikatoren und Fehlermanagement andererseits? 2. Lassen sich durch einzelne Praxis- und Teammerkmale bzw. Sicherheitsklimafaktoren die Ausprägungen einer Praxis in bestimmten Patientensicherheitsindikatoren und dem Fehlermanagement einer Praxis vorhersagen?
Material und Methoden: In 60 allgemeinärztlich tätigen Praxen aus Hessen wurde die Patientensicherheitskultur anhand von drei Methoden gemessen. Dies waren 1. der auf Selbstauskunft beruhende „Fragebogen zum Sicherheitsklima“, 2. durch Praxisbegehungen und Interviews erfasste Patientensicherheitsindikatoren, sowie 3. detailliert analysierte Fehlerberichte. Die statistische Auswertung umfasste u.a. Korrelationsanalysen (Mann-Whitney-U, Wilcoxon-W, Spearman-Rangkorrelation) sowie multivariate schrittweise Regressionsanalysen.
Ergebnisse: Die Beurteilung des Sicherheitsklimas fiel über alle Praxen hinweg homogen positiv aus (acht von neun Sicherheitsklimafaktoren mit Mittelwerten von mind. vier von fünf Punkten). Bei den 12 Patientensicherheitsindikatoren ergaben sich differenziertere Werte (niedrigster Mittelwert: Indikator „Marcumartherapie“ mit 0,43 von 1, höchster Mittelwert: Indikator „Allergiehinweis“ mit 0,75 von 1). Es gingen 24 Berichte kritischer Ereignisse ein, die zu 79% als „Kein Fehlermanagement“ oder „Unbefriedigendes Fehlermanagement“ beurteilt wurden. Die Korrelations- und Regressionsanalysen zeigten Zusammenhänge auf, z.B. erzielten größere Praxisteams niedrigere Werte beim Patientensicherheitsklima und höhere Werte bei den Patientensicherheitsindikatoren im Vergleich zum Durchschnitt.
Diskussion: Sicherheitsklima, Patientensicherheitsindikatoren und Fehlermanagement sind in einer Hausarztpraxis mit den verwendeten Instrumenten messbar. Jedes der drei Instrumente misst einen anderen, wichtigen Bereich der Sicherheitskultur, wodurch jeweils unterschiedliche Einstellungen und Prozesse beleuchtet und anschließend auch beurteilt und verbessert werden können. In den Analysen zur Beantwortung der beiden Fragestellungen konnten Zusammenhänge und Vorhersagevariablen herausgearbeitet werden, allerdings waren diese Zusammenhänge zum Teil entgegengesetzt. Daraus ergibt sich die Hypothese, dass Praxis- und Teammerkmale als Voraussetzungen zu unterschiedlichen Ausprägungen von Sicherheitsklima, Patientensicherheitsindikatoren und Fehlermanagement führen können. Insgesamt könnte die Qualität der hausärztlichen Arbeit und die Sicherheit der Versorgung durch eine regelmäßige Reflektion der Praxisabläufe anhand der drei Messmethoden gesteigert werden.
Body Integrity Identity Disorder (BIID) ist eine bisher kaum erforschte Störung, bei der die Betroffenen den Wunsch beziehungsweise das Verlangen nach einer Körperbehinderung verspüren. In den meisten Fällen, wie auch in dieser Studie, ist eine Oberschenkelamputation die gewünschte Modifikation. Durch die Amputation erhoffen die Betroffenen endlich sie selbst zu werden, da sie sich mit ihrem realen Körperbild nicht identifizieren können. Ihr vorgestelltes Körperbild ist das eines Amputierten. Die Störung manifestiert sich bereits im Kindesalter. Im Laufe der Zeit nimmt das Verlangen der Amputation zu, so dass es neben der vermehrten Beschäftigung sogar zu lebensgefährlichen Selbstverletzungen im Zuge einer Verwirklichung kommen kann.
Die vorliegende Studie beschäftigt sich erstmalig mittels funktioneller Magnetresonanztomographie mit der neuronalen Repräsentation der Störung BIID beim Anblick des eigenen realen und des gewünschten amputierten Körpers. Für die Studie wurden Fotos von den Probanden und einer fremden Person gemacht und mit einer Software so modifiziert, dass die Probanden in sechs verschiedenen Kategorien sowohl sich selbst real, sowie amputiert und mit Prothese als auch die fremde Person real, amputiert und mit Prothese gezeigt bekamen. Dasselbe Design wurde auch einer gesunden Kontrollgruppe vorgeführt. Aufgrund der Datenmenge wird in dieser Studie nur der reale und der amputierte Körper berücksichtigt.
Es zeigen sich deutliche Aktivierungsunterschiede zwischen der BIID Gruppe und der Kontrollgruppe beim Anblick des eigenen realen Körpers und beim Anblick des eigenen amputierten Körpers. Beim Anblick des eigenen realen Körpers zeigt die Kontrollgruppe gegenüber der BIID Gruppe einen stärkeren Selbstbezug zu ihrem Körper durch Aktivierungen des medialen frontalen Gyrus, des postzentralen Gyrus oder der Amygdala und einen positiver valenzierten Anblick, der sich im Gruppenvergleich durch eine Mehraktivierung im superioren temporalen Gyrus ausdrückt sowie durch die Ergebnisse der post-fMRT-Fragebögen unterstützt wird. Beim Anblick des eigenen amputierten Körpers zeigt sich durch ein fronto-parietales Netzwerk der stärkere Selbstbezug bei der BIID Gruppe. Die deutliche emotionale Involviertheit wird repräsentiert durch große Teile des limbischen Systems sowie durch präfrontale Bereiche. Hinzu kommen Aktivierungen, die eine deutliche Beteiligung des episodisch-autobiographischen und prozeduralen Gedächtnisses zeigen. So ist eine vollständig geplante Bewegungsabfolge der BIID Probanden beim Anblick ihres amputierten Körpers anhand der aktivierten Areale darstellbar, einschließlich der Feinregulationen in den Basalganglien, dem Nucleus ruber und dem Kleinhirn.
Die Ergebnisse zeigen neuronale Netzwerke der Körperrepräsentation, bei denen fehlende Aktivierungen der BIID Probanden beim Anblick des eigenen realen Körpers auf eine Fehlfunktion hindeuten könnten. Sie zeigen aber auch ein Netzwerk aus Erinnerungen und erlernten Prozessen, die mit Hilfe des mesolimbischen Dopaminsystems zur Aufrechterhaltung der Störung beitragen könnten. Zusammengefasst lässt sich sagen, dass das amputierte Wunschkörperbild neuronal stark und breitgefächert verankert ist und viel dominanter repräsentiert ist als das reale Körperbild. Durch die dargestellten Aktivierungen und Regelkreise leiten sich vor allem neue therapeutische Ansätze ab, die zu einer Linderung der Symptome von BIID beitragen könnten und vielleicht auch neue Anstöße in Hinblick auf eine Heilung der Störung liefern.
Wenn Zellen zu Medikamenten werden : neue Zelltherapien verbessern die Heilungschancen bei Leukämien
(2013)
Die Transplantation von Zellen aus dem Knochenmark oder von Stammzellen aus dem Blut gehört zu den bekanntesten Therapien bei Leukämie. Doch dabei treten Immunreaktionen als Nebenwirkung auf. Deshalb nehmen Forscher seit Kurzem auch die Transplantation bestimmter Immunzellen in den Blick. Im Labor gentechnisch aufgerüstet, werden sie zu äußerst effizienten "Krebs-Medikamenten".
Rückschläge werfen eine neue Technologie um Jahrzehnte zurück – besonders, wenn Menschenleben zu beklagen sind. Bei der Gentherapie wird aber oft vergessen, dass sie nur bei Patienten angewendet wird, für die es keine konventionelle Therapie mehr gibt. Nach der Euphorie und den Rückschlägen der Anfangsjahre können Forscher nun die ersten Erfolge vorweisen.
Je besser Forscher es verstehen, defekte Gene zu reparieren oder beliebige Körperzellen zu reprogrammieren, desto gefahrloser wird die Gen- und Stammzell-Therapie für Patienten, die an heute noch unheilbaren Krankheiten leiden. Gleichzeitig zeichnet sich damit die Möglichkeit ab, in ferner Zukunft vielleicht das Genom kommender Generationen zu verändern oder Menschen zu klonieren. Der Internist Prof. Hubert Serve und die Politikwissenschaftlerin Dr. Anja Karnein wagen im Gespräch mit den beiden Redakteurinnen des Wissenschaftsmagazins »Forschung Frankfurt« Dr. Anne Hardy und Ulrike Jaspers einen Ausblick jenseits aller aktuellen Debatten. Sie diskutieren aber auch über die Themen, die Patienten wie Wissenschaftler zurzeit unmittelbar berühren.
Validierung einer neuen Messmethode zur direkten Bestimmung der Heparin-Konzentration im Blut
(2012)
In dieser Arbeit wurde ein neues Verfahren zur Heparin-Bestimmung (LiSA-H, light scattering assay of heparin) evaluiert. Dieses wurde an der Universität Frankfurt a. M. am Institut für Biophysik entwickelt und ermittelt erstmals die direkte Heparin-Konzentration im Blutplasma. Durch die Analyse der Lichtstreuung einer Plasmaprobe wird die Bildung von Nanopartikeln aus Heparin und Protamin verfolgt. Die Lichtstreuintensität ist dabei proportional zu der in der Probe enthaltenen Heparin-Plasmakonzentration (Heparin-PK). Das Antikoagulans Heparin wird bei Herz-OPs mit Einsatz der Herz-Lungen-Maschine (HLM) verwendet und soll perioperativ eine lutgerinnselbildung in der HLM, sowie Thromboembolien im Patienten verhindern. Am OP-Ende wird die Wirkung durch Protamin antagonisiert, um eine suffiziente Gerinnung wieder herzustellen. Das derzeitige Gerinnungsmanagement basiert auf einem indirekten Messverfahren, der ACT (activated clotting time), welches starken Störeinflüssen, wie z.B. der Hypothermie, Hämodilution und bestimmten Medikamenten unterliegt. Durch die mögliche Falschdosierung der beiden Medikamente, steigt die Gefahr einer Blutung und Thrombose. LiSA-H soll in Zukunft eine zuverlässigere und kostengünstige „point of care― Analyse der Gerinnung und hierdurch eine gezielte Dosierung von Heparin und Protamin ermöglichen, die die Komplikationsrate verringert. In der vorliegenden Studie handelt es sich um eine offene, nicht kontrollierte, prospektive Multicenter-Studie, die mit 50 Patienten am Universitätsklinikum Frankfurt a.M. und 30 Patienten am Kinderherzzentrum Gießen durchgeführt wurde. Es wurde gezeigt, dass die durchschnittliche perioperative Heparin-PK bei Erwachsenen und Kindern bei ca. 5,4 I.E./ml liegt. Es wurde nachgewiesen, dass die Heparin-Clearance bei Kindern (~113 Min.) um das zweifache im Vergleich zu Erwachsenen (~254 Min.), erhöht ist. Besonders hervorzuheben ist die hohe Fehlerquote der ACT-Messung, die bei Erwachsenen in bis zu 1,8 % und bei Kindern in bis zu 20 % der Messungen keinen aussagekräftigen Wert lieferte. Das bedeutet, dass bei Kindern während einer OP bis zu zwei und bei Erwachsenen bis zu drei Stunden keine Information über den aktuellen Gerinnungszustand vorlag. Um eine Validierung der Messergebnisse vorzunehmen, wurden Rückstellproben mit dem Standardlaborverfahren PiCT (Prothrombinase induced clotting time) gemessen. Die Daten aus dem PiCT korrelieren mit den Ergebnissen aus der LiSA-H-Messung wesentlich besser (r² = 0,80), als mit der herkömmlichen ACT-Messmethode (r² = 0,57). Die ermittelten Heparin-PK und die ACT-Werte während einer OP wurden in Chronogrammen dargestellt. Es wurde gezeigt, dass in 30 % der OPs bei Erwachsenen und in 60 % bei Kindern die Messdaten aus der ACT und LiSA-H nur unzureichend synchron bei Nachdosierung mit Heparin anstiegen oder entsprechend der Heparin-Clearance im OP-Verlauf abfielen. Dies zeigte sich besonders kritisch während langandauernder, komplikationsreicher OPs, die einen erhöhten Blutverlust oder sogar Rethorakotomien nach sich zogen, in denen der ACT-Wert eine suffiziente Gerinnung nahe legte, die LiSA-HMessung aber eine noch hohe Heparin-PK nachwies. Erfahrungen aus den klinischen Studien zeigten, dass die Kombination aus der Messung der Heparin-PK und einer Gerinnungsanalyse bei einem ATIII-Mangel von Vorteil ist. Erst die Kombination aus einerseits mehrfach niedrig gemessener ACT-Werte, trotz ggf. Nachdosierungen von Heparin und andererseits ausreichend gemessener Heparin-PK im LiSA-H, kann einen ATIII-Mangelzustand aufdecken. Dadurch können Nach- bzw. Überdosierungen vermieden und damit die Wahrscheinlichkeit für postoperative Komplikationen verringert werden. Der wichtigste Einflussfaktor auf die LiSA-H-Messung ist die Hämodilution, die durch Einbeziehung des Patienten-Blutvolumens (z.B. mit der Nadler-Formel) durch mathematische Korrektur berücksichtigt werden kann. Patientenindividuelle Reaktionen auf gleiche Heparin- und Protamin-Dosierungen sowie eine patientenspezifische Heparin-Clearance zeigten in diesen Studien auf, dass das derzeitige Antikoagulationsmanagement mit den Dosierungsempfehlungen (Körpergewichtsbezogene Dosierung, 1:1 Dosierung von Protamin zur initialen Heparin-Dosis oder der summierten Heparin-Dosis, „pauschale― Nachdosierungen von 5.000 oder 10.000 I.E. Heparin bei ACT < 480) für eine optimale Dosierung der Medikamente unzureichend ist. In Outcome-Studien soll mit der LiSA-H-Messung Dosierungsempfehlungen von Heparin und Protamin ausgearbeitet werden. Außerhalb der Herz-Thorax-Chirurgie eröffnen sich weitere Möglichkeiten, wie z.B. in Dialysezentren und in der Neurochirurgie, für die bereits Studien geplant sind.
Meeting Abstract : 82. Jahresversammlung der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie. Freiburg i. Br., 01.-05.06.2011.
Ca. 3 Millionen Erwachsene in der Bundesrepublik Deutschland leiden unter Tinnitus, wobei eine bei jedem dieser Patienten zur Heilung führende Therapie bisher noch nicht existiert. Ansatzpunkt einer neuartigen Therapie ist die Wiederherstellung des normalen elektrischen Entladungsmusters im Hörnerv mittels elektrischer Stimulation. Hiermit berichten wir über unsere ersten Erfahrungen mit dem Tinnelec, einem Implantat mit einer einzelnen Stimulations-Elektrode die in der Rundfensternische platziert wird.
Zurzeit haben wir 4 einseitig ertaubten Patienten mit Tinnitus auf dem betroffenen Ohr jeweils ein Tinnelec-System implantiert. Die Dauer des Tinnitus betrug mindestens ein Jahr und gängige Tinnitus-Therapien wie z.B. Infusionstherapie waren erfolglos geblieben. Ein psychogener Tinnitus wurde ausgeschlossen. Der durch den Tinnitus verursachte Leidensdruck wurde anhand einer VAS Scala (Visuelle Analog Scala) und eines Tinnitus-Handicap-Inventory (THI) Fragebogens beurteilt. Die Reizapplikation betrug mind. 4 Stunden täglich. Als Stimulationsparameter wurde eine Reizmusterannäherung an den Tinnitus angestrebt.
Bei drei Patienten wurde unter der Stimulation der Tinnitus erträglicher, eine zeitweise komplette Unterdrückung des Tinnitus schon innerhalb der ersten Therapie-Wochen wurde jedoch nur in einem der Fälle berichtet. Diese Ergebnisse wurden auch durch das THI und VAS unterstützt.
Die Tinnelec-Implantation erscheint für Tinnitus Erfolg versprechend zu sein. Weitere Studien bei Tinnitus-Patienten ohne zusätzliche Hörbeeinträchtigung sind jedoch notwendig bis endgültige Schlussfolgerungen betreffend dieses Implantats gezogen werden können. In jedem Fall bleibt die Option einer Cochlea-Implantation im selben Ohr, nach Explantation des Tinnelec, bestehen.
Einleitung: Für die meisten Patienten mit HCC ist die LTX die einzige kurative Behandlungsoption. Bei diesen Patienten scheint eine Kontrolle der Erkrankung durch lokale Verfahren im Intervall bis zur LTX zu erreichen zu sein. Als das beste Verfahren gilt die transarterielle Chemoembolisation (TACE). Die Effektivität ist jedoch umstritten. Möglicherweise kann sie aber Patienten startifizieren, die ein hohes Rezidivrisiko haben.
Material und Methoden: Im Zeitraum zwischen 1995 und 2005 wurden n=27 Patienten mit HCC im Alter zwischen 22 und 69 Jahren transplantiert. Hiervon erhielten n=15 Patienten eine Vorbehandlung in Form einer alleinigen TACE oder kombiniert mit PEI [n=1] bzw. LITT [n=1]. Retrospektiv wurde das Gesamtüberleben sowie das „Event-free-survival“ (Rezidiv, Reinfektion und Tod) analysiert.
Ergebnisse: Die mittlere Wartezeit betrug bei Patienten in der TACE-Gruppe 214 Tage, bei Patienten ohne Vorbehandlung 133 Tage. Bei einem mittleren Nachbeobachtungszeitraum von 1097 ± 1193 Tagen für TACE-Patienten und 1674 ± 966 Tagen für non-TACE-Patienten betrug das Überleben für Patienten, die mit TACE vorbehandelt wurden 83,3%, für Patienten, die keine TACE erhielten 86.7% (p=0,5693). Gleiches fand sich für das Event-free-survival (p=0,8823). Das Gesamtüberleben der Patienten, die auf der Warteliste einen Tumorprogress hatten lag bei 77%, während Patienten mit stabiler Tumorgröße oder Regredienz der Tumore ein Überleben von 93% aufwiesen (p=0,0153). Unter TACE-Behandlung zeigten 5/15 Patienten eine zunehmende Anzahl an Herden im histologischen Präparat verglichen mit der Ausgangsbildgebung. Nur bei einem Patienten zeigte sich der Progress der Erkrankung bereits in der präoperativen Bildgebung. Patienten mit einem Progress der Erkrankung hatten ein Gesamtüberleben von 60%, während Patienten mit „stable disease“ oder Rückgang der Herde ein Gesamtüberleben von 100% hatten (p=0,0180).
Schlussfolgerung: Unseren Ergebnisse zufolge ist der Effekt der TACE als Bridgingverfahren auf das Überleben der Patienten fraglich. Allerdings scheint die TACE zur Riskostratifizierung geeignet zu sein. In unserem Patientenkollektiv hatten Patienten, die eine Progredienz der Erkrankung auf der Warteliste zeigten ein signifikant schlechteres Gesamtüberleben. Dies gilt auch bei ausschließlicher Betrachtung der Patienten mit TACE.
Meeting Abstract : 10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung, 18. GAA-Jahrestagung. Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V. ; Gesellschaft für Arzneimittelanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie e. V. 20.-22.10.2011, Köln
Hintergrund: Multimedikation als Folge von Multimorbidität ist ein zentrales Problem der Hausarztpraxis und erhöht das Risiko für unangemessene Arzneimittel-Verordnungen (VO). Um die Medikation bei älteren, multimorbiden Patienten zu optimieren und zu priorisieren, wurde eine computergestützte, durch Medizinische Fachangestellte (MFA) assistierte, komplexe Intervention (checklistengestütztes Vorbereitungsgespräch sowie Überprüfung eingenommener Medikamente durch MFA, Einsatz des web-basierten ArzneimittelinformationsDienstes AiD, spezifisches Arzt-Patienten-Gespräch) entwickelt und in einer 12-monatigen Pilotstudie auf Machbarkeit getestet. Ein auf 9 Items reduzierter MAI [1] wurde eingesetzt, um dessen Eignung als potentielles primäres Outcome der Hauptstudie zu prüfen.
Material und Methoden: In die Pilotstudie in 20 Hausarztpraxen mit Cluster-Randomisation auf Praxisebene in Kontrollgruppe (Regelversorgung b. empfohlenem Standard) vs. Interventionsgruppe (komplexe Intervention b. empfohlenem Standard) wurden 5 Pat./Praxis eingeschlossen (≥65 Jahre, ≥3 chron. Erkrankungen, ≥5 Dauermedikamente, MMSE ≥26, Lebenserwartung ≥6 Monate). Zur Bewertung des MAI wurden an Baseline (T0), 6 Wo. (T1) & 3 Mon. (T2) nach Intervention erhoben: VO, Diagnosen, Natrium, Kalium & Kreatinin i.S., Größe, Gewicht, Geschlecht, Cumulative Illness Rating Scale (CIRS) [2] durch die Hausarztpraxis; Symptome für unerwünschte Arzneimittelwirkungen im Patienten-Telefoninterview.
Für den MAI wurde die Angemessenheit jeder VO in den 9 Kategorien Indikation, Effektivität, Dosierung, korrekter & praktikabler Applikationsweg, Arzneimittelwechselwirkung, Drug-disease-Interaktion, Doppelverordnung, Anwendungsdauer 3-stufig bewertet (1 = korrekt - 3 = unkorrekt) und für die Auswertung auf Patientenebene summiert. Die Bewertung erfolgte ohne Kenntnis der Gruppenzugehörigkeit. Deskriptive Statistiken und Reliabilitätsanalysen, ungewichtete Auswertung und Gewichtung n. Bregnhoj [3].
Ergebnisse: Es wurden N=100 Patienten in die Studie eingeschlossen, im Mittel 76 Jahre (Standardabweichung, SD 6; Range, R: 64-93) , 52% Frauen, durchschnittlich 9 VO/Pat. (SD 2; R 4-16), mittlerer CIRS-Score 10 (SD 4; R 0-23). Basierend auf N=851 VO (100 Pat.) zu T0 betrug der Reliabilitätskoeffizient (RK, Cronbachs Alpha) der ungewichteten 9 Items 0,70. Items 1-5 wiesen akzeptable Trennschärfen auf (0,52-0,64), die der Items 6, 7 & 9 fielen mit 0,21-0,29 niedriger aus, die des Item 8 betrug 0,06. Auf der Basis der 9 gewichteten Items fiel die interne Konsistenz des MAI erwartet höher aus (0,75). Die Reliabilitätsanalysen auf VO-Ebene zeigten einen RK von 0,67 (ungewichtet) vs. 0,75 (gewichtet), die Trennschärfen waren vergleichbar. Zur Zwischenauswertung betrug der MAI (T1-T0) in der Interventionsgruppe (5 Praxen, 24 Pat.) -0,9 (SD 5,6), in der Kontrollgruppe (7 Praxen, 35 Pat.) -0,5 (SD 4,9); die Differenz zwischen beiden Gruppen Mi–Mk -0,4 [95% Konfidenzintervall: -3,4;2,6].
Schlussfolgerung: Der MAI ist als potentielles primäres Outcome in der Hauptstudie geeignet: wenige fehlende Werte, Darstellung von Unterschieden prä-post und zwischen den Gruppen, akzeptable interne Konsistenz. Der niedrige Trennschärfekoeffizient des Items 8 weist darauf hin, dass dieses Item nicht mit dem Gesamt-Skalenwert korreliert, auch die Items 6, 7 und 9 korrelieren wesentlich schwächer mit dem Gesamt-Skalenwert als die Items 1 bis 5. Eine Wichtung z.B. der Items 2, 5, 6 und 9 könnte erwogen werden, um den Fokus der Intervention in der Hauptzielgröße angemessen abzubilden.
Meeting abstract : Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2012), 23.10.-26.10.2012, Berlin.
Fragestellung: Die Behandlung langstreckiger Knochendefekte ist eine große Herausforderung. Die Masquelet-Technik zur Behandlung solcher Defekte ist eine zweizeitige Operationstechnik. Zuerst erfolgt die Insertion eines PMMA (Polymethylmethacrylat)-Zementspacers in den Knochendefekt, der die Bildung einer Membran induziert. Diese Membran enthält Wachstumsfaktoren und regenerative Zellen, die möglicherweise die Knochenheilung unterstützen. Nach einigen Wochen wird der Zementspacer entfernt und der induzierte Membranschlauch mit Beckenkammspongiosa aufgefüllt. Im weiteren Verlauf kommt es zu einer kompletten Knochenheilung. Ziele dieser Untersuchung waren die Etablierung der Masquelettechnik am Rattenmodell und die Definition eines Zeitpunkts, an welchem die Membran eine ausreichende Festigkeit sowie einen signifikanten Gehalt von Vorläuferzellen aufweist.
Methodik: Nach Genehmigung der Experimente wurden die Femura von 24 männlichen SD-Ratten osteotomiert. Die Lücke (10 mm) wurde mit PMMA-Zement aufgefüllt und mittels Miniplatte stabilisiert. Parallel wurden den Versuchstieren gleich große PMMA-Spacer subcutan unter die Rückenhaut implantiert. Nach 2, 4, bzw. 6 Wochen (W) erfolgte die Entnahme der Membranen. Ein Teil der Membran wurde für (immun)histologische Untersuchungen aufbereitet (CD34, vWF, van Giesson), ein Teil für die in vitro Kultur. Auswachsende Vorläuferzellen in vitro wurden über CD34 und STRO-1-Färbung nachgewiesen. Statistik: Mediane, Kruskal-Wallis-Test, p<0,05 ist signifikant.
Ergebnisse und Schlussfolgerungen: Im zeitlichen Verlauf nahmen die Vaskularisierung (vWF-positive Fläche [%]: 2 W: 1,8; 4 W:1.6 vs 6 W: 6,4), die Dicke der Membran ([µm]: 2 W: 350 vs 4W: 517, 6 W: 592) und der Bindegewebsanteil ([µm]: 2W: 201 vs 4W: 324, 6W: 404) signifikant zu. Der Hauptanteil elastischer Fasern war auf der dem Zement zugewandten Seite, Vaskularisierung war eher auf der Weichteil zugewandten Seite zu finden. Der Anteil CD34 positiver Zellen nahm signifikant ab (2W: 5%, 4 W: 4% vs 6 W: 1%). Auswachsende STRO-1 positive Zellen konnten nur in zweiwöchigen Membranen nachgewiesen werden. Ältere Membranen wiesen einen zunehmenden Anteil seneszenter Zellen auf. Subcutan induzierte Membranen waren vergleichbar, wiesen jedoch tendentiell eine geringere Dicke und keine STRO-1 positiven Zellen auf.
Mit dieser Studie wurde erstmalig die Induktion einer Membran nach Masquelet im Rattenmodell etabliert. Es konnte nachgewiesen werden, dass der strukturelle Aufbau sowie die zellulären Komponenten zeitlichen Änderungen unterliegen und der Ort der Induktion Einfluss auf die zellulären Komponenten der Membran hat. Junge Membranen (2W) enthielten CD34 und STRO-1 positive Zellen. 4W-Membranen enthielten nur CD34 positive Zellen wiesen aber einen signifikanten Bindegewebsanteil auf, der für eine erhöhte mechanische Stabilität spricht. Ob 2 bzw. 4 Wochen alte Membranen den Knochenheilungsprozess fördern, muss in weiterführenden Studien untersucht werden.
Hintergrund: Die Unterschidung von Augen mit frühem Keratokonus (KC) von normalen Augen bereitet nach wie vor Schwierigkeiten. Die vorliegende Untersuchung vergleicht konventionelle keratometrie-basierte mit wellenfront-basierten Maßzahlen hinsichtlich ihrer Eignung, normale Augen von Augen mit sehr frühem Keratokonus zu unterscheiden.
Methoden: Es wurden 17 Augen von 17 Patienten mit frühem KC eingeschlossen. Bei diesen 17 Augen handelt es sich um klinisch unauffällige Partneraugen des stärker betroffenen Auges. 123 Normalaugen von 69 Patienten dienten als Negativkontrolle. Von den axialen Kurvaturdaten wurden folgende Maßzahlen berechnet: zentrale Keratometrie (cK), Astigmatismus (AST), inferior-superiore Brechwertdifferenz (I-S), Verkippung der radialen Achsen (SRAX), KISA% index (eine Maßzahl, die auf cK, AST, I-S und SRAX basiert) und corneale Zernike-Koeffizienten (1.–7. Ordnung, Pupillendurchmesser: 6 mm). Aus Zernike-Koeffizienten wurden Diskriminanzfunktionen konstruiert. Receiver-Operatiing-Charakteristik (ROC)-Kurven wurden erstellt, um die diagnostische Trennschärfe dieser Werte zur Unterscheidung von klinisch unauffälligen Partneraugen von Augen mit frühem Keratokonus und normalen Kontrollen zu evaluieren.
Ergebnisse: Der I-S-Wert (Korrektheit 92,1%, kritischer Wert 0,59 D) und die vertikale Coma (C3-1; 96,7%, –0,2 µm) waren die beiden Einzelwerte mit höchster Trennschärfe. Mit den ursprünglich publizierten kritischen Werten lag der Rabinowitz-McDonnell test (cK und I-S) bei 83,3% (Sensitivität 0%, Spezifität 100%) und der KISA% bei 70,8% (81,3%, 60,3%). In Verbindung mit Diskriminanzanalyse errichten Zernike-Koeffizienten eine Korrektheit von 96,7% (100%, 93,4%).
Schlussfolgerungen: Auf cornealen Zernike-Koeffizienten basierende Maßzahlen erreichte die höchste Trennschärfe bei der Unterscheidung von Augen mit subklinischem KC von Normalaugen. Dennoch konnten konventionelle KC-indices eine ähnlich hohe Trenschärfe wie die Zernike-Methode erreichen, wenn die kritischen Werte entsprechend angepasst werden.
Fragestellung: Beurteilung der Korrektur des Astigmatismus mit der multifokalen torischen Intraokularlinsen (IOL) ReSTOR Toric (Alcon, Ft. Worth, USA) bei Kataraktoperation.
Methodik: Die Multicenterstudie umfasste Kataraktepatienten mit präoperativem Astigmatismus von ≥0,75 bis ≤2,5 dpt. die Patienten wurden einer bilateralen Implantation einer torischen multifokalen IOL zur Korrektur der Hornhautverkrümmung unterzogen. Die OP erfolgte ohne relaxierende limbale Inzisionen durch eine clear-cornea Inzision <3,0 mm. Prä- und postoperativ wurden für diese Subanalyse Autokeratometrie sowie subjektiver Astigmatismus von 39 Augen von 40 Patienten im Alter von 59,8±7,0 Jahren analysiert.
Ergebnisse: Präoperativ betrug der mittlere keratometrische Astigmatismus 1,43±0,57 dpt. Die mittlere Inzisionsgröße betrug 2,59±0,41 mm. 1 Monat postoperativ betrug der mittlere keratometrische Astigmatismus 1,51±0,95 dpt (25 Augen). Der Unterschied im keratometrischen Astigmatismus zwischen präoperativ und 1-Monat-postop betrug 0,57±0,96 dpt. Der präoperative subjektive Astigmatismus wurde signifikant von 0,32±0,33 dpt (25 Augen) auf 0,99±0,70 dpt reduziert. (39 Augen, p <0,0001).
Schlussfolgerung: Die Implantation der multifokale torischen IOL zeigt vorhersehbare postoperative Ergebnisse bei der Korrektur des Astigmatismus nach kataraktoperation.