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Plus Puls : 2013, 2
(2013)
Plus Puls : 2013, 1
(2013)
Das Medizinstudium und die spätere Berufstätigkeit werden als stressig angesehen; dennoch liegen nur wenige Daten zur Stressbelastung von Medizinstudenten und Ärzten vor. Als Teil einer umfangreichen Erhebung zur Stressbelastung haben wir die Stressbelastung und Resilienz von Frankfurter Medizinstudenten in den ersten Wochen des 1. vorklinischen Semesters erhoben (Trierer Inventar zum chronischen Stress TICS, Resilienz-Skala RS11); an der Studie nahmen 348 von 383 Studienanfängern (90,8%) teil. Übereinstimmend mit Ergebnissen aus dem 5. Semester zeigen die Studenten des 1. Semesters hohe Werte insbesondere in den Teilskalen Überlastung und Überforderung; auffallend sind ebenfalls hohe Werte in den Skalen Soziale Isolation und Summenscore. Ein T-Score (altersnormierter Normalwert = 50) über der 2fachen Vertrauensgrenze findet sich im Summenscore (17,2%), chronische Besorgnis (17,8%), Überforderung (11,2%) und Überlastung (22,7%), während in anderen Skalen entsprechende Werte nur bei 1–5% der Teilnehmer erreicht wurden. Die Skalen Überlastung, Erfolgsdruck, chronische Besorgnis sowie der Summenscore sind weitgehend normalverteilt (Schiefe <0,2), dieser Wert beträgt für die anderen Skalen 0,45–0,65. Zwischen den Unterskalen finden sich Korrelationskoeffizienten >0,5 für Überlastung und Überforderung sowie chronischer Besorgnis, zwischen Überforderung und mangelnder sozialer Anerkennung, sozialer Isolierung und chronischer Besorgnis sowie zwischen sozialen Spannungen, sozialer Isolierung und chronischer Besorgnis. Parallel wurde die Resilienz mit Hilfe des Fragebogens RS11 erhoben (kein Optimum, hohe Werte weisen auf Resilienz hin). Bei einer Maximalpunktzahl von 77 erreichten die Studenten 62,2 +/– 8,8 Punkte, bei einer ausgeprägten rechtsschiefen Verteilung. Zwischen der Stressbelastung und der Resilienz fand sich keine relevante Korrelation, mit einem Maximalwert von –0,267 zwischen dem RS11-Score und der Subskala Überforderung. Die Daten belegen ein bereits zu Studienbeginn vorliegendes hohes Maß an Überlastung und Überforderung; dieser Stress korreliert nicht mit der Fähigkeit, mit Stress adäquat umzugehen (Resilienz).
Im Rahmen dieser Arbeit wurde die Rolle des Proteins S100B in humanen Neuroblastomzellen und primären hippokampalen Neurone der Ratte beim apoptotischen Zelltod untersucht. Hierfür wurden verschiedene zelltodinduzierende Agentien und Stresskonditionen verwendet. Für den exzitotoxischen, glutamatabhängigen Zelltod wurde eine NMDA-induzierte Zellschädigung sowie eine Hypoxieinduktion in einer Hypoxiekammer benutzt. Hier konnte für beide Apoptosemodelle und in beiden Zellarten eine signifikante Neuroprotektion in Anwesenheit von S100B gezeigt werden. Besonders in Hinblick auf bereits gezeigte aktive Sezernierung von S100B nach metabolomischem Stress in Astrozyten sollten die weiteren Signalwege und Effekte dieses Proteins erforscht werden. Im Zuge der Untersuchung eines möglichen Wirkungsmechanismus von S100B zeigte sich zunächst eine signifikante Aktivierung des Zellrezeptors RAGE. Weiterhin zeigte sich in primären hippokampalen Neuronen eine Aktivierung des RAF/MEK/MAPKERK-Signalwegs zumindest partiell verantwortlich für die Vermittlung der neuoprotektiven Wirkung von S100B bei NMDA-induzierter Apoptose. Durch Experimente unserer Arbeitsgruppe wurde bereits zuvor eine S100B abhängige Aktivierung von NFκB beobachtet. In dieser Arbeit konnte mit VEGF ein evtl. NFκB-abhängig aktiviertes Zielgen für die neuroprotektive Wirkung von S100B bei hypoxieinduzierter Apotpose gefunden werden. Demnach erklärt sich ein möglicher neuroprotektiver Wirkmechanismus von S100B beim exzitotoxischen Zelltod durch Aktivierung des Rezeptors RAGE an der Zelloberfläche, mit anschließender Aktivierung des MEK-Erk Signalwegs. Dieses kann seinerseits zu einer Aktivierung von NFκB in der Zelle mit Hochregulierung des VEGF-Gens führen.
Ein weiteres untersuchtes Apoptosemodell für die Rolle von S100B war die direkte DNA-Schädigung durch UV-Bestrahlung und Etoposid sowie die Schädigung durch den Proteasom-Inhibitor und p53 Aktivator Epoxomicin in humanen SHSY5Y Neuroblastoma-Zellen und primären hippokampalen Neuronen der Ratte. Auch hier zeigte sich in allen drei Modellen eine signifikante Neuroprotektion in Anwesenheit von S100B.
Da es einige Hinweise (unter anderem noch nicht publizierte Daten unserer eigenen Arbeitsgruppe) für eine Aufnahme von S100B in die Zelle gibt, wurde eine evtl. Wechselwirkung von S100B mit dem, nach DNA-Schädigung hochreguliertem, apoptoseinduzierenden Protein p53 untersucht. Hier zeigte sich, dass S100B sowohl nach DNA-Schädigung durch UV-Bestrahlung, als auch nach Etoposid-Behandlung die Hochregulierung von p53 auf Proteinebene signifikant reduziert und eine Translokation zum Zellkern verhindert. In Zusammenschau dieser Daten und den aktuellen Literaturdaten über direkte Wechselwirkungen von S100B und p53 kann man davon ausgehen, dass S100B seine Wirkung nicht nur über den Zelloberflächenrezeptor RAGE ausübt, sondern nach einem noch nicht vollständig erforschten Aufnahmemechanismus in die Zelle durch direkte Proteininteraktionen, z. B. wie hier mit dem Protein p53, in den Zellprozess insbesondere im Apoptoseprozess eingreift. Abgesehen von der in dieser Arbeit beschriebenen Herunterregulierung des p53-Proteinlevels in Anwesenheit von S100B, welche die Folge einer proteasomalen Degradation nach Formationsänderung sein kann, sollten die weiteren p53-abhängigen Apoptoseinduktionswege wie eine Veränderung von dessen Transkriptionsaktiviät, Hemmung proapoptotischer Proteine und ein evtl. Einfluss auf die Translokation von sog. Todesrezeptoren an die Zellmembran in Anwesenheit von S100B als evtl. Ursachen des neuroprotektiven Effekts von S100B weiter erforscht werden.
Im Rahmen dieser Arbeit bereits durchgeführte Untersuchungen auf Veränderungen der Expressionsrate von möglichen p53-Zielgenen haben noch keine endgültigen Ergebnisse geliefert. Zum einen ist evtl. die Auswahl der ausgewählten Zielgene nicht ausreichend gewesen und zum anderen besteht eine evtl. Limitation der semiquantitativen RT-PCR Methode gegenüber neueren Methoden wie die quantitative Real-Time-PCR in der Detektion auch kleinerer Expressionsunterschiede (siehe oben). Der Mechanismus der Neuroprotektion kann in diesem Modell abschließend noch nicht vollständig geklärt werden. Weiterführende Untersuchungen sollten den genauen Aufnahmemechanismus von S100B in die Zelle untersuchen, und die neuroprotektiven Schritte nach einer Blockierung/Herunterregulierung von p53 weiter klären.
kurz und kn@pp news : Nr. 28
(2013)
Hintergrund und Fragestellung: Patientensicherheit ist in den letzten Jahren zum intensiv diskutierten Thema geworden. Zudem rückt als potenzielle Basis der Patientensicherheit die Patientensicherheitskultur von Einrichtungen des Gesundheitswesens in den Fokus, bislang wurde dahingehend vor allem der stationäre Bereich untersucht. Ziel dieser Arbeit ist es, einen Einblick in den aktuellen Stand der Patientensicherheitskultur in Hausarztpraxen zu geben, und diesbezügliche Einflussfaktoren und Zusammenhänge aufzuzeigen. Dabei wurden insbesondere zwei Fragestellungen untersucht: 1. Lässt sich ein Zusammenhang aufzeigen zwischen einzelnen Praxis- und Teammerkmalen einerseits und den Ergebnissen in den Bereichen Sicherheitsklima, Patientensicherheitsindikatoren und Fehlermanagement andererseits? 2. Lassen sich durch einzelne Praxis- und Teammerkmale bzw. Sicherheitsklimafaktoren die Ausprägungen einer Praxis in bestimmten Patientensicherheitsindikatoren und dem Fehlermanagement einer Praxis vorhersagen?
Material und Methoden: In 60 allgemeinärztlich tätigen Praxen aus Hessen wurde die Patientensicherheitskultur anhand von drei Methoden gemessen. Dies waren 1. der auf Selbstauskunft beruhende „Fragebogen zum Sicherheitsklima“, 2. durch Praxisbegehungen und Interviews erfasste Patientensicherheitsindikatoren, sowie 3. detailliert analysierte Fehlerberichte. Die statistische Auswertung umfasste u.a. Korrelationsanalysen (Mann-Whitney-U, Wilcoxon-W, Spearman-Rangkorrelation) sowie multivariate schrittweise Regressionsanalysen.
Ergebnisse: Die Beurteilung des Sicherheitsklimas fiel über alle Praxen hinweg homogen positiv aus (acht von neun Sicherheitsklimafaktoren mit Mittelwerten von mind. vier von fünf Punkten). Bei den 12 Patientensicherheitsindikatoren ergaben sich differenziertere Werte (niedrigster Mittelwert: Indikator „Marcumartherapie“ mit 0,43 von 1, höchster Mittelwert: Indikator „Allergiehinweis“ mit 0,75 von 1). Es gingen 24 Berichte kritischer Ereignisse ein, die zu 79% als „Kein Fehlermanagement“ oder „Unbefriedigendes Fehlermanagement“ beurteilt wurden. Die Korrelations- und Regressionsanalysen zeigten Zusammenhänge auf, z.B. erzielten größere Praxisteams niedrigere Werte beim Patientensicherheitsklima und höhere Werte bei den Patientensicherheitsindikatoren im Vergleich zum Durchschnitt.
Diskussion: Sicherheitsklima, Patientensicherheitsindikatoren und Fehlermanagement sind in einer Hausarztpraxis mit den verwendeten Instrumenten messbar. Jedes der drei Instrumente misst einen anderen, wichtigen Bereich der Sicherheitskultur, wodurch jeweils unterschiedliche Einstellungen und Prozesse beleuchtet und anschließend auch beurteilt und verbessert werden können. In den Analysen zur Beantwortung der beiden Fragestellungen konnten Zusammenhänge und Vorhersagevariablen herausgearbeitet werden, allerdings waren diese Zusammenhänge zum Teil entgegengesetzt. Daraus ergibt sich die Hypothese, dass Praxis- und Teammerkmale als Voraussetzungen zu unterschiedlichen Ausprägungen von Sicherheitsklima, Patientensicherheitsindikatoren und Fehlermanagement führen können. Insgesamt könnte die Qualität der hausärztlichen Arbeit und die Sicherheit der Versorgung durch eine regelmäßige Reflektion der Praxisabläufe anhand der drei Messmethoden gesteigert werden.
Body Integrity Identity Disorder (BIID) ist eine bisher kaum erforschte Störung, bei der die Betroffenen den Wunsch beziehungsweise das Verlangen nach einer Körperbehinderung verspüren. In den meisten Fällen, wie auch in dieser Studie, ist eine Oberschenkelamputation die gewünschte Modifikation. Durch die Amputation erhoffen die Betroffenen endlich sie selbst zu werden, da sie sich mit ihrem realen Körperbild nicht identifizieren können. Ihr vorgestelltes Körperbild ist das eines Amputierten. Die Störung manifestiert sich bereits im Kindesalter. Im Laufe der Zeit nimmt das Verlangen der Amputation zu, so dass es neben der vermehrten Beschäftigung sogar zu lebensgefährlichen Selbstverletzungen im Zuge einer Verwirklichung kommen kann.
Die vorliegende Studie beschäftigt sich erstmalig mittels funktioneller Magnetresonanztomographie mit der neuronalen Repräsentation der Störung BIID beim Anblick des eigenen realen und des gewünschten amputierten Körpers. Für die Studie wurden Fotos von den Probanden und einer fremden Person gemacht und mit einer Software so modifiziert, dass die Probanden in sechs verschiedenen Kategorien sowohl sich selbst real, sowie amputiert und mit Prothese als auch die fremde Person real, amputiert und mit Prothese gezeigt bekamen. Dasselbe Design wurde auch einer gesunden Kontrollgruppe vorgeführt. Aufgrund der Datenmenge wird in dieser Studie nur der reale und der amputierte Körper berücksichtigt.
Es zeigen sich deutliche Aktivierungsunterschiede zwischen der BIID Gruppe und der Kontrollgruppe beim Anblick des eigenen realen Körpers und beim Anblick des eigenen amputierten Körpers. Beim Anblick des eigenen realen Körpers zeigt die Kontrollgruppe gegenüber der BIID Gruppe einen stärkeren Selbstbezug zu ihrem Körper durch Aktivierungen des medialen frontalen Gyrus, des postzentralen Gyrus oder der Amygdala und einen positiver valenzierten Anblick, der sich im Gruppenvergleich durch eine Mehraktivierung im superioren temporalen Gyrus ausdrückt sowie durch die Ergebnisse der post-fMRT-Fragebögen unterstützt wird. Beim Anblick des eigenen amputierten Körpers zeigt sich durch ein fronto-parietales Netzwerk der stärkere Selbstbezug bei der BIID Gruppe. Die deutliche emotionale Involviertheit wird repräsentiert durch große Teile des limbischen Systems sowie durch präfrontale Bereiche. Hinzu kommen Aktivierungen, die eine deutliche Beteiligung des episodisch-autobiographischen und prozeduralen Gedächtnisses zeigen. So ist eine vollständig geplante Bewegungsabfolge der BIID Probanden beim Anblick ihres amputierten Körpers anhand der aktivierten Areale darstellbar, einschließlich der Feinregulationen in den Basalganglien, dem Nucleus ruber und dem Kleinhirn.
Die Ergebnisse zeigen neuronale Netzwerke der Körperrepräsentation, bei denen fehlende Aktivierungen der BIID Probanden beim Anblick des eigenen realen Körpers auf eine Fehlfunktion hindeuten könnten. Sie zeigen aber auch ein Netzwerk aus Erinnerungen und erlernten Prozessen, die mit Hilfe des mesolimbischen Dopaminsystems zur Aufrechterhaltung der Störung beitragen könnten. Zusammengefasst lässt sich sagen, dass das amputierte Wunschkörperbild neuronal stark und breitgefächert verankert ist und viel dominanter repräsentiert ist als das reale Körperbild. Durch die dargestellten Aktivierungen und Regelkreise leiten sich vor allem neue therapeutische Ansätze ab, die zu einer Linderung der Symptome von BIID beitragen könnten und vielleicht auch neue Anstöße in Hinblick auf eine Heilung der Störung liefern.
Wenn Zellen zu Medikamenten werden : neue Zelltherapien verbessern die Heilungschancen bei Leukämien
(2013)
Die Transplantation von Zellen aus dem Knochenmark oder von Stammzellen aus dem Blut gehört zu den bekanntesten Therapien bei Leukämie. Doch dabei treten Immunreaktionen als Nebenwirkung auf. Deshalb nehmen Forscher seit Kurzem auch die Transplantation bestimmter Immunzellen in den Blick. Im Labor gentechnisch aufgerüstet, werden sie zu äußerst effizienten "Krebs-Medikamenten".
Rückschläge werfen eine neue Technologie um Jahrzehnte zurück – besonders, wenn Menschenleben zu beklagen sind. Bei der Gentherapie wird aber oft vergessen, dass sie nur bei Patienten angewendet wird, für die es keine konventionelle Therapie mehr gibt. Nach der Euphorie und den Rückschlägen der Anfangsjahre können Forscher nun die ersten Erfolge vorweisen.
Je besser Forscher es verstehen, defekte Gene zu reparieren oder beliebige Körperzellen zu reprogrammieren, desto gefahrloser wird die Gen- und Stammzell-Therapie für Patienten, die an heute noch unheilbaren Krankheiten leiden. Gleichzeitig zeichnet sich damit die Möglichkeit ab, in ferner Zukunft vielleicht das Genom kommender Generationen zu verändern oder Menschen zu klonieren. Der Internist Prof. Hubert Serve und die Politikwissenschaftlerin Dr. Anja Karnein wagen im Gespräch mit den beiden Redakteurinnen des Wissenschaftsmagazins »Forschung Frankfurt« Dr. Anne Hardy und Ulrike Jaspers einen Ausblick jenseits aller aktuellen Debatten. Sie diskutieren aber auch über die Themen, die Patienten wie Wissenschaftler zurzeit unmittelbar berühren.
Validierung einer neuen Messmethode zur direkten Bestimmung der Heparin-Konzentration im Blut
(2012)
In dieser Arbeit wurde ein neues Verfahren zur Heparin-Bestimmung (LiSA-H, light scattering assay of heparin) evaluiert. Dieses wurde an der Universität Frankfurt a. M. am Institut für Biophysik entwickelt und ermittelt erstmals die direkte Heparin-Konzentration im Blutplasma. Durch die Analyse der Lichtstreuung einer Plasmaprobe wird die Bildung von Nanopartikeln aus Heparin und Protamin verfolgt. Die Lichtstreuintensität ist dabei proportional zu der in der Probe enthaltenen Heparin-Plasmakonzentration (Heparin-PK). Das Antikoagulans Heparin wird bei Herz-OPs mit Einsatz der Herz-Lungen-Maschine (HLM) verwendet und soll perioperativ eine lutgerinnselbildung in der HLM, sowie Thromboembolien im Patienten verhindern. Am OP-Ende wird die Wirkung durch Protamin antagonisiert, um eine suffiziente Gerinnung wieder herzustellen. Das derzeitige Gerinnungsmanagement basiert auf einem indirekten Messverfahren, der ACT (activated clotting time), welches starken Störeinflüssen, wie z.B. der Hypothermie, Hämodilution und bestimmten Medikamenten unterliegt. Durch die mögliche Falschdosierung der beiden Medikamente, steigt die Gefahr einer Blutung und Thrombose. LiSA-H soll in Zukunft eine zuverlässigere und kostengünstige „point of care― Analyse der Gerinnung und hierdurch eine gezielte Dosierung von Heparin und Protamin ermöglichen, die die Komplikationsrate verringert. In der vorliegenden Studie handelt es sich um eine offene, nicht kontrollierte, prospektive Multicenter-Studie, die mit 50 Patienten am Universitätsklinikum Frankfurt a.M. und 30 Patienten am Kinderherzzentrum Gießen durchgeführt wurde. Es wurde gezeigt, dass die durchschnittliche perioperative Heparin-PK bei Erwachsenen und Kindern bei ca. 5,4 I.E./ml liegt. Es wurde nachgewiesen, dass die Heparin-Clearance bei Kindern (~113 Min.) um das zweifache im Vergleich zu Erwachsenen (~254 Min.), erhöht ist. Besonders hervorzuheben ist die hohe Fehlerquote der ACT-Messung, die bei Erwachsenen in bis zu 1,8 % und bei Kindern in bis zu 20 % der Messungen keinen aussagekräftigen Wert lieferte. Das bedeutet, dass bei Kindern während einer OP bis zu zwei und bei Erwachsenen bis zu drei Stunden keine Information über den aktuellen Gerinnungszustand vorlag. Um eine Validierung der Messergebnisse vorzunehmen, wurden Rückstellproben mit dem Standardlaborverfahren PiCT (Prothrombinase induced clotting time) gemessen. Die Daten aus dem PiCT korrelieren mit den Ergebnissen aus der LiSA-H-Messung wesentlich besser (r² = 0,80), als mit der herkömmlichen ACT-Messmethode (r² = 0,57). Die ermittelten Heparin-PK und die ACT-Werte während einer OP wurden in Chronogrammen dargestellt. Es wurde gezeigt, dass in 30 % der OPs bei Erwachsenen und in 60 % bei Kindern die Messdaten aus der ACT und LiSA-H nur unzureichend synchron bei Nachdosierung mit Heparin anstiegen oder entsprechend der Heparin-Clearance im OP-Verlauf abfielen. Dies zeigte sich besonders kritisch während langandauernder, komplikationsreicher OPs, die einen erhöhten Blutverlust oder sogar Rethorakotomien nach sich zogen, in denen der ACT-Wert eine suffiziente Gerinnung nahe legte, die LiSA-HMessung aber eine noch hohe Heparin-PK nachwies. Erfahrungen aus den klinischen Studien zeigten, dass die Kombination aus der Messung der Heparin-PK und einer Gerinnungsanalyse bei einem ATIII-Mangel von Vorteil ist. Erst die Kombination aus einerseits mehrfach niedrig gemessener ACT-Werte, trotz ggf. Nachdosierungen von Heparin und andererseits ausreichend gemessener Heparin-PK im LiSA-H, kann einen ATIII-Mangelzustand aufdecken. Dadurch können Nach- bzw. Überdosierungen vermieden und damit die Wahrscheinlichkeit für postoperative Komplikationen verringert werden. Der wichtigste Einflussfaktor auf die LiSA-H-Messung ist die Hämodilution, die durch Einbeziehung des Patienten-Blutvolumens (z.B. mit der Nadler-Formel) durch mathematische Korrektur berücksichtigt werden kann. Patientenindividuelle Reaktionen auf gleiche Heparin- und Protamin-Dosierungen sowie eine patientenspezifische Heparin-Clearance zeigten in diesen Studien auf, dass das derzeitige Antikoagulationsmanagement mit den Dosierungsempfehlungen (Körpergewichtsbezogene Dosierung, 1:1 Dosierung von Protamin zur initialen Heparin-Dosis oder der summierten Heparin-Dosis, „pauschale― Nachdosierungen von 5.000 oder 10.000 I.E. Heparin bei ACT < 480) für eine optimale Dosierung der Medikamente unzureichend ist. In Outcome-Studien soll mit der LiSA-H-Messung Dosierungsempfehlungen von Heparin und Protamin ausgearbeitet werden. Außerhalb der Herz-Thorax-Chirurgie eröffnen sich weitere Möglichkeiten, wie z.B. in Dialysezentren und in der Neurochirurgie, für die bereits Studien geplant sind.
Meeting Abstract : 82. Jahresversammlung der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie. Freiburg i. Br., 01.-05.06.2011.
Ca. 3 Millionen Erwachsene in der Bundesrepublik Deutschland leiden unter Tinnitus, wobei eine bei jedem dieser Patienten zur Heilung führende Therapie bisher noch nicht existiert. Ansatzpunkt einer neuartigen Therapie ist die Wiederherstellung des normalen elektrischen Entladungsmusters im Hörnerv mittels elektrischer Stimulation. Hiermit berichten wir über unsere ersten Erfahrungen mit dem Tinnelec, einem Implantat mit einer einzelnen Stimulations-Elektrode die in der Rundfensternische platziert wird.
Zurzeit haben wir 4 einseitig ertaubten Patienten mit Tinnitus auf dem betroffenen Ohr jeweils ein Tinnelec-System implantiert. Die Dauer des Tinnitus betrug mindestens ein Jahr und gängige Tinnitus-Therapien wie z.B. Infusionstherapie waren erfolglos geblieben. Ein psychogener Tinnitus wurde ausgeschlossen. Der durch den Tinnitus verursachte Leidensdruck wurde anhand einer VAS Scala (Visuelle Analog Scala) und eines Tinnitus-Handicap-Inventory (THI) Fragebogens beurteilt. Die Reizapplikation betrug mind. 4 Stunden täglich. Als Stimulationsparameter wurde eine Reizmusterannäherung an den Tinnitus angestrebt.
Bei drei Patienten wurde unter der Stimulation der Tinnitus erträglicher, eine zeitweise komplette Unterdrückung des Tinnitus schon innerhalb der ersten Therapie-Wochen wurde jedoch nur in einem der Fälle berichtet. Diese Ergebnisse wurden auch durch das THI und VAS unterstützt.
Die Tinnelec-Implantation erscheint für Tinnitus Erfolg versprechend zu sein. Weitere Studien bei Tinnitus-Patienten ohne zusätzliche Hörbeeinträchtigung sind jedoch notwendig bis endgültige Schlussfolgerungen betreffend dieses Implantats gezogen werden können. In jedem Fall bleibt die Option einer Cochlea-Implantation im selben Ohr, nach Explantation des Tinnelec, bestehen.
Einleitung: Für die meisten Patienten mit HCC ist die LTX die einzige kurative Behandlungsoption. Bei diesen Patienten scheint eine Kontrolle der Erkrankung durch lokale Verfahren im Intervall bis zur LTX zu erreichen zu sein. Als das beste Verfahren gilt die transarterielle Chemoembolisation (TACE). Die Effektivität ist jedoch umstritten. Möglicherweise kann sie aber Patienten startifizieren, die ein hohes Rezidivrisiko haben.
Material und Methoden: Im Zeitraum zwischen 1995 und 2005 wurden n=27 Patienten mit HCC im Alter zwischen 22 und 69 Jahren transplantiert. Hiervon erhielten n=15 Patienten eine Vorbehandlung in Form einer alleinigen TACE oder kombiniert mit PEI [n=1] bzw. LITT [n=1]. Retrospektiv wurde das Gesamtüberleben sowie das „Event-free-survival“ (Rezidiv, Reinfektion und Tod) analysiert.
Ergebnisse: Die mittlere Wartezeit betrug bei Patienten in der TACE-Gruppe 214 Tage, bei Patienten ohne Vorbehandlung 133 Tage. Bei einem mittleren Nachbeobachtungszeitraum von 1097 ± 1193 Tagen für TACE-Patienten und 1674 ± 966 Tagen für non-TACE-Patienten betrug das Überleben für Patienten, die mit TACE vorbehandelt wurden 83,3%, für Patienten, die keine TACE erhielten 86.7% (p=0,5693). Gleiches fand sich für das Event-free-survival (p=0,8823). Das Gesamtüberleben der Patienten, die auf der Warteliste einen Tumorprogress hatten lag bei 77%, während Patienten mit stabiler Tumorgröße oder Regredienz der Tumore ein Überleben von 93% aufwiesen (p=0,0153). Unter TACE-Behandlung zeigten 5/15 Patienten eine zunehmende Anzahl an Herden im histologischen Präparat verglichen mit der Ausgangsbildgebung. Nur bei einem Patienten zeigte sich der Progress der Erkrankung bereits in der präoperativen Bildgebung. Patienten mit einem Progress der Erkrankung hatten ein Gesamtüberleben von 60%, während Patienten mit „stable disease“ oder Rückgang der Herde ein Gesamtüberleben von 100% hatten (p=0,0180).
Schlussfolgerung: Unseren Ergebnisse zufolge ist der Effekt der TACE als Bridgingverfahren auf das Überleben der Patienten fraglich. Allerdings scheint die TACE zur Riskostratifizierung geeignet zu sein. In unserem Patientenkollektiv hatten Patienten, die eine Progredienz der Erkrankung auf der Warteliste zeigten ein signifikant schlechteres Gesamtüberleben. Dies gilt auch bei ausschließlicher Betrachtung der Patienten mit TACE.
Meeting Abstract : 10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung, 18. GAA-Jahrestagung. Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V. ; Gesellschaft für Arzneimittelanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie e. V. 20.-22.10.2011, Köln
Hintergrund: Multimedikation als Folge von Multimorbidität ist ein zentrales Problem der Hausarztpraxis und erhöht das Risiko für unangemessene Arzneimittel-Verordnungen (VO). Um die Medikation bei älteren, multimorbiden Patienten zu optimieren und zu priorisieren, wurde eine computergestützte, durch Medizinische Fachangestellte (MFA) assistierte, komplexe Intervention (checklistengestütztes Vorbereitungsgespräch sowie Überprüfung eingenommener Medikamente durch MFA, Einsatz des web-basierten ArzneimittelinformationsDienstes AiD, spezifisches Arzt-Patienten-Gespräch) entwickelt und in einer 12-monatigen Pilotstudie auf Machbarkeit getestet. Ein auf 9 Items reduzierter MAI [1] wurde eingesetzt, um dessen Eignung als potentielles primäres Outcome der Hauptstudie zu prüfen.
Material und Methoden: In die Pilotstudie in 20 Hausarztpraxen mit Cluster-Randomisation auf Praxisebene in Kontrollgruppe (Regelversorgung b. empfohlenem Standard) vs. Interventionsgruppe (komplexe Intervention b. empfohlenem Standard) wurden 5 Pat./Praxis eingeschlossen (≥65 Jahre, ≥3 chron. Erkrankungen, ≥5 Dauermedikamente, MMSE ≥26, Lebenserwartung ≥6 Monate). Zur Bewertung des MAI wurden an Baseline (T0), 6 Wo. (T1) & 3 Mon. (T2) nach Intervention erhoben: VO, Diagnosen, Natrium, Kalium & Kreatinin i.S., Größe, Gewicht, Geschlecht, Cumulative Illness Rating Scale (CIRS) [2] durch die Hausarztpraxis; Symptome für unerwünschte Arzneimittelwirkungen im Patienten-Telefoninterview.
Für den MAI wurde die Angemessenheit jeder VO in den 9 Kategorien Indikation, Effektivität, Dosierung, korrekter & praktikabler Applikationsweg, Arzneimittelwechselwirkung, Drug-disease-Interaktion, Doppelverordnung, Anwendungsdauer 3-stufig bewertet (1 = korrekt - 3 = unkorrekt) und für die Auswertung auf Patientenebene summiert. Die Bewertung erfolgte ohne Kenntnis der Gruppenzugehörigkeit. Deskriptive Statistiken und Reliabilitätsanalysen, ungewichtete Auswertung und Gewichtung n. Bregnhoj [3].
Ergebnisse: Es wurden N=100 Patienten in die Studie eingeschlossen, im Mittel 76 Jahre (Standardabweichung, SD 6; Range, R: 64-93) , 52% Frauen, durchschnittlich 9 VO/Pat. (SD 2; R 4-16), mittlerer CIRS-Score 10 (SD 4; R 0-23). Basierend auf N=851 VO (100 Pat.) zu T0 betrug der Reliabilitätskoeffizient (RK, Cronbachs Alpha) der ungewichteten 9 Items 0,70. Items 1-5 wiesen akzeptable Trennschärfen auf (0,52-0,64), die der Items 6, 7 & 9 fielen mit 0,21-0,29 niedriger aus, die des Item 8 betrug 0,06. Auf der Basis der 9 gewichteten Items fiel die interne Konsistenz des MAI erwartet höher aus (0,75). Die Reliabilitätsanalysen auf VO-Ebene zeigten einen RK von 0,67 (ungewichtet) vs. 0,75 (gewichtet), die Trennschärfen waren vergleichbar. Zur Zwischenauswertung betrug der MAI (T1-T0) in der Interventionsgruppe (5 Praxen, 24 Pat.) -0,9 (SD 5,6), in der Kontrollgruppe (7 Praxen, 35 Pat.) -0,5 (SD 4,9); die Differenz zwischen beiden Gruppen Mi–Mk -0,4 [95% Konfidenzintervall: -3,4;2,6].
Schlussfolgerung: Der MAI ist als potentielles primäres Outcome in der Hauptstudie geeignet: wenige fehlende Werte, Darstellung von Unterschieden prä-post und zwischen den Gruppen, akzeptable interne Konsistenz. Der niedrige Trennschärfekoeffizient des Items 8 weist darauf hin, dass dieses Item nicht mit dem Gesamt-Skalenwert korreliert, auch die Items 6, 7 und 9 korrelieren wesentlich schwächer mit dem Gesamt-Skalenwert als die Items 1 bis 5. Eine Wichtung z.B. der Items 2, 5, 6 und 9 könnte erwogen werden, um den Fokus der Intervention in der Hauptzielgröße angemessen abzubilden.
Meeting abstract : Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2012), 23.10.-26.10.2012, Berlin.
Fragestellung: Die Behandlung langstreckiger Knochendefekte ist eine große Herausforderung. Die Masquelet-Technik zur Behandlung solcher Defekte ist eine zweizeitige Operationstechnik. Zuerst erfolgt die Insertion eines PMMA (Polymethylmethacrylat)-Zementspacers in den Knochendefekt, der die Bildung einer Membran induziert. Diese Membran enthält Wachstumsfaktoren und regenerative Zellen, die möglicherweise die Knochenheilung unterstützen. Nach einigen Wochen wird der Zementspacer entfernt und der induzierte Membranschlauch mit Beckenkammspongiosa aufgefüllt. Im weiteren Verlauf kommt es zu einer kompletten Knochenheilung. Ziele dieser Untersuchung waren die Etablierung der Masquelettechnik am Rattenmodell und die Definition eines Zeitpunkts, an welchem die Membran eine ausreichende Festigkeit sowie einen signifikanten Gehalt von Vorläuferzellen aufweist.
Methodik: Nach Genehmigung der Experimente wurden die Femura von 24 männlichen SD-Ratten osteotomiert. Die Lücke (10 mm) wurde mit PMMA-Zement aufgefüllt und mittels Miniplatte stabilisiert. Parallel wurden den Versuchstieren gleich große PMMA-Spacer subcutan unter die Rückenhaut implantiert. Nach 2, 4, bzw. 6 Wochen (W) erfolgte die Entnahme der Membranen. Ein Teil der Membran wurde für (immun)histologische Untersuchungen aufbereitet (CD34, vWF, van Giesson), ein Teil für die in vitro Kultur. Auswachsende Vorläuferzellen in vitro wurden über CD34 und STRO-1-Färbung nachgewiesen. Statistik: Mediane, Kruskal-Wallis-Test, p<0,05 ist signifikant.
Ergebnisse und Schlussfolgerungen: Im zeitlichen Verlauf nahmen die Vaskularisierung (vWF-positive Fläche [%]: 2 W: 1,8; 4 W:1.6 vs 6 W: 6,4), die Dicke der Membran ([µm]: 2 W: 350 vs 4W: 517, 6 W: 592) und der Bindegewebsanteil ([µm]: 2W: 201 vs 4W: 324, 6W: 404) signifikant zu. Der Hauptanteil elastischer Fasern war auf der dem Zement zugewandten Seite, Vaskularisierung war eher auf der Weichteil zugewandten Seite zu finden. Der Anteil CD34 positiver Zellen nahm signifikant ab (2W: 5%, 4 W: 4% vs 6 W: 1%). Auswachsende STRO-1 positive Zellen konnten nur in zweiwöchigen Membranen nachgewiesen werden. Ältere Membranen wiesen einen zunehmenden Anteil seneszenter Zellen auf. Subcutan induzierte Membranen waren vergleichbar, wiesen jedoch tendentiell eine geringere Dicke und keine STRO-1 positiven Zellen auf.
Mit dieser Studie wurde erstmalig die Induktion einer Membran nach Masquelet im Rattenmodell etabliert. Es konnte nachgewiesen werden, dass der strukturelle Aufbau sowie die zellulären Komponenten zeitlichen Änderungen unterliegen und der Ort der Induktion Einfluss auf die zellulären Komponenten der Membran hat. Junge Membranen (2W) enthielten CD34 und STRO-1 positive Zellen. 4W-Membranen enthielten nur CD34 positive Zellen wiesen aber einen signifikanten Bindegewebsanteil auf, der für eine erhöhte mechanische Stabilität spricht. Ob 2 bzw. 4 Wochen alte Membranen den Knochenheilungsprozess fördern, muss in weiterführenden Studien untersucht werden.
Hintergrund: Die Unterschidung von Augen mit frühem Keratokonus (KC) von normalen Augen bereitet nach wie vor Schwierigkeiten. Die vorliegende Untersuchung vergleicht konventionelle keratometrie-basierte mit wellenfront-basierten Maßzahlen hinsichtlich ihrer Eignung, normale Augen von Augen mit sehr frühem Keratokonus zu unterscheiden.
Methoden: Es wurden 17 Augen von 17 Patienten mit frühem KC eingeschlossen. Bei diesen 17 Augen handelt es sich um klinisch unauffällige Partneraugen des stärker betroffenen Auges. 123 Normalaugen von 69 Patienten dienten als Negativkontrolle. Von den axialen Kurvaturdaten wurden folgende Maßzahlen berechnet: zentrale Keratometrie (cK), Astigmatismus (AST), inferior-superiore Brechwertdifferenz (I-S), Verkippung der radialen Achsen (SRAX), KISA% index (eine Maßzahl, die auf cK, AST, I-S und SRAX basiert) und corneale Zernike-Koeffizienten (1.–7. Ordnung, Pupillendurchmesser: 6 mm). Aus Zernike-Koeffizienten wurden Diskriminanzfunktionen konstruiert. Receiver-Operatiing-Charakteristik (ROC)-Kurven wurden erstellt, um die diagnostische Trennschärfe dieser Werte zur Unterscheidung von klinisch unauffälligen Partneraugen von Augen mit frühem Keratokonus und normalen Kontrollen zu evaluieren.
Ergebnisse: Der I-S-Wert (Korrektheit 92,1%, kritischer Wert 0,59 D) und die vertikale Coma (C3-1; 96,7%, –0,2 µm) waren die beiden Einzelwerte mit höchster Trennschärfe. Mit den ursprünglich publizierten kritischen Werten lag der Rabinowitz-McDonnell test (cK und I-S) bei 83,3% (Sensitivität 0%, Spezifität 100%) und der KISA% bei 70,8% (81,3%, 60,3%). In Verbindung mit Diskriminanzanalyse errichten Zernike-Koeffizienten eine Korrektheit von 96,7% (100%, 93,4%).
Schlussfolgerungen: Auf cornealen Zernike-Koeffizienten basierende Maßzahlen erreichte die höchste Trennschärfe bei der Unterscheidung von Augen mit subklinischem KC von Normalaugen. Dennoch konnten konventionelle KC-indices eine ähnlich hohe Trenschärfe wie die Zernike-Methode erreichen, wenn die kritischen Werte entsprechend angepasst werden.
Fragestellung: Beurteilung der Korrektur des Astigmatismus mit der multifokalen torischen Intraokularlinsen (IOL) ReSTOR Toric (Alcon, Ft. Worth, USA) bei Kataraktoperation.
Methodik: Die Multicenterstudie umfasste Kataraktepatienten mit präoperativem Astigmatismus von ≥0,75 bis ≤2,5 dpt. die Patienten wurden einer bilateralen Implantation einer torischen multifokalen IOL zur Korrektur der Hornhautverkrümmung unterzogen. Die OP erfolgte ohne relaxierende limbale Inzisionen durch eine clear-cornea Inzision <3,0 mm. Prä- und postoperativ wurden für diese Subanalyse Autokeratometrie sowie subjektiver Astigmatismus von 39 Augen von 40 Patienten im Alter von 59,8±7,0 Jahren analysiert.
Ergebnisse: Präoperativ betrug der mittlere keratometrische Astigmatismus 1,43±0,57 dpt. Die mittlere Inzisionsgröße betrug 2,59±0,41 mm. 1 Monat postoperativ betrug der mittlere keratometrische Astigmatismus 1,51±0,95 dpt (25 Augen). Der Unterschied im keratometrischen Astigmatismus zwischen präoperativ und 1-Monat-postop betrug 0,57±0,96 dpt. Der präoperative subjektive Astigmatismus wurde signifikant von 0,32±0,33 dpt (25 Augen) auf 0,99±0,70 dpt reduziert. (39 Augen, p <0,0001).
Schlussfolgerung: Die Implantation der multifokale torischen IOL zeigt vorhersehbare postoperative Ergebnisse bei der Korrektur des Astigmatismus nach kataraktoperation.
Hintergrund: Im Rahmen der Erforschung von Mechanismen der Presbyopie-Entstehung hat das Interesse an Methoden zur Linsendensitometrie wieder zugenommen. Für spezielle Fragestellungen sind flexible Untersuchungsmethoden notwendig.
Methoden: Basierend auf Aufnahmen mit der Scheimpflug-Kamera Pentacam HR (Oculus, Wetzlar) wurde ein MATLAB-Programm (V7.0, The MathWorks) erstellt, um größere Datenmengen automatisiert auszuwerten. Die Erkennung der Pupillenmitte als Referenzpunkt erfolgt mittels eines Randerkennungsalgorithmus. Als Kennzahlen dienen klassische Parameter der beschreibenden Statistik (Mittel, Minimum, Maximum, Standardabweichung und Variationskoeffizient) für einen definierten rechteckigen Bereich und für die zentrale vertikale Achse.
Ergebnisse: In einer Präliminarserie von 18 Augen war eine automatisierte Messung mit korrekter Pupillenerkennung in 80% der Fälle möglich. Verglichen mit der hersteller-eigenen Software (Pentacam 6.03r11) besitzt das eigene Programm eine erweiterte Spannweite der Messwerte. Die Messwerte können automatisch nach Excel (Microsoft) exportiert werden. Ein modularer Aufbau ermöglicht eine flexible Erweiterung für weitere Fragestellungen (z.B. Quantifizierung von Kern- und Rindentrübungen).
Schlussfolgerungen: Mittels eines selbst programmierten MATLAB-basierten Programmes kann eine automatisierte Messung und Analyse von linsndensitometrischen Parametern durchgeführt werden.
Im Rahmen des Vortrags wird zunächst ein Überblick über die aktuell angewandten Linsensysteme in der (refraktiven) Kataraktchirurgie sowie im Rahmen des RLA gesprochen. Hierzu zählen die monofokalen sphärischen Standardlinsen, aber auch asphärische, torische und multifokale Implantate.
Speziell wird auf die Ergebnisse einer Studie zu einem neuen multifokalen-torischen Implantat eingegangen. Der Schwerpunkt des Vortrages liegt dann weiterhin auf den trifokalen Korrektionsmöglichkeiten. Zum einen wird die sog. binokulare Trifokalität, bei der zwei multifokale Intraokularlinsen unterschiedlicher Addition implantiert werden, besprochen. Durch die Anpassung jeweils eines Auges an den Intermediär- bzw. Nahbereich soll so bei verringerten optischen Phänomenen ein deutliches Sehen in drei Hauptdistanzen ermöglicht werden. Weiterhin befasst sich der Vortrag aber auch mit den neuen echten trifokalen Optiksystemen, welche ebenfalls deutliches Sehen in verschiedenen Entfernungen gewährleisten können.
Im dritten Teil des Vortrages werden aktuelle Langzeitergebnisse aus einer FDA Studie zur Evaluation einer kammerwinkelgestützten phaken Intraokularlinse, mit speziellem Augenmerk auf den cornealen Endothelzellverlust, sowie eine neuartige sulcusgestütze phake Intraokularlinse mit zentralem Loch zur Glaukomvermeidung vorgestellt.
Die exakte Positionierung von Intraokularlinsen in den Kapselsack ist von entscheidender Bedeutung für das postoperative visuelle Ergebnis nach Kataraktoperation oder refraktivem Linsenaustausch. Schon leichte Dezentrierungen können optische Aberrationen hervorrufen welche das Sehen der Patienten negativ beeinflussen. Besonders kommt dieses Phänomen bei sog. Premium Intraokularlinsen mit speziellen Optiken (asphärisch, torisch oder multifokal, sowie Kombinationen dieser) zum Tragen. Diese Optiken können Ihre gewünschte Wirkung nur bei exakter Positionierung entfalten. Eine postoperative Feinpositionierung ist nicht möglich, was die Ansprüche an den Operateur bei Implantation der Linsen erhöht. Minimalinvasive microinzisionelle Operationstechniken bieten heute gute Möglichkeiten, die Implantate exakt zu positionieren. Neben den Dezentrierungen können Intraokularlinsen auch dislozieren, beispielweise durch intra- oder postoperative Kapselrupturen, Linsenverziehungen oder auch Rotation der Implantate. Hier ist ein weiterer chirurgischer Eingriff von Nöten. Der Vortrag stellt dementsprechend verschiedene Videos und praktische Hinweise zur Handhabung postoperativer Linsendislokationen vor.
Die Evaluation der studentischen Lehre - Basis für eine leistungsorientierte Mittelvergabe (LOM)?
(2008)
Die Evaluation der medizinischen Ausbildung wird am Fachbereich Medizin der J.W. Goethe – Universität Frankfurt seit 1998 systematisch durchgeführt. Damit ist diese Implementierung deutlich vor den bindenden Bestimmungen der Ärztlichen Approbationsordnung (in Kraft getreten am 01.10.2003) installiert worden. Die Evaluation der studentischen Lehre beinhaltet die Evaluierung sämtlicher Pflichtveranstaltungen (Kurse, Seminare, Praktika) durch einen standardisierten Fragebogen, der am Ende der Lehrpflichtveranstaltung (in jedem Semester) ausgeteilt und nach dem Ausfüllen durch die Studierenden wieder eingesammelt wird.
In dieser Kommunikation belegen wir anhand ausgewählter Beispiele (vom Wintersemester 2003/2004 bis zum Wintersemester 2005/2006), dass die anderen Orts oft vorgetragenen negativen studentischen Bewertungen der vorklinischen Fächer an der J.W. Goethe – Universität nicht zutreffen (Bsp.:Kursus Anatomie I, Makroskopischer Teil, WS 2005/2006: M=1,8, SD=0,86). Die Bewertung der didaktischen Qualität („Lehrstoff wurde gut verständlich präsentiert“) ist bei den meisten vorklinischen Pflichtveranstaltungen zufriedenstellend (Bsp.: Kursus Anatomie I, Makroskopischer Teil, WS 2005/2006: M=2,06, SD=0,94). Aus diesen Ergebnissen schließen wir auf eine positive Rückwirkung des curricularen und didaktischen Umbaus des Medizinstudiums an der Goethe – Universität.
Die Veröffentlichung der Ergebnisse der studentischen Evaluation („Zusammenfassende Beurteilung“) muss dem Umstand Rechnung tragen, dass praxisferne Fächer vielen Studierenden nur schwer zu vermitteln sind. Deswegen wird auf ein Ranking verzichtet. Nach diesen Ergebnissen wird ein Teil der Mittel leistungsorientiert vergeben (im jährlichen Zyklus). Diese leistungsorientierte Mittelvergabe (LOM) (davon 45 Prozent nach der studentischen Evaluation) beträgt 4 Prozent des jeweiligen Grundetats für Forschung und Lehre (Landeszuführung). Eine positive Lehrevaluation kann für eine Klinik/ein Institut einen wesentlich größeren Betrag bedeuten. Das Verfahren ist am Fachbereich akzeptiert.
Zielsetzung: Studierende der Medizin werden im vorklinischen Studienabschnitt mit einer Fülle von Informationen und Detailwissen aus unterschiedlichen Gebieten konfrontiert. Viele Studierende neigen dazu, das von ihnen erwartete Wissen in Form von schnell verfügbarem, prüfungsrelevantem Wissen auswendig zu lernen. Dieses Wissen ist meist nicht konzeptuell verankert und geht in der Regel rasch verloren. Ziel des an der J.W. Goethe-Universität Frankfurt für das Fach Anatomie erarbeiteten Konzeptes ist es, Studierende beim Aufbau von Lernstrategien zu unterstützen, mit deren Hilfe sie erworbenes Wissen leichter strukturieren und Zusammenhänge zwischen vielfältigen Fakten und Wissensgebieten herstellen können. Eine wichtige Methode des erarbeiteten Lehr-/Lernkonzeptes ist das computergestützte Concept Mapping, bei der Studierende ihr Wissen über funktionale Zusammenhänge der verschiedenen räumlichen und zeitlichen Dimensionen des Körpers visualisieren. Die in Kleingruppen organisierte Arbeit an den Concept Maps, bei der die individuell unterschiedlichen Perspektiven auf den Gegenstandsbereich zusammengetragen und diskutiert werden müssen, zielt darüber hinaus auf einen Wandel der Lernkultur des häufig durch Faktenwissen und Einzelgängertum geprägten Medizinstudiums.
Methodik: Die Einführung des computergestützten Concept Mappings in der Anatomie als neue Lehr-/Lernmethode in der medizinischen Ausbildung wurde an drei unterschiedlichen Gruppen (je 20 Teilnehmer) verschiedener Semester (2006/07) wissenschaftlich begleitet. Die Veranstaltungen wurden formativ und summativ evaluiert. Die deskriptive Darstellung der Evaluationsergebnisse wurde durch die Analyse der Daten auf systematische Zusammenhänge und Unterschiede vervollständigt.
Ergebnisse: Die Ergebnisse der Studierendenbefragung bestätigen die Annahme, dass die Concept Map-Methode als geeignetes Instrument zur besseren Verdeutlichung von fachlichen Zusammenhängen in einem naturwissenschaftlich-medizinischen Fach (Anatomie) wahrgenommen wird und effektiv zum Aufbau vernetzter Wissensstrukturen eingesetzt werden kann. Besonders positiv wurden darüber hinaus die Lernprozesse in den Kleingruppen erlebt.
Schlussfolgerung: Die Einführung des computergestützten Concept Mapping als kreativer Lernprozess in Kleingruppen liefert ein erfolgreiches und von den Studierenden akzeptiertes Konzept zur Unterstützung vernetzenden Denkens und konzeptuellen Lernens. Über die Beschäftigung mit den Concept Maps können kooperative Lernformen in den Regelbetrieb der Medizinerausbildung in der Anatomie integriert werden, die die Studierenden stark motivieren und zu einem Wandel der Lernkultur beitragen.
Einleitung: Angestoßen durch die Änderung der Approbationsordnung haben die berufspraktischen Kompetenzen in Deutschland eine höhere Priorität erhalten und werden in den medizinischen Fakultäten deswegen vermehrt vermittelt. Dadurch entstand die Notwendigkeit, den Prozess mehr und mehr zu standardisieren. Auf Initiative der deutschsprachigen Skills Labs wurde der GMA-Ausschuss für praktische Fertigkeiten gegründet, der einen kompetenzbasierten Lernzielkatalog entwickelte, dessen Entstehung und Struktur hier beschrieben wird. Ziel des Kataloges ist es, die praktischen Fertigkeiten im Medizinstudium zu definieren und damit den Fakultäten eine rationale Planungsgrundlage für die zur Vermittlung praktischer Fertigkeiten notwendigen Ressourcen zu geben.
Methodik: Aufbauend auf schon vorhandenen deutschsprachigen Lernzielkatalogen wurde mittels einem mehrfach iterativem Kondensationsprozesses, der der Erarbeitung von S1-Leitlinien entspricht, vorgegangen, um eine breite fachliche und politische Abstützung zu erhalten.
Ergebnisse: Es wurden 289 verschiedene praktische Lernziele identifiziert, die zwölf verschiedenen Organsystemen, drei Grenzbereichen zu anderen Kompetenzbereichen und einem Bereich mit organsystemübergreifenden Fertigkeiten zugeordnet. Sie wurden drei verschiedenen zeitlichen und drei verschiedenen Tiefendimensionen zugeordnet und mit dem Schweizer und dem Österreichischem Pendant abgeglichen.
Diskussion: Das vorliegende Konsensusstatement kann den deutschen Fakultäten eine Grundlage zur Planung der Vermittlung praktischer Fertigkeiten bieten und bildet einen wichtigen Schritt zu einem nationalen Standard medizinischer Lernziele.
Blick in die Zukunft: Das Konsensusstatement soll einen formativen Effekt auf die medizinischen Fakultäten haben, ihre praktischen Unterrichtsinhalte entsprechend zu vermitteln und die Ressourcen danach zu planen.
"PULS." - Ein Blog als Online-Magazin für Medizinstudierende der Goethe-Universität Frankfurt
(2013)
Im Herbst 2009 forderten Studierende im Rahmen landesweiter Proteste auch am Fachbereich Medizin/Zahnmedizin der Goethe-Universität Frankfurt mehr Transparenz und Kommunikation zu Angelegenheiten ihres Studiums. Einen innovativen Lösungsansatz, um diesen Forderungen nachzukommen, bietet eines der Web 2.0 Werkzeuge: ein auf einer Blog-Software basierendes Online-Magazin für Studierende und andere Mitglieder des Fachbereichs.
Das öffentlich zugängliche Online-Magazin "PULS." (https://newsmagazin.puls.med.uni-frankfurt.de/wp/) wird mit einer freien Blog-Software (wordpress Version 3.1.3.) realisiert und von einer Online-Redakteurin konzipiert und geschrieben. Die Beiträge entstehen nach eigenen Recherchen sowie aus Anregungen und Gesprächen mit verschiedenen Personengruppen des Fachbereichs. Die datenschutzkonforme Auswertung der Zugriffe erfolgt über eine open-source Webanalyse-Software (Piwik). Zusätzlich werden jährlich mit dem Online-Umfrage-Tool Survey Monkey die Nutzer anonym befragt.
"PULS." ist seit dem 14.02.2010 ununterbrochen online und hat seitdem 806 Beiträge (Stand: 27.11.2012) publiziert und wird von ca. 2400 Besuchern monatlich gelesen. Das Themenspektrum ist zentriert auf die Anliegen der Frankfurter Medizin- und Zahnmedizinstudierenden. Die enge Zusammenarbeit mit verschiedenen Gruppierungen des Fachbereichs – Dekanat, Studierende und Lehrende – garantiert darüber hinaus ein fachbereichs-relevantes Themenspektrum. Das Online-Magazin begleitet komplexe Projekte und Entscheidungen mit Hintergrundinformationen und kommuniziert sie verständlich. Eine jährliche Nutzer-Evaluierung zeigt eine wachsende Leserzahl und eine sehr hohe Zustimmung für das Online-Magazin, seine Inhalte und seinen Stil. Das Web 2.0-Medium "Blog" und seine web-typische Sprache entsprechen dem Medienverhalten der Zielgruppe, d.h. den Studierenden des Fachbereichs Medizin.
"PULS." hat sich als ein geeignetes und strategisches Instrument erwiesen, um größere Transparenz, mehr Kommunikation und letztendlich eine stärkere Identifikation der Studierenden mit ihrem Fachbereich voranzutreiben.
Im Rahmen einer prospektiven Kohortenstudie wurde in der vorliegenden Arbeit die Epidemiologie und Ätiologie von Fieber während chemotherapiebedingter Neutropenie bei Patienten mit hämatologischen Neoplasien untersucht. Das diagnostische und therapeutische Vorgehen wurde beschrieben und die Übereinstimmung mit den Vorgaben einer hausinternen Leitlinie wurde evaluiert und der Verbrauch an antimikrobiellen Substanzen dokumentiert. Febrile Episoden konnten in 74% der Neutropenieepisoden dokumentiert werden; in 51% der Neutropenieepisoden kam es zu persistierendem Fieber ≥ 3 Tage. Eine dem Fieber zugrunde liegende Infektion wurde in 55% der Chemotherapiezyklen (Neutropeniedauer Median 16 Tage) mittels klinischer, apparativer und mikrobiologischer Diagnostik gefunden. Die häufigsten infektiösen Komplikationen waren Enteritiden mit Nachweis von C. difficile (11%), Enteritiden ohne Nachweis von C. difficile (29%), Pneumonien mit pilztypischen Infiltraten (12%) und Pneumonien mit unspezifischen Infiltraten (11%), sowie mikrobiologisch bestätigte Septikämien (18%). Im Vergleich zu Angaben in der Literatur wurde FUO in der vorliegenden Untersuchung häufiger diagnostiziert (11,8 Tage pro 1000 Patiententage vs. 8,2 Tage pro 1000 Patiententage). Die Gesamtmortalität des Kollektivs lag bei 7%. Die häufigste Todesursache war der septische Schock (8 von 5 Patienten; 63%), welcher sich auf dem Boden einer gramnegativen Septikämie mit multiresistenten Keimen entwickelt hatte (3 von 5 Septikämien; 60%). Die Mortalitätsrate war ähnlich hoch wie im Literaturvergleich bei Studien mit akuten myeloischen Leukämien. Prognoserelevante Faktoren, welche im Rahmen der vorliegenden Studie evaluiert wurden, sind durch schwer therapierbare Grunderkrankungen hervorgerufene prolongierte Neutropeniezeiten, sowie infektiöse Komplikationen, vor allem bei Nachweis multiresistenter Erreger.
Die Compliance bezüglich des diagnostischen und therapeutischen Vorgehens bei persistierendem Fieber betrug in der vorliegenden Arbeit zwischen 47% und 82%. Die Compliance mit den in der Leitlinie vorgeschlagenen antimikrobiellen prophylaktischen und initialen empirischen Therapien lag zwischen 83% und 85%. Der Gesamtverbrauch an antibiotischen und antimykotischen Substanzen war in der vorliegenden Studie höher als im Literaturvergleich (1647 DDD vs. 1140 DDD und 650 DDD vs. 430 DDD). Dabei fällt insbesondere der hohe Verbrauch an Reservemedikamenten gegen grampositive Bakterien auf. Allerdings fehlen aktuelle Vergleichsdaten vergleichbarer Patientenkollektive.
Bezüglich der Optimierung der diagnostischen Maßnahmen ist vor allem die Erhöhung der Sensitivität der Bronchoalveolären Lavage bei Pilzinfektionen, rechtzeitig und regelmäßig durchgeführte Surveillanceabstriche bei febriler Neutropenie, sowie die Diskussion der diagnostischen Ergebnisse und des weiteren therapeutischen Vorgehens mit infektiologischen Experten zu fordern. Patienten mit persistierendem Fieber - vor allem bei positivem Blutkulturnachweis - sollten, aufgrund des positiven prädiktiven Wertes erregerpositiver Blutkulturen für die Notwendigkeit einer intensivmedizinischen Betreuung und einer erhöhten Mortalität, Anlass sein, diagnostische und therapeutische Maßnahmen zu verbessern. Ziel ist es, durch verstärkten Einsatz diagnostischer Maßnahmen und Diskussion mikrobiologischer Befunde im Einzelfall, Reservesubstanzen seltener einzusetzen, gegebenenfalls Breitspektrum-Antibiotika oder ihre Kombinationen zu deeskalieren und somit die Kolonisation mit resistenten Erregern positiv zu beeinflussen, sowie das Ansprechen auf antimikrobielle Therapien zu optimieren.
Die Teilnahme an multizentrischen Surveillancestudien zur Inzidenzerfassung wichtiger, eindeutig definierter neutropener nosokomialer Infektionen wie radiologisch detektierter Pneumonien, mikrobiologisch bestätigter Septikämien und C. difficilepositiver Enteritiden, sowie zur Generierung von Antiinfektivaverbrauchszahlen, könnte helfen, die Beratung und Entscheidungsfindung am Krankenbett zu unterstützen. Auch könnten in diesem Rahmen Zahlen generiert werden, welche bisher zum Vergleich fehlten.
Die vorliegende Arbeit versteht sich im Rahmen der Erfassung von Ätiologie, Diagnostik und antimikrobieller Therapien bei febriler Neutropenie als Teil eines solchen Surveillanceprogrammes und hat somit eine Grundlagen für zukünftige Datenerhebungen geliefert.
Die Rolle von NO und cGMP in der Schmerzverarbeitung im Rückenmark ist in den letzten Jahren durch viele Berichte untermauert worden. Nicht vollständig bekannt sind hingegen die Mechanismen, derer sich cGMP bedient, um die Transmission von Schmerzen zu beeinflussen. In der vorliegenden Arbeit wurde deshalb untersucht, welche cGMPabhängigen Phosphodiesterasen (PDEs) hierbei eine Rolle spielen könnten und wie sich diese Beteiligung funktionell äußert. Dazu wurden immunhistochemische Färbungen von Rückenmarkschnitten angefertigt und Western-Blot-Analysen von Rückenmarkgewebe durchgeführt. Beide Methoden lieferten Hinweise dafür, dass die PDEs 1A, 1B, 3A,3B, 5A und 11A keine Rolle in der Verarbeitung von Schmerzen spielen. Demgegenüber scheinen die PDE1C, 2A und 10A in schmerzrelevanten Gebieten des Rückenmarks lokalisiert zu sein. Die funktionelle Relevanz der PDE2A und PDE10A im Rahmen der Schmerzverarbeitung wurde mit Hilfe des PDE2A-Inhibitors BAY 60-7550 und des PDE-10A-Inhibitors Papaverin in nozizeptiven Tiermodellen untersucht. Dabei bewirkte, im Modell der Complete Freund’s Adjuvant (CFA)-induzierten mechanischen Hyperalgesie, die i.p. Applikation von BAY 60-7550 oder Papaverin eine Verstärkung der Hyperalgesie. Weiterhin war die Leckzeit in der 2. Phase des Formalin-Modells bei einer Inhibition von PDE10A signifikant verlängert. Insgesamt bestätigen die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit frühere Berichte, dass cGMP an der Schmerzsensibilisierung im Hinterhorn des Rückenmarks beteiligt ist und deuten auf eine Rolle insbesondere von PDE2A und 10A im Rahmen der Schmerzsensibilisierung hin.
Patienten mit einem erhöhten Risiko für Thrombosen oder Embolien müssen oft ein Leben lang medikamentös behandelt werden. Doch nicht jeder, der Gerinnungshemmer benötigen würde, erhält sie auch, und umgekehrt erhält mancher die Medikamente, obwohl sie nicht indiziert wären. Schließlich kann es sein, dass aufgrund von einer Wechselwirkung mit anderen Medikamenten oder einer fehlerhaften medikamentösen Einstellung das Blutungsrisiko oder das Risiko für Embolien erhöht ist. Um die Versorgung auf diesem Gebiet zu verbessern und Komplikationen durch Blutungen oder Embolien zu reduzieren, hat das Institut für Allgemeinmedizin im März 2012 eine Studie mit hessischen Hausarztpraxen begonnen.
Mit den Krankheiten häuft sich im Alter auch die Zahl der einzunehmenden Medikamente. Das bringt viele Probleme mit sich. Das Institut für Allgemeinmedizin der Goethe-Universität untersucht in enger Kooperation mit der Universität Maastricht die Folgen der Multimedikation und entwickelt gemeinsam mit Hausärzten Strategien, um unerwünschte Wirkungen zu vermeiden.
Ausgehend von den allgemeingültigen Grundlagen wie sie in Technik, Human- und Zahnmedizin ihre Gültigkeit haben, werden die Kunststoffverbundsysteme insbesondere hinsichtlich ihrer dentalen Bedeutung beschrieben. Nach einer Abhandlung der theoretischen Grundlagen zur Haftung wird anhand der Literatur ein umfassender Oberblick über die dentalen Werkstoffverbunde auf Kunststoffbasis gegeben. Hierbei werden die Verbunde zu Metallen, Gläsern und Keramiken ebenso berücksichtigt wie zu den natürlichen Zahnhartsubstanzen. Die Problemstellung der eigenen Untersuchungen, die in dieser Arbeit beschrieben werden, liegt in der Erforschung unterschiedlicher Konditionierungsmethoden für die natürlichen Zahnhartsubstanzen sowie der Synthese eigener Haftvermittler, mit der Zielsetzung, eine verbesserte Haftung vor allem zum Dentin zu erreichen. Die Auswahlkriterien, Synthese, Analytik und Auswirkung der eigenen Haftvermittler auf die natürlichen Zahnhartsubstanzen werden beschrieben. Zur Untersuchung wird das Rasterelektronenmikroskop eingesetzt, und es werden Abschertests durchgeführt. Weiterhin werden unterschiedliche Präparations- und Entwässerungsmethoden für die natürlichen Zahnhartsubstanzen untersucht und beschrieben. Abschließend wird eine Theorie zum Verbund Kunststoff/Zahn entwickelt, und es werden Empfehlungen gegeben, um diesen Verbundmechanismus zu verbessern.
In der vorliegenden prospektiven Studie in der neurochirurgischen Klinik an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main wurden Oktober 2001 bis August 2006 dreiunddreißig Patienten mit intraduralen Raumforderungen der zervikalen und thorakalen Wirbelsäule unter Betrachtung eines möglichen prädiktiven Wertes der Serumkonzentration des Gliaproteins S100B und des intraoperativen Monitorings untersucht.
Bei jedem Patienten erfolgte das intraoperative Monitoring mittels MEPs und SEPs, außerdem wurde prä- und mehrfach postoperativ die S100B-Serumkonzentration bestimmt. Anschließend wurden die Patienten mindestens 1 Jahr nach dem Eingriff in Bezug auf die noch bestehenden körperlichen Folgen sowie auch die Einschränkungen im alltäglichen Leben und im psychischen Wohlbefinden untersucht.
Der Zusammenhang zwischen dem neurologischen Langzeitoutcome, den Teilergebnissen im intraoperativen Monitoring und im postoperativen S100B-Verlauf zeigte sich deutlich und war statistisch signifikant. Die gemeinsame Betrachtung der Serumkonzentration des Gliaproteins und des IOM unterstrich diese Ergebnisse nochmals, die Spezifität für ein gutes Outcome bei unkompliziertem Monitoring und ausbleibenden Anstieg des S100B lag zum Beispiel bei 100%.
Auch in der Befragung zum alltäglichen Leben anhand des SF-36 zeigte sich ein klarer Zusammenhang zwischen dem klinischen Outcome und den subjektiv aus Patientensicht geschilderten Problemen in der Bewältigung des Alltags. Interessanterweise korrelierte aber die psychische Summenskala des Scores nicht mit dem körperlichen Befund. Die Gruppe des schlechten Outcomes zeigte ein besseres psychisches Wohlbefinden als die Gruppe des guten Outcomes, die aber mit der Normstichprobe vergleichbare Ergebnisse erzielte.
Die HAART hat einen Durchbruch in der Therapie der HIV-Infektion bewirkt und so zu einer drastischen Senkung der Mortalität und Morbidität geführt. Um diesen Ansprüchen weiterhin gerecht zu werden und sie bestenfalls zu übertreffen, erfordert eine ständige Weiterentwicklung der HAART mit neuen und ausgefeilteren Alternativen. Ein weiterer Schritt in diese Richtung ist die Entwicklung einer neuen Formulierung des Kombinationspräparates LPV/r (Kaletra®) von der „lipophilen Kapselform“ zur „hydrophilen Tablettenform“, aus der Wirkstoffgruppe der Proteasehemmer. Lopinavir (LPV) ist ein HIV-Proteasehemmer der mit Ritonavir (r oder RTV) als fixe Kombination (LPV/r) hergestellt wird. Der Proteasehemmer Ritonavir wird dabei in subtherapeutischer Dosierung als Booster verwendet, dadurch wird eine Verbesserung der pharmakokinetischen Eigenschaften erzielt. Der Vorteil hierbei sind die höheren Lopinavir-Plasmaspiegel die erreicht werden. Diese Kombination wird als Kaletra® (LPV/r) vermarktet.
LPV/r ist erhältlich als lipophile Kapselform (133,3/33,3mg) oder in Flüssigform (80/20mg pro ml). Beide erfordern eine kühle Lagerung und müssen mit einer fettreichen Mahlzeit eingenommen werden, um optimale Lopinavir Plasmaspiegel zu erzielen.
Durch das „Melt Extrusion (Meltrex)“ Produktionsverfahren gelang die Herstellung einer „hydrophilen Tabletteform“ (200/50mg und 100/25mg) mit verbesserter Bioverfügbarkeit. Dadurch reduzierte sich die einzunehmende Anzahl von 6 Kapseln pro Tag auf 4 Tabletten pro Tag. Zudem bedarf die LPV/r Tablette keiner Kühlung und kann nahrungsunabhängig eingenommen werden.
Ziel dieser Untersuchung war es zu prüfen, welche LPV/r (Kaletra®) Darreichungsform, Kapsel oder Tablette, in einer HAART von HIV-Patienten bevorzugt wird. Es sollte ermittelt werden, ob bei gleichbleibender Wirksamkeit kombiniert mit einer verbesserten Verträglichkeit und Handhabung (weniger Tabletten, nahrungsunabhängige Einnahme und keine Kühlung), die überwiegende Mehrzahl der HIV-Patienten sich zugunsten der LPV/r Tablette, im Sinne einer verbesserten Lebensqualität bzw. Gemütszustandes, entscheiden werden.
Dies geschah anhand einer prospektiven, nicht randomisierten Studie mit 238 HIV-infizierten Patienten, die über mindesten 16 Wochen oder länger eine LPV/r Kapsel haltige antiretrovirale Kombinationstherapie einnahmen und am Tag 0 auf LPV/r Tabletten umgestellt wurden, ohne weitere Änderungen in ihrer bisherigen HAART vorzunehmen. Der darauffolgende Beobachtungszeitraum betrug 32 Wochen. Es wurden Vorher-, Nachher-Fragebogen ausgefüllt und die Patienten unterzogen sich einer Vorher-, Nachher-Laboruntersuchung (CD4 und HI-Viruslast). Zudem wurde nach der subjektiven Präferenz gegenüber beiden Darreichungsformen (Kapsel oder Tablette) gefragt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass unter der LPV/r Tablette bei gleichbleibender antiretroviraler Wirksamkeit, signifikant weniger intestinale Nebenwirkungen auftraten und daran geknüpft signifikant weniger Medikamente gegen intestinale Beschwerden eingenommen wurden. Was bei den Patienten zu einer deutlichen Präferenz der LPV/r-Tablette (71,2 %) gegenüber der LPV/r Kapsel (3,0 %) führte. Die Ergebnisse zu Lebensqualität zeigten zwar eine tendenzielle Besserung aber zusammen mit den Gemütszuständen ergaben sich hier keine signifikanten Unterschiede.
Nach der vorliegenden Untersuchung muss die LPV/r Tablette im Vergleich zur LPV/r-Kapsel, als die überlegene antiretrovirale Therapieoption in Betracht gezogen werden. Angesichts zahlreicher Einschränkungen durch die Infektion und die Notwendigkeit einer lebenslangen Therapie, kann dies, ein bedeutender Beitrag zur Therapietreue sein und dadurch den Erfolg einer HIV-Therapie wesentlich mitbestimmen.
Die Gegenübertragung hat sich mittlerweile zu einem der wichtigsten Instrumente der stationären psychosomatischen Therapie entwickelt. Ihr kommt in der psychodynamischen Psychotherapie für das Verständnis der unbewussten Konflikte und für den damit zusammenhängenden Behandlungserfolg eine zentrale Funktion zu. Dies gilt für die Einzeltherapie, aber auch für die integrative stationäre psychodynamische Therapie und deren „Herzstück“ (Janssen 2004) - das multiprofessionelle Team. Die Ziele der Arbeit bestehen - abgesehen von der Beschreibung der Faktorenstruktur und Reliabilität des Gegenübertragungsfragebogens - darin, herauszufinden, ob sich a) die Gegenübertragung in unterschiedlichen Therapieverfahren unterscheidet, b) in welcher Weise die Gegenübertragung mit dem Beziehungserleben und der Beziehungsgestaltung des Patienten zusammenhängt, c) ob die Gegenübertragung mit der Belastung des Patienten zusammenhängt und d) ob sich die Gegenübertragung abhängig von der Diagnose unterscheidet.
Methode: Dazu wurde mithilfe des Gegenübertragungsfragebogens (CTQ-D)
die Gegenübertragung von 137 Patienten durch mehrere Therapeuten (Ärzte, Psychologen und Pflegekräfte) aus zwei psychosomatischen Kliniken zu Therapiebeginn und zum Therapieende erhoben. Insgesamt flossen 1131 Fragebögen in die Auswertung mit ein. Die Faktorenanalyse des CTQ-D ergab eine Lösung mit sieben statistisch und klinisch kohärenten Faktoren: 1) aggressiv-resignative GÜ, 2) positiv-zugeneigte GÜ, 3) überwältigt-verängstigte GÜ, 4) protektiv-elterliche GÜ, 5) desinteressierte GÜ, 6) verstrickte GÜ und 7) sexualisierte GÜ. Die Patienten füllten die Symptomcheckliste (SCL-90R), den Helping Alliance Questionaire (HAQ), das Inventar zur Erfassung interpersonaler Probleme (IIP) und den Fragebogen zur Erhebung von Persönlichkeitsstörungen (ADP-IV) zu Beginn und zum Ende der Therapie aus. Ergebnisse: Es konnten einige spezifische und signifikante Zusammenhänge zwischen der Gegenübertragung der Therapeuten und den Selbstbeurteilungsinstrumenten der Patienten nachgewiesen werden: a) Konfliktorientierte Therapieverfahren (Gesprächstherapien) erzeugen bei den Therapeuten höhere aggressiv-resignative Gegenübertragung, erlebnisorientierte Therapieverfahren (Körpertherapie und Gestaltungstherapie) rufen höhere positiv-zugeneigte, protektiv-elterliche und verstrickte Gegenübertragung hervor. b) Die Beziehungszufriedenheit der Patienten ist
umso größer, je geringer die aggressiv-resignative Gegenübertragung von den Therapeuten wahrgenommen wird und die Therapiezufriedenheit ist umso größer, je geringer die aggressiv-resignative, überwältigt-verängstigte und protektiv-elterliche Gegenübertragung ausgeprägt ist. Ein hoher IIP-Wert bei den Patienten hängt mit dem Erleben von überwältigt-verängstigter Gegenübertragung zusammen. c) Patienten mit hohem GSI rufen bei den Therapeuten hohe aggressiv-resignative, überwältigt-verängstigte, desinteressierte und geringe positiv-zugeneigte Gegenübertragung hervor. Verstrickte, positiv-zugeneigte und sexualisierte Gegenübertragung hängen mit einem guten Therapieverlauf zusammen, aggressiv-resignative und desinteressierte Gegenübertragung deuten auf eine schlechte Entwicklung im Verlauf hin. d) Die höchsten Werte der aggressiv-resignativen, überwältigtverängstigten und protektiv-elterlichen GÜ und die geringste positiv-zugeneigte GÜ wird bei der Gruppe der Persönlichkeitsstörungen wahrgenommen. Den höchsten Wert der positiv-zugeneigten und der verstrickten GÜ erreicht die Gruppe der Essstörungen. Somatoforme Störungen rufen in den Therapeuten ein hohes Maß an Desinteresse hervor. Die Gruppe der affektiven Störungen erzeugt bei den Therapeuten in allen Dimensionen geringe Gegenübertragungsgefühle. Folgerung: Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die Gegenübertragung ein aussagekräftiges Instrument zur Beurteilung der Beziehungsgestaltung, der Belastung und der Verlaufsbeurteilung der Patienten auf einer psychosomatischen Station darstellt. Sie betonen auch die Bedeutung der Auflösung negativer Gegenübertragungskonstellationen durch Supervisionen und Teambesprechungen im stationären Alltag. Dabei bedürfen schwierige Patienten, beispielsweise mit somatoformer Störung oder Persönlichkeitsstörung besonderer Aufmerksamkeit. Dem CTQ-D kann neben dem Einsatz als wissenschaftlichem Instrument im Rahmen der Ausbildung und im klinischen Alltag zur Vorhersage des Therapieverlaufs umfassende Bedeutung zukommen.
Das Thema dieses Diskussionspapiers ist die Ökonomisierung des Sozialen. Methodisch handelt es sich um eine metatheoretische Analyse, der gleichzeitig theoretische wie empirische und normative Erkenntnisinteressen zugrunde liegen. Die vergleichende Analyse von Diskurspositionen über gesellschaftliche Transformationsprozesse zeigt dabei, dass sich die objektiven Anforderungsstrukturen und subjektiven Bewältigungsstrukturen im Umbruch befinden. Die drei ausgewählten Diskurspositionen werden dabei auf theoretische Fundierung, empirische Validierung und normative Implikationen hin untersucht. Die divergierenden theoretischen wie empirischen Bezüge bilden mit den normativ-politischen Positionen weitgehend kohärente Diskurspositionen. Der postpositivistische Theorienvergleich zeigt ein Bild sich theoretisch, empirisch und normativ ergänzender (wissenschaftlicher) Narrative, die belegen, dass die Sozialwissenschaf(en) nicht wertneutral berichten, sondern selbst politische Akteure sui generis sind und am Zeichnen des Bildes dessen, was sie untersuchen, aktiv partizipieren.
Plagiarismus in der Medizin wird im Ausland im letzten Jahrzehnt zunehmend erforscht,
nicht so in Deutschland. Prominente Plagiatsfälle auch außerhalb der Medizin stellen darüber
hinaus grundlegende Fragen an die Qualität von Wissenschaft. Plagiarismus und
unethisches Verhalten in der Wissenschaft werden in diesem Arbeitspapier im Kontext
des grundlegenden institutionell-organisatorischen Wandels des Wissenschafts- und
Hochschulsystems durch die Übertragung von Konzepten des New Public Management
(NPM) auf die Governance des Hochschul- und Wissenschaftssystems diskutiert. Möglichkeiten
und Grenzen verschiedener Strategien zum Umgang mit Plagiarismus werden
vorgestellt. Dabei wird insbesondere auf die Verwendung von Plagiats-Software eingegangen.
Die Verwendung einer Software-Lösung im Fachbereich Humanmedizin wird aus
verschiedenen Gründen kritisch eingeschätzt. Erste Ergebnisse aus einer empirischen
Studie zum Plagiarismus von Studierenden zeigen ebenfalls, dass der Prävention von
Plagiaten durch Aufklärung und Ausbildung mehr Beachtung geschenkt werden muss. Auf
Grundlage der theoretischen Überlegungen, Recherchen und der eigenen empirischen
Erhebungen werden Bausteine für einen systematischen Umgang mit Plagiarismus für die
Hochschulmedizin entwickelt.
Das vorliegende Diskussionspapier ist die erweiterte and aktualisierte Fassung des Kapitels „Neoliberalismus und Arzt-Patient-Beziehung“ meines Buches „Zur sozialen Anatomie des Gesundheitswesens. Neoliberalismus und Gesundheitspolitik in Deutschland“ (Frankfurt 2005). Es geht dabei um die Ökonomisierung bzw. Kommerzialisierung eines sozialen Bereiches, der davor lange Zeit verschont wurde. Der Einfluss von Markt und Wettbewerb auf die Arzt-Patient- Beziehung werden beschrieben und analysiert sowie auf daraus folgende wichtige Veränderungen hingewiesen. Dabei zeigt sich, dass der Patient zunehmend zum Kunden wird und der Arzt immer intensiver unternehmerisch zu denken hat. Der Ermessensspielraum für ärztliche Entscheidungen, von Indikationsstellungen und therapeutischen Interventionen, werden davon nicht unerheblich berührt. Daraus ergeben sich ethische Aspekte, die schon vor einigen Jahrzehnten von der „kritischen Medizin“ beklagt wurden. Gesundheit wird hier als Menschenrecht gesehen. Als Gegenmodell zur um sich greifenden Kommerzialisierung gelten neue Formen der Versorgung, die auf der Basis von Solidarität beruhen.
Das Diskussionspapier versucht Dimensionen und Ausmaße von Ökonomisierungs- und Kommerzialisierungsprozessen in OECD-Gesundheitssystemen explorativ zu erörtern. Hierzu wird zunächst die Hypothese entwickelt, dass sich in den (meisten) OECD-Staaten eine hegemoniale gesundheitspolitische Strategie herausbildet, die als wettbewerbsbasierte Kostendämpfungspolitik bezeichnet wird. In der Folge werden die (mutmaßlichen) Auswirkungen von Ökonomisierungs- und Kommerzialisierungsprozessen diskutiert. Erstens wird beschrieben, wie die Monetarisierung der Arzt-Patienten-Beziehung zu einer Privatisierung des Gesundheitssystems führt. Zweitens wird die sich transformierende Arzt-Patienten-Beziehung als Dialektik von Demokratisierungs- und Ökonomisierungsprozessen dargestellt. Drittens beschäftigt sich der Beitrag mit Entwicklung einer neuen Gesundheitskultur, die die gesundheitliche Eigenverantwortung des Einzelnen betont, zugleich jedoch neuen Ausgrenzungs- und Stigmatisierungsprozessen den Weg zu ebnen droht. Abschließend wird ein in groben Zügen ein Forschungsprogramm umschrieben, welches Ökonomisierungs- und Kommerzialisierungsprozesse auf diesen drei Forschungsfeldern analytisch und bewertend unter die Lupe zu nehmen versucht.