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Rezension zu: Claudia Bruns: Politik des Eros. Der Männerbund in Wissenschaft, Politik und Jugendkultur (1880–1934). Köln u.a.: Böhlau Verlag 2008. 546 Seiten, ISBN 978-3-412-14806-5, € 44,90
Abstract: Quer zur Standardrezeption analysiert Claudia Bruns in ihrer Dissertation Blühers Konzeption von Mann, Männlichkeit und mann-männlicher Beziehung unter besonderer Berücksichtigung damit einhergehender Ausschlüsse. Zentral legt sie das Konzept des Männerbundes zugrunde, das den Dreh- und Angelpunkt der vorliegenden Untersuchung bildet, und zieht die Theorien Blühers als paradigmatisches Beispiel dafür heran. Dieses Vorgehen ist aus verschiedenen Gründen klug gewählt und vorteilhaft. Bislang ist kaum der ideologisch vielschichtige Gehalt von Diskussionen, wie sie Blüher führte und führen konnte, in die Geschichts- und Gesellschaftswissenschaften eingegangen. Zudem gab es bislang kein Gesamtverzeichnis der Schriften Blühers, wodurch die Rezeption erschwert wurde, und das sich nun im Anhang der Arbeit dankenswerterweise findet.
Die Französische Revolution ist bekanntlich ein fruchtbarer Gegenstand der Forschung. Auf dem von Skadi Krause bearbeiteten Feld kreuzen sich Forschungslinien sowohl der Politik- und der Rechtswissenschaft als auch der Rechtsgeschichte. Es geht um den Bruch im politischen Denken, der sich 1788–1789 in den Debatten der Nationalversammlung vollzog. Durch die ganze Arbeit hindurch kann man feststellen, inwieweit Politik- und Rechtsverständnis im verfassungsgebenden Moment verknüpft waren. Anhand einer topisch gegliederten Untersuchung zeigt die Autorin pointiert, dass die Schaffung einer nationalen Repräsentation zur Delegitimierung monarchischer Herrschaft – so der Untertitel des Buches – beitrug. Zugleich spielten aber die herkömmlichen Leitbilder der Einheit und Unteilbarkeit der Souveränität und des politischen Willens eine wichtige Rolle bei der Etablierung der neuen politischen Ordnung. Die reiche, um den Begriff der nationalen Souveränität zentrierte Forschung weist auf diese Besonderheit der politischen Rhetorik der Französischen Revolution hin. ...
Neukantianismus ist kein unbearbeiteter Acker der Rechtsphilosophiegeschichte, man denke nur an die ungeheure Literaturmenge, die zu Kelsen und Radbruch existiert. Während der Marburger Neukantianismus auch als rechtsphilosophische Strömung insgesamt in den Blick genommen wurde, beschränkten sich die Arbeiten über die südwestdeutsche Spielart auf die Auseinandersetzung mit einzelnen Protagonisten. In dieser Hinsicht scheinen die 15 Jahre alten Worte von Oliver Lepsius nicht an Gültigkeit eingebüßt zu haben, wonach die (Nicht-) Erforschung "beschämend" ist. ...
Dieser Sammelband ist ein weiteres Beispiel für die anhaltende Verdrängung rechtlicher Perspektiven im kriminalitätshistorischen Forschungsfeld. Geschichtstheoretische Konjunktur haben nun die Begriffe "Diskurs", "Debatte" und "Verwissenschaftlichung". Fragen von Tatbestandsmäßigkeit, Rechtswidrigkeit, ja überhaupt juristische Norm-Begriffe spielen im Gegensatz zu sozialen Normen und Normalitäten keine Rolle mehr. Den beiden Herausgeberinnen ist jener Trend, dessen Teil sie sind, durchaus bewusst. Die "Abgrenzung von der älteren, überwiegend positivistischen Strafrechtsgeschichte" wird von ihnen kompetent, sachlich und ohne Polemik eingangs notiert (9), da es keine Schlacht zu schlagen gab und gibt. Aber auch Kooperationsmöglichkeiten scheinen aktuell zu dünn gesät, um sie wahrzunehmen. Die Juristen haben das Feld anderen Disziplinen überlassen und sind in der Forschung schwächer denn je vertreten; in diesem Band repräsentiert sie nur Lars Hendrik Riemer, der infolge seines Doppelabschlusses freilich auch von den Historikern für sich reklamiert werden könnte. ...
Es gehört zu den Gemeinplätzen der frühneuzeitlichen Historiographie, auf die schier unglaubliche Ausdehnung der spanischen Monarchie im 16. und 17. Jahrhundert hinzuweisen – im Reich des Kaisers Karl V., dessen Politik aus nicht-mediterraner Sicht vor allem mit dem Kampf um die Reformation verbunden ist, ging bekanntlich nie die Sonne unter. Doch die Auswirkungen dieser imperialen Dimension auf Verfassung, Institutionen, Verfahren und Praktiken der frühneuzeitlichen Großmächte sind der Rechtsgeschichtsschreibung nur wenig präsent, trotz der Konjunktur von transnationaler Geschichtsschreibung und trotz wichtiger Synthesen zum Imperienvergleich. ...
Der Kulturwissenschaftler Andreas RECKWITZ beschäftigt sich in seinem Buch mit dem Titel "Subjekt" dergestalt mit einer Reihe von strukturalistischen bzw. poststrukturalistischen Autor/innen, dass er ihre Werke als Beiträge zu einer Analyse des Subjekts in der Moderne interpretiert. In dem vorliegenden Aufsatz werden nun nicht nur diese Interpretationen in groben Zügen wiedergegeben, sondern es wird auch der Versuch unternommen, ihre die Empirie aufschließende "Kraft" zu "prüfen". In dem Bezug auf einen Ausschnitt aus dem Alltag der Schule, einer Unterrichtsstunde im Fach Deutsch, zeigt sich, wie diese unterschiedlichen "subjekttheoretischen Analysestrategien" zu jeweils anderen, interessanten und aufschlussreichen Interpretationen führen können. Darüber hinaus wird aber auch deutlich, dass auf die Vorstellung von Subjektivität – und damit auch von Bildung und Mündigkeit – nicht verzichtet werden kann. Ohne diese Vorstellung wäre die pädagogische Praxis zynisch – und ihr Verständnis unmöglich.
Seit Mitte der Sechzigerjahre gab es vielerorts Ringvorlesungen zum Thema Rechtsordnung und Juristen im Nationalsozialismus (Gießen, München, Tübingen, Berlin, später in Frankfurt, Kiel und Münster), kirchliche Akademien veranstalteten zahllose entsprechende Wochenenden. Auch die Richterakademien in Trier und Brandenburg nahmen sich schließlich der Thematik an. Das Leitwort war "Vergangenheitsbewältigung", meist eine solche der Zivil- und Strafjustiz, aber auch der Rechtswissenschaft und ihrer, wie man sagte, "Verstrickungen". Göttingen veranstaltete nun im Wintersemester 2006/07 zum zweiten Mal – nach Ralf Dreier und Wolfgang Sellert (1989) – eine solche Ringvorlesung. ...
"Mit dem Erscheinen des vorliegenden Registerbandes ist das 'Historische Wörterbuch der Philosophie' abgeschlossen", so Gottfried Gabriel in der Vorbemerkung. Freilich ist ein wirklich "abgeschlossenes" Lexikon nur schwer vorstellbar. Es ist eine in Stichworte gedrängte Verkürzung eines bestimmten Segments der Welt. Die Auswahl der Stichworte zeigt implizit, was eine Redaktion, aber auch eine ganze Autorengeneration "in ihrer Zeit" für wichtig hielt. Zwischen den Stichworten gibt es Leerräume, die in immer feinerer Differenzierung gefüllt werden könnten. Neue Begriffe tauchen ständig auf. Der philosophische Diskurs fließt. Nachtragsbände müssten sich anschließen, das Ganze würde im Internet als "lebendiges Lexikon" mit fortwährenden Ergänzungen sozusagen als "philosophia perennis" im Sinne von Joachim Ritter fortbestehen. Käme es zu einer zweiten Auflage, dann würde man die Feldarbeit von tausendfünfhundert Autoren nochmals aufnehmen und mit Sicherheit ergäben sich viele Verschiebungen und Ergänzungen. Mit anderen Worten: Kaum hat der Stein den Gipfel erreicht, stürzt er wieder abwärts. Lust und Verzweiflung der Lexikographen. ...
Das rundum gelungene Buch der Münsteraner Historikerin Barbara Stollberg-Rilinger überzeugt auch deswegen, weil es ein sympathisch zu nennendes Verhältnis von Anspruch und Wirklichkeit aufweist. In der Einleitung, wo gerne programmatische Versprechungen erfolgen, die Autoren später im Buch nur bedingt wissenschaftlich einlösen, entfaltet Stollberg-Rilinger ihre Forschungsidee. Es heißt dort bescheiden, das Buch wolle eine "neue Perspektive" für eine "alternative Verfassungsgeschichte" öffnen, aber solle diese noch nicht selbst sein (18). Zumeist stimmen solche Sätze nicht, weil der Anspruch in der folgenden praktischen Umsetzung unterschritten wird; hier hat man eher den umgekehrten Verdacht. Denn Stollberg-Rilinger realisiert ihre theoretischen Leitlinien so umsichtig, konsequent und auch umfassend, dass bezüglich der Vormoderne damit mehr als nur Bausteine einer alternativen Verfassungsgeschichte vorliegen. ...
Realismus macht sich breit in Europa. Nach mehreren Referenden mit negativem Ausgang, wiederholter Uneinigkeit in der Außen- und Erweiterungspolitik und sogar schwerwiegenden Differenzen in der wirtschaftspolitischen Kernkompetenz der EU scheint dieser Realismus noch die bessere Alternative zu einem Europaskeptizismus. Die politischen Akteure sind mittlerweile geschult darin, die wiederholten Rückschläge begrifflich zu verarbeiten und stets wieder Auswege aus den scheinbar festgefahrenen Verhandlungen zu finden. Immer neue Formelkompromisse lassen bewusst die eine oder andere Machtfrage unbeantwortet. So entstehen europarechtliche Konstruktionen, die den auf Typenklarheit bedachten Juristen Kopfzerbrechen bereiten. Stellt das neue Vertragswerk einen weiteren Schritt zu einem europäischen Bundesstaat dar? Wird nun endgültig der Boden für eine europäische Verfassung bereitet oder ist der Verfassungsbegriff nun endgültig ad acta zu legen? Das Europa der zwei Geschwindigkeiten scheint auf einen bundesstaatlich organisierten westeuropäischen Kern und einen gesamteuropäischen losen Staatenbund hinauszulaufen. ...
Und noch ein Buch zu Carl Schmitt! Diesmal ein Reisebericht eines Schriftstellers, der als junger Mann einmal Kontakt zu Schmitt gesucht hatte, nun aber dreißig Jahre später mit der Regionalbahn von Hagen ins Sauerland fährt, um dort den 1985 verstorbenen Wortund Ideenzauberer, das Chamäleon, das "Ungeheuer", den intellektuellen Spieler noch einmal zu imaginieren. Linder fährt also über Finnentrop in das schon sagenhaft gewordene Plettenberg, liest sich gründlich in Schmitts Œuvre ein, spricht mit allen Personen, die den kleinen Professor noch gekannt haben, vor allem seinem treuen Eckermann Ernst Hüsmert, fotografiert das Sauerland bei dem Dorf Pasel, sammelt Fotos und Faksimiles und umkreist Schmitt auf eine originelle Weise, die weit entfernt ist vom Üblichen. Linder schreibt weder ein rechtswissenschaftliches Buch noch eine chronologisch geordnete historische Biographie, sondern einen poetischen Streifzug mit einer gehörigen Portion Sympathie, aber keineswegs unkritisch. Quellenzitate aus Briefen, Tagebüchern und dem Œuvre Schmitts werden mit erfundenen, aber passenden Zitaten überblendet. ...
Im Abstand von 10 Jahren zu Band I legt Hermann Lange, dieses Mal unter Mitautorschaft von Maximiliane Kriechbaum, den zweiten, den Kommentatoren gewidmeten Band seiner auf eine Anregung von Franz Wieacker zurückgehenden Darstellung des "Römischen Rechts im Mittelalter" vor. Der Titel des Gesamtwerkes mit den Begriffen "Römisches Recht" und "Mittelalter" muss mit Einschränkungen gelesen werden, bedarf aber auch der Ergänzung. Was die Ergänzung anbelangt, so verdeutlicht der Titel des Werkes nicht genügend, welch große Bedeutung das kanonische Recht und andere, in die Wissenschaft der Kommentatoren miteinbezogene Rechte in diesem Werk haben. ...
Das politische und vereinigte Europa ist für Antonio Padoa-Schioppa Ausdruck einer "cultura giuridica". Dank des gelungenen, mit den Mitteln und Institutionen des Rechts sich vollziehenden Vereinigungsprozesses seit dem Zweiten Weltkrieg könnte es, seiner Meinung nach, auch als Modell für die Welt dienen. Nach einem rechtshistorischen Lehrbuch, in dem er die italienische Rechtsgeschichte bereits in den größeren Kontext der allgemeinen europäischen Rechtsgeschichte einordnete, weitet PadoaSchioppa den Blick in seiner neuesten, monumentalen Darstellung von vornherein auf eine gesamteuropäische Perspektive. Diese erstreckt sich institutionell vom Ende des spätrömischen Reichs bis hin zur Europäischen Union und den Vereinten Nationen und reicht rechtswissenschaftlich von der oralen, ungelehrten Rechtskultur des Frühmittelalters über die italienischen Universitäten im Mittelalter bis zur deutschen Rechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts und zu den amerikanischen Spitzen-Law Schools des 20. Jahrhunderts, die deren legitime Nachfolge angetreten hätten. ...
Friedrich Gaus (1881–1955) war Leiter der Rechtsabteilung des deutschen Auswärtigen Amtes von 1922 bis 1943, ein juristischer Fachmann des Völkerrechts par excellence. Als promovierter Assessor war er 1907 in das Amt eingetreten, wo er vom Legationsrat zum Ministerialdirektor aufstieg. Bei allen wichtigen Verträgen Deutschlands war er dabei, von Brest-Litowsk bis Versailles, vom Schieds- und Vergleichsvertrag mit der Schweiz zum Vertrag von Rapallo, vor allem aber bei dem Vertrag von Locarno und bei Deutschlands Eintritt in den Völkerbund. Gaus galt als das juristische Gehirn der auswärtigen Politik. Er begleitete Stresemann bis zu dessen Tod 1929 und war bei seiner Diplomatie stets "der im Mittelpunkt stehende juristische Experte". ...
Gustav Radbruch hat bekanntlich den Positivismus für den Nationalsozialismus verantwortlich gemacht, da er den deutschen Juristenstand mit der Formel "Gesetz ist Gesetz" wehrlos gemacht habe. Die Kritik bestritt die Voraussetzung dieser Verantwortungszuweisung, indem sie die positivismusfixierte Erklärungshypothese für das Verhalten der Juristen nach 1933 widerlegte und die so genannte Positivismuslegende als Geschichtsklitterung entlarvte. Dabei spielte nicht zuletzt die Berufung auf ein völkisches Naturrecht eine Rolle, das im NS-Rechtsdenken einen nicht zu unterschätzenden Stellenwert eingenommen habe. War also das Naturrecht für den Rechtsterror verantwortlich? Nein, sagt Fabian Wittreck, der die naturrechtsbezogene Spiegelung von Radbruchs Verdikt für ebenso angreifbar hält wie dieses selbst. Vielmehr sei die Idee des Naturrechts nur eben "keinen Deut weniger gegen Missbrauch gefeit als der Rechtspositivismus" (57), wie das nationalsozialistische Blut- und Boden-Naturrecht belege. Damit wird ein Verantwortlichkeitsdiskurs in eine Missbrauchsdebatte überführt mit dem Ergebnis, dass keine rechtsphilosophische Lehre zum "Palladium gegen den Unrechtsstaat" (ebd.) tauge. Jedwede Rechtsphilosophie steht danach in der Gefahr, wie ein unschuldiges Kind zum Opfer zu werden. ...
Vor nicht so langer Zeit waren die oft sehr langfristigen Editionsprojekte der Akademien und wissenschaftlichen Institute wegen ihrer Dauer in die öffentliche Kritik gekommen. Die Wellen der Erregung haben sich inzwischen gelegt. Zu den ältesten Institutionen dieser Art gehören die Monumenta Germaniae Historica, kurz MGH. Für den im Mittelalter arbeitenden Rechtshistoriker ist unentbehrlich nicht nur die Reihe der Leges, sondern auch der Diplomata der deutschen Könige und Kaiser. Gerade in ihr ist in den letzten Jahrzehnten eine Herkulesarbeit an Materialbewältigung und Präzision mit der Edition der Diplome Friedrich I. Barbarossas in vier gewichtigen Bänden unter der Leitung von Heinrich Appelt bis 1990 geleistet worden. Begleitende Studien haben die Diplomatik bereichert und verfeinert, aber auch die Rolle des römischen Rechts genauer beleuchtet. Wichtige seither erschienene Monographien zu Barbarossa wären ohne diese Edition der Diplomata nicht denkbar gewesen. In der Reihe der Constitutiones liegt seit 1996 eine kritische Edition u. a. der Konstitutionen von Melfi Friedrichs II. vor, begleitet von einer zweibändigen Monographie des Herausgebers Wolfgang Stürner. ...
In China war das europäische Völkerrecht bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts weitgehend unbekannt. Abgesehen von einzelnen Verträgen aus dem 17. und 18. Jahrhundert gab es weder Vertragspraxis noch Völkerrechtswissenschaft. Dies änderte sich erst durch Chinas Kriege mit westlichen Mächten. Die »Barbaren« nutzten ihre militärische Überlegenheit gegenüber China, um durch erzwungene völkerrechtliche Friedensverträge Handelsinteressen zu verwirklichen und halbkoloniale Strukturen zu etablieren. Diese Friedensübereinkommen wurden und werden, als "ungleiche Verträge" überschrieben, vielfach in der wissenschaftlichen Literatur besprochen. ...
Rezension zu: Ariane Bürgin: Endliches Subjekt. Gleichheit und der Ort der Differenz bei Hobbes und Rousseau.München: Wilhelm Fink Verlag 2008. 188 Seiten, ISBN 978-3-7705-4581-0, € 24,90
Abstract: Die Idee der Gleichheit bei den beiden Klassikern der politischen Philosophie Hobbes und Rousseau soll vor dem Hintergrund der neueren feministischen Debatten um Gleichheit und Differenz betrachtet werden. Doch die Ausführungen verlaufen stark entlang der bloßen Wiedergabe der Originalliteratur und deren Rezeptionsgeschichte – unter besonderer Berücksichtigung von Lacan. Die vielfältigen und großen Diskussionen in der feministischen Theorie finden dabei viel zu wenig Beachtung.
Zu berichten ist über ein bedeutendes, in langjährigen Studien des Heidelberger Kirchenhistorikers entstandenes Buch. Seine Entstehungsorte waren unter anderen die Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel sowie die Johannes a Lasco Bibliothek in Emden. Über den Namensgeber der letzteren, Johannes a Lasco (1499–1650), einen "polnischen Baron, Humanisten und Reformator", hat Christoph Strohm einen eigenen Tagungsband herausgebracht (Tübingen 2000). Bedeutend ist "Calvinismus und Recht" aus mehreren Gründen. Es geht dem Zusammenhang von Bekenntnis und Jurisprudenz im 16. und 17. Jahrhundert nach und fragt speziell nach den Verbindungsfäden zwischen französischem und deutschem Humanismus mit dem Calvinismus sowie nach den Entstehungsgründen des Faches Öffentliches Recht ab etwa 1600. Hatte die Ablösung vom mos italicus, die Hinwendung zur modernen Systembildung und zum Naturrecht, die Betonung historischer Textstufen im römischen Recht und die Publikation mittelalterlicher papstkritischer Traktate etwas mit dem reformierten, lutherischen oder katholischen Bekenntnis zu tun? Wie gingen die Juristen mit den theologischen Hauptstücken des Bekenntnisses um, mit Taufe, Ehe und Abendmahl, wie standen sie zum Widerstandsrecht und zu den Befugnissen der Obrigkeit, die rechte Lehre zu garantieren? Ganz entscheidend kam es darauf an, ob Zwang in Glaubensdingen erlaubt sei. ...
Gregor von Tours erzählt im siebten und im neunten Buch seiner Historiarum Libri Decem die bekannte Geschichte der gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Sichar und Chramnesind. In seiner Dissertation verfolgt Carsten Bernoth zwei Ziele. Zum einen will er die Wirkungsgeschichte dieses Textes seit dem 19. Jahrhundert in Deutschland und in Frankreich darstellen. Einbezogen wird zu Recht auch das Werk des Belgiers Jean Joseph Thonissen (1817–1891). Insoweit bietet das Buch Wissenschaftsgeschichte, ohne hinsichtlich des Sichar-Textes den Anspruch auf ein Neuverständnis zu erheben. Dies bringt auch der Untertitel zum Ausdruck. Zum anderen will Bernoth "durch eine Neubewertung des Textes neue Erkenntnisse über die Fehde in frühmittelalterlicher Zeit aber auch über das Verständnis der Fehde im Allgemeinen" erlangen (23 f.). Das steht nicht im Untertitel und stellt sich nach der Art der Durchführung auf nur 27 Seiten eher als Exkurs dar. ...
In der Präambel des europäischen Verfassungsvertrags von 2004 war das neu zu ordnende politische Gemeinwesen als ein "nach schmerzlichen Erfahrungen nunmehr geeintes Europa" beschrieben worden, das sich gerade wegen dieser Erfahrungen auf einen Weg des Fortschritts und der Zivilisation begeben habe. Dem normativen Text hatte man also einen offiziellen Hinweis auf Europas Geschichte vorangestellt. Die Union sollte nicht mehr in erster Linie als nüchterner ökonomischer Zweckverband präsentiert werden, sondern als notwendiges Ergebnis historischer Erfahrung, als universellen Werten zustrebende, rechtsstaatlich verfasste Schicksalsgemeinschaft von Menschen, die sich ihrer gemeinsamen Wurzeln und Ziele bewusst sind. Auch wenn das ehrgeizige Projekt einer europäischen Verfassung inzwischen gescheitert, die Union wieder auf dem Boden der konferenzdiplomatischen Tatsachen gelandet und zur üblichen, zähen Verhandlungsroutine zurückgekehrt ist, bleibt die Rolle der Vergangenheit im europäischen Einigungsprozess ein kompliziertes wie faszinierendes Thema. ...
Volkmar Sigusch entfaltet in diesem Buch eine kurzweilige und vielschichtige Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der Sexualwissenschaft zwischen der Mitte des 19. und dem Ende des 20. Jahrhunderts. Auf siebenhundert Seiten durchschreitet er eine ebenso umfangreiche wie lehrreiche "Ahnengalerie" der scientia sexualis – als Wissenschaftsgeschichte jedoch vermag diese Untersuchung nur bedingt zu überzeugen.
Zu den dunkelsten Kapiteln deutscher Rechtsgeschichte zählt die zivile Besatzungsjustiz Nazideutschlands in Osteuropa. "Dunkel" ist hier in zweifacher Hinsicht zu verstehen: Zum einen war die Justiz durch die Involvierung in die Besatzungspolitik an der Unterdrückung und Ausplünderung der besetzten Gebiete und ihrer Bevölkerung beteiligt und trug durch die Verfolgung des Widerstandes und der "normalen" (Kriegs-)Kriminalität maßgeblich zur Stabilisierung der deutschen Herrschaft bei. Zum anderen ist dieser Aspekt nationalsozialistischer Rechtsund Justizgeschichte in der deutschen Forschung bislang wenig beachtet worden, was vor allem den Sprachbarrieren, den lange Zeit nur schwer zugänglichen osteuropäischen Archiven und ideologischen Hemmnissen in der Zeit des Kalten Krieges geschuldet ist. ...
Das Wissen der Welt verdoppelt sich mittlerweile innerhalb weniger Jahre, so ist bisweilen zu lesen. Diesen Befund verdanken wir der unermüdlichen Wissenschaftsbürokratie. Er impliziert eine abwertende Sicht auf die Gesellschaften der Vergangenheit und bedarf der Erläuterung, wer denn nun eigentlich so viel wissender geworden sei. Die Juristen unserer Tage in Bezug auf die kirchliche Rechtsgeschichte mit Sicherheit nicht. Bücher zu dieser Disziplin erscheinen nicht oft. Das hat mit den Erfordernissen des Bücher- und Ausbildungsmarktes zu tun. Das Staatskirchenrecht ist nur noch in Grundzügen Teil der juristischen Ausbildung und das Kirchenrecht wird an vielen juristischen Fakultäten gar nicht mehr gelehrt. Erste Anzeichen deuten an, dass eine Talsohle aber durchschritten ist. Vielerorts regen sich Aktivitäten, die Zahl der Dissertationen und Habilitationen steigt wieder. Das ist sicherlich der Erkenntnis geschuldet, dass Säkularisierung eben nicht der lineare Prozess ist, als der er für die letzten zweihundert Jahre immer wieder dargestellt wurde. Gerade das Zusammenspiel mehrerer Religionen mit moderner Staatlichkeit bedarf gewiss der näheren Betrachtung auch durch Juristen. ...
Dieses Buch ist laut Vorwort aus einer Lehrveranstaltung hervorgegangen, die der Verfasser für die Schwerpunktfächer Handels- und Gesellschaftsrecht, Unternehmens- und Steuerrecht sowie Arbeitsrecht und Recht der sozialen Sicherung an der Universität Bonn anbietet. Es ist in 16 – mit Großbuchstaben bezeichnete – Kapitel gegliedert, hinter denen sich 4 Hauptteile von sehr unterschiedlichem Umfang erkennen lassen. Zunächst ("A. Einleitung") wird das Buch vorgestellt: Es will nicht Wissenschaftsgeschichte, sondern die Entwicklung rechtlicher Regeln und Institutionen darstellen; sein Gegenstand liegt weithin neben dem klassischen Privatrecht, ist aber wesentlich weiter, als der – erst im 20. Jahrhundert entstandene und nach wie vor wenig klare – Begriff des Wirtschaftsrechts suggeriert. Im Mittelpunkt steht die Zeit von 1800 bis 1970. Der zweite Teil präsentiert die Vorgeschichte. ...
Der von Jo Reichertz und Manfred Schneider herausgegebene Band enthält Beiträge, die in dem Forschungsprojekt "Geständnismotivierung. Zur Wirksamkeit des Geständnispositivs seit 1780" entstanden sind. Bei den Autoren handelt es sich um Kommunikationswissenschaftler, Soziologen und Germanisten, die mit den methodischen Mitteln ihrer Disziplinen, der Diskursanalyse Foucaults und der hermeneutischen Wissenssoziologie in einzelnen Fallstudien den "Wandel der Geständniskultur" seit dem späten 18. Jahrhundert thematisieren, um in einem "historischen Längsschnitt" nichts weniger als "die Entwicklung und den sich verändernden Stellenwert des Geständnisses in unserer Kultur" nachzuzeichnen (9). ...
Rezension zu: H.-M. von Kaenel and F. Kemmers (eds.). 2009. Coins in Context I: New Perspectives for the Interpretation of Coin Finds. Studien zu Fundmünzen der Antike 23 (Mainz: von Zabern).
Der durch sein Buch zur Regierung und Verwaltungsorganisation der frühen Capetinger als Kenner dieser Epoche ausgewiesene Autor legt eine umfassende Biographie Ludwigs VI. vor, die eine empfindliche Lücke jedenfalls zu großen Teilen schließt, denn eine zusammenfassende monographische Darstellung der Zeit und Wirksamkeit dieses Königs (1108–1137) fehlt seit langem. ...
L’intérêt des médiévistes pour les phénomènes d’arbitrage et de résolution des conflits n’est pas nouveau. Il n’est donc pas surprenant que le présent volume, qui réunit les contributions d’un colloque organisé en l’honneur de Hanna Vollrath, fasse explicitement référence à une »étude séminale« qui fut publiée il y a presque trente ans: il s’agit d’une étude de Vollrath sur »Le Moyen Âge dans la typologie des sociétés orales«. L’ensemble des contributions du présent volume confirme la fertilité de ce texte, qui a contribué à déclencher l’analyse des comportements rituels dans la recherche médiévistique allemande qu’elle continue visiblement à inspirer. ...
Die Suche nach dem Selbst und nach der Wahrheit – ein solcher Titel weckt zweifellos hohe Erwartungen, spricht doch diese Frage in jüngster Zeit nicht nur esoterisch ausgerichtete Geister an. Vielmehr spielt sie im Rahmen aktueller Arbeiten zur Konstruktion und Wahrnehmung von Individualität sowie zur "Produktion von Wahrheit" durch Praktiken der Befragung oder der Verschriftlichung des Rechts eine zentrale Rolle. So ist den Herausgebern des vorl. Bandes zuzustimmen, wenn sie das Prozessverfahren der Inquisition oder die Aufnahme von Aussagen zu Besitz- und Lehnsverhältnissen nicht nur mit Blick auf die hierbei produzierten Informationen selbst analysieren möchten. Vielmehr unterstreichen sie die Fruchtbarkeit der Prozesssituation und ihres Umfelds für die Untersuchung der sich hier manifestierenden Machtverhältnisse, aber auch der sozialen Verflechtungen. Beide Aspekte spiegeln sich in den Techniken der Befragung, in der Zuweisung von (oder Forderung nach) Rederaum und in der schriftlichen Aufzeichnung der mündlich und performativ produzierten Äußerungen. Alleine, und soviel sei vorweggenommen, die in den bilanzierenden Einleitungen von Verdon (S. 9–16, 77–82) und Faggion (S. 17–26, 83–97) angedeuteten möglichen Wege der Forschung werden von den Beiträgen des Bandes leider nur auf Teilstücken begangen. ...
Aus Anlass der achthundertsten Jahrestage des Todes Eleonores von Aquitanien und des Verlusts der Normandie durch Johann Ohneland fand im Mai 2004 eine gemeinsame Tagung der Forschungszentren CESCM (Poitiers) und HIRES (Angers) statt, deren Vorträge nun im Druck vorgelegt werden. Die magistrale Einleitung von Martin Aurell (Introduction. Pourquoi la débâcle de 1204?, S. 3–14) betont zwar die Schlüsselrolle Eleonores, deren Ehe mit Heinrich II. jenes angevinische Reich entstehen ließ, das im Jahr ihres Todes zusammenbrach, hebt aber stärker auf die Zurücksetzung der Normandie gegenüber den englischen Eliten seit 1154 ab, auf geradezu xenophobische Züge in der wechselseitigen Einschätzung des Adels diesseits und jenseits des Kanals. Große der Normandie hatten kein materielles Interesse mehr daran, sich für einen König zu schlagen, der die Gewinne seinem insularen Entourage würde zukommen lassen; die Lehnsabhängigkeit der angevinischen Könige von den Kapetingern hielt diese in der Position der Herren gegenüber ungetreuen Vasallen, deren gesamter Kontinentalbesitz französisches Krongut blieb. Der kontinentale Adel nutzte das nach Kräften, Insistieren auf karolingische Tradition stützte die Unabhängigkeit der Kirchen und Klöster vom englischen König und seinen Beauftragten, während der intellektuelle Hofklerus Heinrichs II. und seiner Söhne verstört am Becket-Mord litt und seinem alten Studienort Paris nostalgische Sympathie entgegenbrachte. Unter solchen Voraussetzungen lag es nicht nur an der militärischen und politischen Unfähigkeit Johanns, wenn die französische Position der Plantagenêt in der Krise des Krieges schnell dahinschmolz. ...
À la différence du milieu universitaire français, l’existence d’une véritable »culture des manuels« dans les sciences historiques en Allemagne constitue un phénomène tout récent. Certes, il existe depuis longtemps des ouvrages fondamentaux qu’on utilise parfois depuis plusieurs générations d’étudiants. Or, la plupart de ces manuels au sens strict du terme visent avant tout la transmission des méthodes et de la théorie du travail d’historien avec un fort accent sur les »sciences auxiliaires«. En ce qui concerne les grands traits de l’époque médiévale, les étudiants furent longtemps obligés de consulter des ouvrages spécialisés qui étaient grosso modo les mêmes qu’utilisaient les chercheurs dans leur travail quotidien: le célèbre »Gebhardt« qui servait de catalogue de faits et de dates en histoire allemande, le »Handbuch der europäischen Geschichte« de Schieder ou bien les volumes sur l’histoire de certaines dynasties, parus chez Kohlhammer. S’ajoutent à ces ouvrages la série »Oldenbourg Grundriss der Geschichte« qui vise avant tout un public d’étudiants mais qui contient des bibliographies également fort utiles pour les chercheurs, ainsi que l’»Enzyklopädie deutscher Geschichte« qui paraît aussi chez Oldenbourg depuis la fin des années 1980 et dont les volumes (l’éditeur en envisage 100) se concentrent sur des sujets choisis de l’histoire allemande. ...
Dass die Rache kalt zu genießen sei, gehört zu den in ganz Europa verbreiteten Spruchweisheiten. Angesichts dieser Gleichförmigkeit hält der vorl. Band einige Überraschungen bereit, da er nicht nur Divergenzen in der diachronen Entwicklung der Rachepraxis von der Spätantike bis zum Ende des Hochmittelalters vorführt, sondern auch national unterschiedliche Ausprägungen. Während etwa Stephen D. White in seinem Beitrag zum »Imaginaire faidal« in ausgewählten »Chansons de Geste« (S. 175–198) und Bruno Lemesle für den »Comte d’Anjou face aux rébellions« (S. 199–236) die Bedeutung der Fehde als Mittel adliger Politik in einem feudal zersplitterten Frankreich aufzeigen, ist andernorts Gegenläufiges zu beobachten. So kann John Hudson (S. 341–382) darauf hinweisen, dass sich im normannisch beherrschten England Konflikte aufgrund der Durchsetzungsfähigkeit des Königtums üblicherweise in einem weniger gewalttätigen Rahmen abspielten (S. 375–377). ...
Solche Bücher gab es vor dem Ersten Weltkrieg in Deutschland auch: Prachtwerke zur nationalen Erbauung eines seiner selbst nicht mehr ganz sicheren Publikums, das ein unüberhörbares Mahlen des Zahns der Zeit doch tapfer ignorieren wollte. Wer den Band aufschlägt und in der vorangestellten "Liste d’honneur des souscripteurs" als erläuterndes Prädikat hinter einem Namen "catholique et royaliste" liest, hat rasch Gewissheit: Mit Wissenschaft hat das teure Produkt nichts zu tun, viel dagegen mit Fragen wie der, "que notre Louis IX est bien nommé saint Louis, et non Saint Louis selon une mode universitaire qui se répand depuis quelques années" […]. J’écris donc comme dans les livres de ma religion, […]. De même, pour le héros de ce livre, et suivant la mode des anciens, j’écris Roi avec majuscule quand je parle de lui, car c’est le Roi par excellence, […]« (S. 14). In diesem Stil sprechen vier umfangreiche Kapitel über den König, königliche Symbolik, seine Umgebung und die Heraldik der Kapetinger; opulent illustriert mit Reproduktionen aus Handschriften des 13.–16. Jahrhunderts (darunter aus dem um 1250 entstandenen Krönungsordo BnF lat. 1246), schönen Faksimiles der Bulle Papst Gregors IX. für Ludwig IX. von 1239, der Gründungsurkunde der Sainte-Chapelle (1246), einer zur Unlesbarkeit verkleinerten Frankreichkarte aus dem 19. Jahrhundert, Photos der Sainte-Chapelle, Beispielen der Chartreser Glasfenster, Siegeln (u. a. des Königs, seiner Mutter, Margarethes von Provence, Peters II. von Courtenay, Rudolfs II. von Vermandois, Odos III. von Burgund, des Reimser Domkapitels), Münzen, der sog. "Cassette de St-Louis" (um 1236), Fotos erhaltener Teile des Krönungsornats (Sporen, Schwert Karls des Großen), Reproduktionen verlorener Stücke nach der "Collection Gaignières" und anderer gelehrter Werke des 17. und 18. Jahrhunderts (u. a. Félibien), Historiengemälden des 17. und 18. Jahrhunderts, nicht zuletzt zahlreichen Malereien von Claude de Gallo in der Art von Kinderbuchillustrationen (Ludwig IX. im Krönungsornat und zu Pferd, Blanche von Kastilien und Margarethe von Provence, Robert I. von Artois, Karl von Anjou und viele mehr) und einer bonbonfarbenen "Reconstitution de la sainte couronne ou couronne de S. Louis" von Jörg Mauriange. ...
Der Band ist das Ergebnis einer Tagung, die vom 22. bis 24. Juni 2006 in Trient abgehalten worden ist. Einleitend weisen Diego Quaglioni und Gerhard Dilcher auf den Nutzen des Austauschs zwischen italienischer und deutscher Geschichtswissenschaft auf dem Feld der kaiserlichen Gesetzgebung der Staufer hin, insbesondere in Bezug auf die roncalische Gesetzgebung. Dilcher verweist auf die komplizierte Überlieferung und den ambivalenten Charakter der einzelnen roncalischen Gesetze, in denen sich mittelalterliche und deutsche Rechtstraditionen mit römisch-justinianischen Traditionen unter einem neuen Ordnungs- und Gesetzgebungswillen des Herrschers vermischten. ...
Hypothese 1: Ein Verleger hat eine Idee. Es fehlt auf dem Markt ein handliches Buch über die antiken Theater, griechische wie römische. Ein älteres Buch mit dem Titel "Antike Theater in Attika und auf der Peloponnes" ist vergriffen, der Verlag des genannten Buchs hat seine Produktion eingestellt. Der Autor wird gefragt, ob er nicht sein Buch in erweiterter Form neu auflegen möchte. – Hypothese 2: Ein Autor hat ein Buch unter dem Titel "Antike Theater in Attika und auf der Peloponnes" 1996 beim tuduv-Verlag in München herausgegeben. Das Buch ist inzwischen vergriffen, der Verlag hat seine Produktion eingestellt. Der Autor fragt bei einem anderen Verlag an, ob Interesse an einer Neuauflage besteht. Er erhält eine positive Antwort, wird aber aufgefordert, den Inhalt des Buchs zu erweitern und Theater außerhalb der genannten Landschaften zusätzlich zu berücksichtigen.
Keine Hinweise erlauben es dem Rezensenten, sich für die Gültigkeit der einen oder der anderen der beiden Hypothesen zu entscheiden. ...
Muss man eine Geschichte der Ritterschaft bei den Germanen des Tacitus beginnen? Man muss, wenn man wie Dominique Barthélemy davon überzeugt ist, dass die gegenwärtig noch herrschende Theorie von der "Erfindung der Ritterschaft" ("l’invention de la chevalerie") um 1100 in Frankreich allzu sehr von Nationalstolz und ideologischen Interessen genährt worden sei, um als historische Wahrheit akzeptiert zu werden. ...
L’ouvrage à présenter réunit les contributions de la dernière d’une série de conférences organisées par le Max-Planck-Institut für Geschichte en collaboration avec la Mission historique en Allemagne, le British Council et la Polska Misja Historyczna. Il conclut un tour d’horizon sur la question de »La mémoire culturelle des sciences [historiques] à l’époque moderne« qui restera, malheureusement, à jamais incomplet sous forme de livre, les actes de la deuxième conférence »Justice, pouvoir et violence au Moyen Âge« n’ayant pas été publiés. Mais on ne regrettera pas seulement l’absence du deuxième volet dans ce triptyque: avec la fermeture en 2006 du seul Max-Planck-Institut consacré à l’histoire générale, une coopération fertile entre les instituts historiques de plusieurs nations touche désormais à sa fin. Ceci est d’autant plus regrettable que la communauté internationale des historiens, et en particulier des médiévistes, à Göttingen avait su créer un lieu de contacts et d’échanges fertiles. ...
Nicht das Phänomen ist außergewöhnlich, das Thévénaz Modestin in ihrer Studie detailliert analysiert, sondern vielmehr die Tatsache, dass sie es trotz mancher Verluste im Original aufgrund einer glücklichen Quellenlage so präzise nachvollziehen kann: Es handelt sich um die Vereinigung der beiden Teile einer Doppelstadt, hier der bischöflichen Cité und der bürgerlichen Ville inférieure , die in Lausanne bis 1481 zwei in ihrer Verfassung getrennte Gemeinschaften bildeten. Doppelstädte dieser Art, die sich häufig durch die Gründung einer Neustadt neben einer bereits vorhandenen Anlage bildeten, sind weithin bekannt. Nur zu häufig wird man aber die Umstände der Vereinigung, die nach unterschiedlicher Dauer der Koexistenz und zum Teil auch Rivalität durchgeführt werden konnte, lediglich summarisch erhellen können, so dass mancher Aspekt der Prozesse im Dunkeln bleibt, die mit der Zusammenlegung zweier Rechtseinheiten verbunden waren. ...
Philipp der Schöne drohte stets ein wenig unterzugehen zwischen dem Glanz seiner burgundischen Vorgänger von Philipp dem Kühnen bis Karl dem Kühnen, den Memorialleistungen seines Vaters Maximilian, des "letzten Ritters", und dem weltumspannenden Ausgreifen Kaiser Karls V. In den letzten Jahren aber wurde er zunehmend aus diesem Schattendasein befreit: Bereits 2003 erschien eine magistrale Biographie aus der Feder J.-M. Cauchies’, 2006 bot Philipps 500. Todestag den Anlass zu einer Ausstellung der Königlichen Bibliothek in Brüssel. Begleitet wurde dieses Projekt von dem hier vorzustellenden Katalogband, wobei der Rezensent die Ausstellung selbst bedauerlicherweise nicht besuchen konnte. ...
Die kompakte Monographie, die mittlerweile auch in englischer Sprache erschienen ist, wurde von Arvid Göttlicher verfasst, der in den vergangenen gut 30 Jahren bereits mehrere Bücher zur antiken Seefahrt vorlegte und als einer der profundesten Kenner der Materie im deutschsprachigen Raum gelten darf. Bei dem hier zu besprechenden Werk aus dem Jahre 2006 wurde allerdings ein Titel gewählt, der nicht besonders treffend erscheint. Es handelt sich hier keineswegs um eine Einführung zur antiken Schifffahrt, wie der erste Titelteil suggeriert; vielmehr steht die Auseinandersetzung mit den Teilen von Herodots Werk im Vordergrund, die diverse Aspekte der Nautik behandeln. ...