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Chlorsilane stellen Schlüsselsubstanzen zur Herstellung von elementarem Silicium dar. Zum Beispiel ist HSiCl3 ein wichtiger Ausgangsstoff im Siemensprozess[1, 2]. Chlorsilane werden unter anderem zur Herstellung von Silikonen im Müller-Rochow-Prozess[3-5] verwendet. Bei beiden Prozessen werden Silylene[6-10] als Schlüsselmediate in den Reaktionen angenommen. So auch bei der Bildung von höheren Perchlorsilanen (Reaktion b), die nur in Form komplexer Polymergemischen erhalten werden. In der vorliegenden Dissertation wurde die Plausibilität eines auf Silylen basierenden Reaktionsmechanismus zur Bildung und Reaktivität von Chlorsilanen quantenchemisch untersucht.Mit den Berechnungen aus dieser Arbeit konnten diese molekularen Prozesse aufgeklärt werden[33-35].
Die quantenchemischen Rechnungen aus dieser Arbeit umfassen Kalibrierungsrechnungen an Chlorsilanen, um die Leistungsfähigkeit der quantenchemischen Methoden zu beurteilen.
Hierbei wurden berechnete Strukturen mit den experimentellen verglichen. Zusätzlich wurden Standardbildungsenthalpien berechnet, um diese auch mit den experimentellen Daten zu vergleichen. Nach Prüfung der Validität der Referenzmethoden wurde die Tragfähigkeit der rechengünstigeren Methoden der Dichtefunktionaltheorie evaluiert.
In Vereinbarung von Rechenaufwand und Genauigkeit einer Rechenmethode wurden thermochemische Stabilitäten, Reaktionsenergien zur Bildung von Chlorsilanen aus Schema 1 berechnet. Die Betrachtung der Reaktionsmechanismen erfolgte sowohl in der Gasphase als auch in Lösung. Dabei wurden die Bildung von cyclo-Chlorsilanen, kettenförmigen und verzweigten Chlorsilanen betrachtet. Unterstützend konnten alle Intermediate und Produkte unter Verwendung der ausgewählten quantenchemischen Methode mit 29Si-NMR-Rechnungen begleitet werden. Hierbei wurden auch Vergleichsdaten von nicht literaturbekannten 29Si-NMR Verschiebungen erstellt.
Infektionen durch multiresistente Erreger führen jährlich zum Tod von ca. 33.000 Menschen in Europa.192 Insbesondere ist eine weltweite Zunahme von multiresistenten Gram-negativen Bakterien zu verzeichnen.193 Im Rahmen dieser Arbeit wurden zwei Projekte bezüglich der Resistenzmechanismen gegenüber Beta-Laktam-Antibiotika bei Gram-negativen Bakterien bearbeitet.
Das Gammaproteobakterium Psychrobacter sanguinis PS2578 wurde im März 2015 von einem Neonaten isoliert und verursachte eine early onset Neugeboreneninfektion. Aufgrund der insuffizienten Datenlage bezüglich Diagnostik, Antibiotikaresistenz und Pathogenität von Psychrobacter spp. wurden diese Aspekte weiter evaluiert. P. sanguinis zeigte geringes Wachstum auf Blutagar und keinerlei Wachstum in Standardnährmedien. Als optimales Nährmedium erwies sich das Spezialmedium BHI mit 10% Fetalem Kälberserum, wobei eine Abhängigkeit des Wachstums von FCS beobachtet wurde. Die Virulenz des klinischen Isolats sowie des Referenzstamms P. sanguinis DSM 23635 war in einem in vivo Infektionsmodell vergleichbar mit klinischen Escherichia coli und Klebsiella pneumoniae Isolaten sowie dem phylogenetisch nahe verwandten Acinetobacter calcoaceticus DSM 30006. Demnach ist die Spezies P. sanguinis moderat virulent und als humanpathogen anzusehen. Als molekulares Äquivalent der phänotypischen Penicillinresistenz wurde die Carbenicillinase CARB-8 (RTG-3) identifiziert, wodurch die These gestützt wird, dass der Genus Psychrobacter spp. ein mögliches Genreservoir von Carbenicillinasen darstellt.3 Im Rahmen dieser Arbeit konnte das Genom der Spezies erstmals komplett sequenziert werden. Es beinhaltete ein Chromosom von 2.946.289 bp, ein größeres Plasmid von 49.981 bp und ein kleineres Plasmid von 11.576 bp, welches blaCARB-8 kodierte.
Der Nachweis von Carbapenem-resistenten Gammaproteobacteria hat sich von 2010 zu 2017 in Deutschland mehr als verzehnfacht. Dabei ist OXA-48 die häufigste Carbapenemase in Europa und tritt vor allem bei den Spezies K. pneumoniae und E. coli auf.75 In dieser Arbeit wurden 62 klinische Stämme hinsichtlich ihres Plasmidtyps und ihres Verwandtschaftsgrads untersucht.
In der Klonalitätsanalyse gehörten 25 (n=44) K. pneumoniae derselben klonalen Linie an. Hiervon wurden 22 (n=25) Isolate in den Jahren 2010 und 2011 isoliert, was einen klonalen Ausbruch vermuten lässt.158 Bei der Spezies E. coli (n=8) waren lediglich zwei Stämme klonal verwandt. Insgesamt indizierten diese Ergebnisse eine hohe Diversität der klinischen Isolate. Die Plasmidtypisierung hingegen zeigte, dass 95% der Stämme (n=62) ein IncL Plasmid aufwiesen. Basierend auf den Selektionskriterien Klonalität und Plasmidtyp wurden 21 Stämme für weitere Analysen mittels Multilocus-Sequenz-Typisierung und Transkonjugation ausgewählt. Es konnten sehr hohe Konjugationsfrequenzen von 7,51 x 10-1 im Intraspezies- und von 8,15 x 10-1 im Intergenus- HGT für das blaOXA-48 IncL Plasmid in vitro ermittelt werden. Unter Verwendung von Galleria mellonella Larven als in vivo Transkonjugationsmodell wurde eine Transkonjugationsfrequenz von nahezu 100% detektiert. Daher lässt sich vermuten, dass der HGT von Antibiotikaresistenzgenen im Darm eines Patienten eine sehr viel höhere Effizienz aufweisen könnte, als bisher basierend auf in vitro generierten Daten angenommen. Dies impliziert, dass die globale Verbreitung von OXA-48 auf dem effizienten horizontalen Gentransfers eines einzigen IncL Plasmids beruht und nicht auf der Expansion einer bestimmten klonalen Linie.
Im Zusammenhang mit geplanten Bauvorhaben im Industriegebiet der Stadt Bopfingen wurden in den Jahren 1989 bis 1991 archäologische Untersuchungen unter der Leitung des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg durchgeführt. Im Rahmen der Grabungen stieß man in vier Suchschnitten südlich der B 29 zwischen den Bopfinger Ortsteilen Flochberg und Trochtelfingen auf parallele Gräbchen, die erste Hinweise auf eine römische Straße gaben. In der Folge wurden zwei römische Straßentrassen, vier Gebäudefundamente und ein Brunnen ausgegraben. Die Lage der vier Gebäude in unmittelbarer Nähe zu einer römischen Straße ließ vermuten, dass es sich dabei um Teile einer Straßenstation handeln könnte.
Ziel dieser Arbeit ist es, anhand der zur Verfügung stehenden Grabungsdokumentation die römischen Befunde und Funde zu erschließen und zu deuten.
Im archäologischen Befund ließen sich vier Straßentrassen unterscheiden (A, 1, B, 2), die, wie die Untersuchungen gezeigt haben, zu zwei Straßen zusammengefasst werden können (Straße A/1 sowie Straße B/2), deren Richtung durch die Richtung von Gräben bestimmt werden kann.
Die Nutzung der Straße A/1 steht in einem Zusammenhang mit der Belegung des Militärlagers in Oberdorf. Für seine Belegung wird ein Zeitraum vom Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. bis in die Zeit zwischen der frühen 1. Hälfte und der Mitte des 2. Jahrhunderts n. Chr. angenommen. Damit fällt die Nutzung der Straße A/1 in die Zeit des Alb-Limes und in die Anfangsphase der römischen Okkupation Rätiens nördlich der Donau. Die Straße A/1 ist demnach die ältere der beiden Straßen. Die Straße B/2 wurde wahrscheinlich vom Härtsfeld und vom Nördlinger Ries aus in zwei Abschnitten zeitgleich geplant und zur Straßenstation hin gebaut. Darauf deuten einmal die unterschiedlichen Breiten der Straßenabschnitte „B“ und „2“ von 9 m und 6 m hin. Zum anderen muss das Gebäude 3 mit dem Raum 2 zu diesem Zeitpunkt bereits bestanden oder sich zumindest im Bau befunden haben, denn der Straßenverlauf passt sich in diesem Bereich dem Grundriss des Gebäudes an. Sie ist als eine Fortsetzung der Straße Faimingen-Aalen in Richtung Nördlinger Ries anzusehen.
Von den vier freigelegten Gebäuden sind zwei Gebäude mit hypokaustierten Räumen versehen und lassen sich als Bad (Gebäude 1) und als Herberge (Gebäude 2) ansprechen.
Raum 2 des Gebäudes 3 und eine Viehweide südlich der antiken Straße ins Nördlinger Ries boten die Möglichkeit, Tiere, Transportmittel und Fracht über Nacht unterzubringen. Die Räume 1 und 2 des Gebäudes 3 wurden zeitversetzt gebaut, was vermutlich auf die Notwendigkeit einer Vergrößerung von Stell- und Lagerplätzen innerhalb des Gebäudes 3 und damit auf eine Erhöhung der Nutzungsrate im Verlaufe der Betriebszeit der Straßenstation hinweist. Das vierte Gebäude zeigt den für einen gallo-römischen Umgangstempel typischen Grundriss in Form von zwei konzentrisch verlaufenden rechteckigen Mauerzügen. Der kleine Tempel stand den kultischen Bedürfnissen der Nutzer der Straßenstation zur Verfügung.
Im Fundspektrum der Straßenstation sind Gefäßkeramik, Metall und Glas mit Abstand am häufigsten vertretenen, Münzen, Baukeramik sowie Funde aus Stein und Bein dagegen nur in kleinen Mengen.
Die Gefäßkeramik der Straßenstation weist einen sehr hohen Anteil an
tongrundig-glattwandiger Ware und einen deutlich geringen Anteil an Terra Sigillata auf. Ein Vergleich mit sechs zufällig ausgewählten Gutshöfen (villae rusticae) zeigt, dass fünf Gutshöfe einen TS-Anteil von über 19 % aufweisen, während bei der Straßenstation dieser Anteil nur 5 % beträgt. Um diese Auffälligkeit zu untersuchen, wurden Magerung, Gefäßform und Warenart der gesamten Gefäßkeramik auf Identitäten untersucht. Das Ergebnis lässt vermuten, dass Reibschalen, Kragenschüsseln und Schalen von der Form wie Drag. 32. der tongrundig-glattwandigen Ware mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 % bei ihrer Niederlegung der engobierten Ware zugerechnet werden müssen. Die Veränderung, die eine Scherbe der engobieren Ware während ihrer Bodenlagerung erfahren hat, kann man als „keramische Taphonomie“ bezeichnen. Damit lässt sich für die Straßenstation die Verteilung der Warenarten und der Gefäßformen zum Zeitpunkt der Niederlegung der Gefäße rekonstruieren. In diesem Zusammenhang wird eine Methode aufgezeigt, welche die Zugehörigkeit von gleichartigen Materialgruppen (z. B. Keramik) aus verschiedenen Fundkomplexen (z. B. aus der Abfalldeponierung) quantitativ bewertet.
Fasst man die Gefäße von Terra Sigillata und Glanztonware zum Tisch- und Tafelgeschirr zusammen, dann ergibt sich, dass der Anteil des Tisch- und Tafelgeschirrs der Straßenstation bei etwa 30 % liegt und mit dem der Gutshöfe (villae rusticae) vergleichbar ist. Dieses Ergebnis kann man so interpretieren, dass die Betreiber der Straßenstation sich bei der Beschaffung und dem Erhalt des Tisch- und Tafelgeschirrs auf das Notwendigste an
TS-Gefäßen beschränkten und das weitere Geschirr in einer der Sigillata optisch sehr ähnlichen Keramik, nämlich in engobierter Ware, beschafften. ...
Filmgespräche und Contact-sheets als Mittel der Analyse von Dokumentarfilmen des Uncontrolled Cinema
(2019)
In dieser Arbeit betrachte ich den Herstellungsprozess von Dokumentarfilmen aus der subjektiven Sicht der Filmemacher. Anhand von ausgewählten Filmen hinterfrage ich die Umstände ihrer Entstehung. Es ist eine Filmgespräch zentrierte Arbeit. Bevor ich den Filmemacher oder die Filmemacherin besuche schaue ich mir einige seiner Filme an und spreche dann gezielt über ein, zwei oder drei verschiedene Filmprojekte mit ihm. Ich nehme den Filmemacher mit der Kamera auf und bin dabei gleichzeitig auch Gesprächspartner. Zu Beginn meiner Arbeit wurde mir einmal geraten, doch mit Büchern zu arbeiten und auf Interviews zurückzugreifen, die schon verschriftlicht worden sind. Doch jedes Buch verfolgt seine eigene Agenda, seine eigene Zielsetzung, und der Herstellungsprozess wird meistens nur fragmentarisch behandelt. Das Filmemachen ist eine gesellschaftliche ästhetische Praxis, die sehr komplex ist und sehr vielen Einflüssen unterliegt, wie zum Beispiel 1.) ständig wechselnde Orte, an denen ein Filmteam über einen längeren Zeitraum zusammenarbeitet; 2.) Protagonisten, mit denen man über einen längeren oder kürzeren Zeitraum etwas zu tun hat und wodurch sich auch noch nach den Dreharbeiten Freundschaften entwickeln können; 3.) das Arbeiten mit einer Kamera- und Tontechnik, die sich immer wieder verändert, wodurch man sich auf neue Technik einlassen muss und lernen muss, damit umzugehen; 4.) finanzielle Probleme, weil das Filmemachen als freier Filmemacher teuer ist und Fördermittel beantragt werden müssen; 5.) die Frage, ob mit dem gefilmten Bildmaterial am Ende eine Geschichte erzählt werden kann und ob die Protagonisten sich damit wohl fühlen.
Entzündungen sind eine Gegenreaktion des Körpers auf einen schädlichen Stimulus. Eine akute Entzündung zeichnet sich durch typische Zeichen wie Schwellung, Rötung, Überwärmung, Schmerz und eingeschränkter Funktionsfähigkeit aus.Findet die Auflösung der Entzündung nur sehr langsam oder nicht statt, entsteht eine chronische Entzündung. Eine chronische Entzündung kann Auslöser vieler schwerwiegender Krankheiten, wie Diabetes mellitus, Krebs oder kardiovaskulärer Erkrankungen sein. Die symptomatische Behandlung einer chronischen Entzündung erfolgt unter anderem durch NSAIDs. Diese haben bei einer Langzeiteinnahme schwere Nebenwirkungen wie gastrointestinale Blutungen oder nephrotoxische Eigenschaften.NSAIDs greifen in den Metabolismus der Arachidonsäure-Kaskade ein. Die Arachidonsäure wird über mehrere Enzyme metabolisiert, die drei Hauptmetabolismuswege erfolgen über die Cyclooxygenase- (COX), 5-Lipoxygenase- (5-LOX) und Cytochrom P450-Enzyme (CYP450). Studien ergaben, dass die Inhibition eines Metabolismusweges eine Verschiebung der Lipidwerte innerhalb des Arachidonsäurestoffwechsels verursacht. Viele dieser Nebenwirkungen bei einer Langzeitmedikation kommen vermutlich durch die Verschiebung der Metabolite zustande.8 Diese Problematik könnte möglicherweise durch eine Inhibition mehrerer Metabolismuswege umgangen werden. Tierstudien belegen eine bessere Wirksamkeit dualer Inhibitoren gegenüber der Einzelverabreichung von „selektiven“ Inhibitoren und zudem wird ein erhöhtes Sicherheitsprofil für duale Inhibitoren postuliert.9,10 Im Rahmen dieser Arbeit wurden einerseits duale Inhibitoren der löslichen Epoxidhydrolase (sEH) und Leukotrien-A4-Hydrolase (LTA4H) und anderseits der sEH und der 5-Lipoxygenase entworfen, synthetisiert und in vitro gegenüber den betreffenden Enzymen in einem Aktivitätsassay evaluiert.
Es ist gelungen, duale Inhibitoren der sEH und LTA4H mit IC50-Wert im submikromolaren Bereich zu synthetisieren. Dies wurde durch die Erweiterung des Fragments 3-(4-(Benzyloxy)phenyl)propan-1-ol, welches Amano et al. publizierten, bewerkstelligt.11 Die synthetisierten Inhibitoren wurden analytisch charakterisiert und in vitro auf ihr inhibitorisches Potential untersucht. Des Weiteren konnte die Kristallstruktur eines dualen Inhibitors in der Bindetasche der sEH gelöst werden und damit weitere Erkenntnisse über den Bindungsmodus des Inhibitors gewonnen werden. Es konnten auch duale Inhibitoren der sEH und 5-LOX synthetisiert werden und jene auf ihr inhibitorisches Potential untersucht werden. Es wurden einige Inhibitoren mit submikromolaren bis nanomolaren IC50-Werten gegenüber beiden Zielproteinen entworfen, synthetisiert und analytisch charakterisiert. Da mehrere Inhibitoren zwei stereogene Zentren aufweisen, wurde ein Inhibitor mit definierten Stereozentren durch eine asymmetrische Synthese generiert. Ein stereogenes Zentrum wurde über drei Schritte synthetisiert und zum Nachweis der Reinheit des Enantiomeres zum Diastereomer gekuppelt. Per NMR-Spektroskopie wurde das Verhältnis (dr 9:1) der Diastereomere zueinander bestimmt. Das andere stereogene Zentrum wurde mit Hilfe eines Evans-Auxiliar über eine achtstufige Synthese dargestellt und mit dem Enantiomer aus der dreistufigen Synthese verknüpft. Per HPLC konnte ein dr-Verhältnis von 99:1 für den Inhibitor HK330 bestimmt werden. Das andere Diastereomer wurde mittels HPLC aus dem Recemat isoliert. Eine in vitro Evaluation zeigte, dass der Einfluss des stereogenen Zentrums auf das Inhibitionsvermögen marginal ist.
Nach einer Evaluation des Inhibitionsvermögens, der Löslichkeit, der Zelltoxizität, der metabolischen Stabilität und der synthetischen Zugänglichkeit, wurde der Inhibitor HK330 weiter untersucht. In einem Zellassay konnte jener die 5-LOX-Aktivität senken, die 12- und 15-LOX wurde jedoch nicht inhibiert. Des Weiteren wurde der Inhibitor in einer pharmakokinetischen Studie untersucht und erreichte Plasmawerte, die bis zu 4 h in der aktiven Konzentration des Inhibitors lagen. LC-MS/MS Untersuchungen der Plasmaproben ergaben ein erhöhtes EETs/DHETs-Verhältnis, welches die in vivo Inhibition der sEH bestätigt. Die Verbindung HK330 besitzt vielversprechende Eigenschaften und deshalb soll die Wirksamkeit des Inhibitors in einem Tiermodell getestet werden. Geeignete Tiermodelle wie die unilaterale Harnleiterobstruktion (unilateral ureteral obstruction, UUO) in Mäusen könnten Aufschlüsse über die Wirksamkeit von HK330 geben. Denn sowohl die Inhibition der 5-LOX als auch der sEH sind renoprotektiv.12,13 Die profibrinolytischen und anti-inflammatorischen Eigenschaften eines sEH-Inhibitors könnten auch in einem Tiermodell zur gestörten Wundheilung untersucht werden. In einem murinen Ohrwundmodell wurde gezeigt, dass eine Behandlung mit Epoxyeicosatriensäuren (EETs) die Wundheilung signifikant beschleunigte.15 Ramalho et al. zeigten, dass die Leukotriene des 5-LOX-Metabolisimusweges eine verminderte Wundheilung in diabetischen Mäusen (Typ 1) bewirkten.
Dieser Arbeit war zum Ziel gesetzt, Methoden zur Simulation von neuronalen Prozessen zu entwickeln, zu implementieren, einzusetzen und zu vergleichen. Ein besonderes Augenmerk lag dabei auf der Frage, wo eine volle räumliche Auflösung der Modelle benötigt wird und wo darauf zugunsten von vereinfachenden niederdimensionalen Modellen, die wesentlich weniger Ressourcen und mathematischen Sachverstand erfordern, verzichtet werden kann. Außerdem wurde speziell bei der Beschreibung der verschiedenen Modelle für die Elektrik der Nervenzellen das Anliegen verfolgt, deren Zusammenhänge und die Natur vereinfachender Annahmen herauszuarbeiten, um deutlich zu machen, an welchen Stellen Probleme bei der Benutzung der weniger komplexen Modelle auftreten können.
In etlichen Beispielen wurde daraufhin untersucht, inwieweit die Vereinfachung auf ein eindimensionales Kabelmodell sowie der Verzicht auf die Betrachtung einzelner Ionensorten die realistische Darstellung der zellulären Elektrik beeinträchtigen können. Dabei stellte sich heraus, dass alle betrachteten Modelle für das rein elektrische Verhalten der Neuronen im Wesentlichen dieselben Ergebnisse liefern, weshalb zu dessen Simulation in den allermeisten Fällen ein 1D-Kabelmodell völlig ausreichend und angezeigt sein dürfte.
Nur wenn Größen von Interesse sind, die in diesem Modell nicht erfasst werden, etwa das Außenraumpotential oder die Ionenkonzentrationen, muss auf genauere Modelle zurückgegriffen werden. Außerdem ist in einer Konvergenzstudie exemplarisch vorgeführt worden, dass bereits eine recht grobe Darstellung der zugrundeliegenden Rechengitter genügt, um korrekte Ergebnisse bei der Simulation der rein elektrischen Signale sicherzustellen.
In scharfem Kontrast steht hierzu die Simulation von einzelnen Ionen-Dynamiken. Bereits in der Untersuchung des Poisson-Nernst-Planck-Modells für das Membranpotential erwies sich, dass für eine korrekte Simulation der diffusiven Anteile der Ionenbewegung wesentlich feinere Gitter benötigt werden.
Noch viel deutlicher wurde dies in Simulationen von Calcium-Wellen in Dendriten, wo -- neben anderen Einsichten -- aufgezeigt werden konnte, dass nicht nur eine feine axiale
(und Zeit-) Auflösung der Dendritengeometrie zur Sicherstellung exakter Ergebnisse notwendig ist, sondern auch die räumliche Auflösung in die übrigen Dimensionen wichtig ist, weswegen eine eindimensionale Kabeldarstellung der Calcium-Dynamik erheblich fehlerbehaftet und
(jedenfalls im Zusammenhang mit Ryanodin-Rezeptorkanälen) von deren Nutzung dringend abzuraten ist. Auch die Darstellung von Kanälen als eine kontinuierliche Dichte in der Membran kann, wie darüber hinaus vorgeführt wurde, problematisch sein.
Ihre exaktere Modellierung, etwa durch Einbettung auch probabilistischer Einzelkanaldarstellungen in das räumliche Modell sollte in zukünftigen Arbeiten noch mehr thematisiert werden.
Mit Blick auf die Wiederverwendbarkeit bereits implementierter Funktionalität innerhalb dieser Arbeiten wurden spezielle Teile dieser Funktionalität hier in einem gesonderten
Kapitel genauer beschrieben. Als komplexes Beispiel für das, was simulationstechnisch bereits im Bereich des Machbaren
liegt, und gleichsam für eine Anwendung, die zeigt, wie möglichst viele der im Rahmen dieser Arbeit entwickelten Methoden miteinander kombiniert werden können, wurde die
Calcium-Dynamik eines kompletten Dendriten innerhalb eines großen aktiven neuronalen Netzwerks simuliert.
Die Physiologie des Schmerzes umfasst komplexe immunologische, sensorische und inflammatorische Prozesse im Rückenmark, im Gehirn und in der Peripherie. Wiederholte nozizeptive Stimulation induziert pathophysiologische Veränderungen bei der Schmerzweiterleitung, aus denen eine periphere oder zentrale Sensibilisierung resultiert. Diese kann bei dafür anfälligen Patienten zu der Ausbildung von chronischen Schmerzzuständen führen. Obwohl das Wissen über die genauen molekularen Vorgänge der Schmerz-Chronifizierung noch immer unvollständig ist, sind die Identifizierung von Risikofaktoren vernünftige Schritte, um die individuelle Anfälligkeit für die Entwicklung chronischer Schmerzen zu bestimmen. Das Hauptziel dieser Doktorarbeit bestand daher in der Identifikation humaner genetischer Biomarker für chronische Schmerzzustände.
Filmgespräche und Contact-sheets als Mittel der Analyse von Dokumentarfilmen des Uncontrolled Cinema
(2019)
In dieser Arbeit betrachte ich den Herstellungsprozess von Dokumentarfilmen aus der subjektiven Sicht der Filmemacher. Anhand von ausgewählten Filmen hinterfrage ich die Umstände ihrer Entstehung. Es ist eine Filmgespräch zentrierte Arbeit. Bevor ich den Filmemacher oder die Filmemacherin besuche schaue ich mir einige seiner Filme an und spreche dann gezielt über ein, zwei oder drei verschiedene Filmprojekte mit ihm. Ich nehme den Filmemacher mit der Kamera auf und bin dabei gleichzeitig auch Gesprächspartner. Zu Beginn meiner Arbeit wurde mir einmal geraten, doch mit Büchern zu arbeiten und auf Interviews zurückzugreifen, die schon verschriftlicht worden sind. Doch jedes Buch verfolgt seine eigene Agenda, seine eigene Zielsetzung, und der Herstellungsprozess wird meistens nur fragmentarisch behandelt. Das Filmemachen ist eine gesellschaftliche ästhetische Praxis, die sehr komplex ist und sehr vielen Einflüssen unterliegt, wie zum Beispiel 1.) ständig wechselnde Orte, an denen ein Filmteam über einen längeren Zeitraum zusammenarbeitet; 2.) Protagonisten, mit denen man über einen längeren oder kürzeren Zeitraum etwas zu tun hat und wodurch sich auch noch nach den Dreharbeiten Freundschaften entwickeln können; 3.) das Arbeiten mit einer Kamera- und Tontechnik, die sich immer wieder verändert, wodurch man sich auf neue Technik einlassen muss und lernen muss, damit umzugehen; 4.) finanzielle Probleme, weil das Filmemachen als freier Filmemacher teuer ist und Fördermittel beantragt werden müssen; 5.) die Frage, ob mit dem gefilmten Bildmaterial am Ende eine Geschichte erzählt werden kann und ob die Protagonisten sich damit wohl fühlen.
Toll-like Rezeptoren (TLRs) spielen als Pathogen-Erkennungsrezeptoren eine wichtige Rolle und vermitteln die angeborene Immunität. Nach Erkennung spezifischer Pathogene lösen sie in der Rezeptor tragenden Zelle eine Entzündungsreaktion aus und es kommt unter anderem zur Aktivierung von Proteinkinasen, des Transkriptionsfaktors NF-κB und zur Sekretion von Zytokinen. Während der TLR4 für die Erkennung von Lipopolysacchariden (LPS) verantwortlich ist, dient der TLR2 unter anderem als Rezeptor für Peptidoglycan, Lipoteichonsäure und Lipoproteine von gram-positiven Bakterien. In dieser Dissertation wurde das Vorkommen der TLR2 und TLR4 in den circumventriculären Organen (CVO), speziell im Subcommissuralorgan (SCO), untersucht. Im Hinblick darauf, dass die circumventriculären Organe durch das Fehlen einer Blut-Hirn-Schranke gekennzeichnet sind, ist das Vorkommen einer Abwehr durch das angeborene Immunsystem im Sinne von TLR2 und TLR4 von besonderem Interesse gewesen. Zur Darstellung der Verteilung der beiden Rezeptoren wurden immunhistochemische Färbungen an Gewebeschnitten von Wistar-Ratten durchgeführt.
Es konnte ein Vorkommen beider Rezeptor-Typen in den circumventriculären Organen und dem Plexus choroideus nachgewiesen werden. Vor allem zeigt sich ein verstärktes Vorkommen von TLRs an Gefäßen und dem fenestrierten Endothel der circumventriculären Organe sowie den umgebenden perivaskulären Räumen. Das SCO zeigte vor allem dort eine starke Tingierung, wo es in Kontakt zu den Ependymzellen des dritten Ventrikels steht. Die Rezeptoren scheinen auf Eventualitäten an prädisponierten Stellen entwickelt zu sein. Dies ermöglicht eine sofortige Abwehrreaktion auch bei raschem Eindringen von Pathogenen. Es wurden kaum immunreaktive Neurone oder Perikaryen gefunden, was auf eine Auseinandersetzung der Pathogene im zentralen Nervensystem (ZNS) mit den Epithelbarrieren spricht. Die frühzeitige Inhibition der Schadenskaskade durch die TLRs bereits an den Gefäßen der CVOs könnte neuroprotektive Bedeutung haben.
Hintergrund: Die Komplexität einer medikamentösen Behandlung steigt mit der Anzahl der Medikamente, der Einzeldosen und der Darreichungsformen und bedroht dadurch die Adhärenz der Patienten. Patienten mit Multimorbidität benötigen oft flexible, individualisierte Behandlungsschemata. Häufige Medikationsänderungen im Verlauf der Behandlung können jedoch die Komplexität einer Therapie weiter erhöhen.
Ziel: Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es daher, Medikationsveränderungen bei älteren Patienten mit Multimorbidität und Multimedikation in der hausärztlichen Praxis zu beschreiben und deren Abhängigkeit von soziodemographischen und weiteren Merkmalen zu untersuchen. Zudem sollten die Medikationsveränderungen in den Daten der cluster-randomisierten kontrollierten PRIMUM-Studie (Priorisierung der MUltimedication in Multimorbidity) analysiert werden, um Effekte der komplexen PRIMUM-Intervention zu untersuchen und damit einen Beitrag zur Prozessevaluation zu leisten.
Methoden: In der vorliegenden Arbeit wurden Daten der PRIMUM-Studie, die in 72 Allgemeinpraxen durchgeführt wurde, retrospektiv analysiert. Dazu wurde ein Algorithmus entwickelt, der die Wirkstoffe, die Wirkstärke, die Dosierung und die Darreichungsform zur Beurteilung von Änderungen an der von Ärzten berichteten Medikationsdaten während zweier Intervalle (Basiswert bis sechs Monate: Δ1; sechs bis neun Monate: Δ2) untersucht. Diese Veränderungen wurden auf Verordnungs- und Patientenebene deskriptiv sowie auf die Assoziation zu soziodemographischen und Versorgungsmerkmalen uni- und multivariat analysiert und auf Interventionswirkungen überprüft.
Ergebnisse: Von 502 Patienten (im Durchschnitt 72 Jahre, 52% weiblich) beendeten 464 die Studie. Medikationsveränderungen traten bei 98,6% der Patienten auf. Die maximale Anzahl an Medikationsänderungen pro Patient betrug 21 in Δ1 und 20 in Δ2. Die Gesamtzahl der Medikamente pro Patient blieb dabei weitgehend konstant und betrug im Median zu allen drei Messzeitpunkten 8 (IQR an T0 und IQR an T1: 6-9 und IQR an T2: 6-10). Änderungen bezogen auf den Wirkstoff während Δ1 und Δ2 traten bei 414 (82,5%) und 338 (67,3%) Patienten auf, Dosierungsänderungen bei 372 (74,1%) und 296 (59,2%) und in der Wirkstärke bei 158 (31,5%) bzw. 138 (27,5%). Die Darreichungsform wurde bei 79 (16%) der Patienten sowohl in Δ1 als auch in Δ2 geändert. Simvastatin, Ramipril, Metformin und Aspirin waren am häufigsten von Veränderungen betroffen. Am häufigsten verordnet waren ASS, Metoprolol und Bisoprolol sowie Simvastatin. Medikationsänderungen traten häufiger nach vorhergehenden Aufenthalten im Krankenhaus auf und Dosisreduktion war bei männlichen Patienten häufiger zu verzeichnen. In der Interventionsgruppe waren Medikationsänderungen um 19% wahrscheinlicher. Insbesondere waren Dosisreduktionen und das Ansetzen von neuen Medikamenten in der Interventionsgruppe signifikant häufiger.
Schlussfolgerungen: Bei älteren Patienten mit Multimedikation und Multimorbidität wurden die Therapiepläne häufig geändert. Auf Verordnungsebene ist dies hauptsächlich auf Absetzen und Dosisanpassungen zurückzuführen, gefolgt von Ansetzen und Wiederansetzen von Medikamenten. Dies kann die (longitudinale) Komplexität der Medikation für Patienten erhöhen und ggf. nachteilige Folgen für Therapieadhärenz und Arzneimitteltherapiesicherheit haben. Zudem wird deutlich, dass die medikamentöse Verordnungsqualität in querschnittlichen Erhebungen nicht zuverlässig beurteilt werden kann. In der PRIMUM-Studie wurden häufiger Änderungen in der Interventions- gegenüber der Kontrollgruppe vorgenommen - hauptsächlich das Ansetzen neuer Medikamente und Dosisreduktion. Damit konnten Effekte der komplexen Intervention gezeigt werden, die im Einklang mit den Zielen der Intervention zur Optimierung von Multimedikation steht.
Das Neuroblastom ist der häufigste extrakranielle solide Tumor des Kindesalters. Bei Diagnosestellung befinden sich die meisten Patienten bereits in fortgeschrittenen Tumorstadien; trotz intensiver multimodaler Therapie überleben nur 30-40% der Hochrisikopatienten die Erkrankung. Zum Therapieversagen führt in den meisten Fällen eine Resistenzentwicklung des Tumors gegenüber den Chemotherapeutika. Die Entdeckung neuer effektiver Therapieansätze und Überwindung der Chemoresistenz durch Resensibilisierung der Tumorzellen ist daher ein dringendes Forschungsanliegen.
Zur Charakterisierung der Zelllinien im ersten Teil dieser Arbeit wurde die Zellmorphologie, die Gen- und Proteinexpression verschiedener Differenzierungs- bzw. Krebsstammzell-Marker und das Anoikis-Verhalten der Neuroblastomzellen UKF-NB-2, UKF-NB-3 und UKF-NB-6 sowie ihrer Cisplatin- und Carboplatin-resistenten Sublinien untersucht. Der zytomorphologischen Phänotyp der untersuchten Zellen ließ keine eindeutigen Schlüsse auf eine neuronale, indifferente oder nicht-neuronale Differenzierung der Zellen zu. Gemessen an der Expression der neuronalen Marker NCAM, TH und der Neurofilamente L, M und H zeigte jedoch die Mehrzahl der untersuchten Cisplatin- und Carboplatin-resistenten Sublinien einen signifikanten Verlust der neuronalen Differenzierung im Vergleich zu ihren parentalen Zellen. Dieser Effekt war auch durch eine temporäre Platinkarenz nicht vollständig reversibel.
Der EGF-Rezeptor, dessen Überexpression als negativer prognostischer Marker für den Therapieerfolg gilt, wurde von allen untersuchten Zelllinien exprimiert, es ließ sich jedoch keine signifikant verstärkte Expression in den resistenten Sublinien nachweisen.
Eine Krebsstammzelle ließ sich in den untersuchten Zelllinien bei schwacher bis fehlender Stammzellmarkerexpression von CD133 und c-Kit nicht eindeutig identifizieren.
Die Resistenz gegenüber Anoikis ist eine Grundvoraussetzung für die Metastasierung von Tumorzellen. Bei den in dieser Arbeit untersuchten Neuroblastomzelllinien zeigten 3 von 8 Zelllinien, UKF-NB-2, UKF-NB-2rCDDP500 und UKF-NB-6, eine Anoikis-Resistenz. UKF-NB-3 sowie ihre beiden Sublinien waren Anoikis-sensibel, sie zeigten alle einen signifikanten Viabilitätsverlust durch Kultivierung auf Poly-HEMA-Beschichtung und daraus resultierendem Adhärenzverlust. Bei UKF-NB-6 nahm durch den Erwerb der Platinresistenz die Toleranz gegenüber Anoikis ab, wie man an dem signifikanten Viabilitätsverlust der Sublinien UKF-NB-6rCDDP1000 und UKF-NB6rCarbo1000 unter nicht-adhärenten Bedingungen sieht. Die Ausbildung der Cisplatin- und insbesondere der Carboplatinresistenz geht hier mit einer signifikant verstärkten Sensitivität der Zellen gegenüber Anoikis einher. Ein synergistischer Effekt auf die Zellviabilität durch Anoikis-induzierende PolyHEMA-Beschichtung und simultane Cisplatin- oder Carboplatin-Exposition ließ sich jedoch nicht beobachten.
Im zweiten Teil dieser Arbeit wurden die durch die Connectivity Map ermittelten potentiellen Resensitizer für Cisplatin (Pararosanilin, Tolbutamid, Fludrocortison, 12,13-EODE und Topiramat) und deren Wirkung auf die Viabilität der Neuroblastomzelllinien (IMR-5, NGP, SK-N-AS, UKF-NB-2, UKF-NB-3 und UKF-NB-6) sowie ihrer Cisplatin-resistenten Sublinien untersucht.
Hierbei zeigte die Kombinationstherapie von Cisplatin mit 12,13-EODE, Topiramat oder Fludrocortison keine signifikante Reduktion der Zellviabilität im Vergleich zur Therapie mit Cisplatin alleine. Ein z. T. signifikanter Anstieg des IC50-Werts von Cisplatin in den getesteten parentalen Zellen und resistenten Sublinien ließ eher einen desensibilisierenden Effekt dieser Stoffe gegenüber Cisplatin vermuten.
Die Kombination von Cisplatin mit Pararosanilin oder Tolbutamid hingegen hatte einen deutlich wachstumshemmenden Effekt auf alle untersuchten resistenten Sublinien. Die IC50-Werte von Cisplatin wurden hier in fast allen Zelllinien signifikant reduziert, z. T. bis um den Faktor 2,45, was einer Halbierung der Cisplatindosis entspricht. Pararosanilin und Tolbutamid erwiesen sich somit als mögliche Resensitizer für Cisplatin in Cisplatin-resistenten Neuroblastomzellen.
Diese Daten lassen erkennen, dass die Connectivity Map ein vielversprechendes Werkzeug in der gezielten Therapie von chemoresistenten Neuroblastomen sein kann. In Kombination mit bisher gängigen Therapieschemata könnten Resensitizer den Erfolg der Behandlung möglicherweise deutlich verbessern. Die mögliche Toxizität der identifizierten Resensitizer, insbesondere Pararosanilin, und damit den tatsächlichen Stellenwert dieses Therapieansatzes wird man jedoch zunächst in vivo noch weiter untersuchen müssen.
Auf den Einsatz von Tieren im Rahmen der (Umwelt-)Risikobewertung von Stoffen kann nach wie vor nicht verzichtet werden. Dabei führen die Überprüfungen einer zunehmenden Anzahl neu entwickelter Stoffe, aber auch die gestiegenen Anforderungen der Gesetzgebungen zu einem hohen Verbrauch von Versuchstieren. Diese Untersuchungen sind wichtig, da viele der in Gebrauch befindlichen und in allen Bereichen genutzten Chemikalien potentiell endokrin wirksam sind, auf unterschiedlichen Wegen in die Umwelt gelangen und sich potentiell negativ auf die Gesundheit von Mensch und Tier auswirken können.
Bei den bisher verwendeten Methoden werden vor allem juvenile oder adulte Tiere, aber auch Tiere zur Untersuchung des kompletten Lebenszyklus über eine oder mehrere Generationen für die Beurteilung von Substanzen eingesetzt. Dabei ist bekannt, dass die Entstehung reproduktiver Störungen in der Embryonalphase der jeweiligen Individuen auftritt. Um den Tierverbrauch zu reduzieren, werden teilweise In-vitro-Testsysteme angewendet. Es zeigt sich aber, dass diese Tests lediglich einen bestimmten Zelltyp in einem bestimmten Entwicklungsstadium abbilden können, was die Aussagekraft über die tatsächliche Wirkung auf ein komplexes Gewebe und dessen Entwicklung, erst Recht für den kompletten Organismus, stark einschränkt. Die Aussagekraft dieser Methoden ist daher in bestimmten eingeschränkten Grenzen zu sehen. In der vorliegenden Arbeit wird eine alternative Ersatzmethode vorgestellt mit dem Ziel einer stärkeren Aussagekraft bei toxikologisch und ökotoxikologisch relevanten Endpunkten. Im Fokus stehen hierbei die Effekte von androgenen und estrogenen Substanzen auf die Geschlechtsentwicklung von Hühnerembryonen (Gallus gallus domesticus) auf Ebene der Expression der mRNA, vereint mit Effekten auf Ebene der Organhistologie und – morphologie, verglichen mit den Normalzuständen unbehandelter Individuen. Die neu entwickelte Methode zur Beurteilung solcher Substanzen kann im Rahmen der human- und umwelttoxikologischen Risikobewertung von Stoffen eingesetzt werden und ist ein geeignetes Werkzeug, um die notwendigen Untersuchungen mit der gefordert hohen Beurteilungsqualität durchzuführen. Gleichzeitig kann mit dieser Tierversuchsersatzmethode bei hoher Aussagekraft auch der Verbrauch an weiter und höher entwickelten Versuchstieren verringert werden, was auch einem gesellschaftlich-ethischen Bedürfnis gerecht wird.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Identifikation von leistungsrelevanten kognitiven Prozessen beim komplexen Problemlösen (KPL). Außerdem soll untersucht werden, ob sich Leistungsunterschiede beim KPL zwischen soziodemografischen Gruppen durch Prozessmaße erklären lassen. Dazu wurden in den drei Einzelarbeiten, auf denen diese Arbeit basiert, verschiedene Prozesse und ihr Zusammenhang mit der Leistung beim KPL untersucht. Darüber hinaus schafft die vorliegende Arbeit einen theoretischen Rahmen, in den sich die drei Einzelarbeiten einordnen lassen. Die Fähigkeit komplexe Probleme lösen zu können, ist eine grundlegende Kompetenz in Bildung und Alltag und ermöglicht eine aktive Teilhabe an der Gesellschaft.
KPL kann daher auch als Schlüsselkompetenz in der Wissensgesellschaft des 21. Jahrhunderts verstanden werden (Binkley et al., 2012; Trilling & Fadel, 2009). Komplexe Probleme begegnen jedem Menschen im beruflichen und privaten Umfeld sowie auf gesellschaftlicher Ebene. Daher ist es wichtig zu verstehen, welche Prozesse für effektives KPL relevant sind. Darüber hinaus wurden wiederholt Leistungsunterschiede beim KPL in Abhängigkeit vom Geschlecht und vom Migrationshintergrund der Personen festgestellt (OECD, 2014a; Sonnleitner, Brunner, Keller & Martin, 2014; Wüstenberg, Greiff, Molnár & Funke, 2014).
In der ersten Arbeit wird der Zusammenhang verschiedener Aspekte von Planung mit der Leistung beim KPL untersucht. Die betrachteten Planungsaspekte sind die Dauer des längsten Planungsintervalls, der Zeitpunkt zu dem Planung erfolgt und die Variation der Dauer von Planungsintervallen im Problemlöseprozess. Zudem wird untersucht, ob die Effekte bei verschiedenen Aufgaben unterschiedlich ausgeprägt sind und ob es Interaktionseffekte der drei Planungsaspekte gibt. Die Ergebnisse zeigen, dass Planung grundsätzlich zu einem möglichst frühen Zeitpunkt stattfinden sollte. Die beiden anderen Planungsaspekte wiesen hingegen aufgabenabhängige Effekte auf. Außerdem gab es Interaktionseffekte. Insgesamt wurde bei leichten KPL-Aufgaben festgestellt, dass ähnlich wie beim analytischen Problemlösen Planung zu einem frühen Zeitpunkt einen positiven Einfluss auf die Leistung hat (Unterrainer & Owen, 2006). Auch der Einfluss der Variation der Planungsdauer hing mit der Aufgabenschwierigkeit zusammen, wobei bei leichten Aufgaben ein gleichmäßiges und bei schweren Aufgaben ein ungleichmäßigeres Vorgehen vorteilhaft war. Der Effekt der Planungsdauer war ebenfalls aufgabenabhängig, jedoch nur schwach mit der Aufgabenschwierigkeit korreliert. Somit scheinen andere Aufgabeneigenschaften für diesen Zusammenhang ursächlich zu sein.
In der zweiten Arbeit werden Leistungsunterschiede beim KPL in Abhängigkeit vom Geschlecht und vom Migrationshintergrund der Schülerinnen und Schüler untersucht.
Das Ziel dieser Arbeit ist es, Leistungsunterschiede zwischen diesen Gruppen durch Prozessmaße zu erklären. Da es Evidenz für einen Zusammenhang der Häufigkeit von Interaktion beziehungsweise Exploration mit der Leistung beim KPL gibt, werden diese als Prozessmaße verwendet (Bell & Kozlowski, 2008; Dormann & Frese, 1994; Naumann, Goldhammer, Rölke & Stelter, 2014). Erwartungskonform wurden Leistungsunterschiede beim KPL zugunsten von Jungen gegenüber Mädchen und zugunsten von Schülerinnen und Schülern ohne Migrationshintergrund gegenüber Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund festgestellt. Außerdem zeigte sich, dass beide Prozessmaße positiv mit der KPL-Leistung korrelierten. Der Leistungsunterschied zwischen Jungen und Mädchen konnte durch die Interaktionshäufigkeit teilweise und durch die Explorationshäufigkeit vollständig aufgeklärt werden. Der Leistungsunterschied in Abhängigkeit des Migrationshintergrundes konnte hingegen durch keines der beiden Maße erklärt werden.
Die dritte Arbeit hat zum einen das Ziel, die Rolle von Explorationsverhalten beim KPL genauer zu klären. Zum anderen werden mit einem explorativen Ansatz komplexe Verhaltensmuster untersucht. Dazu wurde eine weitere Differenzierung von Exploration in lösungsrelevante und lösungsunabhängige Exploration vorgenommen. Es konnte gezeigt werden, dass im Gegensatz zu den Ergebnissen aus der zweiten Arbeit lösungsunabhängige Exploration vermehrt bei erfolgloser Aufgabenbearbeitung auftritt. Lediglich lösungsrelevante Exploration scheint also zu einer höheren KPL-Leistung beizutragen.
Zudem wurden verschiedene Verhaltensmuster identifiziert, die auf konkrete Stärken und Schwächen im komplexen Problemlöseprozess von Schülerinnen und Schülern hinweisen. Die vorliegende Arbeit erweitert die theoretische Basis für KPL, indem sie kognitive Prozesse ordnet und im Sinne einer Intention interpretierbar macht. Weiterhin werden durch die empirischen Arbeiten Erkenntnisse über die Relevanz der untersuchten Prozesse für die Leistung beim KPL und für die Erklärung von Leistungsunterschieden gewonnen. Damit erleichtert diese Arbeit die Erklärung der Rolle kognitiver Prozesse beim KPL, um so das Verständnis dieses Konstruktes zu verbessern. Dies ist wiederum die Basis, um Schülerinnen und Schüler beim Erwerb der Kompetenz zum Lösen komplexer Probleme zu unterstützen und sie so auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts vorzubereiten.
Die spontan bakterielle Peritonitis (SBP) ist eine spontan auftretende, bakterielle Infektion des Peritoneums und gilt als eine der schwerwiegendsten Akutkomplikationen der dekompensierten Leberzirrhose. Die Diagnosestellung der SBP erfolgt aufgrund der okkulten klinischen Symptome häufig verspätet, was mit einer deutlich verkürzten Lebenserwartung einhergeht. Auch im Falle einer Kolonisation oder Infektion durch multiresistente Erreger (MRE) ist die Prognose bei Patienten mit dekompensierter Leberzirrhose deutlich vermindert. Der pathophysiologische Zusammenhang sowie die prognostische Relevanz von MRE als Auslöser einer SBP sind bislang nicht bekannt. Die Prävalenz der MRE bei Patienten mit Leberzirrhose ist jedoch steigend. Die Identifizierung von Patienten mit hohem Risiko für eine Infektion mit MRE ist unerlässlich für eine frühzeitige Anpassung der Antibiotikatherapie bei diesen Patienten. In einem Ansatz, die Wahrscheinlichkeit einer durch MRE ausgelösten SBP (MRE-SBP) zu beurteilen, wurde untersucht, ob in Asziteskulturen nachgewiesene MRE auch durch nicht-invasive Screening-Verfahren ermittelt werden können.
Die vorliegende Arbeit wurde am Leberzentrum des Universitätsklinikums Frankfurt am Main durchgeführt. In einer retrospektiven Studie untersuchten wir Patienten aus den Jahren 2011 bis 2016 mit Diagnose einer SBP, bei denen aerobe und anaerobe Asziteskulturen entnommen worden sind und ein vollständiges MRE-Screening (multiresistente gram-negative Bakterien, Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE) oder Methicillin-resistenter Staphylokokkus aureus (MRSA)) durchgeführt worden ist. Ziel der Studie war letztlich die Charakterisierung von Patienten mit SBP und MRE-Nachweis (MRE- SBP), die Untersuchung des Überlebens dieser Patienten und die Definition von Risikofaktoren für eine MRE-SBP.
133 Patienten erfüllten die Einschlusskriterien. Unter diesen hatten 75/133 Patienten (56%) positive Asziteskulturen und 22/133 (17%) eine SBP mit kulturellem MRE-Nachweis im Aszites (MRE-SBP). Von den Patienten mit positiven Asziteskulturen hatten 29/75 (39%) gram-positive, 25/75 (33%) gram- negative und 21/75 (28%) sowohl gram-positive als auch gram-negative Erreger
im Aszites. Multiresistente Erreger (multiresistente gram-negative Erreger, VRE oder MRSA) wurden insgesamt bei 72/133 Patienten (54%) ermittelt. Unter den Patienten mit MRE-SBP dominierten der multiresistente Escherichia coli (E.coli) (10/22; 46%) und VRE (7/22; 31%). Rektalabstriche identifizierten MRE bei 17/22 Patienten (77%), die eine MRE-SBP mit einer zeitabhängigen Sensitivität von 77% und 87% innerhalb von 30 bzw. 90 Tagen nach dem Screening entwickelten; der negativ prädiktive Wert betrug 83% bzw. 76%. Es bestand kein relevanter Unterschied des MELD-, CLIF-AD- und ALBI-Scores bei Patienten mit und ohne MRE-SBP. Eine Sepsis war auch bei Patienten mit MRE-SBP die Haupttodesursache (8/22; 36%; p<0.001) verglichen mit anderen Todesursachen in 7/22 Fällen (32%). Eine Umstellung der initialen antiinfektiven Therapie ging mit einem erhöhten Sterblichkeitsrisiko bei Patienten mit (p=0.002) und ohne MRE-SBP (p=0.014) einher.
Wir konnten zeigen, dass unabhängig von der Leberfunktion das Überleben bei Patienten mit MRE-SBP stärker beeinträchtigt ist als bei anderen Patienten mit SBP. Das Auftreten von multiresistenten Organismen ist eine schwerwiegende Komplikation bei Patienten mit dekompensierter Leberzirrhose und Ansätze zur Verbesserung des Überlebens dieser Patienten sind erforderlich. Unter Berücksichtigung der Hospitalisierungsdauer, MRE-Historie und ggfs. des zu erwartenden Erregerspektrums der hiesigen Stationen muss daher bereits initial eine individuelle, empirische antiinfektive Therapie gewählt werden. Eine entsprechende Anpassung nach Erhalt des Antibiogramms kann erforderlich sein. Weiterhin untersuchten wir den Nutzen eines nicht-invasiven Screenings (rektales, nasopharyngeales und kutanes MRE-Screening), um Patienten mit Risiko für eine MRE-SBP zu identifizieren. Das MRE-Screening kann als nicht- invasives diagnostisches Instrument hierfür dienen. Patienten mit dekompensierter Leberzirrhose sollten vom ersten Tag der stationären Behandlung auf Kolonisierung mit MRE untersucht werden.
Die Superfamilie der nukleären Rezeptoren umfasst 48 ligandenabhänige Transkriptionsfaktoren, die durch Veränderungen in der Genexpression unterschiedlichste (patho-)physiologische Vorgänge wie Metabolismus, Entzündungen und Zelldifferenzierung beeinflussen.
Für die Vertreter der Retinoid X Rezeptoren (RXRs) und Peroxisomen Proliferator-aktivierten Rezeptoren (PPARs) wurden in den letzten Jahren vielversprechende Effekte auf neurodegenerative Erkrankungen berichtet. Beide Rezeptorklassen beeinflussen u.a. Bildung, Transport und Abbau des neurotoxischen Amyloid-β, das als eine der Ursachen für die Entstehung einer Alzheimer Demenz (AD) vermutet wird. Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass durch gezielte Modulation der RXRs (besonders RXRγ) eine Remyelinisierung auto-immun demyelinisierter Neurone und damit eine regenerative Therapie für die Multiple Sklerose (MS) möglich sein könnte. Die aktuell zur Verfügung stehenden Liganden der RXRs besitzen unzureichende Subtypenselektivität und meist unvorteilhafte physikochemische Eigenschaften, die der weiteren Erforschung im Wege stehen. Um diese Hindernisse zu überwinden, sollten im Rahmen dieser Arbeit neuartige RXR-Agonisten synthetisiert und umfassend charakterisiert werden.
Ein kürzlich publizierter RXR-Agonist besitzt eine ungewöhnlich lineare Biphenylgrundstruktur und offenbart ein attraktives Aktivitätsprofil: Während alle drei RXR-Subtypen mit einem ähnlichen EC50-Wert (RXRα/β/γ = 12/12/14 µM) adressiert werden, führt die Bindung an RXRα nur zu einer minimalen Aktivierung (max. 5-fache Aktivierung im Vergleich zur Grundaktivität), während RXRβ und γ deutlich stärker aktiviert werden (60-70-fache Aktivierung). Da für diesen Chemotyp bislang noch keine systematischen Studien vorlagen, wurden seine Struktur-Wirkungs-Beziehungen (SAR) erforscht. Durch Synthese und in vitro Charakterisierung von 24 Derivaten konnten sowohl selektivitäts- als auch potenzfördernde Strukturmerkmale identifiziert werden, die sich auch kombinieren ließen. Es wurden ein RXRβ-selektives Derivat, mehrere RXRα/β-präferierende Analoga und ein potentes Derivat mit annähernd 100-fach gesteigerter Potenz ((EC50(RXRα/β/γ) = 0,08/0,15/0,22 µM) erhalten. Im Zuge der Charakterisierung wurden außerdem strukturelle Variationen identifiziert, die eine Umgehung des LXR/RXR-Heterodimers ermöglichen könnten. Zusätzlich gelang die Kristallisation der Ligandbindedomäne (LBD) von RXRα im Komplex mit dem potentesten Vertreter der Serie und offenbarte Potential für weitere Optimierungen, u.a. der Möglichkeit eine kovalente Bindung mit Cys432 zu etablieren und damit eine weitere Potenzsteigerung zu erreichen.
Neben der mangelnden Subtypenpräferenz behindern auch die ungünstigen physikochemischen Eigenschaften von RXR-Liganden die weitere Entwicklung von RXR-basierten Therapieoptionen. Deshalb sollte eine neue Leitstruktur mit überlegenen physikochemischen Eigenschaften identifiziert und durch systematische SAR-Untersuchungen weiterentwickelt werden. Für den experimentellen Wirkstoff Wy14,643, einem dualen Agonisten an PPARα und γ, wurden im Laufe der letzten vier Jahrzehnte wiederholt Effekte patentiert, die sich mit dem bislang bekannten Aktivitätsprofil nicht erklären ließen. Er zeigte u.a. in einem Tiermodell der MS einen immunmodulierenden Effekt und reduzierte in vitro die Bildung von Amyloid-β.Im Rahmen dieser Arbeit konnte Wy14,643 als potenter RXR-Agonist (EC50 (PPARα/γ/δ) = 36/54/- µM¸ EC50(RXRα/β/γ) = 9,1/13/31 µM) mit überlegenen physikochemischen Eigenschaften (z.B. Löslichkeit in Wasser = 48,6 mg/L) identifiziert und dadurch dessen Wirkungen erklärt werden.
Wy14,643 wurde als Startpunkt einer systematischen Untersuchung der Ligand-Rezeptor-Interaktionen sowohl an den PPARs und den RXRs ausgewählt. Dabei wurden ein potenter selektiver PPAR-Agonist und ein potenter und ausgeglichener panRXR/panPPAR-Agonist erhalten. Der panRXR/panPPAR-Agonist konnte im Komplex mit der LBD von PPARγ kristallisiert werden, wo der Ligand gleich doppelt gebunden vorliegt. Eines der Moleküle bindet in einer alternativen Bindungstasche. Diese Erkenntnis könnte die Grundlage für die Entwicklung einer neuen Klasse von PPARγ-Modulatoren legen.
Durch Kombination des erlangten SAR-Wissens wurde ein selektiver RXR-Agonist (EC50 (PPARα/γ/δ) = -/-/- µM¸ EC50(RXRα/β/γ) = 0,09/0,14/0,36 µM) mit annähernd 100-fach gesteigerter Potenz synthetisiert, der die günstigen physikochemischen Eigenschaften der Leitstruktur erhalten konnte (Löslichkeit in Wasser = 14,3 mg/L). Mit diesem Profil ist es gelungen einen RXR-Agonisten zu kreieren, der dem bisherigen Goldstandard Bexaroten bei vergleichbarer Potenz in physikochemischen Eigenschaften überlegen ist.
Die Kristallstruktur des RXR-selektiven Derivats im Komplex mit der LBD von RXRα zeigte einen orthosterischen Bindemodus und legte weitere Optimierungen nahe: So gibt es sowohl ungenutzten Raum, der zukünftig durch strukturbasierte Substitutionen adressiert werden könnte, als auch die Möglichkeit eine kovalente Bindung zum Rezeptor (Cys432) zu initiieren. Durch diese Arbeit konnten nicht nur eine Reihe von potenten RXR-Liganden identifiziert werden, durch die Entwicklung eines Sets aus PPAR-selektiven, dual PPAR/RXR-aktiven und RXR-selektiven Derivaten gleichen Chemotyps, entstand auch ein nützliches pharmakologisches Werkzeug zur weiteren Entschlüsselung des Zusammenspiels dieser Rezeptoren.
Die systematische Entwicklung einer Leitstruktur, wie sie in den vorangegangenen Projekten praktiziert wurde, kann je nach deren Komplexität eine kostenintensive und synthetisch anspruchsvolle Aufgabe darstellen. Im Rahmen dieser Arbeit wurde eine computergestützte Optimierung einer Leitstruktur als Teil einer selektiven Optimierung von Nebenaktivitäten (SOSA) etabliert, um den präparativen Aufwand der Strukturoptimierung zu reduzieren. Als Modellsubstanz wurde das Fettsäuremimetikum Cinalukast ausgewählt, das einen potenten Cysteinylleukotrienrezeptor 1 (CysLT1R)-Antagonisten darstellt, für den eine schwache Aktivität an PPARα entdeckt wurde. Ein automatisierter Arbeitsablauf testete eine virtuelle Bibliothek von annähernd 8000 Cinalukastanaloga auf ihre PPARα-Aktivität und die Derivate mit der besten vorhergesagten PPARα-Aktivität wurden durch maschinelles Lernen nach ihrem CysLT1R-Antagonismus klassifiziert. Die Synthese und Charakterisierung eines virtuell bevorzugten Derivats zeigte selektiven PPARα-Agonismus und konnte so den computergestützten Arbeitsablauf als wertvolles Instrument zur Optimierung von Fettsäuremimetika bestätigten.
Die vorliegende Arbeit hat bedeutende Fortschritte bei der Entwicklung von zwei neuen Chemotypen als RXR-Liganden erreicht. Die Klasse der Biphenyl-Analoga kann als Ausgangspunkt für eine weitere Entwicklung von subtypenselektiven RXR-Agonisten dienen und könnte gleichzeitig die gezielte Umgehung einzelner Heterodimere ermöglichen. Das Set aus drei Derivaten von Wy14,643 mit identischem Chemotyp, aber drastisch unterschiedlichen Aktivitätsprofilen an den PPARs und RXRs ermöglicht eine intensive pharmakologische Untersuchung der beiden Rezeptorfamilien und deren Zusammenspiel. Außerdem entstand aus dieser Klasse einer der zurzeit fortschrittlichsten RXR-Agonisten. Zukünftig kann außerdem der im Zuge der Arbeit etablierte computergestützte Arbeitsablauf die Optimierung von Fettsäuremimetika deutlich beschleunigen.
Das Glykoprotein AICL gehört zur Familie der C-Typ Lektin-ähnlichen Rezeptoren und wird nach Aktivierung humaner NK Zellen und Makrophagen auf deren Oberfläche exprimiert. Die Bindung von AICL an den genetisch gekoppelten, aktivierenden NKRezeptor NKp80, der auf allen reifen humanen NK Zellen exprimiert ist, induziert Effektorfunktionen von NK Zellen, wie Zytotoxizität und Zytokinsekretion. AICL Glykoproteine werden in ruhenden NK Zellen intrazellulär zurückgehalten und gelangen erst nach Zellaktivierung an die Oberfläche (Klimosch et al. 2013). Der Mechanismus dieser Regulation ist bisher unbekannt und sollte im Rahmen dieser Arbeit untersucht werden, um weitere Einblicke in die Funktion des NKp80-AICL Rezeptor-Ligand-Paares im Rahmen einer Immunantwort zu ermöglichen.
In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass nach der Aktivierung von NK Zellen sowohl präformierte im Golgi-Komplex zurückgehaltene als auch de novo synthetisierte AICL Glykoproteine an die Zelloberfläche gelangen. Bei der intrazellulären Retention von AICL handelt es sich um eine intrinsische Eigenschaft von AICL, die auch im ektopen Kontext von Insektenzellen auftritt. Mechanistisch konnte gezeigt werden, dass die N-Glykosylierungen von AICL differentiell die AICLOberflächenexpression bestimmen. Die AICL Ektodomäne wird an einer nichtkonventionellen (N-X-C) und an drei konventionellen (N-X-S/T) N-Glykosylierungsstellen glykosyliert, wobei die Glykosylierung an ersterer ineffizient ist, sodass stets zwei Glykoisoformen vorhanden sind. Während die Glykosylierung zumindest einer konventionellen Stelle essenziell für die AICL-Oberflächenexpression ist, und diese mit zunehmender Glykosylierung konventioneller Stellen zunimmt, vermindert die nichtkonventionelle Glykosylierungsstelle die AICL-Oberflächenexpression. Für eine effiziente Oberflächenexpression ist auch die Ausbildung einer nicht-konservierten Disulfidbrücke erforderlich, die im membran-distalen Bereich der C-Typ Lektindomäne AICL-Homodimere miteinander verknüpft. Das Fehlen dieser Disulfidbrücke führt auch zu dem Verlust der NKp80-Bindung. Die intrazelluläre Reifung von AICL Glykoproteinen ist, im Gegensatz zu dem verwandten Glykoprotein KACL, in besonderem Maße abhängig von der Interaktion mit den ER-ständigen Proteinen der Proteinqualitätskontrolle. Insbesondere konnte mit Hilfe massenspektrometrischer Analysen eine starke Interaktion von AICL mit dem ER Chaperone Calnexin gezeigt werden. Entsprechend ist die zelluläre Expression von AICL in Abwesenheit von Calnexin stark reduziert. Massenspektrometrisch konnte auch eine spezifische Interaktion von AICL mit dem Protein ITM2A gezeigt werden, wobei allerdings eine funktionelle Relevanz in Folgeversuchen nicht bestätigt werden konnte. Schließlich konnte eine zusätzliche Regulation der AICL-Oberflächenexpression durch proteasomale Degradation nachgewiesen werden, die über zwei Lysine im kurzen zytoplasmatischen Bereich von AICL bestimmt wird.
Frühere Untersuchungen hatten eine Bindung von sowohl AICL- als auch NKp80-Ektodomänen an K562 Zellen, eine Erythroleukämie-zelllinie, ergeben. Da K562 Zellen weder NKp80 noch AICL exprimieren, handelt es sich bei der gebundenen Struktur um einen potenziellen weiteren Liganden des NKp80-AICL Rezeptor-Ligand-Paares. Hier konnte gezeigt werden, dass es sich bei der Bindestruktur um ein Oberflächenprotein der K562 Zellen handelt, das allerdings nicht identifiziert werden konnte.
Insgesamt konnten im Rahmen dieser Arbeit mehrere AICL-spezifische, molekulare Mechanismen identifiziert und charakterisiert werden, die die aktivierungsabhängige Oberflächenexpression von AICL regulieren. Offensichtlich unterliegt diese einer strikten Kontrolle auf mehreren Ebenen, was vermutlich mit der Funktion von AICL als Ligand für einen aktivierenden Immunrezeptor auf zytotoxischen NK Zellen erklärbar ist. Weitere Untersuchungen zur AICL-Expressionsregulation und zur Funktion des NKp80-AICL Rezeptor-Ligand-Paares in vivo sind erforderlich, um ein besseres Verständnis der Immunbiologie von NK Zellen zu erreichen.
Die klimatische Nische beschreibt die klimatischen Bedingungen, unter denen eine Art eine stabile Population aufrechterhalten kann. Die Quantifizierung von Klimanischen ist ein wichtiges Werkzeug, um tiefergehende Einsichten in individuelle Art-Umwelt Beziehungen zu erlangen, um den Effekt des Klimawandels effektiv zu bewerten, und um Arten- und Naturschutz zu unterstützen. Ein makroökologischer Ansatz ist von Vorteil um Ökosysteme über ein breites taxonomisches, geographisches und zeitliches Spektrum zu untersuchen, und damit die klimatischen Nischen vieler Arten auf eine konsistente Art und Weise zu quantifizieren und vergleichen.
Im Kontext des aktuellen Klimawandels ist es wichtig zu verstehen, ob Arten in der Lage sind ihre Klima-nische anzupassen. Viele bisherige Vorhersagen über klimawandelbedingte Veränderungen von Artverbreitungen beruhen auf der Annahme, dass die klimatische Nische einer Art konstant ist. Allerdings ist bekannt, dass Arten ihre klimatischen Präferenzen auf unterschiedlichen Zeitskalen verändern - sowohl über kurze (ökologische) als auch evolutionäre Zeiträume. Dies ist ein wichtiger, aber oft missachteter Faktor für die Nischenquantifizierung. Ein gutes Beispiel für solche ökologische Dynamiken sind Zugvögel, die etwa 20% aller Vogelarten ausmachen. Sie stellen eine interessante, aber auch herausfordernde Artengruppe für die Untersuchung klimatischer Nischen dar. Des Weiteren ist es wichtig klimatische Nischen über evolutionäre Zeiträume zu untersuchen, um die Prozesse zu verstehen, die Evolution, Diversifikation und Extinktion unterliegen, da sich Klimanischen mit der Anpassung einzelner Arten an neue klimatische Gegebenheiten ebenfalls wandeln. Bislang hat ein Mangel an geographisch expliziten Daten über terrestrische Umwelt-bedingungen durch evolutionäre Zeiträume eine explizite Überprüfung dieser Zusammenhänge verhindert.
Das übergeordnete Ziel dieser Dissertation war es, die ökologische (d.h. saisonale) und evolutionäre Dynamik klimatischer Nischen von Vögeln zu untersuchen. Dazu wurde ein Ansatz gewählt der makroökologische, und evolutionsbiologische Methoden vereint, um ein breites taxonomisches und zeitliches Spektrum abzudecken. Das erste Kapitel bearbeitet die Frage wie klimatische Nischen am besten zu quantifizieren sind, wenn man die Dynamik des Vogelzuges in Betracht zieht. Dazu wurde eine Datenbank erstellt, die das Zugverhalten aller 10.443 lebenden Vogelarten katalogisiert. Des Weiteren wurde eine Übersicht über die Methoden zur Quantifizierung klimatischer Nischen in der makroökologischen Literatur erstellt. Das Ergebnis derselben ist, dass die überwiegende Mehrzahl der Veröffentlichungen saisonalen Zugbewegungen nicht ausreichend berücksichtigt. Zuletzt habe ich anhand der Avifauna Australiens die Vor- und Nachteile der Verwendung von Verbreitungskarten gegenüber Punktverbreitungsdaten zur Erfassung saisonaler geographischer Muster der Artenvielfalt bewertet. Damit bietet dieses Kapitel Rahmenempfehlungen für die Datenanforderungen und Methoden, die je nach Zugverhalten einer Art, und dem geographischen, bzw. zeitlichen Fokus einer Studie für eine optimale Nischenquantifizierung notwendig sind.
Im zweiten Kapitel untersuchte ich die saisonale Dynamik klimatischer Nischen von Zugvögeln. Dabei überprüfte ich die Hypothese, dass Zugvögel in ihrem Jahreszyklus durch die Zugbewegung eine gewisse Klimanische verfolgen. Zu diesem Zweck habe ich mit Brut- und Überwinterungsarealkarten saisonale Klima-nischen für 437 Zug- und Standvogelarten aus acht Kladen der Sperlingsvögel (Passeriformes) charakterisiert. Mit Ordinationsmethoden wurde dann der innerartliche saisonale Nischenüberlapp quantifiziert. Der Beweis für die Verfolgung einer klimatischen Nische in einer Art war von mehreren Faktoren, z.B. der geographischen Verortung des Brutareals und der Zugrichtung, abhängig. Dies lässt darauf schließen, dass sich die Ursachen für den Vogelzug sowohl geographisch als auch saisonal (d.h. abhängig von der Zugrichtung) unterscheiden.
Im dritten Kapitel untersuchte ich die evolutionäre Dynamik klimatischer Nischen in Steinschmätzern (Gattung Oenanthe), um explizit zu untersuchen ob es einen Zusammenhang zwischen den Raten klimatischer Nischen-evolution und den Veränderungen paläoklimatischer Bedingungen gibt. Methoden der Klimanischen-quantifizierung wurden mit datierten molekularen Phylogenien verknüpft, um die Raten klimatischer Nischen-evolution mit einem variablen Ratenmodell abzuschätzen. Paläoklimatische Umweltbedingungen wurden mit paläobiologischen Methoden aus dem Fossilbericht altweltlicher Säugetiere der vergangenen 20 Millionen Jahre erschlossen. Die Fallstudie konnte keinen Zusammenhang zwischen Nischenevolution und Umwelt-bedingungen feststellen. Dies legt nahe, dass Vögel als überaus mobile Organismen, auf Klimaveränderungen eher durch Arealverschiebungen reagieren, als durch eine Anpassung ihrer klimatischen Nische. Die Klimanischen der Steinschmätzer waren allerdings an sich nicht statisch, so dass andere Faktoren wie z.B. biologische Wechselbeziehungen für die Nischenevolution dieser Gattung verantwortlich sein müssen.
Meine Dissertation beleuchtet die zentrale Bedeutung zeitlicher Dynamiken für den Nischenraum, den Arten über ökologische (d.h. saisonale) und evolutionäre Zeiträume einnehmen. Aus ihr ergeben sich methodische Konsequenzen für zukünftige Studien klimatischer Nischen. Der Befund, dass die klimatischen Nischen von Zugvögeln nicht saisonal konstant sind, zeigt dass es für mobile Kladen wie Vögel notwendig ist die klimatischen Bedingungen über den gesamten Jahreszyklus und das gesamte Verbreitungsgebiet in Betracht zu nehmen, um die jeweiligen klimatischen Nischen voll charakterisieren zu können.
Über diese methodischen Innovationen hinaus, hat meine Arbeit auch wichtige theoretische und praktische Schlussfolgerungen produziert. Zum einen zeigt die Betrachtung saisonaler Klimanischen, dass Zugvögel entgegen gängiger Annahmen nicht denselben Umweltbedingungen in ihren Brut- und Überwinterungsarealen ausgesetzt sind. Zum anderen zeigt meine Betrachtung von Klimanischen über evolutionäre Zeiträume, dass die Nischenevolution nicht von klimatischen Bedingungen angetrieben wird. Zusammengenommen zeigen diese Ergebnisse auf unterschiedlichen Zeitskalen, dass das Klima nicht der alleinige Faktor ist, der die Artverbreitung von Vögeln bestimmt. Während dieser Befund Raum für Optimismus schafft, was die Auswirkungen des aktuellen Klimawandels auf Vögel angeht, zeigt er auch auf, dass Faktoren wie wechselseitige Artbeziehungen und das Mobilitätspotential von Arten einen wichtigen Einfluss auf Artverbreitungen ausüben. Diese Faktoren könnten jedoch an sich vom Klimawandel beeinflusst sein, und Untersuchungen dieses Zusammenspiels zwischen Klima und anderen Faktoren und die daraus resultierenden Einflüsse auf Artareale bieten ein vielversprechendes Arbeitsfeld für zukünftige Studien.
Die Prognose eines malignen Glioms ist trotz verschiedener Therapiemöglichkeiten noch immer sehr schlecht. Zwar hat sich für die Primärsituation seit 2005 eine Standardtherapie etabliert, doch im Rezidivfall fehlt es weiterhin an einer einheitlichen Behandlung. Das Ziel dieser retrospektiven Datenerfassung war es, den prognostischen Stellenwert klinisch- pathologischer Parameter zu vergleichen und eine Konsensempfehlung zu erarbeiten. Zusätzlich wurde ein Teil dieser Daten im Rahmen einer multizentrischen retrospektiven Analyse des DKTKs zur Validierung des im Zuge dessen entwickelten prognostischen RRRSs erhoben und verwendet.
Grundlage dafür bildeten die in der internen Datenbank „Orbis“ und in archivierten Patientenakten gespeicherten Daten von Patienten, die zwischen 07/2009 und 02/2017 in der Klinik für Strahlentherapie am Universitätsklinikum Frankfurt am Main therapiert wurden. Hierbei handelte es sich um Patienten mit einem histologisch gesicherten Glioblastomen WHO Grad IV zum Zeitpunkt der ReRT. Die mediane Gesamtdosis betrug 28 Gy (20-60 Gy), die mediane Einzeldosis 3,5 Gy/Tag (1,8-4 Gy).
Es wurden 102 Patienten eingeschlossen, wobei zwei Patienten als primäre Diagnose ein niedriggradiges Gliom WHO Grad I/II, sechs ein Astrozytom WHO Grad III und 96 ein Glioblastomen WHO Grad IV aufwiesen. Das durchschnittliche Alter betrug 55 Jahre und die mittlere Zeit zwischen initialer und erneuter RT 21,07 Monate. Im Rezidivfall unterzogen sich 40 Patienten einer chirurgischen Intervention, bei welcher es sich in 32 der Fälle um eine totale und acht Mal um eine subtotale Resektion handelte. Des Weiteren erhielten 52 der Patienten eine Chemotherapie mit Temozolomid, 20 eine mit CCNU, 17 mit Avastin und fünf bzw. acht ein anderes oder kein Chemotherapeutikum.
Das mOS nach initialer Diagnosestellung eines malignen Glioms ergab 42,64 Monaten, das progressionsfreie Überleben 14,77 Monate. Das mOS nach der ReRT lag bei 11,8 Monaten und der mediane Zeitraum bis zu einem erneuten Progress betrug 4,25 Monate.
Bezüglich der Primärdiagnose konnten die initiale Histologie (p = 0,002), das Alter (p = 0,016) und der MGMT-Promotor-Status (p = 0,001) als statistisch signifikante Einflussfaktoren identifiziert werden. Demnach wiesen jüngere Patienten mit einer niedriggradigeren Histologie sowie einer Hypermethylierung des MGMT-Promotors eine bessere Prognose auf. Der KPS (p < 0,001), die Zeit zwischen erster und zweiter Bestrahlung (p = 0,003), der MGMT-Promotor-Status (p = 0,025) und das Tumorwachstum (p = 0,024) waren determinante Faktoren hinsichtlich des Outcomes nach der ReRT. Außerdem zeigte sich, dass eine Gesamtstrahlendosis von mehr als 28,90 Gy auf statistisch signifikante Art und Weise (p = 0,042) mit einem längeren OS nach erneuter RT assoziiert war, sowie eine Parietal- bzw. Temporallappenlokalisation (p = 0,009) mit einem längeren progressionsfreien Überleben. Was die Therapiemodalitäten angeht, zeigte sich keine der anderen überlegen.
Die erneute Validierung dieser Daten mit dem RRRS ergab ebenfalls ein statistisch signifikantes Ergebnis bezogen auf die durchschnittliche Überlebenszeit zwischen den einzelnen prognostischen Gruppen ab dem Zeitpunkt der ReRT.
Die Ergebnisse dieser Arbeit legen dar, dass noch immer keine optimale Therapie für Patienten mit rezidivierendem Glioblastomen existiert und weiterhin Forschungsbedarf in der Modifizierung bestehender Behandlungsoptionen sowie in der Entwicklung neuer Therapiemöglichkeiten besteht. Des Weiteren unterstreichen sie die Wichtigkeit und den Wert spezifischer Einflussfaktoren zur Prognoseabschätzung und die Notwendigkeit des Einschlusses bedeutender neuer molekularer Marker anhand der WHO- Klassifikation von 2016 für zukünftige Studien.
Stickstoff (NO), Kohlenmonoxid (CO) und Schwefelwasserstoff (H2S) gehören zur Gruppe der Gasotransmitter. Dabei handelt es sich um kleine gasförmige Signalmoleküle, welche innerhalb des Körpers gebildet werden und dort wichtige physiologische Funktionen bei der Regulation der Apoptose, der Proliferation, der Entzündungsreaktion und der Genexpression übernehmen. Aufgrund ihrer Membranpermeabilität ist die Wirkung der Gasotransmitter nicht an die Interaktion mit spezifischen membranständigen Rezeptoren gebundenen. Je nach Organ, Gewebe und Konzentration können diese Mediatoren unterschiedliche Prozesse beeinflussen und teils sogar gegenteilige Wirkungen hervorrufen.H2S beispielsweise kann im Verlauf der Leukozytenadhäsion im Epithelium anti-inflammatorisch, bei Brandwunden oder rheumatischen Erkrankungen jedoch pro-inflammatorisch wirken. Im Kreislaufsystem hingegen bewirkt H2S durch die Aktivierung von ATP-abhängigen K+-Kanälen und die damit zusammenhängende Vasorelaxion der glatten Muskelzellen einen eindeutig protektiven Effekt.
H2S kann je nach Substrat und Zelltyp durch eines von 3 Enzymen gebildet werden. Die Cystathionin-γ-Lyase (CSE) und die Cystathionin-β-Synthase (CBS) nutzen L-Cystein als Substrat für die Synthese von H2S. Das dritte H2S-bildende Enzym, die 3-Mercaptopyruvate Sulfurtransferase (3-MST) verwendet α-Ketoglutarat als Substrat, welches zuvor von der Cystein-Aminotransferse (CAT) aus L-Cystein synthetisiert wurde. Während die beiden Enzyme CSE und CBS im Zytosol der Zelle zu finden sind, ist die 3-MST hauptsächlich in den Mitochondrien der Zelle zu finden. Im Gegensatz zur CBS, welche eher ein konstitutiv exprimiertes Protein ist, wird die Expression der CSE auf der Transkriptionsebene durch u.a. Entzündungsmediatoren wie TNF-α oder Wachstumsfaktoren wie PDGF-BB induziert.
Ein Ziel der Arbeit war es, die Wirkung von H2S bei der Wundheilung, bei entzündlichen glomerulären Erkrankungen der Niere und beim Schlaganfall zu untersuchen. Für diesephänotypische Analysen stand ein Knockoutmodell für die CSE zur Verfügung.
Zudem wurden in dieser Arbeit Untersuchungen mit einem Knockoutmodell für das zytoskeletäre Protein durchgeführt. Bei Clp36 (PDLIM1) handelt es sich um ein PDLIM-Protein (PDZ and LIM domain protein),welches durch die Gasotransmitter NO und H2S auf transkriptioneller und translationaler Ebene reguliert wird ist und aufgrund seiner Assoziation mit dem Zytoskelett dynamische Vorgänge der Zelle moduliert. Es ist bereits bekannt, dass Clp36 ein negativer Regulator des Glykoprotein VI (GPVI), welches eine wichtige Rolle bei der Aktivierung von Thrombozyten spielt, ist.
Beide Knockoutmodelle wurden in murinen Mesangiumzellen der Niere und in Krankheitsmodellen der Haut (kutane Wundheilung)und des Gehirns (Schlaganfall mit dem MCAO-Modell) analysiert.
Neben nicht signifikanten Effekten im MCAO-Modell, konnten sowohl Effekte des CSE-, als auch des CLP36-KOs auf die Migration und Proliferation und im Falle der CSE auch auf die Adhäsion der murinen Mesangiumzellen beobachtet werden. Die Depletion von Clp36 führte zu einer Verringerung der Migrations- und einer Erhöhung der Proliferationsrate, wohingegen die Depletion der CSE zu einer Erhöhung der Migrations-, Proliferations- und Adhäsionsrate führte. Die vielversprechendsten Ergebnisse konnten im Tiermodell der kutanen Wundheilung generiert werden. Untersucht wurde die Expression der H2S-produzierenden Enzyme CSE, CBS und 3-MST. Alle drei Enzyme zeigten im Tiermodell keine transkriptionelle Regulation und blieben auch während der akuten Entzündungsphase und der proliferativen Phase der Wundheilung unverändert. Es konnte jedoch gezeigt werden, dass die Expression der CSE in der späten Phase der Wundheilung signifikant anstieg, wenn die Proliferation innerhalb des Granulationsgewebes und der Neoepidermis geringer wurde. Die Vermutung, dass H2S in dieser Phase eine wichtige Rolle spielt, konnte durch die Analyse der CSE-KO Mäuse bekräftigt werden, da dort der Verlust der CSE offenbar durch die CBS kompensiert wurde.
In immunhistochemischen Untersuchungen konnten insbesondere follikuläre Keratinozyten der Neo-Epidemis als Quelle der CSE-Expression identifiziert werden. Durch in-vitro Studien auf mRNA und Proteinebene in HaCaT Zellen wurde gezeigt, dass H2S die Keratinozyten-Differenzierung beeinflusst. Der langsam freisetzendeH2S-Donor GYY4137 konnte in humanen Keratinozyten zu einer signifikanten Erhöhung der Ca2+- induzierten Expression der frühen Keratinozyten-Differenzierungsmarker Cytokeratin 10 (CK10) und Involucrin (IVN) beitragen.
Im Laufe dieser Arbeit konnte der molekulare Mechanismus hinter diesen Beobachtungen noch nicht geklärt werden.
Durch weitere Versuche meiner Arbeitsgruppe konnte jedoch gezeigt werden, dass die GYY4137-abhängige Induktion der CK10-Expression durch eine verstärkte Bindung der RNA-Polymerase II an den CK10 Promotor zustande kommt.