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Da zwischen der bakteriellen und der archaeellen Selenoprotein-Biosynthese deutliche Unterschiede existieren, sollten in dieser Arbeit trans-aktive Faktoren der Selenoprotein-Biosynthese von M. maripaludis molekulargenetisch analysiert werden um weitere Einblicke in die archaeelle Selenocystein-Biosynthesestrategie zu gewinnen. Die folgenden Ergebnisse wurden durch diese Arbeit erhalten: In Archaeen muss der Selen-Donor wie in Bakterien zu Selenophosphat phosphoryliert werden. Ohne die Aktivierung des Selen-Donors sind Archaeen nicht in der Lage Selenoproteine zu synthetisieren. Das für die Phosphorylierung des Selen-Donors verantwortliche Protein stellt in M. maripaludis interessanterweise selbst ein Selenoprotein dar. M. maripaludis ist nicht zwingend auf die Synthese von Selenocystein in einer Zwei-Schritt-Methode ausgehend von Seryl-tRNAsec, durch die Enzyme PSTK und SepSecS, angewiesen. Das Einbringen des bakteriellen Enzyms Selenocystein-Synthase in M. maripaludis, welches die gleiche Reaktion in einem Schritt durchführt, ohne Bildung des Intermediats O-Phosphoseryl-tRNAsec, ermöglicht es dem Organismus ebenfalls Selenoproteine zu bilden. Dies zeigt, dass das Intermediat O-Phosphoseryl-tRNAsec der archaeellen Selenoprotein-Biosynthese-Strategie für M. maripaludis nicht essentiell ist. Durch die Disruption eines notwendigen Faktors in der Selenoprotein-Biosynthese wird in M. maripaludis eine Veränderung der mRNA-Mengen, der für Selenoproteine und deren Cystein-haltigen Isoformen codierenden Gene ausgelöst. Diese Regulation ist unter bestimmten Bedingungen nicht reversibel. Ein Unterschied hinsichtlich der Essentialität des selenierenden Systems konnte zwischen den Stämmen M. maripaludis JJ und M. maripaludis S2 festgestellt werden. In M. maripaludis S2 ist das selenierende System essentiell. M. maripaludis JJ hingegen ist nicht auf Selenoproteine angewiesen. Weder die physiologische noch die molekulare Grundlage konnten im Rahmen dieser Arbeit aufgeklärt werden, allerdings kann das neu identifizierte HesB-ähnliche Selenoprotein als verursachender Faktor ausgeschlossen werden.
Die X-chromosomal gebundene chronische Granulomatose (X-CGD) ist eine seltene Erbkrankheit, bei der die NADPH-Oxidase der Phagozyten nicht funktionell ist. Der Grund hierfür liegt meist in Mutationen in der GP91phox Untereinheit der Phagozyten-Oxidase. Hierdurch treten lebensbedrohliche Bakterien- und Pilzinfektionen bei Patienten auf, was neben einer geringen Lebensqualität zu einer erheblich verkürzten Lebenserwartung führt. Eine Stammzelltransplantation eines gesunden Spenders ist bislang der einzige heilende Therapieansatz. Für X-CGD-Patienten, die keinen passen-den Spender zur Verfügung haben, stellt die genetische Modifikation autologer hämato-poetischer Stammzellen eine alternative Form der Therapie dar. Im Jahr 2004 wurden daher in einer präklinischen Phase I/II Studie in Frankfurt zwei X-CGD-Patienten gentherapeutisch behandelt. Hierbei wurden CD34+ Stammzellen ex vivo mit einem γ-retroviralen Vektor transduziert, der eine LTR-getriebene Expressionskassette für GP91phox trägt. Nach einer nicht-myeloablativen Konditionierung wurden die genetisch modifizierten Zellen der Patienten retransplantiert. Beide behandelten Patienten zeigten schon kurz nach Therapiebeginn eine deutliche Verminderung der Infektionsanfälligkeit und somit eine stark verbesserte Lebensqualität. Auf zellulärer Ebene konnte ein gutes Engraftment der modifizierten hämatopoetischen Stammzellen im Knochenmark beobachtet werden. In funktionellen Tests konnte die Bildung superoxidproduzierender Phagozyten für die Immunabwehr gezeigt werden. Das molekulare Monitoring beider Patienten hat jedoch über die Zeit eine Verringerung der Enzymaktivität in den Phagozyten (Superoxidproduktion) gezeigt, obwohl der Anteil genetisch modifizierter Zellen nicht geringer wurde. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit konnte durch quantitative RT-PCR-Analysen proviraler mRNA-Transkripte, eine Korrelation zwischen dem Verlust der Enzymaktivität und reduzierter Transgen-expression gezeigt werden. Durch DNA-Analysen peripherer Blutproben beider Patienten konnte eine verstärkte Methylierung an der Promotor-CpG-Insel, welche die Transgen-expression reguliert, als Ursache identifiziert werden. Weiterführende klonale Untersuchungen genmodifizierter Kolonien aus dem Knochenmark der Patienten offenbarten einen direkten Zusammenhang zwischen der Abwesenheit von Transkription bzw. Superoxidbildung und der Methylierung dieser CpG-Insel im proviralen Promotor-bereich. Somit konnte zum ersten Mal ein epigenetisches Silencing bei Patienten nach einer Behandlung mit Gentherapie nachgewiesen werden. In weiteren Versuchen konnte die vollständig ausgebildete, spezifische Methylierung des SFFV-Promotors in transduzierten Knochenmarkzellen eines Patienten durch in vitro Behandlung mit einem Methyltransferase-Inhibitor (Aza-D) in Kombination mit einem Histondeacetylase-Inhibitor (TSA) bis zu 30% reduziert werden. Dieser Teilerfolg zeigt, dass eine klinisch relevante Reaktivierung der Transgenexpression, durch Umkehrung des Silencings am SFFV-Promotor, prinzipiell möglich ist. Das Phänomen der Abschaltung der Genexpression des γ-retroviralen Vektors in der Frankfurter Gentherapiestudie, hat ein Testsytem zur Evaluierung zukünftiger Gentherapie-Vektoren erfordert. Durch Monitoring proviraler Parameter (Kopien, Transgenexpression, Proteinexpression und Promotor-CpG-Methylierung), in der murinen embryonalen Stammzelllinie P19 konnte in dieser Arbeit ein prädiktiver Silencing-Assay erfolgreich etabliert werden. Mit Hilfe dieses Systems wurden vielversprechende Silencing-resistente Vektoren mit dem UCOE (Ubiquitous Chromatin Opening Element) identifiziert. Hierdurch wurden wichtige Grundlagen geschaffen, um zukünftige virale Vektorsysteme in Bezug auf ihre Langzeitexpression testen zu können. Zusätzlich zu der Inaktivierung der transduzierten Expressionskassette konnte in beiden Patienten ein klonales Auswachsen von Subklonen beobachtet werden, das letztendlich zu einem myelodisplastischen Syndrom bei beiden Patienten führte. Der virale Enhancer war im Gegensatz zum viralen Promotor niemals methyliert, wodurch seine transaktivierenden Eigenschaften unbeeinflusst blieben. Diese enhancervermittelte Aktivierung proliferationsfördernder Gene (Mds1-Evi1-Genlokus) konnte durch RT-PCR-Analysen zunächst in Mischpopulationen aus peripherem Blut der Patienten nach-gewiesen werden. Weiterführende klonale Analysen in Knochenmarkzellen zeigten den direkten Zusammenhang zwischen der transkriptionellen Aktivierung des Mds1-Evi1-Genlokus und den proviralen Insertionen. Somit konnte die Ursache für die therapie-assoziierte, klonale Dominanz in beiden X-CGD-Patienten aufgeklärt werden. In der Frankfurter Gentherapiestudie wurde erstmals ein klinischer Erfolg für X-CGD-Patienten erzielt. Durch intensives molekulares Monitoring konnte im Rahmen dieser Arbeit aufgedeckt werden, dass der eingesetzte γ-retrovirale Vektor über das Phänomen der Insertionsmutagenese hinaus, auch in Bezug auf die epigenetische Abschaltung der Transkription (Silencing), für zukünftige Studien modifiziert werden muss. Sicherheits-verbesserte Vektoren mit einer Resistenz gegenüber Silencing in murinen embryonalen Stammzellen konnten in dieser Arbeit charakterisiert werden. Mit diesen Genfähren könnte der angestrebte Langzeittherapieerfolg in Zukunft möglich werden.
Primäre Tumore werden nach ihrem Entstehungsort benannt. Selbst Metastasen zeigen eine gewisse Ähnlichkeit mit ihrem ursprünglichen Gewebe. Somit gehören alle Geschwülste, die ursprünglich der Harnblase entstammen, zu den Harnblasenkarzinomen.
Das Harnblasenkarzinom geht meist (90-95%) von der Schleimhaut der ableitenden Harnwege aus und wird als Urothel bezeichnet. Dementsprechend haben die meisten Patienten mit der Diagnose Blasenkarzinom ein Urothel-Blasenkarzinom. Die restlichen Blasenkarzinome entfallen auf Adenokarzinome, Plattenepithelkarzinome, kleinzellige Karzinome, Sarkome, Paragangliome, Melanome oder Lymphome (Humphrey A. et al. 2016, Moch H. et al 2016).
Die Urothel-Blasenkarzinome können sowohl flach, als auch warzenförmig wachsen. Je nach Diagnostik „oberflächlich“ oder „muskelinvasiv“ lassen sich die Urothel-Blasenkarzinome in zwei Hauptgruppen unterteilen;
Etwa 70% der Erkrankten haben dabei ein oberflächliches Urothel-Blasenkarzinom, das auf die Blasenschleimhaut begrenzt ist und durch eine Basistherapie, sog. Transurethrale Resektion (TUR-B) behandelt wird. Dabei werden die in der Schleimhaut gewachsenen Tumore getrennt reseziert. Therapieergänzend und/oder prophylaktisch wird die Blase danach mit einem Chemotherapeutikum gespült (intravesikale Instillation). Diese Zytostatika-Behandlung soll das Wiederauftreten eines Rezidivs verhindern bzw. eventuell verlangsamen (Iida K. et al. 2016, Celik O. et al. 2016).
Das Prostatakarzinom (PCa) ist in Deutschland die häufigste bösartige Malignität beim Mann; jährlich erkranken etwa 58.000 Männer am PCa. Mit 11.000 Todesfällen pro Jahr liegt PCa in der Mortalitätsstatistik an dritter Stelle, hinter dem Bronchialkarzinom und dem Dickdarmkarzinom. Solange PCa auf die Vorsteherdrüse begrenzt ist, besteht die Möglichkeit einer Heilung über die Prostatektomie oder Bestrahlung. Bei etwa 15% der Neuerkrankungen tritt ein metastasierender PCa auf. Bei etwa 20% der Patienten mit organbegrenztem Tumor zeigen lokale Therapieformen keine Wirkung, so dass ebenfalls einer invasiven Ausbreitung Vorschub geleistet wird. Weitere Therapieformen bilden die Androgensuppression und die Chemotherapie. Bei der Androgensuppression kommt es sehr häufig zu einem hormonrefraktären Stadium, das über einen PSA-Anstieg definiert wird. Ist das hormonrefraktäre Stadium erreicht, stehen nur begrenzte Therapieoptionen zur Verfügung. In der jüngeren Vergangenheit wurden neue molekulare Substanzen entwickelt, die gezielt in den Metabolismus der Karzinomzellen eingreifen, die targeted therapy molecules. PCa ist eine sehr heterogene Karzinomentität. Das Verständnis des Zusammenspiels von parallelen und interagierenden mitogenen Signaltransduktionswegen beim PCa, die sein Wachstum, seine Differenzierung und seine Zellmotiliät regulieren, ist von enormer Bedeutung, um neue bzw. schon bestehende Inhibitoren gegen PCa erfolgreich zu entwickeln oder als Mono- bzw. Kombinationstherapie anzuwenden. Zu den beim PCa häufig überexprimierten Signalproteinen gehören der mammalian target of rapamycin (mTOR), die Rezeptor-Tyrosinkinasen (RTKs) und die Histondeacetylasen (HDACs). Ziel dieser Arbeit war es, die Effektivität von Inhibitoren auf diese Signalproteine als Einzel- und Kombinationstherapie im Hinblick auf das Zellwachstum und die Adhäsionseigenschaft der PCa-Zellen zu untersuchen. Zur Anwendung kamen RAD001, ein mTOR-Inhibitor, AEE788, ein Multikinaseinhibitor gegen den VEGF- und EGF-Rezeptor, die Valproinsäure (VPA), ein HDAC-Inhibitor und das Interferon-alpha-2a (IFNalpha2a), ein körpereigenes Zytokin. Die Untersuchungen basierten auf zellbiologischen und biochemischen Analysen in-vitro unter Verwendung der PCa-Zelllinien DU145, PC-3 und LNCaP und in-vivo mittels eines xenogenen Nacktmausmodells. Im Rahmen funktioneller Untersuchungen wurden unter den entsprechenden Therapien das Zellwachstum mit dem MTT-Test ermittelt, das Expressionsmuster der zellzyklusregulierenden Proteine durch die Western-Blot-Hybridisierung und die Progression des Zellzyklus mittels der Durchflusszytometrie untersucht. Im weiteren Verlauf wurden die Adhäsionsprozesse an Matrix und an Endothel analysiert und die Modulation der Integrinsubtypen mit Hilfe der fluorimetrischen und molekularbiologischen Methoden sowie deren Genaktivität evaluiert. Die Synthese der gebundenen und freien Form von PSA wurde mit dem ELISA-Verfahren gemessen. Zur detaillierten Aufklärung der Wirkmechanismen der Medikamente diente die nähere Untersuchung intrazellulärer Signalwege anhand molekularbiologischer Studien. AEE788, RAD001, VPA, nicht jedoch IFNalpha2a erzielten eine deutliche Reduktion im Zellwachstum und der Adhäsion der PCa-Zellen. Dabei war jede Substanz durch ein eigenes Wirkprofil charakterisiert und zeigte eine zelltypabhängige molekulare Aktivität. Während AEE788 und RAD001 eine direkte Wirkung auslösten, war der Effekt von VPA zeitversetzt. Im Gegensatz zu VPA und RAD001 beeinflusste AEE788 vor allem androgenresistente Zellen. Eine kombinierte Behandlung erwies sich nicht in allen Fällen als gleich effektiv. Letztendlich zeigten vor allem AEE788/RAD001, VPA/RAD001 und VPA/IFNalpha2a deutliche antitumorale Effekte. Dabei demonstrierten die Untersuchungen eine Verringerung des Zellwachstums, einhergehend mit einer deutlichen Modulation der relevanten regulatorischen Zellzyklusproteine, einer Zunahme der Tumorsuppressoren und einer deutlichen Verlangsamung der Zellzyklusprogression. AEE788/RAD001 und VPA/IFNalpha2a erzielten dabei eine effektive Reduktion von Wachstum und Adhäsion. In Analysen der Adhäsionsprozesse konnte die Modulation der Integrinsubtypen und der integrinassoziierenden Kinasen aufgrund der Substanzen demonstriert werden und zeigte bei androgenresistenen und androgensensitiven Zellen einen unterschiedlichen Wirkungseinfluss. Nur die Kombination von VPA/IFNalpha2a verringerte signifikant die PSA-Synthese und zeigte bei der Evaluation der intrazellulären Signalwege einen deutlichen Verstärkereffekt in der Regulation der Proteinexpression und der Aktivität von EGFR, ERK1/2 und P70S6K. In der darauffolgenden in-vivo-Untersuchung konnte der Verstärkereffekt von VPA/IFNalpha2a in einer effektiven Reduktion des Tumorvolumens demonstriert werden. Da insbesondere PCa einen sehr heterogenen Phänotyp aufweist, bietet vor allem die kombinierte targeted Therapie neue Hoffnung und vielversprechende Therapiemöglichkeiten. Die eigenen Daten demonstrieren, dass nur bestimmte Medikamenten-Kombinationen eine effektive Verstärkung der antikarzinogenen Effekte erzielen und eine wirksame Therapie des PCa ermöglichen. Bei der klinischen Anwendung ist zu beachten, dass abhängig von Geno- und Phänotyp individuelle Therapiekonzepte zu berücksichtigen sind.
Die rheumatoide Arthritis (RA) ist eine idiopathische chronisch-entzündliche Systemerkrankung, mit primärer Gelenkmanifestation. Die fortschreitende Gelenkentzündung ist die Folge einer immunologischen Fehlerkennung von Gelenkstrukturen durch dysregulierte B- und T-Lymphozyten. So lassen sich in bis zu 70% der entzündeten Gelenke von RA-Patienten IgG-Autoantikörper gegen das knorpelspezifische Kollagen Typ II (CII) nachweisen.
In dieser Arbeit wurde die CII-Epitop-spezifische humorale Autoimmunantwort in der Pathogenese der RA auf molekularer Ebene analysiert. Im Mittelpunkt stehen hierbei bereits gut charakterisierte B-Zell-Epitope auf dem CII, die über die Speziesbarrieren hinweg evolutionär konserviert sind und sowohl in der humanen RA als auch in der murinen Experimentalerkrankung des CIA-Modell (Collagen-Induced-Arthritis) immundominante Strukturen der humoralen arthritogenen Autoimmunität darstellen.
Ein Teilaspekt der Arbeit war die Aufklärung des molekularen Mechanismus, der den katabolen Effekten des murinen arthritogenen CII-Autoantikörper (UL-1) auf den chondrozytären Matrixmetabolismus zugrunde liegt, gewidmet. Der gegen ein immundominantes Epitop (U1-Epitop) auf dem CII gerichtete monoklonale Antikörper kann unabhängig von seinen Fc-vermittelten inflammatorischen Effektorfunktionen, eine direkte Schädigung der Knorpelmatrix über eine Modulation des Chondrozytenmetabolismus im CIA-Modell bewirken. Basierend auf der Analyse von Sequenzhomologien des U1-Epitopes konnte eine immunologische Kreuzreaktivität mit dem LIF (Leukemia-Inhibitory-Factor)-Rezeptor auf Chondrozyten nachgewiesen werden. Weitergehende funktionelle Studien haben jedoch gezeigt, dass die Rezeptorbindung durch den Antikörper keine intrazellulären Signalwege aktiviert, die an der aus der Literatur bekannten Proteoglykan-depletierenden Wirkung des Zytokins LIF beteiligt sind. Während somit eine UL-1 abhängige Aktivierung des LIF-Rezeptors als Erklärungsmodell der katabolen Antikörperwirkung ausscheidet, konnten die funktionellen in vitro Studien eine spezifische UL-1 Antikörper abhängige Src-Kinaseaktivierung in den humanen Chondrozyten als Ansatzpunkt für zukünftige Studien nachweisen.
In der RA-Pathogenese wird die Bedeutung posttranslationaler Modifikationen, insbesondere der Deiminierung von Argininresten unter Bildung von Citrullin für die Neoepitopgenerierung diskutiert. Autoantikörper gegen citrullinierte Peptide (ACPA, anti-citrullinated-peptides-antibody) gelten als diagnostische und verlaufsprädiktive Marker der RA. Zielstrukturen für ACPAs sind nicht nur einige ubiquitär exprimierte Proteine, sondern auch das knorpelspezifische CII. In dieser Arbeit konnte erstmals die in vitro Bindung CII-spezifischer ACPAs an Knorpelgewebe von RA-Patienten, das als asserviertes Biomaterial aus Synovektomie- bzw. Gelenkersatzoperationen zur Verfügung stand, nachgewiesen werden. Darüber hinaus gelang der erstmalige Nachweis einer chondrozytären Expression der für die posttranslationale Modifikation verantwortlichen Peptidylarginin-Deiminasen (PAD) PAD2 und PAD4 im Knorpelgewebe und ihre Hochregulation in den Chondrozyten unter oxidativem und genotoxischem Stress. Diese Stressoren sind an degenerativen Knorpel-veränderungen in der Pathogenese der Osteoarthrose (OA) beteiligt, sodass die Ergebnisse dieser Arbeit die Hypothese stützen, dass Degenerationsprozesse des alternden Knorpels zur Expression kollagenmodifiziernder PAD-Enzyme führen und damit die immunologische Selbsttoleranz des Knorpelgewebes durch Neoepitop-Generation in der Knorpelmatrix schwächen können.
Ein zentraler Aspekt der Arbeit galt der Analyse der CII-spezifischen humoralen Immunantwort im Blut und in der entzündlich veränderten Synovialmembran von RA-Patienten über die vergleichenden Analyse der rearrangierten Immunglobulingene in epitopspezifisch über biotinylierte CII-Peptide markierten B- und Plasmazellen. Die Isolation der markierten Zellen erfolgte mittels Laser-Mikrodissektion aus dem Gewebe und durchflusszytometrisch aus dem peripheren Blut. Die anschließende Sequenzanalyse der mittels semi-nested Einzelzell-PCR amplifizierten, für die variable Region der leichten und schweren Antikörperkette kodierenden V-Gene, ergab für die Erkennung des immundominanten CIIC1-Epitopes eine präferentielle V-Genverwendung. Darüber hinaus spricht der Nachweis höherer Mutationsraten in synovialen Plasmazellen im Vergleich zu CII-spezifischen B-Zellen im Blut für eine lokale synoviale Affinitätsreifung der Antikörperantwort. Die Klonierung der amplifizierten V-Gene in einen eukaryotischen Expressionsvektor ermöglicht die Expression rekombinanter Antikörper und deren Validierung im ELISA. Zukünftige Affinitätsbestimmungen und Kristallstrukturanalysen dienen dem verbesserten molekularen Verständnis der CII-Antikörpererkennung und murine Antikörper-transferexperimente der Evaluation der Arthritogenität der humanen CII-Antikörperantwort. Fernziel ist die Entwicklung einer auf der CII-Antigenspezifität beruhenden immunmodularischen Therapie der RA.
Gepaarte assoziative Magnetstimulation (PAS) kann im primären menschlichen Motorkortex (M1) sowohl langzeitpotenzierungs- (LTP) als auch langzeitdepressionsähnliche (LTD) Erregbarkeitsveränderungen hervorrufen. Dies kann durch die Untersuchung magnetisch evozierter Potentiale (MEP) erfasst werden. Dagegen ist wenig über die Auswirkungen von PAS auf willkürliche Aktivität des motorischen Kortex bekannt. Im ersten Experiment haben wir bewegungsabhängige kortikale Potentiale (MRCP) bei zehn gesunden Probanden im EEG registriert, um die willkürliche Aktivität im Motorkortex während der Vorbereitung zweier motorischer Aufgaben zu erfassen. Die Probanden mussten dabei entweder den Daumen abduzieren (Hauptmuskel: Musculus abductor pollicis brevis, APB) oder das Handgelenk strecken (Hauptmuskel: Musculus extensor carpi radialis, ECR). Die Amplituden der motorisch evozierten Potentiale im APB wurden dabei durch PASLTP gesteigert, durch PASLTD vermindert und blieben bei PAScontrol unverändert. Im Gegensatz dazu wurden sie im ECR durch keine PAS-Bedingungen verändert. PASLTP verminderte die Negativität der MRCP während des späten Bereitschaftspotentials (-500 bis 0 ms vor Bewegungsbeginn) nur in der APB-Aufgabe. Diese Veränderungen zeigten sich hauptsächlich über zentralen Elektroden kontralateral zur bewegten Hand. Dieser Effekt korrelierte negativ mit dem durch PASLTP induzierten MEP-Anstieg im APB. PASLTD und PAScontrol hatten dagegen keinen Einfluss auf die MRCP Amplituden. Unsere Ergebnisse deuten auf eine spezifische Wechselwirkung von PAS mit willkürlicher Aktivität im Motorkortex während der Vorbereitung motorischer Aufgaben hin. Dies könnte durch ein Zusammenspiel aus erhöhter Exzitabilität von M1 und einer unterbrochenen effektiven Konnektivität zwischen prämotorischen Arealen und M1 erklärt werden. Die Modulation des dorsolateralen prämotorischen Kortex (PMd) durch repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS) verändert die kortikospinale Erregbarkeit in M1. Die Auswirkungen von PMd-rTMS auf vorbereitende Prozesse für willkürliche Bewegungsabläufe sind jedoch unklar. Contingent negative variation (CNV) repräsentiert im EEG kortikale Vorbereitungsprozesse äußerlich getriggerter Bewegungen während das Bereitschaftspotential (BP) Vorbereitungsprozesse intern getriggerter Bewegungen repräsentiert. Im zweiten Experiment wurden CNV und BP jeweils vor und nach PMd-rTMS untersucht. Das Experiment bestand aus drei CNV-Versuchsblöcken mit insgesamt 243 Durchgängen. Dabei mussten die Probanden auf visuelle Anweisung hin eine zwei-Item Finger-Bewegungssequenz durchführen. RTMS wurde sowohl mit 1 Hz als auch mit 5 Hz bei einer Intensität von 110% der aktiven motorischen Schwelle (AMT) unter individueller MR-Navigation appliziert. Die Erfassung des BP erfolgte während der Durchführung derselben motorischen Aufgaben, allerdings bekamen die Probanden keine Anweisungen. Die Durchschnittsamplituden der frühen und späten Komponente von CNV (CNV1:1500-500 ms vor dem Startsignal (S2); CNV: 500-0 ms vor S2) und der frühen und späten Komponente des BP (BP1: 1500-500 ms vor EMG Beginn; BP2: 500-0 ms vor EMG-Beginn) wurden quantitativ für 25 zentrale Elektrodenpositionen verglichen. CNV2 zeigte eine signifikante Bahnung über dem frontal-zentralen Bereich nach 1 Hz PMd-rTMS, blieb aber unverändert nach 5 Hz PMd-rTMS. CNV1, BP1 und BP2 blieben durch 1 Hz und 5 Hz PMd-rTMS unbeeinflusst. Diese Ergebnisse lassen vermuten, dass der dominante PMd eine wichtigere Rolle in der Vorbereitung extern getriggerter Bewegungen spielt, als dies bei intern getriggerten Bewegungen der Fall zu sein scheint. Die CNV2-Antwort könnte eine intensive Interaktion innerhalb des menschlichen motorischen Kontrollnetzwerks anzeigen, die möglicherweise auf kompensationsähnlichen Mechanismen beruht.
Eine überlebenswichtige Eigenschaft von Mensch und Tier ist es, sich bei Gefahr durch eine Schreckreaktion in Sicherheit zu bringen. Doch woran erkennt ein Organismus, in welcher Situation es „sinnvoll“ wäre, sich zu erschrecken und welche Eigenschaften sensorischer Stimuli tragen zu dem Gefahreneindruck bei? Bei plötzlich eintretenden, lauten auditorischen Reizen kann es zur Auslösung der akustischen Schreckreaktion kommen. Dies führt bei Menschen, aber auch bei kleineren Säugetieren zu einer reflexartigen Kontraktion der Nacken-, Gesichts- und Skelettmuskulatur. Die Erforschung der akustisch evozierten Schreckreaktion (ASR) dient dem besseren Verständnis der neurobiologischen Grundlagen sensorischer Verarbeitung. Modulationen der ASR mithilfe von Präpulsen (Präpulsinhibition) ermöglichen Einblicke in die Funktion der Kochlea, des Hörnervs, der Hirnstammstrukturen und anderer beteiligter Gehirnregionen.
In dieser Arbeit wurden kurzzeitige Änderungen von Frequenz oder Intensität des akustischen Hintergrundes als neuartige Präpulse untersucht. Die Bedeutung verschiedener Reizparameter dieser Präpulse wurde in der vorliegenden Arbeit zum ersten Mal systematisch erforscht. Um zu prüfen, welche Präpulsstimulationen eine Inhibition der ASR auslösen können, wurde eine Reihe von Parametern umfassend getestet. In einem weiteren Schritt wurde analysiert, ob es mithilfe von gezielten Änderungen von Frequenz oder Intensität möglich sein könnte, Unterscheidungsschwellen, oder gar Hörschwellen von Versuchstieren zu bestimmen.
Die Experimente zur Modulation der ASR wurden mit weiblichen Sprague Dawley-Ratten durchgeführt. Dabei wurde eine Vielzahl von Verhaltensparadigmen untersucht. Dazu zählten Präpulse mit unterschiedlichem Frequenzgehalt und variabler Dauer. Zusätzlich wurden neuartige Paradigmen etabliert, um die Fähigkeit zur Frequenz- und Intensitätsdiskriminierung zu untersuchen. Hierbei wurde der Frequenzgehalt oder die Intensität einer kontinuierlichen Hintergrundstimulation verändert, um eine Präpulswirkung zu erzeugen. Um die Möglichkeiten der Bestimmung von Hörschwellen mittels der Präpulsinhibition (PPI) zu ergründen, wurde die Intensität von Präpulsen systematisch verändert. Die so generierten Schwellenwerte wurden durch die Messung früher akustisch evozierter Hirnstammpotenziale verifiziert. Schließlich sollten, unter Zuhilfenahme der Signaldetektionstheorie, aus den erhobenen Daten diverse Schwellen bestimmt werden: Für die Intensitätsänderungen der Präpulse in Stille wurden Hörschwellen bestimmt, während bei Änderungen der Frequenz und Intensität Unterscheidungsschwellen bestimmt werden sollten.
Mit steigender Größe eines Frequenzsprungs in einer kontinuierlichen Hintergrundstimulation war eine stärkere Inhibition der ASR feststellbar; ein Effekt, der stark von der Hintergrundfrequenz abhängig war. Bei einer Stimulation mit 8 kHz konnten signifikant höhere Inhibitionswerte erzielt werden als mit 16 kHz. Bei der Untersuchung des Zeitablaufs der Stimulation ergab sich, dass eine abgesetzte Stimulation mit einer Abweichung von 80 ms Dauer bis 50 ms vor dem Schreckreiz für die höchsten Inhibitionen sorgte.
Die durch eine Intensitätsänderung einer kontinuierlichen Hintergrundstimulation ausgelöste PPI hing primär von der Größe und Richtung des Intensitätssprungs ab. Mit zunehmender Sprunggröße stiegen die Inhibitionswerte an. Eine Erhöhung der Hintergrundintensität um 10 dB hatte einen signifikanten Einfluss auf die Inhibitionswerte. Auch hier zeigte sich eine höhere Sensitivität in Form von höheren Inhibitionen für Stimuli mit einer Hintergrundfrequenz von 8 kHz als für alle anderen getesteten Hintergrundfrequenzen.
Die Bestimmung von Hörschwellen mittels intensitätsabhängiger PPI wies im Vergleich mit den elektrophysiologisch bestimmten Hörschwellen ein heterogenes Bild mit starken individuellen Schwankungen auf: Bei etwa der Hälfte der Tiere waren die Hörschwellen beider Messungen sehr vergleichbar, bei den übrigen Tieren konnten mittels PPI für eine oder mehrere Frequenzen keine aussagekräftigen Hörschwellen erzielt werden. Die elektrophysiologisch bestimmten Hörschwellen waren am sensitivsten, während PPI-Stimulationen signifikant höher waren. Außerdem bewirkten PPI-Stimulationen mit Reintönen signifikant sensitivere Hörschwellen im Vergleich zu einem Schmalbandrauschen.
Für die Bestimmung der Unterscheidungsschwellen von Frequenzänderungen konnte beobachtet werden, dass die Tiere auf Frequenzsprünge hin zu niedrigeren Frequenzen signifikant sensibler reagierten, als hin zu Aufwärtssprüngen (-1.2 bzw. +4.5%). Bei der Intensitätsunterscheidung hingegen konnte beobachtet werden, dass die Tiere signifikant sensitiver auf Intensitätserhöhungen als auf Erniedrigungen reagierten (-5.9 bzw. +2.7 dB).
Zusammenfassend konnte in der vorliegenden Arbeit festgestellt werden, dass die PPI zur Bestimmung von absoluten Hörschwellen starken Schwankungen unterlag, sodass diese Methode nur eingeschränkt als Alternative zu operanter Konditionierung oder elektrophysiologischen Ableitungen in Frage kommt. Des Weiteren erzeugten bereits kleine Änderungen des Frequenzgehalts oder der Intensität einer Hintergrundstimulation eine robuste PPI. Somit können reflexbasierte Messungen mit überschwelligen Stimuli genutzt werden, um Unterscheidungsschwellen in Versuchstieren zu bestimmen. Diese Herangehensweise stellt also eine vielversprechende Methode dar, um Hörstörungen zu untersuchen, die nach einem Schalltrauma auftreten können. In einem nächsten Schritt könnte sie zur weiteren Charakterisierung von verstecktem Hörverlust beitragen.
Modellierung der klimatischen Habitateignung verschiedener krankheitsübertragender Vektorarten
(2018)
Der Klimawandel hat einen starken Einfluss auf die Verbreitungsgebiete von Arten. Infolgedessen kann sich das Verbreitungsgebiet von Arten verschieben, einschränken oder ausweiten. Bei thermophilen Arten wird vermutet, dass sie von den klimatischen Änderungen profitieren und sie sich wahrscheinlich ausbreiten werden. Eine solche Ausbreitung, wozu auch die Einwanderung von gebietsfremden Arten zählt, hätte nicht nur zahlreiche Konsequenzen für diese Ökosysteme, sondern könnte sich auch zu einem ernsten Gesundheitsrisiko entwickeln, wenn es sich bei den einwandernden Neobiota um Vektorarten handelt.
Stechmücken und Sandmücken, als blutsaugende Insekten, zählen zu den bekanntesten Vektorarten. Sie sind in der Lage, eine Vielzahl von Infektionskrankheiten wie das Denguefieber oder das Gelbfieber, aber auch protozoische Parasiten wie "Leishmania"-Arten zu übertragen. Als thermophile Arten sind viele dieser Vektoren aktuell in ihrer Verbreitung weitgehend auf tropische und subtropische Gebiete beschränkt. Eine Einwanderung in gemäßigtere Gebiete kann zu einer Einschleppung der durch sie übertragenden Erreger führen und damit zum Ausbruch von Infektionskrankheiten. Aufgrund der medizinischen Relevanz dieser Arten ist es essentiell, die räumliche Verbreitung, sowie die abiotischen Ansprüche der Vektorarten zu kennen, um deren mögliche Ausbreitung nachzuvollziehen.
Vor diesem Hintergrund beschäftigte sich die vorliegende kumulative Dissertation mit den klimawandelinduzierten Änderungen der Habitateignung verschiedener medizinisch relevanter Vektorarten. Dabei wurden die zwei invasiven Stechmückenarten "Aedes albopictus" (I-III) und "Aedes japonicus" (III), sowie zehn in Europa bereits vorkommende Sandmückenarten der Gattung "Phlebotomus" (IV), untersucht. Die Arbeit basiert auf vier (ISI-) Publikationen. Unter Verwendung ökologischer Nischenmodellierung wurden geeignete Gebiete unter aktuellen und zukünftigen Klimabedingungen bestimmt. Um dabei sowohl räumliche als auch zeitliche Aspekte zu berücksichtigen, wurden mehrere räumliche Skalen (Deutschland und Europa), sowie Zeitperioden (2030, 2050 und 2070) betrachtet. Des Weiteren wurden verschiedene Ansätze (einzelne Algorithmen und Ensemble-Modelle) zur Modellierung der Habitateignung verwendet.
Die Ergebnisse dieser Dissertation zeigen eine zukünftige klimawandelbedingte Ausweitung der geeigneten Gebiete für viele der betrachteten Vektorarten. So konnte gezeigt werden, dass die Habitateignung für "Aedes albopictus" in Deutschland (I) und in Europa (III) zukünftig deutlich zunimmt. Auch für die Sandmückenarten "Phlebotomus alexandri", "Phlebotomus neglectus", "Phlebotomus papatasi", "Phlebotomus perfiliewi" und "Phlebotomus tobbi" konnte eine deutliche Zunahme der klimatisch geeigneten Gebieten projiziert werden (IV).
Lediglich Arten, wie die Asiatische Buschmücke "Aedes japonicus" (III) und auch kältetolerantere Sandmücken, wie "Phlebotomus ariasi" und "Phlebotomus mascittii" (IV) scheinen weniger von diesen klimatischen Veränderungen zu profitieren und könnten in Zukunft sogar aktuell geeignete Gebiete verlieren (klimawandelinduzierte Arealverkleinerung). Bei "Aedes japonicus" konnte dies auf eine engeren Nische mit einem Optimum bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen zurückgeführt werden (III).
Am Beispiel von "Aedes albopictus" wurden ferner Umweltfaktoren identifiziert, die die Verbreitung der Art limitieren (II). Als wärmeliebende Art spielen bei "Aedes albopictus" in Mitteleuropa insbesondere die niedrigen Temperaturen eine Rolle, während in Zukunft die Sommertrockenheit in Südeuropa zunehmend eine Rolle spielen könnte.
Nischenmodellierung stellt trotz ihrer vereinfachenden Annahmen und Unsicherheiten, eine hilfreiche Methode zur Untersuchung klimawandelinduzierter Arealverschiebungen dar. Mit Hilfe der Modellierungsergebnisse konnten Gebiete mit einem hohen Etablierungsrisiko für die Vektorarten identifiziert werden, welche daher im Fokus künftiger Überwachungsprogramme stehen sollten. In Zukunft könnten mehr Vektorarten geeignete Bedingungen in Mitteleuropa finden, wodurch die Vektordiversität zunehmen wird. Dadurch könnte auch das Risiko für einen Ausbruch der durch die Vektoren übertragenen Krankheiten steigen.
Auch wenn das Vorhandensein eines kompetenten Vektors eine unerlässliche Voraussetzung für den Ausbruch einer Infektionskrankheit darstellt, gibt es noch weitere Faktoren, wie das Vorhandensein des Erregers. In Bezug auf die Risikoabschätzung vektorassoziierter Krankheiten sollten neben der Verbreitung des Vektors und des Erregers auch die abiotischen Bedingungen für die Entwicklung des Erregers berücksichtigt werden. Neben neu eingewanderten Arten sollten zudem auch die heimischen Arten in Bezug auf ihre Vektorkompetenz untersucht werden, da diese ebenfalls als potentielle Vektoren dienen und somit das Gesundheitsrisiko weiter erhöhen könnten.
Seit den 1950er Jahren hat sich Plastik als unverzichtbare Ressource im menschlichen Alltag etabliert. Als negative Folge dieses Booms wird seit einigen Jahrzehnten jedoch eine zunehmende Belastung aquatischer Ökosysteme mit Plastikmüll bzw. dessen Degradationsprodukten, sogenanntes „Mikroplastik“ (MP, < 5 mm) bzw. „Nanoplastik“ (NP, < 1 µm), beobachtet. Ziel dieser Arbeit war die Untersuchung des aktuellen Vorkommens von MP in limnischen Gewässern, die Analyse der Interaktion zwischen MP und limnischen Wirbellosenarten und der daraus resultierenden Toxizität sowie eine erste Risikoabschätzung.
Das Vorkommen von Mikroplastik in limnischen Gewässern wurde exemplarisch anhand der Elbe als großes Fließgewässer in Deutschland untersucht. Durch die Auswertung von elf Probestellen entlang des Verlaufs der Mittel- und Unterelbe konnte gezeigt werden, dass die MP-Konzentrationen im Sediment (2,26x10^4 – 2,27x10^7 P m^-3) im Mittel fast 150.000-fach höher sind als in der Wasserphase (0,88–13,24 P m^-3). Sedimente sind somit eine Senke für MP. Die Zusammensetzung der Polymerarten sowie MP-Formen deuten zudem an, dass die Partikel sowohl aus diffusen wie auch aus Punktquellen (z.B. Industrieabwässer) stammen. Im globalen Vergleich können die MP-Konzentrationen in deutschen Fließgewässern z. Z. als durchschnittlich betrachtet werden. Allerdings muss insgesamt davon ausgegangen werden, dass die bisher bestimmten MP-Umweltkonzentrationen die realen Konzentrationen möglicherweise unterschätzen. So zeigte die Elbestudie, dass die Sedimentfeinfraktion < 100 µm einen bedeutenden Polymeranteil enthielt. Die meisten bisher durchgeführten Studien zur Bestimmung von MP-Partikeln in Flüssen haben Partikel < 100 µm jedoch nicht in ihrer Analyse berücksichtigt.
Die Interaktion von MP mit limnischer Biota wurde anhand der Artgruppen der Muscheln (Bivalvia), Schnecken (Gastropoda) sowie Krebstiere (Crustacea) näher untersucht. Die Intensität der Interaktion ist maßgeblich von der Aufnahme von MP durch die verschiedenen Arten abhängig. Anhand von zahlreichen Aufnahmestudien mit verschiedenen limnischen Arten, darunter den Muschelarten Dreissena polymorpha, Sinanodonta woodiana und Anodonta anatina, der Lungenschnecke Lymnaea stagnalis sowie der Amphipodenart Gammarus pulex, wurde nachgewiesen, dass die MP-Aufnahme von den Eigenschaften der exponierten Arten bzw. Individuen, den MP-Charakteristika sowie den Expositionsbedingungen abhängt. Die Experimente mit Muscheln verdeutlichten die rasche Aufnahme, aber auch Exkretion von MP-Partikeln innerhalb weniger Stunden. In allen drei Artgruppen war die Aufnahme konzentrationsabhängig mit zunehmender Aufnahme bei steigenden MP-Konzentrationen. Die Muschelexperimente zeigten jedoch auch, dass eine gleichzeitige Exposition mit anderen Partikeln (z.B. Nahrung) zu einer reduzierten Aufnahme führt. Auch die Größe der Testorganismen beeinflusste die Aufnahme: So nahmen im Fall der Muscheln und Krebse kleinere Individuen (bzw. im Fall der Muscheln auch Arten) relativ pro Körpermasse mehr MP-Partikel auf als größere Individuen bzw. Arten. Für alle untersuchten Arten wurde darüber hinaus gezeigt, dass die MP-Größe relevanten Einfluss auf die Menge an aufgenommenen Partikeln hat.
Ein Vergleich zwischen den Artgruppen zeigte, dass Muscheln als filtrierende Organismen in den Laboruntersuchungen bei gleicher Expositionskonzentration mehr MP aufnahmen als Krebse (Zerkleinerer) und Schnecken (Weidegänger). Im Gegensatz zu Muscheln nutzen Krebstiere und Schnecken allerdings die Grenzschicht zwischen Wasser- und Sedimentphase als Suchraum für ihre Nahrung und sind in der Umwelt (auf Grund des höheren MP-Vorkommens in Sedimenten) somit möglicherweise gegenüber höheren MP-Konzentrationen exponiert als Muscheln. Die Extrapolation der gewonnenen Labordaten sowie der Vergleich mit publizierten Umweltdaten legen allerdings nahe, dass das MP-Vorkommen in Individuen aller drei Artgruppen bisher auf einige wenige MP-Partikel begrenzt ist. Ausgeprägte Unterschiede zwischen den Artgruppen sind bisher nicht erkennbar.
MP-Toxizitätsstudien mit G. pulex, L. stagnalis sowie D. polymorpha konnten trotz der Berücksichtigung einer Vielzahl an Endpunkten (Mortalität, Reproduktion, Nahrungsaufnahme, oxidativer Stress, Energiereserven, Immunzellaktivität) und trotz des Einsatzes zum Teil sehr hoher MP-Konzentrationen weit oberhalb aktueller Umweltkonzentrationen nur sehr wenige MP-induzierte Effekte nachweisen, darunter eine Steigerung der Filtrationsaktivität (D. polymorpha) bzw. Veränderung der Immunfunktion von Hämolymphzellen (L. stagnalis).
Zur weiteren Risikoabschätzung wurden diese Studienergebnisse mit publizierten Daten für marine und limnische Muschel- und Krebsarten in Artenempfindlichkeitsverteilungen (Species Sensitivity Distributions, SSD) zusammengeführt und jeweils eine SSD für Muscheln und Krebstiere erstellt. Die Erstellung einer SSD nur für limnische Arten ist zum jetzigen Zeitpunkt auf Grund der geringen Datenlage noch nicht möglich.
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Das Vorkommen von Kunststoffmaterialien <5 mm, sogenanntem Mikroplastik
(MP), in marinen Ökosystemen wurde bereits eingehend untersucht. Im Gegensatz dazu existieren erhebliche Wissenslücken hinsichtlich der Abundanz und der Auswirkung von MP in limnischen Ökosystemen. Vor diesem Hintergrund steht das Umweltvorkommen, mögliche Eintragspfade und die Auswirkungen von MP auf aquatische Invertebraten im Fokus dieser Arbeit. Zur Bestimmung der MP-Abundanz in Fließgewässern sind Sedimente der Elbe untersucht worden. Hierfür wurde zunächst eine Methode zur Extraktion und Identifizierung von MP aus Umweltproben entwickelt, optimiert und validiert. In der anschließenden Analyse konnten in elf Probenahmestellen 55–17400 MP kg-1 in den Sedimenten nachgewiesen werden. Der Einfluss der Gezeitenströmung wurde anhand der abnehmenden MP-Abundanz in der Tideelbe deutlich. Insgesamt weisen die Ergebnisse darauf hin, dass Sedimente von Fließgewässern eine Senke für MP darstellen. Für die Evaluation von Eintragspfaden von MP in Oberflächengewässer wurden die
Einleiter von fünf Kläranlagen beprobt und 240–897 MP m-3 in den Einleitern detektiert. Die Detailuntersuchung einer Kläranlage zeigte, dass >99% der MP-Fracht im Verlauf der Abwasseraufbereitung entfernt wird. Hierbei erfolgte die Hauptentfernung
bereits in der Vorklärung. Somit stellen Kläranlagen effektive Barrieren für den Eintrag von MP dar.
Insgesamt wird ersichtlich, dass die getesteten Arten C. riparius und G. pulex relativ insensitiv gegenüber einer MP-Exposition sind. So konnten bei G. pulex keine und bei C. riparius erst bei sehr hohen MP-Konzentrationen adverse Effekte detektiert werden. Hierbei ist die Autökologie der Spezies eine mögliche Erklärung für die Toleranz gegenüber partikulären Stressoren. Auf Basis dieser Daten sowie der ermittelten MPAbundanz kann das Umweltrisiko von MP in limnischen Ökosystemen vorläufig als
gering eingeschätzt werden. Hierbei gilt es jedoch zu beachten, dass eine abschließende
Bewertung aufgrund der nach wie vor existierenden Unsicherheiten nicht möglich ist. Diese Unsicherheiten betreffen die Umweltkonzentration von MP <80 μm, das Verhaltensowie das Wirkpotential dieser heterogenen und dynamischen Stressorenklasse
in umweltrelevanten Szenarien.
Terrestrische Säugetiere werden von unterschiedlichen Parasiten als Wirte genutzt. Dabei kann ihre Parasitenfauna je nach Art, Lebensweise, Verbreitung, Gesundheitszustand und Reproduktionsstatus des Wirts abweichen. Ein weiterer bestimmender Faktor, ist der Einfluss des Menschen in Form von Regulierungsmaßnahmen und Schaffung urbaner Lebensräume. Domestizierte Haustiere bzw. Nutztiere weisen daher in der Regel andere Parasiten auf als ihre wildlebenden Artgenossen. Gleichzeitig können sich sowohl Wildtiere als auch domestizierte Tiere und Menschen gegenseitig Parasitenarten teilen und wechselseitig aufeinander übertragen. Daraus resultierende Krankheiten werden als Zoonosen bezeichnet.
Insbesondere Fledermäuse (Unterordnung Microchiroptera) zeigen weltweit eine enorme Parasitendiversität, die noch weitgehend unerforscht ist. Ebenfalls Forschungsbedarf besteht für die Sandfloh-Gattung Tunga in Süd- und Mittelamerika in Hinblick auf ihr Wirtsspektrum, welches auch Menschen einschließt. Die Art Tunga penetrans und zahlreiche weitere Parasitenarten, parasitieren gleichzeitig auch bei Hunden. Daher stellen diese Wirte eine direkte Gesundheitsgefahr für Menschen in ihrer unmittelbaren Umgebung dar.
Die vorliegende Dissertation ist in kumulativer Form zusammengefasst und beinhaltet drei Einzelpublikationen sowie einen Reviewartikel.
Ziel war es, die Parasitendiversität von Hunden aus urbanen tropischen Gebieten und die Parasitendiversität des Großen Ameisenbären (Myrmecophaga tridactyla) mit Hilfe morphologischer und molekularbiologischer Methoden zu analysieren. Die jeweiligen Parasitenfaunen wurden in Hinblick auf die soziale bzw. solitäre Lebensweise der beiden Wirtsarten verglichen und ihr zoonotisches Potenzial bewertet.
Ein weiteres Ziel war die Zusammenfassung der Ektoparasitennachweise süd- und mittelamerikanischer Microchiroptera und für die europäischen Arten der Fledermaus-Gattung Myotis (hier Endo- und Ektoparasiten) auf Basis der verfügbaren Literatur. Des Weiteren sollten eigene Parasitennachweise aus Bolivien bzw. Deutschland erfolgen. Für die Nachweise aus Deutschland wurden M. myotis untersucht, deren Artzugehörigkeit vorher bestimmt wurde. Zusätzlich wurden diese Individuen auf humanpathogene Lyssaviren untersucht.
Die Nachweise erfolgten über molekularbiologische und morphologische Methoden.
Im Rahmen dieser Arbeit wurden verschiedene metabolische Anpassungsmechanismen des humanpathogenen Bakteriums Acinetobacter baumannii an seinen Wirt untersucht. Im ersten Teil wurde die Rolle von verschiedenen Trimethylammoniumverbindungen (Cholin, Glycinbetain und Carnitin) und den zugehörigen Aufnahmesystemen, sowie ihren Stoffwechselwegen während dieses Prozesses analysiert. Für die Analyse der Transportsysteme wurde eine markerlose Vierfachmutante (Δbcct) von A. baumannii generiert, sodass alle bekannten Transportsysteme für die genannten Verbindungen deletiert vorlagen. Wachstumsversuche mit dieser Mutante zeigten, dass es in A. baumannii keine weiteren Transporter für die Aufnahme von Cholin gibt, jedoch weitere primär aktive oder sekundär aktive Transporter für die Aufnahme von Glycinbetain. Weiterhin konnten innerhalb dieser Arbeit die KM-Werte der Transporter bestimmt werden. Verschiedene Virulenz- und Infektionsanalysen führten zu dem Schluss, dass die Transporter keine Rolle bei der Virulenz von A. baumannii spielen. In Genomanalysen konnten die Gene, die für die Enzyme des Oxidationsweges von Cholin zu Glycinbetain kodieren identifiziert werden (Cholin-Dehydrogenase (betA), GlycinbetainAldehyd-Dehydrogenase (betB) und ein potenzieller Regulator (betI)). Es wurden Deletionsmutanten innerhalb dieses Genclusters generiert, mit dessen Hilfe gezeigt werden konnte, dass Cholin unter Salzstress ausschließlich als Vorläufer für das kompatible Solut Glycinbetain fungiert und nicht als kompatibles Solut von A. baumannii genutzt werden kann. Virulenz- und Infektionsstudien mit den Deletionsmutanten zeigten, dass der Cholin-Oxidationsweg keine Rolle bei der Virulenz von A. baumannii spielt.
Die Cholin-Dehydrogenase BetA wurde zusätzlich in E. coli produziert und anschließend mittels NiNTA-Affinitätschromatographie aufgereinigt. Die biochemische Charakterisierung des Enzyms zeigte, dass BetA membranständig ist und die höchste Aktivität bei einem pH-Wert von 9,0 hat. Salze wie NaCl oder KCl hatten keinen Effekt auf die Aktivität des Enzyms, während Glutamat die Aktivität stimulierte.
Weiterhin konnte FAD als Cofaktor identifiziert werden und der KM-Wert ermittelt werden. Zudem konnte gezeigt werden, dass die Oxidation von Cholin zu Glycinbetain unter isoosmotischen Bedingungen zu einem Anstieg der ATP-Konzentration in A. baumannii-Zellsuspensionen führt und damit, dass Cholin als alternative Energiequelle genutzt wird. Das Phospholipid Phosphatidylcholin konnte als natürliche Cholinquelle identifiziert werden. Eine Rolle der Phospholipasen D bei der Abspaltung der Cholin-Kopfgruppe des Phosphatidylcholins konnte ausgeschlossen werden. Die Gene für die Oxidation von Cholin zu Glycinbetain werden ausschließlich in Anwesenheit von Cholin exprimiert, jedoch unabhängig von der extrazellulären Salzkonzentration. Diese Studien zeigten, dass der Cholin-Oxidationsweg eine Rolle in der metabolischen Adaptation von A. baumannii an den Wirt spielt. Phosphatidylcholin kann hier als natürliche Cholinquelle im Wirt genutzt werden, da die Wirtsmembranen aus bis zu 70 % Phosphatidylcholin bestehen. Transportstudien mit Carnitin führten zu dem Schluss, dass der Transporter Aci01347 aus A. baumannii neben Cholin ebenfalls Carnitin transportiert. Wachstumsversuche mit einer aci01347-Mutante bestätigen, dass Aci01347 essenziell für die Aufnahme und anschließende Verwertung von Carnitin als Kohlenstoffquelle ist. Es konnte weiterhin gezeigt werden, dass das Transportergen mit essenziellen Genen für den Carnitin-Abbau in einem Operon liegt. Für die Analyse des Abbauweges von Carnitin wurden markerlose Deletionsmutanten innerhalb des Operons generiert. In Wachstumsstudien mit diesen Mutanten konnte der Abbauweg aufgeklärt werden und der Regulator des Operons identifiziert werden. Carnitin wird hier über Trimethylamin und Malat-Semialdehyd zu D-Malat umgewandelt und anschließend über Pyruvat in den TCA-Zyklus eingespeist. Der Regulator wurde zusätzlich in E. coli produziert und mittels Ni-NTA-Affinitätschromatographie aufgereinigt. Mithilfe von EMSA-Studien konnte die Bindestelle des Regulators auf eine 634 Bp lange DNA-Sequenz stromaufwärts des CarnitinOperons eingegrenzt werden. Durch Transkriptomanalysen konnte gezeigt werden, dass bei Wachstum mit Acetylcarnitin, Carnitin und D-Malat die Expression des Carnitin-Operons induziert wurde. Darüber hinaus wurden die Gene konservierter Aromatenabbauwege wie z. B. des Homogentisatweges, des Phenylacetatweges und des Protocatechuat-Abbaus, verstärkt exprimiert. In G. mellonellaVirulenzstudien konnte eine Rolle des Abbaus von Carnitin bei der Virulenz von A. baumannii nachgewiesen werden. Zusätzlich konnte dieser Effekt dem entstehenden Trimethylamin zugesprochen werden...
Die Substitution von klassischen, mit der Nahrungsmittelproduktion in Konkurrenz stehenden, Substraten wie Glukose durch alternative Kohlenstoffquellen in der Biotechnologie ist sowohl aus ethischer, als auch aus ökonomischer Sicht erstrebenswert. Diese Arbeit beschreibt die Synthese von Bulkchemikalien in Form zweier Dicarboxylsäuren und einer Feinchemikalie in Form eines Sesquiterpens aus dem alternativen Substrat Methanol mit Hilfe genetisch veränderter Stämme des methylotrophen α-Proteobakteriums Methylobacterium extorquens.
Mesacon- und (2S)-Methylsuccinsäure sind Dicarboxylsäurederivate der CoA-Ester Mesaconyl- und (2S)-Methylsuccinyl-CoA, die als Intermediate im Ethylmalonyl-CoA- Weg (EMCP) vorkommen. M. extorquens nutzt den EMCP für die Regeneration von Glyoxylat, das für das Wachstum auf C1-Substraten wie Methanol obligatorisch ist. In dieser Arbeit konnte erstmals Mesacon- und (2S)-Methylsuccinsäure de novo durch die Expression einer für die Vorstufen Mesaconyl- und (2S)-Methylsuccinyl-CoA aktiven Thioesterase produziert werden. Ein kobaltlimitiertes Wachstum von M. extorquens führte aufgrund mangelnder Cofaktorversorgung zweier Vitamin-B12-abhäniger Mutasen im EMCP zu einer Akkumulation der beiden CoA-Ester-Vorstufen, womit eine Produktion von 0.65 g/l Mesacon- und (2S)-Methylsuccinsäure erreicht wurde. Weitergehende Untersuchungen belegten außerdem einen positiven Effekt eines ausgeschalteten PHB-Zyklusses auf die Produktion der beiden EMCP- Dicarboxylsäurederivate.
Diese Arbeit beinhaltet zusätzlich grundlagenwissenschaftliche Untersuchungen zur Substitution der EMCP-katalysierten Glyoxylatregeneration durch einen heterologen Glyoxylatzyklus in EMCP-negativen M. extorquens-Stämmen. Dabei konnte erstmals ein methanolverwertendes, methylotrophes Bakterium identifiziert werden, das einen Serin-Zyklus in Kombination mit dem Glyoxylat-Zyklus zur Kohlenstoffassimilation verwendet, ohne dabei zusätzliche Stoffwechselwege zur CO2-Fixierung wie den EMCP, RuMP oder CBB-Zyklus zu verwenden.
Die Präsenz einer nativen C30-Carotinoidbiosynthese, ausgehend von der Vorstufe Farnesylpyrophosphat (FPP), empfiehlt M. extorquens als Produktionsorganismus für (Sesqui-)Terpene. In dieser Arbeit wurde mit Hilfe einer induzierbar gesteuerten Expression einer Terpensynthase in Form einer α-Humulen-Synthase, einer FPP-Synthase und eines prokaryontischen Mevalonatweges, erstmals die de novo Synthese eines Terpens aus Methanol am Beispiel des α-Humulens etabliert. Durch optimierte Expressionen der Terpensynthase, FPPS und einzelner MVA-Gene mit Hilfe angepasster Translationsinitiationsraten der jeweiligen ribosomalen Bindestellen und der Verwendung eines in der nativen Carotinoidbiosynthese inhibierten M. extorquens-Stammes wurden finale Produkttiter von bis zu 1.65 g/l α-Humulen in Fed-Batch-Fermentationen erreicht.
Diese kumulative Dissertation beinhaltet außerdem einen Reviewartikel, in dem der verwendete Mikroorganismus M. extorquens in mikrobiologischer, genetischer, biochemischer und auch biotechnologischer Hinsicht ausführlich beschrieben wird. Zudem gibt ein Buchkapitel eine Übersicht über die Verwendung von Methanol in der Biotechnologie.
Die Differenzierung zwischen Teilpopulationen hin zu unterschiedlichen Arten kann nur erfolgen, wenn zwischen diesen Teilpopulationen reproduktive Isolation besteht. Wie die unterschiedlichen Arten von reproduktiver Isolation zusammenwirken und welche Voraussetzungen bestehen müssen, um neue Arten zu bilden, muss in jedem Studiensystem untersucht werden. Ein idealer Ansatzpunkt sind Arten, die sich mehrfach an anspruchsvolle Habitate angepasst haben, deren Artbildung also von ökologischen Habitatparametern bestimmt wird. Dieser Vorgang wird als Ökologische Artbildung bezeichnet. Im Artkomplex Poecilia spec., der im Süden Mexikos mehrere schwefelangepasste Ökotypen ausgebildet hat, wurden erste Hinweise auf eine Korrelation zwischen der Selektionsstärke von natürlicher und sexueller Selektion gefunden, deren Einfluss zusammen die bestehenden reproduktiven Barrieren zwischen Klarwasser- und Schwefelökotyp formen. Wie diese Reproduktionsbarrieren beschaffen sind und wie die Umweltvariable Schwefel auf die Morphologie und das Verhalten der Poeciliiden Einfluss nimmt, wurde in der vorliegenden Arbeit anhand von fünf Fragestellungen untersucht. (1) Die Körperfärbung kann ein aussagekräftiges Signal für die Qualität des potentiellen Partners bei der Fortpflanzung sein. Wie beeinflusst die extreme Umweltvariable Schwefel die Ausbildung von Färbung? (2) Sind die gefundenen Anpassungen der Färbung erblich oder werden sie plastisch entsprechend des Nahrungsangebots ausgebildet? (3) In einem der untersuchten Flusssysteme konnte unvollständige reproduktive Isolation zwischen der Klarwasser- und Schwefelpopulation nachgewiesen werden. Sind in den Mischzonen zwischen diesen beiden Habitaten Hybriden genetisch nachweisbar und bilden diese die Färbungsanpassungen der Klarwasser-, der Schwefelpopulation oder eine intermediäre Form aus? (4) Die Gelbfärbung der Flossen bei Männchen scheint ein geeignetes Merkmal für die Anzeige der Qualität zu sein, da es möglicherweise unabhängig vom Nahrungsangebot ausgebildet wird. Besteht eine weibliche Präferenz für dieses Merkmal? (5) Auch die weibliche Partnerwahlpräferenz wird vom Habitat und dem eigenen Zustand beeinflusst. Wie verändert sich die Präferenz für Männchen mit gutem Ernährungszustand bei Weibchen, die hungrig sind?
Um diese Fragen zu beantworten, wurden in mehreren Jahren Männchen und Weibchen der Arten Poecilia mexicana und Poecilia sulphuraria aus sieben Populationen im Studiengebiet in Südmexiko gefangen und auf ihre Färbung untersucht sowie Laborpopulationen getestet. Es konnten generelle Anpassungen der Färbung an die Umweltvariable Schwefel nachgewiesen werden. Dazu gehören die Aufhellung der Körperregionen, die durch Tarnung (konkret: countershading und background matching) vor Entdeckung durch Prädatoren schützen, und die Reduktion von Gelb- und Rottönen. Diese Anpassung ist vermutlich auf das geringe Angebot an Karotinoiden in den schwefelbelasteten Extremhabitaten zurückzuführen. Außerdem konnten zahlreiche flusssystem¬spezifische Anpassungen beschrieben werden, deren Ursachen in den Unterschieden zwischen den Schwefelhabitaten untereinander begründet sind. Das Flusssystem des Río Tacotalpa stellt hier eine Besonderheit dar, da Männchen eine besonders starke Gelbfärbung der Flossen aufweisen. Wildgefangene und laborgeborene Männchen dieses Flusssystems wurden verglichen, um einen Hinweis auf den Einfluss des Nahrungsangebots auf dieses Merkmal zu untersuchen. Tatsächlich ist die Ausprägung dieses Merkmals, die Gelbfärbung der Flossen, unabhängig vom Angebot an Karotinoiden. Während die hier verwendeten genetischen Analysen nicht geeignet waren, Hybriden aus den Mischzonen zwischen Schwefel- und Klarwasserhabitat nachzuweisen, ergaben die Untersuchungen von Individuen aus den Mischzonen keine eindeutigen Ergebnisse über eine etwaige intermediäre Ausbildung der Färbung. Die Präsentation von Männchen, deren Gelbintensität an den Flossenspitzen künstlich verändert wurde, konnte bei Weibchen keine eindeutige Präferenz für stärker gefärbte Männchen aufzeigen. Vielmehr weist dieses Ergebnis auf eine starke Korrelation zwischen mehreren Merkmalen (z. B. weitere morphologische Merkmale, Verhalten) hin, die für die Beurteilung der männlichen Qualität herangezogen werden. Die weibliche Präferenz für konditionsabhängige Merkmale wird bei schwefelangepassten Weibchen leicht verstärkt, wenn diese hungrig sind. Eine solche flexible Präferenz sollte gerade in Habitaten mit starken Fluktuationen im Nährstoffangebot existieren. Dabei waren Weibchen, denen Videoaufnahmen präsentiert wurden, eher in der Lage, das qualitativ hochwertigere Männchen zu identifizieren, als Weibchen, denen animierte Bilder präsentiert wurden. Auch hier wird davon ausgegangen, dass die Reduktion auf eines oder wenige Merkmale, die für die Partnerwahl zur Verfügung stehen, keine ausreichend starke Reaktion auslösen können. Vielmehr ist der Zugriff auf alle Aspekte der männlichen Erscheinung wichtig, um die Qualität des potentiellen Partners zu beurteilen.
Färbung ist also generell geeignet, den Ökotyp eines Individuums zu bestimmen und ein solches Merkmal kann der Artbestimmung im ersten Schritt der Partnerwahl dienen. Dasjenige männliche Färbungsmerkmal, das über mehrere Generationen gleichbleibend ausgeprägt wurde – die Gelbfärbung der Flossen – reicht jedoch nicht aus, um bei der weiblichen Partnerwahl eine Reaktion auszulösen. Vielmehr deuten die Ergebnisse auf eine enge Korrelation der Färbung mit weiteren Merkmalen in Morphologie und Verhalten eines Individuums hin, die vom wählenden Weibchen stets gemeinsam entsprechend der Multiple-message-Theorie betrachtet werden. Auch der Vergleich zwischen Videoaufnahmen und animierten Fotografien als Stimuli bei der Partnerwahl ergab, dass der Aspekt Verhalten (nur verfügbar mit Videoaufnahmen) für eine Partnerwahlentscheidung von Bedeutung ist.
Meine Arbeit konnte den bestehenden Wissensschatz um die bestehenden reproduktiven Barrieren im Studiensystem um den Aspekt der Färbung erweitern. Meine Ergebnisse zeigen weitere spannende Fragestellungen auf. Je größer das Verständnis der vorliegenden Selektionskräfte und Mechanismen reproduktiver Isolation ist, desto besser kann die Wissenschaft verstehen, welche Umgebungsvariablen welchen Einfluss auf den Prozess der Artbildung haben.
The tremendous body of knowledge about genetics, cell biology, and metabolism of Saccharomyces cerevisiae, as well as its long history and robustness in industrial fermentations, have made this yeast one of the most popular microbial cell factories. Novel genetic tools have enabled the rapid construction of strains producing various platform chemicals, fuels, or pharmaceuticals. The relevance of synthetic biology approaches, such as the construction of fully synthetic genomes and artificial cellular compartments are not only relevant for biotechnological applications but can also lead to new insight into basic principles of life.
Die Brustdrüse (glandula mammaris) bietet ein einzigartiges Modellsystem zum Studium der adulten Stammzellen und der molekularen Signalwege, welche die Selbsterneuerung dieserZellen sowie die Proliferation und Differenzierung der Vorläuferzellen kontrollieren. Die Brustdrüse besteht aus dem Brustepithel und dem Stroma, das zum größten Teil aus dem Fettgewebe gebaut ist. Es enthält auch andere Zelltypen z. B. Fibroblasten und Makrophagen. Die Entwicklung der Brustdrüse findet hauptsächlich nach der Geburt, während der Pubertät, Schwangerschaft und Laktation statt. Ein funktionelles Brustepithel wird während der aufeinander folgenden Zyklen von Schwangerschaft, Laktation und Abstillen auf- und wieder abgebaut. Diese Regenerations-Kapazität kann für die Organrekonstitution genutzt werden. Die Transplantation der kleinen Anzahl von Brustepithelzellen oder des Drüsenfragments in das Fettgewebe einer Empfängermaus, deren eigenes Brustepithel entfernt wurde (cleared fat pad), führt zur vollständigen Epithelregeneration. Die zyklische Entwicklung und Regenerations-Fähigkeit des Epithelgewebes lässt auf die Existenz von Stammzellen schließen, die im Verbund der Epithelzellen überdauern. Diese gewebespezifischen Stammzellen sind in der Lage sich durch asymmetrische Zellteilung zu erneuern (self-renewal) und gleichzeitig die differenzierenden Vorläuferzellen zu bilden. Die während der Pubertät und Schwangerschaft erhöhten systemischen Hormone, lokalen Wachstumsfaktoren und Zytokine kontrollieren die Stammzellen-Proliferation und die Differenzierung der Vorläuferzellen in den verschiedenen Brustepithel-Zelllinien: Myoepithel-, Luminal- und Alveolarzellen. Aufgrund der Tatsache, dass die Entstehung von Brustkrebs mit aberranten Proliferations- und Differenzierungsprogrammen in malignanten Stamm-/ Vorläuferzellen (cancer stem cells) einhergeht, ist die Identifizierung der Signalwege, die diese Prozesse regulieren, für die Stammzellen- und Krebs-Forschung sehr bedeutend. Basierend auf diesen Erkenntnissen wurden im Rahmen des vorliegenden Projektes die Methoden zur genetischen Manipulation von nicht-angereicherten Brustdrüsen-Stammzellen entwickelt. Durch effiziente lentivirale Transduktion von adhärenten Primärzellen wurden nahezu 90% der Zellen, einschließlich der Stammzellen, transduziert. Diese Optimierung erfolgte durch 1) die Anwendung von konzentrierten Lentiviren mit hoher Qualität, 2) Passagierung der Primärzellen und Entfernung von Gewebeklumpen von den VIII Primärzellkulturen, und besonders 3) durch die Reduzierung der Zelldichte während der viralen Transduktion. Für Brust-Stammzellen sind keine spezifischen Oberflächen-Marker bekannt und daher ist ihre Isolierung deutlich erschwert. Man konnte sie bis jetzt nur anhand der moderaten Expression von CD24 (hitzestabilen Antigen) und hoher Expression von CD49f oder CD29 (α6- oder β1-Integrin) ungefähr 10-fach anreichern. Allerdings haben andere Studien gezeigt, dass die Transplantation der FACS-sortierten Stammzellen zu einer Schädigung der Stammzellen und folglich zu einer Reduktion der Repopulation-Frequenz führen kann. Aus diesem Grund wurden die genetisch modifizierten Stammzellen nicht sortiert. Durch die Transplantationen der transduzierten Primärzellen wurde ihr Stammzellen-Anteil in ihrer natürlichen Nische (cleared fat pad) selektiert. Die transplantierten Stammzellen sind in der Lage duktale Auswüchse zu entwickeln. Mit dieser Strategie konnten Transplantate mit homogener Expression von Fluoreszenz-Markergenen, wie z. B. GFP, erzielt werden. FACS Analysen der Zellen, die aus Transplantaten isoliert werden, haben gezeigt, dass alle drei Brustepithelzell-Populationen, nämlich Luminal-, Basal- und Stammzellen, transduziert waren und GFP exprimierten und daher aus transduzierten Zellen hervor gingen. Die Transplantationen einer Mischung der unterschiedlich fluoreszenzmarkierten Stammzellen ergaben einzelne verzweigte Auswüchse, in denen jeweils nur ein Fluoreszenz-Markerprotein exprimiert wurde. Sie stammen sehr wahrscheinlich von einzelnen transduzierten Stammzellen ab und wachsen jeweils in einem begrenzten Bereich des Brustfettgewebes aus. Die Immun-Antwort der Empfängermäuse gegen Fluoreszenz- Markerproteine könnte das Auswachsen der Transplantate inhibieren. Brustepithelium-Rekonstitutionen waren daher in den Rag2-/-γc-/- Empfängermäusen mit geschwächtem Immunsystem besonders effiziert. Die lentivirale Manipulation von Stammzellen und deren Einsatz in Brustepithelium-Rekonstitutionen kann als alternative Methode zur gewebsspezifischen Knockout-Technik angesehen werden. Für die Etablierung dieser Methode wurde im Rahmen dieser Arbeit ein zentraler Transkriptionsfaktor in der Brustentwicklung, signal transducer and activator of transcription 5 (Stat5), untersucht. (...)
Lieblingsbild
(2017)
Dieses Bild ist wichtig, weil wir daran verstanden haben, wie in der Zelle fehlerhaftes Spleißen verhindert wird. Dazu muss man wissen, dass unsere Gene sich aus Exons und dazwischenliegenden Introns zusammensetzen. Während des Spleißens werden die Introns entfernt und die Exons in ein reifes Transkript zusammengefügt, das dann für ein Protein kodiert. Allerdings gibt es innerhalb der Introns viele Bereiche, die einem Exon sehr ähnlich sehen. Werden diese sogenannten "PseudoExons" fälschlicherweise während des Spleißprozesses erkannt und in das reife Transkript eingebaut, kann das fatale Folgen für das kodierte Protein und oft die gesamte Zelle haben. ...
Mit der Optogenetik hat sich in der Neurowissenschaft eine Revolution vollzogen. Die Optogenetik erlaubt, Nervenzellen einfach mit Licht und mit bis dato nicht gekannter Genauigkeit zeitlich und räumlich elektrodenfrei an- und abzuschalten. Dies wird durch das Einbringen genetisch codierter Lichtschalter, sogenannter mikrobieller Rhodopsine, in den Nervenzellen erreicht. Die Methode, die in Frankfurt und in Regensburg ihren Ursprung genommen hat, wird heute in der Neurobiologie weltweit eingesetzt. Neben der Grundlagenforschung eröffnen sich dank der Optogenetik auch neue biomedizinische Perspektiven zur Gentherapie neurodegenerativer Krankheiten.
Beobachten, untersuchen, experimentieren: Wie soll das gehen unter Pandemiebedingungen? Wenn auch die Chancen der digitalen Medien nun gezwungenermaßen zusehends sichtbar wurden, so sind gerade für angehende Biologielehrkräfte Primärerfahrungen mit originalen Organismen und das Einüben naturwissenschaftlicher Arbeitsmethoden sehr wichtig...
Lauschangriff mit tödlichen Folgen : Signalmoleküle von Bakterien können fremden Arten schaden
(2016)
Eine der wichtigsten Fähigkeiten aller Lebewesen ist die Kommunikation. Ihre universelle Ausdrucksform findet sie im Austausch hoch spezifischer Signalmoleküle. Bei der Entschlüsselung der diversen »Sprachen« und »Dialekte« von Bakterien machen Forscher immer wieder neue und überraschende Entdeckungen, die auch eine Alternative zu Antibiotika versprechen.
Das Gehirn weist in mehreren Bereichen anatomische Asymmetrien zwischen beiden Hemisphären auf, so auch in Bereichen der Hörrinde. Zudem ist bereits langjährig bekannt, dass menschliche Sprache vorrangig in der linken Gehirnhälfte, d.h. linksseitig lateralisiert, verarbeitet wird. Daraus folgend stellt sich die Frage, ob dies eine besondere Spezialisierung ist, oder ob es noch weitere lateralisierte Hirnfunktionen gibt. Viele akustische Signale haben dabei frequenzmodulierte (FM) Komponenten, die im Hörsystem für die Erkennung nach Parametern wie Richtung und Dauer der Modulation analysiert werden müssen. Ob die Analyse von FM-Komponenten oder einzelner Reizparameter im Gehirn lateralisiert stattfindet, wurde in der Literatur meist mit bildgebenden Verfahren untersucht.
Für das Erkennen und Unterscheiden der Modulationsrichtung weist eine Vielzahl von Studien auf eine erhöhte Aktivität in der rechten Hörrinde hin. Für die Analyse von Stimulusdauern ist es bisher allerdings noch unklar bzw. umstritten, ob diese lateralisiert erfolgt. Für die Untersuchung der Lateralisierung einfacher Sprachkomponenten werden häufig Konsonant-Vokal-Silben (CV-Silben) verwendet. In einer Vielzahl von Studien konnte eine linkslastige Lateralisierung, wie bei der Spracherkennung, gezeigt werden.
In der vorliegenden Arbeit wurde nun untersucht, ob ein eindeutigeres Muster von Lateralisierung zu finden ist, wenn diese in Wahrnehmungsexperimenten, untersucht wird. Dabei wurde ein zu untersuchender Teststimulus (FM-/CV-Stimulus) auf einem Ohr mit einem kontralateralen breitbandigen Rauschen auf dem anderen Ohr gleichzeitig präsentiert. Durch die Struktur der Hörbahn kann dabei davon ausgegangen werden, dass in einer Hemisphäre des Vorderhirns vorrangig Informationen aus dem kontralateralen Ohr verarbeitet und Informationen aus dem ipsilateralen Ohr unterdrückt werden und sich somit Rückschlüsse auf die Funktion/Beteiligung einer Hemishpäre ziehen lassen. Das Rauschen diente dabei zur unspezifischen Aktivierung der gegenüberliegenden Hemisphäre.
Die Lateralisierung wurde systematisch für unterschiedlich komplexe Reize untersucht. Dazu wurden in zwei Versuchsreihen Unterscheidungsexperimente durchgeführt, die sich in mehrere Messungen (mit mehreren Durchläufen) mit unterschiedlichen Parametereinstellungen gliederten. Pro Durchlauf musste sich die Versuchsperson immer zwischen zwei Antwortmöglichkeiten entscheiden (2-AFC-Verfahren). Der Schalldruckpegel des Rauschens war dabei für alle Messungen konstant. Der Schalldruckpegel der Teststimuli blieb zwar während einer Messung konstant, wurde jedoch innerhalb eines Experimentes von Messung zu Messung reduziert.
In einer gemeinsamen Analyse wurden jeweils die Fehlerraten und Reaktionszeiten beider Ohren, getrennt nach Seite und FM-/ CV-Stimulus, miteinander verglichen, um so auf eine mögliche Lateralisierung schließen zu können. Damit die Daten der Versuchspersonen bei vergleichbarer Schwierigkeit analysiert werden konnten, wurde als Vergleichswert zwischen allen Versuchspersonen der Schalldruckpegel der ersten Messung mit einer Fehlerrate von mindestens 15,0 % gewählt (15 %-Kriterium). Um auszuschließen, dass das Hörvermögen der Versuchspersonen Unterschiede zwischen beiden Ohren aufweist, wurde vor jeder Messung der „Punkt subjektiver Gleichheit“ für die Lautstärke-wahrnehmung zwischen linkem und rechten Ohr bestimmt.
In der ersten Versuchsreihe wurde dabei die Verarbeitung der Modulationsrichtung und der Stimulusdauer von FM-Stimuli untersucht. Es zeigte sich für beide Experimente, dass ein sinkender Schalldruckpegel des FM-Stimulus zu einer steigenden Fehlerrate führte. Unter Anwendung des 15 %-Kriteriums waren die Fehlerraten für die Unterscheidung der Modulationsrichtung signifikant geringer, wenn der FM-Stimulus auf dem linken Ohr präsentiert wurde. Dies ist ein deutlicher Hinweis für eine rechtslastige Lateralisierung.
Für die Unterscheidung der Stimulusdauer gab es dagegen keinen signifikanten Unterschied zwischen den Fehlerraten beider Ohren. Somit muss davon ausgegangen werden, dass beide Hemisphären für diese Aufgabe benötigt werden und eine bilaterale Verarbeitung stattfindet. In den Reaktionszeiten konnten in beiden Experimente keine signifikanten Unterschiede gezeigt werden. Die Unterscheidung der Modulationsrichtung wurde dabei von allen Versuchspersonen als einfacher eingestuft als die Unterscheidung der Stimulusdauer, was sich auch in niedrigeren Antwortschnelligkeit und Fehlerraten bei vergleichbaren Schalldruckpegeln zeigte.
In der zweiten Versuchsreihe wurde als Referenzmessung nochmals die Unterscheidung der Modulationsrichtungen von FM-Stimuli durchgeführt. Anschließend wurde die Unterscheidung von „da“ und „ga“ untersucht. Diese CV-Silben differieren ausschließlich in der FM-Komponente. Die Untercheidung von CV-Silben ohne Unterschied in der FM-Komponente wurde mittels „ta“ und „ka“ getestet. Für alle drei Experimente zeigte sich, dass ein geringerer Schalldruckpegel des FM- oder CV-Stimulus zu einer steigenden Fehlerrate führte. Unter Anwendung des 15 %-Kriteriums zeigte sich für die Unterscheidung der Modulationsrichtung ein Trend zu niedrigeren Fehlerraten bei der Präsentation des FM-Stimulus auf dem linken im Vergleich mit dem rechten Ohr. In den Reaktionszeiten konnten keine signifikanten Unterschiede gezeigt werden.
Für die Unterscheidung von „da“ und „ga“ ließ sich unter Anwendung des 15 %-Kriteriums in den Fehlerraten und Reaktionszeiten kein Vorteil eines Ohres nachweisen. Dagegen zeigten sich klare Unterschiede bei einzelnen Versuchspersonen. So waren die Fehlerraten für Versuchspersonen, die vorwiegend „da“ erkannt bzw. gehört hatten signifikant höher, wenn der CV-Stimulus auf dem rechten Ohr präsentiert wurde, für „ga“-Hörer war das Gegenteil der Fall. In den Reaktionszeiten konnte kein signifikanter Zusammenhang nachgewiesen werden. Somit ließ sich zeigen, dass je nach Strategie der Versuchsperson bzw. deren individueller Wahrnehmung der CV-Silben, Unterschiede in der Lateralisierung erreicht werden können.
Für die Unterscheidung von „ta“ und „ka“ zeigten sich unter Anwendung des 15 %-Kriteriums signifikant niedrigere Fehlerraten und Reaktionszeiten, wenn der CV-Stimulus auf dem linken Ohr präsentiert wurde. Dies weist deutlich auf eine rechtslastige Lateralisierung hin. Vergleicht man alle drei Experimente ließ sich zudem zeigen, dass die Unterscheidung der Modulationsrichtung einfacher war als die Unterscheidung verschiedener CV-Stimuli. Dabei war die Unterscheidung von „da“ und „ga“ für die Versuchspersonen schwieriger als die Unterscheidung von „ta“ und „ka“. Allerdings konnte in den Lateralisierungsdaten kein direkter Zusammenhang zwischen den FM- und „da“-/„ga“-Stimuli gezeigt werden.
Zusammenfassend konnte in allen fünf Experimenten eine verschieden stark lateralisierte Verarbeitung von akustischen Stimuli bei gleichzeitigem kontralateralen Rauschen gezeigt werden. Der Vorteil eines Ohres (bzw. einer Hemisphäre) war sowohl von der Aufgabe als auch vom Stimulustyp abhängig. Dabei gab es zum Teil starke Unterschiede in der Effektstärke und dem Grad der Lateralisierung zwischen den einzelnen Versuchspersonen. Insgesamt konnte gezeigt werden, dass sich die hier angewendete psychophysische Methode gut eignet, um Ergebnisse zur Lateralisierung von akustischen Stimuli zu gewinnen und somit die Verhaltensrelevanz von Ergebnissen aus Studien mit bildgebenden Verfahren zu überprüfen.
Die Verarbeitung während des Hörprozesses von Säugetieren verläuft von der Kochlea mit den inneren und äußeren Haarsinneszellen (äHZ) über afferente Nervenbahnen bis zum auditorischen Kortex (AK). Die daran beteiligten Schaltstationen und deren Funktion sind überwiegend aufgeklärt. Die Hörbahn ist zudem in besonderer Weise durch efferente Rückkopplungen gekennzeichnet, die interne Modulationen sowie sekundäre Reaktionen auf den Reiz ermöglichen. Anatomisch betrachtet verlaufen efferente Projektionen vom AK zu sämtlichen am Hörprozess beteiligten Kerngebieten. Vom Olivenkomplex erfolgt über mediale und laterale Fasern eine Innervation der äHZ bzw. des Hörnervs. Trotz der gut beschriebenen Anatomie ist die funktionelle Beziehung zwischen dem AK und der Peripherie weitgehend ungeklärt. In der vorliegenden Arbeit wurde der funktionelle Zusammenhang vom AK zu den äHZ in der mongolischen Wüstenrennmaus untersucht. Dafür wurde entweder eine pharmakologische Blockierung der Kortexaktivität durch den Natriumkanalblocker Lidocain erzeugt oder eine Aktivierung der Kortexaktivität durch die Anwendung elektrischer Reize ausgelöst. Der Einfluss der Manipulationen wurde in der Kochlea mittels Messungen von Distorsionsprodukt-otoakustischen Emissionen (DPOAE) erfasst. Diese entstehen durch die nichtlineare Verstärkung leiser Schallsignale durch die äHZ zur Erzielung hoher Sensitivität und Frequenzauflösung. Die DPOAE treten als kubische (z. B. 2f1-f2) und quadratische (z. B. f2-f1) Verzerrungen auf und geben Aufschluss über unterschiedliche Parameter der äHZ-Verstärkungsfunktion.
Die Lidocainversuche wurden entweder kontra- oder ipsilateral zur DPOAE-Messung durchgeführt. In beiden Konstellationen traten nach der Lidocaininjektion Erhöhungen und Verringerungen der DPOAE-Pegel im Vergleich zur Basismessung oder unveränderte DPOAE-Pegel auf. Im Mittel lagen die Pegeländerungen bei ca. 11 dB, in Einzelfällen betrugen sie bis zu 44,8 dB. In den Gesamtdaten waren die Effekte nach kontralateraler Injektion oft signifikant größer als nach ipsilateraler Injektion. Ebenso waren die Effekte in der 2f1-f2 Emission meist signifikant größer als in der f2-f1 Emission. Zudem wurde beobachtet, dass signifikant größere Effekte bei einer Stimulation mit Pegeln von 60/50 dB SPL im Vergleich zu 40/30 dB SPL erreicht wurden. Grundsätzlich trat in allen Datensätzen eine Reversibilität der DPOAE-Pegel mit zunehmender Versuchsdauer auf. Die Effekte waren direkt nach der Injektion am größten und erreichten je nach Stimuluspegel und Emissionstyp nach 28-100 min die Basispegel. In keinem der Datensätze lag eine Abhängigkeit der im Kortex gereizten charakteristischen Frequenz (CF) zum betroffenen Frequenzbereich in der Kochlea vor. Die Effekte waren über den gesamten gemessenen Frequenzbereich von 1-40 kHz nachweisbar. Allerdings waren die Frequenzbereiche von 1-10 kHz und 30,5-40 kHz besonders stark von der Lidocaininjektion betroffen.
Auch nach der elektrischen Reizung wurden die drei oben beschriebenen Effekttypen definiert. Mit 54,6 % war der Prozentsatz unveränderter DPOAE-Pegel allerdings sehr hoch. In den anderen beiden Kategorien konnten zusätzlich Differenzierungen im zeitlichen Verhalten der DPOAE-Pegel vorgenommen werden. In 21,6 % bzw. 16,5 % der Datensätze waren die Verringerungen bzw. Erhöhungen bis zum letzten gemessenen Zeitpunkt nach der elektrischen Reizung irreversibel und nur in jeweils 2,8 % der Datensätze war eine Reversibilität zu verzeichnen. In diesen Fällen war die Effektdauer mit im Mittel 31 bzw. 25 min kürzer als in den Lidocainversuchen. Auch die Effektstärken waren mit maximal 23,9 dB und je nach Effekttyp im Mittel 5,1-13,7 dB geringer als nach der Lidocaininjektion. Die größten Effekte traten in einem mittleren Stimuluspegelbereich von 45-55 dB SPL auf. Wiederum konnte keine Abhängigkeit des betroffenen Frequenzbereichs von der kortikal gereizten CF nachgewiesen werden. In Einzelfällen waren auf DPOAE-Ebene nur die Frequenzen ober- und unterhalb der kortikalen CF beeinflusst, wohingegen bei der CF selbst keine Effekte auftraten.
Durch Kontrollexperimente (Salineinjektion bzw. Einführen der Elektrode ohne elektrische Reizung) konnte nachgewiesen werden, dass die Effekte durch die Manipulation der Kortexaktivität hervorgerufen wurden. Somit liegt eine funktionelle Beziehung zwischen dem AK und der Peripherie vor, die langanhaltende massive Ausmaße annehmen kann. Die Effektrichtung ist vermutlich durch die exzitatorisch oder inhibitorisch wirkenden Neurone vom Colliculus inferior zum Olivenkomplex bedingt. Die größeren Effekte in der kontralateralen Konfiguration lassen sich durch die Diskrepanz in der Anzahl der gekreuzten (2/3) und ungekreuzten (1/3) medialen Efferenzen erklären. Die kubischen Komponenten der äHZ-Verstärkungsfunktion scheinen stärker beeinflusst zu sein als die quadratischen Komponenten, was in größeren Pegeländerungen in der 2f1-f2 Emission resultiert. Die teils großen Effektstärken sowie die nicht vorhandene Frequenzabhängigkeit zwischen AK und Kochlea sind vermutlich auf den großen Kortexbereich zurückzuführen, der von den gewählten Injektionsvolumina bzw. elektrischen Reizstärken betroffen war. Die großen Effekte im mittleren Stimuluspegelbereich lassen sich sowohl mit einer möglichen Schutzfunktion der Efferenzen vor zu lauten Schallereignissen als auch mit einer Verbesserung des Signal-Rausch-Verhältnisses zur erleichterten Detektion akustischer Signale in Einklang bringen. Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass die Aktivität des AK einen starken Einfluss auf periphere auditorische Mechanismen hat, wodurch die kochleäre Verarbeitung akustischer Signale je nach kortikalem Verarbeitungsstatus massiv modifiziert werden kann.
Blut steht für Leben - und für den Tod. Das ist in der Medizin nicht anders als in der Mythologie. Vor wenigen Jahrzehnten war die Diagnose Blutkrebs noch ein sicheres Todesurteil. Heute werden viele Leukämiekranke geheilt. An der Goethe-Universität setzt ein Schwerpunkt für Lymphom- und Leukämieforschung deutschlandweit Akzente bei Forschung und Diagnostik.
Zeit ist einer jener Begriffe, für die man die Augustinische Charakterisierung gelten lassen wollte, es sei klar, was sie bedeuten, solange nicht danach gefragt werde (Augustinus Confessiones Lib. XI, 17). Die Frage aber nach dem, was "Zeit" eigentlich ist, erscheint umso berechtigter, als es insbesondere die Naturwissenschaften sind, die für sich in Anspruch nehmen, hier Antworten geben zu können. Die zu erwartenden Antworten wären danach wesentlich empirischer Natur – also direkt oder indirekt experimentell gestützt und mithin Ergebnis dieser Forschung. ...
Daphnien sind ein wichtiger Bestandteil des Süßwasserzooplanktons und in einer Vielzahl von biologischen Disziplinen als Modellorganismus etabliert. Ihr zyklisch parthenogenetischer Lebenszyklus und die hohen Raten von interspezischer Hybridisierung mancher Artkomplexe machen sie zu einem interessanten Forschungsobjekt. Die vorliegende Arbeit bietet Einblicke in die Populationsstruktur einer dieser Komplexe, des D. longispina-Artkomplexes, und testete ein neu entwickeltes Markersystem bei diesen Tieren auf gesamteuropäischer Ebene (33 Sammelorte, 1155 Individuen). Es wurden dazu molekulare Analysetechniken mit zwölf polymorphen Mikrosatelliten-Markern mit etablierten ITS-RFLP-Analysen verglichen.
Durch statistische Auswertemethoden mit den Programmen NewHybrids und Structure konnten Elternarten gut zugeordnet werden. Die Betrachtung der Kullback-Leibler Divergenzen in den Analysen durch NewHybrids deuten sogar darauf hin, dass die Anzahl der Mikrosatellitenmarker auf wenige besoders informative Loci reduziert werden kann, was bei Fragestellungen zur Art- und Hybrididentifizierung Zeit und Kosten spart. Ein Protokoll zur Vorgehensweise bei der Art- und Hybrididentifizierung wurde entwickelt.
Die Arten und Populationen selbst waren hoch differenziert. Zwischen den drei untersuchten Arten wurde ein FST von 0,29 gefunden. Ergebnisse aus einer AMOVA zeigten sogar, dass die Differenzierung zwischen den Populationen innerhalb der Arten leicht über dieser interspezifischen Differenzierung liegt (D galeata 0,40; D. longispina 0,52 und D. cucullata 0,42). Da auch keine isolation by distance gefunden wurde, lassen die Ergebnisse meiner Analysen auf „Provinzialismus“ schließen – ein Konzept, das genau dieses Muster voraussagt. Erklärt wird dieser Provinzialismus durch die Monopolisierungshypothese. Die Beobachtung, dass in der Regel in den untersuchten Populationen ein Heterozygotendefizit vorliegt, obwohl klonale Vermehrung oft zu einem Heterozygotenüberschuss führt (Meselson-Effekt), zeigt häufig vorkommende sexuelle Vermehrung an. Das Heterozygotendefizit deutet ebenfalls auf einen Wahlund-Effekt hin.
Es wurde weiterhin getestet, ob das Vorkommen von introgressiver, interspezifischer Hybridisierung in bestimmten Lokalitäten im Vergleich mit Lokalitäten, in denen ein Taxon allopatrisch lebt, einen Einfluss auf die Populationsstruktur hat. Die klonale Diversität sowie die beobachtete Heterozygotie standen dabei im Mittelpunkt der Analysen. Es wurde kein statistisch signifikanter Einfluss der Hybridisierung auf die Diversität gefunden.
Die Wärme liebende Asiatische Tigermücke »Aedes albopictus« fühlt sich seit Jahrzehnten im Mittelmeerraum wohl. Sie ist Überträgerin gefährlicher, bisher in Europa nicht verbreiteter Viren. Wird sie sich aufgrund des Klimawandels und anderer Umweltfaktoren weiter nach Norden ausbreiten? Und werden andere eingeschleppte Arten ihr folgen? Das untersucht die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Sven Klimpel mithilfe der ökologischen Nischenmodellierung und genomischer Analysen.
Die Mitteltemperatur hat sich in den vergangenen 120 Jahren um mindestens 0,6 Grad Celsius erhöht. Für die nächsten hundert Jahre wird ein weiterer Anstieg um 1,4 bis 5,8 Grad Celsius prognostiziert. Auswirkungen dieser Erwärmung sind heute schon in der Tierwelt in unseren Regionen zu spüren: So ziehen einige Vogelarten im Winter nicht mehr in ferne Gefilde, sondern überwintern deutlich näher an ihren Brutgebieten. Verschiedene Tier- und Pflanzenarten, wie die Zebraspinne (Argiope bruennichi) oder das Salomonsiegel (Polygonatum odoratum), breiten sich stärker nach Norden aus. Immer häufiger gerät die friedliche Koexistenz von Tieren ins Wanken: Wegen der gestiegenen Temperaturen erwachen die Siebenschläfer deutlich früher aus ihrem Winterschlaf und stellen eine Bedrohung für höhlenbrütende Singvögel dar.
In der vorliegenden Arbeit wurde das Zinkfinger-µ-Protein HVO_2753 des halophilen Archaeons Haloferax volcanii hinsichtlich seiner biologischen Funktion und seiner Struktur charakterisiert.
Zinkfinger-µ-Proteine wurden bisher nur sehr wenig untersucht, während ihnen jedoch in den letzten Jahren steigendes Interesse entgegengebracht wird. Im Genom von H. volcanii sind mehr als 40 solcher Zinkfinger-µ-Proteine codiert. Von diesen besitzt mit HVO_2753 lediglich eines nicht nur zwei, sondern vier der charakteristischen C(P)XCG-Muster, was für die Anwesenheit von zwei Zinkfinger-Motiven spricht. Während Homologe von HVO_2753 in vielen Euryachaeota vorkommen und manche davon als Zink-Ribbon RNA-Bindeproteine annotiert sind, ist über ihre Funktion jedoch nichts bekannt. Zur Charakterisierung des Proteins wurde zunächst eine in frame-Deletionsmutante seines Gens erstellt und diese einer phänotypischen Charakterisierung unterzogen. Die Mutante wies, verglichen mit dem Wildtyp, keine Unterschiede im Wachstum in Komplexmedium oder in synthetischem Medium mit Glukose als Kohlenstoffquelle auf. Ein schweres Defizit konnte jedoch sowohl bei der Adhäsion und Biofilmbildung als auch der Schwärmfähigkeit der Deletionsmutante festgestellt werden. Während die Schwärmfähigkeit des Wildtyps durch plasmidische Expression von HVO_2753 in der Deletionsmutante teilweise wiederhergestellt werden konnte, war eine solche Komplementation bei der Biofilmbildung nicht möglich. Die Analyse der Relevanz ausgewählter Aminosäuren, wie beispielsweise das jeweils erste Cystein in jedem C(P)XCG-Muster zeigte, dass die Substitution jeder einzelnen der getesteten Aminosäuren einen Funktionsverlust des Proteins nach sich zieht. Die Untersuchung des HVO_2753-Transkripts mittels Northern Blot-Analyse bestätigte erste Hinweise aus vorangegangenen dRNA- und RNA-Seq-Studien, die eine Co-Transkription von HVO_2753 mit dem Nachbargen HVO_2752, das für den Translations-Elongationsfaktor aEF-1 beta codiert, aufzeigten. Daraufhin erfolgte eine Untersuchung des Ribosomenprofils, bei der keine Unterschiede zwischen der Deletionsmutante und der Überexpressionsmutante von HVO_2753 festgestellt werden konnten.
Eine Variante von HVO_2753 mit N-terminalem Hexahistidin-Tag wurde homolog überproduziert und aufgereinigt. Die Überproduktion und Aufreinigung wurden im Zuge dieser Arbeit weiter, speziell für HVO_2753, optimiert. So konnten große Mengen von HVO_2753n überproduziert und bei nativen Salzbedingungen mittels Nickel-Affinitätschromatographie und anschließender Größenausschlusschromatographie aufgereinigt werden. Eine massenspektrometrische Analyse bestätigte sowohl das Molekulargewicht als auch die Abwesenheit posttranslationaler Modifikationen. Die Untersuchung der Menge an gebundenem Zink im Protein erfolgte beim Zink-Assay mit Hilfe des hochsensitiven und hochspezifischen Fluorophors ZnAF-2F. Dabei konnte gezeigt werden, dass überraschenderweise lediglich ein Zink-Ion in HVO_2753 gebunden vorliegt.
Zur weiteren Funktionsaufklärung erfolgte eine Interaktionspartnersuche. Hierfür wurde HVO_2753 überproduziert, ein in vivo-Crosslink und anschließend eine native Aufreinung durchgeführt. Die massenspektrometrische Analyse ausgewählter Fraktionen nach der Größenausschlusschromatographie ergaben eine Vielzahl an möglichen Bindepartnern. Besonders häufig wurde hier die GalE family Epimerase/Dehydratase gefunden. Eine weitere Methode zur Suche nach Interaktionspartnern richtete sich auf RNAs. Hier konnten mittels eines eigens entwickelten Protokolls neben RNAs des Translationsapparates auch mehrfach die tRNA(Glu) gefunden werden.
Zusätzlich sollte die Transkriptomanalyse mittels RNA-Sequenzierung Unterschiede zwischen Wildtyp, Deletionsmutante und Komplementationsmutante aufzeigen. Hier wurden weitreichende Auswirkungen der Deletion von HVO_2753 gefunden. Zahlreiche Gene in mehreren Operons zur Motilität und Chemotaxis lagen in der Deletionsmutante stark herunterreguliert vor, während die Gene einiger Metallionen-Transporter und der Eisen(III)-Siderophor-Biosynthese hochreguliert vorlagen. In der Komplementationsmutante konnten nur von den letzteren Genen Transkriptlevel vergleichbar mit denen des Wildtyps wiedergefunden werden.
In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass das kleine Zinkfinger-Protein HVO_2753 eine essenzielle Rolle in der positiven Regulation der Motilität, Chemotaxis und der Adhäsion bzw. Biofilmbildung spielt. Gleichzeitig übt HVO_2753 eine negative Regulation auf den Metallionen-Transport und die Biosynthese des Eisen(III)-Siderophors aus.
In der vorliegenden Arbeit wurde erstmals die Interaktion von A. baumannii mit humanem Plasminogen untersucht. Mit dem Translations-Elongationsfaktor TufAb, dem äußeren Membranprotein OmpW sowie dem Lipoprotein p41 konnten insgesamt drei Plasminogen-bindende Proteine von A. baumannii identifiziert werden. Außerdem wurde ein grundlegender Beitrag zur funktionellen Charakterisierung von TufAb sowie p41 von A. baumannii erbracht.
Es konnte nachgewiesen werden, dass gereinigtes TufAb humanes Plasminogen bindet und diese Interaktion teilweise durch Lysin-Reste vermittelt und von der Ionenstärke beeinflusst ist. An TufAb-gebundenes Plasminogen war für den Plasminogen-Aktivator u-PA zugänglich und konnte zu Plasmin aktiviert werden, welches das chromogene Substrat S-2251, das physiologische Substrat Fibrinogen und die zentrale Komplementkomponente C3b proteolytisch spaltete. Schließlich konnte TufAb als „Moonlighting“-Protein auf der Zelloberfläche von A. baumannii identifiziert werden.
Für das Lipoprotein p41 konnte ebenfalls gezeigt werden, dass dieses an Plasminogen bindet. Die Bindung von Plasminogen an p41 erfolgte ebenfalls über Lysin-Reste, zeigte sich allerdings von der Ionenstärke unbeeinflusst. Im Fall von p41 konnte mit Hilfe von C-terminal verkürzten p41-Konstrukten gezeigt werden, dass C-terminale Lysin-Reste an der Bindung von Plasminogen beteiligt sind. Weitere Versuche mit p41-Proteinen, bei welchen vier C-terminale Lysin-Reste durch Alanin-Reste substituiert wurden, ergaben, dass die beiden Lysin-Reste K368 und K369 essentiell für die Bindung von Plasminogen an p41 sind. Zudem konnte gezeigt werden, dass sowohl Kringle-Domäne 1 als auch Kringle-Domäne 4 von Plasminogen bei der Interaktion mit p41 involviert sind. An p41 gebundenes Plasminogen ließ sich durch u-PA zu Plasmin aktivieren, welches Fibrinogen sowie die zentrale Komplementkomponente C3b degradierte. p41 ist außerdem in der Lage, die Komplementkomponenten C3, C3b und C5 zu binden und den alternativen Weg zu inhibieren. Zudem ergaben Untersuchungen im Rahmen dieser Arbeit erste Hinweise darauf, dass zumindest die Plasminogen-bindende Region auf der Zelloberfläche von A. baumannii lokalisiert ist.
Die Inaktivierung des p41-kodierenden Gens führte zu einer signifikanten Abnahme im Überleben von A. baumannii-Zellen in der Gegenwart von NHS. Zudem zeigte die Mutante Δp41 einen Defekt in der Plasmin-abhängigen Transmigration durch einen Endothelzell-Monolayer. Beide Versuche untermauern die physiologische Relevanz für die Interaktion von A. baumannii mit Plasminogen.
Die phylogenetisch hochkonservierte Jak/Stat‐Signaltransduktionskaskade repräsentiert eines der zentralen Säulen zellulärer Signalübertragung eukaryotischer Organismen. Ubiquitär im Organismus exprimiert und über eine Vielzahl von Zytokinen, Hormonen und Wachstumsfaktoren aktiviert, sind Stat‐Transkriptionsfaktoren maßgeblich an dem Erhalt der Physiologie und Homöostase von Organen und Geweben beteiligt. So sind die Mitglieder Stat5A und Stat5B (als homologe Proteine im Verbund als Stat5 bezeichnet) entscheidende Regulatoren des Immunsystems und der Hämatopoese, der Funktion und Entwicklung des Prostata‐ und Brustdrüsengewebes (Mammogenese) oder bestimmter Funktionen der Leber. Wie auch Stat3, konnten Stat5 Proteine in aberrant aktiver Form in verschiedensten Typen und Stadien humaner Tumore nachgewiesen werden, wo sie über die Expression ihrer Zielgene sowie über weitere nicht‐kanonische Funktionen im Zytoplasma und im Zellkern einer fortschreitend malignen Entartung entscheidend beitragen. Als Folge der Unterstützung essentieller Tumorgenese‐
Mechanismen, wie gesteigertes Zellwachstum, Apoptosehemmung, Migration und Metastasierung, Sauerstoff‐unabhängiger Energiestoffwechsel, Angiogenese oder Umgehung der Immunabwehr, entwickeln Tumore häufig eine Abhängigkeit gegenüber der gesteigerten Aktivität dieser Vertreter der Stat‐Proteinfamilie und reagieren mit einem Wachstumsstopp und Apoptoseinduktion auf ihre Inhibierung. Perspektivisch stellt die gezielte Interferenz mit aberranten, Tumortyp‐spezifischen Stat5‐Aktivitäten einen relevanten Ansatz in der personalisierten Therapie Stat5‐abhängiger Tumore, vorrangig leukämischen Ursprungs, dar. ...
Die kontinuierliche Messung des CO2-Gaswechsels homogener Sedimente einzelliger Grünalgen hat ergeben, daß das Kohlendioxyd während der ersten Belichtungsphase zunächst an einen primären, in den verdunkelten Zellen bereits vorhandenen CO2-Acceptor (AI) angelagert wird. AI ist nur im Licht zur Aufnahme und lockeren Bindung von Kohlendioxyd befähigt und gibt die während kurzer Lichtperioden (4-30 sec) aufgenommene CO2-Menge in der anschließenden Dunkelperiode sehr schnell wieder ab. Im Verlauf längerer Belichtungszeiten (> 30 sec) übergibt AI das locker gebundene Kohlendioxyd an den inzwischen in zunehmender Konzentration gebildeten CO2-Acceptor des Calvin - Zyklus (Ribulosediphosphat = AII). Die mit der Aufnahme und lockeren Bindung von Kohlendioxyd an den aktivierten Acceptor AI und der CO2-Weitergabe an AII zusammenhängenden Übergangserscheinungen werden eingehend diskutiert.
Eine verzögerte und mitunter unvollständige Immunrekonstitution nach allogener Stammzelltransplantation (SZT) birgt ein erhöhtes Risiko für Infektionen und das Auftreten eines Rezidivs. Adoptive Immuntherapien können dazu beitragen, die Immunrekonstitution zu beschleunigen. Die Indikation hierzu ist jedoch streng geregelt, da eine zusätzliche Immuntherapie mit Risiken, wie z.B. dem Auftreten einer Graft-versus-Host-Disease (GvHD), verbunden ist. Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht die Untersuchung der Immunrekonstitution im Hinblick auf das Auftreten von Komplikationen und das Überleben nach SZT. Dazu wurde ein multivariates Normwertmodell entwickelt, das die Beurteilung der Rekonstitution verschiedener Leukozytensubpopulationen ermöglicht. Der Einfluss der Regeneration spezifischer Immunzellen wie Cytomegalievirus-spezifischer T-Zellen (CMV-CTLs) und regulatorischer T-Zellen (Tregs) auf den Verlauf nach SZT wurde insbesondere hinsichtlich CMV-bedingter Komplikationen, GvHD und Rezidiv untersucht.
Diadenosinpolyphosphate (ApnAs), wirken in einer Vielzahl unterschiedlicher Gewebe als extrazelluläre Signalmoleküle. Ihre asymmetrische Hydrolyse durch Enzyme auf der Zelloberfläche oder durch lösliche Enzyme im extrazellulären Milieu wurde in der Literatur bereits mehrfach beschrieben. Die molekulare Identität dieser Enzyme war jedoch nicht bekannt.
In der vorliegenden Arbeit wurden die Fähigkeit von NPP1, NPP2 und NPP3, den drei Mitgliedern der E-NPP-Familie, Diadenosinpolyphosphate zu hydrolysieren, untersucht. Dazu wurden humanes NPP1 und NPP3 aus der Ratte heterolog in CHO-Zellen exprimiert und die enzymatische Aktivität wurde anhand von Membranfraktionen analysiert. Für die Charakterisierung der katalytischen Eigenschaften von NPP2 wurde eine lösliche sekretierte Form des humanen NPP2 aus partiell aufgereinigtem Vaccinia-Viruslysat eingesetzt. Es konnte gezeigt werden, dass die heterolog exprimierten Enzyme NPP1, NPP2 und NPP3 die untersuchten Diadenosinpolyphosphate Diadenosin-5´,5´´´-P1,P3-triphosphat (Ap3A), Diadenosin-5´,5´´´-P1,P4-tetraphosphat (Ap4A) und Diadenosin-5´,5´´´-P1,P5-pentaphosphat (Ap5A), sowie das Diguanosinpolyphosphat Diguanosin-5´,5´´´-P1,P4-tetraphosphat (Gp4G) hydrolysieren.. Ein Vergleich der Hydrolyseraten zeigte, dass NPP1-2 Ap3A, Ap4A, Ap5A und Gp4G mit vergleichbarer Rate hydrolysieren. NPP3 zeigte ebenfalls keine Präferenz für eines der untersuchten Diadenosinpolyphosphate, hydrolysierte aber Gp4G im Vergleich zu Ap4A deutlich langsamer. Die Hydrolyse der Dinukleotide erfolgte asymmetrisch durch Spaltung der α,β-Pyrophosphatbindung. Als primäre Hydrolyseprodukte entstanden Nukleosid-5´-Monophosphat und der verbleibende Mononukleotidrest Npn-1. Für Ap3A als Substrat wurde für NPP1-3 ein alkalisches pH-Optimum mit maximaler Aktivität bei pH 8.5-9 (NPP1 und NPP3), bzw. pH 10 (NPP2) nachgewiesen. Die enzymatische Aktivität von NPP1-3 wurde durch EDTA inhibiert und die Km-Werte für Ap3A lagen mit 5,1 ± 3,6 µM (NPP1), 8,0 ± 0,5 µM (NPP2) und 49,5 ± 17,7 µM (NPP3) im niedrigen mikromolaren Bereich. Untersuchungen zur Hemmbarkeit der NPP-vermittelten Diadenosinpolyphosphathydrolyse (Ap4A) zeigten, dass die Enzyme NPP1, NPP2 und NPP3 nach Koapplikation verschiedener P2-Rezeptorantagonisten in unterschiedlichem Ausmaß inhibiert wurden. Cibacron Blue inhibierte kräftig alle drei Enzyme, während PPADS einen stärkeren inhibitorischen Einfluss auf die katalytsiche Aktivität von NPP1 und NPP3 als auf die katalytische Aktivität von NPP2 zeigte. Suramin inhibierte dagegen nur die NPP1 und NPP2 katalysierte Ap4AHydrolyse und hatte keinen Einfluss auf NPP3. Eine Inhibierung von NPP1-3 durch NaF wurde nicht beobachtet. Eine geringe inhibitorische Wirkung auf NPP1 wurde durch die extrazellulären Matrix-Komponenten Heparin und Heparansulfat, durch ATP und die Nukleotidanaloga, AMP-CP, AMP-CPP und ATP-γ-S beobachtet. NPP2 und NPP3 wurden durch AMP-CP nicht inhibiert. Den schwächsten inhibitorischen Einfluss zeigte ATP auf die durch NPP3-vermittelte Ap4AHydrolyse.
Die hier für NPP1-3 ermittelten katalytischen Eigenschaften zeigten Übereinstimmgen aber auch Unterschiede gegenüber früheren Daten, die für die Hydrolyse von Diadenosinpolyphosphaten auf der Oberfläche von Zellen ermittelt wurden. Insgesamt sprechen die Ergebnisse dafür, dass NPP1-3 die Hauptvertreter der Diadenosinpolyphosphat-hydrolysierenden Enzyme in Säugergewebe darstellen. Möglicherweise gibt es aber auch ApnA-hydrolysierende Enzyme, die nicht zu den bisher charakterisierten Mitgliedern der E-NPP-Familie zugehören.
In einem zweiten Teil der Arbeit wurde die Expression von NPP1-3 im Gehirn der Ratte mittels Western-Blot-Analyse (Entwicklungsstadien P1, P21 und adult) untersucht. Aufgrund der geringen Spezifität der gegen NPP1 und NPP2 zur Verfügung stehenden Antikörper, konnten jedoch keine eindeutigen Aussagen zur Expression von NPP1 und NPP2 im Gehirn getroffen werden. NPP3 konnte im Rattengehirn nachgewiesen werden. Die Expression war entwicklungsabhängig und nahm mit zunehmendem Alter der Tiere deutlich ab. Die Entwicklung spezifischer Antikörper erscheint ein lohnender Ansatz, um die zelluläre Verteilung von NPP1-3 im Nervengewebe zu bestimmen.
Identifizierung und funktionelle Analyse von Pathogenitätsfaktoren in Bartonella bacilliformis
(2023)
Die Carrión-Krankheit ist eine durch Vektoren übertragene vernachlässigte Tropenkrankheit (neglected tropical disease), die in den südamerikanischen Andentälern auf einer Höhe von 600 3.200 m über dem Meeresspiegel vor allem in Peru, aber auch in Ecuador und Kolumbien endemisch ist. Der Erreger dieser Infektionskrankheit ist Bartonella bacilliformis, ein strikt humanpathogenes, Gram-negatives, fakultativ intrazelluläres Stäbchen der Klasse der Alphaproteobakterien. In der akuten Krankheitsphase, die als "Oroya-Fieber" bezeichnet wird, infizieren die Erreger Erythrozyten und verursachen eine schwere akute hämolytische Anämie, hohes Fieber sowie eine ausgeprägte Immunsuppression. Für diese Phase wurden Sterblichkeitsraten von bis zu 88% beschrieben. Dem Oroya-Fieber folgt meist eine chronische Infektion der vaskulären Endothelzellen, bei der durch vaskulo-endotheliale Proliferationen noduläre, Hämangiom-ähnliche, kutane Gefäßläsionen, die als "Verruga peruana" bezeichnet werden, entstehen. Diese beiden Phasen treten in der Regel nacheinander, manchmal aber auch unabhängig voneinander auf. Die Übertragung auf dem Menschen erfolgt durch den Biss infizierter Sandmücken (Lutzomyia spp.), die in den hochgelegenen Regionen der Anden vorkommen. Klimatische Veränderungen führen jedoch zur Expansion des Vektors auf angrenzende Regionen und begünstigen damit die Ausbreitung von B. bacilliformis-Infektionen.
In der Erforschung der Carrión-Krankheit besteht ein erheblicher Wissensmangel zu zahlreichen Aspekten (z. B. Epidemiologie, Infektionsbiologie, Diagnostik, Therapie), wodurch die Entwicklung von potenziellen Diagnostika, Therapeutika oder Vakzinen verhindert wird. Auch wenn frühere Studien zum Ziel hatten, immundominante Proteine für die Entwicklung serodiagnostischer Verfahren und Impfstoffe zu identifizieren, ist bislang kein validierter serologischer Test bzw. ein Impfstoff verfügbar. Daher sollte im ersten Teil dieser Arbeit ein serologischer Test zum Nachweis von anti-B. bacilliformis-Antikörpern entwickelt werden. Hierzu wurde ein Ansatz aus reverser Vakzinologie in Kombination mit einer Analyse heterologer genomischer Expressionsbibliotheken verfolgt, um geeignete immundominante Proteine zu identifizieren. Insgesamt wurden 21 potenziell immundominante Proteine identifiziert, rekombinant produziert, und auf ihre Reaktivität mit B. bacilliformis Patientenseren mittels Immunoblotting analysiert. Von den 21 Antigenkandidaten erwiesen sich 14 als immunreaktiv, die anschließend in einer Lineblot-Analyse mit 26 Serumproben von peruanischen B. bacilliformis Patienten und 96 Serumproben von gesunden deutschen Blutspendern ohne Reisevorgeschichte in Südamerika auf ihren potenziellen Nutzen für serologische Test untersucht wurden. Drei Antigene (Porin-B, Autotransporter-E und hypothetisches Protein-B) erwiesen sich für die Entwicklung eines diagnostischen ELISA als geeignet und wurden in zwei verschiedenen Antigenkombinationen (ELISA 1: Porin-B, Autotransporter-E, ELISA 2: Porin-B, Autotransporter-E, hypothetisches Protein B) verwendet. Um die Leistungsfähigkeit des B. bacilliformis ELISA zu bewerten, wurde eine Receiver-Operating-Characteristic-Analyse durchgeführt. Für die Kombination aus Porin-B und Autotransporter-E lag die Sensitivität des Tests bei 80,8% und die Spezifität bei 94,8%, wohingegen die Kombination aus Porin-B, Autotransporter-E und dem hypothetischem Protein-B in einer Sensitivität von 76,9% und einer Spezifität von 93,8% resultierte. Dieser neu entwickelte ELISA könnte ein nützliches serodiagnostisches Instrument für künftige epidemiologische Studien über B. bacilliformis in endemischen Gebieten darstellen. Darüber hinaus könnten die hier identifizierten immundominanten Antigene eine erste Grundlage für die zukünftige Entwicklung von Impfstoffen für die Prävention Carrión-Krankheit bilden.
Erythrozyten-Invasion und Hämolyse sind wahrscheinlich die wichtigsten Schritte in der Pathogenese der Carrión-Krankheit und verantwortlich für die hohe Sterblichkeitsrate beim Menschen. Genaue mechanistische Kenntnis dieses Prozesses sind entscheidend für die Entwicklung therapeutischer Arzneimittel. Im zweiten Teil dieser Arbeit sollten die in der Hämolyse involvierten Pathogenitätsfaktoren von B. bacilliformis identifiziert werden. Hierzu wurde eine Tn5-Transposonmutagenese in den beiden B. bacilliformis Stämmen KC583 und KC584 durchgeführt. Ein screening nach Hämolyse-defizienten Mutanten führte zur Identifizierung von zwei Pathogenitätsfaktoren: einem Porin (Porin-A) und einer α/β-Hydrolase. Ihre vermutete Funktion im Prozess der Hämolyse wurde durch eine zielgerichtete markerlose Deletion sowie durch genetische Komplementationen in vitro funktionell bestätigt. Dabei zeigte sich, dass Porin-A und die α/β Hydrolase jeweils essenzielle Faktoren für die Hämolyse darstellen. Durch eine in silico-Charakterisierung konnte konservierte biologische Funktionen identifiziert sowie die dreidimensionale Struktur der Proteine vorhergesagt werden. Diese Versuche bilden eine experimentelle Basis, um die Rolle von Porin-A und der α/β-Hydrolase näher untersuchen zu können und um potenzielle (Porin-A und α/β-Hydrolase) Inhibitoren mit anti-hämolytischer und damit therapeutische Wirkung testen zu können.
Streptomyces coelicolor ist der Modellorganismus der GC reichen, Gram+ Actinomyceten, die mehr als zwei Drittel aller bekannten Antibiotika produzieren. Phänotypisch zeichnet er sich durch die Bildung eines Substrat- und eines Luftmyzels aus, welches im Laufe der weiteren Differenzierung Sporen bildet. Streptomyceten produzieren neben Antibiotika noch eine Vielzahl biotechnologisch interessanter Metaboliten. Der komplexe Lebenszyklus und Stoffwechsel erfordern eine genaue Regulation der Genexpression. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass neben Proteinen auch die RNA eine regulatorische Funktion hat. Verschiedene regulatorisch aktive RNA Elemente wie Riboswitche, RNA-Thermometer und kleine nicht kodierende RNAs (small noncoding RNAs – sRNAs) wurden identifiziert. sRNAs wirken meist als antisense Riboregulatoren, indem sie ihre Ziel-mRNA binden und dadurch die Translation hemmen oder fördern. In dieser Arbeit wurden verschiedene bioinformatische Methoden verwendet, um sRNAs im Genom von S. coelicolor vorherzusagen. Es wurden Terminatorstrukturen und konservierte Sekundärstrukturen in den intergenen Regionen vorhergesagt, die keinem Gen zuzuordnen waren. In einem weiteren Ansatz wurden Bindestellen des Regulatorproteins DasR vorhergesagt, um DasR kontrollierte sRNAs zu identifizieren. Zusätzlich wurde mittels 454 Sequenzierung erstmalig das Transkriptom von S. coeliocolor analysiert. Auf diese Weise konnten etwa 500 sRNAs vorhergesagt werden. Eine der beiden charakterisierten sRNAs, sc32, ist 139 nt lang. Ihr Promoter liegt im kodierenden Bereich des Gens bldC und sie wird spezifisch durch Kälteschock induziert. Die zweite charakterisierte sRNA, sc1, ist 159 nt lang und in allen sequenzierten Streptomyceten konserviert. Ihre Expression wird nur bei Stickstoffmangel in der Stationärphase reprimiert. Durch molekularbiologische Analysen konnte ein Zielgen von sc1 identifiziert werden, die extrazelluläre Agarase DagA. Es konnte gezeigt werden, dass sc1 an die dagA-mRNA bindet und dadurch die Translation inhibiert. Als zweites mögliches Ziel von sc1 konnte die Histidinkinase SCO5239 identifiziert werden. Hier wurde gezeigt, dass Koexpression von sc1 die Expression einer SCO5239 Reportergenfusion um den Faktor acht steigert. Durch Analyse des Proteoms von sc1 Mutanten, konnte die differenzierte Expression von elf weiteren Proteinen gezeigt werden. Sc1 scheint als Regulator zu agieren, indem es auf die Stickstoffversorgung der Zelle reagiert und den Sekundärmetabolismus deaktiviert.
Die Hefe Saccharomyces cerevisiae hat sich wie kaum ein anderer Organismus auf die Verwertung von Glukose spezialisiert. Die Aufnahme dieser Hexose stellt dabei den ersten Schritt der Metabolisierung dar. Saccharomyces cerevisiae besitzt hierfür eine große Zahl an Hexosetransportern und eignet sich daher gut zur Untersuchung der Wirkungsweise und Regulation dieser Transporter, sowie deren Translokation zur Plasmamembran.
Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die Funktion des in der Membran des Endoplasmatischen Retikulums lokalisierten Proteins Gsf2 der Hefe Saccharomyces cerevisiae näher zu charakterisieren. Gsf2 ist an der Translokation der Hexosetransporter Hxt1, Hxt3 und Gal2 zur Plasmamembran beteiligt. Die Deletion von GSF2 führt zur Akkumulation dieser Transporter in der Membran des Endoplasmatischen Retikulums. Interaktionen von Gsf2 mit ribosomalen Proteinen, Komponenten der Translokationsmaschinerie und COPII-Hüllproteinen deuten auf eine multifunktionelle Hexosetransporterspezifische Funktion des Verpackungschaperons Gsf2 hin.
Mit Hilfe des „Synthetic Genetic Arrays“ wurde nach synthetisch letalen und synthetisch kranken Interaktionspartnern von GSF2 gesucht, die zur Aufklärung der Funktion von GSF2 beitragen beziehungsweise bisherige Forschungsergebnisse verifizieren sollten. Unter den nicht-essentiellen Genen der Hefe konnte allerdings kein synthetisch letaler oder synthetisch kranker Interaktionspartner von GSF2 ermittelt werden.
Im zweiten Projekt sollten Multicopy-Suppressoren aus einer Genbank identifiziert werden, die in der Lage sind die Deletion von GSF2 und damit verbundene Retention von Hxt1 in der Membran des Endoplasmatischen Retikulums zu komplementieren. Mit Hilfe dieses Screenings konnten einzig GSF2-kodierende Plasmide identifiziert werden.
Die Ergebnisse der beiden genetischen Screening-Verfahren belegen, dass Gsf2 eine herausragende Rolle innerhalb des Translokationsprozesses von Hxt1 einnimmt.
mRNA-Abbau ist ein essentieller Prozess der Genexpression, der den Zellen ermöglicht, die Qualität und die Quantität der mRNA zu kontrollieren. Besonders unter Stressbedingungen könnte der mRNA-Abbau eine bedeutende Rolle neben der Speicherung von mRNAs sowie der Regulation der Proteinhomöostase zum Schutz vor schädigenden Einflüssen spielen. Studien mit Hefen und Säugerzellen zeigten, dass dem 5'-3'mRNA-Abbau ein wichtige Rolle sowohl unter normalen Bedingungen als auch unter Stressbedingungen zukommt und dieser in zytoplasmatischen Processing bodies (P-bodies) stattfindet. Im Rahmen dieser Arbeit sollten Erkenntnisse über den 5'-3'mRNA-Abbau erhalten werden. Im Vordergrund stand die Frage nach der Existenz von P-bodies in Arabidopsis thaliana und die Identifikation und Charakterisierung deren Komponenten. Weiterhin sollten Erkenntnisse über die Rolle der P-bodies unter Stressbedingungen gewonnen werden. Dabei sollten besonders Informationen über die Beziehungen zwischen den P-bodies und RNA Stressgranula (mRNA Speicherkompartimente) und Hitzestressgranula (Regulation der Proteinhomöostase) erhalten werden. Das komplette sequenzierte Genom von Arabidopsis thaliana eignete sich zur Identifikation von mRNA-Abbauproteine kodierender Gene. Unter Verwendung von Aminosäuresequenzen bereits bekannter mRNA-Abbauproteine aus Hefe und Säugerzellen konnten Homologe für die Decappingproteine Dcp1 und Dcp2 sowie für die Proteine LSm1,2,5,8 als Untereinheiten des LSm1-7 Komplexes, welcher an der Regulation der Decappingreaktion beteiligt ist, identifiziert werden. Über Hefe-Zwei-Hybrid Analysen konnten anschließend Protein-Protein-Interaktionen zwischen den untersuchten Proteinen identifiziert werden. Weiterhin konnte unter Einsatz der BIFC-Analyse gezeigt werden, dass die Interaktionen zwischen den untersuchten Proteinen hauptsächlich in zytoplasmatischen Strukturen stattfanden. Aufbauend auf diesen Befunden wurde ein Antikörper gegen Dcp1 als Marker für die zytoplasmatischen Strukturen erstellt. Dieser ermöglichte erstmals die Detektion der endogenen Strukturen in Arabidopsis thaliana. Die weitere Charakterisierung über Immunofluoreszenzanalysen zeigten, dass diese P-bodies sind. Wie die P-bodies anderer Organismen sind sie hochdynamisch und benötigen untranslatierte mRNA für die Assemblierung. Die Größe und Anzahl der P-bodies hängt dabei vom Verhältniss des Zuflusses von mRNA und der mRNA-Abbaurate ab. Weiterhin konnte beobachtet werden, das die P-bodies besonders groß unter Stressbedingungen sind und deuten eine wichtige Funktion des mRNA-Abbaus unter Stress an. Dies führte zu der Frage nach der Beziehung der P-bodies zu RNA Stressgranula, die der Speicherung von mRNA unter Stressbedingungen dienen, sowie zu Hitzestressgranula, die an der Aufrechterhaltung der Proteinhomöostase beteiligt sind. Durch Kolokalisationsanalysen mit Markern der RNA Stressgranula, der Hitzestressgranula und der P-bodies konnte erstmals gezeigt werden, dass es sich um voneinander unabhängige Mikrokompartimente handelt, und dass unter Stressbedingungen die zellulären Prozesse mRNA-Abbau, mRNA-Speicherung und Aufrechterhaltung der Proteinhomöostase auf einzelne Mikrkompartimente beschränkt sind. Allerdings konnte zwischen P-bodies und RNA Stressgranula häufig eine räumliche Nähe beobachtet werden. Dies deutet auf einen Austausch von Komponenten zwischen diesen Strukturen hin. Zusammen zeigen die erhaltenen Ergebnisse, dass die identifizierten Proteine Komponenten des 5'-3'mRNA-Abbaus darstellen, und dass der 5'-3'mRNA-Abbau in Pflanzen auch in P-bodies stattfindet. Die Identifizierung und Charakterisierung der pflanzlichen P-bodies bildet eine Grundlage für zukünftige Untersuchungen. Vor allem die massive Bildung von P-bodies unter Stressbedingungen und die Interaktion der P-bodies mit RNA Stressgranula zeigen neue Aspekte der pflanzlichen Hitzestressantwort auf.
Die Atherosklerose ist eine chronischentzündliche Erkrankung der Blutgefäße, die nach der "responsetoinjury"Hypothese durch die Verletzung des Endothels initiiert wird. Dabei führt die Aktivierung von Endothelzellen durch verschiedene proatherosklerotische Faktoren, wie z.B. das Komplementsystem oder das CD40 System, zur "Endotheldysfunktion". In den betroffenen Bereichen des Gefäßes entstehen frühe atherosklerotische Läsionen, die durch veränderte Adhäsivität und Permeabilität des Endothels zur Rekrutierung und Aktivierung verschiedener Entzündungszellen und somit zum Fortschreiten der inflammatorischen Reaktion und zur Progression der Atherosklerose führen. Die laminare Schubspannung des fließenden Blutes (Shear Stress) ist einer der wichtigsten endogenen atheroprotektiven Faktoren im kardiovaskulären System. Dagegen sind Störungen der lokalen Hämodynamik im Blutgefäß mit endothelialer Dysfunktion und dem Auftreten von atherosklerotischen Läsionen assoziiert. Zur Identifizierung atheroprotektiver Mechanismen wurde die Shear Stressregulierte Genexpression in Endothelzellen mittels ''Atlas cDNA Expression Array" im Rahmen dieser Arbeit untersucht. Von den 55 Shear Stressinduzierten Genen, wurde die Expression der potentiell antiinflammatorischen Proteine Clusterin und TRAF3 und der möglichen Mechanotransduktoren Integrin alpha5 und Integrin ß1 analysiert und die Bedeutung für die Funktion von Endothelzellen untersucht. Shear StressExposition erhöhte spezifisch die Expression des KomplementInhibitors Clusterin. Zusätzlich inhibierte Shear Stress, über die erhöhte Clusterin Expression, die Komplementinduzierte Expression der proinflammatorischen Chemokine MCP1 (''Monocyte chemoattractant protein1") und Interleukin8, die Monozyten und Leukozyten anlocken und die Entzündungsreaktion der Endothelzellen vorantreiben. Desweiteren konnte gezeigt werden, daß Shear Stress die Expression des inhibitorischen Proteins TRAF3 (''tumor necrosis factor receptorassociated factor 3"), das an der CD40Signalkaskade beteiligt ist, erhöht. Im Gegensatz dazu, wurden weder die homologen Proteine TRAF2 und TRAF5, noch der CD40 Rezeptor oder CD40 Ligand durch Shear Stress reguliert. Sowohl Shear Stress als auch TRAF3 hemmen die CD40induzierte Expression des proinflammatorischen Proteins MCP1 und des prothrombotischen Proteins "Tissue Factor". Entgegen den Erwartungen lokalisierte TRAF3, das urprünglich als Rezeptorassoziiertes Adapterprotein identifiziert wurde, hauptsächlich im Zellkern. Demzufolge könnte TRAF3 eine inhibitorische Funktion im Zellkern ausüben, indem es beispielsweise die Translokation von MAPKinasen oder die Bindung von Transkriptionsfaktoren an die DNA beeinflußt. Die Umsetzung von mechanischen Kräften in biochemische Signale im Zytoplasma ist Voraussetzung für den protektiven Effekt von Shear Stress auf Endothelzellen. Als Mechanotransduktoren sind Integrine von zentraler Bedeutung, da sie eine Verbindung zwischen dem Zytoskelett und der extrazellulären Matrix herstellen. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, daß Shear Stress die Expression der IntegrinUntereinheiten alpha5 und ß1, die zusammen den FibronektinRezeptor bilden, erhöht. Dabei konnte die Beteiligung von Stickstoffmonoxid (NO) und Wachstumsfaktoren, die durch Shear StressExposition freigesetzt werden und die Expression von Integrinen stimulieren, ausgeschlossen werden. Andere Integrine, wie z.B. der LamininRezeptor alpha6ß4, wurden durch Shear Stress nicht reguliert. Als physiologische Relevanz der Shear Stressinduzierten Integrin Expression wurde die Adhäsion von Endothelzellen erhöht. Weiterhin induzierte die Präexposition von Endothelzellen mit Shear Stress die Adhäsionsinduzierte Aktivierung der MAPKinase ERK1/2, die wichtige Überlebenssignale in Endothelzellen vermittelt. Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse dieser Arbeit, daß Shear Stress die Expression der antiinflammatorischen Proteine Clusterin und TRAF3 sowie der Mechanotransduktoren Integrin alpha5 und ß1 erhöht. Die Hemmung der Komplement und CD40induzierten Aktivierung von Endothelzellen durch Shear Stress ist von Bedeutung, um sowohl der Initiation als auch der Progression der Atherosklerose entgegen zu wirken. Die Shear Stressinduzierte Adhäsion, die über die Stimulation der Expression des FibronektinRezeptors alpha5ß1 vermittelt wird, ist eine wichtige Voraussetzung für die Mechanotransduktion von Shear Stress und das Überleben von Endothelzellen. Die Identifizierung und Aufklärung atheroprotektiver Mechanismen, die durch die laminare Schubspannung des Blutes aktiviert werden, könnten dazu beitragen, die Integrität des Endothels und die Funktionalität der Blutgefäße im Rahmen der Atherosklerose zu schützen.
Stickstoffmonoxid (NO) ist ein kurzlebiges Gas, welches in biologischen Systemen verschiedene Funktionen übernehmen kann. Abhängig von der Konzentration ist NO ein zweischneidiges Schwert bezüglich seiner biologischen Effekte, da es in hohen Dosen proapoptotisch und in physiologischen Dosen anti-apoptotisch wirkt. Das von der eNOS in Endothelzellen gebildete NO ist ein wichtiger Faktor für die Gefäßrelaxation, ein antiinflammatorisches Molekül, ein zentraler Faktor für die Angiogenese und es inhibiert die Apoptose. Die reversible Modifikationen der Funktion von Zielproteinen durch S-Nitrosylierung ist ein Mechanismus, wie NO seine Effekte mediert. In den letzten Jahren sind eine Vielzahl von Zielproteinen entdeckt worden, deren Funktion durch S-Nitrosylierung modifiziert werden, die deutlich machen, dass S-Nitrosylierung die Funktion eines Signaltransduktionsmechanismus übernimmt. Da in humanen T-Zellen zum erstenmal auch eine Denitrosylierung beobachtet werden konnte, sollten in dieser Arbeit Mechanismen, die der Balance zwischen S-Nitrosylierung und Denitrosylierung zu Grunde liegen, untersucht werden. Dafür wurden zunächst Methoden zum Nachweis der S-Nitrosylierung etabliert. Zum einen zur Quantifizierung der S-Nitrosylierung in Endothelzellen der modifizierte Saville- Griess Assay und der DAN-Assay und zum anderen zur qualitativen Analyse der S-Nitrosylierung die biotin switch method. In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass durch Stimulation der NO-Freisetzung mittels Applikation von laminarer Schubspannung der Gehalt an S-Nitrosylierung in HUVEC erhöht wird und auch die katalytische Untereinheit der Caspase-3 p17, ein bekanntes Zielprotein, verstärkt S-nitrosyliert wird. In einem in vitro Modell des Alterns konnte gezeigt werden, dass einhergehend mit der Reduktion der Proteinexpression der eNOS auch der Gehalt an S-Nitrosylierung, und damit die Bioverfügbarkeit von NO, reduziert ist. Nach Inkubation mit dem pro-apoptotischen TNFa und dem pro-atherogenen oxLDL konnte eine drastische Zunahme der Apoptosesensitivität von alternden HUVEC gegenüber diesen Stimuli beobachtet werden. Diese Ergebnisse unterstreichen die zentrale Rolle der Bioverfügbarkeit von NO für das Überleben der Endothelzelle. Zusätzlich konnte eine Denitrosylierung nach Inkubation von Endothelzellen mit TNFa oder oxLDL nach 18 h nachgewiesen werden. Durch Analyse mittels der biotin switch method wurde deutlich, dass dabei nicht nur der Gesamtgehalt an S-nitrosylierten Molekülen reduziert wird, sondern auch spezifische Zielproteine in unterschiedlicher Stärke denitrosyliert werden. Diese Daten machen deutlich, dass es sich bei der S-Nitrosylierung um einen differentiell regulierten Signaltransduktionsmechanismus handelt. Basierend auf diesen Ergebnissen wurde eine Strategie zur Identifizierung einer potentiellen Nitrosylase entwickelt, bei dem ein synthetisches, in vitro S-nitrosyliertes Peptid als Substrat verwendet wird. Weiterhin sollten neue Zielproteine für die S-Nitrosylierung identifiziert werden. Tatsächlich konnte ein neues Zielprotein für die S-Nitrosylierung, die Oxidoreduktase Thioredoxin identifiziert werden. Thioredoxin wird ubiquitär in Säugetierzellen exprimiert und ist ein essentieller Faktor für die Aufrechterhaltung des intrazellulären Redox-Status. Mit den Cysteinen an Position 32 und 35 besitzt Thioredoxin eine redox-regulatorische Domäne, die essentiell für seine Funktion als Oxidoreduktase ist. Neben seiner Funktion als Redox- Regulator, kann Thioredoxin Transkriptionsfaktoren wie z.B. NfK-B aktivieren und über die redox-regulatorische Domäne die pro-apoptotische Kinase ASK-1 binden und inhibieren. In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass Thioredoxin an Cystein 69 S-nitrosyliert wird und dass der Gehalt an S-nitrosylierten Molekülen von der Proteinexpression des Thioredoxin abhängt. Desweiteren ist die S-Nitrosylierung von Thioredoxin in Endothelzellen wichtig für die Entfaltung seiner vollständigen Reduktaseaktivität. Für die zum erstenmal in Endothelzellen gezeigte anti-apoptotische Funktion von Thioredoxin wird sowohl die S-Nitrosylierung an Cystein 69 als auch die redox-regulatorische Domäne benötigt. Durch diese Experimente konnte eine neue wichtige Funktion von Thioredoxin für NOproduzierende Zellen beschrieben werden. Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse dieser Arbeit, dass die S-Nitrosylierung in Endothelzellen ein Signaltransduktionsmechanismus ist, der sowohl durch protektive, als auch durch pathophysiologische Stimuli spezifisch reguliert wird. Die weitere Charakterisierung dieser Vorgänge könnte einen tieferen Einblick in die Biologie und Funktion der Endothelzelle geben. Zusätzlich konnte durch das neue Zielprotein Thioredoxin die direkte Verknüpfung von NO mit dem Redox-Status der Zelle und die zentrale Rolle von Thioredoxin für den Gehalt an S-Nitrosylierung in Endothelzellen gezeigt werden. Identifizierung weiterer Regulationsmechanismen für die S-Nitrosylierung könnte ein genaueres Verständnis dieses Wirkmechanismus von NO und somit eine bessere Protektion des Endothelzellmonolayers in den Gefäßen ermöglichen.