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In der Präambel des europäischen Verfassungsvertrags von 2004 war das neu zu ordnende politische Gemeinwesen als ein "nach schmerzlichen Erfahrungen nunmehr geeintes Europa" beschrieben worden, das sich gerade wegen dieser Erfahrungen auf einen Weg des Fortschritts und der Zivilisation begeben habe. Dem normativen Text hatte man also einen offiziellen Hinweis auf Europas Geschichte vorangestellt. Die Union sollte nicht mehr in erster Linie als nüchterner ökonomischer Zweckverband präsentiert werden, sondern als notwendiges Ergebnis historischer Erfahrung, als universellen Werten zustrebende, rechtsstaatlich verfasste Schicksalsgemeinschaft von Menschen, die sich ihrer gemeinsamen Wurzeln und Ziele bewusst sind. Auch wenn das ehrgeizige Projekt einer europäischen Verfassung inzwischen gescheitert, die Union wieder auf dem Boden der konferenzdiplomatischen Tatsachen gelandet und zur üblichen, zähen Verhandlungsroutine zurückgekehrt ist, bleibt die Rolle der Vergangenheit im europäischen Einigungsprozess ein kompliziertes wie faszinierendes Thema. ...
This article tries to outline possible research topics in the field of comparative 20th century legal history between Europe and Latin-America. It seeks to examine changes both in Labour and Property law as core areas where social conceptions began to influence »liberal« private law. Focussing on an example from Mexican law in the aftermath of the revolution which took place in the first decades of the 20th century, it is argued that new conceptions in both fields were discussed using similar conceptual patterns in Europe and LatinAmerica. In the reaction of the jurists from both continents to the challenges of the new century lies a possibility for fruitful comparison. Conducting research in such a framework can also produce comparative results on the interplay between constitutional law and private law – especially when the focus lies on Germany and Mexico, where new constitutions at the beginning of the new century did evoke reactions in the discourses about private law. With regard to methodology it has to be observed that such research has to go far beyond the traditional pattern of »reception« of legal concepts from Europe in Latin-America, and to highlight more complex ways of transition of legal forms between the two continents.
Raymond Saleilles (1855–1912) gilt als einer der größten Juristen seiner Epoche und Wegbereiter der französischen Rechtswissenschaft in ein neues Jahrhundert. Auch außerhalb Frankreichs hat sein vielschichtiges Werk in letzter Zeit historische Aufmerksamkeit erfahren, unter anderem mit Schwerpunkt auf der Rechtsvergleichung (Alfons Aragoneses) oder Saleilles’ Beurteilung der deutschen Rechtswissenschaft (Birte Gast). Der Florentiner Rechtshistoriker Marco Sabbioneti hat nun eine umfassende Monographie über Privatrechtsdogmatik und politisch-religiöse Grundeinstellungen des französischen Juristen vorgelegt, dessen Werk oft schlagwortartig mit – aus deutscher Sicht – kulturhistorischen Epocheneinteilungen wie "Belle Epoque" oder "Modernismo" in Verbindung gebracht wird. ...
Wenn in Romanen Gerichte vorkommen, geht es meistens um Prozesse. Bei den populären Varianten halten diabolische Staatsanwälte gnadenlose Plädoyers gegen unschuldige Angeklagte (jung und weiblich), gutaussehende Strafverteidiger (jung und männlich), die immer gerade ihren ersten Fall haben, fallen ihnen heroisch ins Wort und tragen am Ende den Sieg und die Angeklagte davon. Bei den weniger populären gehen die Prozesse oft schlecht aus. Menschen werden verurteilt, ohne dass sie etwas Böses getan hätten, oder Rosshändler enden auf dem Schafott. ...
Die Geschichte klingt bekannt: Ein Rechtssystem etabliert im 19. Jahrhundert eine liberale institutionelle Ordnung. Eine Verfassung garantiert mehr oder weniger verbindlich individuelle Rechte, flankiert von einer prinzipiell nach Vertragsfreiheit und Eigentumsfreiheit gestalteten Privatrechtskodifikation. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gerät das liberale Gleichgewicht jedoch ins Wanken. Arbeitende Menschen artikulieren ihre Interessen schärfer als zuvor, es entsteht revolutionärer Sprengstoff, die "soziale Frage" ist allgegenwärtig und das Privatrecht der alten Ordnung scheint keine Antworten darauf zu haben. Es beginnt ein Ringen zwischen neuen, zunehmend radikalen politischen Bekenntnissen, die den Gegensatz der Klassen entweder zugunsten einer Klasse – wenn nötig gewaltsam – entscheiden oder ihn beseitigen wollen, durch Harmonisierung widerstreitender Interessen. Die neuen politischen Richtungen beeinflussen entscheidend das Privatrecht. Das Arbeitsrecht, als neu entstehende Disziplin, gerät in das Spannungsfeld der politischen Glaubenskämpfe des neuen Jahrhunderts und gewinnt gerade durch sie an Relevanz. ...
In Germany, the termination of employment contracts is a central and often intensely debated legal issue today. This is not surprising since employment termination entails substantial risks for the person affected and threatens the very foundation of his or her economic existence. This is why both politics and legal dogmatics place the individual engaged in dependent work at the centre of concern as a subject requiring protection. In Germany, labour law ("Arbeitsrecht") emerged as an independent field of law focusing on the persona of the dependent worker ("Arbeitnehmer") and its typified normative ascriptions. This process took place in the course of the 20th century, as the concept of the principal requirement that employees be protected against unforeseen or unjustified dismissal became increasingly established, giving rise to very intricate regulations. Social security is a guiding motif of this legislation which regards contract termination primarily as a risk. It is often not considered that this constellation is a very new one. Defined conceptions of the interests of the parties to labour contracts also existed before 1900, but social security was then not a central criterion. At that time, many people perceived the termination of their employment as an opportunity rather than primarily as a risk. Employers, on the other hand, aimed to keep people in their service for as long as possible. In the late 19th century, the enforcement of labour performance by legal means and normative instruments, which no longer plays any role today, was still an important issue. This provides occasion to investigate the freedom of working people from the perspective of the history of law, whereby this article focuses on the history of the German-speaking territories. ...
Ich möchte dem Direktor, Herrn Professor Thomas Duve, meinen aufrichtigsten Dank dafür sagen, dass ich die Rede zum Beginn einer neuen Phase im mittlerweile langen Leben des Frankfurter Instituts halten darf. Für einen Rechtshistoriker handelt es sich um eine wirkliche Ehre, hat doch das Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte seit 1964, seinem Gründungsjahr, dank seiner Leiter – u.a. Helmut Coing, Dieter Simon, Michael Stolleis und Thomas Duve, die allesamt herausragende, allgemein anerkannte Wissenschaftler waren (und sind) – die Studien zur mittelalterlichen und neuzeitlichen Rechtsgeschichte wesentlich vorangetrieben und sich damit weltweit als wichtigstes Forschungszentrum durchgesetzt. ...
"Nothing is more soothing to the nerves than a detailed discussion of homage and lordship …" If William de Briwerr, fictional English knight and narrator in Alfred Duggan’s historical novel Lord Geoffrey’s Fancy, is right, then a conference held in April 2011 will have set the participants at ease. Following the call of the Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte and the conference organiser, Karl-Heinz Spieß, they had gathered to discuss the "Formation and dissemination of feudalism in the Empire and in Italy during the 12th and 13th century". The conference proceedings have now been published, and I suppose William de Briwerr would have approved of the intensity of discussion contained therein. ...
Peter Oestmann unterscheidet in seiner Intervention drei Arten der Rechtsgeschichtsschreibung, die er Normen-, Wissenschafts- und Praxisgeschichte nennt. Als bekennender Vertreter der letzten Kategorie setzt er sich für deren Emanzipation von der rechtsdogmatischen "Normenkontrolle" ein. Er bezeichnet es als "unfair, wenn Vertreter der Normengeschichte erwarten, diejenigen, die sich mit der Rechtspraxis beschäftigen, müssten im gleichen Maße die Rechtsliteratur und normative Quellen in ihre Untersuchungen einbeziehen wie andere Rechtshistoriker auch" (8). Zugleich bricht er eine Lanze für die "erheblich unjuristischere" Rechtsgeschichte der Praxis (ebd.). Wir pflichten diesem Anliegen vorbehaltlos bei. Zugleich beobachten wir, dass Oestmanns Kritik an Grundlagen des rechtshistorischen Selbstverständnisses rührt, die zur Diskussion zu stellen im deutschsprachigen Raum erfahrungsgemäß schwer fällt. Auch bleibt Oestmann zu oft in den Kategorien des von ihm Kritisierten befangen. Unsere Replik setzt sich mit den historischen Ursachen dieses strukturellen Unbehagens in der Rechtsgeschichte auseinander.
Als der oströmische Kaiser Theodosius II. in den Jahren 429 bis 438 nach Christus eine umfassende Rechtssammlung in Auftrag gab, rechnete er sicher damit, dass er eine schwierige Aufgabe in Angriff nahm. Das Recht – einst ein, wenn nicht das effektivste Herrschaftsinstrument des Imperium Romanum – hatte seine Wirkungsmacht weitgehend eingebüßt. Die Rechtsquellen waren unzugänglich oder unbekannt geworden und uneinheitlich in ihrem Geltungsanspruch. Sie hatten mit der administrativen Teilung des Reichs in Ost- und Westrom zumindest die Hälfte ihres Geltungsradius eingebüßt. Die zwei privaten Rechtssammlungen von Kaisergesetzen aus der Zeit Diokletians, der Codex Gregorianus und der Codex Hermogenianus, die aus dem letzten Jahrzehnt des dritten Jahrhunderts datieren, waren veraltet und ergänzungsbedürftig. ...
Da es der rechtsgeschichtlichen Forschung um das Recht der Vergangenheit geht, ist sie in ihrer Epistemologie von der Existenzform des Phänomens Recht abhängig. Alles Recht ist gedanklicher Natur. Es handelt sich um die Überzeugung, dass für das organisierte menschliche Zusammenleben gewisse Regeln verpflichtender Art zu beachten sind, deren Verletzung mit einer Sanktion geahndet werden wird/soll. Wird Recht in einem objektiven Sinne ("Rechtsordnung") angesprochen, handelt es sich um ein Konstrukt. Überzeugungen sind als solche individuell. Eine "Kollektivüberzeugung" hat keine reale Existenz. Überindividuell handelt es sich um ein Kommunikationsgeschehen, in dem eine teilweise oder weitgehende Übereinstimmung darüber besteht oder hergestellt wird, was als Recht und was als Unrecht anzusehen ist. In fortgeschrittenen Gesellschaften nehmen an diesem Kommunikationsgeschehen Personen teil, die in verschiedenen Rollen mit Vertragsgestaltung, Streitentscheidung, Normerzeugung und akademischer (intergenerationeller) Normvermittlung befasst sind. Die überindividuelle Existenz von Recht als einem Gedankengebilde, das weithin übereinstimmend für zutreffend gehalten wird, ist ein Tatbestand, der angemessen nur wissenssoziologisch erfasst werden kann. ...
The article aims to investigate, under the aspect of translation, the process of legal appropriation and reproduction of international law during the course of the 19th century. An occidental understanding of translation played an important role in the so-called process of universalization in the 19th century, as it made the complexity of global circulation of ideas invisible. Approaches proposed by scholars of Postcolonial, Cultural and Translation Studies are useful for re-reading histories of the circulation of European ideas, particularly the international law doctrines, from a different perspective. The great strides made in Translation and Cultural Studies in the last decades, as well as the discernment practiced in the scholarship of Postcolonial Studies, are important for a broader and more differentiated understanding of the processes of appropriation and reproduction of the doctrines of international law during the 19th century. The present article begins by tracing the connection between translation and universalization of concepts in 19th century international law; after a short excursus on the Western idea of translation, the attention is focused on the translation of international law textbooks. The conclusive section is dedicated to a comparison between Emer de Vattel’s Droit des gens and Andrés Bello’s Principios de Derecho de Jentes.
Eurozentrismus heißt das Schlagwort, welches die Wissenschaft der Völkerrechtsgeschichte seit einigen Jahren – wieder einmal, muss man sagen, blickt man auf die ersten kritischen Stimmen in den 1960er-Jahren zurück – beschäftigt. Im Zentrum steht dabei die Kritik an der klassischen Historiographie des Völkerrechts und insbesondere der führenden Rolle, die dem sogenannten Westen bzw. Europa darin zugeschrieben wird. Nach der traditionellen Narration ist das moderne Völkerrecht das Ergebnis einer europäischen Fortschrittsgeschichte, die ihren Ausgangspunkt im europäischen Mittealter nahm und sich im Laufe des 19. Jahrhunderts zu einem universell gültigen internationalen Rechtssystem herausbildete. Nicht-europäische Staaten spielen in dieser linearen und eurozentrischen Entwicklungsgeschichte, wenn überhaupt, nur eine passive Rolle. Nicht als Akteure, sondern als Rezipienten werden sie im Laufe des 19. Jahrhunderts Teil dieser europäischen Meistererzählung. "[I]t was in fact Europe and not America, Asia, or Africa that dominated and, in so doing, unified the world, it is not our perspective but the historical record itself that can be called Eurocentric", heißt es 1984 bei Hedley Bull und Adam Watson. Trotz verschiedener kritischer Gegenerzählungen ist diese klassische Narration auch heute noch prägend für das Selbstverständnis der Wissenschaft der Völkerrechtsgeschichte. ...
Konstitutionalisierung, Europäisierung, Internationalisierung … So viele bestehende oder sich abzeichnende Tendenzen, die durch ihre Neuheit bestechen und durch ihre Dynamik Interesse erwecken. Doch, wie Jean-Claude Gautron gerne seinen Doktoranden zu verstehen gibt, "nicht alles, was glänzt, ist Gold", eine Einstellung, die sich auch in seiner eigenen Haltung der "kritischen Betrachtung Europas durch einen Europarechtler" widerspiegelt. Ihn durch den Versuch zu würdigen, die Verwendung bestimmter Begriffe zu beleuchten, ist daher nicht unangemessen. ...
L’arrêt Lüth – 50 ans après
(2019)
Même 50 ans plus tard, l’arrêt Lüth, rendu par la Cour constitutionnelle fédérale le 15 janvier 1958, n’a rien perdu de son actualité. Il confère durablement à la liberté d’expression un rang primordial pour le débat public démocratique et marque le point de départ du développement d’une dogmatique des droits fondamentaux spécifiquement allemande, à l’origine d’un renforcement des compétences et de la puissance particulières de la Cour constitutionnelle fédérale. Les raisons qui expliquent l’approche particulière de résolution de conflits entre droits suivie dans l’arrêt Lüth ne laissent pas présager un abandon de cette jurisprudence, abandon qui ne serait d’ailleurs ni souhaitable ni réaliste.
Le constitutionnalisme est un phénomène relativement récent dans l’histoire des institutions politiques. Il a émergé au cours des vingt-cinq dernières années du XVIIIe siècle, à la suite de deux révolutions menées avec succès contre le pouvoir en place, la première dans les colonies anglaises d’Amérique du Nord, la seconde en France. Immédiatement perçu comme une avancée majeure, le constitutionnalisme n’a pas tardé à exercer également son pouvoir d’attraction en dehors des pays où il est apparu. Partout en Europe, et ensuite dans d’autres parties du monde, des tentatives pour mettre en place des constitutions modernes virent le jour. Tout le XIXe siècle fut traversé par les luttes pour une constitution, et le XXe siècle fut une période de sérieux revers, avant qu’au tournant du XXIe siècle, le constitutionnalisme ne finisse par accéder à une reconnaissance mondiale. De nos jours, seule une poignée d’États, parmi les quelque deux cents que compte le monde, ne possède pas de constitution. ...
Konnte Michael Stolleis noch 1985 im Rechtshistorischen Journal beklagen, dass die Strafrechtsgeschichte ein blinder Fleck in der (rechts-)historischen Forschung sei, so ist seit etwa 1990 geradezu ein Boom der historischen Kriminalitätsforschung zu verzeichnen, der inzwischen auch die Rechtsgeschichte erfasst hat ...
Lange hat die Forschung die zehn Kreise des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation vernachlässigt. Ließen diese sich doch kaum in das Modell der europäischen (National-)Staatsbildung einordnen. Die Reichskreise bildeten eine separate, spezifische verfassungsrechtliche Ebene zwischen der im Reich nur schwach ausgeprägten "Zentralgewalt", repräsentiert durch Kaiser und Reichstag, und den einzelnen Reichsständen. Unter letzteren billigte die ältere Forschung nur den größeren Territorien staatliche Qualitäten zu. Das Reich wurde dagegen als ein zu moderner Staatsbildung unfähiges "Monstrum" abgetan, das insbesondere in der Gesetzgebung sowie in der Außen-, Wirtschafts-, Ordnungs- und Sicherheitspolitik versagt habe. Erst die jüngere Forschung hat gezeigt, dass das Alte Reich als Ganzes und die Reichsmitglieder durchaus staatliche Funktionen ausübten, und zwar auch im Bereich der frühneuzeitlichen Ordnungs- bzw. Policeygesetzgebung. Die Normenproduktion der Reichskreise und kleineren Reichsstände ist allerdings noch kaum erschlossen, und moderne Editionen gerade umfangreicherer, exemplarischer Policeyordnungen fehlen völlig. Die hier vorzustellenden, von Wolfgang Wüst herausgegebenen drei Bände zur "guten Policey im Reichskreis" bilden folglich nicht nur eine wertvolle Ergänzung zu dem im Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte entstandenen Repertorium der frühneuzeitlichen Policeyordnungen und den in diesem Kontext entstandenen Fallstudien, sondern sie verbinden mit den Themen "Reichskreise" und "Policeygesetzgebung" zwei wichtige Felder der Frühneuzeitforschung und eröffnen damit eine neue Perspektive auf die Gesetzgebungsgeschichte und die Entwicklung frühmoderner Staatlichkeit. ...
Die Rechtsgeschichte hat dem vormodernen Asyl lange Zeit einen bestenfalls marginalen Platz eingeräumt und es häufig als Hindernis auf dem Weg zum staatlichen Gewalt- und Justizmonopol bewertet oder den angeblichen "Missbrauch" des Asyls betont. Gleiches gilt cum grano salis für die allgemeine Geschichte, die wenige, eng begrenzte lokale Fallstudien beigesteuert hat, während umfassendere Darstellungen zur Geschichte der "Menschenrechte" oder zur historischen Kriminalitätsforschung das vormoderne Asylrecht weitgehend ignorieren. Erst in jüngster Zeit nahm die Zahl der Arbeiten zu, die sich intensiver mit der Geschichte des Asyls beschäftigen und neue Erkenntnisse sowie Forschungsperspektiven beitragen. ...
Die vorliegende Münchner historische Dissertation untersucht am Beispiel der letzten Generation der Reichskammergerichtsassessoren die Wahrnehmung und Verarbeitung der Auflösung des Alten Reiches und die Bewältigung dieses epochalen Umbruchs durch die ehemaligen Richter bis in die Zeit des Deutschen Bundes hinein. Es geht folglich um Auflösung und Transfer eines Rechtssystems, das Mader am Beispiel der Bewältigungsstrategien der rund 20 Kammerrichter und ihrer Nachkarrieren detailliert rekonstruiert. Zwar fällt die Kritik des Verfassers an der "Untergangsorientierung" der Forschung zu einseitig und pauschal aus – denn diese hat das Funktionieren der Reichsverfassung auch in ihrer letzten Phase differenziert herausgearbeitet. Zutreffend ist jedoch, dass Fortwirkung, Kontinuität und Transfer des Alten Reiches, seines Rechts, seiner Institutionen und seiner Funktionsträger noch stärker erforscht werden sollten. ...