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kurz und kn@pp news : Nr. 40
(2017)
Sozialräume der Global Financial Class : Untersuchungen in den Finanzzentren Frankfurt und Sydney
(2016)
Dieses Working Paper untersucht die Bedeutung von Global Cities für die Formierung einer globalen Finanzklasse anhand der Finanzzentren Frankfurt und Sydney. In einer vergleichenden Ethnographie dieser beiden Städte werden urbane Räume und soziale Kontexte erforscht, die durch die kulturellen Praktiken und stilistischen Gemeinsamkeiten der modernen Finanzklasse geprägt sind. Es werden dabei vier charakteristische kulturelle Muster identifiziert: Dies sind die Muster der Repräsentation, der Exklusivität, der Aspiration und der sozialen Durchlässigkeit.
Im Muster der Repräsentation verbindet sich das Finanzwesen auf eine symbolische Weise mit Politik und Gesellschaft, während im Muster der Exklusivität der Kern ökonomischer Praktiken dem Zugriff der Allgemeinheit entzogen wird. Das Muster der Aspiration ermöglicht Praktiken der Herstellung und des Austestens von Zugehörigkeit, während der Modus sozialer Durchlässigkeit eine Auseinandersetzung mit anderen gesellschaftlichen Gruppen und die Aufnahme fremder kultureller Muster durch Praktiken der cultural omnivorousness ermöglicht.
Die Praktiken, die diese vier typischen Muster konstituieren, nehmen dabei jeweils lokale Eigenhei- ten auf, die in einen global verlaufenden Klassenbildungsprozess eingespeist werden und diese glo- bale Klasse in den Städten verankern.
Im Kontext der Diskussion zur „Globalisierung des Managements“ und der daraus entstandenen These einer transnationalen Klasse untersuchen wir in diesem Beitrag den Stellenwert internationaler Berufserfahrung bei Bankvorständen in Deutschland und weltweit. Bisherige Forschungen (etwa Pohlmann 2009) argumentieren, dass bei den Top-100- Industrieunternehmen in den USA, Ostasien und Deutschland Karriereverläufe im mittleren und Spitzenmanagement kaum internationalisiert sind und Hauskarrieren die Regel seien. Unsere eigene explorative Untersuchung legt die Vermutung nahe, dass die Situation im deutschen sowie im globalen Bankensektor anders aussieht. Vor allem in Deutschland verlaufen die Top-Karrieren im Unterschied zu Industrieunternehmen deutlich internationaler, was auf andere personelle Konstellation im Feld des global vernetzten Finanzsektors hinweist. Im deutschen wie im globalen Finanzsektor könnten wir es hierbei mit dem Phänomen einer „Transnationalisierung ohne Migration“ zu tun haben.
In methodischer Hinsicht macht unsere Studie auf die Grenzen quantitativer Forschungsdesigns bei der Untersuchung internationaler Berufserfahrung und internationalen Arbeitspraxen aufmerksam. Daher plädieren wir für ein an die Kategorien der Bourdieu‘schen Sozialtheorie angelehntes qualitatives Forschungsdesign für die Untersuchung der Herausbildung einer globalen Klasse auf den globalisierten Finanzmärkten.
Globale Finanzplätze im Vergleich : Frankfurt und Sydney zwischen Global City und lokaler Variation
(2015)
Frankfurt und Sydney sind international bedeutende Knotenpunkte des Global- Cities-Netzwerks. Als transnationale Finanzzentren erreichen sie im Global Financial Centres Index (GFCI) ähnliche Platzierungen. Populäre Rankings wie der GFCI entfalten ihre Wirkungsmacht in einem politischen Diskurs, der die Konkurrenz von Finanzzentren in einem hierarchischen Städtenetzwerk betont und so die Orientierung an den Champions der Finanzmetropolen forciert. Der hier vorgenommene kontrastive Vergleich Frankfurts und Sydneys zeigt hingegen, dass die stark von Globalisierungs- und Finanzialisierungstendenzen beeinflussten Städte sich nicht einfach einem Idealtypus von Global Cities angleichen. Vielmehr sorgt die Einbettung in unterschiedliche Entwicklungslinien – im Falle Frankfurts in die Tradition einer koordinierten Marktwirtschaft, im Falle Sydneys in die Tradition einer liberalen Marktwirtschaft – für die Ausbildung von Finanzsystemen mit unterschiedlichem Charakter und unterschiedlicher Reichweite. So weist der Finanzplatz Frankfurt im Vergleich mit Sydney eine starke globale Vernetzung auf, wenngleich die Merkmale der koordinierten Marktwirtschaft - geringere Börsenkapitalisierung der Unternehmen, einer primär kreditbasierten Unternehmensfinanzierung und geringere Finanzmarktorientierung der Bevölkerung nachwirken. Demgegenüber profitiert der Finanzstandort Sydney von einer durchwegs finanzialisierten Ökonomie, was sich in der Finanzmarktorientierung von Unternehmen und jener der allgemeinen Bevölkerung ausdrückt, weist aber eine stärkere Binnenorientierung, also die Fokussierung auf den nationalen Markt auf.
Polytraumatisierte Patienten erleiden in ca. 40% der Fälle eine Verletzung des Thorax. Die Verletzung des Thorax erhöht die Dauer der Beatmungszeit, das Pneumonie-Risiko, die Intensiv- und Krankenhausverweildauer sowie das Letalitätsrisiko. Seit 2003 wurde im Universitätsklinikum Frankfurt am Main ein standardisiertes Behandlungsverfahren zur intensivmedizinischen Behandlung nach Polytrauma implementiert und weiterentwickelt. Eckpunkte des Konzeptes sind eine kinetische Therapie im Rotorest®Bett, eine initiale Beatmung mit einem PEEP von 15mbar, eine frühzeitige assistierte Spontanatmung und frühzeitige enterale Ernährung. In dieser Arbeit wurden die Auswirkungen der Weiterentwicklung des Behandlungsprotokolls, insbesondere die Auswirkungen der Ernährung und Sedierung auf die Leberfunktion und die Entwicklung einer Pneumonie, untersucht. Das Behandlungsprotokoll sah folgende Behandlungsstandards vor: 2003: Kontrollierte Beatmung und Therapie im Rotorest®Bett in den ersten Tagen, PEEP-Einstellung entsprechend der Oxygenierung, individuelle Entwöhnung von der Beatmung und der Rotorest®-Therapie. Der Kostaufbau überwiegend parenteral, Sedierung mit Propofol und Midazolam. 2006: 72h Beatmung mit einem PEEP von 15mbar, Rotorest®-Bett, zügige assistierte Beatmungsform. Individuelle Entwöhnung von der Beatmung und der Rotorest®-Therapie, der Kostaufbau parenteral und enteral, Sedierung überwiegend mit Midazolam. 2009: Reduktion der Rotorest®-Therapie mit einem PEEP von 15mbar auf 40 bis 48h, PEEP-Reduktionsprotokoll. Der Kostaufbau erfolgte primär enteral, die Sedierung mit vorwiegend Propofol und z. T. Midazolam.
Es konnten retrospektiv 108 Patienten (ISS 37+13) eingeschlossen werden. Bei 38,3% der Patienten lagen unvollständige Akten vor, oder die Rotorest® Therapie wurde erst nach 48h begonnen. Durch das Konzept konnten die Beatmungszeit von 17±15 auf 8±8 Tage und die intensivstationäre Verweildauer von 17±9 auf 10±9 Tage signifikant reduziert werden (p<0,001), die Krankenhausverweildauer blieb gleich. Die Pneumonierate fiel nicht signifikant von 25% in 2003 nach einem Anstieg auf 37% in 2006 auf 17% in 2009. Das Pneumonierisiko stieg mit der Höhe der aufgenommenen kcal/kgKG, der Gesamt-kcal/d bis Tag 7 sowie der Summe der kcal bis Tag 5 signifikant (p<0,05). Eine Leberdysfunktion erhöhte das Letalitätsrisiko signifikant (Rs 0,267; p<0,01). Die Rate an Leberdysfunktionen binnen der ersten 14 Tage fiel von 34,7% in 2003 nach einem Anstieg auf 43,4% im Jahr 2006 auf 22,1% in 2009 (p<0,001). Eine Leberdysfunktion korrelierte, bei Auftreten bis Tag 7, sowohl mit einer überwiegend parenteralen Ernährung bis Tag 5 (p=0,021) als auch der Höhe der parenteralen kcal (Rs 0,248; p=0,02) und der Höhe der Gesamt-kcal (Rs 0,201; p=0,038). Der Anteil an Patienten mit parenteraler Ernährung konnte von 92,2% (bis Tag 5) in 2003 und 97,5% in 2006 auf 65% in 2009 signifikant reduziert werden, ebenso wie die Gesamtmenge an verabreichten Kalorien bis Tag 7 (von 1210kcal/d auf 1113kcal/d und 2009 auf 851kcal/d; p<0,001). Keine Korrelation bestand zwischen der Entstehung einer Leberdysfunktion und der Beatmung, der Höhe des PEEP oder der Entwicklung einer Pneumonie. Im Gegensatz dazu erhöhte die verabreichte Menge von Midazolam in den ersten 7 Tagen (mg/kg/d) das Pneumonie-Risiko signifikant (p=0,024). Als unabhängige Risikofaktoren für die Entwicklung einer Pneumonie stellten sich die Transfusion von EKs (OR 3,646 95%CI 1,074-12,383), die Höhe der verabreichten Gesamtkalorien (>5000kcal) binnen der ersten fünf Tage (OR 3,219 95%Cl 1,033-10,034) und die Höhe des Beatmungsspitzendruckes (OR 1,135 95%Cl 1,010-1,275) dar.
Die Daten der vorliegenden Arbeit bestätigen den kritisch abzuwägenden Einsatz von Midazolam in der Intensivtherapie. Weiterhin zeigte sich ein signifikanter Einfluss der Ernährung auf die Morbidität der Patienten entsprechend der Literatur. Die vorliegenden Ergebnisse weisen weiter darauf hin, dass bei schwerverletzten Patienten auch die Gesamtkalorienzufuhr gering zu halten ist, um die Rate an Pneumonien zu reduzieren. Die Beatmung mit einem PEEP von 15mbar in den ersten Behandlungstagen unter PiCCO-Monitoring erscheint hierbei keine negativen Auswirkungen auf die Entwicklung einer Leberdysfunktion zu haben.
Zusammenfassend kann durch ein vorwiegend enterales Ernährungsschema, mit unter den Empfehlungen der AWMF liegenden Gesamtkalorien, das Auftreten von Leberdysfunktionen und die Rate an Pneumonien signifikant reduziert, durch ein strukturiertes Therapiekonzept mit u.a. reduziertem Einsatz von Midazolam eine signifikante Reduktion der Beatmungszeit sowie der Intensivverweildauer erreicht und eine Reduktion der Pneumonierate unterstützt werden.
Digitale Technologien und ihre vielfältige Nutzung verändern normative Ordnungen auf politischer, rechtlicher und gesellschaftlicher Ebene. Das Internet bietet neue gesellschaftliche Räume, die soziale Interaktion strukturieren. Diese sind jedoch nur halb-öffentliche Räume, in denen die Dienstleistungsanbieter mit Verweis auf ihre AGBs die Möglichkeit haben, etwa politische Äußerungen zu zensieren oder gar zu löschen. Darüber hinaus kooperieren manche private Unternehmen auch mit Staaten in der Strafverfolgung, und treffen Entscheidungen darüber welche Daten sie weitergeben. Welche Normen stoßen im Rahmen der Digitalisierung aufeinander und inwieweit sollten und könnten diese per Gesetz reguliert werden? Können die Grundrechte der Nutzer/innen noch umfassend gewährleistet werden? Mit diesen hochaktuellen Fragen befasste sich am 06. und 07. Juli die interdisziplinäre Konferenz “Normative Orders of the Digital“ am Exzellenzcluster Normative Ordnungen der Goethe-Universität Frankfurt.
Ransomware wie WannaCry und Petya/NotPetya versetzten weltweit Unternehmen in Sorge und verursachen erheblichen Schaden. Dabei sind sie nur der sichtbare Teil einer unzureichenden Sicherheitskultur, die dringend ein Update benötigt.
Ransomware, auch Kryptotrojaner genannt, sind kein neues Phänomen, sondern die zunehmend sichtbare Begleiterscheinung kollektiver IT-Unsicherheit. Die Ransomware WannaCry infizierte Mitte Mai weltweit mindestens 220.000 Windows Rechner. Dabei verschaffte sich der Trojaner Zugang zu den Dateien der Computer und verschlüsseln diese um eine Lösegeldzahlung zu erpressen. Dies war möglich über die als EternalBlue bekannte Lücke, die seit dem Betriebssystem Windwos XP auftrat und erst in diesem Jahr im Februar durch Microsoft geschlossen wurde. EternalBlue war für eine unbekannte Zeit in den Händen der NSA bis sie Anfang dieses Jahres durch eine Hackergruppe namens Shadow Brokers von der NSA „gestohlen“ und veröffentlicht wurde. Und obwohl Microsoft eiligst einen Patch veröffentlichte, offenbarten die bisher folgenreichsten bekannte Kryptowurm das Dilemma, in dem sich die Cyber-Sicherheitskultur aktuell befindet: Es ist eine Kultur des Schweigens, die dazu führt, dass das Sammeln und der Missbrauch von Sicherheitslücken gefördert statt verhindert wird....
Der "Regionalatlas Rhein-Main" wird zum 75-jährigen Jubiläum der "Rhein-Mainischen Forschung" veröffentlicht. Er verfolgt das Ziel,
- einne Überblick über die regionale Struktur des Rhein-Main-Gebietes zu verschaffen,
- Politik, Wirtschaft und Verwaltung Grundlagendaten in regionalisierter Form für ihre Entscheidungen an die Hand zu geben, und
- den im Rhein-Main-Gebiet lebenden Menschen die regionalen Strukturen ihres Lebensraumes näher zu bringen.
Die vorliegende Arbeit leistet einen Beitrag zur Debatte über den Schriftspracherwerb mehrsprachiger Kinder in der Grundschule. Motiviert wird dieses Thema durch den Forschungsstand hinsichtlich der Erwerbsprozesse unter den Bedingungen der Mehrsprachigkeit sowie durch die Relevanz von Schreibkompetenzentwicklung in den früheren Schuljahren für die gesamte schulische Laufbahn der Kinder. Das Forschungsinteresse des Promotionsprojektes richtet sich auf die Rekonstruktion von Schreibprozessen der mehrsprachigen SchülerInnen mit Sprachförderbedarf im Sprachunterricht der Schuleingangsphase. Die Arbeit stellt einen ersten Versuch dar, die Schreibpraktiken der Schüler im interaktiven Kontext systematisch zu erfassen.
Die "Digitalisierung" ist ein gesamtgesellschaftlicher und globaler Trend, der nahezu alle Bereiche der Lebens- und Arbeitswelt durchzieht und insofern auch das Studieren an (allen) Hochschulen betrifft. Das Schlagwort "Digitalisierung" verweist auch auf alle Varianten der Nutzung von digitalen Technologien im Bereich Studium und Lehre. Lange Zeit stand vor allem das E-Learning im Vordergrund der Diskussion und damit die Nutzung von digitalen Technologien im engeren Lehr-Lernkontext zur Unterstützung der Interaktion von Lehrenden und Studierenden. Heute werden an den Hochschulen zunehmend die weiteren Möglichkeiten der digitalen Technik für Studium und Lehre erkannt und immer mehr in der Praxis an Hochschulen genutzt: Von der Werbung um Studierende bis hin zur Ansprache von Alumni können sie die Qualität, die Leistungsfähigkeit, die Öffnung, Vermarktung und Internationalisierung der Hochschullehre unterstützen (Kerres 2013, Bischof und von Stuckrad 2013); und einige Hochschulen nutzen die Digitalisierung von Lehre und Studium zur Profilbildung und zur besseren Positionierung im nationalen und internationalen Wettbewerb zwischen Hochschulen. ...
Diese Untersuchung beschäftigt sich mit der Morphosyntax pronominaler Partitivanaphern im kontinentalwestgermanischen Dialektkontinuum im Allgemeinen und im deutschen (insbesondere hessischen) Sprachraum im Speziellen. Schwerpunkte sind dabei die sprachgeografische Verteilung, die morphosyntaktische Variation und die strukturelle Analyse pronominaler Ausdrucksmittel der unbestimmten Teilmenge. Es werden traditionell dialektologische Erkenntnisinteressen (Raumstruktur syntaktischer Variablen und Verlauf syntaktischer Isoglossen) mit Fragestellungen der (theoretisch orientierten) Syntaxforschung verbunden. Außerdem erfolgt erstmals eine wirklich sprachübergreifende Behandlung der verschiedenen Systeme pronominaler Partitivität, zum einen innerhalb der (West-)Germania, zum anderen durch den Einbezug (zentral-)romanischer Sprachen, um Unterschiede und Gemeinsamkeiten auf der Mikro- und Mesoebene herauszuarbeiten. Die gewählte Methode ist nicht nur kontrastiv, sondern auch geolinguistisch fundiert, insofern als morphologische Formen und syntaktische Variation im Raum abgebildet werden, wodurch nicht zuletzt auch interessante Korrelationen und Anti-Korrelationen in den Daten bestätigt bzw. entdeckt werden konnten.
Nach einer Gegenstandsbestimmung der morphosyntaktischen Variable und ihrer Varianten (Inventarisierung und Typisierung) sowie des Variationsrahmens (areal-horizontal, vertikal, morphosyntaktisch, historisch, idiolektal etc.) wird zunächst das DFG-Projekt „Syntax hessischer Dialekte“ (SyHD) vorgestellt, das die empirische Basis zur Untersuchung lieferte. Dabei werden generelle und spezifische Fragen der Datengewinnung (multivariate Methode mit indirekten und direkten Elementen) sowie der Datenanalyse und -interpretation (Instrument der Kartierung) diskutiert. Den Hauptteil der Arbeit bildet die diatopische, diachrone und distributionell-syntaktische Variation der Systeme pronominaler Partitivität. Als die vier Hauptstrategien zum Ausdruck partitiv-anaphorischer Referenz innerhalb des deutschsprachigen Gebiets finden sich das konservative System versteinerter Pronominalgenitive wie „(d)(e)r(e)“, „s(e)n“ und „es“ (vor allem in einem mitteldeutschen Streifen und randdialektal) - Relikte eines ehemals umfassenderen genitivbasierten Systems der Partitivität -, das sprachgeschichtlich junge und typologisch auffällige indefinit-partitive Pronomen „welch-“/„we(l)k-“ (im Nieder-/Norddeutschen und in der Standardsprache) sowie schließlich die innovativen Systeme der Null-Anapher (im Alemannischen bzw. Südwesten) und des generalisierten Indefinitpronomens „ein-“ (im Bairischen bzw. Südosten). Wenngleich sich diese areale Distribution im zentral gelegenen und daher unter dem Einfluss nahezu aller Strategien stehenden Hessen als Kleinraum bestätigt - mit Ausnahme der weitgehenden Abwesenheit des „ein“-Systems -, so zeigen sich doch einige überraschende Ergebnisse wie beispielsweise ein kategorialer Unterschied nach Numerus und zum Teil Genus bei der Vitalität der Genitivpartikeln. Sprachhistorisch können zwei Arten von Wandel beim Genitiv-System identifiziert werden: systeminterne Veränderungen (durch Merkmals- oder Formverlust) und systemexterne Verdrängungsprozesse (durch Ausbreitung der innovativen Ausdrucksformen, was in einem Dialekt bzw. intraindividuell zu konkurrierenden oder Mischsystemen führen kann). Darüber hinaus sind mit Blick auf die Art und Weise der Veränderungen für Sprachwandelprozesse allgemein typische zyklische Abfolgen von Abschwächung und Verstärkung erkennbar. In Bezug auf die syntaktische Distribution werden insbesondere die Genitivanaphern auf ihre Kompatibilität mit nominalen Modifikatoren wie Numeralien/(schwachen) Quantoren, „flektierten“ Zahlwörtern (Schwa), Adjektiven, verschiedenen Arten von Präpositionalphrasen sowie Relativ- vs. Komplementsätzen hin untersucht und - funktional wie formal - mit ihrem niederländischen partitiven/quantitativen Äquivalent „er“ sowie den romanischen, in ein partitives System integrierten Pronomina fr. „en“/it. „ne“ verglichen. Für die deutschen Partitivanaphern ergibt sich daraus Evidenz für zwei unterschiedliche Pronominalisierungsebenen. Abschließend wird das Phänomen in die allgemeine Diskussion um nominale Ellipsen eingebettet (Elision und Pronominalisierung). Aufgrund der Evaluation der in der Literatur diskutierten Lizenzierungsansätze anhand neuer dialektaler und typologischer Daten wird hier ein flexions-/kongruenzbasierter Ansatz favorisiert (Rolle von Adjektivmorphologie bzw. generell von unterschiedlichen Flexionssystemen, etwa im Deutschen vs. Englischen).