Biologische Hochschulschriften (Goethe-Universität)
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Künstliche Ribonucleasen, die sequenzspezifisch und effizient die Spaltung von RNA-Phosphordiesterbindungen katalysieren, könnten potenziell nicht nur als biochemische Werkzeuge dienen, sondern auch als Wirkstoffe gegen eine Vielzahl von Erkrankungen, bei denen mRNA oder miRNA involviert sind, eine wichtige Rolle spielen. Obwohl in den letzten beiden Jahrzehnten zahlreiche sequenzspezifische RNA-Spalter entwickelt wurden, bleibt die Spaltaktivität dieser Verbindungen nach wie vor deutlich hinter der ihrer natürlichen Äquivalente zurück. Die Optimierung künstlicher Ribonucleasen und grundlegend dafür die Erforschung der Faktoren, die die Spaltaktivität einer Verbindung beeinflussen, sind daher weiterhin von großem Interesse. Zwar enthalten die meisten künstlichen Ribonucleasen Metallionen, doch sind auch metallfreie RNA-Spalter, zum Beispiel auf der Basis heterocyclischer Guanidine, bekannt. Prinzipiell kann die Hydrolyse des RNA-Rückgrates durch Deprotonierung der nucleophil am Phosphoratom angreifenden 2‘-OH-Gruppe, durch Protonierung der als Abgangsgruppe fungierenden 5‘-OH-Gruppe sowie durch Stabilisierung des bei der Spaltung durchlaufenen dianionischen Phosphorans katalysiert werden. Daher sollten potenzielle RNA-Spalter in der Lage sein, sowohl als Base als auch als Säure wirken zu können, was bei einem pKa-Wert im Bereich von 7 am besten gegeben ist. Fungiert ein und dasselbe Molekül als Protonenakzeptor und -donor, so kommt es im Fall von Guanidinanaloga zu einer Tautomerisierung vom Amino- zum Iminoisomer. Eine möglichst kleine Energiedifferenz zwischen beiden Formen sollte sich daher positiv auf die Spaltaktivität auswirken. In der vorliegenden Arbeit wurde eine Reihe heterocyclischer Guanidine synthetisiert, deren pKa-Werte bestimmt und die jeweiligen Energiedifferenzen zwischen Amino- und Iminotautomer grob mittels AM1-Rechnungen abgeschätzt. In Spaltexperimenten wurden Cy5-markierte RNA-Substrate mit den verschiedenen Verbindungen inkubiert (Spalter-Konzentration: 2 bzw. 10 mM). Die Analyse und Quantifizierung der Spaltprodukte erfolgten anschließend mithilfe eines DNA-Sequenziergerätes. Alle untersuchten und ausreichend löslichen Substanzen, die sowohl einen geeigneten pKa-Wert (6 – 8) als auch eine niedrige Energiedifferenz zwischen Amino- und Iminotautomer (≤ 5 kcal/mol) aufwiesen bzw. bei denen nur der pKa-Wert oder nur die Energiedifferenz in geringem Maße vom Idealwert abwich, spalteten RNA, wenn auch teilweise nur mit einer geringen Aktivität. In den Spaltexperimenten erwiesen sich Guanidinanaloga mit einem großen aromatischen System als besonders aktiv, allen voran 2-Aminoperimidin und seine Derivate, die auch bei Konzentrationen unter 50 µM Spaltaktivität zeigten. Gleichzeitig offenbarten diese Verbindungen in Fluoreszenzkorrelationsspektroskopie Experimenten eine große Tendenz zur Aggregation mit RNA, so dass die Spaltung in diesen Fällen möglicherweise nicht durch Einzelmoleküle, sondern durch Aggregate erfolgte. Um RNA-Substrate auch sequenzspezifisch spalten zu können, wurden PNA-Konjugate des bereits bekannten RNA-Spalters Tris(2-aminobenzimidazol) hergestellt, wobei der Spalter über eine neue, quecksilberfreie Route synthetisiert wurde. Es konnte gezeigt werden, dass diese PNA-Konjugate RNA sequenzspezifisch mit einer Halbwertszeit von etwa 11 h spalten, was im Rahmen der Halbwertszeit vergleichbarer DNA-Konjugate liegt. Um zu untersuchen, ob 2-Aminoperimidine auch als Einzelverbindungen aktiv sind, wurden zwei PNA-Konjugate von am Naphthylring substituierten 2-Aminoperimidin-Derivaten synthetisiert. Beide Konjugate zeigten keinerlei Spaltaktivität, was darauf hindeuten könnte, dass die Hydrolyse des RNA-Rückgrates nur durch mehrere Spalter-Einheiten – kovalent verknüpft oder in Form von Aggregaten – effizient katalysiert werden kann.
Nach der Entdeckung und strukturellen Aufklärung des Ribosoms war bekannt, dass neben den Proteinen auch regulatorische RNA Sequenzen für die Steuerung biologischer Prozesse im Organismus verantwortlich sind. Dazu zählt unter anderem das trans-activation responsive element (TAR) aus HIV-1, welches am terminalen 5' Bereich (1-59) aller HIV-1 mRNAs eine identische bulge-loop Struktur ausbildet. Die basale Trans-kription des integrierten HIV Promotors ist in Abwesenheit des viralen trans-activator of transcription (Tat) sehr gering (und abhängig von zellulären Transkriptionsfaktoren). Sobald Tat exprimiert wird, bindet es zusammen mit dem humanen positive trancription elongation factor b (p-TEFb) spezifisch an TAR und aktiviert die Transkriptionsrate des viralen Genoms und die Bildung von volllängen Transkripten drastisch. Die Notwendigkeit der Tat-vermittelten Aktivierung als Grundlage einer funktionierenden HIV Replikation macht dieses System zu einem hoch interessanten Target für eine antivirale HIV Therapie. Basierend auf der Hemmung des Tat/TAR Komplexes wurde in den vergangen Jahren eine Reihe von Verbindungen identifiziert, die zwar in-vitro eine inhibierende Wirkung zeigten, aber keine von ihnen konnte bis jetzt als Therapeutikum Verwendung finden. So wäre die noch ausstehende Entdeckung eines effizienten Tat Antagonisten, der ohne die zelleigene Transkription zu beeinträchtigen eine Reduzierung der Virusreplikation von 80 - 90 % akut infizierter Zellen bewirkt, ein bedeutender Durchbruch in der HIV Forschung. Durch eine längere Behandlung von chronisch infizierten Zellen könnte so die Transkription des viralen Genoms abgeschaltet und dadurch eine Eliminierung latenter HIV Reservoirs ermöglichen werden.
Das Ziel dieser Arbeit war die Entwicklung neuartiger TAR Liganden, zunächst auf Grundlage eines nicht auf Strukturmodellen beruhenden Ligandenscreenings, gefolgt von einem strukturbasierten Ligandendesign. Bei der Suche nach potentiellen Wirkstoffen, beschränkte man die Auswahl der untersuchten Verbindungen auf Guanidin- und Amidinanaloga. Dazu zählten einfache Guanidinderivate mit unterschiedlichen aromatischen Resten sowie heterocyclische Verbindungen, wie Isochinoline, Chinazoline, Perimidine und Phenanthridine. Die Bindungsaffinitäten dieser Wirkstoffkandidaten in Bezug zu TAR wurden über einen FRET Assay nach Matsumoto[1] bestimmt. Eine Auswahl an Verbindungen wurde zudem über eine NMR Titration charakterisiert (AK Schwalbe). Dadurch konnte beobachtet werden, an welcher Position die Liganden mit der TAR RNA in Wechselwirkung treten. Bei diesen Untersuchungen zählten 1,7-
Diaminochinolin (IC50 = 150 µM), 2,4,6-Triaminochinazolin (IC50 = 40 µM) sowie 6,8-Diaminophenanthridin (IC50 = 15 µM) zu den aktivsten Verbindungen.
Um eine Aussage über die Bindungsposen treffen zu können, wurde mittels HF-docking Methoden die Komplexgeometrie energetisch optimiert. Ausgehend von diesen Bindungsmodellen entwickelte man eine Leitstruktur, die als Grundlage eines strukturbasierten Ligandendesigns diente. Im Fokus stand hierbei die Entwicklung einer GC-Basenpaar erkennenden Untereinheit. Mit 3,5-Diamino-9-methyl-3,4,9,10-tetrahydro-1H-pyrrolo[3,4-b]phenanthridin-8(2H)-on (IC50 = 45 µM) konnte ein Ligand identifiziert werden, der im NMR Titrationsexperiment ausschließlich am Basenpaar G26/C39 von TAR eine Verschiebung der Iminoprotonen induzierte. In einem weiteren Projekt versuchte man eine Selektivitätssteigerung durch simultane Adressierung zweier Bindungsstellen zu erreichen. Nachdem im NMR Experiment gezeigt werden konnte, dass 2,4,6-Triaminochinazolin mit hoher Affinität an zwei verschiedenen Bereichen der RNA bindet, wurden eine Reihe dimerer 2,4,6-Triaminochinazolinderivate mit unterschiedlich langen Linkern hergestellt. Mit diesem Ansatz gelang es den hoch affinen Liganden N6,N6'-(1,4-phenylenbis(methylen))bis(chinazolin-2,4,6-triamin) (IC50 = 150 nM) zu identifizieren.
In dieser Arbeit wurden zwei Themenblöcke bearbeitet. Zum einen der Aufbau und die Charakterisierung des Kerr-Schalters, einer Anlage zur Messung von Fluoreszenz mit einer Zeitauflösung im Femtosekundenbereich. Zum anderen die Charakterisierung von pyrenmodifizierten Nukleobasen, sowie deren Anwendung in einem neomycinbindenden Aptamer.
Die soziale Arbeitsteilung bei Honigbienen ist ein komplexes selbstorganisatorisches System, welches auf zwei Ebenen der biologischen Organisation zu verorten ist: dem Individuum und der Kolonie. Die Regulation der Bruttemperatur ist ebenfalls diesen Gesetzmäßigkeiten unterworfen. Die Arbeits-bereitschaft einzelner Bienen bildet die Grundlage für die Temperaturregulierung des kolonialen Brutnestes.
In dieser Arbeit wird dieses Zusammenspiel aus individuellen Beteiligungen der Arbeiterinnen sowie der erbrachten Gesamtleistung der Kolonie während des Brutwärmens untersucht. Dazu wird eine kleine Bienengruppe auf einer Brutwabe einer thermischen Belastung ausgesetzt. Ein speziell für diese Untersuchungen entwickelter Versuchsaufbau integriert erstmals die Infrarot-Thermografie mit den Temperaturmessungen einer Brutfläche. Somit ist es möglich, die Thoraxtemperaturen der einzelnen, am Brutwärmen beteiligten Arbeiterinnen störungsfrei zu messen und gleichzeitig das erzeugte räumliche und zeitliche Temperaturmuster der Brutwabe zu ermitteln. Zusätzlich wird der Temperaturverlauf der Außentemperatur sowie der zellumgebenden Luft untersucht.
Es kann gezeigt werden, dass die Lufttemperatur im Innenraum eines Bienenstocks ein wichtiger Faktor in der Temperaturregulierung des Brutnestes ist, da sie die untere Temperaturgrenze im Bienenstock bildet. Weiterhin wird der Einfluss der brutwärmenden Arbeiterinnen auf die Temperaturentwicklung einer Brutfläche sichtbar. Durch das flexible Verhalten der Arbeiterinnen kann einer Brutfläche bei thermischer Belastung durch lokal wechselndes Brutwärmen optimal Wärme zugeführt werden. Es gibt es Hinweise auf eine zyklische Periodizität im zeitlichen Temperaturverlauf der Brutzellen, welche auf einen Brutwärmrhythmus durch die Bienen schließen lässt. Durch den Einsatz zweier Unterarten (Apis mellifera carnica & Apis mellifera mellifera) wird sichtbar, dass es zwischen den Gruppen Unterschiede in der Aufrechterhaltung der Lufttemperatur über der Wabe gibt.
In den vergangenen Jahren haben ökologische Fragen in der Naturstoffforschung mehr und mehr an Bedeutung gewonnen. Naturstoffe bilden dabei einen wichtigen Aspekt in der Aufrechterhaltung symbiotischer Systeme.
Symbiosen stellen eine der treibenden Kräfte der Evolution dar. Diese artenübergreifende Interaktion zweier Organismen ermöglicht die Evolution in wechselseitiger Anpassung, wobei per Definition in die Kategorien Mutualismus, Kommensalismus und Parasitismus unterschieden wird. Teilweise führt die obligatorische Abhängigkeit eines Organismus zum partiellen Merkmals- und Stoffwechselwegverlust, der durch seinen Symbiose-Partner kompensiert wird. In den meisten Fällen stellt Symbiose ein komplexes Netzwerk aus mehr als zwei Lebewesen dar.
Diese Arbeit beschreibt die Anwendung der Klonierungsmethode ExRec ("overlap extension PCR-yeast homologous recombination") für die vereinfachte Bereitstellung von Naturstoffen. Es konnte ein 45 kb großes Gencluster erfolgreich kloniert und zwei neue Peptide Ambactin und Xenolindicin aus Xenorhabdus charakterisieren werden, wobei letztgenanntes von einem stillen Gencluster stammt. ExRec stellt eine sehr effiziente und wichtige Methode für die Klonierung großer Gencluster als auch für die Klonierung aus Metagenombibliotheken und RNA Pools dar...
Wie andere Vögel auch, verfügen Hühner über zwei verschiedene Magnetfeldrezeptoren. In der vorliegenden Arbeit werden diese beiden Rezeptoren, vor allem unter dem Aspekt Verhaltensontogenie eingehender untersucht. Meine Ergebnisse werden durch histologische Untersuchungen gestützt. Ich untersuchte zwei Hühnerrassen, einen braunen und einen weißen Legehuhn Stamm. Mit der Standardmethode konnte ich die Befunde der Literatur bestätigen. Zur Untersuchung des Magnetkompasses im Auge, habe ich Hühner darauf trainiert einen roten Tischtennisball, auf den sie geprägt wurden, in einer bestimmten magnetischen Richtung zu suchen. Im unbelohnten“ Test ist das Magnetfeld um 90 Grad gedreht, so dass der magnetische Norden nun im geographischen Osten liegt. Die braunen Hühner benutzen den Magnetkompass zum Lösen der gestellten Aufgabe, die weißen Hühner wählen zufällig eine Richtung. Eine Veränderung der Trainingsmethode, ein Training im gedrehten Magnetfeld und eine „Bestrafung“, haben das Ergebnis verändert. Die weißen Hühner sind nun in der Lage, die magnetisch richtige Richtung zu finden, die braunen Hühner reagieren verängstigt und wählen nur zufällig eine Richtung. Beide Hühnerrassen können also - unter verschiedenen Voraussetzungen - einen magnetischen Kompass für die Orientierung benutzen.
Die Funktion der äußeren Haarsinneszellen geht weit über die normale Rezeptoreigenschaft der Kategorie Mechanorezeptor hinaus. Äußere Haarzellen mit ihrer reichhaltigen efferenten Innervierung sind nicht nur für die sensorische Aufnahme mechanischer Bewegung zuständig, sondern ermöglichen aufgrund ihrer motorischen Funktionen die mechanische Verstärkung der Wanderwelle in der Cochlea. Äußere Haarzellen sind eine maßgebliche Komponente des ´cochleären Verstärkers` und ihr Ausfall führt zur Schwerhörigkeit. Beiprodukte des cochleä-ren Verstärkers sind otoakustische Emissionen, deren Messung Aufschluss über aktive mechanische Prozesse im Innenohr gibt.
Die äußeren Haarsinneszellen bilden Synapsen mit dem olivo-cochleären efferenten System, welches im Zentrum der vorliegenden Untersuchung steht. Es vermittelt den Einfluss des Zentralnervensystems auf das Corti-Organ des Innenohrs. Über die akustische Reizung des olivo-cochleären Reflexbogens ist man in der Lage, das efferente System zu aktivieren und gleichzeitig die Antworteigenschaften der Cochlea zu verändern. Efferente Modulationen des cochleären Verstärkers können sich z. B. in einer Veränderung des Emissionspegels bemerk-bar machen. Die Fledermausspezies Carollia perspicillata ist aufgrund ihres Echoortungs-systems mit einem sehr sensitiven und hochauflösenden Hörvermögen ausgestattet und eignet sich hervorragend als Modelltier in der Hörforschung, insbesondere auch deshalb, da oto-akustische Emissionen sehr gut messbar sind.
Das efferente System von C. perspicillata wurde in dieser Untersuchung durch akustische Stimulation der kontralateralen Cochlea angeregt. Die Stimuli, die nicht nur in ihrem Pegel sondern auch in ihrer Bandbreite und in der Mittelfrequenz in Relation zu den ipsilateralen Stimulusfrequenzen variierten, beeinflussten dabei die Generierung der otoakustischen Emis-sionen (DPOAE, engl: distortion product otoacoustic emissions) im ipsilateralen Ohr: akustische Stimulation der kontralateralen Cochlea bewirkte zuverlässig eine Änderung der DPOAE- Amplitude im kontralateralen Ohr. Vor allem eine Suppression des cochleären Verstärkers in Form von DPOAE-Pegelverminderungen wurde beobachtet. Die supprimieren-den Effekte erreichten trotz leiser bis moderater kontralateraler Rauschpegel (bis maximal 54 dB SPL) Werte von bis zu 14, 17.1 und 13.9 dB SPL (bei f2 = 20, 40 und 60 kHz und effek-tivstem kontralateralen Rauschstimulus) und waren damit deutlich größer als in vorangegang-enen Studien an anderen Spezies. Die DPOAE-Pegelverminderungen waren positiv mit dem x Pegel der kontralateralen akustischen Stimulation, ebenso wie seiner Bandbreite und der Mittelfrequenzen in Relation zu den ipsilateralen Stimulusfrequenzen korreliert. Es gab keinen absoluten Frequenzbereich, in dem die efferenten Effekte am größten gewesen wären. Vielmehr traten maximale Effekte immer durch etwas oberhalb der ipsilateralen Stimulusfre-quenzen gelegene kontralaterale Rauschstimuli auf. Die Effekte waren auch abhängig von der Bandbreite des kontralateralen Rauschstimulus und maximal bei einer relativen Bandbreite von 1.5 Oktaven. Die Verschiebung des efferenten Effekts hin zu hohen Frequenzen und die Bandbreitenabhängigkeit sind vereinbar mit den anatomischen Eigenschaften der Projektio-nen der medialen olivo-cochleären Efferenzen in der Säugetiercochlea. Kontralaterale akusti-sche Reizung bewirkte auch eine Verschiebung der Wachstumsfunktionen der 2f1-f2 -DPOAE in einen unsensitiven Bereich und außerdem eine Verformung der Wachstumsfunktion. Bei-des könnte durch Beeinträchtigung des cochleären Verstärkers verursacht sein. Eine Beteili-gung des Mittelohrmuskels an den Effekten kann nahezu ausgeschlossen werden und die beobachteten Effekte sind höchstwahrscheinlich dem olivo-cochleären System zuzuschreiben.
Funktionell ist denkbar, dass bei C. perspicillata das mediale olivo-cochleäre System im Kontext einer Frequenzverschärfung bei der cochleären Verstärkung der Basilarmembranbe-wegung aktiv wird. Aus diesem Grund wurden ipsilateral sogenannte DPOAE-Suppressions- Abstimmkurven gemessen, welche die mechanische Abstimmschärfe im Innenohr beschrei-ben. Während und nach kontralateraler Reizung kam es zu Veränderungen der Abstimmkur-ven. Signifikante Effekte konnten allerdings nicht festgestellt werden, da die Veränderungen der Suppressions-Abstimmkurven variabel und schlecht kategorisierbar war.
Die vorliegenden Ergebnisse unterstützen weit verbreitete Hypothesen zur Funktion der medialen olivo-cochleären Effernzen in Bezug auf mechanische Suppression, Verbesserung des cochleären Signal-Rauschverhältnisses und einer generellen frequenzspezifischen Wirkung.
Im Mittelpunkt dieser Arbeit stand die Untersuchung der Reaktivität von Chlorsilanen gegenüber Elektronenpaardonoren. Als Basis hierfür diente die Alkylamin-katalysierte (NMe3, NMe2Et, NEt3) quantitative Disproportionierung von Si2Cl6 bzw. Si3Cl8 zum Neopentasilan 3 und SiCl4 (T ≤ RT, Schema 40). Obwohl diese Reaktion bereits seit über 60 Jahren bekannt ist, sind für ihren Mechanismus nur Vermutungen aufgestellt worden. In Kooperation mit der Gruppe um M. Holthausen ist es hier gelungen, das SiCl2-Amin-Addukt 57 als entscheidende Zwischenstufe zu identifizieren (1H29Si-HMBC-NMR-Experiment sowie DFT-Rechnungen). Si(SiCl3)4, die thermodynamische Senke des Systems, entsteht durch anschließende Insertion des Dichlorsilylens in Si−Cl-Bindungen – bevorzugt am höchst substituierten Si-Zentrum (es bilden sich keine linearen bzw. weniger verzweigten Oligosilane). Zudem lässt sich das koordinierte Amin vom SiCl2-Addukt wieder abspalten, was die Si(SiCl3)4-Synthese überhaupt erst ermöglicht. Dieses Verhalten unterscheidet sich grundlegend vom jenen literaturbekannter stabilisierter Chlorsilylene: hier bindet der Donor so stark an das Si-Atom, dass er den ambiphilen Charakter des Silylens zugunsten der Lewis-basischen Funktion einschränkt. Daher kann man mit diesen Addukten auch keine Oligosilane aufbauen, die mittlerweile auch das Interesse der chemischen Industrie erweckt haben...
Die X-chromosomal gebundene chronische Granulomatose (X-CGD) ist eine seltene Erbkrankheit, bei der die NADPH-Oxidase der Phagozyten nicht funktionell ist. Der Grund hierfür liegt meist in Mutationen in der GP91phox Untereinheit der Phagozyten-Oxidase. Hierdurch treten lebensbedrohliche Bakterien- und Pilzinfektionen bei Patienten auf, was neben einer geringen Lebensqualität zu einer erheblich verkürzten Lebenserwartung führt. Eine Stammzelltransplantation eines gesunden Spenders ist bislang der einzige heilende Therapieansatz. Für X-CGD-Patienten, die keinen passen-den Spender zur Verfügung haben, stellt die genetische Modifikation autologer hämato-poetischer Stammzellen eine alternative Form der Therapie dar. Im Jahr 2004 wurden daher in einer präklinischen Phase I/II Studie in Frankfurt zwei X-CGD-Patienten gentherapeutisch behandelt. Hierbei wurden CD34+ Stammzellen ex vivo mit einem γ-retroviralen Vektor transduziert, der eine LTR-getriebene Expressionskassette für GP91phox trägt. Nach einer nicht-myeloablativen Konditionierung wurden die genetisch modifizierten Zellen der Patienten retransplantiert. Beide behandelten Patienten zeigten schon kurz nach Therapiebeginn eine deutliche Verminderung der Infektionsanfälligkeit und somit eine stark verbesserte Lebensqualität. Auf zellulärer Ebene konnte ein gutes Engraftment der modifizierten hämatopoetischen Stammzellen im Knochenmark beobachtet werden. In funktionellen Tests konnte die Bildung superoxidproduzierender Phagozyten für die Immunabwehr gezeigt werden. Das molekulare Monitoring beider Patienten hat jedoch über die Zeit eine Verringerung der Enzymaktivität in den Phagozyten (Superoxidproduktion) gezeigt, obwohl der Anteil genetisch modifizierter Zellen nicht geringer wurde. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit konnte durch quantitative RT-PCR-Analysen proviraler mRNA-Transkripte, eine Korrelation zwischen dem Verlust der Enzymaktivität und reduzierter Transgen-expression gezeigt werden. Durch DNA-Analysen peripherer Blutproben beider Patienten konnte eine verstärkte Methylierung an der Promotor-CpG-Insel, welche die Transgen-expression reguliert, als Ursache identifiziert werden. Weiterführende klonale Untersuchungen genmodifizierter Kolonien aus dem Knochenmark der Patienten offenbarten einen direkten Zusammenhang zwischen der Abwesenheit von Transkription bzw. Superoxidbildung und der Methylierung dieser CpG-Insel im proviralen Promotor-bereich. Somit konnte zum ersten Mal ein epigenetisches Silencing bei Patienten nach einer Behandlung mit Gentherapie nachgewiesen werden. In weiteren Versuchen konnte die vollständig ausgebildete, spezifische Methylierung des SFFV-Promotors in transduzierten Knochenmarkzellen eines Patienten durch in vitro Behandlung mit einem Methyltransferase-Inhibitor (Aza-D) in Kombination mit einem Histondeacetylase-Inhibitor (TSA) bis zu 30% reduziert werden. Dieser Teilerfolg zeigt, dass eine klinisch relevante Reaktivierung der Transgenexpression, durch Umkehrung des Silencings am SFFV-Promotor, prinzipiell möglich ist. Das Phänomen der Abschaltung der Genexpression des γ-retroviralen Vektors in der Frankfurter Gentherapiestudie, hat ein Testsytem zur Evaluierung zukünftiger Gentherapie-Vektoren erfordert. Durch Monitoring proviraler Parameter (Kopien, Transgenexpression, Proteinexpression und Promotor-CpG-Methylierung), in der murinen embryonalen Stammzelllinie P19 konnte in dieser Arbeit ein prädiktiver Silencing-Assay erfolgreich etabliert werden. Mit Hilfe dieses Systems wurden vielversprechende Silencing-resistente Vektoren mit dem UCOE (Ubiquitous Chromatin Opening Element) identifiziert. Hierdurch wurden wichtige Grundlagen geschaffen, um zukünftige virale Vektorsysteme in Bezug auf ihre Langzeitexpression testen zu können. Zusätzlich zu der Inaktivierung der transduzierten Expressionskassette konnte in beiden Patienten ein klonales Auswachsen von Subklonen beobachtet werden, das letztendlich zu einem myelodisplastischen Syndrom bei beiden Patienten führte. Der virale Enhancer war im Gegensatz zum viralen Promotor niemals methyliert, wodurch seine transaktivierenden Eigenschaften unbeeinflusst blieben. Diese enhancervermittelte Aktivierung proliferationsfördernder Gene (Mds1-Evi1-Genlokus) konnte durch RT-PCR-Analysen zunächst in Mischpopulationen aus peripherem Blut der Patienten nach-gewiesen werden. Weiterführende klonale Analysen in Knochenmarkzellen zeigten den direkten Zusammenhang zwischen der transkriptionellen Aktivierung des Mds1-Evi1-Genlokus und den proviralen Insertionen. Somit konnte die Ursache für die therapie-assoziierte, klonale Dominanz in beiden X-CGD-Patienten aufgeklärt werden. In der Frankfurter Gentherapiestudie wurde erstmals ein klinischer Erfolg für X-CGD-Patienten erzielt. Durch intensives molekulares Monitoring konnte im Rahmen dieser Arbeit aufgedeckt werden, dass der eingesetzte γ-retrovirale Vektor über das Phänomen der Insertionsmutagenese hinaus, auch in Bezug auf die epigenetische Abschaltung der Transkription (Silencing), für zukünftige Studien modifiziert werden muss. Sicherheits-verbesserte Vektoren mit einer Resistenz gegenüber Silencing in murinen embryonalen Stammzellen konnten in dieser Arbeit charakterisiert werden. Mit diesen Genfähren könnte der angestrebte Langzeittherapieerfolg in Zukunft möglich werden.
Autophagie ist ein evolutionär stark konservierter Degradationsmechanismus für geschädigte Proteine bis hin zu ganzen Organellen eukaryotischer Zellen. Dabei umhüllt eine Doppelmembran, bisher unbekannten Ursprungs, das zu degradierende Material und bildet das Autophagosom. Dies fusioniert später mit Lysosomen, wodurch dessen Inhalt proteolytisch zersetzt und die Bestandteile der Zelle wieder zur Verfügung gestellt werden kann.
In dieser Abeit wurde der Fokus auf den mitochondrialen Abbau über Autophagie (Mitophagie) und dessen Funktion als ein mitochondrialer Qualitätsmechanismus gesetzt. Als Zellmodell wurden primäre humane Endothelzellen der Nabelschnurvene (HUVEC) verwendet. Diese zeichenen sich durch einen Übergang von einer mitotischen, jungen in eine lange postmitotische, seneszente Phase während der Kultiverungszeit aus. Dabei durchlaufen sie einer zelluläre und mitochondriale Morphologieänderung. , wodurch sich die Möglichkeit bot , die Autophagie unter verschiedenen Parametern zu betrachten.
So wird generell eine Abnahme des autophagosomalen / lysosomalen Weges mit dem Alter beschrieben und die Abhängigkeit der Mitophagie von der mitochondrialen Länge.
Mitophagie ist unter normalen Kultivierungsbedingungen ein mikroskopisch selten zu beobachtender Vorgang. Daher wurde ein mitochondriales Schädigungsystem etabliert, welches die photosensibiliesierende Wirkung des Farbstoffs MitoTracker Red Cmx Ros (MTR) nutzt, um Mitochondrien gezielt oxidativ zu schädigen und die Mitophagie zu aktivieren.
Mitotische HUVEC zeigten 2 h – 8 h nach oxidativer Schädigung eine mitochondriale Fragmentierung größtenteils begleitet von einem Verlust des Membranpotentials. Über einen Zeitraum von 72h-120h kam es zur Regeneration des mitochondrialen Netzwerks durch Neusynthese mitochondrialer Biomoleküle. Entgegen der rescue Hypothese konnten oxidativ geschädigte Mitochondrien nicht durch eine Fusion mit funktional intakten Mitochondrien gerettet werden und wurden über den autophagosomalen / lysosomalen Weg abgebaut, gekennzeichnet durch die Ubiquitin-Ligase Parkin vermittelte Markierung und finaler Kolokalisation mit den autophagosomalen und lysosomalen Markerproteinen LC3B und LAMP-2A. Auf mRNA- und Proteinebene zeigte sich in diesem Zeitraum eine erhöhte Expression autophagie-relevanter Gene (ATGs) ATG5, ATG12 und LC3B.
Der Vergleich von mitotischen mit postmitotischen HUVEC nach oxidativer Schädigung wies zwei grundlegende Unterschiede auf.
Zum einem behielten, in Gegensatz zu jungen Zellen, die Mitochondrien alter HUVEC ihre Morphologie und ihr Membranpotential bei. Diese erhöhte Widerstandfähigkeit gegenüber oxidativem Stress konnte auf die erhöhte Expression der mitochondrial lokalisierten Serin / Threonin Kinase PINK1 zurückgeführt werden, ein Schlüsselgen in Parkinson.
Die PINK1-Transkription stand invers zu der Expression der mitochondrialen Teilungsfaktoren Fis1- und Drp1, welche in postmitotischen HUVEC stark vermindert war.
Andererseits wiesen alte Zellen eine verminderte Degradationsfähigkeit geschädigter Mitochondrien auf. Dieser Umstand war durch eine verminderte lysosomale Azidität bedingt. Eine externe ATP-Zugabe förderte die Azidität der Lysosomen alter Zellen und die Fusion mit Autophagosomen, wodurch Mitochondrien und ihre geringere ATP-Produktion im Alter als ein Faktor der Autophagie ermittelt weden konnte.
Die Autophagierate steht in Verbindung mit der Lebensspanne von Zellen bis hin zu ganzen Organismen. Durch die Überexpression autophagie-relevanter GFP-Fusions-Proteine ATG5, ATG12 und LC3B, welche nach oxidativer Schädigung in ihrer Expression verstärkt wurden, förderten die Mitophagie und wurden stabil in junge HUVEC exprimiert. Diese Überexpressionen bewirkten eine verbesserte mitochondriale Qualität, veranschaulicht durch ein erhöhtes Membranpotential und die ATP-Bereitstellung, einer besseren mtDNA Integrität und sie verlängerten die Lebensspanne signifikant, wobei die Produktion von reaktiven Sauerstoffspezien (ROS), entgegen der von Harman aufgestellten Alterungstheorie, keine Verminderung zeigte. Dennoch wiesen sie einen erhöhten Gehalt oxidativ modifizierter Proteine auf, welche letztendlich auf die erhöhten Autophagosomenanzahl zurückgeführt werden konnte, in denen höchstwahrscheinlich das oxidativ geschädigte Material gelagert wird.
In dieser Arbeit kann gezeigt werden, dass Mitochondrien nach oxidativer Schädigung eine Teilung vollziehen und geschädigte Mitochondrien selektiv über Autophagie abgebaut werden. Dabei fungiert Mitophagie als ein mitochondrialer Qualitätmechanismus und steht unmittelbar mit der Lebensspanne in Verbindung.
C-Typ Lektin-ähnliche Rezeptoren (CTLRs) auf Lymphozyten des Immunsystems modulieren deren Effektorfunktionen wie Zytotoxizität oder Zytokinsekretion. Die Gene dieser Immunrezeptoren befinden sich in einer definierten genomischen Region, dem Natürlichen Killer Genkomplex (NKC), welcher im Menschen auf Chromosom 12 und in der Maus auf Chromosom 6 lokalisiert ist. Namensgebend für diesen Gencluster ist die erste Beschreibung von CTLRs auf Natürlichen Killerzellen (NK-Zellen), den Effektorlymphozyten des angeborenen Immunsystems. Einige NKC-kodierte CTLR, insbesondere Vertreter der C-Typ Lektin Familie 2 (CLEC2)-Rezeptorfamilie, werden jedoch auch in nicht-lymphozytären Zellen (z.B. humanes KACL in Keratinozyten, Maus Clr-f in Darmepithelzellen) vorgefunden und in Zusammenhang mit einer gewebsspezifischen Immunüberwachung gebracht. Bemerkenswerterweise sind die Lymphozytenassoziierten Rezeptoren dieser CLEC2-Proteine ebenso CTLRs, welche zudem eng benachbart zu den CLEC2-Proteinen im NKC kodiert sind, sodass es sich um genetisch gekoppelte Rezeptor-Liganden-Paare mit immunologischer Funktion handelt.
Zu Beginn der vorliegenden Arbeit richtete sich das Interesse auf ein bislang uncharakterisiertes Mitglied der CLEC2-Proteinfamilie (CLEC2L), das jedoch außerhalb des NKC und in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem weiteren und ebenso uncharakterisierten CTLR (KLRG2) kodiert ist. Im Unterschied zu anderen Mitgliedern der CLEC2-Familie ist CLEC2L (wie auch KLRG2) in Säugetieren hochkonserviert. Im Rahmen dieser Arbeit wurde der Frage nachgegangen, ob CLEC2L wie andere Mitglieder der CLEC2-Proteinfamilie eine gewebsspezifische Expression aufweist, mit einem genetisch gekoppelten CTLR, d. h. mit KLRG2, interagiert und funktionell in Verbindung mit dem Immunsystem gebracht werden kann. Ziel dieser Arbeit war es somit, eine detaillierte Expressions- und Funktionsstudie zu CLEC2L durchzuführen.
Mittels quantitativer Echtzeit-PCR und in situ Hybridisierung konnte CLEC2L-RNA im humanen und Maus-Gehirn nachgewiesen werden. Da die Mengen dort das Expressionsniveau in anderen Organen bei Weitem überstiegen, wurde das CLEC2L-kodierte Protein als BACL (engl. Brain-Associated C-type Lectin) neu benannt. Ektop exprimiertes BACL bildet ähnlich wie viele andere CLEC2-Mitglieder ein disulfid-verknüpftes Homodimer auf der Zellmembran von Säugetierzellen. Um die endogene Proteinexpression dieses gehirnassoziierten „Waisen"-Rezeptors zu charakterisieren, wurde die BACL-Ektodomäne rekombinant produziert und als Immunogen zur Herstellung BACLspezifischer Antikörper eingesetzt. Mit diesen Antikörpern und einer Kombination immunologischer Techniken wie Immunhistochemie, Immunfluoreszenz und Immunpräzipitation konnte die Präsenz von BACL auf humanen und Maus-Neuronen des Gehirns mit einer besonders ausgeprägten Expression in Purkinje-Zellen zum ersten Mal gezeigt werden. Neben dem Gehirn wurden andere Bereiche des Nervensystems, darunter Spinalganglien und Retina, auf die Expression des BACL-Proteins untersucht. Hierbei konnte mittels Immunfluoreszenz und hochauflösender konfokaler Mikroskopie gezeigt werden, dass BACL mit Neuronenmembranen assoziiert ist. Die durchflusszytometrische Analyse von in vitro kultivierten Neurosphären untermauerte die Expression von endogenem BACL als membranständiges Oberflächenprotein.
Diverse Ansätze zur Identifizierung von Interaktionspartnern von BACL erbrachten letztlich keine eindeutigen Ergebnisse. KLRG2 wurde ursprünglich aufgrund seiner benachbarten genomischen Lokalisation als möglicher Rezeptor von BACL favorisiert, jedoch konnten weder Reporterassays noch durchflusszytometriebasierte Bindungsanalysen eine Interaktion dieser beiden Proteine aufzeigen. Auch die aus den massenspektrometrischen Analysen von humanen und Maus BACL-Immunpräzipitaten erhaltenen Kandidatenproteine konnten letztendlich nicht als Interaktionspartner von BACL eindeutig verifiziert werden.
Eine mögliche immunologische Bedeutung von BACL in vivo wurde im Rahmen von Tumorimplantationsexperimenten mit BACL-exprimierenden Tumorzellen untersucht. Hierbei wurde das Tumorwachstum von BACL- mit Kontroll-Transfektanten in C57BL/6 Mäusen verglichen. Der beobachtete Effekt des verlangsamten Tumorwachstums nach BACL-Überexpression war jedoch nicht auf BACL-Erkennung durch Lymphozyten zurückzuführen, wie anhand von immundefizienten Rag1-k.o. und NOD-SCID-gammak.o. Mäusen gezeigt werden konnte.
Insgesamt liefert diese Arbeit die Erstbeschreibung des bislang uncharakterisierten CTLRs BACL. Das Protein teilt strukturelle Merkmale mit Mitgliedern der CLEC2-Familie, unterscheidet sich jedoch deutlich durch (i) seine hohe Konservierung in Säugetieren, (ii) seine Kodierung außerhalb des NKC und (iii) seine pan-neuronale Expression. Die Erkenntnis, dass BACL in Maus- und in humanen Neuronen exprimiert wird, wirft die Frage nach seiner funktionellen Relevanz auf. Als Membranprotein könnte es eine wichtige Rolle in der neuronalen Kommunikation und bei zellulären Kontakten spielen. Die Frage nach der Funktion von BACL wird in zukünftigen Forschungsarbeiten zu klären sein.
Daphnien sind ein wichtiger Bestandteil des Süßwasserzooplanktons und in einer Vielzahl von biologischen Disziplinen als Modellorganismus etabliert. Ihr zyklisch parthenogenetischer Lebenszyklus und die hohen Raten von interspezischer Hybridisierung mancher Artkomplexe machen sie zu einem interessanten Forschungsobjekt. Die vorliegende Arbeit bietet Einblicke in die Populationsstruktur einer dieser Komplexe, des D. longispina-Artkomplexes, und testete ein neu entwickeltes Markersystem bei diesen Tieren auf gesamteuropäischer Ebene (33 Sammelorte, 1155 Individuen). Es wurden dazu molekulare Analysetechniken mit zwölf polymorphen Mikrosatelliten-Markern mit etablierten ITS-RFLP-Analysen verglichen.
Durch statistische Auswertemethoden mit den Programmen NewHybrids und Structure konnten Elternarten gut zugeordnet werden. Die Betrachtung der Kullback-Leibler Divergenzen in den Analysen durch NewHybrids deuten sogar darauf hin, dass die Anzahl der Mikrosatellitenmarker auf wenige besoders informative Loci reduziert werden kann, was bei Fragestellungen zur Art- und Hybrididentifizierung Zeit und Kosten spart. Ein Protokoll zur Vorgehensweise bei der Art- und Hybrididentifizierung wurde entwickelt.
Die Arten und Populationen selbst waren hoch differenziert. Zwischen den drei untersuchten Arten wurde ein FST von 0,29 gefunden. Ergebnisse aus einer AMOVA zeigten sogar, dass die Differenzierung zwischen den Populationen innerhalb der Arten leicht über dieser interspezifischen Differenzierung liegt (D galeata 0,40; D. longispina 0,52 und D. cucullata 0,42). Da auch keine isolation by distance gefunden wurde, lassen die Ergebnisse meiner Analysen auf „Provinzialismus“ schließen – ein Konzept, das genau dieses Muster voraussagt. Erklärt wird dieser Provinzialismus durch die Monopolisierungshypothese. Die Beobachtung, dass in der Regel in den untersuchten Populationen ein Heterozygotendefizit vorliegt, obwohl klonale Vermehrung oft zu einem Heterozygotenüberschuss führt (Meselson-Effekt), zeigt häufig vorkommende sexuelle Vermehrung an. Das Heterozygotendefizit deutet ebenfalls auf einen Wahlund-Effekt hin.
Es wurde weiterhin getestet, ob das Vorkommen von introgressiver, interspezifischer Hybridisierung in bestimmten Lokalitäten im Vergleich mit Lokalitäten, in denen ein Taxon allopatrisch lebt, einen Einfluss auf die Populationsstruktur hat. Die klonale Diversität sowie die beobachtete Heterozygotie standen dabei im Mittelpunkt der Analysen. Es wurde kein statistisch signifikanter Einfluss der Hybridisierung auf die Diversität gefunden.
Es ist wohl unumstritten, dass das Leben, wie wir es kennen, ohne die sauerstoffproduzierenden Organismen unserer Erde nicht möglich wäre. Zu ihnen gehören nicht nur die Landpflanzen, deren mannigfaltige Nutzung wichtiger Bestandteil unseres Alltags ist. Auch mikroskopisch kleine Algenarten leisten einen entscheidenden Beitrag zu den Stoffwechselkreisläufen dieser Welt. Unter ihnen befinden sich die Kieselalgen (Diatomeen), die mit einer Varietät von bis zu 10000 Spezies etwa 40 % der marinen Primärproduktion verantworten. Der Ursprung der heutigen zur oxygenen Photosynthese befähigten Eukaryoten geht auf Endosymbioseereignisse zurück, von denen aus sich diese Organismen ausgesprochen vielfältig entwickelt haben. Diese Vielfalt wird dabei nicht nur anhand ihrer äußeren Morphologie, sondern auch auf subzellulärer Ebene, deutlich. So zum Beispiel durch die unterschiedlichen Strukturen der Thyakoidmembranen, die sich in Kieselalgen wie Cyclotella meneghiniana in dreilagigen Bändern arrangieren. In Pflanzen wie Nicotiana tabacum (Tabak) hingegen bilden sie große, stapelartige Bereich aus, die zur räumlichen Separation der in den Thylakoiden eingebetteten Photosystemen beitragen. Auch die an die Photosysteme (PS) gebundenen Lichtsammelproteine (Lhcs) haben sich in Tabak und Cyclotella unterschiedlich entwickelt. Gemäß ihrem Namen zeichnen sie sich zwar allesamt durch die Sammlung und Weiterleitung der Lichtenergie an die Photosysteme aus, grenzen sich aber in Hinblick auf Proteingröße und Pigmentierung voneinander ab.
Die Lhcs der höheren Pflanzen werden entsprechend ihrer Zuordnung zu den Photosystemen in den aus zwei Heterodimeren bestehenden LHCI des PSI und die Lhcb-Antennenproteine des PSII unterschieden. Zu letzteren gehören der trimere Hauptantennenkomplex LHCII und die monomeren, minoren Antennenproteine. Die Lhcs binden die zur Lichtsammlung benötigten Pigmente, vor allem Chlorophyll a und Chlorophyll b, aber auch primäre Carotinoide wie Violaxanthin, Lutein und Neoxanthin, in unterschiedlichen Stöchiometrien. Es ist bereits bekannt, dass die Pigmentierung entscheidend zur Stabilität der Lichtsammelproteine beiträgt, wenngleich zum Teil auch eine gewisse Flexibilität in Bezug auf die Art der gebundenen Pigmente an den entsprechenden Bindestellen der Proteine besteht.
Im Rahmen dieser Arbeit liegt der Fokus auf der Fragestellung inwieweit die in der Regel nicht in Pflanzen vorkommenden Ketocarotinoide die Struktur und Funktion des LHCII aus einer Ketocarotinoide produzierenden N. tabacum - Transformante (bkt-Linie) beeinflussen und welche Auswirkungen sie auf dessen Photosyntheseapparat im Allgemeinen haben. Die bkt-Linie bildet dabei zum Teil auf Kosten ihrer primären Carotinoide sowohl das als antioxidativ und als anti-kanzerogen beschriebene Astaxanthin, als auch dessen Vorstufe Canthaxanthin und einige Derivate dieser Pigmente, die, nach vergleichenden HPLC-Analysen von Blättern und Thylakoidfraktionen, zu einem großen Teil mit der Thylakoidmembran assoziiert sind. Durch spektroskopische Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass diese Ketocarotinoide in Hinblick auf die Energieweiterleitung zum Chlorophyll a nicht funktionell an den LHCII binden, ihre Produktion aber die Trimerisierung dieses Lichtsammelkomplexes in N. tabacum nachhaltig beeinträchtigt. Auch die Assemblierung der PSII-LHCII-Superkomplexe wird dadurch maßgeblich gestört. Elektronenmikroskopische Aufnahmen von Chloroplasten der bkt-Linie verdeutlichten zudem die Beeinträchtigung der Granathylakoid-Stapelung: Sie fällt ungeordneter aus als im Wildtyp, was durch den Mangel an intakten LHCII-Trimeren begründet sein kann.
In funktioneller Hinsicht stören die Ketocarotinoide die Energieweiterleitung innerhalb des PSII und bewirken die Reduktion der photoprotektorischen, nicht-photochemischen Fluoreszenzlöschung des Wirtsorganismus nachhaltig. Zeitgleich reduzieren sie durch einen abschirmenden Effekt auf Grund ihrer Assoziation mit der Thylakoidmembran und/oder durch einen eventuellen S1-S1-Energietransfer von Chl a auf die Ketocarotinoide aber auch die Menge der Lichtenergie, die über die Lhcs an die Photosysteme weitergeleitet wird. Dadurch kommt ihnen neben dem nachhaltig störenden Einfluss auf die Intaktheit des Photosyntheseapparats zugleich auch eine schützende Wirkung vor einem Übermaß an Lichtenergie zu.
Aus Cyclotella meneghiniana sind zwei Hauptantennenkomplexe bekannt: FCPa und FCPb. Im Gegensatz zu den Lhcs der Chl a/b-haltigen Organismen binden die Lichtsammelproteine der Diatomeen das Xanthophyll Fucoxanthin anstelle des Luteins, und Chlorophyll c anstelle des Chlorophyll b. Im Gegensatz zu der bereits sehr detailliert aufgeklärten Struktur des trimeren LHCII in höheren Pflanzen, existieren für den Aufbau des FCPb in C. meneghiniana bisher nur fundierte Modellvorschläge. Diese postulieren eine homotrimere Grundstruktur für den FCPb, die zu höheren Oligomeren assembliert.
In der vorliegenden Arbeit konnte anhand elektronenmikroskopischer Aufnahmen und der anschließenden Einzelpartikelanalyse nun erstmalig die Struktur des etwa 6-7 nm großen, trimeren FCPb gezeigt und die Richtigkeit der bisher postulierten Modellvorschläge in Hinblick auf die Struktur des Trimers bewiesen werden. Nach den hier dargelegten Erkenntnissen gleicht die Anordnung der Untereinheiten des FCPb-Trimers der des LHCII. Zudem ergibt sich aus dem Zusammenhang der hier erhobenen Daten und den in der Fachliteratur veröffentlichten Ergebnissen zum Thema FCPb ein klares Bild über die Anordnung der höheren Oligomere in Form von Nonameren. Auch diese Erkenntnisse unterstützen das ursprünglich von C. Büchel vorgeschlagene Modell für die oligomere Struktur des FCPb in C. meneghiniana.
Adaptive Radiation und Zoogeographie anisakider Nematoden verschiedener Klimazonen und Ozeane
(2013)
Anisakide Nematoden sind Parasiten aquatischer Organismen und weltweit in marinen Habitaten verbreitet. Ihre Übertragungswege sind tief im marinen Nahrungsnetz verwurzelt und schließen ein breites Spektrum pelagisch/benthischer Invertebraten (z.B. Cephalopoda, Gastropoda, Crustacea, Polychaeta) und Vertebraten (z.B. Teleostei, Elasmobranchia, Cetacea, Pinnipedia, Aves) als Zwischen- bzw. Endwirte ein. Aufgrund der hohen Befallszahlen u.a. in der Muskulatur und Viszera kommerziell intensiv genutzter Fischarten (z.B. Clupea harengus, Gadus morhua, Salmo salar) sowie ihrer Rolle als Auslöser der menschlichen Anisakiasis nehmen die Vertreter der Gattung Anisakis unter den anisakiden Nematoden eine Sonderstellung ein. Anhand der verbesserten Diagnostik und der Etablierung sowie Weiterentwicklung molekularbiologischer Methoden ist es in den letzten zwei Dekaden gelungen, die bestehende Taxonomie und Systematik der Gattung Anisakis zu erweitern bzw. zu revidieren. Aktuelle molekulare Analysen weisen auf die Existenz von insgesamt neun distinkten Arten hin, welche eine hohe genetische Heterogenität und Wirtsspezifität aufweisen, äußerlich jedoch nahezu identisch sind (sog. kryptische Arten). Trotz kontinuierlicher Forschung auf dem Gebiet ist das Wissen über die Biologie von Anisakis immer noch unzureichend.
Die vorliegende Dissertation ist in kumulativer Form verfasst und umfasst drei (ISI-) Einzelpublikationen. Die Zielsetzung der durchgeführten Studien bestand unter anderem darin, unter Verwendung molekularbiologischer und computergestützter Analyseverfahren, Fragestellungen zur Zoogeographie, (Co-)Phylogenie, Artdiagnostik, Lebenszyklus-Ökologie sowie des bioindikatorischen Potentials dieser Gattung zu bearbeiten und bestehende Wissenslücken zu schließen.
Die Verbreitung von Anisakis, welche bisher ausschließlich anhand von biogeographischen Einzelnachweisen abgeschätzt wurde, konnte durch den angewandten Modellierungsansatz erstmalig interpoliert und in Kartenform vergleichend dargestellt werden. Dabei wurde gezeigt, dass die Verbreitung von Anisakis spp. in den Ozeanen und Klimazonen nicht gleichmäßig ist. Die Analysen deuten auf die Existenz spezies-spezifischer horizontaler und vertikaler Verbreitungsmuster hin, welche neben abiotischen Faktoren durch die Verbreitung und Abundanz der jeweiligen Zwischen- und Endwirte sowie deren Tiefenverteilung und Nahrungspräferenzen geprägt sind.
Durch die umfangreiche Zusammenstellung und anschließende Kategorisierung der (mit molekularen Methoden) geführten Zwischenwirtsnachweise konnten indirekte Rückschlüsse über die vertikale Verbreitung von Anisakis spp. entlang der Tiefenhabitate gezogen werden.
Während Anisakis auf Gattungsebene in der gesamten Wassersäule entlang verschiedener Tiefenhabitate abundant ist, wurde für die stenoxene Art Anisakis paggiae ein meso-/bathypelagisch orientierter Lebenszyklus postuliert. Durch den Einbezug eines breiten Spektrums (paratenischer) Zwischen- und Transportwirte aus unterschiedlichen trophischen Ebenen werden Transmissionslücken im Lebenszyklus der Gattung weitestgehend minimiert und der Transmissionserfolg auf den Endwirt, und damit die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Reproduktion, erhöht. Ausgeprägte Wirtspräferenzen sowie phylogenetische Analysen des ribosomalen ITS-Markers stützen eine Theorie zur co-evolutiven Anpassung der Parasiten an ihre Endwirte. Anisakis eignet sich daher unter Einschränkungen als Bioindikator für die vertikale und horizontale Verbreitung und Abundanz der Endwirte und lässt Rückschlüsse auf trophische Interaktionen im Nahrungsnetz zu. Durch die weitere Beprobung von Zwischenwirten aus verschiedenen trophischen Ebenen in zukünftigen Studien, kann eine genauere Bewertung potentiell abweichender Lebenszyklus-Strategien gewährleistet werden. Insbesondere ist die Datenlage zur Prävalenz und Abundanz anisakider Nematoden in Cephalopoda und Crustacea noch unzureichend. Die Probennahme sollte dabei unter besonderer Berücksichtigung bislang wenig oder unbeprobter geographischer Regionen, Tiefenhabitate und Wirtsarten durchgeführt werden.
Es gibt für die Orientierung von Vögel ein allgemeingültiges Konzept, das Karte-Kompass-Prinzip (Kramer 1953, 1957): Der Karten-Schritt besteht darin, den eigenen Standort zu ermitteln und mit dem Ziel in Beziehung zu setzten. Damit wird die geografische Richtung bestimmt, die im Kompass-Schritt in eine konkrete Richtung umgesetzt wird. Für Beides nutzen Vögel auch das Magnetfeld der Erde; in der Karte als einen Faktor den Verlauf der Intensität, im Magnetkompass die Achse der Feldlinien. Der Magnetrezeptor, der die Karte mit Informationen versorgt, ist im Schnabel lokalisiert, der des Kompasses im Auge. Ich habe mich in meiner Arbeit darauf konzentriert, die zwei potenziellen Magnetrezeptoren der Vögel feinstrukturell und immunhistologisch weiter zu charakterisieren.
Für den Magnetkompass wird auf Grund des Radikalpaar-Modells angenommen, dass Cryptochrome die Rezeptormoleküle sein könnten (Ritz et al. 2000). Bei Vögeln sind vier Cryptochrome bekannt, allerdings muss das Rezeptormolekül des Magnetkompasses auch in seiner Lokalisation bestimmte Kriterien erfüllen. Die für meine Arbeit bedeutsamen Kriterien sind: (1) die gleiche Ausrichtung der Proteine in einer Rezeptorzelle und (2), dass die einzelnen Rezeptorzellen alle Raumrichtungen abdecken. Ich habe in meiner Arbeit Cryptochrom 1a (Cry1a) und Cryptochrom 1b (Cry1b) auf ihr Vorkommen in der Retina von Rotkehlchen (Erithacus rubecula) und Hühnern (Gallus gallus) untersucht. Cry1b befindet sich bei Rotkehlchen während der Zugzeit in den Ganglienzellen, in denen es teilweise an Membranen gebunden vorliegt, die jedoch keine bevorzugte Richtung haben. Somit erscheint mir Cry1b als Rezeptormolekül für den Magnetkompass als eher ungeeignet. Cry1b könnte, wie viele Cryptochrome, an der Steuerung von circadianen Rhythmen beteiligt sein. Cry1a hingegen ist bei beiden untersuchten Vogelarten in den UV/V-Zapfen an die Diskmembranen gebunden, was eine Ausrichtung ermöglicht. Die UV/V-Zapfen sind über die gesamte Retina gleichmäßig verteilt, und durch die sphärische Form des Auges decken die einzelnen Rezeptoren jede Raumrichtung ab. Somit erfüllt Cry1a die Bedingungen des Radikalpaar-Modells, und ich schließe daraus, dass es sich hierbei um das Rezeptormolekül des Magnetkompasses handeln könnte. Cry1a ändert nach Lichtabsorption wie viele Cryptochrome seine Konformation. Der von mir verwendete Antikörper bindet nur die lichtaktivierte Form des Proteins. In Versuchen, in denen Hühner verschiedenen monochromatischen Lichtern ausgesetzt wurden, zeigt sich, dass sich Cry1a in UV bis Gelb in lichtaktiviertem Zustand befindet. Dies stimmt sowohl mit der spektralen Empfindlichkeit des Magnetkompasses der Vögel als auch mit der des Flavins, des lichtsensitiven Teils des Cryptochroms, überein. Versuche mit grünem Licht lassen vorsichtige Rückschlüsse auf das für den Magnetkompass relevante Radikalpaar zu: so ist das Flavin erst im zweiten Oxidationsschritt grünlicht-sensitiv, und Cry1a ist nur nachweisbar, also lichtaktiviert, wenn der erste Schritt bereits im Hellen abgelaufen ist. Versuche in denen die Tiere vorab im Dunkeln waren, führen nicht zur erneuten Lichtaktivierung unter grünem Licht. Dies macht nur eines der beiden im Flavinzyklus entstehenden Radikalpaare wahrscheinlich, nämlich das in der Reoxidation entstehende, da das Radikalpaar im ersten Schritt der Oxidation unter Grün nicht entsteht.
In Bezug auf den Magnetrezeptor im Schnabel konnte bereits bei Tauben eine detaillierte Struktur beschrieben werden, die als Magnetrezeptor geeignet ist, nämlich Magnetit- bzw. Maghemit-Teilchen in Dendriten der Nerven (Fleissner et al. 2003). Auch Hühner haben eisenhaltige Strukturen im Oberschnabel, die in ihrer Eisenoxid-Zusammensetzung denen der Tauben entsprechen (Falkenberg et al. 2010). Ich konnte in meiner Arbeit zeigen, dass die eisenhaltigen Strukturen im Oberschnabel der adulten Hühner an oder in Nervenfasern liegen. Elektronenoptisch bestehen diese eisenhaltigen Strukturen im Nervengewebe bei Hühnern, wie bei Tauben beschrieben, aus einem 3-5 µm großen Vesikel, der von eisenhaltigen ‘Schuppen’ besetzt ist, aus circa 1 µm langen Plättchen und Kugeln mit einem Durchmesser von etwa 1 µm. Sie sind in Feldern angeordnet, in denen diese Zellstrukturen gleich ausgerichtet sind. In der Anzahl und Lokalisation der Felder der eisenhaltigen Dendriten gibt es Unterschiede zwischen Hühnern und Tauben, allerdings ist unklar, inwie¬weit dies zu Unterschieden in der Verarbeitung im Gehirn führt. Die Entwicklung der eisenhaltigen Dendriten der Hühner beginnt erst nach dem Schlupf, am Tag des Schlupfes haben Küken noch keine eisenhaltigen Strukturen, abgesehen von roten Blutkörperchen. In den ersten 5 Tagen werden eisenhaltige Makrophagen im frontalen Bereich des Schnabels gebildet, die anschließend wieder reduziert werden. Bei 12 Tage alten Hühnern werden diese auch im lateralen Bereich des Oberschnabels angelegt und ebenfalls dort bis Tag 21 wieder reduziert. 21 Tage alte Hühner haben nur noch wenige eisenhaltige Makrophagen, allerdings ein erstes Feld von eisenhaltigen Dendriten. Die Röntgenabsorption zeigt einen Unterschied in der Eisenoxid-Zusammensetzung zwischen eisenhaltigen Makrophagen und eisenhaltigen Dendriten. Es könnte sein, dass die eisenhaltigen Makrophagen an der Synthese der eisenhaltigen Dendriten beteiligt sind, da sie Eisen aufnehmen, aber auch wieder abgeben können und in demselben Zeitraum reduziert werden, wie die eisenhaltigen Dendriten aufgebaut werden.
Sowohl Tauben als auch Rotkehlchen haben sich phylogenetisch bereits vor 95 Millionen Jahren von den Hühnern abgespalten. Es gibt sowohl in der Lokalisation von Cry1a als auch in der Struktur der einzelnen eisenhaltigen Dendriten keine Unterschiede, so dass es sich bei den beiden Magnetrezeptoren der Vögel vermutlich um sehr alte Mechanismen handelt, die sich in der Evolution kaum verändert haben. Vermutlich sind sie vogelspezifisch, da es in dieser Hinsicht keine erkennbare Gemeinsamkeit mit anderen Wirbeltieren gibt.
Die phylogenetisch hochkonservierte Jak/Stat‐Signaltransduktionskaskade repräsentiert eines der zentralen Säulen zellulärer Signalübertragung eukaryotischer Organismen. Ubiquitär im Organismus exprimiert und über eine Vielzahl von Zytokinen, Hormonen und Wachstumsfaktoren aktiviert, sind Stat‐Transkriptionsfaktoren maßgeblich an dem Erhalt der Physiologie und Homöostase von Organen und Geweben beteiligt. So sind die Mitglieder Stat5A und Stat5B (als homologe Proteine im Verbund als Stat5 bezeichnet) entscheidende Regulatoren des Immunsystems und der Hämatopoese, der Funktion und Entwicklung des Prostata‐ und Brustdrüsengewebes (Mammogenese) oder bestimmter Funktionen der Leber. Wie auch Stat3, konnten Stat5 Proteine in aberrant aktiver Form in verschiedensten Typen und Stadien humaner Tumore nachgewiesen werden, wo sie über die Expression ihrer Zielgene sowie über weitere nicht‐kanonische Funktionen im Zytoplasma und im Zellkern einer fortschreitend malignen Entartung entscheidend beitragen. Als Folge der Unterstützung essentieller Tumorgenese‐
Mechanismen, wie gesteigertes Zellwachstum, Apoptosehemmung, Migration und Metastasierung, Sauerstoff‐unabhängiger Energiestoffwechsel, Angiogenese oder Umgehung der Immunabwehr, entwickeln Tumore häufig eine Abhängigkeit gegenüber der gesteigerten Aktivität dieser Vertreter der Stat‐Proteinfamilie und reagieren mit einem Wachstumsstopp und Apoptoseinduktion auf ihre Inhibierung. Perspektivisch stellt die gezielte Interferenz mit aberranten, Tumortyp‐spezifischen Stat5‐Aktivitäten einen relevanten Ansatz in der personalisierten Therapie Stat5‐abhängiger Tumore, vorrangig leukämischen Ursprungs, dar. ...
Die Transkription ist ein entscheidender Schritt in der Transition der genetischen Information, welche durch die DNA codiert und im Genom hinterlegt ist, zu dreidimensionalen Funktionseinheiten in der Zelle, den Proteinen. Während der Transkription wird die Information von der Ebene der DNA in RNA umgewandelt, welche in der Zelle zusätzlich zu dessen Rolle als Informationsmediator in Form der mRNA eine Vielzahl von Funktionen ausübt. Die Transkription benötigt in Hinblick auf ihre essentielle Rolle in der Errichtung des Proteoms und der notwendigen Adaption von Genexpressionsprogrammen an externe zelluläre Stimuli, den Zellzyklus etc. eine präzise und gleichzeitig flexible Regulation. Besonders für die Transkription von mRNA dient die eukaryotische RNA-Polymerase II (RNAP II) in diesem Prozess als eine zentrale Einheit, die einer Vielzahl regulativer Mechanismen wie post-translationaler Modifikationen und der Assemblierung dynamischer Proteinkomplexe unterliegt. Während Komponenten dieser Regulation wie die Zusammensetzung und Dynamik des Prä-Initiationskomplex bereits seit Jahrzehnten beschrieben sind, ist eine besondere Form der RNAP II-abhängigen Regulation erst in den letzten Jahren Gegenstand genauerer Untersuchungen geworden. So erfährt die RNAP II bei einer Vielzahl von Genen unmittelbar nach der Initiation einen Arrest, der das Enzym nicht weiter über die DNA prozessieren lässt und somit die produktive Elongation des Gens blockiert. Die Aufhebung dieser Blockade wird durch den positiven Transkriptions-elongationsfaktor b (P-TEFb) dominiert, der durch distinkte post-translationale Modifikationen der C-terminalen Domäne der RNAP II und assoziierter Faktoren die produktive Elongation ermöglicht. P-TEFb selbst unterliegt dabei einer strengen Regulation durch eine inaktivierende Assoziation mit Speicherkomplexen. P-TEFb wurde abseits dieser Komplexe in einer Vielzahl von Elongations-assoziierten Proteinkomplexen identifiziert, der Mechanismus der Transition aus dem inaktiven Speicherkomplex zur aktiven Form an der RNAP II war jedoch unbekannt.
Ein zentrales Element aller aktiven Komplexe ist die Anwesenheit von Proteinen der AF4/FMR2-Familie, darunter das AF4 Protein. Bemerkenswerterweise war die genaue Rolle dieses Proteins in den Komplexen bisher unbekannt oder wurde lediglich auf die strukturelle Integrität der Komplexe beschränkt. AF4 und speziell dessen N-Terminus ist über diese Rolle hinaus als Bestandteil des Fusionsproteins AF4-MLL eng mit der onkogenen Zelltransformation im Falle einer durch die t(4;11)(q21;q23) chromosomalen Translokation bedingter, akuter lymphoblastischer Leukämie assoziiert.
In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass das AF4 Protein und im Speziellen sein N-Terminus in der Lage ist, die zelluläre Transkription durch die Aktivierung und Rekrutierung von P-TEFb zu aktivieren. In Anwesenheit von AF4 wird die Kinase-Untereinheit CDK9 des P-TEFb post-translational an Lysinresten modifiziert und damit aktiviert sowie die C-terminale Domäne der RNAP II im Kontext stärker phosphoryliert. Gleichzeitig wurde das P-TEFb inaktivierende Protein HEXIM1 stärker exprimiert. AF4 und AF4-MLL waren weiterhin in der Lage ein Elongations-kontrolliertes Reportergen zu aktivieren. Gleichzeitig führte die Überexpression des AF4 zu einer Erhöhung der zellulären RNA Menge. Zur genaueren Untersuchung der AF4-abhängigen Mechanismen wurden zwei Zelllinien erstellt, die zum Einen eine induzierbare und reproduzierbare Überexpression und Reinigung des AF4 erlaubten (TCZP-AF4ST) und zum Anderen durch lentiviralen knock-down eine an AF4-Mangelsituation nachstellten (AF4kd V100). Es konnte so gezeigt werden, dass AF4 über P-TEFb hinaus eine regulative Funktion gegenüber Transkription-assoziierten Faktoren wie CDK7, MENIN und NF?B besitzt und dass diese Faktoren vorrangig, analog zu P-TEFb, mit dem N-Terminus des AF4 interagieren. Die Überexpression von AF4 führte über die Bindung an die 7SK snRNA und deren Degradation zur Rekrutierung des P-TEFb aus den Speicherkomplexen in distinkte AF4-assoziierte Komplexe und zu einer Umverteilung des Faktors auf distinkte Loci im Zellkern, wobei der AF4 N-Terminus für sich alleine jedoch nicht in der Lage war, diese Funktion auszuüben. Im Falle eines Mangels an AF4 kam es zur Wachstumsretardierung der Zellen sowie zu einem völligen Aktivitätsverlust in Reportergenversuchen.
Die Tatsache, dass AF4 ein zentrales Element in der Elongationskontrolle darstellt führte zu der weitergehenden Vermutung, dass virale immediate early (IE) Proteine zur Kontrolle viraler Genexpression auf der Ebene der Elongation ebenfalls auf dieses Wirtsprotein zugreifen können. Es konnte vor diesem Hintergrund gezeigt werden, dass AF4 tatsächlich mit den IE-Proteinen IE1 (HCMV) und Zta (EBV) aus der Familie der Herpesviren interagiert und durch die Stabilisierung des AF4 Proteins eine kooperative, transaktivierende Funktion auf ein ALOX5 Reportergen ausgeübt wurde. Es wurde gezeigt, dass die viralen IE-Proteine dabei Komponenten der AF4 Komplexe sind und in der Zelle zur epigenetischen Regulation des ALOX5 Gens führen. Weiterhin konnte in diesen Experimenten dargestellt werden, dass AF4 über seine Rolle in der Elongationskontrolle hinaus auch distinkte Effekte in der Aktivierung von Promotoren und damit in der Initiation der Transkription zeigt. Damit konnte in dieser Arbeit zum ersten Mal die essentielle Rolle des AF4 Proteins in der Elongationskontrolle und der Initiation der Transkription als auch in der Infektion durch Herpesviren gezeigt werden.
Ziel dieser Arbeit war die Untersuchung der Rolle der i-AAA Protease in P. anserina, besonders während des Alterns des Ascomyceten. Die dazu durchgeführten Untersuchungen führten zu folgenden Ergebnissen:
1. Unter Standardbedingungen ist der PaIap-Deletionsstamm langlebiger als der Wildstamm, ohne feststellbare physiologische Beeinträchtigungen aufzuweisen. Dass dies auf den Verlust von PaIap zurückzuführen ist, bestätigen die PaIap-Revertantenstämme, in denen das Gen wieder eingeführt wurde, wodurch deren Lebensspanne wieder Wildtyp-artig ist. Dies zeigt, dass PaIAP zelluläre Prozesse beeinflusst, die die Lebensspanne kontrollieren.
2. Bei Hitzestress weist der PaIap-Deletionsstamm dagegen eine höhere Hitzesensitivität auf als der Wildstamm, was sich in einer verkürzten Lebensspanne und der Störung vitaler Funktionen äußert. Dies deutet auf eine mögliche Rolle von PaIAP bei der Hitzestressantwort hin.
3. Im Einklang mit dem hitzesensitiven Phänotyp des PaIap-Deletionsstamms konnte in mitochondrialen Extrakten des Wildtyps gezeigt werden, dass die Proteinmenge von PaIAP durch Hitzestress signifikant zunimmt. Gleichzeitig weisen mitochondriale Proteinextrakte von PaIap-Deletionsstämmen nach Hitzestress signifikant geringere Mengen an PaHSP60 und PaCLPP auf, zwei weiteren Komponenten der mitochondrialen Proteinqualitätskontrolle. Dies unterstreicht die Beteiligung von PaIAP an der Hitzestressantwort von P. anserina.
4. Darüber hinaus beeinflusst der Verlust von PaIap die Zusammensetzung der mitochondrialen Atmungskette und führt bei 27°C zu einer vermehrten Organisation der Komplexe in stabilere Superkomplexe. Dieser Mechanismus wird beim Wildstamm erst nach Hitzestress beobachtet, wogegen der PaIap-Deletionsstamm die Superkomplexmenge nicht mehr weiter steigern kann.
5. Die Genexpression von proteolytisch inaktiven Varianten von PaIAP (PaIAPE540Q bzw. PaIAPE540QG) kann den Phänotyp des PaIap-Deletionsstamms bei 27°C nicht komplementieren und führt ebenfalls zu einer Verlängerung der Lebensspanne von P. anserina. Dies liefert wichtige Informationen über den Mechanismus wie PaIAP die Lebensspanne von P. anserina beeinflusst, da dazu die proteolytische Aktivität von PaIAP benötigt wird.
6. Darüber hinaus zeigt die Analyse des PaIap/PaClpP-Deletionsstamms, dass sich die Mechanismen, wie PaIAP und PaCLPP die Lebensspanne von P. anserina beeinflussen, unterscheiden. Die unterschiedlichen zellulären Aufgaben werden auch bei Hitzestress deutlich, wovon der PaIap/PaClpP-Deletionsstamm noch stärker betroffen ist als durch die Deletion von PaIap bzw. PaClpP. Dies verdeutlicht, dass sich die Effekte der Deletionen der beiden Gene addieren.
Insgesamt konnte in dieser Arbeit gezeigt werden, dass die i-AAA Protease PaIAP auch bei P. anserina wichtige zelluläre Funktionen besitzt, die sich auf den Alterungsprozess des Ascomyceten auswirken. Dabei war es möglich verschiedene neue Mechanismen zu identifizieren, wie die i-AAA Protease diese Funktionen ausübt. Dazu gehören z.B. der Einfluss der proteolytischen Aktivität auf die Lebensspanne, die durch die Abwesenheit der i-AAA Protease ausgelöste Reorganisation der Atmungskettenkomplexe in stabile Superkomplexe, und die Induktion der Hitzestressantwort durch PaIAP. Diese Befunde tragen zum besseren Verständnis der zellulären Funktion der i-AAA Protease bei und stellen einen entscheidenden Ausgangspunkt für weiterführende Analysen der bislang wenig verstandenen Aufgaben der Protease dar.
In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass bestimmte neuronale microRNAs im Rückenmark und in den Spinalganglien konstitutiv exprimiert und nach peripherer Entzündung mit Formalin oder Zymosan differenziell reguliert werden. Bei der SNI-induzierten Neuropathie konnte indessen keine signifikante Regulation der untersuchten microRNAs nachgewiesen werden. Aufgrund der Lokalisation in den Neuronen der Schmerz-verarbeitenden Laminae I und II des Dorsalhorns des Rückenmarks und angesichts der Regulation in entzündlich stimulierten Neuronen und Mikroglia wurde der Fokus der Arbeit auf die Untersuchung von microRNA-124a gelegt. Anhand von Expressionsanalysen konnte gezeigt werden, dass eine periphere entzündliche Stimulation mit Formalin oder Zymosan microRNA-124a im Rückenmark inhibiert, die Expression pro-inflammatorischer und pro-nozizeptiver Gene hiernach ermöglicht und ein vermehrtes Schmerzverhalten bewirkt. Die funktionelle Relevanz von microRNA-124a wurde in vivo mittels intravenöser Applikation von microRNA-124a-Modulatoren bei einem Modell für entzündliche Schmerzen, dem Formalin-Modell untersucht. Dabei führte die Hemmung von microRNA-124a zu einem verstärkten Schmerzverhalten, welches mit einer Hochregulation verschiedener Entzündungsmarker einherging. Die Überexpression von microRNA-124a dagegen antagonisierte die Hochregulation entzündlicher Mediatoren und führte zu einer Schmerzhemmung. Darüber hinaus konnte in der vorliegenden Arbeit der antinozizeptive Effekt von microRNA-124a mit der Regulation der Epigenetik-regulierenden Targets MeCP2, HDAC5 und MYST2 assoziiert werden und u.a. über die Hemmung des neuromodulierenden, pro-inflammatorischen Peptids BDNF verifiziert werden. Die spezielle Darreichung von microRNA-124a könnte demzufolge einen vielversprechenden Ansatz zur Therapie chronisch-entzündlicher Schmerzen liefern. Zukünftig werden weitere Studien notwendig sein um die eindeutige Funktion, die individuelle Wirkung sowie die therapeutische Relevanz von microRNA-124a zu analysieren. Darüber hinaus müssten Dosis-Wirkungs-Beziehungen und Nebenwirkungsprofile für microRNA-124a erstellt werden, um potenzielle Risiken, Chancen und Vorteile der microRNA-Modulation hinsichtlich einer humanen Schmerztherapie bewerten zu können.
Der Botanische Verein Sachsen-Anhalt e. V. und der Botanische Arbeitskreis Nordharz e. V. führten vom 7.–9.9.2012 eine gemeinsame Kartierungsexkursion im Wippertal durch. Näher betrachtet wurde die Umgebung von Wippra. Es wurde der Grundbestand des Sommer- und Spätsommeraspektes in vier Viertelquadranten entlang der Wipper, von der Wippertalsperre flussabwärts erfasst. Die Aufstellung enthält Funde geschützter, gefährdeter und seltener Arten sowie bemerkenswerten Neophyten und Adventivpflanzen. Alle Funde beziehen sich auf das Messtischblatt 4433 (Wippra). Den Fundorten ist daher nur die Nummer des Viertelquadranten vorangestellt worden. Die Kartierung erfolgte nur an einem Tag. Es wurden insgesamt knapp 550 Arten aktuell für die vier Viertelquadranten nachgewiesen. Am zweiten Exkursionstag besuchten die Teilnehmer das Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz. Die Bestimmung und Nomenklatur folgen ROTHMALER (2007 bzw. 2011).
Es gibt viele Theorien, die sich mit der Auswirkung einer zunehmenden carnivoren Ernährung von Homininen auf Carnivorengilden beschäftigen. Aussterbeereignisse in der Carnivorengilde werden oft mit carnivoren Homininen in Verbindung gebracht. Um zu prüfen, ob solche Theorien überhaupt zutreffen, benötigt man zunächst ein Modell, das Effekte von Konkurrenzbeziehungen innerhalb von Carnivorengilden quantifiziert darstellt.
In dieser Arbeit ist daher ein Modell entwickelt worden, das die Konkurrenz um Beute innerhalb einer Carnivorengilde darstellt und ermöglicht Veränderungen durch das Eintreten neuer Mitglieder in die Gilde zu modellieren. Dieses Modell wurde zur Analyse der rezenten Großcarnivorengilden der Serengeti, des Krüger-National-Parks und des Bandipur-Biosphärenreservat verwendet. Ebenso ist es zur Analyse pleistozäner Großcarnivorengilden Javas eingesetzt worden.
In dem Modell wird die verfügbare Beutemasse als limitierende Ressource für die Carnivorengilde betrachtet. Im ersten Schritt wird die Beute kategorisiert – in dieser Arbeit nach ihrer Körpermasse – und geprüft, welche Mitglieder dieselben Beutekategorien nutzen und welche für sie essentiell sind. Im zweiten Schritt wird die konkurrenzfreie Kapazität der Gildenmitglieder berechnet. Hierzu wird die für die gesamte Gilde verfügbare Beutemasse unter der Annahme verwendet, sie stehe einem Gildenmitglied allein zur Verfügung. Die konkurrenzfreie Kapazität ist daher die Populationsgröße, die ein Gildenmitglied mit dieser Beutemasse erreichen kann und stellt einen Referenzwert dar. Basierend auf diesem Referenzwert und der tatsächlichen Populationsgröße kann nun berechnet werden, zu welchem Anteil ein Mitglied diese Kapazität ausschöpft. Ist der Konsum an Beutemasse der übrigen Mitglieder in den essentiellen Beutekategorien bekannt, kann berechnet werden, zu welchem Anteil ein Mitglied durch ein anderes Mitglied von dieser Kapazität verliert. Dieser Verlust an Kapazität wird als Konkurrenzeffekt bezeichnet.
Dieses Modell ist sowohl auf rezente als auch fossile Gilden anwendbar. Um mit dem Modell die Konkurrenzeffekte zu berechnen, werden die Häufigkeit bzw. Populationsgröße, das Beutemassenspektrum sowie der tägliche Bedarf an Beutemasse benötigt.
Diese Größen können bei der Strukturanalyse von rezenten Gilden aus Freilandstudien entnommen werden. Im Falle fossiler Gilden müssen diese Größen erst rekonstruiert werden. Dafür sind in dieser Arbeit vorhandene Rekonstruktionsmethoden ergänzt, aber auch entwickelt worden, mit denen man basierend auf der Körpermasse fossiler Carnivora die benötigten Parameter rekonstruieren kann. Hierzu sind verschiedene Regressionen berechnet worden, die einen Zusammenhang zwischen verschiedenen Zahnparametern und der Körpermasse darstellen. Weiterhin sind Muster der Beutemassenspektren rezenter Carnivora untersucht worden und Regressionen berechnet worden, die zur Rekonstruktion der mittleren Beutemasse eines Carnivoren verwendet werden.
Die benötigten Daten der javanischen Gilden werden mit den eben genannten Regressionen rekonstruiert. Anschließend wird eine Strukturanalyse der genannten rezenten und fossilen Großcarnivorengilden durchgeführt.
Bei den drei rezenten Gilden ist eine generelle sich wiederholende Struktur erkennbar. Die erfolgreichsten Mitglieder schöpfen ihre Kapazität zu ca. 60 % aus und verfolgen eine soziale Lebensweise.
Dennoch werden die erfolgreichsten Mitglieder der Gilden von unterschiedlichen Arten repräsentiert. So sind dies der Löwe im Krüger-Nationalpark, die Tüpfelhyäne in der Serengeti oder der Rothund in Bandipur.
Bei den fossilen Gilden war diese Struktur allerdings nicht erkennbar. Hier schöpft der Tiger seine Kapazität in allen Gilden am stärksten aus und hat extrem hohe Konkurrenzeffekte (bis zu ca. 98 %) auf die übrigen Gildenmitglieder.
Diese Unterschiede können mit Isolationsbedingungen Javas als Insel zusammenhängen, die sich grundsätzlich auf Strukturen der Säugergemeinschaften auswirken.
Vermutlich konnte der Tiger durch Veränderungen der Körpermasse seine konkurrenzstarke Position in der Großcarnivorengilde Javas halten.
Das entwickelte Modell ermöglicht auch eine Modellierung von Szenarien, die verschiedene Möglichkeiten berücksichtigt. Diese sind vor allem Veränderungen der Populationsgrößen, aber auch Veränderungen der Körpermasse und daraus resultierende Verschiebungen der Beutemassenspektren.
In Beispielen der Trinil-Gilde wird gezeigt, dass die Rolle eines hyper- bzw. hypocarnivoren Homo erectus in der Gilde mit dem entwickelten Modell dargestellt werden kann. Auch lassen sich Szenarien modellieren, in denen ein hyper- bzw. hypocarnivorer Homo erectus in die Gilde eindringt und so die übrigen Mitglieder von bei ihrer Kapazitätsausschöpfung Einbuße hinnehmen müssen.
In dem Szenarium von Trinil wird erkennbar, dass nur ein hypercarnivorer Homo erectus einen starken Effekt auf die Gildenmitglieder hatte. Geht man von einem omnivoren Homo erectus aus, ist der Konkurrenzeffekt geringer und es sind keine Aussterbeereignisse zu erwarten.
Das Modell kann in weiteren Studien zur Testung von Hypothesen zu Aussterbeereignissen Aufklärung bieten. Durch Einbeziehung weiterer Faktoren wie Kleptoparasitismus und interspezifische Tötungen kann es noch erweitert werden. Auch eine Dynamisierung des Modells, die eine kontinuierlich zeitliche Veränderung der Gilden modellieren kann, ist in zukünftigen Studien möglich.
Untersuchungen zur Bedeutung von Superoxid-Dismutasen für die Alterung von Podospora anserina
(2012)
Im Rahmen dieser vorliegenden Doktorarbeit sollte die Bedeutung von Superoxid-Dismutasen für das Resistenzverhalten und den Alterungsprozess bei P. anserina untersucht werden. Folgende Befunde aus den Analysen konnten erhalten werden:
1. Lokalisationsstudien der drei PaSods: Aus den biochemischen und fluoreszenzmikroskopischen Untersuchungen der drei verschiedenen PaSODs geht hervor, dass PaSOD1, eine Cu/ZnSOD, überwiegend im Cytosol und zu einem geringen Anteil im mitochondrialen Intermembranraum lokalisiert ist. Eine der beiden MnSODs, PaSOD2, wird vermutlich zur Abwehr von exogenem Superoxid sekretiert. Bei PaSOD3 handelt es sich um eine mitochondriale MnSOD.
2. Generierung von verschiedenen PaSod-Mutanten: Im Rahmen dieser Arbeit wurden von jeder PaSod mindestens drei unabhängige Überexpressionsstämme, ein GFP-Stamm- und ein Deletionsstamm hergestellt. Weiterhin wurden alle möglichen Doppel-Deletionsstämme und die Dreifach-Deletionsmutante erzeugt. Alle Stämme wurden auf DNA-Ebene verifiziert, zusätzlich wurde die Proteinmenge bzw. –Aktivität überprüft.
3. Einfluss der PaSODs auf die ROS-Toleranz: Die Analysen der ROS-Resistenzen haben gezeigt, dass PaSODs eine wichtige Rolle in der Entgiftung von Superoxiden spielt. So ließ sich bei den Deletionsstämmen der PaSods eine gesteigerte Sensitivität gegenüber Paraquat feststellen. Eine Aufsummierung der Sensitivität gegenüber Paraquat ist bei der PaSod-Tripelmutante (ΔPaSod1/2/3) zu erkennen.
Überraschenderweise kann durch die gesteigerten Mengen an aktiver PaSOD in den Überexpressionsstämmen (PaSod1-3_OEx) keine verbesserte Resistenz gegenüber Paraquat erzielt werden. Darüber hinaus führt die Überexpression des Gens für die mitochondriale SOD, PaSOD3, zu massiven negativen Effekten.
4. Einfluss auf die Lebensspanne: Durch eine fehlende Entgiftung von Superoxid in den PaSod-Deletionsmutanten ist eine Verminderung der Lebensspanne nicht festzustellen. Bei PaSod-Mutantenstämme, die eine erhöhte PaSOD-Aktivität und damit eine gesteigerte Abbaurate des Superoxids aufweisen, kann bei den PaSod1- und PaSod2-Überexpressionsstämmen keine verbesserte Lebensspanne unter den gewählten Standardbedingungen erzielt werden. Vielmehr noch ist die Lebensspanne der PaSod3-Überexpressionsstämme stark reduziert.
5. Einfluss der PaSod-Modulation auf andere Komponenten des ROS-Abbausystems: Die PaSOD-Aktivitäten scheinen miteinander co-reguliert zu werden. Des Weiteren scheint es ein Zusammenhang zwischen den beiden sekretierten Enzymen PaSOD2 und PaCATB zu geben. Deutlich wird auch, dass die Modulation der Superoxid-Dismutasen eine weitreichende Auswirkung auf andere Schutzsysteme hat. Beispielweise konnte gezeigt werden, dass Komponenten des mitochondrialen ROS-Schutzsystems und der Protein-Qualitätskontrolle in den PaSod3-Überexpressionsstämmen verändert sind.
Zusammenfassend lassen die Analysen der PaSod-modulierten Stämme den Schluss zu, dass die Superoxid-Dismutase in P. anserina ein wichtiges Enzym zum Abbau des schädlichen Superoxids darstellt, welches aber nur eine untergeordnete Rolle bei der Kontrolle der Lebensspanne unter den gewählten Wachstumsbedingungen im Labor ausübt. Des Weiteren haben die Analysen gezeigt, dass es durch die Modulation der PaSod-Gene zu weitreichenden Änderungen, die das ROS-Schutzsystem (PaSOD, PaCATB und PaPRX1) sowie die Protein-Qualitätskontrolle (PaHSP60, PaLON und PaCLPP) betreffen, kommt. Welche Auswirkung dabei diese Veränderungen in Bezug auf die Lebensspanne hat, kann nur schwer abgeschätzt werden und muss mit weiteren Untersuchungen geklärt werden.
Ziel dieser Arbeit war es erstmals durch eine Kombination aus chemischer Mutagenese und gezielter genetischer Modifikation (hier: „metabolic engineering“) einen Phaffia-Stamm herzustellen, welcher über die Mutagenese hinaus über eine weiter verstärkte Astaxanthin-Synthese verfügt.
Die von „DSM Nutritional Products“ bereitgestellten chemischen Mutanten wurden analysiert und über einen Selektionsprozess auf Pigmentstabilität und Wachstum hin optimiert, da die Stämme aus cryogenisierter Dauerkultur starke Pigmentinstabilitäten und ein verzögertes Wachstum aufwiesen.
Über eine exploratorische Phase wurde die Carotinoidsynthese analysiert und festgestellt, dass in den Mutanten keine Einzelreaktionen betroffen sind, welche für die Heraufregulierung der Carotinoidsynthese in den Mutanten verantwortlich sind. Hierbei wurden Limitierungen identifiziert und diese durch Transformation von Expressionsplasmiden mit geeigneten Genen aufgehoben, um damit eine noch effizientere Metabolisierung von Astaxanthin-Vorstufen hin zu Astaxanthin zu erreichen. Eine Überexpression der Phytoensynthase/Lycopinzyklase crtYB resultierte in einem gesteigerten Carotinoidgehalt bei gleichbleibendem Astaxanthin- Anteil. Durch eine zweite Transformation mit einer Expressionskassette für die Astaxanthin-Synthase asy konnte der Carotinoidgehalt weiter gesteigert und zusätzlich eine Limitierung der Metabolisierung von Astaxanthin-Vorstufen behoben werden, sodass die Transformante nahezu alle Intermediate der Astaxanthinsynthese zu Astaxanthin metabolisieren konnte (Gassel et al. 2013). Es konnte gezeigt werden, dass auch in den Mutanten, aus Experimenten mit dem Wildtyp bekannte, Limitierungen identifiziert und ausgeglichen werden konnten.
Die vorliegende, publikationsbasierte Dissertation, bestehend aus den drei Einzelpublikationen Bayer (2011, 2012) und Bayer und Schönhofer (2012), verfolgte das Ziel, die Spinnenfamilie Psechridae zu revidieren. Weiterhin sollten die phylogenetische Position dieser Familie im System der höheren Webspinnen (Araneomorphae) sowie die phylogenetischen Beziehungen der einzelnen Arten innerhalb der beiden Gattungen der Psechridae untersucht werden. In Form von morphologisch-taxonomischen Bearbeitungen wurden die beiden die Psechridae bildenden Gattungen Psechrus und Fecenia revidiert, wobei sämtliches Typus-Material sowie reichhaltiges, weiteres Material eingehend beschrieben, illustriert und diagnostiziert wurde. Hierbei wurden auch intraspezifische Variabilität sowie die Prä-Epigynen subadulter Weibchen, die in taxonomischen Arbeiten bislang nur eine unwesentliche Rolle gespielt haben, beschrieben, illustriert und taxonomisch ausgewertet. Zudem wurden im Rahmen dieser Untersuchungen bereits Überlegungen über mögliche Verwandtschaftsbeziehungen innerhalb der beiden Gattungen angestellt. ...
Paradoxer Schlaf als Parameter zur Messung der Stressbelastung bei Giraffen (Giraffa camelopardalis)
(2012)
Das Wohlbefinden von Tieren zu schützen ist im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland festgeschrieben. Das Wohlbefinden eines Tieres wissenschaftlich zu bewerten ist jedoch eine bislang ungelöste Herausforderung. Die Biologie nähert sich dem Problem, subjektive Empfindungen eines Tieres objektiv darzustellen, vorrangig über die Messung der Stressbelastung.
Die Stressantwort eines Organismus setzt sich allgemein aus einer Kombination von vier Systemen zusammen: einer Verhaltensreaktion, einer Antwort des vegetativen Nervensystems, einer neuroendokrinen Antwort und einer Immunantwort. Der in Zoos am häufigsten untersuchte Parameter zur Messung der Stressbelastung ist die Analyse der Cortisolmetaboliten-Konzentration im Kot der Tiere. Da jedoch nicht in jeder Stresssituation das „Stresshormon“ Cortisol ausgeschüttet wird, ist es für eine exakte Bewertung der Stressbelastung notwendig, weitere Systeme der Stressantwort wie beispielsweise das Verhalten zu erfassen. Die Chronoethologie verfolgt diesen Ansatz, indem sie Änderungen des Zeitmusters im Verhalten eines Tieres als Antwort auf Veränderungen in der Umwelt oder eines endogenen Faktors erfasst und diese nach Kriterien der Befindlichkeit bewertet. Hier könnte zukünftig das Schlafverhalten eine herausragende Stellung einnehmen, da es von allen vier Stressantwortsystemen beeinflusst wird. Zudem wird aus der medizinischen Schlafforschung berichtet, dass sich insbesondere die Dauer, die ein Organismus im Paradoxen Schlaf (PS) verbringt, durch Stress verändert. Dennoch fand das Schlafverhalten zur Messung der Stressbelastung bei Zoo- und Wildtieren bislang kaum Beachtung. Ziel dieser Arbeit war es daher, die Anwendbarkeit des PS als Parameter zur Messung der Stressbelastung bei Zoo- und Wildtieren zu erforschen, um letztlich die Beurteilung des Wohlbefindens von Tieren weiter zu objektivieren. Aufgrund ihrer einzigartigen Schlafstellung während des PS sowie ihrer hohen Sensibilität gegenüber Umweltveränderungen wurde die Giraffe (Giraffa camelopardalis) als Modelltier für diesen non-invasiven Forschungsansatz gewählt.
Im Rahmen der Arbeit wurde in 645 Nächten das Schlafverhalten von 17 Giraffen unterschiedlichen Alters und Geschlechts beobachtet und analysiert. Um stressbedingte Veränderungen im PS-Muster erkennen zu können, wurden die Giraffen zunächst unter „Normalbedingungen“ beobachtet, um hieraus Referenzwerte zu generieren. Anschließend wurden unterschiedliche als stressintensiv einzustufende Situationen wie Nahrungsmangel, Transport, Veränderungen in der Herdenstruktur, Auswirkungen einer Geburt auf das Muttertier sowie verschiedene singuläre Ereignisse hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf das PS-Muster der Giraffen untersucht und den Referenzwerten gegenübergestellt. Um die Methode der Schlafbeobachtung als Parameter der Stressbelastung zu validieren, wurde zusätzlich ein bei Wiederkäuern etablierter, bereits genannter Stress-Parameter eingesetzt: die Messung der Cortisolmetaboliten-Konzentration im Kot mit Hilfe eines Enzymimmunoassays. Diese Methode wurde hier erstmalig an Giraffen angewendet.
Durchschnittlich hielt eine Giraffe unter Normalbedingungen 27 Minuten pro Nacht paradoxen Schlaf. Dabei war die nächtliche PS-Dauer in hohem Maße vom Alter abhängig. Während juvenile Giraffen im Mittel 63 Minuten PS pro Nacht aufwiesen, verbrachten gealterte Giraffen nur 4,5 Minuten pro Nacht in der PS-Stellung. Infolge eines Stressors veränderte sich die PS-Dauer der Tiere: So zeigten alle vier transportierten Giraffen in den ersten Nächten nach ihrem Transport keinen PS oder stark reduzierte PS-Zeiten. Parallel erhöhte sich nach dem Transport die Cortisolmetaboliten-Konzentration im Kot aller Giraffen für mehrere Tage. Auch die untersuchten Veränderungen in der Herdenstruktur hatten in den meisten Fällen signifikante Veränderungen der PS-Dauer zur Folge. Die stärkste im Rahmen dieser Arbeit beobachtete Veränderung des Schlafverhaltens bewirkte der Tod eines Giraffenbullen: Die adulte Giraffenkuh hielt in der Folge für eine Dauer von 21 Tagen keinen paradoxen Schlaf mehr. Ihre Cortisolmetaboliten-Konzentration im Kot stieg nach dem Tod des Bullen hingegen nicht an. Die beobachteten Giraffenmütter zeigten nach der Geburt ihrer jeweiligen Jungtiere ebenfalls eine reduzierte PS-Dauer. Hingegen hatten neugeborene Giraffen, die an Nahrungsmangel litten und innerhalb weniger Tage verstarben, eine höchst signifikant längere PS-Dauer als gleichalte Jungtiere, die überlebten.
Während bei Nahrungsknappheit eine erhöhte PS-Dauer helfen kann Energie zu sparen, ist eine Reduktion der PS-Dauer als Resultat erhöhter Aufmerksamkeit zu interpretieren, wie sie im Zuge der Feindvermeidung in Stress-Situationen sinnvoll ist.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die PS-Dauer im Gegensatz zur Cortisolmetaboliten-Konzentration von allen beobachteten Stressoren beeinflusst wurde. Dabei veränderte sich die PS-Dauer in Abhängigkeit des jeweiligen Stressors graduell unterschiedlich, was Rückschlüsse auf die Intensität des Stressors ermöglicht.
Der PS ist infolge dieser Ergebnisse hervorragend als Parameter zur Messung der Stressbelastung bei Giraffen geeignet. Die Analyse des PS kann dabei helfen, die Auswirkungen von subjektiv als stressintensiv oder stressarm eingestuften Situationen auf das Wohlbefinden eines Tieres objektiv zu bewerten. Darüber hinaus ermöglicht die kontinuierliche Überwachung des PS-Musters, z.B. mit Hilfe moderner Videosoftware, Beeinträchtigungen des Wohlbefindens, wie sie beispielsweise durch Unterernährung, Verletzung oder Krankheit hervorgerufen werden, frühzeitig zu erkennen, was ein zeitnahes Eingreifen zum Wohle des Tieres möglich macht.
Zelluläre Immuntherapien mit hochaufgereinigten allogenen NK-Zellen sind eine mögliche Therapieoption um den GvL/T-Effekt nach haploidenter SZT bei pädiatrischen Hochrisikopatienten mit malignen Erkrankungen zu verstärken. Im Rahmen der in Frankfurt a. M. laufenden klinischen Phase I/II NK-Zell-Studie wurden 16 pädiatrische Patienten sowohl mit unstimulierten (NK-DLI(unstim), 9 Patienten) als auch mit zehn Tage ex vivo IL-2 (1000 U/ml) stimulierten Spender-NK-Zellen (NK DLI(IL-2 stim), 9 Patienten) an den Tagen (+3), +40 und +100 nach haploidenter SZT behandelt. Bisher gibt es kaum Daten über den Verbleib der transfundierten Zellen und den Einfluss der NK-DLI Immuntherapie auf sowohl zelluläre als auch humorale Komponenten des Immunsystems der Patienten. Da die Patienten zudem nach haploidenter SZT zur GvHD-Prophylaxe das immunsuppressive Medikament Mycophenolat-Mofetil (MMF) erhalten, sind Untersuchungen zum Einfluss von MMF auf die Funktionalität der Spender-NK-Zellen von großem Interesse. In der vorliegenden Arbeit wurde mit Hilfe eines studienbegleitenden, nichtinvasiven in vivo Immunmonitorings erstmalig ein unterschiedlicher Einfluss von NK-DLI(unstim) im Vergleich zu NK-DLI(IL-2 stim) auf zelluläre Bestandteile und auf die Zytokin/Chemokin-Spiegel des peripheren Blutes der Patienten vor und 10 min, 1 h, 4 h und 24 h nach der Zelltherapie beschrieben. Mittels durchflusszytometrischen single platform Analysen konnten sowohl Spender-NK-Zellen als auch patienteneigene NK-Zellen phänotypisch und funktionell charakterisiert und unterschieden werden. So wurden neben einer gesteigerten zytotoxischen Aktivität IL-2 stimulierter NK-Zellen auch Unterschiede hinsichtlich der Expression des Oberflächenmoleküls CD56, des Aktivierungsmarkers CD69, des Natürlichen Zytotoxizitäts-Rezeptors (NCR) NKp44 und des Lymphknoten Homing Moleküls CD62L beobachtet. Des Weiteren führte die Applikation von NK-DLI(IL-2 stim) zu einer signifikanten Zellmigration in der peripheren Blutzirkulation der Patienten. Während sich die Zahl der neutrophilen Granulozyten innerhalb von 4 h im peripheren Blut vervierfachte wurde unmittelbar 10 min nach NK-DLI(IL-2 stim) ein massiver Zellverlust von eosinophilen Granulozyten, Monozyten, dendritischen Zellen und vor allem der NK-Zellen beobachtet. Eine ausgeprägtere Reduktion der immunregulatorischen CD56(bright)CD16(dim/-) NK-Zellen hatte zudem eine Verschiebung in der prozentualen Verteilung der NK-Zell-Subpopulationen zur Folge. In den folgenden 24 h normalisierten sich alle Zellzahlen wieder zu den Werten vor NK-DLI. Anhand der beschriebenen phänotypischen Unterscheidungsmerkmale konnte gezeigt werden, dass dabei nur patienteneigene NK-Zellen in die periphere Blutbahn zurückkehrten. Die Zellmigration war zudem in vivo von einem signifikanten Anstieg der proinflammatorisch- und chemotaktisch-wirkenden Zytokine/Chemokine IL-2, IL-6, IL-8, IFN-γ, MCP-1 und MIP-1β im peripheren Blut der Patienten 10 min nach NK-DLI(IL-2 stim) Applikation begleitet. Die Applikationen von NK-DLI(unstim) zeigten im Gegensatz dazu keine vergleichbaren Effekte. Ein weiteres Ziel dieser Arbeit war herauszufinden, ob eine Therapie mit dem Immunsuppressivum MMF nach haploidenter SZT die Funktionalität dieser hochaktivierten Spender-NK-Zellen beeinträchtigt und somit die Effektivität der Immuntherapie gefährdet. Es konnten Einschränkungen in der ex vivo Funktionalität der NK-Zellen durch therapeutisch relevante Konzentrationen (1 bis 10 µM) des aktiven Metaboliten Mycophenolsäure (MPA) gezeigt werden. Die MPA-Inkubation führte zu einer dosisabhängigen aber reversiblen Inhibition der IL-2 bedingten ex vivo NK-Zell-Proliferation. Auch die während des ex vivo Expansionsprozesses induzierte Zytokin/Chemokin-Sekretion wurde signifikant gehemmt. Eine 24-stündige MPA-Inkubation der IL-2 stimulierten NK-Zellen führte zudem zu einer eingeschränkten Mobilität der NK-Zellen. Dies korrelierte mit einer signifikant reduzierten zytotoxischen Aktivität gegen K-562 Tumorzellen, was jedoch nicht mit einer Oberflächenreduktion der NCRs und des NKG2D Rezeptors assoziiert war. Auch die durch die IL-2 Stimulation verursachte Hochregulierung der in Aktivierung und Migration involvierten Oberflächenmoleküle CD25, LFA-1, ICAM-1, CCR5, CXCR7, DNAM-1 und CD62L wurde durch MPA inhibiert. Im Gegensatz dazu hatte eine 24-stündige oder 4-tägige MPA-Behandlung bereits vorstimulierter NK-Zellen keinen Einfluss. Zudem konnte im Rahmen dieser Arbeit erstmalig gezeigt werden, dass die IL-2 induzierte intrazelluläre Signaltransduktion durch MPA beeinflusst wird. Dies äußerte sich in einer partiell bis vollständig inhibierten Phosphorylierung zentraler Signalmoleküle wie STAT-3, -4 und -5, der MAP-Kinase ERK1/2 und der Proteinkinase AKT. Dadurch wurden die durch IL-2 geförderten Zellprozesse wie das Überleben, die Proliferation und die zytotoxische Aktivität der NK-Zellen drastisch gehemmt. Dies steht vermutlich im Zusammenhang mit einer reduzierten Expression der IL-2R Untereinheit (CD25), wodurch die Ausbildung des hochaffinen IL-2-Rezeptors auf der Zelloberfläche verhindert wurde. Demzufolge scheint die eingeschränkte NK-Zell-Effektorfunktion Ursache einer durch MPA gestörten IL-2 Signaltransduktion zu sein. Zusammenfassend scheinen NK-DLI(IL-2 stim) durch die gesteigerte Zytotoxizität, die geringere Sensitivität gegenüber der MPA-Exposition sowie durch die mutmaßliche Extravasation der stimulierten NK-Zellen aus der peripheren Blutbahn einen Vorteil gegenüber NK-DLI(unstim) zu haben. Ob dies auch in einer Steigerung der Effektivität der Immuntherapie resultiert und damit die Prognose der Patienten verbessert werden kann, werden jedoch erst zukünftige Studien mit größeren Patientenkohorten abschließend zeigen können.
Die in dieser Arbeit durchgeführten Untersuchungen an GXG Modellpeptiden konnten eindeutig zeigen, dass diese Peptide, auch ohne das Vorhandensein von langreichweitigen Wechselwirkungen, bestimmte Sekundärstrukturen präferieren. Ein Teil der beobachteten, auftretenden Strukturmotive lässt sich hierbei über den sterischen Anspruch der Seitenkette erklären, ein anderer Teil über die Ladung der Seitenkette. In Kombination mit anderen Spektroskopischen Methoden konnten zehn dieser Peptide genauestens untersucht werden. Hierbei zeigte sich, dass diese Peptide nicht nur die favorisierten Regionen des Ramachandran-Diagramms besetzen. Ein Vergleich mit dem Vorkommen bestimmter Aminosäuren, beispielsweise in loop Regionen von Proteinen, zeigt dass die Sequenz dieser loops nicht zufällig ist. Tatsächlich besitzt ein Teil der Aminosäuren, die besonders häufig an bestimmten loop Positionen vorkommen, bereits die intrinsische Vorliebe, die notwendige Konformation einzunehmen. Diese Aminosäuren und die umgebenden loops sind somit eventuell nicht nur das simple Verbindungsglied zwischen zwei Sekundärstrukturen, sondern kommen selbst als Ausgangspunkte für Peptid- bzw. Proteinfaltung in Frage.
Ein weiteres Augenmerk der Arbeit lag auf der Messung von skalaren und dipolaren Kopplungen an isotopenmarkierter RNA. Es wurden vier Pulssequenzen entwickelt, die es ermöglichen, 1J skalare bzw. dipolare Kopplungen in der Zuckerregion von 13C- markierter RNA mit hoher Präzision zu messen. Die entwickelten J-modulierten Experimente ermöglichen die Messung von 1J(H2’C2’), 1J(C1’C2’) sowie 1J(C2’C3’) Kopplungen selbst für größere RNA Moleküle. Die Detektion erfolgt hierbei auf den C1’H1’ Signalen, die Zuordnung der Kerne, deren Kopplung gemessen wird, ist nicht einmal erforderlich. Die Anwendbarkeit konnte für verschiedene Systeme mit 14 bis 70 Nukleotiden demonstriert werden. Die erreichte Präzision ermöglichte es außerdem auch sehr kleine Effekte, wie beispielsweise die Ausrichtung von RNA im Magnetfeld zu detektieren.
Diese Arbeit zeigt außerdem zwei Beispiele für die gezielte Modifikation, um Lanthanid Bindungsstellen einführen zu können. Auf chemischen und biochemischen Weg konnte isotopenmarkierte, in vitro transkribierte RNA modifiziert werden. Die Ergebnisse zeigen eindeutig eine Bindung von Lanthanid-Ionen an die modifizierte RNA. Die auftretenden, eher kleinen Effekte, sind vermutlich auf die noch zu hohe Flexibilität der eingeführten Modifikationen. Vor allem bei der chemischen Modifikation besteht hier noch Potential zur Optimierung, nachdem die generelle Anwendbarkeit der Methode demonstriert wurde.
Der letzte Teil der Arbeit beschäftigt sich mit der Analyse von Kopplungsmustern zur Analyse und zum Vergleichen von Naturstoffen. Hier konnten aus einer Reihe von Derivaten eindeutig die identifiziert werden, die verglichen mit der Ausgangsstruktur, die gleiche Konformation besitzen. Die gewonnenen Ergebnisse decken sich hier mit durchgeführten biologischen Tests, die ebenfalls dasselbe Derivat als aktiv identifizieren konnten, was klar für eine Struktur-Aktivitäts-Beziehung spricht.
In der vorliegenden Arbeit werden Methoden und Anwendungen gezeigt, um skalare und dipolare Kopplungen im Bereich von Peptiden, Nukleinsäuren und kleinen Molekülen zu nutzen. Die durchgeführten Arbeiten reichen dabei von der speziellen Probenpräparation zur Messung von dipolaren Kopplungen bis hin zur Entwicklung neuer NMR-spektroskopischer Methoden zur Messung von Kopplungen mit höherer Präzision und an größeren Systemen als bisher.
Die Makrophytenvegetation eines stillgelegten Kanalabschnittes ("Alte Fahrt") bei Senden in Westfalen hat sich seit Beginn der 90er Jahre drastisch verändert. Aus einem typischen Potamogetonetum lucentis sind Reinbestände von Myriophyllum spicatum geworden, denen stellenweise Ceratophyllum demersum beigemischt ist. Die Ursachen für diese gravierenden Vegetationsveränderungen sind nicht klar. Da es sich um einen der bedeutendsten westfälischen Standorte des Potamogetonetum lucentis, einer in Nordrhein-Westfalen stark gefährdeten Pflanzengesellschaft, handelte, sind weiterführende Untersuchungen und Versuche zur Wiederansiedlung zu fordern.
Die Untersuchung von RNA mittels NMR-Spektroskopie hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, weil die Zahl der neu entdeckten RNA-Funktionen, wie z.B. RNA-Schalter in Bakterien, stark gestiegen ist. Ziel dieser Arbeit war es, mithilfe der NMR-Spektroskopie einen Beitrag zum besseren Verständnis der biochemischen Prozesse, in die RNA-Moleküle involviert sein können, zu leisten.
Im ersten Teil dieser Arbeit (Kapitel 2, 3 und 4) werden zum einen die Entwicklung neuer Methoden für die RNA-Strukturbestimmung vorgestellt und zum anderen die Leistungsfähigkeit der modernen NMR-spektroskopischen Strukturaufklärung demonstriert.
Im zweiten Teil dieser Arbeit (Kapitel 5) wird die NMR-Spektroskopie zur Untersuchung der RNA-Schalter-Funktion eingesetzt. Die biologische Funktion von RNA oder Proteinen setzt oftmals eine dynamische Struktur voraus und involviert Konformationsänderungen infolge biochemischer Signalweiterleitung. Für die Charakterisierung solcher Prozesse eignet sich die NMR-Spektroskopie insbesondere gut, weil sie in Lösung unter verschiedenen Reaktionsbedingungen angewandt wer-den kann. Durch den direkten NMR-spektroskopischen Nachweis von Basenpaarungen können wichtige strukturelle Eigenschaften (Faltung, Strukturhomogenität und Dynamik) entschlüsselt und in einen Zusammenhang mit der Funktion gebracht werden.
Im Folgenden werden die einzelnen Kapitel vorgestellt.
Nachdem das erste Kapitel eine allgemeine Einleitung in die NMR-Spektroskopie, RNA-Struktur und Funktion der RNA-Schalter darstellt, folgt im Kapitel 2 die Einführung einer neuen Methode, die eine quantitative Bestimmung der Torsionswinkel alpha und zeta in RNA/DNA mittels NMR-Spektroskopie ermöglicht (Abb. 1). Sie basiert auf der Wechselwirkung zwischen dem CH-Dipol und der 31P-CSA, die von der relativen Orientierung abhängig ist. Die Methode wurde für die CH- und CH2-Gruppen in Form von zwei Pulssequenzen (2D- und 3D-G-HCP) zur Messung von insgesamt fünf kreuz-korrelierten Relaxationsraten entlang des RNA/DNA-Rückgrats optimiert. Die Funktionsfähigkeit der Methode wurde zunächst an der 14mer cUUCGg-Tetraloop RNA getestet und zur Bestimmung der Torsionswinkel alpha und zeta genutzt. Die Ergebnisse flossen in die Strukturrechnung der 14mer RNA, die im Kapitel 3 vorgestellt wird, mit ein. Des Weiteren gelang es die Anwendbarkeit der Experimente an einer größeren 27mer RNA zu demonstrieren. Die neue Methode ist deswegen von Bedeutung, weil die Winkel alpha und zeta nicht über 3J-Kopplungskonstanten gemessen werden können.
(Nozinovic, S., Richter, C., Rinnenthal, J., Fürtig, B., Duchardt-Ferner, E., Weigand, J. E., Schwalbe, H. (2010), J. Am. Chem. Soc. 132, 10318-10329.)
Im Kapitel 3 wird die NMR-spektroskopische Bestimmung der Struktur einer Model-RNA, der 14mer cUUCGg-Tetraloop RNA, vorgestellt. Die Strukturrechung wurde mit verschiedenen NMR-Datensätzen, die in der Arbeitsgruppe einschließlich dieser Doktorarbeit gesammelt wurden, durchgeführt. Zusammen mit den Ergebnissen aus dem Kapitel 2 konnte eine sehr präzise Struktur mit einem RMSD von 0,37 Å (20 Strukturen) in sehr guter Übereinstimmung mit experimentellen Daten ermittelt werden. Die gerechnete Struktur repräsentiert eine der gegenwärtig genauesten und umfassendsten Strukturbestimmungen einer RNA, bei der jeder Torsionswinkel quantitativ bestimmt wurde. Einen besonderen Höhepunkt stellt die strukturelle Analyse der 2’OH-Gruppen dar, die im anschließenden Kapitel 4 weiter vertieft wurde.
(Nozinovic, S., Fürtig, B., Jonker, H. R. A., Richter, C., Schwalbe, H. (2010), Nucleic Acids Res. 38, 683-694)
Über Jahre war bekannt, dass die Größe der 1J(C1’,H1’)- und 1J(C2’,H2’)-Kopplungskonstanten innerhalb der Ribonukleotide von der lokalen Struktur des Zuckers und der Orientierung der Nukleobase beeinflusst wird. In dieser Arbeit (Kapitel 4) wurde zum ersten Mal ein systematischer Vergleich zwischen NMR-Messungen und DFT-Rechnungen durchgeführt, der eine eindeutige Zuordnung der Hauptkonformationen des Zuckers (C3’- oder C2’-endo) und der Nukleobase (anti oder syn) anhand der 1J(C,H)-Kopplungskonstanten erlaubt. Die beschriebene Methode wurde an einer größeren 27mer RNA erfolgreich erprobt. Weiterhin wurde erstmalig entdeckt, dass zudem die Orientierung der 2’OH-Gruppe einen signifikanten Einfluss auf die 1J(C,H)-Kopplungen hat (Abb. 3). Mithilfe von NMR-Messungen und DFT-Rechnungen konnte aus 1J(C,H)-Kopplungskonstanten die Orientierung von allen 2’OH-Gruppen in der 14mer cUUCGg-Tetraloop RNA bestimmt werden. Die Methode hat den großen Vorteil, dass 2’OH-Gruppen, die aufgrund des schnellen Austauschs mit Wasser oder D2O keine NMR-Signale liefern, analysiert werden kön-nen.
(Nozinovic, S., Gupta, P., Fürtig, B., Richter, C., Tüllmann, S., Duchardt-Ferner, E., Holthausen, M. C., Schwalbe, H. (2011), Angew. Chem. Int. Ed. 50, 5397-5400)
Im Kapitel 5 wird eine NMR-spektroskopische Untersuchung an der Aptamerdomäne des Adenin-bindenden RNA-Schalters (pbuE) vorgestellt. Im Fokus der Forschung stand die Frage: Welchen Einfluss hat die Länge der P1-Helix auf die Struktur und die Ligandbindung der freien Aptamer-domäne?
Durch den Vergleich von zwei Konstrukten mit unterschiedlich langer P1-Helix war es möglich, intrinsische Scherkräfte, die durch die Ausbildung der P1-Helix in der freien Aptamerdomäne entstehen, festzustellen. Es hat sich im Konstrukt mit der verlängerten P1-Helix gezeigt, dass diese zur Destabilisierung der P3-Helix und des Schlaufenkontakts führen. Diese strukturellen Änderungen haben außerdem zur Folge, dass die Bindungsstärke des Liganden reduziert wird. Die Ergebnisse zeigen, dass ein strukturelles Gleichgewicht zwischen Sekundärstrukturelementen die tertiäre Faltung beeinflusst und die Funktion moduliert.
(Nozinovic, S., Reining, A., Noeske, J., Wöhnert, J., Schwalbe, H. (2011), in Vorbereitung)
Die nicht-konventionelle Hefe P. ciferrii produziert große Mengen der tetra-acetylierten Sphingoidbase Phytosphingosin (TAPS). Sphingoidbasen sind essentielle Komponenten des stratum corneums, der multilamellaren Barriere der menschlichen Haut, und daher in der Kosmetik-Industrie von großem Interesse. Im Rahmen dieser Arbeit sollte die biotechnologische Produktion der Sphingoidbasen Phytosphingosin, Sphinganin und Sphingosin auf molekularbiologischer Ebene in P. ciferrii charakterisiert und optimiert werden. Die Hefe P. ciferrii konnte durch Etablierung einer einfachen und hoch-effizienten Transformations-Methode auf genetischer Ebene leicht zugänglich gemacht werden. Durch Inaktivierung des für NHEJ essentiellen PcLIG4 Gens konnte die Effizienz zielgerichteter genomischer Integrationen von transformierten DNA-Konstrukten von 1 % auf 87 % erhöht werden. Die Etablierung des Cre-loxP Systems erlaubte das mehrfache Verwenden eines Selektions-Markers wodurch sukzessiv mehrere genomische Integrationen in einem Stamm ermöglicht wurden. Durch diese Errungenschaften konnte das Ziel „Optimierung der Sphingoidbasen-Produktion der nicht-konventionellen Hefe P. ciferrii“ im Folgenden erfolgreich verfolgt werden. Der initiale Schritt der Sphingoidbasen-Biosynthese ist die von der Serin-Palmitoyl-Transferase katalysierte Kondensation von L-Serin und Palmitoyl-CoA. Durch die Deletion von Genen, die am L-Serin-Katabolismus von P. ciferrii beteiligt sind (PcSHM1, PcSHM2und PcCHA1), konnte die de novo Sphingoidbasen-Biosynthese optimiert werden und führte in einem lig4? Stamm zu einer etwa dreifachen Erhöhung der TAPS-Produktion. Weitere Ansätze den (vermutlich durch L-Serin feed back regulierten) L-Serin-Biosyntheseweg bzw. die in vivo L-Serin-Verfügbarkeit zu optimieren, führten nicht zu einer gesteigerten TAPS-Produktion. Durch weitere Deletion und Überexpression von Genen des Sphingolipid-Stoffwechsels konnte die TAPS-Produktion jedoch um ein Vielfaches verbessert werden. So konnte ein Stamm konstruiert werden, der die Gene PcLCB1, PcLCB2 und PcSYR2 überexprimiert und Deletionen der Gene PcSHM1, PcSHM2, PcCHA1, PcLCB4 und PcORM12 trägt. Dieser Stamm (CSS.L4.O.L2.L1.S2) wies eine mehr als fünffach erhöhte maximale spezifische TAPS-Produktbildungsrate (q Pmax ) auf und produzierte mit 2 g * L rund siebenmal mehr TAPS als der lig4? Ausgangsstamm, weshalb ein Einsatz dieses Stammes für die industrielle TAPS-Produktion denkbar wäre. Ausgehend von einem für die TAPS- (und somit Sphingoidbasen-) Produktion optimierten Stamm sollten Stämme mit optimierter TriASa- oder TriASo-Produktion für industrielle Zwecke generiert werden. Es stellte sich allerding heraus, dass erhöhte Mengen dieser Sphingoidbasen wahrscheinlich wachstumshemmend für P. ciferrii sind, weshalb eine weitere Produktions-Optimierung nicht ohne Weiteres möglich ist. In einem Laborstamm gelang es jedoch, durch Konstruktion und anschließende Transformation eines optimierten integrativen Plasmids (trägt die Gene, die für die Produktion von Sphingosin bzw. TriASo nötig sind) eine TriASo-Produktion von bis zu 30 mg * g (BTM) zu erzielen, wobei gleichzeitig die Bildung des Nebenprodukts TriASa auf weniger als 4 mg * g (BTM)reduziert wurde. Weiterhin konnte durch Deletion von PcSCS7 in einem TriASo-Produktionsstamm die TriASa-Produktion mehr als vierfach reduziert werden. Die Bildung eines weiteren von P. ciferrii gebildeten Nebenproduktes [Tri-Acetyl-Sphingadienin (TriASd)] konnte durch Deletion des PcSLD1 Gens unterbunden werden. Nach Inaktivierung von PcSCH9 konnte eine fast 20 %ige Verbesserung der TriASo-Produktion erreicht werden. Es konnten zwei putative Acetyl-Transferasen identifiziert werden (PcAft2 und PcSli1), die an der Acetylierung von Phytosphingosin (zu TAPS), Sphinganin (zu TriASa) und Sphingosin (zu TriASo) beteiligt sind. Die Aufklärung und Optimierung dieser von PcAtf2 und PcSli1 katalysierten Schritte sind vielversprechende Ansatzpunkte die Sphingoidbasen-Produktion in P. ciferrii weiter zu optimieren.
Im Rahmen dieser Arbeit wurden Epoxyeicosatriensäuren (EETs) hinsichtlich ihrer Beteiligung an der Verarbeitung nozizeptiver Information untersucht. Im ersten Teil der Arbeit lag der Fokus auf der löslichen Epoxidhydrolase (sEH) und der drei von ihr metabolisierten EETs, 8,9-, 11,12-, und 14,15-EET. Dabei stellte sich heraus, dass sEH-defiziente Mäuse eine verlängerte mechanische Hyperalgesie bei zymosan-induziertem pathophysiologischen Nozizeptorschmerz aufwiesen. Anhand von Lipidmessungen mittels LC-MS/MS konnte gezeigt werden, dass zum Zeitpunkt des stärksten Schmerzempfindens (48 Stunden nach Zymosan-Injektion) vorwiegend 8,9-EET in den Dorsalwurzelganglien der sEH-defizienten Mäuse akkumuliert. Zudem wurde anhand von Calcium-Imaging-Versuchen gezeigt, dass 8,9-EET Calcium-Einströme in primär afferenten Neuronen von Wildtyp-Mäusen hervorruft, und eine Stimulation von Ischiasnerven mit 8,9-EET zu erhöhter Freisetzung des pronozizeptiven Peptids CGRP führt. Schließlich konnte gezeigt werden, dass Wildtyp-Mäuse nach intraplantarer 8,9-EET-Injektion eine geringere mechanische Schmerzschwelle aufweisen. Die Resultate dieses Teils der Arbeit weisen darauf hin, dass die lösliche Epoxidhydrolase (sEH) eine wichtige Rolle in der späten Phase des pathophy-siologischen Nozizeptorschmerzes spielt, indem sie 8,9-EET zu seinem bioinaktiven Metaboliten 8,9-DHET umsetzt. Im zweiten Teil der Arbeit wurde 5,6-EET gesondert untersucht, da es nicht durch sEH metabolisiert wird. Dabei wurde beobachtet, dass 5,6-EET bei akutem Schmerz in DRGs freigesetzt wird. In Calcium-Imaging-Versuchen mit DRG-Neuronen aus Wildtyp- TRPV4- und TRPA1-defizienten Mäusen sowie transfizierten Zelllinien zeigte sich, dass schon geringe Konzentrationen an 5,6-EET den TRPA1- (transient receptor potetntial ankyrin 1-) Kanal aktivieren (EC50 193 nM) und den TRPV1-Kanal sensibilisieren können. Auch die CGRP-Freisetzung am Ischiasnerv ist nach 5,6-EET-Stimulation signifikant erhöht. Zudem konnte beobachtet werden dass eine periphere Injektion von 5,6-EET zu akuter mechanischer Hyperalgesie in Wildtyp-, aber nicht in TRPA1-defizienten Mäusen führt. Die Resultate dieses Teils der Arbeit weisen 5,6-EET als bisher potentesten endogenen TRPA1-Aktivator aus, und implizieren eine wichtige Rolle dieses Lipids beim Übergang von physiologischem zu pathophysiologischem Nozizeptorschmerz und zu neruogener Inflammation. Darüber hinaus leisten die Resultate einen Beitrag zum grundlegenden Verständnis endogener TRP-Kanal-Aktivatoren bei der Schmerzwahrnehmung.
Einfluss des Transkriptionsfaktors Tal1 auf die Osteoklastogenese durch Regulation von DC-STAMP
(2012)
Das menschliche Knochengewebe unterliegt einem ständigen Auf- und Abbau. Der Knochenumbau, die so genannte Knochenremodellierung, findet stetig statt und etwa 10 % des gesamten Knochengewebes werden innerhalb eines Jahres erneuert (Lerner UH, 2006). Während der Knochenremodellierung befindet sich die Zellaktivität der Knochenaufbauenden Osteoblasten und der Knochen-abbauenden Osteoklasten in einem empfindlichen Gleichgewicht (Karsenty G und Wagner EF, 2002; Teitelbaum SL, 2000).
Durch Störung des Gleichgewichts zwischen Osteoblasten und Osteoklasten kann es zu Knochen-assoziierten Krankheiten wie Osteoporose oder Osteopetrose kommen (Helfrich MH, 2003; Sambrook P und Cooper C, 2006). Osteoklasten sind multinukleäre Zellen, die in der Lage sind die Knochenmatrix zu resorbieren (Teitelbaum SL, 2000). Sie entstehen aus pluripotenten, hämatopoetischen Stammzellen durch Differenzierung und Zellfusion von Monozyten/Makrophagen-Vorläuferzellen (Menaa C et al., 2000, Yavropoulou MP und Yovos JG, 2008). Die Osteoklasten-Differenzierung wird hauptsächlich durch die Zytokine M-CSF (macrophage colony stimulating factor) und RANKL (receptor activator of nuclear factor k b ligand) induziert. Sie initiieren ein spezifisches Expressionsmuster Osteoklasten-spezifischer Gene und aktivieren die Zellfusion in Osteoklasten-Vorläuferzellen zur Bildung reifer Osteoklasten (Boyle WJ et al., 2003; Asagiri M und Takayanagi H, 2007). Die RANKL-vermittelte Induktion der Osteoklastogenese beruht auf der Initiierung eines streng regulierten Netzwerks aus Transkriptionsfaktoren (Yang X und Karsenty G, 2002). Einige Transkriptionsfaktoren, die während der Osteoklasten-Differenzierung induziert und exprimiert werden, sind nicht auf Osteoklasten beschränkt. Sie erfüllen auch Aufgaben in anderen hämatopoetischen Differenzierungsprozessen (Engel I und Murre C et al., 1999), so dass vermutlich die Kombination der Transkriptionsfaktoren entscheidend für die Osteoklastogenese ist.
Der basic helix-loop-helix-Transkriptionsfaktor Tal1 (T-cell acute lymphocytic leukemia 1, auch Scl1, stem cell leukemia 1) ist ein entscheidender Faktor in der primitiven und der definitiven Hämatopoese (Bloor AJ et al., 2002; Shivdasani RA et al., 1996). Die Expression von Tal1 konnte bisher in verschiedenen hämatopoetischen Zelllinien gezeigt werden, u.a. in monozytischen Zellen (Elefanty AG et al., 1998; Green AR et al., 1992; Pulford K et al., 1995; Dey S et al., 2010).
In der vorliegenden Arbeit wurde der Einfluss des Transkriptionsfaktors Tal1 in Monozyten und reifen Osteoklasten, vor allem in Bezug auf genregulatorische Prozesse während der Osteoklasten-Differenzierung, untersucht. Der Transkriptionsfaktor Tal1 wird in vitro und in vivo in Osteoklasten-Vorläuferzellen und reifen Osteoklasten exprimiert. Die Proteinexpression von Tal1 wird durch die Inkubation der Zellen mit RANKL induziert, jedoch wurde dies in Bezug auf die mRNA-Expression von Tal1 nicht beobachtet, so dass vermutlich eine posttranskriptionelle Regulation von Tal1 vorliegt.
Die Überexpression von Tal1 sorgte für eine Blockade der Differenzierung von Osteoklasten-Vorläuferzellen in reife Osteoklasten. Der Verlust von Tal1 in primären Monozyten/Makrophagen-Zellen führte zur veränderten Expression von über 1200 Genen, wobei jeweils etwa 600 Gene herauf- bzw. herabreguliert waren. Dies verdeutlicht, dass Tal1 sowohl an der Aktivierung als auch an der Reprimierung der Genexpression in Osteoklasten-Vorläuferzellen beteiligt ist. Die Liste der herabregulierten Gene beinhaltete u.a. das Osteoklasten-spezifische Enzym Acp5 (auch TRAP, tartrate resistant acid phosphatase), die Liste der herauf regulierten Gene beinhaltete u.a. DC-STAMP (dendritic cell specific transmembrane protein) und ATP6V0D2 (d2 isoform of vascuolar ATPase V0 domain), beide werden im Zusammenhang mit der Zellfusion während der Osteoklasten-Differenzierung beschrieben (Kim K et al., 2008; Kim T et al., 2010; Yagi M et al., 2005). Der Promotor von DC-STAMP beinhaltet mehrere potentielle Bindestellen für Tal1 und Osteoklastenspezifische Transkriptionsfaktoren. Es konnte gezeigt werden, dass Tal1, PU.1 und MITF im Bereich um 343 bp vor dem Transkriptionsstartpunkt des DC-STAMP-Promotors binden und dass Tal1 mit den Osteoklasten-spezifischen Transkriptionsfaktoren PU.1 und MITF interagiert. Der inhibitorische Effekt von Tal1 auf die Osteoklasten-Differenzierung kommt durch die Reprimierung der Aktivität der Osteoklasten-spezifischen Transkriptionsfaktoren PU.1 und MITF auf dem DC-STAMP-Promotor in Osteoklasten-Vorläuferzellen zustande. Während der Osteoklastogenese kommt es zu einer verringerten Tal1-Bindung auf dem DCSTAMP-Promotor, wodurch die Tal1-vermittelte Inhibierung der Expression aufgehoben wird.
Die Bindung von PU.1 und MITF auf dem Promotor von DC-STAMP nimmt während der Osteoklasten-Differenzierung zu. Die Expression von DC-STAMP wird im Verlauf der Osteoklastogenese induziert, wodurch es zur Zell-Zell-Fusion kommt.
Die Analyse des transkriptionellen Netzwerks, das die Fusion mononukleärer Zellen in reife Osteoklasten reguliert, vertieft das molekulare Verständnis der Osteoklasten-Differenzierung und kann zur Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze beitragen, die in der Behandlung von Osteoporose, Riesenzelltumoren und anderen Osteoklastenassoziierten Krankheiten verwendet werden können.
Die 5-Lipoxygenase ist das Schlüsselenzym der Bildung proentzündlicher Leukotriene. Diese Mediatoren sind assoziiert mit Erkrankungen des entzündlichen Formenkreises wie beispielsweise Arteriosklerose [6]. Durch die Veröffentlichungen von Qiu et. al. [248] und Gredmark-Russ et. al. [650] konnte gezeigt werden, dass die Infektion mit humanen Cytomegalovirus in vitro und in vivo zur Induktion der 5-LO in HPASMCs und SMCs (smooth muscle cells) führt. HCMV ist ein ß-Herpesvirus, welches nach einer zumeist asymptomatischen Primärinfektion, dauerhaft im Wirt persisiert und bei Schwächung des Immunsystems oder entzündliche Prozessen reaktiviert werden kann [256]. Geht das Virus in die lytische Replikationsphase über, werden Entzündungsprozesse gefördert, die zur Ausprägung von Krankheitsbildern wie Retinitis, rheumatoider Arthritis oder auch Psoriasis führen. Es besteht demnach ein Zusammenhang zwischen der aktiven HCMV-Infektion und Erkrankungen des entzündlichen Formenkreises, welche unter anderem durch die Induktion der 5-LO vermittelt wurden.
Ziel der Arbeit war es, den molekularen Mechanismus der viral induzierten 5-LO-Promotoraktivierung aufzuklären. Dazu wurde zunächst überprüft, ob die Infektion mit HCMV in HFF, einer Zelllinie die äußerst permissiv für die Infektion ist und daher zumeist als Testsystem für HCMV herangezogen wird, eine verstärkte 5-LO-Expression hervorruft, oder ob es sich um einen zelltypspezifischen Effekt der smooth muscle cells handelt. Es konnte gezeigt werden, dass es nach Infektion zu einer verstärkten Promotoraktivierung, mRNS- sowie Proteinexpression der 5-LO kam (Abb. 19, 23, 24). Weitere Untersuchungen charakterisierten, welches virale Protein die Effektvermittlung bedingte. Aufgrund der sequentiellen Genexpression des Virus unterscheidet man nach Zeitpunkt der Expression in Immediate Early, Early und Late Proteine, wobei letztere erst nach Replikation des viralen Genoms exprimiert werden. Der Zusatz von Foscavir als Replikationsinhibitor verdeutlichte, dass ein Immediate Early oder Early Protein die Induktion hervorruft (Abb. 16). Reportergenassay-Experimente unter Überexpression einzelner viraler Proteine zeigten, dass Immediate Early 1 essentiell an der Erhöhung der 5-LO-Promotoraktivität beteiligt ist (Abb. 18). Weitergehende Versuche unter Verwendung des IE1-Deletionsvirus CR208 bestätigten, dass die Induktion der 5-LO-Promotoraktivität sowie der mRNS-Expression durch dieses virale Protein vermittelt wird (Abb. 18, 20-22). Auf Proteinebene konnte ebenfalls nach IE1-Überexpression beziehungsweise nach Infektion mit HCMV eine erhöhte 5-LO-Expression detektiert werden (Abb. 23 und 24). Aktivitätsuntersuchungen, bei denen die Konzentration der 5-LO-Produkte LTB4 und 5-HETE gemessen wurden, bestätigten, dass das Enzym funktionsfähig ist (Abb. 25). Nach Infektion mit HCMV kommt es demnach zur IE1-vermittelten Induktion der 5-LO auf mRNS- und Proteinebene sowie nachgeordnet zur verstärkten Produktion von inflammatorischen Leukotrienen, die an der Ausbildung der entzündlichen Symptomatik einer lytischen Infektion beteiligt sind.
Immediate Early 1 ist ein potenter Transaktivator, der sowohl virale als auch zelluläre Promotorstrukturen aktivieren kann [387]. Funktionell wird dies reguliert über die Förderung der Transkriptionsfaktor-Expression, aber auch durch Beeinflussung histonmodifizierender Enzyme wie Histondeacetylasen [464]. Für den 5-LO-Promotor ist bekannt, dass dessen Aktivität über Bindung von Sp1, sowie durch HDAC-Inhibition beeinflusst werden kann [9, 171]. Diese beiden Regulationsmechanismen stellen demnach mögliche Verknüpfungspunkte in der viral induzierten Induktion des 5-LO-Promotors dar. Zunächst wurde die Expression von Transkriptionsfaktoren, welche charakterisierte Bindungsstellen im 5-LO-Promotor besitzen, nach IE1-Überexpression untersucht. Es zeigte sich, dass der zelluläre Sp1-mRNS-Spiegel durch IE1 80fach induziert werden kann (Abb. 27). Im Reportergenassay mit 5-LO-Promotordeletionskonstrukten, bei denen gezielt einzelne Sp1-Bindungsstellen, sogenannte GC-Boxen, mutiert wurden, konnte bestätigt werden, dass die IE1-vermittelte Induktion essentiell von Sp1-abhängt, da die Mutation der GC4-Box die Aktivierung nahezu komplett inhibiert (Abb. 30, 31). Auch der Zusatz von Mithramycin, einem DNS-Interkalator, welcher die Bindung von Sp1 an die DNS unterdrückt, ist in der Lage die Induktion abzuschwächen (Abb. 33) [651]. Um die direkte Sp1-Bindung an den 5-LO-Promotor nachzuweisen wurden sowohl EMSA- als auch ChIP-Experimente durchgeführt. Es zeigte sich, dass in vitro und in vivo die Sp1-Bindung an den proximalen 5-LO-Promotor nach IE1-Überexpression beziehungsweise nach Infektion zunimmt (Abb. 49, 50). Interessanterweise wird dieser Effekt nicht durch Immediate Early 2, einer Spleißvariante von IE1, welche eine große strukturelle Ähnlichkeit aufweist, hervorgerufen. Da Veröffentlichungen gezeigt haben, dass beide Immediate Early Proteine in der Lage sind, Sp1 auf mRNS-Level zu induzieren, muss ein weiterer regulatorischer Mechanismus in die Sp1-Promotorbindung involviert sein [410]. In Co-Immunopräzipitations Versuchen zeigten beide IEPs eine Interaktion mit Sp1 (Abb. 38), wonach der Unterschied in der transaktivierenden Fähigkeit des 5-LO-Promotors nicht durch Protein-Protein-Bindung mit Sp1 bedingt wird. Strukturell unterscheiden sich die beiden Proteine in ihrer carboxyterminalen Sequenz. Für IE1 ist hier eine intrinsische Kinaseaktivität beschrieben, die zur Autophosphorylierung, aber auch zur Phosphorylierung von Bindungsproteinen führen kann. Western Blot Analysen auf den zellulären phospho-Sp1-Gehalt nach viraler Überexpression konnten zeigen, dass IE1, nicht aber IE2 die posttranslationale Modifikation des Transkriptionsfaktors fördert (Abb. 39). Auch die Testung viraler Deletionsmutanten, denen einzelne Exons beziehungsweise die ATP-Bindungsstelle der Kinasedomäne fehlen, bestätigten die Schlüsselfunktion dieses Strukturelements (Abb. 37). Ob es sich um eine direkte oder indirekte Phosphorylierung von Sp1 durch IE1 handelt wurde durch in vitro Kinase-Assays und die Testung unterschiedlicher Proteinkinase-Inhibitoren bestimmt (Abb. 40, 42, 45). Obwohl die beiden Proteine miteinander interagieren können, kam es nicht zu einer direkten Phosphorylierung, sondern zelluläre Kinasen wie Tyrosinkinasen und nachgeordnet die Mitglieder des MAPK-Signalweges sind in die Phosphorylierung von Sp1 involviert. Die finale Bestätigung der essentiellen Funktion von Sp1 in der IE1-vermittelten Aktivierung des 5-LO-Promotors lieferte ein Reportergenassay-Experiment mit Sp1-Knock-down Zellen, welche nach viraler Überexpression keine 5-LO-Promotoraktivität und mRNS-Expression mehr zeigten (Abb. 47, 48). Für die Vermittlung der IE1-induzierten 5-LO-Promotoraktivierung sind dessen transaktivatorische Fähigkeiten demnach essentiell, durch Erhöhung der Sp1-mRNS-Expression und nachfolgender Phosphorylierung wird die DNS-Bindung des Transkriptionsfaktors an die GC4-Box des 5-LO-Promotors erhöht und dieser damit transkriptionell aktiviert.
Neben der Regulation über verstärkte phospho-Sp1-Bindung an die GC4-Box Region muss die Induktion von 5-LO durch IE1 noch über weitere Interaktionen vermittelt werden, da die reine Sp1-Überexpression ohne IE1 keine Promotoraktivierung hervorrufen konnte (Abb. 34). Überprüft wurde daher die HDAC-inhibitorische Fähigkeit von IE1, da der 5-LO-Promotor über diese epigenetischen Mechanismen reguliert werden kann. Pull-down-Experimente zeigten zunächst eine Protein-Protein-Interaktion zwischen IE1 und HDAC1/2/3 (Abb. 51). Nachfolgend konnte in einem HDAC-Aktivitätsassay gezeigt werden, dass diese Interaktion die Enzymaktivität der HDACs drastisch reduziert (Abb. 52). Durch HDAC-Inhibition liegen Promotorstrukturen zunehmend acetyliert vor und sind damit transkriptionell aktiv. Für den funktionellen Nachweis auf den 5-LO-Promotor diente ein Reportergenassay-Experiment in dem IE1 und in steigenden Mengen HDAC überexprimiert wurde (Abb. 53). Die Überexpression von HDAC1 und HDAC3 konnten den aktivierenden Einfluss von IE1 auf den 5-LO-Promotor teilweise konzentrationsabhängig revertieren und scheinen damit an der Effektvermittlung beteiligt zu sein. Die Charakterisierung der HDAC-vermittelten 5-LO-Promotorregulation von Pufahl et. al. bestätigte durch Knock-down Experimente, dass HDAC3 entscheidenden Einfluss auf den 5-LO-Promotor hat [172]. HDAC1 dagegen reguliert über die verstärkte Deacetylierung von Sp1 dessen DNS-Bindungsaffinität. Eine Hemmung dieser beiden Histondeacetylasen durch das virale Protein erhöht damit die Aktivität des 5-LO-Promotors.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Ziel der Arbeit erreicht wurde und ein detaillierter Mechanismus der 5-LO-Promotoraktivierung durch HCMV aufgeklärt wurde. Immediate Early 1 induziert dabei zunächst die Expression und Phosphorylierung von Sp1. Ebenso interagiert das virale Protein mit HDAC1/2/3 und hemmt deren Aktivität, wodurch es zur Öffnung der 5-LO-Promotorstruktur kommt. Entscheiden ist hierbei vor allem die Hemmung von HDAC3. HDAC1 Inhibition sorgt im getesteten Zellsystem zusätzlich für verstärkte Acetylierung des Transkripti-onsfaktors Sp1, welcher aufgrund der dadurch erhöhten DNS-Bindungsaffinität an die GC4-Box-Region binden und so die Transkription fördern kann. Interessanterweise ist die Bindung an andere beschriebene GC-Boxen des 5-LO-Promotors nicht induktiv, was die Annahme nahelegt, dass nicht Sp1 alleine, sondern ein transaktivatorischer Komplex an diese Region bindet. Die Aktivierung des Promotors führt nachfolgend zur mRNS- und Proteinexpression, welche eine verstärkte Leukotrienbildung zur Folge hat. Diese Mediatoren sind in die Entstehung der entzündlichen Charakteristik einer aktiven HCMV involviert. Das Virus macht sich demnach generelle Prinzipien der Transaktivierung zu Nutze und fördert so zum einen seine Reaktivierung aus der Latenz, zum anderen die produktive Verbreitung der Infektion.
Das maligne Gliom, auch Glioblastom multiforme (GBM) genannt, ist der häufigste und gleichzeitig auch bösartigste hirneigene Tumor und macht rund 2% aller Krebsneuerkrankungen aus. Die Weltgesundheitsorganisation (world health organisation, WHO) stuft das GBM als Grad IV Tumor ein, was es als hochmalignen Tumor auszeichnet der infiltrativ in das umliegende Hirnparenchym einwandert und mit den gegenwärtigen Behandlungsmethoden, bestehend aus Resektion des Tumors, Chemotherapie und Strahlentherapie nicht kuriert werden kann. Das aggressive Wachstum und die ausgeprägte Resistenz dieses astrozytären Tumors gegenüber den verfügbaren Therapien der Bestrahlung und Chemotherapie sind Hauptgründe für die schlechte Prognose für Patienten mit Glioblastomen, deren medianes Überleben immer noch unter der Zwei-Jahres-Grenze liegt. Daher ist es von Nöten neue therapeutische Strategien auf Grundlage der Chemotherapie zu entwickeln, die selektiv wichtige, deregulierte Signalwege der Krebszelle angreifen. Einer dieser Signalwege in Gliomen ist der Stat3-Signalweg (signal transducer and activator of transcription). Stat3, ein latenter zytoplasmatischer Transkriptionsfaktor liegt in Gliomen oftmals konstitutiv aktiv vor. Diese Deregulation des Signalweges führt zur dauerhaften Transkription proonkogener Zielgene die in transformierten Zellen zu Proliferation, Apoptoseresistenz, Neoangiogenese und Immunsupprimierung führen können. In der vorliegenden Arbeit wurde untersucht, inwiefern eine pharmakologische oder gentechnische Inhibierung von Stat3 molekulare und zelluläre Charakteristika von Gliomen beeinflusst. Dazu wurde für die in-vivo Versuche ein syngenes, murines Gliom-Transplantationsmodell verwendet dessen Pathologie der eines humanen Glioms gleicht und den Vorteil besitzt keine immunsupprimierten Tiere verwenden zu müssen. Die murinen Gliomzelllinien, gewonnen aus spontanen Gliomen von GFAP-v-Src überexprimierenden Mäusen, wurden vorher in-vitro und auch exvivo bezüglich ihres Verhaltens auf die pharmakologische oder gentechnische Inhibierung von Stat3 charakterisiert. Für die pharmakologische Inhibierung wurde Kurkumin gewählt, der biologische aktive Wirkstoff der Pflanze Curcuma longa. In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass eine Behandlung mit Kurkumin konzentrationsabhängig die Phosphorylierung von Stat3 in drei murinen Gliomzelllinien hemmt. Des Weiteren zeigte sich, dass auch die Proliferation der untersuchten transformierten Zellen sowie ihre Fähigkeit zur Invasion und Migration konzentrationsabhängig durch den Einsatz von Kurkumin inhibiert werden konnte, ohne dabei allerdings die Proliferation von primären Astrozyten im gleichen Maße zu hemmen. Kurkumin induziert zusätzlich in den überaus aopotoseresistenten Gliomzellen einen G2/M Zellzyklusarrest. Diese beobachteten Effekte stehen im Zusammenhang mit der konzentrationsabhängigen transkriptionellen Beeinflussung Kurkumins der tumorpromotenden Stat3- Zielgene. Durch Einsatz einer Stat3-Mutante, Stat3C, die ohne Phosphorylierung konstitutiv aktiv in der Zelle vorliegt, konnte in der vorliegenden Arbeit gezeigt werden, dass Kurkumin seinen Einfluss auf die Invasion und Migration der murinen Gliomzelllinien auch über den Stat3-Signalweg vermittelt, zeigte sich, dass durch Einbringung dieser Mutante trotz Kurkuminbehandlung die Migrations- und Invasionsfähigkeit partiell retabliert werden konnte. Durch dietätische Gabe von Kurkumin konnte in tumortragenden Mäusen gezeigt werden, dass die invitro ermittelten Effekte an einem längeren Überleben jener Mäuse beteiligt waren, deren Futter das Kurkumin enthielt. Die Administration des Kurkumins wurde entsprechend einer für die Klinik bevorzugten Darreichugsform gewählt. Im zweiten Teil dieser Arbeit wurde Stat3 in den murinen Gliomzelllinien durch Transduktion mit shRNA gerichtet gegen die Stat3-mRNA stabil depletiert um im Folgenden untersuchen zu können, welche zellulären und molekularen Konsequenzen konstitutiv aktives Stat3 für die Gliomzellen hat. Es zeigte sich, dass der Wegfall von Stat3 das Migrations- und Invasionspotential signifikant verringerte und die Expression tumorfördernder Zielgene ebenfalls in den Stat3-defizienten Zellen auf Protein- und mRNA-Ebene signifikant reduziert war. Der Einfluss von Stat3 auf die Hif1α-Expression, ein Transkriptionsfaktor der die Anpassung der Gliomzellen an ein hypoxisches Milieu und damit verbunden auch Migration und Invasion induziert kann, macht deutlich, dass konstitutiv aktives Stat3 unter normoxischen sowie auch hypoxischen Bedingungen upstream entscheidender Transkriptionsfaktoren liegt und sich somit als Zielmolekül für eine therapeutische Intervention anbietet. Eine ex-vivo Applikation auf organotypischen Schnittkulturen zeigte, dass durch den Wegfall von Stat3 in den murinen Gliomzellen die Einzelzellinvasion unterbunden werden konnte was entscheidend für das klinisch hochrelevante Problem der Rezidive sein könnte. Transplantierte man nun Kontroll- und Stat3-defiziente Zellen orthotrop in die immunkompetenten Mäuse zeigte die Kaplan-Meier-Kurve, dass der Krankheitsbeginn so wie das mediane Überleben in den Mäusen mit Stat3-defizientem Tumor zeitlich deutlich nach hinten verschoben war. Neben den invitro und ex-vivo ermittelten Effekte des Stat3-Wegfalls ist anzunehmen, dass das verlängerte Überleben dieser Mäuse auch mit der fehlenden Immunsupprimierung der Stat3-defizienten Tumore zusammenhängt. Es zeigte sich, dass eine Intervention gegen Stat3, ob nun pharmakologisch oder gentechnisch, die malignen Charakteristika des Glioblastoms positiv beeinflussen kann. Stat3, bestätigt als onkogener Transkriptionsfaktor, stellt damit eine lohnenden Zielstruktur in Gliomen dar.
Eine verzögerte und mitunter unvollständige Immunrekonstitution nach allogener Stammzelltransplantation (SZT) birgt ein erhöhtes Risiko für Infektionen und das Auftreten eines Rezidivs. Adoptive Immuntherapien können dazu beitragen, die Immunrekonstitution zu beschleunigen. Die Indikation hierzu ist jedoch streng geregelt, da eine zusätzliche Immuntherapie mit Risiken, wie z.B. dem Auftreten einer Graft-versus-Host-Disease (GvHD), verbunden ist. Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht die Untersuchung der Immunrekonstitution im Hinblick auf das Auftreten von Komplikationen und das Überleben nach SZT. Dazu wurde ein multivariates Normwertmodell entwickelt, das die Beurteilung der Rekonstitution verschiedener Leukozytensubpopulationen ermöglicht. Der Einfluss der Regeneration spezifischer Immunzellen wie Cytomegalievirus-spezifischer T-Zellen (CMV-CTLs) und regulatorischer T-Zellen (Tregs) auf den Verlauf nach SZT wurde insbesondere hinsichtlich CMV-bedingter Komplikationen, GvHD und Rezidiv untersucht.
RNA hat neben der Rolle als Informationsüberträger wichtige Aufgaben in regulatorischen Prozessen. Sie kann komplexe Strukturen ausbilden und ähnlich wie Proteine Liganden binden oder enzymatische Reaktionen katalysieren. Im Rahmen dieser Arbeit sollten zwei Beispiele von RNA-Liganden-Interaktionen untersucht werden. Im ersten Abschnitt wurde die Interaktion des TetR-bindenden Aptamers 12-1 mit dem Tetracyclin-Repressorprotein (TetR) biochemisch charakterisiert. Über Gelverzögerungs- experimente wurde gezeigt, dass das Aptamer 12-1K delta A TetR mit hoher Affinität und Spezifität bindet. Es wurde ein KD von 22 nM bestimmt. Die Bindung ist dabei ebenso stark wie die Bindung von TetR an die Operatorsequenz tetO. In Anwesenheit von Tetracyclin (Tc) nimmt die Affinität des TetR/Aptamer-Komplexes um das sechsfache ab. Des Weiteren konnten die Bindeepitope des Aptamers durch eine Analyse von verschiedenen TetR-Mutanten im DNA-Bindebereich bestimmt werden. Die Aminosäuren T27, N47 und K48 sind dabei essentiell für die RNA-Bindung und führen bei einem Austausch zum Verlust der RNA-Bindung. Der Bindebereich des Aptamers überlappt mit Aminosäureresten, die für die tetO-Bindung essentiell sind. Die Stöchiometrie der TetR/Aptamer-Bindung wurde durch LILBID-Messungen auf eine molare Verteilung von 2:1 festgelegt. Ein TetR-Dimer bindet dabei ein Aptamermolekül. Durch die umfassende biochemische Analyse der TetR/Aptamer-Bindung kann das Aptamer 12-1 nun als Expressionssonde für RNAs in bakteriellen Zellen genutzt werden. Des Weiteren kann das Aptamer als alternativer, artifizieller Transkriptionsregulator im tet on / tet off-System verwendet werden. Im zweiten Teil der Arbeit sollten miRNAs identifiziert werden, die an der posttrans- kriptionellen Regulation der 5-Lipoxygenase (5-LO) und der Cyclooxygenase-2 (COX-2) beteiligt sind. Mit bioinformatischen Vorhersageprogrammen wurden die 3’-UTR- Bereiche von 5-LO und COX-2 nach putativen Bindestellen abgesucht. Im Fall der 5-LO wurden durch eine zusätzliche Microarray-Expressionsanalyse miRNAs ausgewählt, welche in 5-LO positiven Zellen hoch exprimiert sind und Bindestellen im 3’-UTR aufweisen. Es konnten verschiedene miRNAs detektiert werden, jedoch keine Regulation der 5-LO Aktivität beobachtet werden. Für COX-2 wurde neben der Suche nach putativen miRNA-Bindestellen zudem die Stabilität des 3’-UTR untersucht. Mit Hilfe des auf Perl basierenden Programms SignificanceScoreAssignment (Florian Groher, Diplomarbeit 2011) konnte der 3’-UTR von COX-2 als generell destabilisierend analysiert werden. In Colonkarzinom- spezifischen HT-29-Zellen wurden miRNAs untersucht, welche Bindestellen im 3’-UTR von COX-2 aufweisen. In diesem Kontext sollte der Einfluss einer Interaktion von HT- 29-Zellen mit aktivierten Thrombozyten sowie daraus isolierten Bestandteilen wie Mikropartikeln und PDGF analysiert werden. MiR-16, miR-26b, miR-199a und miR- 199a* konnten in HT-29-Zellen nachgewiesen werden. Bei einer Stimulation von HT-29- Zellen mit PDGF-BB werden miR-16 und miR-26b konzentrationsabhängig stärker exprimiert, während die Expression von miR-199a und miR-199a* signifikant abnimmt. Eine direkte Regulation von COX-2 durch die untersuchten miRNAs konnte durch Überexpressions- und Reportergenanalysen jedoch nicht festgestellt werden. Die Analysen der 5-LO- und COX-2-Regulation durch miRNAs stellen Vorarbeiten dar. Die etablierten Methoden können nun für eine detaillierte Betrachtung weiterer miRNAs verwendet werden.
Die Bildung aller Blutzellen ist ein vielschichtiger Prozess aus Proliferation und Differenzierung der pluripotenten Stammzellen. Die Regulation der hämatopoietischen Differenzierung wird unter anderem durch ein Zusammenspiel von zelltypspezifischen Transkriptionsfaktoren gewährleistet (Barreda & Belosevic, 2001). Der Transkriptionsfaktor RUNX1 spielt eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von hämatopoietischen Stammzellen und eine funktionelle Veränderung von RUNX1 führt zur Ausbildung von Leukämien. In humanen Leukämien ist RUNX1 ein häufiges Ziel von chromosomalen Translokationen. Außerdem ist die Haploinsuffizienz von RUNX1 beim Menschen ursächlich für familiäre Thrombozytopenien (FPD) mit reduzierten Thrombozytenzahlen (Luddy et al., 1978; Gerrard et al., 1991). Ein knock out von RUNX1 in adulten Mäusen zu einem Defekt in der Megakaryozytendifferenzierung und zu Myelodysplasien (Growney et al., 2005; Ichikawa et al., 2004). Die Funktion von RUNX1 wird unter anderem durch die Interaktion mit anderen Transkriptionsfaktoren und Cofaktoren reguliert. Dabei kann RUNX1 die Expression von Zielgenen aktivieren oder reprimieren, abhängig davon welche Cofaktoren rekrutiert werden. Die Rekrutierung von Chromatin-modifizierenden Cofaktoren durch RUNX1 führt zur Veränderung der Chromatinstruktur und leitet epigenetische Regulationsprozesse ein. Bekannte Histon-modifizierende Interaktionspartner von RUNX1 sind p300 und HDAC1. p300 besitzt Histon-Aceyltransferase-Aktivität und führt zur Ausbildung offener Chromatinstrukturen, welche dann Transkriptionsfaktoren erlaubt an die DNA zu binden und somit zur Aktivierung der Expression von Zielgenen beiträgt (Vogelauer et al., 2000). Der Gegenspieler von Acetyltransferasen sind Histon Deacetylasen (z.B. HDAC1), welche Acetylgruppen entfernen und somit reprimierend auf die Genexpression wirken (Berger, 2007). Bestimmte Zelltypen unterscheiden sich stark voneinander trotz eines gemeinsamen genetischen Codes. Die Expression von zelllinienspezifischen Genen muss daher zelltypspezifisch kontrolliert werden. Dies geschieht durch epigenetische Regulationsvorgänge, welche stammzell-spezifische Gene abschalten, wohingegen zelllinienspezifische Gene angeschaltet werden. Neben der Acetylierung von Histonen ist die Methylierung eine häufige posttranslationale Modifikation, die im Histone Code eine wichtige Rolle spielt. Diese Histonmarkierung wird von Methyltransferasen katalysiert. Die epigenetische Regulation von RUNX1-Zielgenen während der Differenzierung von Vorläufer-/Stammzellen wurde bislang noch nicht näher aufgeklärt. Aus diesem Grund sollten neue Interaktionspartner von RUNX1 mit epigenetischer Funktion identifiziert werden. In dieser Arbeit konnte eine Interaktion von RUNX1 mit der Protein Arginin Methyltransferase 6 (PRMT6) gezeigt werden. Expressionsanalysen wiesen eine Expression von RUNX1 und PRMT6 in Stamm-/Vorläuferzellen nach. Während der Megakaryozytendifferenzierung verhielt sich das Expressionsmuster von PRMT6 gegensätzlich zu der RUNX1-Expression. Zur Überprüfung der Auswirkung von PRMT6 auf die Megakaryozytendifferenzierung, wurden ein knock down sowie eine Überexpression von PRMT6 durchgeführt. Die veränderte CD41-Expression einer Beeinflussung des PRMT6-Levels deutet auf einen reprimierenden Effekt von PRMT6 auf die Megakaryopoiese hin. Das daran anschließende Ziel bestand in dem Nachweis der kooperativen Regulation von differenzierungsspezifischen Genen durch PRMT6 und RUNX1. PRMT6 konnte als Teil eines RUNX1-Corepressorkomplexes mit Sin3a und HDAC1 auf dem Promotorbereich von RUNX1-Zielgenen in hämatopoietischen Vorläuferzellen nachgewiesen werden. Ein in vitro Methyltransferaseassay lieferte Hinweise darauf, dass RUNX1 am Arginin 307 von PRMT6 methyliert wird, was zu einer verstärkten Interaktion beider Faktoren, einer verminderten Aktivierungsfähigkeit und einer erhöhten DNA-Bindungskapazität von RUNX1 führt. Außerdem konnte eine Methylierung des H3R2 am Promotor von megakaryozytären Genen durch PRMT6 gezeigt werden, welche die Bindung des WDR5/MLL-Komplexes an die H3K4me2 Markierung verhindert und somit eine Trimethylierung von H3K4 inhibiert (Hyllus et al., 2007). Auf dem Promotorbereich ist neben den reprimierenden Histonmodifikationen H3R2me2 und H3K27me3 die aktivierende H3K4me2+/me3-Histonmodifikation, sowie die initiierende RNA-Polymerase II vorhanden. Die Gene befinden sich in einem Zwischenzustand (intermediary state) und werden basal transkribiert. Während der Differenzierung in Richtung Megakaryozyten konnte ein Austausch des Corepressorkomplexes gegen einen Coaktivatorkomplex mit p300, PCAF, WDR5, PRMT1 und GATA1/FOG1 beobachtet werden. Ein Verlust von PRMT6 führte zu einer Verringerung der H3R2me2 Markierung. Dadurch konnte WDR5 an den Promotor binden und die H3K4-Trimethylierung wurde durch den WDR5/MLL-Komplex katalysiert. Zusätzlich konnte eine Acetylierung des Promotorbereiches und die Belegung des Promotorbereiches mit der elongierenden RNA-Polymerase II, phosphoryliert am Serin 2, nachgewiesen werden, was zur Induktion der Expression der megakaryozytären Gene führte. Zusammenfassend konnte PRMT6 als neuer Interaktionspartner von RUNX1 identifiziert werden, welcher durch die H3R2-Methylierung differenzierungsspezifische Gene in einem Zwischenzustand hält und reprimierend auf die Megakaryozytendifferenzierung wirkt. Die Expression der intermediary state Gene kann während der Differenzierung schnell aktiviert werden. Zusätzlich konnte eine Methylierung von RUNX1 durch PRMT6 gezeigt werden.
Bei anhaltenden Schmerzen wird im Rückenmark zyklisches Guanosinmonophosphat (cGMP) gebildet, welches zur zentralen Sensibilisierung des nozizeptiven Systems beiträgt. In dieser Arbeit wurde untersucht, ob zyklisch Nukleotid-gesteuerte Kanäle (CNG-Kanäle) im nozizeptiven System exprimiert werden und Effektoren der cGMP-vermittelten Schmerz-verarbeitung darstellen könnten. Im Rahmen der Untersuchungen wurden insbesondere die CNG-Kanal-Untereinheiten CNGA3 und CNGB1 als potentielle cGMP-‚Targets‘ in der Schmerzverarbeitung identifiziert. Die Expression von CNGA3 wird infolge einer nozizeptiven Stimulation der Hinterpfote der Maus im Rückenmark und in den Spinalganglien hochreguliert. Mittels In situ-Hybridisierung konnte eine neuronale Lokalisation von CNGA3 in inhibitorischen Interneuronen im Hinterhorn des Rückenmarks detektiert werden, wohingegen CNGA3 in den Spinalganglien nicht-neuronal exprimiert wird. Überraschenderweise wiesen Mäuse mit einem CNGA3-Knockout (CNGA3-/--Mäuse) ein gesteigertes nozizeptives Verhalten in Modellen für inflammatorische Schmerzen auf, während ihr Verhalten in Modellen für akute und neuropathische Schmerzen normal ausfiel. Zudem entwickelten CNGA3-/--Mäuse nach intrathekaler Applikation von cGMP-Analoga oder NO-Donoren eine verstärkte Allodynie. Die CNG-Kanal-Untereinheit CNGB1 wird ebenfalls in Rückenmark und Spinalganglien exprimiert. Im Rückenmark wird die CNGB1-Expression infolge eines nozizeptiven Stimulus der Hinterpfote nicht reguliert, während in den Spinalganglien eine Hochregulation stattfindet. Mit immunhistochemischen Färbungen konnte CNGB1 in Neuronen im Hinterhorn des Rückenmarks, aber auch diffus verteilt in Laminae I bis III des Hinterhorns lokalisiert werden. Auch Mäuse mit einem CNGB1-Knockout (CNGB1-/--Mäuse) zeigten ein gesteigertes nozizeptives Verhalten in einem Modell für inflammatorische Schmerzen und entwickelten außerdem eine verstärkte Allodynie nach i.t. Injektion eines cGMP-Analogons. Diese Ergebnisse lassen vermuten, dass CNGA3 und CNGB1 als ‚Targets‘ des cGMP-vermittelten Signalweges im Rückenmark in inhibitorischer Weise zur zentralen Sensibilisierung während inflammatorischer Schmerzen beitragen. Eine spezifische pharmakologische Aktivierung von CNG-Kanälen im Rückenmark könnte potentiell eine neue Möglichkeit sein, inflammatorische Schmerzen zu hemmen.
Die Bedeutung verschiedener CRASP-Proteine für die Komplementresistenz von Borrelia burgdorferi s.s.
(2010)
Die vorliegende Arbeit liefert einen wichtigen Beitrag zum Verständnis des molekularen Mechanismus der Immunevasion von B. burgdorferi s.s., insbesondere der Bedeutung einzelner CRASP-Proteine für die Komplementresistenz. Sie trägt dazu bei, die Relevanz dieser Proteine für die Pathogenese dieses Erregers zu untermauern. Im Rahmen dieser Arbeit gelang es, verschiedene Vektoren mit den ursprünglichen oder mutierten CRASP-kodierenden Genen cspA, cspZ, erpP und erpA aus B. burgdorferi s.s. zu generieren und diese in das CRASP-negative Isolat B. garinii G1 zu transformieren. Die Expression der speziesfremden Gene als auch der Transport der CRASP-Moleküle auf die Zelloberfläche von B. garinii G1 konnten nachgewiesen werden. Für die konstitutiv CRASP-1- oder CRASP-2-produzierenden Borrelienzellen konnte gezeigt werden, dass diese, auf der Zelloberfläche lokalisierten CRASP-Moleküle mit Faktor H und FHL-1 interagieren, die gebundenen Komplementregulatoren ihre funktionelle Aktivität zur C3b-Inaktivierung aufrechterhalten und die Zellen in Gegenwart von Komplement überleben. Damit wurde erstmals der Nachweis erbracht, dass beide CRASP-Moleküle unabhängig voneinander Schutz vor komplementvermittelter Lyse verleihen. Untersuchungen mit den veränderten CRASP-1-Molekülen ergaben, dass die Transformante G1/pCRASP-1 E147K eine verringerte Bindung von Faktor H und FHL-1 aufwies, welche sich jedoch nicht auf die Komplementresistenz der Zellen auswirkte. Im Gegensatz dazu führte eine Aminosäuresubstitution im C-Terminus des CRASP-1-Moleküls an Position 240 zum Verlust der Bindung von Faktor H und einer stark verminderten Bindung von FHL-1, so dass auch keine Kofaktoraktivität nachgewiesen werden konnte. Trotz des Bindungsverlustes beider Komplementregulatoren zeigte die Transformante G1/pCRASP-1 Y240A nur geringe Ablagerungen des lytischen, terminalen Komplementkomplexes (TCC) auf der Zelloberfläche und Wachstum in Gegenwart von aktiven Komplement. Mittels eines Hämolyse-Assays wurde schließlich festgestellt, dass CRASP-1 direkt mit Komponenten des Komplementsystems interagiert und dadurch die Assemblierung des TCC verhindert. Die Bedeutung der Aminosäuren an den Positionen 81, 139, 207 und 211 im CRASP-2-Molekül für die Faktor H / FHL-1-Bindung und die daraus resultierenden Auswirkungen auf die Komplementresistenz der Borrelien wurde gleichfalls nachgewiesen. Dabei wies insbesondere die Transformante G1/pCRASP-2 Y211A ein inhibiertes Wachstum in Humanserum und verstärkt Komplementablagerungen auf der Zelloberfläche auf, was auf den Verlust bzw. der sehr schwachen Bindung von FHL-1 und Faktor H zurückzuführen ist. Im Gegensatz zu den Transformanten, welche ein CRASP-2-Molekül mit nur einem Aminosäureaustausch produzierten, zeigten die Transformanten, deren CRASP-2-Molekül zwei Aminosäuresubstitutionen aufwies (G1/pCRASP-2 R139A-Y207A, G1/pCRASP-2 R139A-Y211A, G1/pCRASP-2 Y207A-Y211A) keine Bindung der beiden Regulatorproteine und keinen Schutz der Zellen vor der lytischen Wirkung von Komplement. Neue, unerwartete Erkenntnisse ergaben sich aus den Untersuchungen mit Borrelienzellen, welche das CRASP-3- oder CRASP-5-kodierende erpP- bzw. erpA-Gen enthielten. Obwohl gereinigtes als auch denaturiertes CRASP-3 und RASP-5 in der Lage war, Faktor H zu binden, wiesen die vitalen Zellen der Transformanten G1/pCRASP-3 und G1/pCRASP-5 keine Bindung von Faktor H und keinen Schutz der Zellen vor komplementvermittelter Lyse auf. Aus den durchgeführten Untersuchungen konnten für gereinigtes CRASP-3 und CRASP-5 als auch für die CRASP-3- und CRASP-5-produzierenden Transformanten neue Liganden, nämlich CFHR-2 und CFHR-5, aus Humanserum identifiziert werden. Zusammenfassend lassen sich folgende Aussagen hinsichtlich des molekularen Mechanismus der Komplementresistenz bei B. burgdorferi s.s. aus den erhobenen Daten dieser Arbeit mit transformierten Borrelienzellen formulieren: *Die Komplementresistenz der Borrelien wird durch die Faktor H- und FHL-1-bindenden Proteine CRASP-1 und CRASP-2, jedoch nicht durch CRASP-3 und CRASP-5 determiniert, *CRASP-1 als multifunktionelles Protein ist zusätzlich in der Lage, direkt mit Komplement zu interagieren, *Die C-terminalen Domänen von CRASP-1 und CRASP-2 sind für die Bindung der beiden Komplementregulatoren Faktor H und FHL-1 relevant, *CRASP-3 und CRASP-5 auf der Borrelienoberfläche lokalisiert, interagieren mit CFHR-1, CFHR-2 und CFHR-5, aber nicht mit Faktor H.
Das Prostatakarzinom (PCa) ist in Deutschland die häufigste bösartige Malignität beim Mann; jährlich erkranken etwa 58.000 Männer am PCa. Mit 11.000 Todesfällen pro Jahr liegt PCa in der Mortalitätsstatistik an dritter Stelle, hinter dem Bronchialkarzinom und dem Dickdarmkarzinom. Solange PCa auf die Vorsteherdrüse begrenzt ist, besteht die Möglichkeit einer Heilung über die Prostatektomie oder Bestrahlung. Bei etwa 15% der Neuerkrankungen tritt ein metastasierender PCa auf. Bei etwa 20% der Patienten mit organbegrenztem Tumor zeigen lokale Therapieformen keine Wirkung, so dass ebenfalls einer invasiven Ausbreitung Vorschub geleistet wird. Weitere Therapieformen bilden die Androgensuppression und die Chemotherapie. Bei der Androgensuppression kommt es sehr häufig zu einem hormonrefraktären Stadium, das über einen PSA-Anstieg definiert wird. Ist das hormonrefraktäre Stadium erreicht, stehen nur begrenzte Therapieoptionen zur Verfügung. In der jüngeren Vergangenheit wurden neue molekulare Substanzen entwickelt, die gezielt in den Metabolismus der Karzinomzellen eingreifen, die targeted therapy molecules. PCa ist eine sehr heterogene Karzinomentität. Das Verständnis des Zusammenspiels von parallelen und interagierenden mitogenen Signaltransduktionswegen beim PCa, die sein Wachstum, seine Differenzierung und seine Zellmotiliät regulieren, ist von enormer Bedeutung, um neue bzw. schon bestehende Inhibitoren gegen PCa erfolgreich zu entwickeln oder als Mono- bzw. Kombinationstherapie anzuwenden. Zu den beim PCa häufig überexprimierten Signalproteinen gehören der mammalian target of rapamycin (mTOR), die Rezeptor-Tyrosinkinasen (RTKs) und die Histondeacetylasen (HDACs). Ziel dieser Arbeit war es, die Effektivität von Inhibitoren auf diese Signalproteine als Einzel- und Kombinationstherapie im Hinblick auf das Zellwachstum und die Adhäsionseigenschaft der PCa-Zellen zu untersuchen. Zur Anwendung kamen RAD001, ein mTOR-Inhibitor, AEE788, ein Multikinaseinhibitor gegen den VEGF- und EGF-Rezeptor, die Valproinsäure (VPA), ein HDAC-Inhibitor und das Interferon-alpha-2a (IFNalpha2a), ein körpereigenes Zytokin. Die Untersuchungen basierten auf zellbiologischen und biochemischen Analysen in-vitro unter Verwendung der PCa-Zelllinien DU145, PC-3 und LNCaP und in-vivo mittels eines xenogenen Nacktmausmodells. Im Rahmen funktioneller Untersuchungen wurden unter den entsprechenden Therapien das Zellwachstum mit dem MTT-Test ermittelt, das Expressionsmuster der zellzyklusregulierenden Proteine durch die Western-Blot-Hybridisierung und die Progression des Zellzyklus mittels der Durchflusszytometrie untersucht. Im weiteren Verlauf wurden die Adhäsionsprozesse an Matrix und an Endothel analysiert und die Modulation der Integrinsubtypen mit Hilfe der fluorimetrischen und molekularbiologischen Methoden sowie deren Genaktivität evaluiert. Die Synthese der gebundenen und freien Form von PSA wurde mit dem ELISA-Verfahren gemessen. Zur detaillierten Aufklärung der Wirkmechanismen der Medikamente diente die nähere Untersuchung intrazellulärer Signalwege anhand molekularbiologischer Studien. AEE788, RAD001, VPA, nicht jedoch IFNalpha2a erzielten eine deutliche Reduktion im Zellwachstum und der Adhäsion der PCa-Zellen. Dabei war jede Substanz durch ein eigenes Wirkprofil charakterisiert und zeigte eine zelltypabhängige molekulare Aktivität. Während AEE788 und RAD001 eine direkte Wirkung auslösten, war der Effekt von VPA zeitversetzt. Im Gegensatz zu VPA und RAD001 beeinflusste AEE788 vor allem androgenresistente Zellen. Eine kombinierte Behandlung erwies sich nicht in allen Fällen als gleich effektiv. Letztendlich zeigten vor allem AEE788/RAD001, VPA/RAD001 und VPA/IFNalpha2a deutliche antitumorale Effekte. Dabei demonstrierten die Untersuchungen eine Verringerung des Zellwachstums, einhergehend mit einer deutlichen Modulation der relevanten regulatorischen Zellzyklusproteine, einer Zunahme der Tumorsuppressoren und einer deutlichen Verlangsamung der Zellzyklusprogression. AEE788/RAD001 und VPA/IFNalpha2a erzielten dabei eine effektive Reduktion von Wachstum und Adhäsion. In Analysen der Adhäsionsprozesse konnte die Modulation der Integrinsubtypen und der integrinassoziierenden Kinasen aufgrund der Substanzen demonstriert werden und zeigte bei androgenresistenen und androgensensitiven Zellen einen unterschiedlichen Wirkungseinfluss. Nur die Kombination von VPA/IFNalpha2a verringerte signifikant die PSA-Synthese und zeigte bei der Evaluation der intrazellulären Signalwege einen deutlichen Verstärkereffekt in der Regulation der Proteinexpression und der Aktivität von EGFR, ERK1/2 und P70S6K. In der darauffolgenden in-vivo-Untersuchung konnte der Verstärkereffekt von VPA/IFNalpha2a in einer effektiven Reduktion des Tumorvolumens demonstriert werden. Da insbesondere PCa einen sehr heterogenen Phänotyp aufweist, bietet vor allem die kombinierte targeted Therapie neue Hoffnung und vielversprechende Therapiemöglichkeiten. Die eigenen Daten demonstrieren, dass nur bestimmte Medikamenten-Kombinationen eine effektive Verstärkung der antikarzinogenen Effekte erzielen und eine wirksame Therapie des PCa ermöglichen. Bei der klinischen Anwendung ist zu beachten, dass abhängig von Geno- und Phänotyp individuelle Therapiekonzepte zu berücksichtigen sind.
Orthopockenviren sind große DNA-Viren, die im Zytoplasma der Wirtszelle replizieren und für über 200 Proteine kodieren. Sie besitzen ein breites Wirtszellspektrum (host-range) und modulieren auf komplexe Art und Weise zelluläre Prozesse, um ihre Replikation zu gewährleisten. Zu diesem Genus der Familie der Pockenviren gehört auch das modifizierte Vacciniavirus Ankara (MVA). MVA ist ein hoch attenuiertes, replikationsdefizientes Impfvirus, dem im Vergleich zu ursprünglichen Vacciniavirus-Stämmen viele virale Genfunktionen fehlen. Zu diesen verlorengegangenen Genen zählen so genannte host-range-Gene, die für das breite Wirtszellspektrum des Vacciniavirus (VACV) verantwortlich sind, deren molekulare Funktion aber größtenteils unbekannt ist. Diese Arbeit befasste sich zum einen mit der Untersuchung der Rolle der host-range-Gene K1L und C7L in der MVA-Infektion. Zum anderen sollte geprüft werden, ob der im MVA-Genom unvollständige Leserahmen F11L durch Wiederherstellung seiner Funktionalität den Wirtstropismus von MVA erweitern kann. Das Fehlen von K1L und C7L in MVA ist mit dem Verlust der späten viralen Genexpression verbunden. Als mögliche Ursache hierfür wurde in dieser Arbeit die Phosphorylierung des eukaryotischen Translationsinitiationsfaktors 2alpha (eIF2alpha) entdeckt, welche zum Abbruch der Proteinsynthese in der infizierten Zelle führt. Unter den möglichen Kinasen wurde die Proteinkinase R (PKR) als das verantwortliche Schlüsselenzym identifiziert und somit gezeigt, dass das K1- und C7-Protein den anti-viralen PKR-eIF2alpha-Signalweg inhibieren. Es stellte sich heraus, dass die eIF2alpha-Phosphorylierung alleine jedoch nicht für das Fehlen der späten Genexpression verantwortlich ist. Neben dem inhibitorischen Einfluss auf den PKR-eIF2alpha-Signalweg zeigte sich, dass C7 die Aktivierung des NFKB-Signalwegs reduziert, welcher für eine anti-virale Antwort der Wirtszelle wichtig ist. Ein weiterer Ansatz zur Aufklärung der K1- und C7-Funktion bestand darin, zelluläre Interaktionspartner zu identifizieren. Hierbei konnte das heterogene nukleäre Ribonukleoprotein K (HNRPK) als möglicher Interaktionspartner von C7 entdeckt werden. Neben den bisher bekannten host-range-Genen gibt es vermutlich weitere Gene, die den Wirtsbereich des VACV definieren. Das im MVA-Genom defekte F11L-Gen war ein guter Kandidat für eine solche Genfunktion, da es bei der Virionenmorphogenese, Virusausbreitung und der Migration VACV-infizierter Zellen eine Rolle zu spielen scheint. Deshalb wurde ein rekombinantes MVA mit vollständiger F11L-Gensequenz konstruiert und das Wirtszellspektrum dieses Virus untersucht. Die Reparatur des F11L-Gens ermöglichte MVA die Induktion von Zellbewegung nach Infektion, jedoch blieben seine unvollständige Morphogenese und eingeschränkte Vermehrungsfähigkeit in Säugetierzellen unbeeinflusst. F11L hat daher zumindest keine selbstständige Funktion als VACV host-range-Gen. Die Ergebnisse dieser Arbeit sind ein Beitrag zum besseren Verständnis der komplexen Virus-Wirts-Interaktionen des VACV sowie des eingeschränkten Wirtstropismus des Impfvirus MVA.
Die Verfügbarkeit synthetischer Oligonukleotide hat der Entwicklung einer Vielzahl molekularbiologischer, biochemischer und medizinischer Anwendungen den Weg geebnet. Und sind viele diese Anwendungen für sich genommen schon hochinteressant, so eröffnet die Kombination mehrerer Methoden oft noch ganz neue Möglichkeiten. In der vorliegenden Doktorarbeit ist es gelungen, die Technik der photolabilen Schützung auf die Anwendungen von siRNAs und molecular beacons zu übertragen und diesen damit die Option der orts- und zeitaufgelösten Aktivierung zu ermöglichen. Durch die Einführung eines Nukleotids mit 2-(2-nitrophenyl)propyl-geschützter Nukleobase in eine siRNA, konnte der katalytische Schritt der RNA-Interferenz, die mRNA-Spaltung, unterbunden werden. Hierzu wurde das photolabil modifizierte Nukleotid so in der siRNA positioniert, dass es gegenüber der mRNA-Schnittstelle bzw. in unmittelbarerer Nachbarschaft zu dieser lag. Dabei war das modifizierte Nukleotid selbst kein Ribonukleotid sondern ein Desoxynukleotid. Zuvor konnte gezeigt werden, dass die Einführung einzelner Desoxynukleotide in eine siRNA keinerlei Einfluss auf deren Aktivität hat. Als Modellsystem diente der RFP/eGFP-Reportergenassay, wobei die Plasmide mit der siRNA in die verwendeten HeLa-Zellen kotransfiziert wurden. Die verwendete siRNA regulierte dabei die eGFP-mRNA, die gemessene Fluoreszenz wurde auf die RFP-Fluoreszenz normiert. In der Studie gelang es, ein sauberes „An/Aus-Verhalten“ zu erzielen, das heißt, die modifizierte siRNA zeigte zunächst keinerlei Einfluss auf die eGFP-mRNA. Bestrahlte man diese siRNA jedoch für drei Minuten bei 366 nm, erzielte man eine Unterdrückung der eGFP-Expression, die der einer unmodifizierten siRNA entsprach. Dies funktionierte für vor der Transfektion bestrahlte siRNAs ebenso, wie für solche, die erst nach der Transfektion in der Zelle entschützt wurden. Vereinfachte Darstellung der lichtaktivierbaren RNA Interferenz. Links: solange die Photoschutzgruppe (rot) auf dem Führungsstrang sitzt wird das Substrat des RISC nicht geschnitten. Rechts: Bestrahlung mit UV-Licht entfernt die Photoschutzgruppe und aktiviert die RNAi-Maschinerie. Ein bis jetzt ungeklärtes und noch näher zu untersuchendes Phänomen ist die Stabilität der Modifikationen in der Zelle. Aus bisher nicht eindeutig zu benennender Ursache fand nach einer definierten Zeit eine Aktivierung der ausgeschalteten siRNA statt, ohne dass diese bestrahlt wurde. Versuche mit photolabil modifizierten Nukleotiden an anderen Positionen innerhalb der siRNA, sowie eine Fluoreszenz-Korrelationsspektroskopie-Studie mit fluoreszenzmarkierter siRNA und fluoreszenzmarkiertem RISC erlaubten es Rückschlüsse auf den Schritt der RNAi zu ziehen, der durch die Einführung der Basenmodifikation blockiert wird. Offenbar handelt es sich tatsächlich um den katalytischen Schritt der mRNA-Spaltung, ein Einbau der modifizierten siRNA in den RISC findet statt. Zudem zeigte die erfolgreiche Inaktivierung der für die FCS-Studie genutzten anti-TK siRNA, dass der Ansatz, die Modifikation im Bereich der Schnittstelle einzubauen, von der anti-eGFP siRNA auf andere siRNAs übertragbar ist. Im zweiten erfolgreichen Projekt gelang es, molecular beacons durch Einführung zahlreicher photolabiler Basenmodifikationen lichtaktivierbar zu machen. Hierzu wurde ein bereits beschriebener GAPDH-molecular beacon verwendet. Modifiziert man die Schleife dieses molecular beacon mit sieben photolabilen Basenschutzgruppen (NPP und NPE) so gelingt es die Bindung desselben an seine komplementäre Ziel-RNA komplett zu unterbinden, während ein GAPDH-beacon mit drei oder fünf Modifikationen noch in verringertem Maße bindungsfähig ist. Dieses Verhalten wurde sowohl mittels einfachen Auslesens der Fluoreszenzintensität, als auch anhand eines PA-Geles belegt. Eine große Herausforderung bei diesem Projekt stellte die Aufreinigung des hochmodifizierten molecular beacon dar, der neben Fluorophor und Quencher auch zahlreiche Photoschutzgruppen trägt. Diese gelang schließlich durch den Einsatz einer extra densely bond-RP-HPLC-Säule und wiederholter HPL-Chromatographie. Ebenfalls konnte der große Vorteil eines lichtaktivierbaren molecular beacon, die Möglichkeit der präzisen Ortsauflösung der Aktivierung, dargestellt werden. Hierzu wurde modellhaft die Ziel-RNA auf einer Objektträgeroberfläche immobilisiert. Die dann aufgetragene molecular beacon-Lösung zeigte zunächst keine Fluoreszenz. Diese trat erst nach Bestrahlung und auch nur begrenzt auf den wenige Quadratmikrometer großen Bestrahlungsbereich auf.
"Protein Associated with Myc" (PAM) hat aufgrund seiner enormen Größe von 510 kD und der Vielzahl an Proteinbindungsstellen das Potential viele regulatorische und physiologische Prozesse zu regulieren. Mit der Funktion als E3-Ubiquitinligase und davon unabhängigen Proteininteraktionen reguliert es beispielsweise Prozesse der Synaptogenese und der spinalen Schmerzverarbeitung, wie auch die Regulation des Pteridin Stoffwechsels und des cAMP-Signalweges. Im Gegensatz zur spinalen Schmerzverarbeitung war eine Beteiligung von PAM an der peripheren Nozizeption bisher unbekannt und sollte im Rahmen dieser Arbeit untersucht werden. Dazu wurden konditionale PAM-Knockout Mäuse generiert und charakterisiert. Zum einen wurde PAM in Vorläuferzellen von Neuronen und Gliazellen und zum anderen in allen nozizeptiven und thermorezeptiven Neuronen der Dorsalganglia und der Ganglia trigeminale deletiert. Der Knockout in Neuronen und Gliazellen führte zu einer pränatalen Letalität und unterstreicht so die Bedeutung von PAM während der Neuronenentwicklung. Mit Hilfe des spezifischen Knockouts in nozizeptiven Neuronen konnte eine Rolle von PAM bei der Regulation der thermischen Hyperalgesie gezeigt werden. Keinen Einfluss hatte die Deletion von PAM auf basale thermische und mechanische Schmerzschwellen, sowie auf Formalin-induzierte akute Schmerzen. Als potentieller Mechanismus wurde der mTOR- und der p38 MAPK-Signalweg untersucht. Dabei konnte eine Vermittlung der S1P-induzierten mTOR-Aktivierung durch PAM nachgewiesen werden und Rheb als eine Komponente dieser Aktivierung ermittelt werden. Der p38 MAPK Signalweg war in Abwesenheit von PAM konstitutiv aktiviert und einige Proteine des Rezeptortraffickings waren verstärkt exprimiert. Als ursächlich für die beobachtete verlängerte Hyperalgesie in PAM-defizienten Mäusen konnte die Unterbindung der Internalisierung des TRPV1-Rezeptors nachgewiesen werden. Dieser Effekt ist spezifisch für TRPV1, da der verwandte Ionenkanal TRPA1 durch die PAM-Deletion nicht beeinträchtigt wurde. In der vorliegenden Arbeit konnte so zum ersten Mal gezeigt werden, dass PAM in peripheren nozizeptiven Neuronen über die p38 MAPK-vermittelte Internalisierung von TRPV1 die Dauer der thermischen Hyperalgesie reguliert.
Die Zelle repliziert ihre DNA während der S-Phase und segregiert sie dann später in der M Phase des Zellzykluses. Kommt es während dieser Prozesse zu DNA Schädigungen, arretiert die Zelle den Zellzyklus mit Hilfe spezifischer Kontrollmechanismen und versucht den Schaden zu beheben. Der DNA Kontrollpunkt wird bei DNA Schädigungen aktiviert, um mit Hilfe der DNA Reparatur den Schaden zu beheben und somit dafür zu sorgen, dass die DNA fehlerfrei repliziert werden kann. Der zweite Zellzyklus Kontrollpunkt, der Spindel Kontrollpunkt, stellt sicher, dass die Chromosomen während der M Phase unter gleicher Spannung innerhalb der Äquatorialplatte der Metaphase Spindel angeordnet sind. Kann in der Zeit, in der der Zellzyklus Kontrollpunkt aktiv ist, der Schaden nicht behoben werden, so wird Apoptose ausgelöst und die Zelle wird aus dem Zellverband entfernt. Krebszellen haben Strategien entwickelt, Zellzyklus Kontrollpunkte zu umgehen und darüber hinaus normalen Mechanismen der Apoptose zu entkommen. Die genauen molekularen Vorgänge der Deregulierung der Apoptose sind weitestgehend unaufgeklärt. Procaspase 8 ist ein wichtiges Schlüsselenzym des extrinsischen Apoptose Signalweges. Der extrinsische Signalweg wird extrazellulär über die Bindung von Liganden an ihre korrespondierenden Rezeptoren ausgelöst. In dieser Studie wird gezeigt, dass Procaspase 8 an Ser-387 in vitro als auch in vivo von Cdk1/Cyclin B1 phosphoryliert wird. Darüber hinaus zeigt diese Phosphorylierungsstelle die typische Struktur einer Bindungsstelle für Plk1, einer weiteren mitotischen Kinase. Die Interaktion von Procaspase 8 mit Cdk1/Cyclin B1 wird über die DE Domäne („death-effector-domain“ DED) von Procaspase 8 vermittelt. Wird Procaspase 8 an Ser 387 zu Alanin (S387A) mutiert, so wird die Phosphorylierung durch Cdk1/Cyclin B1 fast vollständig verhindert. Wird zudem diese Mutante (S387A) in humanen Krebszellen überexprimiert, so hemmt dies die Apoptose nach Stimulation des Fas Rezeptors. Wird umgekehrt Cyclin B1 mittels RNA Interferenz depletiert und dadurch Cdk1 nicht aktiviert, wird extrinsische Apoptose verstärkt. Diese Studie zeigt erstmals eine gezielte Inhibierung des extrinsischen Apoptose Signalweges durch mitotische Kinasen und schlägt ein Modell vor, in dem Serin/Threonin Kinasen extrinsische Apoptose inhibieren und somit der Tumorzelle ermöglichen, der Apoptose zu entkommen. Darüber hinaus wird ein neuartiger Mechanismus der Inhibition der autokatalytischen Spaltung von Procaspase 8 durch eine mitotische Kinase gezeigt.
Die wichtigste Aufgabe der mitotischen Spindel ist die genaue Segregation der duplizierten Chromosomen in der Mitose. Diese dynamische Struktur wird von sich teilenden Zellen gebildet, um die Bewegung der Chromosomen, das Markenzeichen der Mitose, zu dirigieren. Trotz aller Unterschiede in Form und Größe der Spindeln unterschiedlicher Zelltypen, haben alle eukaryontischen Spindeln fundamentale strukturelle Eigenschaften gemeinsam. Eine der wichtigsten Eigenschaften ist die bipolare Symmetrie. Innerhalb der Spindel sind unterschiedliche Klassen der Mikrotubuli vorhanden, die durch ihre Organisation und durch ihre dynamischen Eigenschaften unterteilt sind. Alle Klassen der Mikrotubuli zeigen dynamische Instabilität. Dennoch weisen die Kinetochor-Mikrotubuli und die Spindel-Mikrotubuli zusätzlich ein anderes Verhalten auf, das als polwärts gerichteter Mikrotubuli-Flux ("Poleward Microtubule Flux") bezeichnet wird. Dabei werden die Tubulin-Untereinheiten stetig an den Plus-Enden der Mikrotubuli eingefügt und dann zu den Minus-Enden getragen, wo sie abgebaut werden. Dieser polwärts gerichtete Mikrotubuli-Flux ist für die Segregation der Chromosomen von großer Bedeutung. Mehrere regulatorische Proteine der Mikrotubuli, einschließlich der destabilisierenden und der depolymerisierenden Proteine, steuern die Dynamik dieser Mikrotubuli, um eine fehlerfreie Bildung der Spindel und eine korrekte Segregation der Chromosomen gewährleisten zu können. Die Kinesin-13 Familie der Depolymerasen gehört zu den prominentesten Modulatoren der Dynamik der Mikrotubuli. Das am Besten charakterisierte und intensiv studierte Mitglied dieser Familie ist das Protein KIF2C/MCAK. Aufgrund der unterschiedlichen Lokalisationen von MCAK während der Mitose, an den Spindelpolen, an den Chromosomen-Armen, an den Centromeren/Kinetochoren, kann MCAK eine Reihe an wichtigen Funktionen erzielen. Allerdings bleibt die Korrektur von Kinetochor-Mikrotubuli Fehlverknüpfungen die wichtigste Aufgabe von MCAK während der Mitose. Diese wesentliche Funktion steht unter der Kontrolle von Aurora B. In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass MCAK während der Mitose auch von einem wichtigen Komplex, dem Cyclin B1/CDK1 Komplex, reguliert wird. In der Tat steuert die Kinase CDK1 sowohl die Lokalisation als auch die katalytische Aktivität von MCAK. Mit Hilfe einer systematischen Reihe an Experimenten konnte nachgewiesen werden, dass MCAK sowohl in vitro als auch in vivo von CDK1 phosphoryliert wird. CDK1 phosphoryliert den katalytischen Bereich von MCAK genau am Threonin 537 und führt zu einer deutlichen Abnahme der Depolymerisierungsaktivität von MCAK in vitro und in humanen Zellen. Diese Inhibition erfolgt wahrscheinlich durch eine Reduzierung der Affinität von MCAK zu den Mikrotubuli-Enden. Die Expression der Phosphostatus-vortäuschenden Mutante T537E in HeLa-Zellen verursachte eine fehlerhafte Verteilung der Chromosomen in der Mitose. Die Chromosomen waren in Anwesenheit der T537E Mutante nicht mehr in der Lage, sich auf der Metaphaseplatte anzuordnen. Darüber hinaus führte die Expression von T537E zu einer signifikanten Reduzierung des centromerischen Abstandes, was auf eine Anhäufung von Kinetochor-Mikrotubuli Fehlverknüpfungen hindeutet. Ferner zeigt die Expression der nichtphosphorylierbaren Mutante T537A in den HeLa-Zellen eine verstärkte Lokalisation an den Spindelpolen, was zum Auftreten von erheblichen Spindel-Aberrationen führte. Basierend auf den Daten der vorliegenden Arbeit wurde ein Modell entwickelt, in dem die Phosphorylierung von MCAK durch CDK1 früh in der Mitose stattfinden muss, um einerseits MCAK zu inaktivieren und andererseits diese Depolymerase aus den Spindelpolen zu verdrängen. Beide Ereignisse sind für den Aufbau einer bipolaren Spindel unentbehrlich. Zu späteren Zeitpunkten der Mitose muss das Threonin 537 dephosphoryliert werden, um eine Reaktivierung von MCAK an den Centrosomen/Kinetochoren zu ermöglichen. Dies wird die Korrektur-Funktion für Kinetochor-Mikrotubuli Fehlverknüpfungen von MCAK wiederherstellen, was eine korrekte Anordnung der Chromosomen auf der Metaphaseplatte fördert.
Neuere Daten weisen p53 eine wichtige Rolle in der Verarbeitung von Mangelsignalen zu und deuten darauf hin, dass p53-abhängige molekulare Mediatoren des Warburg-Effektes Glukoseverbrauch und mitochondriale Funktion regulieren. Wir stellten deshalb die Hypothese auf, dass p53-wildtyp (p53wt) in Gliomzellen den metabolischen Bedarf reduzieren kann, der durch deregulierte Signaltransduktionsprozessen unter Mangelbedingungen zu Stande kommt. In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass sowohl die shRNA-vermittelte p53-Gensuppression als auch die Temperatur-sensitive dominant-negative p53V135A Mutante in humanen p53wt-Gliomzellen Glukoseverbrauch und Laktatproduktion erhöht, den Sauerstoffverbrauch reduziert und den Hypoxie-induzierten Zelltod steigert. Überdies konnte beobachtet werden, dass eine zelluläre p53-Suppression die Expression von Synthesis of Cytochrome c Oxidase 2 (SCO2), eines Effektors, der in der Atmungskette benötigt wird, reprimiert. Die Restoration von SCO2 in p53wt-defizient-Zellen konnte Glukoseverbrauch, Laktatproduktion und Sauerstoffverbrauch wieder normalisieren, und vermittelte zugleich eine Resistenz gegenüber Hypoxie von Rotenone, einem Inhibitor des Komplex I der Atmungskette, abhängige Weise. Dies zeigte, dass die SCO2-vermittelten Effekte von einer intakten oxidativen Phosphorylierung abhängig waren. Schließlich vermittelte eine Gensuppression von SCO2 in p53wt-Gliomzellen eine Sensibilisierung dieser Zellen gegenüber moderater Hypoxie. Es konnte auch gezeigt werden, dass p53 und HIF-1alpha miteinander kooperieren, um SCO2 unter Hypoxie zu induzieren, was suggeriert, dass i) SCO2 ein neues HIF-1alpha Zielgen sein könnte und ii) SCO2 ein neues Zielprotein darstellen könnte, um Atmung und ROS-Prävention über HIF-alpha zu modulieren. Diese Befunde deuten darauf hin, dass Gliomzellen einen Nutzen aus dem Aufrechterhalten eines p53wt-Status erzielen können, da dies ihre Vulnerabilität gegenüber moderater Tumor-Hypoxie reduzieren kann, und dass dieser Effekt SCO2-vermittelt ist. Dennoch konnte die Sensitivität von p53wt-defizient-Zellen gegenüber hochgradiger Hypoxie-induziertem Zelltod nicht über die Effekte von SCO2 erklärt werden, da diese Oxidase ihre Funktionen nur unter ausreichend oxyschen Bedingungen erfüllen kann. Um die Mechanismen aufzuklären, die p53wt-Zellen vor hochgradiger Hypoxie Schutz verleihen, wurde die Rolle von TIGAR (Tp53 Induced Glycolysis and Apoptosis Regulator), eines weiteren kürzlich charakterizierten metabolischen p53-Zielgens, untersucht. TIGAR zeigt Ähnlichkeit mit der Fruktose-Bisphosphatase-2-Domäne des bifunktionalen Enzyms 6-Phosphofrukto-2-Kinase/Fruktose-2,6-Biphosphatase 2, und reduziert die intrazellulären Konzentrationen von Fruktose-2,6-Bisphosphat (FBP-2). FBP-2 ist ein Glykolyse-Regulator, der in höheren Konzentrationen die Glykolyse hemmt und den Pentose-Phosphat-Weg (PPP) induziert, was zu einer Verringerung der intrazellulären reaktiven Sauerstoffspezies-Konzentrationen (ROS) führt. Die Überexpression von TIGAR in p53wt-Zellen verstärkte die Glykolyse-Hemmung unter normoxischen Bedingungen und erlaubte oxidative Phosphorylierung als kompensatorischen metabolischen Mechanismus. Zudem förderte TIGAR die Expression von Lon, einer Protease, die Untereinheiten der Atmungskette modulieren kann, und zugleich als Radikalfänger fungiert. Jedoch reduzierte TIGAR die Expression von SCO2. Die Restoration von TIGAR in p53wt-defizient-Zellen konnte die Sensibilität gegenüber hochgradiger Hypoxie aufheben. TIGAR reduzierte auch die ROS-Menge und verringerte die Sensitivität gegenüber oxidativen Stress. Zugleich sensibilisierte die Gensuppression von TIGAR in p53wt-Gliomzellen diese Zellen vor hochgradiger Hypoxie. Zudem korrelierte die Expression von HIF-1alpha mit der TIGAR-Expression, was eine neue Rolle von HIF-1alpha in der Regulation des Hypoxie-induzierten Zelltodes und der Protektion vor ROS vermuten ließ. Die Expression der Transketolase-Like-1 (TKTL1), eines Isoenzym der Transketolase im Pentose-Phosphat-Weg, ist in vielen Tumoren hochreguliert. Es wurde spekuliert, dass TKTL1 Zellen Schutz vor oxidativem Zellstress vermitteln kann. Zugleich ist bekannt, dass TKTL1 mit hohen phospho-Akt-Mengen in Gliomen korreliert. Es konnte in dieser Arbeit gezeigt werden, dass TKTL1 ein indirektes p53-Zielgen ist, welches über TIGAR reguliert werden kann. Eine Suppression der TKTL1-Expression in TIGAR-exprimierenden Zellen konnte die über TIGAR vermittelten protektiven Effekte gegenüber endogenen ROS, oxidativem Stress und Hypoxie-induziertem Zelltod aufheben. Folglich wurde hier ein bis jetzt unbekannter Zusammenhang zwischen TIGAR, TKTL1 und HIF-1alpha entdeckt. Ebenso konnte eine TKTL1-Suppression mittels siRNA wie die TIGAR-Suppression die HIF1-alpha-Transaktivierungsfähigkeit reduzieren, was zu der Vermutung Anlass gab, dass TKTL1 HIF1-alpha unter Hypoxie reguliert.
Primäre Hirntumore des Zentralen Nervensystems (gehen aus Nervenzellen, Gliazellen, Hirnhäute (Meningen) und auch Hirngefäße aus. Das anaplastische Astrozytom, Oligodendrogliom und Oligoastrozytom (WHO-Grad III) und auch die bösartigste Form, das Glioblastoma multiforme (WHO-Grad IV) bilden den wesentlichen Anteil der astrozytären Tumoren. Bedingt durch die ungünstige Prognose für Patienten mit Glioblastomen bedarf es einer Optimierung der therapeutischen Maßnahmen. Die momentane Therapie besteht nach Konstitution des Patienten und der Lokalisation des Tumors meist aus der Operation mit angeschlossener Strahlen- und eventueller adjuvanten Chemotherapie. Die Prognose ist abhängig von verschiedenen Faktoren, wie der Ausbreitung und der Lokalisation des Tumors und hat sich in den letzten Jahren leider nur unwesentlich verbessert, da immer noch von einer medianen Überlebenszeit des Patienten zwischen 8 und 15 Monaten im Falle eines Glioblastoms ausgegangen werden kann. Die Entstehung und Progression von malignen Tumorerkrankungen sind eng mit Störungen und Defekten in Signalwegen, die das Zellüberleben und den Zelltod regulieren, verknüpft. Aberrationen, wie die Blockade von Tumorsuppressorgenen, oder die Aktivierung bzw. Überexpression von Onkogenen, führen zur veränderten Expression von Zelltod-inhibitorischen Genen wie den anti-apoptotischen Bcl-2 Familienmitgliedern, und letztendlich zu Abweichungen der normalen zellulären Homöostase. Veränderungen dieser Art bewirken, dass Tumorzellen die Fähigkeit erhalten, unkontrolliert zu proliferieren, infiltrativ zu wachsen und eine eigene Vaskularisierung zu initiieren. Tumorzellen besitzen eine erhöhte Apoptose- und Zelltodresistenz, die maßgeblich durch die stark erhöhte Expression von anti-apoptotischen Bcl-2-Proteinen gekennzeichnet ist. In der vorliegenden Arbeit stand daher die Fragestellung im Mittelpunkt, inwieweit anti-apoptotische Proteine der Bcl-2-Familie zur Resistenz von malignen Gliomzellen gegen die Apoptose und den autophagischen Zelltod beitragen und wie diese Mechanismen gezielt überwunden werden können. Die Blockade der vier Familienmitglieder der Bcl-2-Subfamilie (Bcl-2, Bcl-xL, Mcl-1, Bcl-w) wurde über den Einsatz von spezifischen Inhibitoren, den sogenannten BH3-Mimetika, vermittelt. BH3-Mimetika besitzen eine hohe Affinität zur Bindungstasche der Bcl-2-Proteine, wobei durch die Bindung eine Blockade des Proteins hervorgerufen wird. Die eingesetzten BH3-Mimetika haben unterschiedliche Bindungsprofile und können daher ein, zwei oder mehrere Proteine der Bcl-2-Familie inhibieren. Die verwendeten Inhibitoren BH3I-2, HA14-1 und ABT-737, die nur eine limitierte Wirkung auf den Zelltod von Gliomzellen entfalteten, sind allesamt nicht in der Lage, Mcl-1 zu blockieren. Deshalb wurde zusätzlich ein Pan-Bcl-2-Inhibitor, das (-)-Gossypol, verwendet. Dieser Inhibitor hemmt alle anti-apoptotischen Bcl-2-Familienmitglieder, und steigerte über die Inhibition und Degradation von Mcl-1 effizient den Zelltod von Gliomzellen. Dagegen zeigte die (-)-Gossypol-Behandlung in nicht transformierte Astrozytenkulturen keine zytotoxischen Effekte. Zusätzlich wurde nachgewiesen, dass durch das BH3-Mimetikum (-)-Gossypol ein autophagischer Zelltod induziert wird. Unter der Verwendung eines charakteristischen Markerproteins, dem LC3-Protein, konnte nach Induktion des nicht-apoptotischen, autophagischen Zelltodes durch (-)-Gossypol eine Translokation von GFP-LC3 in die Autophagosomen und Autolysosomen festgestellt werden. Viele Gliome weisen eine Methylierung des MGMT-Promotors auf, die es den Zellen erschwert, schnell DNA-Schäden zu reparieren. Aufgrund dieser Methylierung sind diese Tumoren sensitiv für eine Behandlung mit alkylierenden Substanzen (Temozolomid). Auf Grundlage dieser Beobachtungen wurden die kombinatorischen Effekte von BH3 Mimetika und Temozolomid in MGMT-positiven (U87) und MGMT-negativen (U343) Gliomzelllinien verglichen, wobei sich lediglich in MGMT-negativen U343-Gliomzellen signifikante, kombinierte Effekte ergaben. Dieser Zelltod war mit einer Potenzierung der Autophagie assoziiert, nicht jedoch mit einer Aktivierung von Caspasen und einer lysosomalen Dysfunktion. Die Depletion des endogenen Autophagieinhibitors mTOR bewirkte nach den Behandlungen mit (-)-Gossyol und TMZ einen zusätzlichen zytotoxischen Effekt. Im Gegensatz dazu wurde durch lentivirale RNA-Interferenz gegen die Autophagiegene ATG5 und Beclin1 eine potente Reduktion der zellulären Autophagie und des autophagischen Zelltodes erreicht. Insgesamt unterstreichen diese Daten die zentrale Rolle von Bcl-2 Proteinen für die Regulation der Autophagie und legen nahe, dass durch (-)-Gossypol und (-)-Gossypol in Kombination mit Temozlomid in Gliomzellen zytotoxische Autophagie induziert wird.
In dieser Arbeit sollte die Bindung von Tetrahydromethanopterinderivaten an zwei Enzyme des methanogenen, CO2-reduzierenden Energiestoffwechselweges strukturell charakterisiert werden. In jenem Stoffwechselweg verläuft die schrittweise Reduktion von CO2 über die Bindung an den C1-Carrier Tetrahydromethanopterin (H4MPT), ein Tetrahydrofolat-Analogon, welches unter anderem in methanogenen Archaeen zu finden ist. Die thermophilen bzw. hyperthermophilen Ursprungsorganismen der untersuchten Enzyme, Methanothermobacter marburgensis, Methanocaldococcus jannaschii und Methanopyrus kandleri, sind aufgrund ihrer Anpassung an extreme Habitate durch spezielle genomische, strukturelle und enzymatische Eigenschaften von strukturbiologischem Interesse. Beim ersten in dieser Arbeit untersuchten Enzym handelte es sich um den aus acht Untereinheiten bestehenden membrangebundenen N5-Methyl-H4MPT:Coenzym M-Methyltransferasekomplex (MtrA-H). Dieser katalysiert in einem zweistufigen Mechanismus den Methyltransfer von H4MPT zum Co(I) der prosthetischen Gruppe 5’-Hydroxybenzimidazolylcobamid (Vitamin B12a), um die Methylgruppe dann auf Coenzym M zu übertragen. Gleichzeitig findet ein der Energiekonservierung dienender vektorieller Natriumtransport über die Membran statt. Für den Mtr-Komplex aus M. marburgensis (670 kDa) lag bereits ein Protokoll zur Reinigung unter anaeroben Bedingungen vor. Dieses wurde im Rahmen dieser Arbeit verbessert, für die Isolierung und Reinigung unter aeroben Bedingungen vereinfacht und für die Erfordernisse der zur Strukturbestimmung verwendeten elektronenmikroskopischen Einzelpartikelmessung optimiert. Neben der Präparation des kompletten Komplexes MtrA-H wurde als Alternative die Präparation des Enzymkomplexes MtrA-G unter möglichst vollständiger Abtrennung der hydrophilsten Untereinheit MtrH gewählt. Mit der zu diesem Zweck entwickelten Methode konnte das Abdissoziieren von MtrH besser als im etablierten Protokoll kontrolliert und somit die Homogenität der Probe deutlich verbessert werden. Dies schafft zum einen die Vorraussetzungen für eine Kristallisation zur Röntgenstrukturanalyse, zum anderen war auch in bei der elektronenmikroskopischen Einzelpartikelmessung erkennbar, dass mit dem Mtr-Komplex ohne MtrH bessere Ergebnisse zu erzielen sind. Parallel zu den Untersuchungen am Gesamtkomplex sollten die den Cobamid-Cofaktor bindende Untereinheit MtrA sowie die H4MPT-bindende Untereinheit MtrH in für die Kristallisation und röntgenkristallographische Untersuchung ausreichender Menge und Qualität gereinigt werden. Hierfür wurden MtrA und MtrH aus oben genannten Organismen für die heterologe Expression in E. coli kloniert, die Expressionsbedingungen optimiert und Reinigungsprotokolle etabliert. Anschließend wurden die Untereinheiten umfangreichen Kristallisationsversuchen unterzogen. Die Untereinheit MtrA aus M. jannaschii konnte ohne die C-terminale Transmembranhelix als lösliches Protein in E. coli produziert und als Holoprotein bis zur Homogenität gereinigt werden. Bei M. kandleri MtrA gelang die Herstellung von geringen Mengen teilweise löslichen StrepII-Fusionsproteins ohne C-terminale Transmembranhelix in E. coli. Eine Produktion der Untereinheit MtrH in E. coli als lösliches Protein war bei keiner der in dieser Arbeit getesteten Varianten möglich. Mit dem in Einschlusskörperchen exprimierten Protein aus M. marburgensis wurde eine Reinigung und Rückfaltung versucht. Auch eine Co-Expression der Untereinheiten MtrA und MtrH, durch welche eine bessere Faltung und Löslichkeit erreicht werden sollte, war nur in Einschlusskörperchen möglich. Das zweite in dieser Arbeit untersuchte Enzym, die F420 abhängige N5,N10 Methylen-H4MPT-Dehydrogenase (Mtd), katalysiert den reversiblen, stereospezifischen Hydrid-Transfer zwischen reduziertem F420 (F420H2) und Methenyl-H4MPT+, welches hierbei zu Methylen-H4MPT reduziert wird. Die Reaktion verläuft über einen ternären Komplex bestehend aus Protein, Substrat (Methylen-H4MPT) und Cosubstrat (F420), welcher strukturell charakterisiert werden sollte. Das gereinigte, rekombinante Enzym aus M. kandleri wurde mit verschiedenen H4MPT- und F420-Derivaten co-kristallisiert, die Struktur des ternären Komplexes röntgenkristallographisch bestimmt und die Bindung von H4MPT und F420 analysiert. Methenyl-H4MPT+ und F420H2 sind in der in dieser Arbeit gelösten Kristallstruktur in katalytisch aktiver Konformation gebunden, jedoch kann bei einer Auflösung von 1,8 Å nicht beurteilt werden, ob Methylen-H4MPT und F420 oder Methenyl-H4MPT+ und F420H2 vorlagen. Ein Vergleich mit der Struktur von M. kandleri-Mtd (KMtd) ohne Substrat und Cosubstrat ergab nur äußerst geringe Abweichungen in der Proteinkonformation, sodass sich KMtd überraschenderweise als Beispiel für ein Enzym mit ungewöhnlich starrer, vorgegebener Bindetasche erwies.
NMR-spektroskopische Untersuchungen zur Bindung kleiner Moleküle an das Zellzyklusprotein CDC25A
(2010)
Viele verschiedene Funktionen der Zelle werden durch posttranslationale Modifikationen von Proteinen reguliert. Die reversible Phosphorylierung der OH-Gruppen der Aminosäuren Serin, Threonin und Tyrosin ist eine der Möglichkeiten die Aktivität von Proteinen an- und abzuschalten und Interaktion mit Bindungspartnern zu ermöglichen oder zu verhindern. Die Phosphatase CDC25A übernimmt eine zentrale Rolle in der Steuerung des Zellzyklus, unterliegt selbst wiederum einer differenzierten Kontrolle durch Änderung des Expressionslevel, Phosphorylierung und Lokalisation innerhalb der Zelle. Da eine Überfunktion von CDC25A mit einer Vielzahl von verschiedenen Krebserkrankungen assoziiert ist, wird die Entwicklung starker und selektiver Inhibitoren, die auch in vivo wirksam sind, vorangetrieben. Die strukturellen Grundlagen selektiver Inhibition sind allerdings noch unzureichend erforscht. Im ersten Teil dieser Arbeit wurden die Grundlagen für eine erfolgreiche Durchführung von NMR-Experimenten gelegt, für die Proteinproben mit hoher Konzentration und Langzeitstabilität benötigt werden. CDC25A kann nicht in der vollen Länge exprimiert werden und wäre als Vollkonstrukt auch zu groß, um effektiv per NMR untersuchbar zu sein. Durch Erzeugung diverser Konstrukte der katalytischen Domäne von CDC25A konnte ein Expressionslevel erreicht werden, der die Erzeugung ausreichender Mengen an Protein praktikabel macht. Neben des oftmals geringen Expressionslevels ist ein weiteres Problem bei NMR-spektroskopischen Untersuchungen vieler Phosphatasen deren geringe Stabilität während der Aufreinigung und in der endgültigen Probe. Durch Optimierung der Pufferbedingungen für den Zellaufschluss in Bezug auf pH-Wert, Salzkonzentration und Art des Kations per „Incomplete Factorial Design“ konnte die Ausbeute an löslichem Protein erheblich gesteigert werden. Die Verwendung dieser Pufferbedingungen während der ersten Aufreinigungsschritte verminderte auch die Tendenz des Proteins während der Chromatografie auszufallen. Die Zusammensetzung des Puffers für die endgültige NMR-Probe wurde schließlich durch das aus der Kristallografie entlehnte Verfahren der Dampfdiffusion ebenso in Hinblick auf pH-Wert, Salzkonzentration und Art des Anions optimiert. Unter diesen optimierten Pufferbedingungen wurde die katalytische Aktivität des Proteinkonstrukts anhand der Hydrolyse von para-Nitrophenylphosphat nachgewiesen. Acht Substanzen wurden auf Inhibition dieser katalytischen Aktivität getestet. Das natürliche Substrat Phosphotyrosin zeigte eine kompetitive Hemmung, zwei starke und ein schwacher Inhibitor zeigten entsprechend verminderte Reaktionsraten. Von den restlichen 4 Substanzen (Inhibitoren anderer Protein-Tyrosin-Phosphatasen und strukturelle Verwandte) zeigten 3 weitere eine starke Wirkung. Diese hohe Promiskuität gegenüber Inhibitoren stellt ein großes Problem für die strukturgetriebene Wirkstoffentwicklung bei CDC25A und generell aller Phosphatasen dar. Nach Erhalt der fertigen Proben zeigten erste 2D-NMR-Spektren eine geringer als zu erwartende Zahl von Signalen und starke Überlappungen der sichtbaren Signale. Um auszuschließen, das Dimerisierung oder unspezifische Aggregation hierfür verantwortlich sind, wurden DOSY-Spektren gemessen. Aus der Eigendiffusionsrate ergibt sich ein hydrodynamischer Radius, der mit durch HYDROPRO simulierten Werten übereinstimmt und sich deutlich von dem des putativen Dimers absetzt. Daher wird davon ausgegangen, dass die Signalverluste im NMR nicht durch Dimerisierung oder Aggregation ausgelöst werden. Um die Bindung von Inhibitoren auch durch NMR-Spektroskopie nachzuweisen, wurden Saturation-Transfer-Difference-Experimente (STD) durchgeführt. In diesen war aber sowohl für das natürliche Substrat Phosphotyrosin als auch für alle im Enzymtest aktiven Inhibitoren kein Effekt nachweisbar. Dies weist auf eine sehr hohe koff-Rate der Bindung an das Protein hin oder auf eine irreversible chemische Modifikation des aktiven Zentrums, die bis zum Zeitpunkt der Messung bereits abgeschlossen war. Für die strukturbasierte Wirkstoffentwicklung werden spezifische Interaktionspunkte auf der Proteinoberfläche gesucht. Hierfür wurden 15N-HSQC-Spektren mit und ohne Bindungspartner gemessen und die Veränderungen der chemischen Verschiebung bestimmt („chemical shift perturbation“). Es konnten für Phosphotyrosin und die beiden starken Inhibitoren BN82002 und NSC663284 signifikante Veränderungen nachgewiesen werden. Für alle drei Moleküle gab es sowohl komplett einzigartige Veränderungen als auch paarweise übereinstimmende als auch ein Signal das für alle 3 übereinstimmt. Neben den Inhibitoren wurden drei Peptide auf spezifische Interaktion getestet. Das erste entspricht der Zielsequenz des natürlichen Substrats CDK, die anderen beiden sind Teile der Sequenz von CDK an einer nachgewiesenen als auch einer putativen sekundären Interaktionsfläche der beiden Proteine. Auch für die drei Peptide konnten wie für die Inhibitoren individuelle als auch übereinstimmende Signalveränderungen nachgewiesen werden. Als Voraussetzung für die Bestimmung der Oberflächenkontakte, die für die spezifische Bindung von Substrat, Inhibitoren und Interaktionspeptiden nötig sind, wird eine Zuordnung der Signale des 15N-HSQC-Spektrums zu den Aminosäureresten des Proteins benötigt. Hierzu wurden 3D-Tripelresonanz-NMR-Experimente an 15N, 13C-markierten Proben (zusätzlich auch noch 2H-markierte Proben zur Unterdrückung von Relaxationseffekten) durchgeführt. Um die Zuordnung zu unterstützen wurden außerdem Proben mit individuell 15N-markierten Aminosäuren hergestellt, um einem Signal im HSQC zumindest den Typ der Aminosäure zuordnen zu können. Aufgrund der trotz Pufferoptimierung, Deuterierung des Proteins und verringerter Signalüberlagerung in den Spektren der individuell markierten Proben zu geringen Anzahl an Signalen konnten nur kurze Bereiche der Aminosäuresequenz zugeordnet werden. Aufgrund dieser Basis konnte kein aussagekräftiges Mapping erzielt werden.
Um Materie mit Nanometergenauigkeit anzuordnen, ist Selbstorganisation die mächtigste Strategie. DNA (Desoxyribonukleinsäure) ist hierfür ein hervorragendes Baumaterial, da sie ein billiges, programmierbares, biokompatibles und gut verstandenes Polymer ist. Aus diesen Gründen ist DNA zur Basis für ein schnell wachsendes Gebiet geworden: die DNA-Nanotechnologie. Das Ziel dieser Arbeit war es, neue Interaktionsmöglichkeiten für die DNA-Nanotechnologie zu entwickeln und neuartige Strukturen aus DNA-minicircles aufzubauen, einem bislang vernachlässigten Konstruktionselement. ...
Im ersten Teil der Arbeit wurde eine genetische Disposition für Vorhofflimmern (VHF) untersucht. Der Einzelnukleotidpolymorphismus ("single nucleotide polymorphism", SNP) 38G/S befindet sich im N-Terminus der ß-Untereinheit KCNE1. Diese ß-Untereinheit konstituiert gemeinsam mit der alpha-Untereinheit KCNQ1 die langsame Komponente des verzögerten Gleichrichterstromes, IKs. Die ß-Untereinheit hat hierbei eine modulierende Funktion. Frühere Studien beschäftigten sich hauptsächlich mit der transmembranären Domäne und dem C-Terminus. Über die Rolle des N-Terminus war bislang wenig bekannt. Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die Aufgabe des N-Terminus bei der Modulation der alpha-Untereinheit zu identifizieren. Außerdem sollte festgestellt werden, welche Aminosäuren hierbei besonders von Bedeutung sind. Zu diesem Zweck wurden diverse Konstrukte synthetisiert. Für das Konstrukt delta1-38’ wurden die Aminosäuren 1-38 und damit der Großteil des N-Terminus entfernt. Das Konstrukt "linker" enthält anstelle des Glyzins oder Serins an Position 38 fünf Alanine. In der Nähe der von dem SNP betroffenen Aminosäure befinden sich des Weiteren drei Arginine, die mit jeweils einem Alanin substituiert wurden. Für alle Versuche diente die nicht VHF-assoziierte Variante des SNPs als Kontrolle. Alle Konstrukte konnten erfolgreich heterolog exprimiert werden und gleichermaßen mit der alpha-Untereinheit immunopräzipitiert werden. Die aus der Co-Transfektion von KCNQ1 und KCNE1 resultierende Stromdichte wurde mittels "Patch-clamp"-Technik untersucht. Im Vergleich zum Kontrollstrom (KCNQ1 + KCNE1-38S) waren die Ströme aller anderen Gruppen während De- und Repolarisation signifikant kleiner. Zellfraktionierung und konfokale Mikroskopie zeigten, dass im Vergleich zur Kontrolle alle anderen Konstrukte eine verminderte Plasmamembranlokalisation aufwiesen. Die Aufgabe des N-Terminus liegt offensichtlich im Transport beider Untereinheiten an die Plasmamembran und/oder der Verankerung dort. Sowohl die Aminosäure in Position 38 als auch die drei N-terminalen Arginine in der Nähe scheinen für den hier gesuchten Mechanismus von Bedeutung zu sein. Zukünftige Experimente könnten beispielsweise 3D-Simulationen der Proteinfaltung beinhalten, um die potentielle Membranverankerung weiter zu untersuchen. Der zweite Teil der Arbeit untersuchte erworbene elektrophysiologische Veränderungen im Rahmen von VHF am Beispiel der einwärts gleichrichtenden Kaliumströme IK1 und IKACh. Es sollten die zugrunde liegenden regulatorischen Mechanismen für die Heraufregulierung von IK1 und IKACh bei VHF untersucht werden. Alle Experimente wurden an humanem Gewebe des linken Vorhofs durchgeführt. Das Gewebe stammt von VHF-Patienten, die sich einer Mitralklappen-Operation unterzogen. Als Kontrolle wurde Gewebe von Patienten im Sinusrhythmus (SR) verwendet. Zunächst wurde untersucht, ob transkriptionelle und/oder posttranskriptionelle Veränderungen oder funktionelle Effekte der Heraufregulierung der Ströme zugrunde liegen. Entsprechend wurde die Proteinexpression mittels Western Blot quantifiziert. Die Quantifizierung der mRNA erfolgte per Realtime-PCR. Veränderungen für IK1 konnten sowohl auf mRNA- als auch auf translationaler Ebene beobachtet werden. Protein- und mRNA-Expression von Kir2.1, der zugrunde liegenden Proteinuntereinheit, waren bei VHF signifikant erhöht; die Expression der inhibitorischen miR-1 war reduziert. Die Bestimmung der Protein- und mRNA-Expression der zugrunde liegenden Proteinuntereinheiten für den Strom IKACh zeigte dagegen keinen Unterschied zwischen Gewebe von Patienten mit VHF und SR. Eine funktionelle Regulierung schien daher möglich. Die Expression der IKACh modulierenden Proteine Calmodulin und G alpha i-3 unter VHF zeigte jedoch keinen signifikanten Unterschied zu der SR-Gruppe. Es war eine Tendenz zur Reduktion des inhibierenden G alpha i-3 zu beobachten. Die Regulierung von IKACh,c bei VHF bleibt in zukünftigen Arbeiten zu untersuchen. Ein möglicher Versuch wäre, therapeutisch in die Regulation der Kir-Untereinheiten einzugreifen, um das VHF-unterstützende, elektrische "Remodeling" des IK1 zu verhindern.
Die genetische Information innerhalb einer Zelle kodiert nicht nur die spezifische Struktur und Funktion von Proteinen, sondern auch die Entstehung dieser Struktur durch den Prozess der Proteinfaltung. Aus zahlreichen experimentellen und theoretischen Studien wurde offensichtlich, dass Faltung und Entfaltung von Proteinen in vielen zellulären Prozessen eine entscheidende Rolle spielt. Diese Beobachtungen führten zu der zwangsläufigen Erkenntnis, dass das Unvermögen von Proteinen sich korrekt zu falten oder korrekt gefaltet zu bleiben der Auslöser für viele verschiedene Arten biologischen Fehlverhaltens ist und infolgedessen unterschiedliche Krankheitsformen mit sich bringt. Die strukturelle und dynamische Charakterisierung von nicht-nativen Proteinzuständen ist daher eine wichtige Grundlage einerseits zur Erforschung der krankheitsauslösenden Prozesse, andererseits aber auch zum generellen Verständnis der Proteinfaltung an sich. Allein hochauflösende NMR-Experimente können detaillierte Informationen über Struktur und Dynamiken solcher Zustände auf atomarer Ebene liefern. In der vorliegenden Arbeit wurde die C-terminale Domäne des humanen Prionenproteins [hPrP(121-230)] unter Bedingungen untersucht, bei denen dieses Protein permanent in einem nicht-nativen Zustand vorliegt. Dies wurde durch die Verwendung einer hochmolaren Harnstofflösung (8 M, pH 2,0) erreicht. Zur Untersuchung dieses nicht-nativen Zustands mittels NMR wurde das PrP(121-230) in E.coli-Zellen isotopenmarkiert exprimiert und in Mengen von einigen Milligramm aufgereinigt. Nach der sequentiellen Zuordnung der 13Ca-, 13Cb-, 13CO-, 1Ha- und 1HN-Resonanzen konnte aus den sekundären chemischen Verschiebungen auf Regionen innerhalb der Polypeptidkette geschlossen werden, die erhöhte b-faltblattartige Konformationsanteile enthalten. Heteronukleare Relaxa-tionsraten wurden zur Untersuchung der konformationellen Dynamik herangezogen. Auch hier konnten Regionen verminderter Mobilität (hydrophobe Cluster) nachgewiesen werden, die mit den zuvor entdeckten Bereichen aus der Analyse der chemischen Verschiebungen übereinstimmten. Die Messung von R1r-Relaxationsraten erbrachte zudem keine Hinweise auf konformationellen Austausch auf der μs-ms-Zeitskala. Weiterhin wurde der Einfluss der Disulfidbrücke auf Konformation und Dynamik des hPrP(121-230) untersucht. Dies wurde durch die Reduktion der Disulfidbrücke und die anschließende Methylierung der beiden Cysteine erreicht. Im Gegensatz zu der Analyse der chemischen Verschiebungen zeigte die Auswertung der konformationellen Dynamiken dramatische Unterschiede zwischen den oxidierten und reduzierten Zuständen des hPrP(121-230). Insbesondere im Bereich um die beiden Cysteine konnten große Unterschiede festgestellt werden; im reduzierten Zustand führte die zusätzliche Bewegungsfreiheit zu erhöhten Dynamiken und gab den Blick auf zusätzliche hydrophobe Bereiche frei, die im oxidierten Zustand durch hohe Relaxationsraten verdeckt geblieben waren. Ein weiterer wesentlicher Unterschied zwischen dem oxidierten und dem reduzierten Zustand des hPrP(121-230), der mit Hilfe des Fluoreszenzfarbstoffes Thioflavin T beschrieben werden konnte, bestand in der Fähigkeit Fibrillen auszubilden; während das oxidierte hPrP diese Eigenschaft besaß, führte der Verlust der intakten Disulfidbrücke zu einer Proteinkonformation, die nicht mehr zur Bildung von fibrillären Strukturen im Stande war. Im weiteren Verlauf der Arbeit wurden die strukturellen, dynamischen und kinetischen Charakteristika des hPrP(121-230) mit denen des murinen Prionenproteins mPrP(121-232) sowohl im oxidierten als auch im reduzierten Zustand verglichen. Auf der Basis der chemischen Verschiebungen und der heteronuklearen Relaxationsdaten konnte gezeigt werden, dass beide Proteine in den jeweiligen komplementären Zuständen (oxidiert bzw. reduziert) sehr ähnliche strukturelle und dynamische Eigenschaften besitzen. Aufgrund einiger Aminosäureaustausche in den beiden Proteinsequenzen kommt es jedoch zu kleineren Unterschieden, die jedoch nur in lokalen Bereichen der Polypeptidkette zum Tragen kommen. Somit konnte gezeigt werden, dass das mPrP(121-232) als ein geeignetes Modellsystem für das humane Prionenprotein dienen kann. Abschließend wurde der Einfluss von insgesamt zwölf verschiedenen Punktmutationen, die beim Menschen mit Prionenerkrankungen assoziiert sind, auf das Aggregationsverhalten des mPrP(121-232) untersucht. Dabei fiel zum einen auf, dass die Aggregation mit zunehmender Proteinkonzentration schneller verlief, zum anderen aber auch, dass es insbesondere bei geringen Proteinkonzentrationen zu signifikanten Unterschieden in der Aggregationsgeschwindigkeit der verschiedenen mutierten Proteinkonstrukte kommt. Zusammenfassend ist festzustellen, dass in dieser Arbeit strukturelle und dynamische Eigenschaften der nicht-nativen Zustände von hPrP(121-230) und mPrP(121-232) sowohl im oxidierten als auch im reduzierten Zustand durch die Verwendung von NMRspektroskopischen Experimenten charakterisiert werden konnten. Zudem konnte mit Hilfe von Fluoreszenzspektroskopie das Aggregationsverhalten der einzelnen Proteinzustände beschrieben und in einem ersten Schritt der Einfluss von verschiedenen Punktmutationen auf die Aggregationsgeschwindigkeit ermittelt werden.
Das Auftreten von plötzlichem Herztod, das häufig durch ventrikuläre Tachyarrhythmien ausgelöst wird, stellt bis heute eine Herausforderung bei der Therapie der Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz dar. Derartige Arrhythmien werden bei über 85% der Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz beschrieben und über 50% der Todesursachen werden dabei auf das Auftreten von plötzlichem Herztod zurückgeführt. Es wird vermutet, dass das elektrische Remodeling als Teil der gesamten kardialen Umbauvorgänge bei der Entstehung einer Herzinsuffizienz die pathophysiologische Grundlage dieser Arrhythmien darstellt. Das Renin-Angiotensin-Aldosteron System spielt eine zentrale Rolle bei der Ausbildung des elektrischen Remodeling und insbesondere erhöhte Aldosteronkonzentrationen korrelieren mit dem Risiko kardiovaskulärer Zwischenfälle. Darüberhinaus konnte in zwei klinischen Studien (RALES und EPHESUS) gezeigt werden, dass die Therapie herzinsuffizienter Patienten mit den Aldosteronantagonisten Spironolacton und Eplerenon die Mortalität und Morbidität und insbesondere auch das Auftreten von plötzlichem Herztod signifikant senken konnte. Weitere Studien zeigen eine Verbindung zwischen dem Auftreten einer Herzinsuffizienz und Veränderungen in der Funktion und Expression kardiospezifischer repolarisierender K+-Kanäle. Neben den klinischen Daten, die einen protektiven Effekt der Aldosteronantagonisten bei plötzlichem Herztod belegen, ist wenig über die Auswirkungen von Aldosteron auf das elektrische Remodeling des Herzens bekannt. In dieser Arbeit sollte daher die Auswirkung einer chronischen Aldosteronexposition in Ratten auf die elektrophysiologischen Eigenschaften des Herzens untersucht werden. Dazu wurde Wistar-Ratten Aldosteron verabreicht und einigen Tieren die Aldosteronantagonisten Spironolacton und Eplerenon, um die Effekte der unspezifischen (Spironolacton) und spezifischen (Eplerenon) MR Blockade auf die elektrischen Eigenschaften der Kardiomyozyten zu untersuchen. Die Aldosteron exponierten Tiere entwickelten eine linksventrikuläre Hypertrophie, die sich unabhängig von Blutdruckveränderungen entwickelte, sowie ein signifikant verlängertes QT-Intervall, vermehrt auftretende ventrikuläre Extrasystolen und ventrikuläre Tachykardien. Die Elektrolytwerte (K+, Na+, Cl-) waren dabei nicht verändert. Die Aldosteronantagonisten Spironolacton und Eplerenon waren in der Lage, die unter Aldosteron auftretenden Veränderungen zu verhindern. Die Transkription der Untereinheiten kardiospezifischer K+-Kanäle (Ito, IKur, IK1) und des L-Typ Ca2+-Kanals war unter Aldosteronstimulation im linken Ventrikel signifikant erniedrigt. Auf Proteinebene konnte dies für die Kanaluntereinheiten Kv1.5 (IKur), Kir2.3 (IK1) und Cav1.2 (L-Typ Ca2+-Kanal) bestätigt werden. Die Untersuchung eventuell zugrunde liegender Signaltransduktionswege lieferte erniedrigte mRNA Expressionslevel der kardiospezifischen Proteinkinase C Isoformen PKC-α und PKC-ε, wohingegen die mRNA-Expression von PKC-δ unter Aldosteronstimulation unverändert war. Diese Veränderungen in der Transkription der PKC Isoformen wurden durch Behandlung der Tiere mit den Aldosteronantagonisten inhibiert, was für einen MR vermittelten Effekt spricht. Weiterhin zeigte eine chronische Aldosteronstimulation eine erniedrigte mRNA Expression von Calcineurin Aß (PPP3CB) sowie Calcineurinaktivität in linksventrikulärem Gewebe der Tiere. Dieser Effekt konnte durch die Aldosteronantagonisten nicht aufgehoben werden, so dass ein Signaltransduktionsweg, der nicht über den MR vermittelt wird, zugrunde liegen könnte. Insgesamt konnte in dieser Arbeit gezeigt werden, dass chronisch erhöhte Aldosteronkonzentrationen im Rattenherz blutdruckunabhängig zu strukturellen und elektrischen Veränderungen führen, die das Auftreten maligner ventrikulärer Arrhythmien begünstigen. Beide Aldosteronantagonisten Spironolacton und Eplerenon sind in der Lage, die durch Aldosteron vermittelten Effekte in gleicher Weise zu inhibieren. Die Ergebnisse zeigen pathophysiologische Zusammenhänge auf, die die Bedeutung von Aldosteron und der Therapie mit Aldosteronantagonisten für die Behandlung der Herzinsuffizienz und in Zukunft möglicherweise der Hypertrophie unterstreichen.
Im ersten Teil dieser Arbeit wurde eine Variante des Anti-Thrombin-Aptamers HD1 entwickelt, die vor Belichten aktiv war und sich durch Belichten deaktivieren ließ. Dazu wurde das Wildtyp-Aptamer am 5'-Ende um eine GAAA-Schleife und eine Gegenstrangregion, bestehend aus vier Nukleotiden, erweitert. Dies reichte für eine vollständige Inaktivierung des Aptamers aus. In die Gegenstrangregion wurde ein photolabil geschütztes Nukleotid eingebaut, das die Bildung einer Haarnadelstruktur vorübergehend verhindert. Dazu wurde ein Desoxycytidin-Derivat synthetisiert, das an seiner N4-Position mit einer 1-(2-Nitrophenyl)ethyl-Gruppe modifiziert war. Durch die Maskierung der Antisense-Region wies das Aptamer vor Belichtung blutgerinnungshemmende Aktivität auf, allerdings in geringerem Maße als das Wildtyp-Aptamer. Durch Belichten wurde die Gegenstrangregion freigesetzt und dadurch die aktive Konformation des Aptamers zerstört, sodass es keine blutgerinnungshemmende Wirkung mehr besaß. In einem daran anknüpfenden Projekt sollte eine mit Licht ausschaltbare HD1-Variante mit verbessertem Schaltverhalten entwickelt werden, deren Aktivität vor dem Belichten mit der des Wildtyp-Aptamers vergleichbar ist. Tests zeigten, dass eine 5'-Erweiterung des Aptamers stets einen Aktivitätsverlust zur Folge hatte. Getestet wurden verschiedene Linker-Sequenzen, D-Spacer (Abasic Sites) und nicht nukleotidische Linker wie Glykollinker oder alkylische Linker. Eine Erweiterung am 3'-Ende brachte dagegen fast immer Aptamervarianten hervor, deren Aktivität die des Wildtypaptamers überstiegen. Um diese verbesserten Aptamervarianten zu deaktivieren, war eine Antisense-Region bestehend aus bis zu neun Nukleotiden nötig. Für eine photolabil geschützte Variante wurde zusätzlich ein Desoxyadenosinderivat mit N6-1-(2-Nitrophenyl)ethylmodifikation synthetisiert. Es zeigte sich, dass eine photolabile Schutzgruppe nicht ausreichte um die Antisense- Region zu neutralisieren. Aptamervarianten mit vier oder fünf photolabilen Schutzgruppen in der Antisenseregion waren vor dem Belichten aktiver als das Wildtyp-Aptamer HD1 und konnten durch Belichten vollständig deaktiviert werden. In einem weiteren Projekt dieser Arbeit wurde eine photolabil geschützte Glukosamin-6- phosphat-Variante synthetisiert, um eine lichtabhängige Spaltung des glmS-Ribozyms aus Bacillus subtilis zu induzieren. Dazu wurde GlcN6P an der Aminofunktion über eine Carbonyllinker mit einer 2-(2-Nitrophenyl) propylgruppe modifiziert. In vitro konnte gezeigt werden, dass mit dieser Verbindung durch Belichten die Spaltung eines glmS-EGFP-mRNA-Konstrukts induziert werden konnte. In HeLa-Zellen wurde untersucht, ob sich dieses System zur Regulation der EGFP-Expression eignet. Da erste Versuche erfolglos blieben, wurde eine lipophile, zellgängige Variante des photolabil geschützten GlcN6Ps synthetisiert. Versuche, in denen dieses Derivat getestet wird, werden zur Zeit von unseren Kooperationspartnern durchgeführt. In einem weiteren Projekt wurden Desoxyguanosinderivate für die DNA-Festphasensynthese synthetisiert, die an ihrer O6-Position mit einer p-Hydroxyphenacylgruppe bzw. mit einer 1-(3-Nitrodibenzofuran-2-yl)ethylgruppe modifiziert wurden. Diese wurden in ein Desoxyoligonukleotid eingebaut und es konnte gezeigt werden, dass die photolabilen Schutzgruppen durch Belichten abgespalten werden. Beide photolabilen Modifikationen waren allerdings unter den basischen DNA-Abspaltbedingungen zu instabil, als dass sie sich für den routinemäßigen Einsatz zur Herstellung lichtaktivierbarer Nukleinsäuren eignen würden. Im letzten Teil der Arbeit wurde eine photolabile Schutzgruppe entwickelt, die über einen zusätzlichen Aminolinker verfügt [2-(4-(Aminomethyl)-2-nitrophenyl)-propanol]. Die Aminofunktionalität war für die Dauer der DNA/RNA-Festphasensynthese mit einer Trifluoracetylgruppe geschützt, die unter den basischen Abspaltbedingungen ebenfalls entfernt wird. Mit dieser photolabilen Schutzgruppe wurden ein Thymidinderivat an der O4-Position und ein Desoxyguanosinderivat an der O6-Position modifiziert. Das Desoxyguanosinderivat wurde erfolgreich in der Oligonukleotidfestphasensynthese eingesetzt. Die photolabile Schutzgruppe konnte durch Belichten vollständig von der synthetisierten Nukleinsäure abgespalten werden. Darüber hinaus gelang es, über die Aminofunktionalität die heterobifunktionalen Crosslinker SMCC und SMPB mit der Nukleinsäure zu verknüpfen. Auf diese Weise ist eine reversible Vernküpfung der Nukleinsäure mit einem nahezu beliebigen Bindungspartner möglich. Durch Belichten kann die Nukleinsäure in ihrer ursprünglichen Form wiederhergestellt werden.
In dieser Arbeit wurde erstmals ein monokolonaler Antikörper gegen die GlyRbeta-Untereinheit (GlyRbeta) hergestellt. Zur Immunisierung der Mäuse wurde die 120 AS lange große cytoplasmatische Schleife (engl. loop) zwischen den transmembranen Domänen 3 und 4 von GlyRbeta gewählt, da diese nur geringe Sequenzhomologie zu GlyRalpha-Untereinheiten aufweist. Diese Schleifenregion wurde als GST-Fusionsprotein in Bakterien exprimiert und affinitätsgereinigt. Sowohl die Immunisierung der Mäuse als auch die Herstellung der Hybridoma-Klone wurde in Zusammenarbeit mit Synaptic Systems GmbH (Göttingen) durchgeführt. Die Spezifität der Antikörperbindung an GlyRbeta wurde zunächst in Western Blot-Experimenten mit affinitätsgereinigtem GlyR aus Rattenrückenmark demonstriert. Eine nachfolgende Untersuchung der Antikörperbindestelle führte zur Identifikation der ersten 20 AS des beta-loop (GlyRbeta336-355) als Epitop. Ein 20 AS kurzes, synthetisches Peptid, welches die Epitop-Sequenz enthielt, war ausreichend, um Färbungen von Western Blots und Gewebeschnitten durch den Antikörper effizient zu verhindern. Außerdem wurden Protokolle für die Antikörperfärbung von GlyRbeta in transfizierten Zelllinien und primären Neuronen aus Rattenrückenmark etabliert. Weiterhin ermöglichte die Herstellung dieses Antikörpers erstmals die direkte immunhistochemische Färbung von GlyRbeta-Protein im ZNS von Mäusen. GlyRbeta konnte hierbei im Hirnstamm, Rückenmark, dem Bulbus olfactorius und der Retina von Mäusen nachgewiesen werden, was zeigt, dass GlyRbeta-Protein weit weniger verbreitet ist als aufgrund von in situ Hybridisierungs-Studien vermutet. Die gefundene Verteilung von GlyRbeta-Protein unterscheidet sich demnach stark von der Verteilung der GlyRbeta-mRNA, was für eine posttranskriptionelle Regulation der GlyRbeta-Proteinmenge spricht. Weiterführende immunhistochemische Untersuchungen an der Retina von Mäusen zeigten, dass GlyRbeta in diesem Gewebe wie erwartet mit Gephyrin an inhibitorischen Synapsen kolokalisiert ist. In Bezug auf GlyRalpha-Untereinheiten geht man bislang davon aus, dass sie an Synapsen des adulten ZNS immer mit GlyRbeta assoziiert sind, und somit indirekt mit Gephyrin verbunden werden, wodurch das Clustering der Rezeptoren gewährleistet wird. Entgegen dieser Hypothese wurde in Doppelfärbungen von GlyRbeta und GlyRalpha-Untereinheiten gefunden, dass eine Ansammlung von GlyRalpha4-Clustern in der Retina adulter Mäuse vermutlich eine Ausnahme hierzu bildet. Für GlyRalpha4-Cluster in Stratum 3 und 4 der IPL konnte gezeigt werden, dass sie teilweise nicht mit GlyRbeta, und zu ebenso großem Teil nicht mit Gephyrin kolokalisiert sind. Dennoch scheinen diese GlyRalpha4-Untereinheiten in Clustern angereichert und zudem synaptisch lokalisiert zu sein. Der Mechanismus, durch den GlyRalpha4 in Abwesenheit dieser beiden Proteine an Synapsen immobilisiert wird, ist bislang völlig unklar. Funktionell wäre denkbar, dass derartige Rezeptorkomplexe den synaptischen Eingängen von ON-Starburst-Amakrinzellen besondere Leitungseigenschaften verleihen und somit maßgeblich an der Verarbeitung richtungsselektiver Signale in der Retina beteiligt sein könnten. In dieser Arbeit wurden außerdem Mutagenesestudien durchgeführt, um zu klären, über welchen Mechanismus die Inhibition der Proteinphosphatasen 1 und 2A (PP1 und PP2A) zum Verlust von synaptischem Gephyrin führt. Es konnte gezeigt werden, dass eine direkte Dephosphorylierung von Gephyrin durch PP1 hierfür wahrscheinlich nicht verantwortlich ist, da die Mutation etablierter Phosphorylierungsstellen von Gephyrin keinen, oder nur einen marginalen Einfluss auf dessen synaptische Lokalisation und das Clustering von GABAARs hatte. Dies spricht dafür, dass PP1/PP2A abhängige Dephosphorylierungs-/Phosphorylierungsprozesse wahrscheinlich andere Gephyrin- oder Cytoskelett-assoziierte Proteine beeinflussen, jedoch nicht direkt an Gephyrin wirken. Die Erstellung von genomweiten Expressionsprofilen ist eine effiziente Methode zur Identifikation neuer Regulationsmechanismen und potentieller Interaktionspartner von Genprodukten und wurde in dieser Arbeit auf Vorderhirnproben von WT- und Gephyrin-KO-Mäusen vergleichend angewendet. Hierbei wurde gefunden, dass die Transkription bekannter Gephyrin-Interaktionspartner durch den Verlust des Gephyrin-Gens nicht messbar verändert wird. Weil die ermittelten Unterschiede in Transkriptmengen generell sehr gering waren, ist zu vermuten, dass Gephyrin keine wesentlichen genregulatorischen Funktionen im Mausgehirn ausübt. Andererseits ergab die Expressionchip-Analyse Hinweise auf neue Genprodukte, für die in WT- und Gephyrin-KO-Mäusen signifikant verschiedene Transkriptionsmengen gefunden wurden. Die Validierung dieser Daten mit anderen Methoden steht jedoch noch aus.
In der vorliegenden Arbeit wird ein neu entwickeltes Erfassungsinstrument für die pflanzliche Artenvielfalt in der Normallandschaft vorgestellt, dass den Namen GISMap trägt. Die standardisierte Vorgehensweise und eine große Reproduzierbarkeit des Aufnahmeverfahrens sind wichtige Eigenschaften der Methode. GISMap basiert auf der GIS-gestützten Auswertung der Landschaftsstruktur, die in Form eines digitalen Landschaftsmodells (DLM) zugrunde gelegt wird. Im Zentrum der Methode steht ein im Rahmen der Arbeit entwickelter Algorithmus, der eine zufallsgesteuerte Festlegung von Aufnahmeflächen in der zu untersuchenden Landschaft vornimmt und sich dabei an den Ökotonen orientiert, die sich zwischen zwei benachbarten Landschaftselementen ausbilden. Ökotone sind als Übergangsbiotope häufig sehr reich an Strukturen und können daher eine große Artenvielfalt aufweisen. GIS-Map macht sich diese ökologische Gegebenheit zunutze, um auf möglichst kleinem Raum eine große Artenzahl zu erfassen. Die von GISMap errechneten Aufnahmeflächenkoordinaten wurden mit Hilfe eines GPS-Empfängers im Gelände lokalisiert und einer floristischen Untersuchung unterzogen. Als geeignete Aufnahmeflächengröße erwies sich dabei ein Kreis mit einer Fläche von 700 m². Die Flächen wurden mit Magneten markiert, um sie zur Dauerbeobachtung der Flora nutzen zu können. In dem 33 km² großen Untersuchungsgebiet, das im östlichen Bereich des Taunus liegt, wurden insgesamt 141 Aufnahmeflächen für 16 64tel-MTB-Rasterfelder angelegt. Um den mit der Methode zu erzielenden Erfassungsgrad abschätzen zu können, wurden umfangreiche Vergleichsuntersuchungen durchgeführt, die auch eine Auswertung vorliegender Literaturquellen mit einschlossen. In den 16 untersuchten Rasterfeldern konnten durchschnittlich 73 % der insgesamt vorkommenden Arten mit der Methode erfasst werden. Dazu müssen nur 0,3 % der Fläche tatsächlich einer floristischen Untersuchung unterzogen werden. Alle kartierten Arten erhalten dabei eine punktgenaue Koordinate. Die Methode wurde als Basisinstrument konzipiert und sollte mit bereits vorliegenden Fachdaten kombiniert werden, um die Erfassung der Farn- und Samenpflanzen eines Gebietes zu vervollständigen. Diskutiert wird der Einsatz im Rahmen eines Landschaftsinformationssystems (LIS). Durch eine Ergänzung der mit GISMap erhobenen Daten mit anderen vegetationskundlichen Daten aus dem Untersuchungsgebiet konnte der Erfassungs-grad von 73 % auf 85 % gesteigert werden. Im Rahmen der Arbeit werden zahlreiche Möglichkeiten der technischen Weiterentwicklung dargestellt, die zu einer Optimierung der Methode beitragen können. Ausgehend von den Daten des digitalen Landschaftsmodells wurden zur Beschreibung der landschaftlichen Struktur des Untersuchungsgebietes verschiedene Landschaftsstrukturmaße berechnet, wie sie in der modernen landschaftsökologischen Forschung mittlerweile häufig zum Einsatz kommen. Diese wurden mit den erfassten Sippenzahlen korreliert, um Zusammenhänge zwischen der Landschaftsstruktur und dem auftretenden floristischen Ar-tenreichtum darzustellen. Dabei wurde auch der Fragestellung nachgegangen, ob auf der Basis von Maßzahlen für die Landschaftsstruktur Prognosen über die zu erwartende pflanzli-che Artenvielfalt getroffen werden können. Ein weiterer Aspekt der Untersuchungen bestand in der Nutzung des entstandenen Aufnahmeflächennetzes zur langfristigen Beobachtung von Veränderungen der Vegetation des betrachteten Landschaftsausschnittes. Anhand der Frequenzen in den Aufnahmeflächen kann mit GISMap ein langfristiges Monitoring auf der Ebene einzelner Arten durchgeführt werden. Dies wird u. a. in Hinblick auf die im Untersuchungsgebiet auftretenden Neophyten diskutiert. Als Möglichkeit zum Monitoring der gesamten Vegetation wurde der Ansatz verfolgt, die Verteilung der kartierten Arten auf 24 häufig in der Literatur beschriebene Pflanzenformationen festzustellen. Es wird vorgeschlagen, eine langfristige Beobachtung dieses Verteilungsmusters vorzunehmen, um einen Aufschluss über ökologische Veränderungen der Landschaft anhand der Vegetation zu erhalten. Weitere Auswertungen der gesammelten floristischen Daten beziehen sich auf ihre Eignung zum Monitoring von klimatischen Veränderungen. Die Berechnung mittlerer Temperaturzahlen für 6 Höhenstufen erwies sich dabei als ungeeignet, da ihre Unterschiede zwischen den Höhenstufen nicht statistisch abzusichern waren. Darüber hinaus wurde die Verteilung von Kühlezeigern in dem entstandenen Aufnahmeflächennetz für die verschiedenen Höhenstufen untersucht. Hinweise zu ihrer Eignung als Indikatoren für klimatische Veränderungen werden diskutiert.
Das Ziel dieser Arbeit war die Entwicklung und Synthese von spaltbaren Linkern. Dabei wurden zwei unterschiedliche Themengebiete bearbeitet: 1) Entwicklung eines enzymatisch spaltbaren Safety-Catch-Linkers, der eine flexible Modifizierung ermöglicht für den potentiellen Einsatz zur zielgerichteten Zellaufnahme von (Antisense-)Oligonukleotiden. 2) Entwicklung eines Fluorid-spaltbaren Linkers für die reversible Fluo¬reszenz¬markie¬rung von Triphosphaten zum Einsatz in einer neuen Methode der DNA-Sequenzierung. Im Rahmen dieser Arbeit wurde ein neuer, variabler enzymatisch spaltbarer Safety-Catch-Linker entwickelt und es wurden drei Derivate synthetisiert. Die drei neuen Safety-Catch-Linker sind über Amid- bzw. Esterbindungen an die 5' Position von 2' Desoxythymidin angebunden und sind Substrate für zwei unterschiedliche Enzyme. Zwei der synthetisierten Derivate des Linkers sind Substrate der Penicillin G Acylase und eins ist ein Substrat für die Pyroglutamyl Aminopeptidase I. Sie wurden hinsichtlich ihrer Spaltungs- und Stabilitätseigenschaften intensiv untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass die Ester-verknüpften Linker für eine Anwendung unter physiologischen Bedingungen geeignet sind. Es wurden kinetische Spaltungsexperimente durchgeführt und dabei eine sehr effektive enzymatische Spaltung durch das entsprechende Enzym beobachtet. Es wurde außerdem der Mechanismus einer, bei höheren pH-Werten beobachteten, nicht-enzymatischen Spaltung aufgeklärt. Darüber hinaus konnte das sehr basenlabile, mit Pyroglutamyl Aminopeptidase I spaltbare Derivat unter Anwendung einer aminoschutzgruppenfreien Oligonukleotidsynthesemethode erfolgreich in ein Antisense-Oligonukleotid eingebaut werden. Für das EU-Projekt „ArraySBS“ wurde im Rahmen dieser Arbeit ein neuer, hoch effizient mit Fluoridionen spaltbarer Linker für die reversible Anbindung eines Fluoreszenzfarbstoffs an die Baseneinheit eines Nukleotids entwickelt. Die spaltbare Einheit des Linkers basiert auf dem Strukturmotiv der 2-Cyanoethylgruppe, als Spacer zwischen dem Nukleotid und dem Fluoreszenzfarbstoff wurde eine Triglykoleinheit verwendet. Die Spaltungseigenschaften wurden an einer Modellverbindung, einem modifizierten Nukleosid und einem immobilisierten Oligonukleotid intensiv untersucht. Dabei wurde eine vollständige Spaltung mit 1 M TBAF in THF in weniger als einer Minute gefunden und die erwartete beta-Eliminierung als Spaltungsmechanismus bestätigt. Mit Hilfe des entwickelten Linkers wurden vier neue, Fluoreszenz-markierte, reversible Terminatoren in sehr hoher Reinheit hergestellt und analytisch eindeutig identifiziert. Dabei handelt es sich um ein Fluorescein-markiertes 2'-Desoxyuridin Derivat, ein Cy3-markiertes 2' Desoxycytidin, ein Cy5-markiertes 2'-Desoxyguanosin und ein TexasRed-markiertes 2' Desoxyadenosin Derivat. Diese wurden dann in Zusammenarbeit mit den Kooperationspartnern des EU Projekts erfolgreich durch eine DNA-Polymerase in DNA-Template eingebaut und in einem ersten Anwendungsexperiment an immobilisierten Hairpin-Templaten in zwei Sequenzierungszyklen eingesetzt.
Tumoren epithelialen Ursprungs weisen häufig eine vermehrte Expression und/oder Mutationen des epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptors (EGFR) auf. Durch die übermäßig starke bzw. permanente Vermittlung von Überlebens- und Proliferationssignalen an die betroffene Zelle trägt dies direkt zum Voranschreiten der Tumorerkrankung bei. Für eine Reihe von Tumorentitäten ist bekannt, dass eine abnorme Expression von EGFR mit einer schlechteren Prognose für den Krankheitsverlauf und die mittlere Überlebenszeit betroffener Krebspatienten korreliert. Begleitend zur systemischen Chemotherapie solcher Tumoren wird eine gerichtete Therapie zur Eindämmung der EGFR-vermittelten Signaltransduktion durch den Einsatz von Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI) oder EGFR-spezifischer monoklonaler Antikörper (mAb) erzielt. Bei der therapeutischen Anwendung monoklonaler anti-EGFR Antikörper wurden in einigen Fällen lediglich milde Nebenwirkungen wie z.B. Hautausschläge beobachtet, wobei das Auftreten dieser Effekte mit dem Therapieerfolg korrelierte. Eine Reihe von monoklonalen Antikörpern, die gegen ErbB Rezeptor-Tyrosinkinasen gerichtet sind, sind mittlerweile zur Tumortherapie zugelassen, darunter der chimäre anti-EGFR Antikörper Cetuximab (Erbitux®, ImClone/BMS/Merck) zur Behandlung von metastasierenden Kolonkarzinomen sowie Karzinomen des Kopf- und Halsbereichs, der humane anti-EGFR Antikörper Panitumumab (Vectibix®, Amgen) bei metastasierenden Kolonkarzinomen, und der humanisierte anti-ErbB2 Antikörper Trastuzumab (Herceptin®, Genentech/Roche) bei Brustkrebs. Weitere Antikörper befinden sich derzeit in fortgeschrittenen Phasen der klinischen Entwicklung, darunter der humanisierte anti-EGFR Antikörper Matuzumab (Merck/Takeda). Klinische Daten zeigen, dass Patienten mit EGFR positiven Tumoren, die gegenüber etablierter Chemotherapie resistent sind, von der Behandlung mit anti-EGFR Antikörpern profitieren. Durch aktivierte EGF-Rezeptoren induzierte mitogene Signale werden vermindert bzw. blockiert, indem die Antikörper mit hoher Affinität an ErbB Rezeptoren auf der Zelloberfläche binden und die Ligandenbindung bzw. die Dimerisierung verhindern, die zur Bildung aktivierter Rezeptor Dimere nötig ist. Auf diese Weise wird die mitogene Signalübertragung aktivierter ErbB-Rezeptor Dimere verhindert und die Proliferation der Tumorzelle wird verlangsamt oder kommt zum Stillstand. Es gibt Hinweise, dass darüber hinaus sekundäre Effektormechanismen des Immunsystems wie die antikörperabhängige zellvermittelte Zytotoxizität (ADCC) oder die komplementabhängige Zytotoxizität (CDC) gegen Antikörper-markierte Tumorzellen die anti-tumorale Wirksamkeit dieser Antikörper noch verstärken. Die lebensverlängernde Wirkung der Behandlung mit diesen Antikörpern ist ein Beispiel für die erfolgreiche Anwendung einer zielgerichteten Krebstherapie durch passive Immuntherapie. Zu Beginn dieser Arbeit waren die genauen Bindungsstellen der therapeutischen anti-EGFR Antikörper Cetuximab und Matuzumab noch unbekannt. Die Kenntnis der Lage der Epitope auf dem EGFR Molekül könnte wichtige Hinweise zur Aufklärung der Wirkungsmechanismen dieser Antikörper liefern und Ansätze zur weiteren Optimierung dieser Therapeutika aufzeigen. Aus vorangegangenen Experimenten war bekannt, dass Cetuximab und Matuzumab Epitope auf dem EGFR erkennen, die eine intakte Raumstruktur des Rezeptors voraussetzen. Diese Beobachtungen konnten in dieser Arbeit bestätigt werden, ferner konnte die Lage der Epitope auf die EGFR Ektodomäne III/L2 eingegrenzt werden. Da sowohl Cetuximab als auch Matuzumab nicht-lineare, konformationelle Epitope erkennen, wurde eine Variante der Phage Display Methode zur Identifizierung von Peptiden gewählt, die mit den hypervariablen Regionen (CDR) dieser Antikörper interagieren, welche die Bindungsspezifität der Antikörper vermitteln. Ziel dieser Experimente war die Identifizierung von Peptiden, welche die konformationellen Epitope von Cetuximab bzw. Matuzumab in linearer bzw. zyklisch restringierter Form nachbilden. Die Aminosäuresequenzen solcher sogenannter Mimotope könnten zur Identifizierung entsprechender Oberflächenstrukturen am EGFR Molekül herangezogen werden. In der vorliegenden Arbeit wurden aus kommerziell erhältlichen Bibliotheken genetisch modifizierter M13 Bakteriophagen, die randomisierte lineare bzw. zyklische Peptide als N-terminale Fusion am Oberflächenprotein pIII exponieren (M13KE), unter Anwendung der „Delayed Infectivity Panning“ (DIP) Methode Peptide angereichert, die von Cetuximab bzw. Maztuzumab erkannt werden. Zur Anreicherung von M13KE Bakteriophagen mit CDR-spezifischen Fusionspeptiden mittels DIP wurde zunächst ein „single-chain“ Antikörperfragment aus der cDNA von Matuzumab konstruiert und in den bakteriellen Expressionsvektor pIB-Tx kloniert. Mit dem resultierenden Konstrukt pIB-Tx-scFv(E72K) bzw. dem bereits vorhandenen analogen Konstrukt pIB-Tx-scFv(225), welches das „single-chain“ Antikörperfragment von Cetuximab enthält, wurden E. coli HB101 Bakterien transformiert, um die bakterielle Oberflächenexpression dieser Antikörperfragmente zum Einsatz in DIP Experimenten zu erreichen. In alternierenden positiven und negativen Selektionsrunden wurden unter Einsatz dieser scFv-exprimierenden E. coli HB101 Bakterien in Biopanning Experimenten Phagen mit solchen Fusionspeptiden angereichert, die selektiv an die „single-chain“ Antikörperfragmente von Cetuximab bzw. Matuzumab binden. Phagen ELISA Experimente mit M13KE Einzelklonen zeigten, dass aus allen eingesetzten Bibliotheken Phagen mit Fusionspeptiden isoliert werden konnten, die an den jeweiligen parentalen Antikörper des zur Selektion eingesetzten „single-chain“ Antikörperfragmentes binden. Ein Teil der Phagenklone wies eine zumindest partielle Kreuzreaktivität zu dem entsprechenden anderen anti-EGFR Antikörper auf, obwohl sie auf Bindung an diesen nicht selektioniert worden waren. Die Sequenzanalyse der Fusionspeptide lieferte keine gemeinsame Consensus Sequenz, es konnten jedoch kurze, gemeinsame Sequenzmotive identifiziert werden. In MTT-Zytotoxizitätsassays wurden diese Klone als mögliche Kompetitoren der Bindung des gegen EGFR gerichteten Immuntoxins scFv(225)-ETA in MTT-Zytotoxizitätsassays eingesetzt. Ein Teil der selektionierten Fusionspeptide war in der Lage, die Bindung der aus dem „single-chain“ Antikörperfragment von Cetuximab scFv(225) bestehenden Zellbindungsdomäne des Immuntoxins scFv(225)-ETA an EGFR exprimierende Zellen zu kompetieren. Auch für einige Fusionspeptide, die zunächst nur auf Bindung an Matuzumab selektioniert worden waren, wurde dies beobachtet. Peptide, welche die Bindung des Immuntoxins an EGFR kompetieren, weisen in ihren pIII-Fusionspeptiden laut Sequenzanalyse die gemeinsamen Sequenzmotive KTL bzw. YPLG auf. Nach einem Abgleich der Sequenzen der kompetierenden, kreuzreaktiven Peptide mit KTL bzw. YPLG Motiven wurden zwei Peptide ausgewählt und zur Immunisierung von Kaninchen eingesetzt. In MTT-Zytotoxizitätsassays wurde zunächst bestätigt, dass die synthetischen Peptide in der Lage sind, durch Kompetition spezifisch die Bindung des gegen EGFR gerichteten Immuntoxins scFv(225)-ETA und dessen zytotoxische Wirkung auf EGFR exprimierende Zellen zu verhindern. Kaninchenseren und aus diesen affinitätsgereinigte anti-Peptid Antikörper zeigten in ELISA Experimenten konzentrationsabhängige Bindung an die immobilisierten synthetischen Peptide. Die Bindung der anti-EGFR Antikörper Cetuximab und Matuzumab an die synthetischen Peptide konnte ebenfalls bestätigt werden. In einer Reihe von Experimenten wurde untersucht, ob die Immunisierung mit potentiellen Mimotopen der anti-EGFR Antikörper eine endogene humorale Immunantwort gegen den humanen EGFR bewirkt hatte. Die Bindung der affinitätsgereinigten anti-Peptid Antikörper an den Rezeptor auf der Oberfläche EGFR-exprimierender Tumorzellen wurde zunächst in Durchflusszytometrie (FACS) Experimenten analysiert. Für die gereinigten anti-Peptid Antikörper wurde spezifische Bindung an murine Renca-lacZ/EGFR Zellen sowie an humane A431 Vulvakarzinomzellen detektiert, die den humanen EGFR auf der Oberfläche exprimieren. Die Bindung an A431 konnte durch Vorinkubation der Antikörper mit einem Überschuss der entsprechenden synthetischen Peptide vollständig verhindert werden. In einer weiteren Serie von FACS Experimenten konnte gezeigt werden, dass die Bindung der Antikörper Cetuximab und Matuzumab an EGFR durch eine Vorinkubation von Renca-lacZ/EGFR Zellen mit den gereinigten anti-Peptid Antikörpern deutlich reduziert werden konnte. Dies ist ein Beweis für die Fähigkeit der in Immunisierungsexperimenten generierten anti-Peptid Antikörper, die Bindungsstellen von Cetuximab und Matuzumab am EGFR zumindest teilweise zu besetzen. Diese Beobachtungen zeigen, dass durch Immunisierung mit den hier ausgewählten synthetischen Peptiden in Versuchstieren die Bildung von Antikörpern mit ähnlichen Eigenschaften wie Cetuximab bzw. Matuzumab und somit eine endogene Immunantwort gegen den humanen EGFR ausgelöst werden konnte. In Immunfluoreszenz Experimenten wurde die Bindung der anti-Peptid Antikörper an Renca-lacZ/EGFR Zellen erneut überprüft und mittels konfokaler Laser Scanning Mikroskopie (CLSM) visualisiert. In diesen Experimenten wurde für gereinigte anti-Peptid Antikörper (KTL Motiv bzw. YPLG Motiv) Bindung an die Zelloberfläche bzw. membrannahe intrazelluläre Strukturen beobachtet, die der Lokalisierung der Bindungssignale der parallel getesteten anti-EGFR Antikörper Cetuximab, Matuzumab und dem murinen anti-EGFR Antikörper R-1 entsprach. Die Bindung der anti-Peptid Antikörper konnte durch Zugabe eines Überschusses der jeweiligen synthetischen Peptide verhindet werden. In einer weiteren Serie von Immunfluoreszenz Experimenten wurde der humane EGFR auf Renca-lacZ/EGFR Zellen gleichzeitig mit anti-KTL bzw. anti-YPLG Peptid Antikörpern aus Kaninchen sowie dem murinen anti-EGFR Antikörper R-1 detektiert. Durch eine Überlagerung der Signale konnte eindeutig eine Kolokalisation nachgewiesen werden. Dies ist ein Beweis dafür, dass es sich bei der Bindung der anti-Peptid Antikörper an die Oberfläche von Renca-lacZ/EGFR um Bindung an den humanen EGFR handelt. In Lysaten von EGFR exprimierenden Zelllinien konnte mit gereinigten anti-Peptid Antikörpern ein Protein detektiert werden, dessen Größe dem humanen EGFR entspricht. Die durch Stimulation des humanen EGFR mit dem natürlichen Peptidliganden EGF hervorgerufene Autophosphorylierung des Rezeptors in A431 Zellen konnte durch Zugabe von anti-Peptid Antikörpern teilweise inhibiert werden, allerdings nicht in dem gleichen Ausmaß, wie dies für die als Positivkontrollen eingesetzten anti-EGFR Antikörper Cetuximab und Matuzumab beobachtet wurde. In MTT-Zytotoxizitätsassays konnte darüber hinaus eine teilweise Kompetition der Bindung des rekombinanten Toxins TGF!-ETA an EGFR-exprimierende A431 Zellen, und somit eine teilweise Kompetition des natürlichen Peptidliganden TGF! an EGFR durch Vorinkubation mit anti-Peptid Antikörpern nachgewiesen werden. Zur näherungsweisen Quantifizierung der Affinitäten der anti-Peptid Antikörper und der anti-EGFR Antikörper Cetuximab und Matuzumab für die synthetischen Peptide (KTL Motiv und YPLG Motiv) bzw. für die gereinigte extrazelluläre Domäne des humanen EGFR (sEGFR) wurden ELISA Bindungstests durchgeführt. Die aus den Bindungskurven berechneten Affinitätswerte zeigen, dass die anti-Peptid Antikörper an sEGFR im nanomolaren Bereich binden und damit ca. 200-fach niedrigere Affinitäten für den Rezeptor besitzen als die affinitätsoptimierten anti-EGFR Antikörper Cetuximab bzw. Matuzumab. Die Affinitäten der anti- Peptid Antikörper für die synthetischen Peptide liegen ebenfalls im nanomolaren Bereich, während Cetuximab und Matuzumab lediglich mikromolare Affinitäten für die Peptide besitzen. Durch „Epitope Mapping“ in silico vorhergesagte mögliche Oberflächenstrukturen auf EGFR, welche die Peptidmimotope mit KTL bzw. YPLG Motiven nachbilden, sind direkt benachbart zu den mittlerweile publizierten Bindungsstellen von Matuzumab und Cetuximab bzw. EGF in der Ektodomäne III/L2 von EGFR (Li et al., 2005; Schmiedel et al., 2008) und zeigten im Falle des Peptides mit KTL Motiv Übereinstimungen mit Teilen beider Epitope. Möglicherweise ist dieses Peptid in der Lage, alternative Strukturen mit KTL bzw. KTI Motiven an der Oberfläche von EGFR nachzubilden, die Gemeinsamkeiten mit beiden Epitopen von Cetuximab bzw. Matuzumab besitzen und daher von beiden Antikörpern erkannt werden können. Eine endgültige Klärung der Bindung der hier identifizierten Peptide an Cetuximab bzw. Matuzumab bzw. der Bindung der anti-Peptid Antikörper an EGFR könnte in nachfolgenden Untersuchungen mittels Röntgenkristallographie bzw. NMR strukturell aufgeklärt werden – die hierzu nötigen Peptide bzw. Proteine liegen bereits in gereinigter Form vor. Eine Optimierung der hier identifizierten Mimotope zur Steigerung der Affinitäten der induzierten anti-Peptid Antikörper für EGFR könnte zur Entwickung von Vakzinen führen, die eine Alternative zur wiederholten, kostenintensiven passiven Immunisierung von Patienten mit EGFR-exprimierenden Tumoren mit monoklonalen Antikörpern darstellen könnte.
Die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Untersuchungen führten zu folgenden Ergebnissen: 1. Eindimensionale Gelelektrophoresen Die Analyse mitochondrialer Proteine aus juvenilen und seneszenten P. anserina-Wildstämmen mit Hilfe von eindimensionalen SDS- und eindimensionalen Blau-Nativen-Gelelektrophoresen zeigt keine deutlichen, seneszenzspezifischen Unterschiede. Im Gegensatz dazu werden in initialen Versuchen der nicht-radioaktiven 2D-PAGE differentiell gebildete Proteine visualisiert. 2. 2D-PAGE mit radioaktiv-markierten, mitochondrialen Proteinen aus jungen und alten P. anserina-Wildstämmen In der ungerichteten Proteomanalyse wurden 29 differentiell-gebildete Proteine identifiziert und zusätzlich zahlreiche Isoformen einiger Proteine gezeigt. Von der ß-ATPase wurden modifizierte Isoformen gefunden. Außerdem wurde eine seneszenspezifisch verringerte Bildung von ROS-Abwehr-Proteinen in den Mitochondrien detektiert. Im Gegensatz dazu wurde eine größere Menge eines Chaperons gefunden, das bei der Proteinsynthese eine Rolle spielt: eine Protein-Disulfid-Isomerase, die die Umlagerung und Neubildung von Di-Sulfid-Brücken bei der Faltung von Proteinen katalysiert. Zusätzlich wurde eine erhöhte Menge des Proteins SSC1 identifiziert. Dieses gehört zur Hsp70-Hitzeschock-Proteinfamilie. Es wurde ebenfalls eine erhöhte Menge des Apoptosefaktors Cyclophilin D in den mitochondrialen Proben aus den seneszenten Wildstämmen identifiziert. Die Identifizierung dieses Proteins in Mitochondrien von P. anserina stellt neben der Charakterisierung der Metacaspasen (Hamann et al., 2007) einen weiteren Ansatzpunkt für die Apoptoseforschung in P. anserina dar. Die molekularbiologische Analyse dieses Proteins wurde aufgrund dieser Proteomanalyse im Arbeitskreis aufgenommen (Dissertation D. Brust). Ein weiteres Protein, das in stark erhöhter Menge in den Proteinisolaten identifiziert wurde, ist PaMTH1. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden die Struktur und die Funktion dieser neu identifizierten differentiell-gebildeten Methyltransferase während der Alterung in P. anserina mit Hilfe molekularbiologischer, biochemischer und physiologischen Analysen untersucht. 3. Charakterisierung von PaMTH1 Im Rahmen von Northernblot-Analysen wurde gezeigt, dass die PaMth1-Transkriptmenge in drei unabhängigen alten Wildstämmen im Vergleich zu den entsprechenden jungen Wildtsämmen deutlich erhöht ist. In einer Westernblot-Analyse von Gesamtproteinen und Mitochondrien aus jungen und seneszenten Wildstämmen wird der seneszenzspezifische Anstieg der Proteinmenge verifiziert. Die genauere Einordnung von PaMTH1 in die Klasse I der Methyltransferasen und die Ergebnisse der Analyse der Substratspezifizität geben einen Hinweis auf eine Schutzfunktion durch die Verhinderung einer ROS-Entstehung unter der Beteiligung von Substanzen mit einer Catecholgruppe. Die Ergebnisse der Analyse der Modulation der PaMth1-Expression in P. anserina deuten ebenfalls auf eine Schutzwirkung von PaMTH1 hin: PaMth1-Überexpressionsstämme zeigen eine verbesserte Wuchsrate auf stress-induzierenden Medien, weniger carbonylierte Proteine und vor allem eine verlängerte Lebensspanne ohne physiologische Nachteile im Vergleich zum Wildstamm. Dagegen lebt die PaMth1-Deletionsmutante kürzer und wächst schlechter auf ROS-induzierenden Medien, sie zeigt allerdings keine erhöhte Menge von carbonylierten Proteinen im eindimensionalen „Oxyblot“. Die beobachtete Lebensspannenverkürzung der PaMth1-Deletionsmutante wird jedoch durch die Reversion dieser Stämme wieder aufgehoben, sodass die Hypothese des Schutzes vor der ROS-Generierung durch die Methylierung von Dihydroxylgruppen anhand der erhaltenen Daten unterstützt wird.
I-kappaB-Kinase epsilon - ein neues Zielprotein für die Pharmakotherapie bei Schmerz und Entzündung?
(2010)
Der Transkriptionsfaktor NF-kappaB spielt eine wichtige Rolle bei der Regulation von Immunantworten, Apoptose und Entzündungen sowie bei der Entstehung und Verarbeitung von Schmerzen. Ein pharmakologischer Eingriff in die NF-kappaB-Aktivierungskaskade könnte daher eine Schmerzhemmung bewirken und so Ansätze für die Entwicklung neuer Therapien für pathophysiologische Schmerzen liefern. Die NF-kappaB-Signalübertragungskaskade bietet verschiedene Angriffspunkte für Pharmaka, wobei zurzeit IkappaB Kinasen (IKK) als hoffnungsvolle Zielmoleküle im Fokus der Untersuchungen stehen. Verschiedene IKKs regulieren die Aktivität von NF-kappaB über die Phosphorylierung des inhibitorischen Proteins IkappaB oder über die direkte Phosphorylierung von NF-kappaB. In der vorliegenden Arbeit wurde die Rolle der neu entdeckten IKK epsilon bei der Schmerzentstehung und -verarbeitung sowie deren Eignung als neues Zielmolekül für die Schmerztherapie näher untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass IKK epsilon konstitutiv in Geweben der Maus, welche an der Entstehung und Verarbeitung von Schmerzen beteiligt sind, exprimiert ist. Im Rückenmark konnte die Lokalisation von IKK epsilon in den schmerzrelevanten Laminae I und II des Dorsalhorns nachgewiesen werden und auch in den Hinterwurzelganglien (Dorsal Root Ganglia (DRG’s)) war IKK epsilon in kleinen, nozizeptiven Neuronen exprimiert. Nach peripherer entzündlich-nozizeptiver Stimulation mit Formalin oder Zymosan kam es im Lumbalmark und den DRG’s zu einem signifikanten Anstieg der IKK epsilon-Expression sowohl auf mRNA- als auch auf Proteinebene. Diese Beobachtungen machten eine Beteiligung von IKK epsilon an der Prozessierung von Schmerz sehr wahrscheinlich. Um die Rolle von IKK epsilon während der Schmerzentstehung und -verarbeitung besser beurteilen zu können wurde das Verhalten von IKK epsilon defizienten Mäusen in akuten und inflammatorischen Schmerzmodellen charakterisiert. Es konnte gezeigt werden, dass der Knockout von IKK epsilon zu einem signifikant verringerten nozizeptiven Verhalten im Formalintest und einer Hemmung der mechanischen Hyperalgesie nach Zymosaninjektion im Vergleich zu Wildtyp-Mäusen führte. Gleichzeitig konnte kein Unterschied im akut nozizeptiven Verhalten festgestellt werden. Der Knockout von IKK epsilon hatte demnach keine Auswirkung auf den akuten physiologischen Nozizeptorschmerz, zeigte jedoch eine Verbesserung bei pathophysiologischen Schmerzen. Das verringerte nozizeptive Verhalten der IKK epsilon defizienten Mäuse im Formalintest ging mit einer Hemmung der NF-kappaB-Aktivierung im Rückenmark einher. Auch konnte eine verringerte mRNA-Expression der NF-kappaB-abhängigen Gene Cyclooxygenase-2 (COX-2), Matrixmetalloprotease-9 (MMP-9) und induzierbare Stickstoffmonoxid-Synthase (iNOS), die an der Regulation von Entzündungsschmerzen beteiligt sind, im Rückenmark und den DRG’s nachgewiesen werden. Da IKK epsilon bisher hauptsächlich mit der Aktivierung des TypI Interferon-Signalweges in Zusammenhang gebracht wurde, wurde außerdem geprüft, ob es nach Injektion mit Formalin zu einer Aktivierung des Trankriptionsfaktors Interferon-regulierender Faktor (IRF)-3 in Wildtyp-Mäusen kommt, was nicht beobachtet werden konnte. Der Knockout von IKK epsilon scheint demnach seine antinozizeptive Wirkung direkt über eine fehlende Aktivierung von NF-kappaB zu entfalten, wonach IKK epsilon eine bedeutendere Rolle als bisher angenommen bei der Aktivierung von NF-kappaB spielt. Dies konnte durch in vitro Daten untermauert werden. Der Knockdown von IKK epsilon in Makrophagen-Zellkultur mit spezifischer siRNA verhinderte die Phosphorylierung von NF-kappaBp65 am Serinrest 536 nach Stimulation mit LPS. Anhand der vorliegenden Daten lässt sich also schlussfolgern, dass IKK epsilon an der Schmerzentstehung und verarbeitung bei Entzündungen beteiligt zu sein scheint. Eine Hemmung dieser Kinase könnte demnach ein neues, lohnendes Ziel für die Entwicklung neuer Medikamente für die Schmerztherapie sein.
Durch die Behandlung HIV-positiver Patienten mit einer Kombinationstherapie verschiedener antiviraler Substanzen (HAART = hochaktive antiretrovirale Therapie) kann die Virusreplikation über einen längeren Zeitraum unterdrückt werden. Allerdings hat diese Therapie Limitationen. Die Medikamente verursachen hohe Therapiekosten, haben zum Teil starke Nebenwirkungen und es entstehen mit der Zeit resistente Viren. Eine Alternative besteht in der somatischen Gentherapie der HIV-Infektion. Bei diesen Ansätzen werden Zellen der Patienten genetisch modifiziert, so dass sie ein antivirales Genprodukt exprimieren. In der vorliegenden Arbeit wurde ein membrangebundenes, antivirales C46 Peptid (maC46) sowohl in vitro in Zelllinien und primären humanen T-Zellen als auch in vivo in zwei humanisierten Mausmodellen getestet. Das C46 Peptid entstammt der C-terminalen "heptad repeat" Sequenz des HIV Hüllproteins gp41. C-Peptide wie C46 oder auch T20, welches bereits für die HAART Therapie zugelassen ist, binden während der Fusion des Virus mit der Zielzelle an gp41 und inhibieren so die Fusion. Werden T-Zelllinien oder primäre humane T-Zellen mit einem gammaretroviralen Vektor, der maC46 codiert, transduziert, können sie sehr effizient vor einer Infektion mit HIV geschützt werden [30]. Dieser Vektor wurde bereits in einer klinischen Studie mit T-Zellen von 10 HIV-positiven Patienten getestet [142]. Dabei konnte allerdings kein antiviraler Effekt der Gentherapie beobachtet werden. Hier wurde nun ein lentiviraler Vektor für maC46 (LV-maC46-GFP) verwendet. Lentivirale Vektoren transduzieren im Gegensatz zu gammaretroviralen auch ruhende Zellen, was ein kürzeres ex vivo Aktivierungs- und Transduktionsprotokoll ermöglicht. Außerdem ist für lentivirale Vektoren das Risiko der Transformation der Zelle niedriger als für gammaretrovirale. Für eine mögliche klinische Anwendung sollte es daher tolerierbar sein, für lentivirale Vektoren eine höhere MOI zu verwenden als für gammaretrovirale. Eine höhere Transduktionseffizienz sollte auf der anderen Seite auch eine effektive und langanhaltende Transgenexpression ermöglichen. Zunächst wurde gezeigt, dass sowohl die T-Zelllinie PM-1 als auch primäre humane T-Zellen nach Transduktion mit LV-maC46-GFP vor einer Infektion mit HIV geschützt waren und während der Infektion einer gemischten Kultur einen Selektionsvorteil gegenüber nicht-transduzierten Zellen hatten. Dabei konnte auch durch konfokale Mikroskopie gezeigt werden, dass das Virus die maC46-exprimierenden Zellen nicht injizieren konnte, sondern lediglich auf der Zelloberfläche gebunden wurde. Im Weiteren wurden zwei humanisierte Mausmodelle etabliert, um LV-maC46-GFP in vivo zu testen. Im humanen Immunsystem Mausmodell (HIS-Mausmodell) wurden immundefiziente Mäuse mit humanen Blutstammzellen repopuliert. In den Tieren kam es zu einer de novo Bildung von humanen, reifen T-Lymphozyten durch Thymopoese. Dabei wurden im Blut der Tiere humane, maC46- exprimierende CD4+ T-Zellen detektiert. Nach Infektion der Tiere mit HIV wurden diese T-Zellen depletiert. Es kam allerdings nicht zu einer Anreicherung oder einem selektiven Überleben der genmodifizierten T-Zellen. Eine Erklärung dafür könnte eine gestörte T-Zellhomeostase in den Tieren sein. Das zweite humanisierte Mausmodell (T-Zellmausmodell) verwendete immundefiziente Mäuse, die mit transduzierten humanen T-Zellen repopuliert wurden. Die Infektion mit HIV erfolgte entweder in vitro vor Transplantation der Zellen oder in vivo nach Repopulierung der Tiere. In beiden Fällen konnte ein selektives Überleben maC46-exprimierender CD4+ T-Zellen nach HIV-Infektion beobachtet werden. Im letzten Teil der vorliegenden Arbeit wurde die Weiterentwicklung von maC46, eine sekretierte Variante des C46-Peptids (iSAVE), im T-Zellmausmodell getestet. Ein sekretierter Fusionsinhibitor stellt insofern eine Weiterentwicklung des membrangebundenen dar, als nicht nur die genmodifizierten Zellen, sondern zusätzlich auch nicht-modifizierte Nachbarzellen vor einer Infektion mit HIV geschützt werden könnten. Dadurch erhöht sich auch das Spektrum an möglichen Produzentenzellen für den Fusionsinhibitor. In den hier beschriebenen Experimenten wurden humane T-Zellen entweder mit einem gammaretroviralen (RV-iSAVE) oder einem lentiviralen Vektor (LV-iSAVE) transduziert und die Experssion das iSAVE-Peptids wurde im Serum der Tiere gemessen. In beiden Ansätzen konnte iSAVE Peptid im Serum der Tiere detektiert werden. In weiteren Experimenten sollte nun untersucht werden, ob dieses in vivo sekretierte iSAVE Peptid antiviral aktiv ist und die humanisierten Mäuse vor einer Infektion mit HIV schützen kann.
Die Genexpression in prokaryotischen Organismen unterliegt einer Vielzahl von Regulationsmechanismen, deren Aufgabe darin besteht, die Zelle an sich ändernde Umweltbedingungen anzupassen, um so das Überleben des prokaryotischen Organismus zu gewährleisten. Eine Reihe von Hitzeschock- und Virulenzgenen unterliegen temperaturabhängiger Regulation, mit dem Ziel, die Zelle an die sich ändernde Umgebung anzupassen. Die Messung der Temperatur erfolgt dabei über temperatursensitive RNA-Elemente, sogenannte RNA-Thermometer, die sich üblicherweise in der 5’-untranslatierten Region der Gene befinden, die sie regulieren. Sie unterdrücken die Translationsinitiation, indem sie die Shine-Dalgarno (SD)-Sequenz bei niedrigen Temperaturen über Basenpaarung blockieren und dadurch die Bindung des Ribosoms verhindern. In Kapitel 2 der vorliegenden Arbeit wurde die thermodynamische Stabilität der temperatursensitiven Haarnadelschleife 2 des Salmonella FourU RNA-Thermometers über einen breiten Temperaturbereich analysiert. Freie Enthalpie-, Enthalpie- und Entropie-Werte für die Basenpaaröffnung der einzelnen Nukleobasen innerhalb der RNA wurden über die temperaturabhängige Messung von Iminoprotonen-Austauschraten mittels NMR-Spektroskopie bestimmt. Die Austauschraten wurden für die Wildtyp-RNA und die A8C-Mutante bestimmt und miteinander verglichen. Es zeigte sich, dass die Wildtyp-RNA durch das außergewöhnlich stabile Basenpaar G14-C25 stabilisiert wird. Dies konnte durch die Untersuchung der Entfaltung der destabilisierenden G14A-C25U-Doppelmutante verifiziert werden. Über CD-spektroskopsiche Untersuchungen konnte der globale Entfaltungsübergang der jeweiligen RNA analysiert werden. Das Mismatch-Basenpaar innerhalb des Wildtyp-RNA-Thermometers (A8-G31) erwies sich als Ursache für die geringere Kooperativität des Entfaltungsübergangs der Wildtyp-RNA im Vergleich zur A8C-Mutante. Enthalpie- und Entropie-Werte für die Basenpaaröffnung einzelner Nukleotide sind für beide RNAs linear korreliert. Die Steigungen dieser Korrelationen stimmen mit den Schmelzpunkten der RNAs überein, die über CD-Spektroskopie bestimmt wurden. Entfaltung der RNA tritt also genau dann auf, wenn alle Nukleotide gleiche thermodynamische Stabilitäten besitzen. Die Resultate sind mit einem Reißverschluss-Mechanismus für die RNA-Helix Entfaltung konsistent und erklärbar, in dem die Stapelinteraktionen der benachbarten Nukleobasen innerhalb der RNA-Helix verantwortlich für die beobachtete Kooperativität sind. Die Ergebnisse weisen auch auf die Wichtigkeit der RNA-Lösungsmittel-Interaktion für die Stabilität der RNA-Struktur hin. So konnten langreichweitige Wechselwirkungen der A8C-Mutation auf die Stabilität der G14-Nukleobase identifiziert werden, die möglicherweise über die Hydrathülle der RNA vermittelt werden. Schließlich konnte für das FourU-Motiv eine Mg2+-Bindestelle identifiziert werden, die die temperaturabhängige Stabilität des RNA-Thermometers beeinflusst. Es besteht also die Möglichkeit, dass Änderungen der intrazellulären Mg2+-Konzentration die Expression des agsA-Gens in vivo modulierend beeinflussen. In Kapitel 3 dieser Arbeit wurden die dynamischen Eigenschaften des Phosphodiesterrückgrats einer perdeuterierten cUUCGg-Tetraloop-14mer-RNA untersucht. Dazu wurden die Relaxationseigenschaften aller 31P-Kerne dieser RNA bei magnetischen Feldstärken von 300, 600 und 900 MHz untersucht. Dipolare Relaxationsbeiträge konnten unterdrückt werden, indem eine perdeuterierte RNA-Probe in einem D2O-Puffer verwendet wurde. Um die 31P-Relaxationsdaten (R1, R2) interpretieren zu können, wurde zusätzlich mittels Festkörper-NMR die Chemische Verschiebungsanisotropie (CSA) der 31P-Kerne des Phosphodiesterrückgrats bestimmt. Die Messungen wurden bei verschiedenen Salzkonzentrationen und unter unterschiedlichen Hydratationsbedingungen durchgeführt. Aus den Daten konnte ein 31P-CSA-Wert von 178.5 ppm im statischen Zustand (S2 = 1) bestimmt werden. Auf der Grundlage der durchgeführten R1- und R2-Messungen wurde eine Modelfree-Analyse durchgeführt, um Informationen über die schnellen Dynamiken des Phosphodiesterrückgrats zu erhalten. Die Resultate zeigen, dass die Dynamiken des Phosphodiesterrückgrats auf der Subnanosekundenzeitskala stärker ausgeprägt sind als die Dynamiken der Ribofuranosylreste und der Nukleobasen. Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass die Dynamik einer individuellen Phosphatgruppe zu der jeweiligen 5’-benachbarten Nukleobase korreliert ist. In Kapitel 4 dieser Arbeit wird die Entwicklung neuer Methoden beschrieben, mit denen Torsionswinkelinformation aus der Analyse kreuzkorrelierter Relaxationsraten gewonnen werden können. Im ersten Teil des Kapitels wird die Entwicklung einer neuen NMR-Pulssequenz beschrieben, über die der glykosidische Torsionswinkel Chi in 13C,15N-markierten Oligonukleotiden bestimmt werden kann. Mit dem neuen quantitativen Gamma-HCNCH-Experiment ist es möglich, die dipolaren kreuzkorrelierten Relaxationsraten Gamma-C6H6-C1´H1´ (Pyrimidine) und Gamma-C6H6-C1´H1´ (Purine) zu messen. Die kreuzkorrelierten Relaxationsraten wurden an einer 13C,15N-markierten cUUCGg-Tetraloop-14mer-RNA bestimmt. Die aus den Raten extrahierten Chi-Winkel wurden mit bereits vorhandener Strukturinformation verglichen. Sie stimmen bemerkenswert gut mit den Winkeln der Kristallstruktur des Tetraloops überein. Zusätzlich wurde die neue Methode an einer größeren 30mer-RNA, dem „Stemloop D“ (SLD) aus dem Coxsackievirus-B3-Kleeblatt, getestet. Für die SLD-RNA wurde der Effekt von anisotroper Rotationsdiffusion auf die Relaxationsraten untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass die Chi-Winkelbestimmung besonders für Nukleotide in der anti-Konformation sehr genau ist und die Methode eine eindeutige Unterscheidung von syn- und anti-Konformation zulässt. Im zweiten Teil von Kapitel 4 wird die Entwicklung des Gamma-HCCCH-Experiments beschrieben. Hierbei handelt es sich um eine neue NMR-Pulssequenz zur Messung der Gamma-C1´H1´-C3´H3´-Rate in 13C-markierten RNAs. Die Funktionsfähigkeit der neuen Methode wurde an einer cUUCGg-Tetraloop-14mer-RNA demonstriert. Zusätzlich dazu wurden die analytischen Gamma-C1´H1´-C3´H3´(P,nü_max)-, Gamma-C1´H1´-C4´H4´(P,nü_max)- und Gamma-C2´H2´-C4´H4´(P,nü_max)-Abhängigkeiten mathematisch hergeleitet. Die an der 14mer-RNA gemessenen Gamma-C1´H1´-C3´H3´-Raten wurden mit Hilfe der Gamma-C1´H1´-C3´H3´(P,nü_max)-Beziehung analysiert. Die Ergebnisse für die Pseudorotationsphase P sind konsistent mit Referenzwinkeln aus der 14mer-NMR-Struktur und den bereits bekannten (Gamma-C1´H1´-C2´H2´)/(Gamma-C3´H3´-C4´H4´)-Ratenverhältnissen. Die neue Methode liefert zusätzliche Informationen, um Konformation (P, nü_max) und Dynamik S2(C1´H1´-C3´H3´) der Ribosereste in RNA-Molekülen genauer beschreiben zu können. In Kapitel 5 dieser Arbeit wird die Entwicklung des 3D-HNHC-Experiments, einer neuen NMR-Pulssequenz, beschrieben. Dieses Experiment ermöglicht es, die H2-, C2- und N1-Resonanzen in Adenin-Nukleobasen 13C, 15N-markierter RNA-Oligonukleotide miteinander zu korrelieren. Die Funktionsfähigkeit der neuen Methode wurde an einer mittelgroßen, entsprechend markierten 36mer-RNA demonstriert. Die neue Methode vereinfacht die Zuordnung der Kerne der Adenin-Nukleobasen, da Zuordnungsmehrdeutigkeiten aufgrund überlappender Resonanzen in der 1H-Dimension aufgelöst werden können. In Kombination mit dem TROSY-relayed-HCCH-COSY-Experiment liefert das neue 3D-HNHC-Experiment das fehlende Glied für die Zuordnung der Imino-H3-Resonanzen der Uracil-Nukleobasen über das AU-Basenpaar hinweg zu den H8-Resonanzen der Adenin-Nukleobasen.
Obwohl zahlreiche zelluläre Funktionen von RNAs in direktem Zusammenhang mit Proteinen stehen, wurde auch eine Vielzahl von, unter anderem regulatorischen, RNA-Motiven identifiziert, die ihre Funktion ohne eine initiale Beteiligung von Proteinen ausüben. Das detaillierte Verständnis der zu Grunde liegenden Regulationsmechanismen beinhaltet die Charakterisierung von beteiligten RNA-Architekturen und deren funktionaler Stabilitäten, von dynamischen Aspekten der RNA-Faltungsprozesse sowie die Korrelation dieser Charakteristika mit zellulären Funktionen. Im Rahmen dieser Arbeit wurden strukturelle, thermodynamische und kinetische Aspekte der Ligand-bindenden Guanin Riboswitch-RNA Aptamerdomäne des xpt-pbuX Operons aus B. subtilis und eines Cofaktor-abhängigen katalytischen RNA-Motivs, des 'Adenin-abhängigen Hairpin Ribozyms', untersucht. ...
Streptomyces coelicolor ist der Modellorganismus der GC reichen, Gram+ Actinomyceten, die mehr als zwei Drittel aller bekannten Antibiotika produzieren. Phänotypisch zeichnet er sich durch die Bildung eines Substrat- und eines Luftmyzels aus, welches im Laufe der weiteren Differenzierung Sporen bildet. Streptomyceten produzieren neben Antibiotika noch eine Vielzahl biotechnologisch interessanter Metaboliten. Der komplexe Lebenszyklus und Stoffwechsel erfordern eine genaue Regulation der Genexpression. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass neben Proteinen auch die RNA eine regulatorische Funktion hat. Verschiedene regulatorisch aktive RNA Elemente wie Riboswitche, RNA-Thermometer und kleine nicht kodierende RNAs (small noncoding RNAs – sRNAs) wurden identifiziert. sRNAs wirken meist als antisense Riboregulatoren, indem sie ihre Ziel-mRNA binden und dadurch die Translation hemmen oder fördern. In dieser Arbeit wurden verschiedene bioinformatische Methoden verwendet, um sRNAs im Genom von S. coelicolor vorherzusagen. Es wurden Terminatorstrukturen und konservierte Sekundärstrukturen in den intergenen Regionen vorhergesagt, die keinem Gen zuzuordnen waren. In einem weiteren Ansatz wurden Bindestellen des Regulatorproteins DasR vorhergesagt, um DasR kontrollierte sRNAs zu identifizieren. Zusätzlich wurde mittels 454 Sequenzierung erstmalig das Transkriptom von S. coeliocolor analysiert. Auf diese Weise konnten etwa 500 sRNAs vorhergesagt werden. Eine der beiden charakterisierten sRNAs, sc32, ist 139 nt lang. Ihr Promoter liegt im kodierenden Bereich des Gens bldC und sie wird spezifisch durch Kälteschock induziert. Die zweite charakterisierte sRNA, sc1, ist 159 nt lang und in allen sequenzierten Streptomyceten konserviert. Ihre Expression wird nur bei Stickstoffmangel in der Stationärphase reprimiert. Durch molekularbiologische Analysen konnte ein Zielgen von sc1 identifiziert werden, die extrazelluläre Agarase DagA. Es konnte gezeigt werden, dass sc1 an die dagA-mRNA bindet und dadurch die Translation inhibiert. Als zweites mögliches Ziel von sc1 konnte die Histidinkinase SCO5239 identifiziert werden. Hier wurde gezeigt, dass Koexpression von sc1 die Expression einer SCO5239 Reportergenfusion um den Faktor acht steigert. Durch Analyse des Proteoms von sc1 Mutanten, konnte die differenzierte Expression von elf weiteren Proteinen gezeigt werden. Sc1 scheint als Regulator zu agieren, indem es auf die Stickstoffversorgung der Zelle reagiert und den Sekundärmetabolismus deaktiviert.
Echoortende Fledermäuse verfügen über ein hochauflösendes Gehör. Sie können anhand einer geringen Zeitverzögerung zwischen ausgesendetem Echoortungsruf und dem Echo die Entfernung von Objekten bestimmen. Je nach Spezies und deren spezifischer Ortungsstrategie gibt es unterschiedliche Typen von Ortungslauten. Die meisten Fledermäuse verwenden frequenzmodulierte (FM) Ortungssignale und zählen zu den FM-Fledermäusen. CF-FM-Fledermäuse verwenden dagegen zusätzlich zu FM-Komponenten konstantfrequente Signalelemente (CF-FM). Diese sind besonders zur Detektion flügelschlagender Beuteinsekten in dichter Vegetation von Vorteil. Im auditorischen Kortex (AC) von Fledermäusen existieren so genannte FM-FM-Neurone, die auf die Auswertung der Verzögerungszeiten zwischen Rufaussendung (FM-Ruf) und Echo (FM-Echo) spezialisiert sind. Eine Besonderheit von FM-FM-Neuronen ist, dass sie bei CF-FM-Fledermäusen systematisch, entsprechend ihrer bevorzugten Echoverzögerungen, im AC angeordnet sind. Somit sind die FM-FM-Neurone chronotop entlang einer rostro-kaudalen Achse organisiert. Solche FM-FM-Neurone wurden bislang auch in FM-Fledermäusen nachgewiesen, jedoch waren sie nicht chronotop organisiert. Ein Ziel dieser Promotionsarbeit war es, FM-FM-Neurone bei der FM-Fledermaus Carollia perspicillata hinsichtlich ihrer Eigenschaften und ihrer räumlichen Anordnung im AC zu untersuchen. Die Befunde der vorliegenden Studie an C. perspicillata zeigen, dass alle untersuchten Neurone im dorsalen AC sowohl auf hochfrequente Reintöne als auch auf FM-FM-Stimulation reagierten. Die Echoverzögerungen, auf welche die Neurone im Areal reagierten, lagen zwischen 1 und 32 ms, was einer Distanz zwischen Fledermaus und Objekt von 16 cm bis 5,3 m entspricht. Überraschenderweise waren die kortikalen FM-FM-Neurone bei C. perspicillata chronotop organisiert, ähnlich wie bei insektenfressenden CF-FM-Fledermäusen. Warum eine chronotope Anordnung von FM-FM-Neuronen im AC bei CF-FM-Fledermäusen von Nutzen sein kann, ist nicht geklärt. Bislang wurde vermutet, dass eine systematische Anordnung die Zeitverarbeitungsprozesse optimiert und vor allem beim Insektenjagen in dichter Vegetation vorteilhaft sein könnte. Der vorliegende Befund ist außergewöhnlich, da er zeigt, dass auch bei der überwiegend frugivoren Fledermaus C. perspicillata FM-FM-Neurone chronotop angeordnet sind, und damit verdeutlicht, dass der funktionelle Rückschluss hinsichtlich des Beutefangs neu diskutiert werden muss. Neben der Charakterisierung von FM-FM-Neuronen bei adulten C. perspicillata war Ziel der vorliegenden Arbeit, die postnatale Entwicklung des AC im Hinblick auf die Frequenzrepräsentation zu untersuchen. Während der Entwicklung von C. perspicillata wurden drei wichtige Veränderungen festgestellt: (1) Das Audiogramm zeigt, dass der Hörbereich von Neugeborenen charakteristische Frequenzen (CF) zwischen 15 und 80 kHz aufweist. Dieser Frequenzbereich entspricht etwa 72% des Hörbereichs von Adulten. Während der ersten vier postnatalen Entwicklungswochen findet eine Frequenzverschiebung um etwa 0,4 Oktaven hin zu höheren Frequenzen statt. Insgesamt erhöhen sich die CF der Neurone im dorsalen AC von Neugeborenen bis hin zu Adulten um 30 kHz. (2) Die Sensitivität der hochfrequenten Neurone nimmt während der ersten postnatalen Woche um 15 dB zu und bleibt ab dieser Entwicklungsphase relativ konstant. (3) Die Sensitivität der tieffrequenten Neurone im ventralen AC nimmt im Laufe der Entwicklung um etwa 30 dB zu. Die CF der tieffrequenten Neurone sinken unerwartet während der postnatalen Entwicklung von Juvenilen zu Adulten um etwa 10 kHz. Diese Ergebnisse könnten auf eine bidirektionale Ausreifung der Cochlea hinweisen. Eine dritte ontogenetische Teilstudie der vorliegenden Arbeit befasste sich erstmalig mit den FM-FM-Neuronen und deren Organisation während der postnatalen Entwicklung. Die Befunde zeigen, dass während der Ontogenese drei wichtige Modifikationen auftreten: (1) Bereits bei Neugeborenen liegt der Anteil an FM-FM-Neuronen bei 21% im Vergleich zur Aktivität auf Reintöne. Dieser Anteil nimmt in der ersten Entwicklungswoche auf 56% zu und steigt einhergehend mit der beginnenden Flugtüchtigkeit der Tiere in der dritten Entwicklungswoche abrupt auf 84%. (2) Bei Neugeborenen werden im Vergleich zu älteren Entwicklungsphasen ausschließlich Entfernungen zwischen Fledermaus und Objekt von 50 cm bis 2,5 m auf neuronaler Ebene mittels FM-FM-Neurone codiert. Bereits nach der ersten postnatalen Woche sind die CD ähnlich verteilt wie bei adulten Tieren. Die Sensitivität an den CD nimmt während der Entwicklung vom Neugeborenen zum Adulten um etwa 20 dB zu. (3) Bereits bei Neugeborenen sind die FM-FM-Neurone im dorsalen AC chronotop angeordnet und über alle Altersgruppen hinweg bleibt die Chronotopie bestehen. Die Befunde der vorliegenden Studie zeigen erstmalig, dass die kortikalen Zeitverarbeitungsareale und die Chronotopie pränatal angelegt werden.
Das Neuroblastom ist ein Tumor, der sich von sympathoadrenergen Vorläuferzellen ableitet und die häufigste solide Krebsform im Kindesalter darstellt. Das breite klinische Spektrum dieses Tumors, das von spontaner Regression zu fataler Progression reicht, spiegelt die außerordentliche biologische und genetische Heterogenität dieses Tumors wider. Polyploidie und Genexpressionsanalysen werden auf klinischer Seite zur Risiko- und Therapieeinschätzung eingesetzt. Genomweite Screeninganalysen identifizierten den Transkriptionsfaktor Phox2b als erstes Prädispositionsgen für NB. Frühere Arbeiten haben gezeigt, dass Phox2b absolut essentiell für die Entstehung aller Ganglien des autonomen NS aus Neuralleistenzellen ist. Ziel der Untersuchungen dieser Arbeit war es, die Auswirkungen der NB-assoziierten Phox2b-Mutationen auf Proliferations- und Differenzierungsverhalten sympathoadrenerger Vorläuferzellen zu untersuchen. Hierzu wurden paravertebrale, sympathische Grenzstränge aus Huhnembryonen des Embryonaltags 7 präpariert, dissoziiert und mit Expressionsplasmiden für Phox2bwt und NB-Phox2b-Mutationen transfiziert. Nach zwei Tagen in Kultur wurden mit molekularbiologische Methoden Veränderungen des Proliferations-und Differenzierungsverhalten untersucht. Die Analyse des Proliferationsverhaltens transfizierter Neurone mit BrdU-Proliferationsassays und Phospho-Histon-3-Antikörpern offenbarte einen stark antiproliferativen Effekt des Phox2bwt-Proteins, den die untersuchten NB-Phox2b-Mutationen nicht aufwiesen. NB-Phox2b-Patienten sind heterozygot, d.h. Träger eines gesunden und eines mutierten Phox2b-Allels. Um die genetische Situation im NB-Patienten nachzuahmen, wurde mit spezifischen siRNAs das endogene Phox2b-Protein-Niveau herunter reguliert. NB-Phox2b-Mutationen mit mis- oder nonsense Mutation in der Homöodomäne zeigten unter Phox2b-Knockdown-Bedingungen einen proliferationsstimulierenden Effekt. Diese Experimente warfen die Frage auf, über welche Mechanismen Phox2b und NB-Phox2b-Mutationen Einfluss auf die Zellzykluskontrolle nehmen. Die quantitative Analyse der Expression bekannter Zellzyklusregulatoren wie Zyklin D1, D2 und D3 und der Zyklin-abhängigen Kinase-Inhibitoren p18, p21 und p57kip2 verlief ergebnislos. Die Überexpression des Zyklin-abhängigen Kinase-Inhibitors p27kip1 wirkte antiproliferativ auf Kulturen sympathoadrenerger Vorläuferzellen und das p27kip1-Epxressionsniveau korrelierte mit dem Phox2b-Proteinniveau. P27kip1 scheidet jedoch als alleiniger Vermittler des antiproliferativen Effekts von Phox2b aus, da die ebenfalls antiproliferativ wirkende Phox2-Homöodomäne keinen Einfluss auf das p27kip1-Expressionsniveau besitzt. Vielmehr wurde der bHLH-Transkriptionsfaktor Hand2 als Mediator der Proliferationseffekte von Phox2b identifiziert. Die Proliferation sympathoadrenerger Vorläuferzellen ist abhängig von der Hand2-Proteinmenge, und Hand2-Überexpression ist ausreichend, den antiproliferativen Effekt von Phox2b aufzuheben. Damit im Einklang geht der proliferationsstimulierende Effekt der Phox2bHDmut bei siRNA-vermitteltem Hand2-Knockdown verloren. Weiterhin führt Phox2b-Überexpression zu verringertem Hand2-Expressionsniveau und Phox2b-Knockdown zu vermehrter Hand2-Transkription. In Protein-Protein-Interaktionsexperimenten konnte eine direkte Bindung von Hand2 an Phox2bwt und die untersuchten NB-Phox2b-Mutanten nachgewiesen werden. Diese Ergebnisse zeigen, dass Hand2 in der Vermittlung der Phox2b-Proliferationseffekte auf transkriptioneller und posttranskriptioneller Ebene involviert ist. Der Wirkungsmechanismus dieser Phox2b-Varianten / Hand2-Komplexe konnte nicht endgültig geklärt werden und wird in Form verschiedener Modelle diskutiert. In NB-Patienten korreliert ein hohes Expressionsniveau von Differenzierungsmarkern mit mildem Krankheitsverlauf. Die Rolle von Phox2b als Schlüsselgen in der Entstehung und Differenzierung autonomer Neurone und die genetische Heterogenität des NB legen eine Funktion von NB-Phox2b-Mutationen auf den Differenzierungsstatus sympathoadrenerger Vorläuferzellen nahe. In quantitativen Analysen wurde die Expression von Phox2b-Zielgenen und in NB-Diagnostik involvierten Genen untersucht. Phox2bK155X, eine C-terminal trunkierte NB-Phox2b-Mutation, wirkte dominant-negativ auf die Expression der noradrenergen Markergene Th und Dbh, Tlx3 und die Neurotrophinrezeptoren trkA und p75, deren reduzierte Expression mit schlechter Prognose und damit aggressiven NB-Formen korreliert ist. Zusammenfassend konnte in dieser Arbeit gezeigt werden, das NB-Phox2b-Mutationen in sympathoadrenergen Vorläuferzellen, den potentiellen Tumorentstehungszellen des NB, proliferationsstimulierend wirken und zumindest die C-terminal trunkierte Phox2bK155X-Mutation zur Dedifferenzierung dieser Zellen führt. Hereditäre Mutationen in Phox2b könnten im Patienten nicht nur die terminale Differenzierung sympathischer Neurone stören, sondern auch durch eine verlängerte Phase der Neurogenese die Empfänglichkeit für weitere Tumor-initiierende Mutation erhöhen.
Mesenchymale Stammzellen (MSC) rücken in der regenerativen Medizin und im Tissue Engineering immer mehr in den Vordergrund. Im Gegensatz zu embryonalen Stammzellen bergen sie keine ethischen Probleme und sind leicht zu isolieren. Die ursprünglich aus Knochenmark gewonnenen MSC können inzwischen aus vielen verschiedenen Quellen wie Nabelschnurblut [Kern et al. 2006], Dentalgewebe [Huang et al., 2009], Plazenta [Huang et al., 2009], Haut [Salvolini et al., 2009] und aus Fettgewebe isoliert werden [Zuk et al., 2001]. Der Immunphänotyp variiert zwischen den aus verschiedenen Quellen gewonnenen MSC nur gering. Die Gewinnung aus Fettgewebe hat den Vorteil, dass eine minimal invasive Prozedur und eine hohe Ausbeute zusammenkommen. Die Stammzellen aus Fettgewebe (ASC) können in der Therapie eingesetzt werden und zu der Regeneration von Geweben nach Verletzungen beitragen [Wong et al., 2008; Poulsom et al., 2001]. Der genaue Mechanismus mit dem die Stammzellen wirken ist allerdings noch nicht geklärt. Sowohl die Integration der MSCs in das Gewebe als auch ein rein parakriner Einfluss wurden nachgewiesen. Klar ist nur, dass ein positiver Effekt von einer Therapie mit MSC ausgeht [Mizuno et al., 2009]. In vivo sind Zellen verschiedenen Einflüssen ausgesetzt, die den Zustand einer Zelle bestimmen. Lösliche Faktoren wie Wachstumsfaktoren, Hormone oder Vitamine wirken dabei ebenso wie die extrazelluläre Matrix und Zell-Zell-Kontakte auf die Zelle ein, die mit Wachstum, Zellform, Differenzierung oder Ähnlichem antwortet. In meiner Arbeit wurden daher drei unterschiedliche Ansätze für die in vitro Differenzierung von ASC in epitheliale Tubuluszellen untersucht: (1) die Wirkung von löslichen Faktoren, die dem Medium zugesetzt wurden, (2) der Einfluss der extrazellulären Matrix aus zum einen Tubuluszellen und zum anderen Matrigel und (3) die Co-Kultur, bei der auch direkter Zell-Zell-Kontakt untersucht wurde. Damit, und mit einer Kombination der einzelnen Bereiche, sollte das natürliche Umfeld der Tubuluszellen simuliert werden und epitheliale Differenzierung initiieren. Die Zugabe von ATRA, ActA und BMP-7 führte zu einer Differenzierung in die epitheliale Richtung, während die extrazelluläre Matrix aus Tubuluszellen nicht dafür ausreichte. Matrigel hingegen, konnte besonders in der Verbindung mit konditioniertem Medium eine Differenzierung induzieren. Die indirekte Co-Kultur über Membraneinsätze, über die u. a. der parakrine Einfluss der Tubuluszellen untersucht werden sollte, führte zu morphologischen Veränderungen der ASC, die aber nicht mit den hier verwendeten epithelialen Markern nachgewiesen werden konnte. Der direkte Zell-Zell-Kontakt zeigte eine Reduktion des Oberflächen Markers CD90 verbunden mit einer Erhöhung der Expression von CK18. Die Differenzierung von ASC in epitheliale Zellen ist also auf drei verschiedenen Wegen möglich. Zwischen verschiedenen Isolationen von ASC traten hohe Schwankungen bezüglich der Expression von Oberflächenmarkern und Proliferation auf, was auch einen Einfluss auf die Differenzierung haben könnte. Ein Grund dafür könnte die Heterogenität von ASC sein. Zur Reduzierung dieser wurden daher ein Waschschritt eine Stunde nach Kulturbeginn und eine immunomagnetische Isolation mit CD49a, CD90, CD105 oder CD271 durchgeführt. Die immunomagnetische Aufreinigung führte nur zu einer leichten Verbesserung der Heterogenität, aber zu einer sehr geringen Zellausbeute. Für den Waschschritt konnte gezeigt werden, dass die Expression der Stammzellmarker Nestin, oct4 und sall1 signifikant erhöht und Desmin und smA Expression reduziert wurden, was auf eine Reduktion der Heterogenität hindeutete. Der zusätzliche Waschschritt kann also schnell und unkompliziert die Heterogenität der ASC reduzieren. Die Differenzierung von ASC in epitheliale Tubuluszellen durch den Einfluss von Zell-Zell-Kontakten zeigt vielversprechende Ansätze und sollte weiter verfolgt werden. Eine verlängerte Kulturdauer sollte dabei angestrebt werden, da auch die adipogene Differenzierung zumeist erst nach 14 bis 21 Tagen nachweisbar war. Dafür müsste die Markierung mit CellTracker länger nachweisbar sein. Eine Inhibierung der Proliferation könnte die Grundlage dazu liefern. Um den Stand der Differenzierung in die epitheliale Richtung nachzuweisen, könnten andere epitheliale Marker, Ionenkanäle, die erst spät in den Tubuluszellen angelegt werden, und funktionelle Mechanismen untersucht werden. Das Zusammenspiel der verschiedenen Einflüsse auf die Zelle könnte ebenfalls noch genauer untersucht werden. Für die Regenerative Medizin ist es aus Gründen der GMP sinnvoller, die Zellen nur mit dem Zusatz an löslichen Faktoren zu differenzieren. Der Ansatz mit ATRA, ActA und BMP-7 scheint sehr vielversprechend zu sein und könnte in dieser Hinsicht weiter ausgebaut werden.
Funktionelle Analyse der Helper-Component Proteinase (HC-Pro) aus Zucchini Yellow Mosaic Virus
(2010)
In dieser Arbeit wurde der Einfluss einer Punktmutation der ZYMV HC-ProFINK auf die RNA Silencing Suppressor-Aktivität und die miRNA-Akkumulation in N. benthamiana-Pflanzen untersucht. Dabei konnte eine RNA Silencing Suppressor-Aktivität der HC-ProFINK nachgewiesen werden. Sowohl die HC-ProFRNK als auch die HC-ProFINK zeigten in vivo keinen Einfluss auf die Änderung der miRNA-Mengen in N. benthamiana-Pflanzen. Untersuchungen der in vitro sRNA-Bindung mit rekombinanten HC-Pro-Proteinen aus Pflanzen führte zu einer Bindung von 21 bp siRNAs und miRNAs durch die HC-ProFRNK, wobei kein Einfluss zwischen der Anzahl und Lage der Basenfehlpaarungen der miRNAs und der Bindungskapazität identifiziert werden konnte. Diese Bindung ist vermutlich abhängig von der Sequenz der miRNAs. Die Mutation von HC-ProFRNK zu HC-ProFINK bewirkte dagegen den Verlust der Bindung von kleinen RNA-Molekülen. Die HC-Pro Proteine konnten rekombinant mit einem N-terminalen Fusionsprotein exprimiert und gereinigt werden. Die funktionelle Analyse des MBP-HA-HC-ProFRNK-Proteins wies eine längenspezifische Bindung von 21 bp siRNAs auf. Die Analyse der in vitro Bindung von unterschiedlichen miRNAs aus A. thaliana und Mensch durch das rekombinante HC-ProFRNK-Protein aus Bakterien zeigte keinen Zusammenhang zwischen der Anzahl und Lage der Basenfehlpaarungen in den miRNAs und der Bindekapazität. Die Mutation im MBP-HA-HC-ProFINK-Protein führte zum Verlust der sRNA-Bindung. Diese Ergebnisse bestätigten die Beobachtungen der Gelshift-Analysen mit den rekombinanten HC-Pro-Proteinen aus Pflanzen. Durch die Fraktionierung eines A. thaliana-Proteinextrakts konnte ein nicht näher beschriebenes Protein unbekannter Funktion, welches eine Cupin-Domäne (QP) besitzt, identifiziert werden. Dies hat einen Einfluss auf die in vitro Bindung von sRNA-Molekülen durch die HC-Pro. Eine funktionelle Analyse des Trx-QP-His-Proteins mit Hilfe von Gelshift-Analysen nach der Expression in Bakterien und Reinigung zeigte einen konzentrationsabhängigen verstärkenden Effekt der siRNA Bindung durch das rekombinante MBP-HA-HC-Pro-Protein. Die Zugabe eines fraktionierten N. benthamiana-Proteinextrakts zur in vitro Bindungsreaktion führte ebenfalls zu einer verstärkten siRNA-Bindung durch die HC-Pro; Proteinextrakte von N. tabacum und der ZYMV Wirtspflanze Zucchini zeigten jedoch keinen Effekt. Die ZYMV HC-Pro besitzt eine von der TEV HC-Pro abweichende proteolytisch aktive Domäne. Durch eine rekombinante Expression des MBP-HA-HC-Pro-GFP-Fusionsproteins in Bakterien und Deletionsanalysen konnten zwei kritische Aminosäuren im C-terminalen Bereich der HC-Pro identifiziert werden. Eine Deletion der AS Asn-353 oder Glu-356 führte zum vollständigen Verlust der autoproteolytischen Aktivität des Proteins. Ein Austausch der AS Gly-456 innerhalb der Schnittstelle sowie eine N-terminale Deletion von 93 AS der HC-Pro hatten dagegen keinen Einfluss auf die autoproteolytische Aktivität. Mit Hilfe einer N-terminalen Sequenzierung des C-terminalen Spaltproduktes des MBP HC Pro mut C7-GFP, welches vermutlich in Folge einer Spaltung durch bakterielle Proteasen entsteht, sollten durch Deletionsmutanten die kritischen Aminosäuren für die Spaltung untersucht werden. Eine Deletion der konservierten AS Thr-146 von ZYMV HC-Pro sowie der flankierenden AS Val-145 bzw. Gln-147 hatte jedoch keinen Einfluss auf die Spaltung der HC-Pro. Dies deutet darauf hin, dass die Schnittstelle der Protease von deren Erkennungssequenz abweicht. Die in dieser Arbeit erzielten Ergebnisse zeigen, dass die ZYMV HC-Pro neben der sRNA-Bindung einen weiteren Mechanismus besitzt, um die Funktion als RSS auszuüben. Weitere Analysen sind nötig, um die Interaktion mit pflanzlichen Komponenten zu identifizieren und den Einfluss auf den RNA Silencing-Mechanismus aufzuklären.
Im adulten Säugerhirn findet Neurogenese in der SVZ der Seitenventrikel kontinuierlich statt. Eine Vielzahl von Signalsystemen steuert in komplexer Weise zelluläre Antworten und reguliert die Proliferation, Differenzierug und Wanderung NSZ. Gegenwärtig ist nur wenig über die zugrundeliegenden Signalwege bekannt. Zunehmend gibt es Hinweise darauf, dass Nukleotide an diesen Prozessen beteiligt sind. Frühere Untersuchungen unserer Arbeitsgruppe zeigten, das die Nukleotide ADPbetaS und UTP in kultivierten NSZ der adulten SVZ einen schnellen Kalziumeinstrom induzieren und die Wachstumsfaktor-vermittelte NSZ-Proliferation steigern. In der vorliegenden Arbeit wurde ein System zur Kultivierung adhärenter adulter NSZ etabliert. Die Untersuchungen zeigen, dass adulte NSZ eine Vielzahl an P2Y- und P2X-Rezeptoren, sowie die Nukleotid-hydrolysierenden Enzyme NTPDase2 und TNAP exprimieren. Untersuchungen der ADPbetaS-, UTP- und EGF-vermittelten Signalwege zeigen, dass alle drei Agonisten eine ERK1/2- und CREB-Phosphorylierung induzieren, wobei sich die zeitlichen Charakteristika zwischen den Nukleotiden und EGF unterscheiden. Inhibierungsexperimente geben Einblicke in die dabei aktivierten Signalkaskaden und weisen auf eine ADPbetaS-induzierte Transaktivierung des EGF-Rezeptors hin. Während UTP über den P2Y2-Rezeptor wirkt, übt ADPbetaS seine Funktion über den P2Y1- und P2Y13-Rezeptor aus. Die Daten implizieren zudem, dass Nukleotide und EGF gleiche Zielproteine über verschiedene Signalwege induzieren und dass sie das Potenzial besitzen, bei der Kontrolle der Zellproliferation in der adulten Neurogenese synergistisch zu agieren. Vergleichende Analysen mit kultivierten NSZ aus Wildtyp-, P2Y1- und P2Y2-Rezeptor-Knockout-Mäusen belegen ein verändertes Antwortverhalten in Gegenwart von ADPbetaS, UTP und EGF und lassen kompensatorische Mechanismen vermuten. Die Resultate dieser Arbeit demonstrieren zudem, dass ATP, ADPbetaS, UTP und EGF die Migration von NSZ induzieren. Parallel dazu konnten Veränderungen des Aktinzytoskelletes, wie die Zunahme an F-Aktin, die Bildung von Stressfasern und eine Veränderung der Zellmorphologie gezeigt werden. Diese Prozesse gehen mit einer Aktivierung der Proteinkinasen Akt und FAK einher. Die Daten weisen darauf hin, dass Nukleotide und EGF für die Zytoarchitektur der SVZ und die Wanderung von Neuroblasten zum OB eine wichtige Rollen spielen könnten.
Im Rahmen dieser Arbeit wurde die Funktion ausgewählter Gene näher charakterisiert und ihr globaler Einfluß auf die Regulation der Genexpression untersucht. Im Fokus der Untersuchungen stand ein Gen, welches im Rahmen der Promotion von Alexander Zaigler in der Arbeitsgruppe Soppa (Universität Frankfurt) zunächst als Transkriptionsregulator ähnlich zu rspA aus E. coli identifiziert wurde. Zu Beginn dieser Arbeit konnte durch in silico Analysen das entsprechende Genprodukt zur Enolase Superfamilie (COG1441) zugeordnet werden. Mit Hilfe der „pop-in/pop-out“ Methode wurde das Gen in H. volcanii in frame deletiert und durch Wachstumsversuche, Northern- sowie Westernblot Analysen näher charakterisiert. Bei der Untersuchung des Wachstums konnte ein bemerkenswerter Phänotyp entdeckt werden: nur der Wechsel der Nährstoffquelle von reichhaltigen zu armen Bedingungen resultierte in einer dreitägigen Lagphase. Darüber hinaus wurde die Genexpression im Laufe eines Wachstumzyklus mittels Northern- und Westernblot Analysen bestimmt. Während das Transkript in reichhaltigem Medium nur transient expremiert wurde, wurde es in nährstoffarmen Bedingungen in allen Wachstumsphasen sehr stark induziert. Durch die Ergebnisse konnte zudem eine translationale Regulation der Genexpression nachgewiesen werden. Die Resultate offenbarten eine wichtige Funktion bei der Transition von reichem zu ärmerem Nährstoffangebot und führten schließlich zur Genbezeichnung iftA („important for transition A“). Desweiteren wurden Transkriptomuntersuchungen der Deletionsmutante im Vergleich zum Wildtyp zum Zeitpunkt der höchsten transienten Expression von iftA durchgeführt. Dadurch konnte gezeigt werden, dass iftA etwa 1% aller Gene des Genoms beeinflußt und gleichzeitig die Zahl differentieller Funktionen dieser Gene sehr gering ist. Die Ergebnisse führten insgesamt zu der Annahme, dass iftA eine Doppelfunktion besitzt, sowohl als enzymatisches Protein im Energiestoffwechsel als auch als essentieller Regulator mit noch unbekannter Funktion. Neben iftA fiel das Augenmerk auf mehrere Gene, die im Rahmen der Promotion von Neta Altman-Price an der Universität in Tel-Aviv als Histon-Acetylasen und –Deacetylasen identifiziert wurden. Zudem konnte in H. volcanii ein essentielles Gen, welches für ein Histon kodiert, entdeckt werden. Das Histon besitzt konservierte Lysinreste, die im eukaryotischen Histon H3 Ziele für eine posttranslationale Acetylierung sind. Für die weiteren Untersuchungen wurden die Lysinreste irreversibel zum einen in Glutamin (acetylierter Zustand) und zum anderen in Arginin (deacetylierter Zustand) mutiert. Im Rahmen dieser Arbeit wurden die Funktionen und die Einflüsse der beiden Histonmutanten sowie einer Acetylase- (delta pat1) und einer Deacetylase-Deletionsmutante (delta sir2) auf die globale Genregulation analysiert. Dazu wurden zunächst Transkriptomuntersuchungen in der exponentiellen Wachstumsphase mittels Microarray Analysen an den Mutanten im Vergleich zum Wildytp durchgeführt. Die Ergebnisse zeigten einen erheblich stärkeren Einfluß auf die Regulation der Genexpression durch das acetylierte Histon sowie der Deacetylase-Deletionsmutante im Vergleich zu den Ergebnissen des deacetylierten Histons und der Acetylase-Deletionsmutante. In der exponentiellen Wachstumsphase liegt das Histon in H. volcanii daher in überwiegend deacetylierter Form vor. Durch die Analysen konnte auch demonstrieren werden, dass Sir2 und das Histon eine regulatorische Wirkung auf exakt die gleichen Gene ausüben und daher unmittelbar miteinander in Verbindung stehen. Die experimentelle Bestätigung dieses Zusammenhangs stellt im Reich der Archaea bisher ein absolutes Novum dar. Die Untersuchungen des Transkriptoms der delta sir2 Mutante enthüllte zudem einen positiven Einfluß von Sir2 auf ein größeres Gencluster (HVO_1201-25). Die Gene dieses Clusters konnten durch in silico Analysen der Chemotaxis und der Flagellenbiosynthese zugeordnet werden. Für die weitere Charakterisierung der Deletionsmutante wurden daher Untersuchungen zur Bestimmung der Motilität von H. volcanii durchgeführt. Es konnte gezeigt werden, dass die Deletion von Sir2 die Beweglichkeit und gerichtete Fortbewegung von H. volcanii in erheblichem Maße beeinflußte, während die Biosynthese der Flagellen nicht beeinträchtigt war. Die Deacetylierung spielt daher eine unmittelbar Rolle bei der Signaltransduktion und Motilität. Insgesamt konnte durch die Arbeit gezeigt werden, dass die Acetylierung und Deacetylierung von Proteinen durch Pat1 resp. Sir2 die Regulation der Genexpression beeinflußt. Dies geschieht in H. volcanii indirekt durch die posttranslationale Veränderung von internen Signalen oder direkt durch die Modulierung des Histons und die damit verbundene Änderung der DNA-Struktur.
Die mitochondriale Atmungskette und insbesondere die Cytochrom c Oxidase als deren terminales Enzym sind essentiell für den Energiestoffwechsel eukaryotischer Zellen. Die Assemblierung der mitochondrialen Cytochrom c Oxidase mit ihren bis zu 13 Untereinheiten ist noch nicht bis ins Detail aufgeklärt, aber es handelt sich um einen geordneten, stark regulierten Prozess, und Defekte der Assemblierung sind häufig Ursache für neurodegenerative und myopathische Erkrankungen. In Eukaryoten sind bisher mehr als 30 Proteine identifiziert worden, die an der Biogenese der Cytochrom c Oxidase beteiligt sind, darunter Surf1. Beim Menschen führt der Verlust von Surf1 zu einer letalen neurodegenerativen, als Leigh-Syndrom bezeichneten Krankheit, wobei die genaue Rolle von Surf1 bei der Assemblierung der Cytochrom c Oxidase unklar ist. Das Bodenbakteriums Paracoccus denitrificans kann als Modellorganismus für die mitochondriale Atmungskette dienen, da seine aeroben Atmungskettenkomplexe eine deutliche Homologie zu denen der Mitochondrien auf weisen. P. dentrificans besitzt zwei homologe Gene für Surf1, die in Operons mit terminalen Oxidasen assoziiert sind: surf1c ist im cta-Operon lokalisiert, das für Untereinheiten der aa3-Cytochrom c Oxidase kodiert, und surf1q im qox-Operon, das die Gene für die ba3-Ubichinoloxidase enthält. Vorrangiges Ziel dieser Arbeit war es, diese beiden Gene und ihre Translationsprodukte zu charakterisieren und auf ihre Funktion hin zu untersuchen. Chromosomale Einzel- und Doppeldeletionen beider surf1-Gene führten zu einem spezifischen Aktivitätsverlust der jeweiligen Oxidase in Membranen, wobei surf1c und surf1q unabhängig von einander für ihre korrespondierenden Oxidasen zuständig sind und keine überlappenden Funktionen besitzen. Dies war der erste experimentelle Hinweis, dass ein Surf1-Protein auch bei der Assemblierung einer Chinoloxidase eine Rolle spielt. Untersuchungen an aufgereinigter aa3-Cytochrom c Oxidase ergaben, dass der Hämgehalt im Fall der surf1c-Deletion stark vermindert ist. Diese Ergebnisse bestätigten frühere Vermutungen, dass Surf1 eine Rolle beim Häm-Einbau in UEI spielt. Diese Arbeit untersuchte zum ersten Mal aufgereinigtes Surf1-Protein und lieferte mit der Charakterisierung weitere Hinweise auf seine Rolle beim Häm a-Einbau in terminale Oxidasen. So konnte gezeigt werden, dass sowohl Surf1c und als auch Surf1q Häm a in vivo binden. Mit Hilfe spektroskopischer Methoden und der isothermen Titrationskalorimetrie konnte die Bindung von Häm a an apo-Surf1c und Apo-Surf1q quantifiziert werden. Beide Proteine binden Häm a mit submikromolaren Affinitäten in einer 1:1 Stöchiometrie. Ligandenbindungspektren wiesen weiterhin darauf hin, dass das Eisenatom des Häm a in Surf1 nur über fünf Liganden koordiniert ist. Über gerichtete Mutagenese konnte der konservierte Histidinrest His193 für Surf1c und His202 für Surf1q als möglicher fünfter Ligand des Eisenatoms identifiziert werden. Untersuchungen zur Wechselwirkung mit anderen Proteinen zeigten eine direkte Interaktion zwischen der Häm a Synthase und den beiden Surf1-Proteinen in vivo und in vitro, die zuvor noch für kein anderes Surf1-Homolog beschrieben war. Zusätzlich konnte ein Transfer von Häm von der Häm a Synthase auf Surf1c bzw. Surf1q in vitro erreicht werden. Für Surf1c ließ sich außerdem eine Interaktion mit Untereinheit I der Cytochrom c Oxidase nachweisen. Obwohl die Funktion von Surf1 im Rahmen der Biogenese der Cytochrom c Oxidase noch nicht abschließend geklärt werden konnte, liefern die Ergebnisse dieser Arbeit nichtsdestotrotz klare Hinweise auf eine direkte Beteiligung von Surf1 beim Einbau der Häm a-Kofaktoren, und ein neues Modell für die Funktion von Surf1 konnte erstellt werden.
Die Zellwand von Arabidopsis thaliana enthält große Menge an Hemicellulosen und Pektinen, deren Bestandteile sich hauptsächlich von UDP-Glucuronsäure ableiten. Die Bildung von UDP-Glucuronsäure wird in Pflanzen überwiegend durch die UDP-Glucose Dehydrogenase (UGD) katalysiert, die UDP-Glucose unter der Bildung von NADH in UDP-Glucuronsäure umwandelt. Arabidopsis thaliana besitzt vier UGD-Gene und ein Pseudogen, welche starke Homologien zu Genen anderer bekannter pflanzlicher UDP-Glucose Dehydrogenasen zeigen. Mit Hilfe von Promotor::GUS-Reportergenpflanzen und real time-PCR-Analysen konnte in dieser Arbeit gezeigt werden, dass die vier UGD-Gene nicht nur in verschiedenen Geweben und zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Morphogenese exprimiert werden, sondern auch in unterschiedlicher Stärke. Dabei scheint jedoch zu jedem Zeitpunkt der Morphogenese, bis auf die Samenentwicklung, eine der vier UGD-Isoformen in Arabidopsis thaliana exprimiert zu werden. Eine biochemische Charakterisierung der verschiedenen Isoformen zeigte einen sehr ähnlichen Km-Wert von ca. 43 µM für NAD+, während sich die Km-Werte für UDP-Glucose deutlich voneinander unterschieden (123 - 335µM). Alle Isoformen unterlagen einer feedback-Hemmung durch UDP-Xylose. Dabei war eine starke Hemmung durch UDP-Xylose korreliert mit einer hohen Affinität zu UDP-Glucose. Neben NAD+ konnten alle untersuchten Isoformen in geringem Maße auch NADP+ als Cofaktor verwenden. Allerdings verringerte sich die Enzymaktivität dadurch um etwa 80%. Alternative Zuckersubstrate konnten dagegen nicht umgesetzt werden. Die biochemischen Unterschiede zwischen den UGD-Isoformen und die differentielle Expression ihrer entsprechenden Genekönnten eine wichtige Rolle bei der Regulation der Zellwandbiosynthese spielen. Denn die irreversible Oxidation von UDP-Glucose zu UDP-Glucuronsäure durch UGD fungiert als eine der Schaltstellen, an welcher der Kohlenstofffluss derpflanzlichen Zelle in Richtung Zellwandbiosynthese gesteuert werden kann. Die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Analysen von Einfach-oder Doppel-knock out-Mutanten, bei denen durch eine T-DNA-Insertion ein oder zwei UGD-Gene ausgeschaltet waren, zeigte dementsprechend auch eine veränderte Zellwandzusammensetzung bei den Mutanten deltaUGD2, deltaUGD3 und deltaUGD1x deltaUGD4 und eine veränderte Funktion der Stomata bei deltaUGD1x deltaUGD4. Insgesamt waren die Phänotypänderungen gegenüber dem Wildtyp bei der Doppelmutante deltaUGD1x deltaUGD4 wesentlich ausgeprägter als bei den Einfachmutanten, was daran liegen könnte, dass der Ausfall eines UGD-Gens durch ein anderes kompensiert wird. Dafür sprechen auch die Ergebnisse der real time-PCR-Analyse, in der die Expression von UGD1, 2, 3 und 4 in sechs Tage alten Keimlingen des Wildtyps und der knock out-Mutanten untersucht wurde. Dort konnte nachgewiesen werden, dass sich das Ausschalten eines oder mehrerer UGD-Gene auf die Expression der übrigen UGD-Gene auswirkt.
Die Gentherapie bietet eine interessante alternative Behandlungsoption bei der Therapie der HIV-Infektion und könnte langfristig die Standardmedikation mit antiretroviralen Substanzen ergänzen oder ersetzen. Antivirale Genprodukte, die frühe Schritte im HIV-Replikationszyklus hemmen, bevor sich das Virus in das Genom der Zielzelle integriert hat, sind dabei besonders vielversprechend. Hierzu zählen insbesondere die von der C-terminalen heptad repeat Region des HIV-Hüllglykoproteins gp41 abgeleiteten C-Peptide, die hochwirksame Inhibitoren des Viruseintritts sind. Während des HIV-Eintrittsprozesses interagieren sie mit den viralen gp41 N-Helices und verhindern somit die Ausbildung des zur Fusion von viraler und zellulärer Membran erforderlichen Sechs-Helix-Bündels. Die Sekretion antiretroviraler C-Peptide durch genmodifizierte T-Lymphozyten in vivo birgt großes therapeutisches Potential: Nach Freisetzung in den extrazellulären Raum können die Peptide nicht nur genmodifizierte sondern auch unbehandelte Nachbarzellen vor HIV-Infektion schützen (Bystander-Effekt). Somit könnte selbst mit den heute zur Verfügung stehenden Methoden, mit denen lediglich ein Teil aller potentiellen HIV-Zielzellen modifiziert werden kann, die Virusreplikation effektiv unterdrückt werden. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden daher C-Peptid-basierte in vivo sezernierte antivirale Eintrittsinhibitoren (iSAVE) für die HIV-Gentherapie entwickelt. Kurze Peptide, wie die antiviralen C-Peptide, werden von eukaryotischen Zellen aufgrund von Größenbeschränkungen beim Eintritt in den Sekretionsweg jedoch nur schlecht sezerniert. Um die effiziente Sekretion von iSAVE-Peptiden durch genmodifizierte humane Zellen zu erreichen, wurde das C-Peptid daher verlängert. Hierbei wurde das therapeutische Peptid einerseits um nicht antiviral aktive Gerüstelemente ergänzt. Andererseits wurden Concatemer-Konstrukte generiert, in denen zwei C-Peptide jeweils über einen flexiblen oder proteolytisch spaltbaren Linker verbunden sind. Die unterschiedlichen iSAVE-Peptid-Varianten wurden in vitro in transfizierten und transduzierten Zelllinien und in primären humanen T-Lymphozyten charakterisiert. Hierbei wurden Sekretionseffizienz und Prozessierung sowie antivirale Aktivität und Bystander-Inhibition der sezernierten Peptide untersucht. Dabei zeigte sich, dass die Effizienz der C-Peptidsekretion stark mit der Peptidlänge korreliert, so dass durch Sequenzverlängerungen die Sekretion deutlich gesteigert werden konnte. Darüber hinaus waren N-Glykane für die effiziente Sekretion der C-Peptide unerlässlich. Die antiretrovirale Aktivität hingegen reduzierte sich mit zunehmender Peptidlänge dramatisch und wurde auch durch N-Glykane leicht beeinträchtigt, so dass weder die durch Gerüstelemente verlängerten C-Peptide, noch die ungespaltenen C-Peptid-Concatemere antiretrovirale Wirkung zeigten. Durch die Generierung proteolytisch spaltbarer C-Peptid-Concatemere konnten die strukturellen Erfordernisse für effiziente Sekretion mit hoher inhibitorischer Aktivität vereinbart werden. Die Prozessierung der Concatemere durch die Proprotein-Convertase Furin war allerdings nicht einfach zu erreichen. Nur das Einfügen eines flexiblen Linkers mit optimierter Furinerkennungssequenz zwischen den beiden C-Peptiden erlaubte die effiziente Spaltung in monomere Peptide mit hoher antiretroviraler Aktivität. Therapeutisch wirksame Peptidkonzentrationen dieser optimierten iSAVE-Peptide wurden sowohl von transfizierten und transduzierten Zelllinien als auch von primären humanen T-Zellen sezerniert. Nach Freisetzung in den extrazellulären Raum konnten die Peptide nicht nur genmodifizierte sondern auch unbehandelte Nachbarzellen in vitro vor HIV-1 Eintritt und Infektion schützen. Die generierten iSAVE-Peptide bilden damit eine hervorragende Grundlage für die weitere präklinische und klinische Entwicklung eines neuen Gentherapieansatzes zur Behandlung der HIV-Infektion.
Ein bekanntes Beispiel für regulatorische RNA-Protein-Wechselwirkung stellt der Komplex der TAR-RNA von HIV-1 und dem viralen Protein Tat dar. Dieser Komplex ist wichtig für die effiziente Transkription des viralen Genoms. Essentiell für die Erkennung der Stem-Loop Struktur ist die Wechselwirkung des Tat-Proteins mit dem aus drei Nukleotiden bestehenden Bulge der TAR-RNA. Das Wissen über die Prinzipien der Erkennung von Tat zu TAR-RNA sollte es möglich machen, spezifische Liganden zu designen, die als antivirale Tat Antagonisten angreifen können. Das Ziel dieser Arbeit war die Synthese von RNA Liganden für die Festphasenpeptidsynthese (FPPS) basierend auf heteroaromatischen Bausteinen. Als Strategie wurde gewählt, die heteroaromatischen Reste über Amid-Bindungen an ein Fmoc geschütztes (2-Aminoethyl)glycin-Rückgrat einzufügen. Die peptidomimetischen Bausteine X konnten in der FPPS zur Synthese von Tripeptiden mit der allgemeinen Struktur Arg-X-Arg und Modifikationen mit Lysin eingesetzt werden. Die Bindungsaffinitäten der Tripeptide und kleinen Moleküle zur TAR-RNA von HIV-1 wurden über einen fluoreszenzbasierten Assay bestimmt. Der Assay verwendet ein doppelt endmarkiertes Tat-Peptid mit Fluorescein und Rhodamin als Farbstoff. Durch Verdrängung des Tat-Peptides durch einen konkurrierenden Liganden kommt es zur Konformationsänderung des Peptides, die zur Löschung der Lichtemmission führt. Dabei zeigen die Tripeptide H2N-(D)Arg-Lactam-(D)Arg-CONH2 (154) und H2N-(D)Arg-Amidin-(D)Arg-CONH2 (158) IC50-Werte von 2-3 mikroM, die auch durch Fluoreszenz Korrelations Spektroskopie (FCS) bestätigt wurden. In massenspektrometrischen Untersuchungen von 158 bzw. Tat-Protein mit TAR-RNA konnten bei beiden Peptiden 1:1 und 1:2-Komplexe beobachtet werden. 158 zeigt antivirale Eigenschaften (IC50 = 10-50 mikroM) in HeLa P4-Zellassays. Durch NMR-Untersuchungen und molekulardynamische Berechnungen war es möglich, eine Konformationsänderung der TAR-RNA durch eine Wechselwirkung mit Guanidinium-Gruppen festzustellen. Ein weiteres Ziel der Arbeit war daher ausgehend von den gewonnenen Daten die Untersuchung des Bindungskonzeptes von Diaminopyrazolen und Indazolen. Diaminopyrazole mit kleinen Resten und Triaminopyrazol übertreffen im protonierten Zustand den dikationischen Liganden Argininamid. In Übereinstimmung mit dem Bindungsmodell verhalten sich protonierte Aminopyrazole wie „Super-Guanidine“ hinsichtlich der TAR-RNA. Das Einfügen des Triaminopyrazols in ein Phenazin-Grundgerüst führt zu Verbindungen, die im protonierten und reduzierten Zustand zusätzliche Wasserstoffbrückenbindungen eingehen können und nicht planar, aber lipophil sind. Der Austausch von Stickstoff zu Sauerstoff im Phenazinring sollte den reduzierten Zustand stabilisieren. Die resultierende Struktur ist jedoch zersetzlich, so dass auf weitere Untersuchungen verzichtet wurde.
Die funktionelle Integrität des Endothels ist von essentieller Bedeutung für den Organismus. Die Entstehung und Progression vaskulärer Erkrankungen, wie z.B. der Atherosklerose, ist daher oftmals ursächlich mit einer Dysfunktion des Endothels verbunden. Vor diesem Hintergrund ist insbesondere die Aufklärung der molekularen Grundlagen der Regulation von Endothelzellfunktionen, ein zentraler Aspekt heutiger Forschung. Homeobox- (Hox) Transkriptionsfaktoren nehmen eine Schlüsselposition bei der Regulation einer Vielzahl zellulärer Prozesse, wie Proliferation, Migration und Gewebe-spezifischer Differenzierung ein. Die Identifikation sowie die Analyse der Funktion und Regulation von Hox-Transkriptionsfaktoren in Endothelzellen, leistet deshalb einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Endothelzellbiologie. Als ein zentraler Befund dieser Arbeit, konnte mit der Histon-Methyltransferase MLL erstmals die funktionelle Rolle eines epigenetischen Hox-Regulators auch in differenzierten Endothelzellen nachgewiesen werden. MLL erwies sich hierbei von essentieller Bedeutung für pro-angiogene Endothelzell-Funktionen. Die bedeutende Rolle von MLL bei der Migration von Endothelzellen konnte mit der transkriptionellen Regulation der beiden Hox-Transkriptionsfaktoren HoxA9 und HoxD3 in Verbindung gebracht werden, die hier erstmals als direkte Zielgene von MLL in Endothelzellen beschrieben wurden. Als funktionelle Mediatoren der MLLabhängigen Migration konnten zudem der EphB4-Rezeptor sowie die Integrine αVβ3 und α5β1, als Zielgene von HoxA9 bzw. HoxD3 nachgewiesen werden. Neben der Migration konnte für MLL auch eine essentielle Rolle für das Sprouting von Endothelzellen nachgewiesen werden, die sich im Gegensatz zur Migration, nicht auf die Regulation von HoxA9 oder HoxD3 zurückführen ließ. Diese Beobachtung lässt auf die Involvierung zusätzlicher MLLabhängiger Faktoren schließen, und verdeutlicht damit die zentrale Rolle von MLL bei der Regulation komplexer, pro-angiogener Prozesse in Endothelzellen. Über die genannte Rolle von MLL hinaus konnte im Rahmen dieser Arbeit das Wissen um Hox-Transkriptionsfaktoren mit funktioneller Relevanz für Endothelzellen, um die beiden Hox-Transkriptionsfaktoren HoxB4 und HoxB5 erweitert werden. Hier konnte für HoxB4 eine Rolle für die Fähigkeit von Endothelzellen zur Ausbildung zwei- und 3-dimensionaler Gefäßstrukturen nachgewiesen werden, während HoxB5 in die Proliferation, die Expression des endothelialen Markergens eNOS sowie die morphologische Beschaffenheit von Endothelzellen eingreift. Zusätzlich konnte die Rolle von transkriptionellen Hox Co-Faktoren, als Modulatoren von Hox-Funktionen, am Beispiel der Interaktion von Meis1 und HoxA9 bei der Transaktivierung des eNOS-Promoters aufgezeigt werden. Zusammenfassend leisten die hier gezeigten Daten einen Beitrag zum Verständnis der Rolle von Hox-Transkriptionsfaktoren als molekulare Regulatoren endothelialer Zellfunktionen.
Der suprachiasmatische Nucleus (SCN) des Hypothalamus enthält die zentrale innere Uhr der Säugetiere. Diese innere Uhr besteht aus einem Verbund von untereinander gekoppelten Neuronen, die durch ein intrinsisches molekulares Uhrenwerk eine selbsterhaltende Oszillation mit einer Periode von circa einem Tag (circadian) aufrechterhalten. Diese Oszillation dient dem Organismus als innere Uhr und muss, da ihre Periode nicht exakt 24 Stunden beträgt, durch Zeitgeber mit der Umwelt synchronisiert werden. Der wichtigste circadiane Zeitgeber ist das Licht. Die Lichtsignale gelangen von der Retina über den retinohypothalamischen Trakt (RHT) direkt zum SCN. Von dort werden circadiane Informationen an zentrale und periphere Effektoren weitergeleitet, unter anderem an das Pinealorgan, welches zyklisch das Hormon Melatonin als Dunkelheitssignal ausschüttet. Melatonin kann wiederum auf die circadiane Uhr zurückkoppeln und in einem engen, sensitiven Zeitfenster die Phasen des SCN verschieben. Neben diesem Regelkreis gibt es direkte Verbindungen vom SCN zum lateralen Hypothalamus (LH), der eine zentrale Rolle bei der Regulation des Schlafes und der Energiehomöostase innehat. Ein spezieller Neuronentyp des LH schüttet das Neuropeptid Orexin aus, das große Bedeutung bei der Schlafregulation und der Appetitbildung besitzt. Diese orexinergen Neurone projizieren in weite Teile des Gehirns, unter anderem in die Region des SCN, was aufgrund der bekannten Wechselbeziehungen zwischen circadianer Aktivität, Schlaf und Appetit auf eine Rückkoppelung auf das circadiane System schließen lässt. In der vorliegenden Arbeit wurden mit Hilfe von Multielektroden-Ableitungen (MEAs) die neuronalen Signale einzelner Zellen des SCN, die zusammen ein komplexes Netz für die Steuerung der Effektormechanismen bilden, analysiert. Es standen dabei folgende Fragestellungen im Vordergrund: Bieten primäre Zellkulturen von SCN-Neuronen ein ausreichendes Modell für die Untersuchung der zellulären Kommunikation und der neuronalen Ausgangssignale der circadianen Uhr? Wirken Zeitgebersignale direkt auf die primären Oszillatoren oder sind Phasenverschiebungen eine Eigenschaft des gesamten Netzwerkes im SCN? Besteht ein Einfluss der orexinergen Neurone des lateralen Hypothalamus auf die Uhren-Neurone im SCN? Auf Multielektrodenplatten kultivierte SCN Neurone sind spontanaktiv und zeigen über Tage und Wochen ausgeprägte circadiane Rhythmen in ihrer Spikerate. In der Regel sind diese Aktivitäts-Rhythmen einzelner Neurone nicht synchronisiert, obwohl die Zellkulturen zahlreiche synaptische Verbindungen und korrelierte Aktivität aufweisen Um die Interaktion der verschiedenen Neuronen innerhalb des Uhrennetzwerkes aufzuklären, wurde eine Methode basierend auf Kreuzkorrelationen entwickelt. Mit dieser Methode konnte gezeigt werden, dass korrelierte Aktivität in SCN-Zellkulturen verbreitet ist, die stabilen Oszillatoren davon jedoch immer ausgenommen waren, obwohl eine durchgehende Vernetzung innerhalb der Kulturen bestand. Somit bilden Zellkulturen von SCN Neuronen ein sehr heterogenes Netzwerk mit stabilen Oszillatoren, schwachen Oszillatoren und nicht rhythmischen Neuronen, das viele einzelne Uhren elastisch miteinander koppelt und mit verarbeiteten Informationen über äußere und innere Zustände versorgt. Stabile Oszillatoren können direkt durch Zeitgeber-Stimuli, wie zum Beispiel Melatonin, beeinflusst und in ihren Aktivitäts-Phasen verschoben werden. Die Phasen-Antwortkurven sind im Vergleich zu in vivo Untersuchungen jedoch variabler, was für eine starke Beteiligung des neuronalen Netzwerkes bei der Verarbeitung und Stabilisierung der Antworten auf die Zeitgeber-Stimuli spricht. Phasenverschiebungen als Reaktion auf einen Zeitgeber-Stimulus sind demnach eine Eigenschaft der einzelnen Oszillatorzelle, die aber durch die Interaktion der verschiedenen Uhren-Neurone in ein stabiles Ausgangssignal umgesetzt werden müssen. Kultivierte SCN-Neurone reagieren auf Applikation von Orexin A mit kurzzeitigen Änderungen der Spikerate, sowie mit deutlichen Phasenverschiebungen, die in Zellkulturen sehr variabel ausfallen, während sie in Ableitungen von organotypischen Hirnschnitten stabil und reproduzierbar sind. Dies unterstreicht wiederum die Bedeutung des neuronalen Netzwerkes im SCN. Orexin A scheint zwar direkt auf stabile Oszillatorzellen einzuwirken, aber auch auf die synaptische Übertragung zwischen den SCN-Neuronen. Sein Wirkungsmechanismus könnte dabei in einer Hemmung der GABAergen und in einer Verstärkung der glutamatergen synaptischen Übertragung liegen. Die Wirkung von Orexin A im SCN spricht für eine vielfältige Rückkoppelung des orexinergen Systems auf den circadianen Schrittmacher.
Degenerationsvorgänge am Innenohr und experimentelle Untersuchungen über Protektionsmöglichkeiten
(2000)
Hörverluste durch Innenohrschäden gelten beim Menschen und anderen Säugetieren als irreversibel. Deshalb wird es von vielen Wissenschaftlern versucht, eine Regeneration im Innenohr der Säugetiere zu induzieren oder das Ohr pharmakologisch vor Schädigung zu schützen. Ziel dieser Arbeit war es zu untersuchen, ob neurotrophe Wachstumsfaktoren Meerschweinchen vor experimentell ausgelösten Innenohrschäden schützen können. Als erstes wurde in dieser Arbeit ein Tiermodell zur akuten und frequenzspezifischen Hörschädigung entwickelt. Meerschweinchen wurden Kanamycin und Ethakrynsäure intravenös infundiert. Es wurde festgestellt, daß die erwünschten frequenzspezifischen Hörverluste durch 266 mg/kg Kanamycin kombiniert mit 30 mg/kg Ethakrynsäure reproduzierbar induziert werden konnten. Die Hörschwellen und ihre Verluste wurden anhand der Summenaktionspotentiale vom Hörnerv bestimmt. Anschließend wurde an Meerschweinchen eine Methode zur chronischen Applikation von Wachstumsfaktoren ausgearbeitet. Es wurden drei implantierbare Applikationssysteme getestet, das Mikrodosiersystem (MDS) aus der Tübinger HNO-Klinik, die wiederbefüllbaren ESOX-Pumpen und osmotische ALZET-Pumpen. Durch die osmotischen ALZET-Mikropumpen konnten neurotrophe Faktoren über einen Zeitraum von mehreren Wochen kontinuierlich und zuverlässig appliziert werden. Diese Pumpen wurden in Meerschweinchen implantiert und lieferten eine Lösung mit der Testsubstanz oder eine Kontrollösung, die an das runde Fenster der Cochlea oder in die Zerebrospinalflüssigkeit abgegeben wurden. Im dritten Teil der Arbeit wurden die beiden entwickelten Methoden miteinander kombiniert. Damit war es möglich zu testen, ob der durch die Mikropumpen applizierte neurotrophische Faktor-3 (NT-3) die durch Ototoxika ausgelösten Schwellenverluste vermindert, Argumente für die Wahl von NT-3 waren, daß NT-3 in vitro bereits eine starke protektive Wirkung an den Neuronen des Spiralganglions erwiesen hatte (Marzella et al., 1997). Außerdem sind Rezeptoren für NT-3 auch bei adulten Tieren in den cochleären Haarzellen vorhanden. Die physiologische Wirkung von NT-3 war aber in vivo noch nicht untersucht worden. Zu Beginn der Experimente wurden die Tiere mit Mikropumpen implantiert, die über 14 Tage eine NT-3-haltige oder Kontrollösung applizierten. Vier Tage nach Implantation der Pumpen wurden die Meerschweinchen durch die Infusion der oben genannten ototoxischen Arzneimitteln vertäubt. Die Hörschwellen wurden kurz bevor und über 32 Tage nach der Vertäubung gemessen. Die Hörschwellen der mit NT-3 behandelten Tiere wurden mit den Hörschwellen der Kontrolltiere verglichen. Durch die Infusion von Kanamycin und Ethakrynäure wurden bei Meerschweinchen Hörverluste in der Größenordnung von 40 dB induziert. Bei der Gabe von NT-3 an die rechten Cochleae wurden diese ototoxisch ausgelösten Schwellenverluste um 9 dB vermindert, und dies nicht nur auf der behandelten, sondern auch auf der kontralateralen Seite. Diese Befunde deuteten darauf hin. daß bei der lokalen Gabe die neurotrophen Faktoren auf systemischem Wege auch andere Seite erreichen und dort eine Wirkung ausüben. Ähnliche Effekte wurden auch bei lokaler Gabe von einem anderen neurotrophen Faktor, Glial cell line-derived neurotrophic factor (GDNF), beoobachtet (Shoji et al., 2000). Die kontralaterale Wirkung war hier aber schwächer (3 dB), als die ipsilaterale (5 dB). Die ins Ohr implantierten Pumpen verursachten per se Hörverluste von etwa 5 dB. NT-3 verminderte auch diese Hörverlustedurchschnittlich um 4 dB. In einer weiteren Versuchsreihe wurde der systemische Effekt von NT-3 geprüft. Dafür wurde NT-3 nicht lokal an das runde Fenster der Cochlea, sondern in die Zerebrospinalflüssigkeit appliziert. Die ototoxisch ausgelösten Hörverluste konnten durch den systemisch gegebenen NT-3 um 5 dB verringert werden. Relativ zu den ototoxisch ausgelösten Hörverlusten in der Größenordnung von 40 dB war die Protektion durch systemisch (5 dB) oder lokal (9 dB) applizierten NT-3 gering. Die stärkste otoprotektive Wirkung durch Wachstumsfaktoren, von 12-18 dB, wurde bis jetzt durch gentechnisch in die Cochlea eingebrachten GDNF erreicht (Yagi et al., 1999). Der Schutzeffekt durch den lokal am Ohr gegebenen GNDF (5 dB, Shoji et al., 2000) war aber geringer, als der vom identisch verabreichten NT-3 (9 dB, diese Arbeit, s. auch Sudavicius et al., 2000). Wenn durch gentechnische Art des Verabreichens die Wirkung von NT-3 im gleichen Maße potenziert werden sollte, wie es bei GDNF der Fall ist, wäre die protektive Wirkung von NT-3 stärker als die von GDNF.
Die vorliegende Arbeit befasste sich in erster Linie mit der Regulation des P2X2 Rezeptors (P2X2R) durch Phosphoinositide (PI). P2X Rezeptoren sind durch extrazelluläres ATP aktivierte Kationenkanäle, die ubiquitär unter Vertebraten, v. a. im zentralen wie peripheren Nervensystem exprimiert werden. Bis heute sind 7 verschiedene Untereinheiten dieser Rezeptorfamilie bekannt, die nach homo- oder heterotrimerer Assemblierung unterschiedliche funktionelle Phänotypen ausbilden. Die P2X Rezeptoren sind an einer Vielzahl von physiologischen und pathophysiologischen Prozessen beteiligt. Für ihre Beteiligung am zellulären Signalgeschehen wurde in der Vergangenheit der Begriff der purinergen Signaltransduktion geprägt. PI4,5P2 ist ein zelluläres, an der Innenseite der Plasmamembran verankertes Phospholipid, dem zahlreiche, essentielle Funktionen zukommen. Dass es auch Signalfunktion besitzen kann, wurde erst spät (1980) bekannt; dass es darüber hinaus zudem membranäre Transportsysteme reguliert, konnte erst in den letzten Jahren gezeigt werden. Die ersten Kanäle, für die eine Phosphoniositid (PI)-Beeinflussung nachgewiesen wurde, waren die einwärts gleichrichtenden K+-Kanäle. 2006 wurden die ersten vorläufigen Hinweise publiziert, dass auch die Kanalfunktion der P2X Rezeptoren durch Phosphoinositide beeinflusst werden kann. Darauf aufbauend wurde in der vorliegenden Arbeit der P2X2R nach Expression in Xenopus Oozyten elektrophysiologisch auf eine mögliche Regulation durch PIPns untersucht. Um die in der Oozyte vorliegenden PI-Level gezielt während der Messung ändern zu können, wurde die spannungsgesteuerte Phosphoinositid-Phosphatase Ci-VSP coexprimiert. Ci-VSP, die der PTEN-Phosphatase strukturell sehr ähnlich ist, wurde 2005 aus der Schlauchascidie Ciona intestinalis kloniert. In der veröffentlichten Klonierungsarbeit wurde bereits gezeigt, dass Ci-VSP in der Lage ist, bekannte PI4,5P2-sensitive Membrankanäle, wie z. B. bestimmte K+-Kanäle, spannungsabhängig zu inhibieren. Es konnte in TEVC-Experimenten gezeigt werden, dass die durch Depolarisation induzierte Aktivierung dieser Phosphatase den P2X2 Rezeptorstrom in seiner Desensibilisierung sowohl beschleunigt als auch verstärkt. Dieser Effekt war spannungsabhängig und nahm mit höherer Depolarisation zu. Die ermittelte Spannungsabhängigkeit stimmte dabei mit dem sensitiven Potentialbereich der spannungsgesteuerten Ci-VSP-Domäne, gemessen an ihren gating-Strömen, überein. Der „Ci-VSP-Effekt“ auf den P2X Rezeptor konnte nur in Anwesenheit von ATP, d.h. bei aktiviertem Rezeptor, beobachtet werden. Wurden die Oozyten mit Wortmannin, einem PI4-Kinase(PI4K)-Inhibitor, behandelt, zeigte sich eine vergleichbare Veränderung des Rezeptorstroms. Eine PI4K-Inhibition zielt demnach offensichtlich auf die gleichen Regulationsmechanismen wie die Ci-VSP-Aktivierung. In weiterführenden zellfreien Patch Clamp-Messungen an Oozytenmembranen wurden sowohl Einzelkanal- als auch makroskopische Ströme des P2X2R unter Einfluss verschiedener, intrazellulär verabreichter PIs und PI-beeinflussender Enzyme untersucht. Einzig die Zugabe von PI4,5P2 hatte einen deutlich aktivierenden Einfluss auf den makroskopischen Rezeptorstrom, andere getestete PIs (wie auch PI3-Kinase und PTEN-Phosphatase) zeigten keinerlei Wirkung. Vergleichbare Ergebnisse konnten in vorläufigen Einzelkanal-Messungen an diesem Rezeptor Subtyp beobachtet werden. Da die PI4-Kinase offensichtlich an der beobachteten Beeinflussung der P2X2R Desensibilisierung beteiligt ist, wurde die P2X2-Rezeptorsequenz auf potentielle - über sogenannte SH3-Epitope vermittelte - PI4K-Interaktionsbereiche hin untersucht. Diese SH3-Epitope kommen in vielen zellulären Proteinen vor, um Protein-Protein-Interaktionen zu vermitteln. Nach Sequenzanalyse des maßgeblich am Desensibilisierungsgeschehen beteiligten C-Terminus des P2X2R konnte im distalen Teil ein SH3-Bindungsmotiv lokalisiert werden, das daraufhin durch gerichtete Mutagenese (P2X2-P451A/P454A) unwirksam gemacht wurde. Dieser mutierte Rezeptor verhielt sich in seiner Desensibilisierung wie der Wildtyp nach Wortmannin-Behandlung, zeigte also eine intrinsisch verstärkte Desensibilisierung. Eine Wortmannin-Behandlung der Oozyten, die den mutierten Rezeptor exprimierten, führte hingegen zu keiner weiteren Beeinflussung des Rezeptorstroms. Somit konnte letztlich der Schluss gezogen werden, dass die PI4K, und das mit ihr in direkter Verbindung stehende PI4,5P2, einen maßgeblichen Einfluss auf das Desensibilisierungsverhalten des P2X2R hat. Auf Basis der erarbeiteten Befunde wurde ein kinetisches Reaktionsmodell des P2X2R erstellt, das bisher aufgestellte Modelle mit den Ergebnissen dieser Arbeit vereint, aber auch in teilweisem Gegensatz zu dem von FUJIWARA & KUBO [2006] steht. Des Weiteren wurde im Verlauf dieser Arbeit die reversible Inhibition des P2X2R durch eine Reihe von Aminoglykosid-Antibiotika untersucht. Durch Analyse der Dosis-Wirkungs-Beziehungen, der Spannungs- sowie wie ATP-Konzentrations-Abhängigkeit der Inhibition konnte gezeigt werden, dass es sich dabei um einen nicht-kompetitiven open pore block handelte. Durch weiterführende Untersuchungen an einer nicht-desensibilisierenden P2X2/1 Rezeptorchimäre wurde gezeigt, dass eine Aminoglykosid-Inhibition die ATP-Dissoziation von der Rezeptorbindungsstelle signifikant verlangsamte. Dieser Befund deutet auf eine im Vergleich zum geschlossenen Zustand erhöhte Affinität des offenen Zustands für ATP hin. Neben den hier untersuchten Aminglykosiden sind bislang keine weiteren Substanzklassen bekannt, die den P2X2R durch einen derartigen Mechanismus hemmen.
Im Rahmen der vorliegenden Dissertation wurde die Rolle des Transkriptionsfaktors Meis2 als Ko-Faktor in der Entwicklung des anterioren Neuralrohrs untersucht. Hierbei gaben funktionelle Untersuchungen durch Fehl- und Überexpressionsstudien mittels in ovo Mikroelektroporation im Hühnchenembryo, Aufschluss über eine besondere Rolle von Meis2 bei der Spezifizierung und Entwicklung des Tectum opticums. Überdies führten bio-chemische Untersuchungen zur Identifizierung neuer, bislang noch nicht beschriebener Interaktionspartner von Meis2 im sich entwickelnden optischen Tektum und in den Anlagen der Augen. Diese Untersuchungen geben einen weiteren Einblick in die Funktionsweise von Meis2 als Ko-Transkriptionsfaktor. Zusammengefasst lieferten die Untersuchungen der vorliegenden Arbeit folgende Erkenntnisse: I) Im Mittelhirn ist Meis2-Expression unter den bislang beschriebenen Regulatoren der Mittelhirnentwicklung einzigartig: es ist von Beginn an nicht dynamisch und kennzeichnet ausschließlich die dorsalen Alarplatten des Mittelhirns, den Bereich des zukünftigen optischen Tektums (Kapitel 3.1). Diese Expression unterliegt einer strikten negativen Regulation durch sezernierte Moleküle und Transkriptionsfaktoren der benachbarten Regionen des Neuralrohrs (Kapitel 3.2). II) Meis2 ist für tektale Entwicklung erforderlich: Die Überexpression des dominant negativ wirkenden Konstruktes Meis2EnR störte die Entwicklung tektumspezifischer Strukturen sowohl in der frühen als auch in der späteren Entwicklung (Kapitel 3.3.1 und 3.3.2). Zudem kam es zur Unterdrückung der tektalen Gene ephrinB1 und Dbx1 (Kapitel 3.3.3 und 3.3.4). III) Meis2 ist für tektale Entwicklung ausreichend: Die Fehlexpression von Meis2 führte zur Induktion und Entwicklung ektopischer tektaler Strukturen im Dienzephalon (Kapitel 3.3.5). Dabei führte Meis2 bereits 24 h nach Fehlexpression zur Transdifferenzierung des dienzephalischen in mesenzephalisches Zellschicksal, veränderte jedoch nicht das Schick-sal des metenzephalischen Gewebes (Kapitel 3.3.7). IV) Bei der Induktion tektaler Strukturen ist Meis2 nicht Bestandteil des regulatorischen Netzwerks des Mittel-Hinterhirn Organisators (MHO), eines sekundären Organisators, welcher die Entwicklung der Mittel-Hinterhirn Region steuert (Kapitel 3.3.8). V) Meis2 bildet jedoch im Mittelhirn in vivo Komplexe mit Otx2, einem Schlüsselmolekül zur Spezifizierung des anterioren Neuralrohrs (Kapitel 3.4.1 - 3.4.3). VI) Meis2 kann in vitro durch Bindung an Otx2 einer Grg4/Tle4-vermittelten Unter-drückung der transkriptionellen Aktivität von Otx2 entgegenwirken (Kapitel 3.4.4). Otx2 kann, wie bereits in Arbeiten anderer Labors beschrieben, kontext-abhängig entweder als transkriptioneller Repressor oder Aktivator wirken. Die in dieser Arbeit dargestellten Ergebnisse zeigen daher einen möglichen molekularen Mechanismus auf, wie durch zeitlich und räumlich kontrollierte Bindung eines Ko-Aktivators an Otx2 dessen transkrip-tionelle Aktivität wieder hergestellt werden kann. Die Ergebnisse dieser Arbeit beschreiben zum ersten Mal einen Transkriptionsfaktor, der unabhängig vom regulatorischen Netzwerk des MHO, die Entwicklung des optischen Tektums induziert. Sie liefern somit ein neuartiges mögliches Modell zur Spezifizierung anteriorer Hirnstrukturen: Die Induktion tektaler Entwicklung erfolgt nach Etablierung der Mittel-Hinterhirn Region durch Meis2, einem tektumspezifischen Ko-Faktor von Otx2. VII) Meis2 bildet, im sich entwickelnden Mittelhirn, auch Komplexe mit den beiden Regulatoren der Tektumentwicklung Pax3 und Pax7 (Kapitel 3.4.5). VIII) Außerdem konnten im Rahmen dieser Arbeit zwei weitere mögliche Interaktions-partner von Meis2 in den Anlagen der Augen identifiziert werden: Pax6, einem „master control gene“ der Augenentwicklung (Kapitel 3.4.6) und das Enzym Parp-1 (Kapitel 3.4.7), einem weit verbreiteten und vielseitigen Regulator der Genexpression. Diese Ergebnisse liefern Hinweise auf weitere wichtige Funktionen des Ko-Transkriptions-faktors Meis2 in der Entwicklung des anterioren Zentralnervensystems.
Helicobacter pylori (H. pylori) ist ein gram-negatives, mikroaerophiles Bakterium. Es kolonisiert die menschliche Magenschleimhaut, wobei mehr als 50% der Menschheit befallen sind. Als Pathogen begünstigt es die Entstehung von Magengeschwüren und –krebs. Experimentelle Befunde deuten darauf hin, dass H. pylori während der Infektion Kontakt zu Membranproteinen der Wirtszellen aufnimmt, um ein Typ IV Sekretionssystem aufzubauen und den primären Virulenzfaktor CagA (Cytotoxin Associated Antigen A) in die Wirtszelle zu translokieren. Diese Integrine genannten Membranproteine werden bei polaren Epithelzellen allerdings bevorzugt basolateral expremiert. Außerdem können extrazellulär geschnittene E-Cadherinfragmente im Medium mit H. pylori infizierter Zellkulturen nachgewiesen werden. Beide Beobachtungen legen den Schluss nahe, dass eine Protease von H. pylori sekretiert wird und die Zell-Zell-Kontakte degradiert, um H. pylori den Zugang zur basolateralen Seite der Wirtszellen zu ermöglichen. Das vom Gen hp1019 des Stammes H. pylori 26695 codierte Protein HtrA konnte im Rahmen einer Kooperation mit dem Paul-Ehrlich-Institut in Langen im Überstand von H. pylori mit proteolytischer Aktivität nachgewiesen werden. Um den Einfluss dieser extrazellulären Protease auf die Infektion von Kulturzellen mir H. pylori zu untersuchen, sollte ein niedermolekularer Inhibitor für HtrA gefunden werden. Ein Homologiemodell als Grundlage für ein strukturbasiertes virtuelles Screening wurde berechnet, wobei die aktive Konformation der Protease DegP von Escherichia coli als Vorlage diente (PDB Identifikation 3cs0). Für einen neue, im Rahmen dieser Untersuchung entwickelten Methode wurde PocketPicker eingesetzt, um Größe und Form der die Bindetaschen auf der Proteinoberfläche vorherzusagen. Durch die komplementäre Projektion von Proteinatomtypen auf diese definierte Volumen kann so für eine von PocketPicker vorgesagte Bindetasche ein potentielles Pharmakophormodell berechnet und für Datenbanksuchen eingesetzt werden. In retrospektiven Studien konnte die Funktion dieser Berechungen für eine Auswahl an pharmakologisch wichtigen Proteinen aus verschiedenen Strukturklassen validiert werden. Dabei stellte sich vor allem eine Abhängigkeit der Güte der Modelle von der Güte der Vorhersage von PocketPicker heraus, was den Schluss zulässt, dass eine möglichst genaue Definition der Bindetasche für das Gelingen eines strukturbasierten virtuellen Screening unerlässlich ist. Für die Protease HtrA von H. pylori konnten erfolgreich drei strukturabgeleitete Pharmakophormodelle berechnet werden, wobei jeweils verschiedene von PocketPicker vorhergesagte Bindetaschen einbezogen wurden. Die Molekülkataloge der Firmen Asinex und Specs wurden nach Ähnlichkeit zu diesen Modellen sortiert und nach Begutachtung der jeweils ähnlichsten 100 Substanzen wurden 26 Substanzen ausgewählt und bestellt. In einem in vitro Assay mit der rekombinanten Protease HtrA inhibierten 6 Substanzen den Verdau eines rekombinanten Substrats. Die beste Verbindung erreichte in dem Assay eine maximale Inhibition von ca. 77 % bei einer mittleren inhibitorischen Konzentration bei halbmaximaler Inhibition (IC50) von ca. 26 µM.
Die Identifizierung neuartiger Verbindungsklassen für ein pharmakologisches Zielsystem ist eine fordernde Aufgabe für die frühe präklinische Forschung, insbesondere wenn bereits vorherige umfangreiche Studien durchgeführt und viele Leitstrukturserien gefunden wurden. In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass Scaffold Hopping durch Methoden des Virtual Screenings auch für Systeme möglich ist, für die bereits eine Vielzahl von Referenzsubstanzen beschrieben ist und somit wenig freier chemischer Raum für Innovation zur Verfügung steht. Als Beispielsystem wurde die GlycinB-Bindungsstelle der NR1-Untereinheit des NMDA-Rezeptors betrachtet. Verschiedene zwei- und dreidimensionale Techniken des Virtual Screenings wurden einer umfangreichen retrospektiven Validierung unterworfen. Zur Durchführung der prospektiven Virtual-Screening-Studie wurde eine automatisierte in silico Plattform entwickelt, die 8,9 Millionen käufliche Substanzen aus 46 Substanzkatalogen von 33 verschiedenen Anbietern sammelte, um etwa 5 Millionen unterschiedliche Moleküle in zweidimensionaler Darstellung aufzuarbeiten. Diese Menge an Substanzen stellt den größten Teil der zurzeit kommerziell verfügbaren chemischen Verbindungen, also den „verfügbaren chemischen Raum“ dar. Anhand der retrospektiv validierten Virtual Screening Techniken konnten in einer prospektiven Suche 21 GlycinB-Antagonisten mit neuartigen, d.h. für GlycinB noch unbeschriebenen Scaffolds gefunden werden. Ausgehend von drei dieser Virtual Screening Hits wurden 53 weitere Verbindungen mit insgesamt fünf unterschiedlichen neuartigen Scaffolds und einem gemeinsamen Azo-Motiv identifiziert. Die Struktur-Wirkungsbeziehungen dieser fünf chemischen Serien wurden charakterisiert. Das Ergebnis dieser Arbeit zeigt eindeutig, dass es lohnend ist, alle vorhandenen Methoden auszuschöpfen, da sich die validierten Methoden komplementär zueinander verhielten und kein Virtual Screening Hit von mehr als einer Technik gefunden wurde. Die Flexibilität von Proteinen als Antwort auf die Bindung unterschiedlicher Liganden stellt ein bislang ungelöstes chemieinformatisches Problem dar, welches auch grundlegende pharmakologische Bedeutung hat. So verursachen z.B. bei NMDA/GlycinB agonistische Liganden eine Konformationsänderung des Rezeptors. Diese ruft dann eine direkte funktionale Antwort in Form der Öffnung des Ionenkanals hervor. Auch der Bindungsmodus der Antagonisten von GlycinB ist trotz Vorhandenseins von zwei Kristallstrukturen und mehreren Hundert zum Teil hochaffiner Referenzstrukturen zum großen Teil ungeklärt. Im zweiten Teil dieser Arbeit wurde ein auf Moleküldynamiksimulationen basierendes Verfahren entwickelt, welches flexible Aminosäurereste im Rezeptor und damit induzierbare Bewegungen des Proteinrückgrates bestimmt. Die so identifizierten Reste wurden dann in einem erweiterten Verfahren des Induced-Fit-Dockings als explizit flexibel betrachtet. Hierdurch war die Berechnung verschiedener Bindungsmodi von Antagonisten möglich, die aufgrund ihrer Form und Größe nicht in die verfügbaren Kristallstrukturen von GlycinB passten. Diese benötigten somit einen Induced-Fit-Effekt des Rezeptors, um eine Bindung einzugehen. Für die im ersten Teil dieser Arbeit identifizierten Azo-Liganden wurde auf Basis dieser Methode ein gemeinsamer Bindungsmodus vorgeschlagen. Ebenso konnte anhand der Methodik eine Aussage über die funktionale Auswirkung der Proteinflexibilität beim Übergang vom antagonistischen zum agonistischen Rezeptorzustand von GlycinB getroffen werden. Ein großes Problem aktueller Dockingverfahren ist die mangelnde Verfügbarkeit von Scoringfunktionen, welche die tatsächliche biologische Bindungsaffinität eines Liganden berechnen. Hier wurde ein Verfahren für das Zielsystem GlycinB gezeigt, welches aufgrund der Berechnung des thermodynamischen Entropie- und Enthalpiegewinns durch Verdrängung von hydrophob eingeschlossenen Wasser aus der Bindungsstelle durch den Liganden eine Aussage über dessen zu erwartende Bindungsaffinität trifft. Dieses neuartige Scoringsystem wurde auf die im Virtual Screening identifizierten Serie von Azo-Liganden angewandt und verfügte über eine im Vergleich zu klassischen Scoringfunktionen des Molecular Dockings verbesserte Vorhersagekraft der biologischen Bindungsaffinität.
Die 5-Lipoxygenase (5-LO) ist das Schlüsselenzym in der Biosynthese proinflammatorischer Leukotriene, die maßgeblich an der Entstehung allergischer und entzündlicher Erkrankungen wie Arthritis, Asthma und kardiovaskulären Erkrankungen beteiligt sind (23). Humane 5-LO besteht aus 673 Aminosäuren und besitzt ein Molekulargewicht von 77,8 kDa (25). Das Protein besteht aus einer größeren katalytischen Domäne, die ein zentrales Eisen(II)-Atom enthält, dass für die zweistufige LTA4-Bildung aus Arachidonsäure benötigt wird, und einer kleineren C2-ähnlichen Domäne, die Bereiche für die Membran- sowie Ca2+-Bindung enthält. Durch Stimulation von intakten Zellen kommt es zu einer Translokation der 5-LO an die Kernmembran. Die Wechselwirkung mit dem membranständigen FLAP fördert die 5-LO-Leukotrienbildung. Die vorliegende Arbeit beschäftigte sich mit niedermolekularen Modifikationen der 5-LO durch U-73122 und Glutathion sowie mit der Charakterisierung von 5-LO-Inhibitoren. U-73122 ist ein Inhibitor, der in vitro und in vivo mit einem IC50-Wert von 30 nM bzw. 2,4 µM die 5-LO-Aktivität hemmt (2). U-73122 verfügt über eine thiol-reaktive Maleinimid-Gruppe, wodurch die Substanz kovalent an einige 5-LO-Cysteine (Cys-99, -159 und weitere) binden kann. Entsprechende U-73122-5-LO-Peptide konnten nach Trypsin-Verdau der 5-LO mit MALDI-MS-Messungen nachgewiesen werden. Für diesen Zweck musste eine effiziente Aufreinigung für native 5-LO (Reinheit > 95%) entwickelt werden. Um die Veränderung der 5-LO-Aktivität nach U-73122-Zugabe zu untersuchen, wurden Cystein/Serin-5-LO-Mutanten hergestellt. Es konnte festgestellt werden, dass die Mutante C416S-5-LO nicht mehr effektiv durch U-73122 gehemmt werden konnte. Daher ist anzunehmen, dass U-73122 an Cystein-416 der 5-LO bindet und die 5-LO-Produktbildung hemmt. Auf der 5-LO-Oberfläche kann ein Bereich lokalisiert werden, der einen Zugang für das Substrat zum aktiven Zentrum der 5-LO bilden könnte (238,239). Dieser Bereich liegt in unmittelbarer Nähe zu Cystein-416. Daher besteht die Möglichkeit, dass U-73122, nachdem es an Cystein-416 gebunden hat, diesen Bereich hemmend beeinflussen kann. Es konnte nachgewiesen werden, dass Glutathion an mehrere Cysteine der 5-LO (Cystein-99, -264 und -449) kovalent binden kann. Um Veränderungen der 5-LO-Aktivität durch in vivo Glutathionylierungen zu zeigen, wurden HeLa-Zellen mit 5-LO, Cystein-/Serin-5-LO-Mutanten sowie FLAP transfiziert und mit Diamid inkubiert. Es konnte festgestellt werden, dass die native sowie FLAP-gesteigerte 5-LO-Produktbildung durch Diamid gehemmt wird. Dies konnte ebenfalls für die Mutante 3W-5-LO beobachtet werden. Zusätzlich wurden verschiedene Cystein-/Serin-5-LO-Punktmutanten sowie eine 4fach Mutante (C159S/C300S/C416S/C418S-5-LO = 2D-5-LO) untersucht. Das Verhalten dieser Mutanten konnte in drei Gruppen eingeteilt werden. Gruppe A (C159S-, C300S- und C418S-5-LO) wurde durch Diamid nicht beeinflusst. Gruppe B (C416S- und 2D-5-LO) zeigte eine sehr starke Stimulation der 5-LO±FLAP-Leukotrienbildung nach Zugabe von Diamid. Bei Gruppe C (C99S-, C264S- und C449S-5-LO) konnte eine FLAP-gesteigerte 5-HETE-Bildung beobachtet werden. Durch Diamid kommt es zu Glutathionylierungen von zellulären Proteinen, da reduziertes Glutathion (GSH) zu reaktiveren oxidierten Glutathion (GSSG) umgesetzt wird. An der 5-LO-Oberfläche können in Folge an verschiedenen Cysteinen Glutathione binden. Durch die Glutathion-Bindung wird eine stark polare Struktur auf der 5-LO-Oberfläche eingebracht. Dadurch kommt es zu einer verminderten Membranbindung und Produktbildung der nativen 5-LO. Die 5-LO-Oberfläche der 2D-5-LO-Mutante kann an verschiedenen Positionen keine Glutathione mehr binden, es kommt es zu einer stärkeren Wechselwirkung mit Membranbestandteilen und zu einer erhöhten 5-LO-Leukotrienbildung. Für Celecoxib konnte gezeigt werden, dass neben der COX2-Hemmung auch die 5-LO-Aktivität mit einem IC50-Wert von 3-10 µM gehemmt werden kann (268). Im Rahmen dieser Arbeit wurden HeLa-Zellen mit 5-LO±FLAP transfiziert, um den Einfluss von Celecoxib auf FLAP zu untersuchen. Celecoxib führt zu einer direkten Hemmung der 5-LO. ML3000 (Licofelon) wurde als dualer COX/5-LO-Inhibitor entwickelt und hemmt die 5-LO-Aktivität in intakten Zellen, aber nicht im Homogenat. Daher wurden Versuche mit 5-LO±FLAP-tranfizierten HeLa-Zellen durchgeführt, um den Einfluss von ML3000 auf die FLAP-gesteigerte 5-LO-Leukotrienbildung zu zeigen. Aus diesen und weiteren Ergebnissen unserer Arbeitsgruppe konnte gefolgert werden, dass ML3000 ein FLAP-Inhibitor ist (277). Garsubellin A ist strukturverwandt zu Hyperforin, einem dualen COX/5-LO-Inhibitor (204). Garsubellin A hemmt die 5-LO-Aktivität im Homogenat von PMNL und am gereinigten Enzym mit einer IC50 von 10-30 µM. Verbindungen, die den Bicyclo[3.3.1]nonan-Grundkörper des Garsubellin A und Hyperforin enthalten, wurden auf ihr inhibitorisches Potential getestet. Es konnte gezeigt werden, dass der Bicyclo[3.3.1]nonan-Grundkörper alleine nicht für eine 5-LO-Hemmung ausreicht, sondern eine freie Carbonsäure sowie eine bis zwei Prenylierungen vorliegen müssen, um eine 5-LO-Hemmung zu erzielen. Sind diese Voraussetzungen vorhanden, wird die 5-LO-Aktivität in intakten PMNL mit einer IC50 von 10 µM und an gereinigter 5-LO mit 0,3-1 µM gehemmt.
Die Haarzellen des Innenohrs setzen durch Schallreize ausgelöste Schwingungen der Basilarmembran in elektrische Impulse um, die über Nerven an das Gehirn geleitet werden und dort nach komplexer neuronaler Verarbeitung die Hörwahrnehmung auslösen. Gleichzeitig erhalten die äußeren Haarzellen über absteigende Nervenverbindungen, die olivo-cochleären Neurone, auch Informationen vom Gehirn, durch die ihre Empfindlichkeit verändert werden kann. Über die Mechanismen dieser efferenten Beeinflussung der Reizverarbeitung im Innenohr ist noch wenig bekannt und auch ihre biologische Funktion ist noch nicht geklärt. Diskutiert wird eine Rolle bei der Verbesserung des Signal-Hintergrundrausch-Verhältnisses und im Zusammenhang mit selektiver Aufmerksamkeit, durch die relevante Anteile der akustischen Umwelt gezielt „herausgehört“ werden können. Ziel dieser Promotionsarbeit ist die Untersuchung der efferenten Beeinflussung der Vorgänge im Innenohr mithilfe der nicht-invasiven Messung von akustischen Beiprodukten der aktiven Reizverstärkung durch die äußeren Haarzellen, den otoakustischen Emissionen. Bei dieser Methode werden mit einem empfindlichen Mikrophon im Gehörgang Schallereignisse aufgenommen, die das Ohr selbst produziert. Die olivo-cochleären Efferenzen können experimentell durch Applikation von Rausch-Stimuli auf dem kontralateralen Ohr aktiviert werden und ihre Wirkung auf die Empfindlichkeit des Innenohrs anhand der Veränderungen der otoakustischen Emissionen auf dem anderen, ipsilateralen Ohr gemessen werden. In Messungen unterschiedlicher Typen von otoakustischen Emissionen am Menschen und an der Mongolischen Wüstenrennmaus konnten deutliche Veränderungen der otoakustischen Emissionen bei gleichzeitiger Beschallung des kontralateralen Ohrs gezeigt werden, die als Modulation der Haarzelleigenschaften und Beeinflussung der cochleären Verstärkung durch Aktivierung der absteigenden Nervenbahnen interpretiert werden können: Spontane otoakustische Emissionen (SOAE), die ohne jegliche akustische Stimulation vom Innenohr generiert werden, zeigten bei kontralateraler akustischer Stimulation eine Verminderung ihres Pegels und eine Erhöhung ihrer Frequenz. Die Pegelverminderung deutet auf eine Dämpfung der cochleären Verstärkungsmechanismen und die Frequenzerhöhung auf eine Erhöhung der Steifigkeit im Corti-Organ und hierdurch veränderte Resonanzeigenschaften nach Aktivierung der efferenten Neurone hin. Distorsionsprodukt-otoakustische Emissionen (DPOAE), die bei Stimulation mit zwei Reintönen (f1 und f2) in Folge der nichtlinearen Verstärkung durch die äußeren Haarzellen entstehen, waren durch kontralaterale akustische Stimulation ebenfalls klar in ihrem Pegel beeinflusst. Die Effekte, sowohl auf SOAE als auch auf DPOAE, waren abhängig vom Pegel des kontralateralen Stimulus und traten bereits bei niedrigen kontralateralen Stimuluspegeln, deutlich unter der Schwelle des Mittelohrreflexes, auf. Durch ihren Zeitverlauf konnten die Effekte den in der Literatur beschriebenen efferenten Vorgängen zugeschrieben werden. Bei anhaltender akustischer Stimulation traten Adaptationsphänomene auf. Weiterhin zeigte sich in Experimenten mit kontralateralem Schmalbandrauschen und Reintönen, dass die efferente Modulation selektiv auf bestimmte Bereiche des tonotop organisierten Innenohrs zielt, also frequenzspezifisch agiert, wobei Reintöne mit Frequenzen, die etwas tiefer als die Stimulationsfrequenz lagen, die größten Effekte erzielten. Dies steht in guter Übereinstimmung zu anatomischen Daten. Besonders interessant an den DPOAE-Messungen war, dass das quadratische Distorsionsprodukt der Frequenz f2-f1 wesentlich empfindlicher reagierte als das kubische Distorsionsprodukt der Frequenz 2f1-f2. Bisher gibt es kaum Daten zu Veränderungen der f2-f1-DPOAE durch efferente Mechanismen. Die beiden DPOAE-Typen sind durch unterschiedliche Parameter der dem Verstärkungsprozess zu Grunde liegenden Transferfunktion beeinflusst, und die experimentell nachgewiesenen Unterschiede deuten darauf hin, dass die Aktivierung der olivo-cochleären Efferenzen ihre dämpfende Wirkung auf die Schallverarbeitung im Innenohr durch eine Verschiebung des Arbeitspunktes der Transfercharakteristik des cochleären Verstärkers entfaltet. Diese Hypothese wurde an der Wüstenrennmaus durch einen ergänzenden methodischen Ansatz unterstützt, bei dem zusätzlich zur Evozierung und Messung von DPOAE mit und ohne gleichzeitiger kontralateraler Aktivierung der Efferenzen ein sehr tieffrequenter „Bias“-Ton mit hohem Pegel appliziert wurde, der das Corti-Organ und damit den Arbeitspunkt des cochleären Verstärkers periodisch auslenkte. Diese Tieftonstimulation hatte eine sehr starke, von der Phase des Bias-Tons abhängige Modulation des f2-f1-Pegels zur Folge, während 2f1-f2 kaum beeinflusst wurde. Das Muster der f2-f1-Pegelmodulation änderte bei zusätzlicher kontralateraler Schallapplikation deutlich seinen Charakter. Entsprechende Veränderungen in den Verzerrungsmustern konnten mithilfe eines einfachen Modells zur DPOAE-Generation, das auf der Beschreibung des Verstärkungsmechanismus durch eine Boltzman-Funktion basierte, simuliert werden. Die Befunde der vorliegenden Arbeit zeigen, dass die Schallverstärkung im Innenohr durch efferente Mechanismen moduliert wird und dies anhand der nicht-invasiven Messung von otoakustischen Emissionen nachweisbar ist. Dabei deuten die Ergebnisse auf eine Verschiebung des Arbeitspunktes der Transfercharakteristik des cochleären Verstärkers als Mechanismus der olivo-cochleären Modulation der Reizverarbeitung im Innenohr hin.
Kenntnisse über die dreidimensionale Struktur therapeutisch relevanter Zielproteine bieten wertvolle Informationen für den rationalen Wirkstoffentwurf. Die stetig wachsende Zahl aufgeklärter Kristallstrukturen von Proteinen ermöglicht eine qualitative und quantitative rechnergestützte Untersuchung von spezifischen Protein-Liganden Wechselwirkungen. Im Rahmen dieser Arbeit wurden neue Algorithmen für die Identifikation und den Ähnlichkeitsvergleich von Proteinbindetaschen und ihren Eigenschaften entwickelt und in dem Programm PocketomePicker zusammengefasst. Die Software gliedert sich in die Routinen PocketPicker, PocketShapelets und PocketGraph. Ferner wurde in dieser Arbeit die Methode ReverseLIQUID reimplementiert und im Rahmen einer Kooperation für das strukturbasierte Virtuelle Screening angewendet. Die genannten Methoden und ihre wissenschaftliche Anwendungen sollte hier zusammengefasst werden: Die Methode PocketPicker ermöglicht die Vorhersage potentieller Bindetaschen auf Proteinoberflächen. Diese Technik implementiert einen geometrischen Ansatz auf Basis „künstlicher Gitter“ zur Identifikation zusammenhängender vergrabener Bereiche der Proteinoberfläche als Orte möglicher Ligandenbindestellen. Die Methode erreicht eine korrekte Vorhersage der tatsächlichen Bindetasche für 73 % der Einträge eines repräsentativen Datensatzes von Proteinstrukturen. Für 90 % der Proteinstrukturen wird die tatsächlich Ligandenbindestelle unter den drei wahrscheinlichsten vorhergesagten Taschen gefunden. PocketPicker übertrifft die Vorhersagequalität anderer etablierter Algorithmen und ermöglicht Taschenidentifikationen auf apo-Strukturen ohne signifikante Einbußen des Vorhersageerfolges. Andere Verfahren weisen deutlich eingeschränkte Ergebnisse bei der Anwendung auf apo-Strukturen auf. PocketPicker erlaubt den alignmentfreien Ähnlichkeitsvergleich von Bindetaschenfor-men durch die Kodierung berechneter Bindevolumen als Korrelationsdeskriptoren. Dieser Ansatz wurde erfolgreich für Funktionsvorhersage von Bindetaschen aus Homologiemodellen von APOBEC3C und Glutamat Dehydrogenase des Malariaerregers Plasmodium falciparum angewendet. Diese beiden Projekte wurden in Zusammenarbeit mit Kollaborationspartnern durchgeführt. Zudem wurden PocketPicker Korrelationsdeskriptoren erfolgreich für die automatisierte Konformationsanalyse der enzymatischen Tasche von Aldose Reduktase angewendet. Für detaillierte Analysen der Form und der physikochemischen Eigenschaften von Proteinbindetaschen wurde in dieser Arbeit die Methode PocketShapelets entwickelt. Diese Technik ermöglicht strukturelle Alignments von extrahierten Bindevolumen durch Zerlegungen der Oberfläche von Proteinbindetaschen. Die Überlagerung gelingt durch die Identifikation strukturell ähnlicher Oberflächenkurvaturen zweier Taschen. PocketShapelets wurde erfolgreich zur Analyse funktioneller Ähnlichkeit von Bindetaschen verwendet, die auf Betrachtungen physikochemischer Eigenschaften basiert. Zur Analyse der topologischen Vielfalt von Bindetaschengeometrien wurde in dieser Arbeit die Methode PocketGraph entwickelt. Dieser Ansatz nutzt das Konzept des sog. „Wachsenden Neuronalen Gases“ aus dem Bereich des maschinellen Lernens für eine automatische Extraktion des strukturellen Aufbaus von Bindetaschen. Ferner ermöglicht diese Methode die Zerlegung einer Bindestelle in ihre Subtaschen. Die von PocketPicker charakterisierten Taschenvolumen bilden die Grundlage für die Methode ReverseLIQUID. Dieses Programm wurde in dieser Arbeit weiterentwickelt und im Rahmen einer Kooperation zur Identifikation eines Inhibitors der Serinprotease HtrA des Erregers Helicobacter pylori verwendet. Mit ReverseLIQUID konnte ein strukturbasiertes Pharmakophormodell für das Virtuelle Screening erstellt werden. Dieser Ansatz ermöglichte die Identifikation einer Substanz mit niedrig mikromolarer Affinität gegenüber der Zielstruktur.
Innerhalb des adaptiven Immunsystems spielt der Major Histocompatibility Complex (MHC)-Klasse I-Weg der Antigenpräsentation eine essenzielle Rolle bei der Erkennung und Zerstörung Virus-infizierter Zellen. Ein grundlegender Schritt innerhalb dieses Prozesses ist die Translokation endogener Peptide durch den transporter associated with antigen processing (TAP) in das ER-Lumen. Der TAP-Transporter ist zusammen mit verschiedenen Chaperonen und weiteren Faktoren in einem Peptidbeladungskomplex (PLC) assoziiert. Insbesondere Herpesviren, die durch eine lebenslange Persistenz im Wirt und wiederkehrende Reaktivierung unter Stresssituationen gekennzeichnet sind, interferieren direkt mit dem PLC und dem TAP-Transporter. Das varicellovirale Typ-I-Membranprotein UL49.5 inhibiert den TAP-Komplex, wobei das Protein des Rinderherpesvirus (Bovines Herpesvirus 1, BHV-1) zusätzlich die proteasomale Degradation verschiedener Komponenten des PLCs einleitet. Dieser Mechanismus wird durch die C-terminale Domäne des UL49.5-Proteins vermittelt und ist von keinem anderen Virusprotein bekannt. Welche Aminosäuren des Virusproteins jedoch für diese Inhibition und Degradation essenziell sind, wurde bisher nicht aufgeklärt. Ziel der vorliegenden Doktorarbeit war es, die Funktionsweise des BHV-1 UL49.5-Proteins zu verstehen und insbesondere zu analysieren, welche Bereiche des Proteins für die proteasomale Degradation des TAP-Komplexes verantwortlich sind. Das UL49.5-Protein wurde im Rahmen der vorliegenden Arbeit erfolgreich in Insektenzellen und in HeLa-Zellen exprimiert. Mittels Coimmunpräzipitation (Co-IP) wurde daraufhin die Bindung verschiedener UL49.5-Varianten an den TAP-Komplex analysiert. Unterstützt wurden diese Daten durch einen in vivo Interaktionsscreen (BiFC) und in vitro translatiertes UL49.5. Hierbei stellte sich heraus, dass das UL49.5-Protein in Abwesenheit sämtlicher Komponenten des Immunsystems an beide Untereinheiten des TAP-Transporters bindet. Die Bindung erfolgt sowohl an vollständige TAP-Untereinheiten als auch an den sogenannten coreTAP-Komplex, der nur die inneren sechs Transmembranhelices besitzt. Weiterhin wurden systematisch verkürzte UL49.5-Varianten generiert, um wichtige Reste für TAP-Inhibition und proteasomale Degradation zu identifizieren. Interessanterweise sind weder die N-terminale noch die C-terminale Domäne von UL49.5 für die Bindung an den TAP-Komplex zwingend notwendig. Die Bindung an den TAP-Transporter wird demnach über die Transmembrandomäne von UL49.5 vermittelt. Mit Hilfe von Peptidtransport-Analysen wurde die inhibitorische Aktivität verschiedener UL49.5-Mutanten eingehend untersucht. Zusätzlich wurde eine Untersuchung der MHC I-Oberflächenexpression in transient transfizierten HeLa-Zellen etabliert. In diesen Zellen wurde nach Sortierung eine drastisch reduzierte TAP-Konzentration nachgewiesen, die auf proteasomale Degradation des TAP-Komplexes zurückzuführen war. Die Untersuchung von C-terminal verkürzten UL49.5-Mutanten zeigte, dass die letzten zwei C-terminalen Aminosäuren essenziell für die Induktion der TAP-Degradation sind. Die C-terminale Domäne von UL49.5 konnte jedoch, nach Übertragung auf andere Proteine, keine proteasomale Degradation des TAP-Komplexes einleiten. Demnach ist ein weiterer Bereich des Proteins für diesen Prozess zwingend notwendig. Erstaunlicherweise waren auch N-terminal verkürzte UL49.5-Proteine deutlich in ihrer inhibitorischen Funktion beeinträchtigt. Bereits nach der Deletion von 10 N-terminalen Aminosäuren war das Protein nicht mehr in der Lage, eine proteasomale Degradation des TAP-Komplexes einzuleiten. Demnach spielt auch die ER-luminale Domäne von UL49.5 eine wichtige Rolle bei der UL49.5-induzierten TAP-Degradation. Somit wurde ein bisher noch nicht beschriebener neuartiger Inhibitionsmechanismus für das BHV-1 UL49.5-Protein entdeckt. Nach Bindung von UL49.5 über die Transmembrandomäne an beide Untereinheiten des TAP-Transporters scheint die ER-luminale Domäne von UL49.5 ein Signal über die ER-Membran an die zytoplasmatische Domäne zu übertragen, die dann die proteasomale Degradation des TAP-Komplexes einleitet. Es konnte im Rahmen dieser Doktorarbeit erstmals gezeigt werden, dass additive Effekte eines sehr kleinen Virusproteins auf zwei unterschiedlichen Seiten der ER-Membran zu einer proteasomalen Degradation eines sehr großen Membran-Komplexes führen.
Im Rahmen dieser Arbeit wurde das Protein CtaG aus Paracoccus denitrificans eingehend charakterisiert. Es wurde überprüft, ob dieses 21 kDa große Membranprotein als Kupferchaperon und Assemblierungsfaktor für die Untereinheit I der Cytochrom c Oxidase, das heißt für die Biogenese des CuB-Zentrums, in Frage kommt. Eine bioinformatische Analyse zeigte zunächst, dass CtaG, ein Homolog des eukaryotischen Proteins Cox11, zu den am stärksten konservierten Assemblierungsfaktoren der Cytochrom c Oxidase gehört. Interessanterweise sind diese Proteine alle an der Biogenese der redoxaktiven Metallzentren beteiligt, und nur sie sind auch in Paracoccus denitrificans konserviert. Somit stellt Paracoccus ein ideales Modellsystem dar, um die essentiellen Schritte der Biogenese der Cytochrom c Oxidase zu untersuchen. Ein lösliches Fragment von CtaG (CtaGLF) wurde heterolog in E. coli exprimiert und mit Hilfe eines spaltbaren His6-tags aufgereinigt. Es wurde ein Protokoll entwickelt, mit dessen Hilfe die Aggregation des löslichen Fragments minimiert und das Protein in hochreiner, aggregatfreier Form isoliert werden kann. Rekonstitutionsversuche zeigten, dass CtaGLF ein spezifisch Cu(I)-bindendes Protein ist. Nach der heterologen Expression in E. coli ist CtaGLF kofaktorfrei. Ein Protokoll zur in vitro Rekonstitution mit Kupferionen wurde entwickelt, mit welchem ein stöchiometrisches Kupfer/Protein-Verhältnis erreicht wird. Gelfiltrations- und ICP-MS-Analysen zeigten, dass CtaGLF Kupferionen ausschließlich als Dimer bindet. Rekonstitutionen bei denen Cu(I), Cu(II), Co(II), Fe(II), Mn(II), Mg(II) und Ni(II) sowohl einzeln als auch simultan angeboten wurden, führten zwar zu wenig reproduzierbaren absoluten Stöchiometrien, bestätigten aber, dass CtaGLF bevorzugt Cu(I) bindet. Mutagenesestudien bewiesen einerseits, dass drei Cysteinreste maßgeblich für die Kupferbindung verantwortlich sind und deuteten andererseits darauf hin, dass zwei identische, punktsymmetrische Bindungsstellen des CtaGLF-Dimers die Kupferionen koordinieren. Mit Hilfe einer Multiseq-Analyse wurden zunächst hochkonservierte Oberflächenreste von CtaG identifiziert. Eine Auswahl dieser Aminosäuren wurde per gerichteter Mutagenese ersetzt und der Effekt dieser Mutationen auf Stöchiometrie, Affinität und Dimerisierung von CtaGLF wurde untersucht. Die Affinitäten wurden dabei mit Hilfe von Kompetitionsexperimenten mit dem Cu(I)-spezifischen Chelator BCA analysiert. Insgesamt vier mögliche Szenarien für die Kupferbindung von CtaG wurden postuliert und anhand der Datenlage diskutiert. Das Szenario III, welches die Datenlage am besten zu erklären vermag, sieht eine trigonale Koordination der Kupferionen vor, an welcher die Cysteine des hochkonservierten CFCF-Motivs einer Polypeptidkette ein gemeinsames Koordinationsfeld mit dem nahe der Transmembranhelix gelegenen Cystein 38 der jeweils anderen Polypeptidkette bilden. Mit Hilfe von UV/Vis-spektroskopischen Messungen wurde gezeigt, dass die Bindung von Kupferionen an CtaGLF zu einer Absorption bei 358 nm führt. Diese kann mit einem Extinktionskoeffizienten von E delta 358 nm = 936 M-1cm-1 zur Beobachtung des Kupfertransfers von CtaGLF auf einen Akzeptor verwendet werden. Um eine Beteiligung von CtaG bei der Insertion des CuB-Ions in die Untereinheit I der Cytochrom c Oxidase (UE I) zu beweisen, wurden zwei Arbeitshypothesen aufgestellt und empirisch untersucht: Die erste Hypothese geht von einer posttranslationalen Kupferinsertion aus. Die UE I wird laut dieser Hypothese zunächst vollständig exprimiert und in die Membran inseriert, bevor das Kupferion über einen Kanal in das 13 Å unterhalb der Membranoberfläche gelegene aktive Zentrum der Oxidase inseriert wird. Drei Ansätze wurden zur empirischen Überprüfung dieser Hypothese verfolgt: Erstens wurde ein in vitro Transferassay etabliert, bei dem heterolog exprimierte, kofaktorfreie UE I als Akzeptor für Kupferionen von CtaGLF diente. Zweitens wurden bioinformatische Analysen durchgeführt um potentielle Interaktionsflächen zwischen CtaG und UE I zu identifizieren. Und drittens wurde mit Hilfe koaffinitätschromatographischer Versuche eine Interaktion zwischen CtaG und kofaktorfreier UE I untersucht. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sprechen allesamt gegen eine posttranslationale CtaG-vermittelte Insertion von Kupferionen in die UE I der Cytochrom c Oxidase. Die zweite Hypothese geht davon aus, dass die prosthetischen Häm- und Kupfergruppen bereits vor der vollständigen Membraninsertion, das heißt kotranslational auf die UE I übertragen werden. Um diese Hypothese zu überprüfen, wurden ebenfalls mehrere Ansätze verfolgt: Erstens wurde die UE I in Gegenwart und Abwesenheit von CtaG heterolog in E. coli exprimiert und anschließend aufgereinigt. In Abwesenheit weiterer Assemblierungsfaktoren ist CtaG in diesem System nicht dazu in der Lage den Kupfergehalt der UE I zu erhöhen. Zweitens wurde mit Hilfe von Blau-Nativ Gelen und Crosslinking-Versuchen im nativen Wirt Paracoccus denitrificans nach einer Wechselwirkung zwischen CtaG und UE I gesucht. Insbesondere die Ergebnisse der Crosslinking-Versuche deuten auf einen Assemblierungskomplex hin, der sowohl CtaG als auch die UE I der Cytochrom c Oxidase enthält. In einem dritten Ansatz wurde ein zellfreies Expressionssystem etabliert, welches direkten Zugang zu naszierenden Ketten der UE I ermöglicht. Dieses System erscheint vielversprechend und dient derzeit als Basis für weitere Biogenesestudien. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zeigen, dass CtaG ein spezifisch Cu(I)-bindendes Protein ist, das im Zuge der Kupferbindung dimerisiert und in Paraoccus denitrificans in einem hochmolekularen Komplex gemeinsam mit UE I vorliegt. Die gegenwärtige Datenlage spricht dafür, dass CtaG als Kupferchaperon an der Biogenese der Cytochrom c Oxidase beteiligt ist und das CuB-Ion in einem kotranslationalen Mechanismus in die UE I der Cytochrom c Oxidase inseriert.
Mit der vorliegenden Arbeit wurde die Nutzbarkeit morphologischer und anatomischer Merkmale aus den Bereichen des Fruchtknotens und der Samenanlangen für die Systematik und Taxonomie der Bromelioideae (Bromeliaceae) untersucht. Hierzu wurden 30 Merkmale im Bereich des Fruchtknotens und der Samenanlagen definiert und anhand anatomischer Schnittpräparate die Verteilung der Merkmalsausprägungen an 102 Arten aus 28 (von 32) Gattungen der Unterfamilie Bromelioideae sowie zwei Vertretern der Unterfamilie Pitcairnioideae als Vergleichgruppe ermittelt. Allein 41 Taxa entstammten der größten und als polyphyletisch anzunehmenden Gattung Aechmea mit Vertretern aus allen sieben Untergattungen. Die Auswertung der Merkmalsverteilung erfolgte einerseits im Hinblick auf eine funktionale Deutung beobachteter Kopplungen bestimmter Strukturen im ökologischen Kontext und zum anderen unter taxonomischen Gesichtspunkten im Hinblick auf Beantwortung der Fragen, wieweit derzeitige Gattungsumgrenzungen von den hier untersuchten Merkmalen unterstützt werden, bzw. wie weit Anregungen zur Abänderung bestehender Konzepte abgeleitet werden können, welche Beziehungen zwischen den Untergattungen von Aechmea und anderen Gattungen der Bromelioideae bestehen und wodurch sich basale Linien der Bromelioideae von den abgeleiteten Formen der „Eu- Bromelioideae“ im Sinne von SCHULTE (2007) unterscheiden lassen. Um diese Fragen zu beantworten, wurden zwei unterschiedliche Ansätze kombiniert. Die Verteilung der Merkmalszustände wurde einerseits auf Topologien geplottet, die aus publizierte Phylogenien mit genetischen Merkmalen als Datenquelle beruhen. Desweiteren wurden neue Parsimonieanalysen durchgeführt a) auf der Grundlage einer morphologischen Datenmatrix mit den 30 selbst erhobenen Merkmalen aus dem Fruchtknoten- und Samenbereich, b) einer weiteren Matrix, in die fünf weitere selbst erhobene Merkmale aus dem floralen Bereich eingehen und schließlich c) einem Datensatz, in den zusätzlich acht aus der Literatur entnommene Angaben zur Morphologie und Ökologie der untersuchten Pflanzen eingingen. Die aus den molekularen Analysen von SCHULTE et al. (2005) hervorgehende Gliederung der Unterfamilie in eine paraphyletische Gruppe von basalen Linien und der von SCHULTE (2007) als „Eu-Bromelioideae“ bezeichneten monophyletischen Gruppe abgeleiteterer Gattungen findet eine deutliche Entsprechung in Merkmalen des Fruchtknotenbereichs und der Samenanlagen. Die untersuchten Vertreter der basalen Linien besitzen alle ± rechtwinklig von der Fruchtknotenachse abspreizende Samenanlagen, diese sind auf mehr als 70% der Fruchtknotenachse verteilt und die Mikropyle ist stets relativ lang ausgebildet (>100 micro m). Eine der Kerninnovationen der Eu-Bromelioiden scheint die Entwicklung des chalazalen Samenanhängsels als Hilfsinstrument bei der Besiedlung glatter Oberflächen gewesen zu sein. Diese Struktur findet sich nur bei Eu-Bromelioideae und ist stets bereits an der Samenanlage vorgebildet. Sekundär scheint dieses chalazale Anhängsel innerhalb der Eu-Bromelioideae allerdings auch immer wieder verloren gegangen zu sein. Die Umgrenzung der meisten Gattungen sowohl der basalen Linien als auch der Eu-Bromelioideae konnten in ihrer jetzigen Form anhand der Merkmale des Fruchtknotenbereichs und der Samenanlagen nachvollzogen werden. Eine Ausnahme hiervon stellt lediglich die hochgradig polyphyletische Gattung Aechmea s.l. dar. Für keine der untersuchten Gattungen konnten synapomorphe Merkmalszustände erkannt werden, vielmehr gibt es jeweils gattungsspezifische Kombinationen von Merkmalen. Die Ausprägungen der Einzelmerkmale dagegen sind stets auch in anderen Verwandschaftsgruppen zu beobachten. Die hier untersuchten Merkmale unterstreichen das für die Bromelioideae seit langem bekannte Phänomen eines extrem hohen Homoplasiegrades in nahezu allen morphologischen Strukturen. Selbst für den Fruchtknoten lassen sich klare Abhängigkeiten der Merkmalsausprägungen von ökologischen Selektionsfaktoren erkennen. Insbesondere scheinen funktionale Notwendigkeiten im Kontext der Nektarsekretion und der Bestäubungsökologie für die Merkmalsausprägung des Fruchtknotens eine wichtige Rolle zu spielen. Die Samenanlage ist zwar zum Zeitpunkt der Anthese noch nicht direkten Selektionsdrücken ausgesetzt, ihre Merkmale sind aber nur dann zu verstehen, wenn die Funktion hier bereits angelegter Strukturen (wie z.B. der chalazalen Samenanhängsel) im Kontext mit den reifen Samen gedeutet wird.
Entwicklung eines bioartifiziellen Nierentubuluskonstruktes auf Basis humaner Nierenepithelzellen
(2009)
Bei einem chronischen oder akuten Ausfall der Niere stehen im klinischen Alltag extrakorporale Nierenersatzverfahren, wie die Hämodialyse, Hämofiltration und Hämodiafiltration zur Verfügung. Die genannten medizinischen Verfahren bilden nur die physikalischen Prinzipien des Glomerulus ab und können die, über eine reine Stofftrennung hinausgehenden, im Besonderen die komplexen, physiologischen Funktionen des renalen Tubulussystems nicht nachbilden. Die mit dem Ausfall der Nierenfunktion verbundenen metabolischen und endokrinen Störungen werden somit nicht ausreichend korrigiert und sind Ursache der hohen Morbidität und Mortalität dieser Patientengruppe durch kardio-vaskuläre sowie inflammatorische Komplikationen. Mit der Anwendung des Tissue Engineerings, der Integration von Zellen bzw. Geweben und deren biologischer Funktionen in form- und funktionsgebende Substrate stünden für diese Problematik Methoden zur Verfügung, die fehlenden biologischen Funktionen der Tubulusepithelien der Niere in die bereits vorhandenen, modernen Nierenersatztherapien zu integrieren und den Patienten zur Verfügung zu stellen. Im Rahmen dieser Arbeit wurden Membranmaterialien, Kulturbedingungen wie Sauerstoffbedarf, Medienformulierungen und Strömungszustände identifiziert, Systeme und Methoden entwickelt, die es ermöglichen, ein BTK mit primären, humanen Tubuluszellen zu bilden und über mikroskopische Methoden den Differenzierungsstatus der Zellen innerhalb der Membrankapillaren zu erfassen. Der Sauerstoffbedarf distaler und proximaler Tubulusepithelzellen wurde unter verschiedenen Bedingungen ermittelt und führte zusammen mit einem Literaturvergleich sowie theoretischen Betrachtungen der maximalen Scherkräfte zur Auslegung der in vitro Perfusionsparameter des entwickelten Kultursystems. Es konnte ein klinisch etabliertes Membranmaterial identifiziert werden, welches den primären Zellen ohne vorherige Bioaktivierung als ein optimales Substrat dient und somit spätere Zulassungsverfahren für den klinischen Einsatz vereinfacht. Die Entwicklung eines serumarmen Mediums für die Kultur der primären Zellen stellte sich als wichtigster Schritt in der Übertragung der zuvor mit permanenten Zelllinien entwickelten Systeme und Methoden heraus. Mittels mikroskopischer Methoden (REM & CLSM) konnte die Differenzierung der verwendeten Tubulusepithelzellen innerhalb der Hohlfasermodule anhand spezifischer Marker nachgewiesen und somit der Erfolg der in dieser Arbeit entwickelten Systeme und Methoden dokumentiert werden. Trotz des Nachweises der prinzipiellen Machbarkeit im Labormaßstab, stellt die verwendete Zellquelle aufgrund der geringen Verfügbarkeit im Upscaling Prozess vom Labor hin zu einem klinischen Therapieverfahren, die größte Hürde dar. Aktuelle Entwicklungen bei der Identifizierung adulter Stammzellfraktionen der Niere, im Besonderen der Beitrag CD133+ Zellen bei der Tubulusregeneration wurden in dieser Arbeit aufgegriffen. Die Ergebnisse des durchgeführten CD133 Screenings der verwendeten Zellfraktionen zeigen, dass gerade die hochaufgereinigten, proximalen und distalen Fraktionen einen verminderten Anteil dieser potentiellen Stammzellfraktion enthalten. Weniger aufgereinigte Fraktionen könnten somit eine Alternative bei der zukünftigen Entwicklung von bioartifiziellen Tubuluskonstrukten darstellen.
In der äußeren plexiformen Schicht (OPL) der Säugetierretina sind die Photorezeptoren mit den Horizontal- und den Bipolarzellen verschaltet. Diese erste neuronale Verschaltungs-ebene des Sehsystems birgt eine hochkomplexe Architektur aus chemischen und elektrischen Synapsen. Sie ermöglicht die Modulation des Lichtsignals sowie die Aufspaltung der Signale in parallele Übertragungswege. In der vorliegenden Doktorarbeit wurden verschiedene Synapsensysteme in der OPL von Maus-, Kaninchen-, und Makakenretinae mittels immunhistochemischer Färbetechniken licht- und elektronen-mikroskopisch untersucht. In der Mausretina wurden die anatomischen Eigenschaften der Endfüßchen blau-empfindlicher (S-) Zapfen untersucht. Die S-Zapfenendfüßchen waren um 15 % kleiner als die der M-Zapfen, die Bereiche der Invaginierungen am S-Zapfenendfüßchen hingegen um 35 %. Eine deutliche Reduktion der Horizontalzellkontakte ging damit einher. Die Zahl der postsynaptisch von OFF-Bipolarzellen exprimierten Glutamatrezeptor- (GluR) Unterein-heiten GluR1 und GluR5 war am S-Zapfenendfüßchen um fast 50 % kleiner als an M-Zapfen. Dieser Befund spiegelte die geringe Anzahl synaptischer Kontakte von OFF-Bipolarzellen am S-Zapfen wider. Die OFF-Bipolarzelltypen 1 und/oder 2 waren für diese Reduktion verantwortlich. Diese Befunde sind ein erster Hinweis für den sogenannten Grün-OFF-Signalweg in der Mausretina. In der Makakenretina wurde die Verteilung von Protocadherin β16 (Pcdh β16) untersucht. Es konnte auf postsynaptischer Seite an den Photorezeptorterminalien gezeigt werden. Pcdh β16 lag auf den invaginierenden Spitzen von Dendriten der H1 Horizontalzellen sowie an ihren desmosome-like junctions unterhalb der Zapfenendfüßchen. An diesen Orten fielen die Pcdh β16-immunreaktiven Punkte mit den dort von H1 Zellen exprimierten GluR-Untereinheiten GluR2 - 4 und GluR6/7 zusammen. Im Zuge dieser Analyse wurde ebenfalls eine Kolokalisation dieser AMPA- (GluR2 - 4) und Kainat- (GluR6/7) Rezeptoren an den desmosome-like junctions festgestellt. Darüber hinaus zeigte eine elektronenmikroskopische Untersuchung, dass Pcdh β16 auch an flachen Synapsen in Triaden-assoziierter Position am Zapfenendfüßchen zu finden ist. Dies kann als Hinweis auf eine Expression durch flat midget Bipolarzellen oder Bipolarzellen des Typs DB3 gewertet werden. Dies lässt vermuten, dass dieses Protein an der Formation zelltypspezifischer Kontakte bzw. Synapsen beteiligt ist. In einer vergleichenden Studie der synaptischen Verteilung des zytoplasmatischen Gerüstproteins Zonula Occludens-1 (ZO-1) in Makaken-, Kaninchen- und Mausretinae zeigte sich ein sehr einheitliches sowie auch zelltypspezifisches Verteilungsmuster. ZO-1 fiel bei allen Spezies mit Connexin 36 (Cx36) an den gap junctions zwischen Photo-rezeptorterminalien und zwischen den Dendriten von OFF-Bipolarzellen zusammen. Außerdem ist ZO-1 mit gap junctions bestimmter Horizontalzellen assoziiert: In der OPL der Kaninchenretina fiel es mit Cx50 zusammen, dem Connexin der axonlosen A-Typ Horizontalzellen. An den großen gap junctions zwischen den Primärdendriten dieser Zellen bildete ZO-1 jedoch eine Zaun-ähnliche Struktur als Abgrenzung um die gap junctions herum, anstatt direkt mit den Connexinen kolokalisiert zu sein. Eine direkte Interaktion mit den Connexinen wird durch die räumliche Anordnung weitgehend ausgeschlossen, was auf eine Funktion von ZO-1 als tight- oder adherens junction Protein hindeutet. In der Mausretina fiel ZO-1 mit Cx57 an dendro-dendritischen gap junctions zwischen den Maus-Horizontalzellen zusammen. In der Makakenretina sind die Connexine der Horizontalzellen noch nicht bekannt. Trotzdem ließ sich ZO-1 den dendro-dendritischen gap junctions zwischen H1 Horizontalzellen zuordnen. Darüber hinaus zeigte sich eine enge Assoziation dieser dendro-dendritischen gap junctions mit den GluRs unterhalb der Zapfenendfüßchen an den desmosome-like junctions. Der von den GluRs ermöglichte Calcium-Einstrom könnte sich durch die räumliche Nähe zu den Connexinen modulierend auf die Leitfähigkeit der elektrischen Synapsen auswirken.
Das Ziel dieser Arbeit war es, RNA-Strukturen als potentielle Zielstrukturen für die Medikamentenentwicklung zu untersuchen. Hierbei ging es im Speziellen um die Anwendung Virtueller Screening Verfahren für die RNA-Liganden-Vorhersage. Hierzu wurde die als TAR-Motiv (transactivating response element) bekannte RNA-Struktur der mRNAs des HI-Virus ausgewählt. Diese Struktur wurde gewählt, da mit den vier PDB-Einträgen 1ANR, 1ARJ, 1LVJ und 1QD3 bereits experimentell motivierte Strukturmodelle zum Beginn der Untersuchung vorlagen. Ausschlaggebend war hierbei auch das Vorhandensein eines Tat-TAR-FRET-Assays im Rahmen des SFB 579, in welchem diese Arbeit angefertigt wurde. Die Aufmerksamkeit, welche dem HI-Virus im Rahmen der Bekämpfung der Immunschwächekrankheit bereits zukam, führte bei dem gewählten Testmodell ebenfalls zu einem, wenn auch immer noch überschaubaren Datensatz bereits getesteter Substanzen, der als Grundlage für einen Liganden-basierten Ansatz als erste Basis dienen konnte. Basierend auf diesen Voruntersuchungen ergaben sich die weiteren Schritte dieser Arbeit. Die Arbeit lässt sich zusammenfassend in vier zum Teil parallel verlaufende Phasen einteilen: Phase 1:Bestandsaufnahme bekannter Informationen über die Zielstruktur · experimentell bestimmte Zielstrukturen · experimentell bestimmte Liganden/Nichtliganden der Zielstruktur Phase 2: Ableiten eines ligandenbasierten Ansatzes zur Vorhersage von potentiellen Bindern der Zielstruktur aus Substanzbibliotheken, der nicht auf Strukturdaten der Zielstruktur beruht. Phase 3: Analyse der bekannten Konformere der Zielstruktur auf konstante Angriffspunkte für ein spezielles Liganden-Design. Phase 4: Einbinden der bekannten Strukturinformationen der Zielstruktur zur weiteren Verfeinerung der Auswahlverfahren neuer Kandidaten für die weitere experimentelle Bestimmung des Bindeverhaltens. Im Rahmen dieser Arbeit konnten mittels der Anwendung von künstlichen neuronalen Netzen in einem ligandenbasierten Ansatz durch virtuelles Screening der Chemikalien-Datenbanken verschiedener Lieferanten fünf neue potentielle TAR-RNA-Liganden identifiziert werden (drei davon mit einem Methylenaminoguanidyl-Substrukturmotiv), sowie als „Spin-Off“ durch die Anwendung der ursprünglich nur für den Tat-TAR-FRET-Assay vorgesehenen Testsubstanzen in einem Kooperationsprojekt (mittels CFivTT-Assay) zwei neue potentiell antibakterielle Verbindungen identifiziert werden. Die Beschäftigung mit der offensichtlichen Flexibilität der TAR-RNA und damit einer nicht eindeutig zu definierenden Referenz-Zielstruktur für das Liganden-Docking führte zur Erstellung eines Software-Pakets, mit dem flexible Zielstrukturen – basierend auf den Konformer-Datensätzen von MD-Simulationen – auf konstante Angriffspunkte untersucht werden können. Hierbei wurde ausgehend von der Integration eines Taschenvorhersage-Programms (PocketPicker) eine Reihe von Filtern implementiert, die auf den hierzu in einer MySQL-Datenbank abgelegten Strukturinformationen eine Einschränkung des möglichen Taschenraums für das zukünftige Liganden-Design automatisiert vornehmen können. Des Weiteren ermöglicht dieser Ansatz einen einfachen Zugriff auf die einzelnen Konformere und die Möglichkeit Annotationen zu den Konformeren und den daraus abgeleiteten Tascheninformationen hinzuzufügen, so dass diese Informationen für die Erstellung von Liganden-Docking-Versuchen verwendet werden können. Ferner wurden im Rahmen dieser Arbeit ein neuer Deskriptor für die Beschreibung von Taschenoberflächen eingeführt: der auf der „Skalierungs-Index-Methode“ basierende molekulare SIMPrint. Die Beschäftigung mit der Verteilung der potentiellen Bindetaschen auf der Oberfläche der Konformerensemble führte ferner zur Definition der Taschenoberflächenbildungswahrscheinlichkeit (Pocket Surface Generation Probability – PSGP) für einzelne Atome einer Zielstruktur, die tendenziell für die Einschätzung der Ausbildung einer potentiell langlebigen Interaktion eines Liganden mit der Zielstruktur herangezogen werden kann, um beispielsweise Docking-Posen zu bewerten.
Die Onkogenese geht mit einer Deregulation des Zellzyklus einher. Dabei spielt unter anderem die Regulation verschiedener krebsrelevanter Transkriptionsfaktoren eine wichtige Rolle. Ein Interaktionspartner und Regulator vieler dieser Faktoren ist das LIM-only Protein FHL2. Es ist bereits bekannt, dass sich der FHL2-Status zwischen normalen und entarteten Zellen in allen bisher untersuchten Geweben unterscheidet. Im Rahmen dieser Arbeit konnte erstmals gezeigt werden, dass dies auch im Brustgewebe der Fall ist. FHL2 wird in fast allen aggressiven Mammakarzinomen überexprimiert, nicht aber im Normalgewebe und nur schwach in nicht-invasiven "DCIS". Dies weist darauf hin, dass die FHL2-Menge mit der Aggressivität des Tumors korreliert. Weiterhin konnte hier zum ersten Mal nachgewiesen werden, dass FHL2 in die Zellzyklusregulation involviert ist. Am G1/S-Übergang kann FHL2 die Cyclin D1-Expression induzieren, was letztendlich zu einer Phosphorylierung des RB-Proteins und zum Eintreten der Zelle in die S-Phase führt. Wichtiger aber ist die hier gezeigte FHL2-abhängige Induktion von p21CIP/WAF, ein Zellzyklusinhibitor, der unter anderem auch in der G2/M-Kontrollpunkregulation involviert ist und normalerweise über p53 reguliert wird. Diese Induktion resultiert dort in einem verlangsamten Kontrollpunktübergang, wogegen eine Reduktion des FHL2-Gehalts einen beschleunigten G2/M-Übergang zur Folge hat. Zusätzlich zeigten Expressionsanalysen mit synchronisierten Brustkrebszellextrakten dass FHL2 zellzyklusabhängig exprimiert wird, mit einem Maximum am G2/M-Kontrollpunkt. Im Rahmen dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass die p21-Expression in den hier verwendeten Brustkrebszelllinien p53-unabhängig ist und ausschließlich von FHL2 abhängt. Hierbei wird die FHL2-abhängige p21 Expression wahrscheinlich über die Aktivierung des c-jun-Transkriptionsfaktors im MAPK-Signaltransduktionsweg induziert. In vivo und in vitro Interaktionsstudien haben eine Interaktion von FHL2 mit c-jun gezeigt, wobei die Interaktion über die ersten beiden LIM-Domänen vermittelt wird. Der FHL2-c-jun-Komplex bindet an die AP-1-Sequenz innerhalb des p21-Promotors und induziert dadurch p21. Dies führt zu einer Inhibition verschiedener CDE/CHR-regulierter Proteine wie CDC25C oder Plk1 und zu einer verzögerten Zellzyklusprogression. In diesem Zusammenhang konnte im Rahmen dieser Arbeit gezeigt werden, dass die FHL2-Expression nicht nur zu einer verlangsamten Proliferation führt, sondern auch zur Fähigkeit der Zelle zum zellmatrixunabhängigen Wachstum beisteuert. Es scheint auf den ersten Blick widersprüchlich, dass FHL2 für einen intakten G2/M-Kontrollpunkt und eine geringere Proliferationsrate sorgt, gleichzeitig aber zur Tumorentwicklung beiträgt. Es ist allerdings bekannt, dass Tumore ihr Wachstum verlangsamen bevor sie metastasieren. Auch führt ein erhöhter p21-Gehalt im Cytosol zu einer Inhibition der Apoptose, einer weiteren Eigenschaft von Tumoren. FHL2 ist daher ein signifikanter Faktor in der Onkogenese des Mammakarzinoms und aufgrund der differentiellen Expression in vielen Tumoren ein interessantes Ziel für Krebstherapien.
Im Rahmen dieser Arbeit wurde die Eignung von Pseudorezeptoren im virtuellen Screening untersucht. Hierzu wurde nach intensiver Auseinandersetzung mit bisher bekannten Konzepten ein neues Computerprogramm zur automatischen Konstruktion von Pseudorezeptormodellen entwickelt. Das Ziel von Pseudorezeptoren ist die Konstruktion eines alternativen, artifiziellen Wirtssystems aus bekannten Liganden eines Zielproteins, dessen dreidimensionale Struktur unbekannt ist. Der generierte Pseudorezeptor ist zu verstehen als die Menge aller Pseudoatome, die um die Ausgangssubstanz(en) projiziert werden. Bei multiplen Referenzliganden wird eine Gewichtung der Pseudoatome durchgeführt. Zudem wird ausschließlich von Distanz- und Winkelparametern Gebrauch gemacht, die aus Untersuchungen von Kokristall-strukturen gewonnenen wurden. Eine abschließende Kodierung generierter Pseudorezeptoren als 90-dimensionalen Korrelationsvektor wurde zum virtuellen Screening eingesetzt. In zwei retrospektiven Fallbeispielen wird gezeigt, dass die generierten Pseudorezeptoren für COX-2 und PPARα mit den realen Zuständen ihrer kokristallisierten Bindetaschen in den PDB Einträge 6cox und 2p54 kompatibel sind. Im retrospektiven virtuellen Screening in der Wirkstoffdatenbank COBRA (8.311 Moleküle) nach COX-2 Inhibitoren (136 Aktive) konnte eine Anreicherung der aktiven Strukturen in den ersten zwei Perzentilen gezeigt werden (54% der Aktiven). Zudem konnten 80% der aktiven Moleküle bereits nach Vorhersage von 10% Falsch-Positiven gefunden werden. Im Falle des retrospektiven Screenings nach 94 PPAR Liganden konnten 30% der aktiven Moleküle nach der Vorhersage von 10% Falsch-Positiven entdeckt. Nach 20% Falsch-Positiver wurden 46% der PPAR Liganden wieder gefunden. Weiterhin konnte mit den ligandenbasierten Informationen eines H4 Pseudorezeptors eine Justierung einer potentiellen Bindetasche des Histamin H4 Rezeptors aus einer molekularen Dynamiksimulation vorgenommen werden. Schließlich wurde in einem prospektiven virtuellen Screening nach Histamin H4 Liganden mit einem Pseudorezeptor zwei Strukturen mit unterschiedlichem Grundgerüst und einem Ki ~ 30 µM identifiziert.
Chromosomale Aberrationen des humanen MLL Gens (Mixed Lineage Leukemia) sind mit der Entstehung von akuten Leukämien assoziiert. 5-10% aller akuten myeloischen und lymphatischen Leukämien beruhen auf einer Translokation des MLL Gens mit einem von mehr als 50 bekannten Partnergenen. Die reziproke Translokation t(4;11), die zur Entstehung der zwei Fusionsgene MLL/AF4 und AF4/MLL führt, stellt die häufigste genetische Veränderung des MLL Gens dar und prägt sich in Form einer akuten lymphatischen Leukämie aus. Besonders häufig sind von dieser Erkrankung Kleinkinder und Patienten mit einer Sekundärleukämie betroffen. Aufgrund einer ungewöhnlich hohen Resistenz der leukämischen Blasten gegenüber gängigen Therapie-Protokollen ist diese Erkrankung mit einer schlechten Prognose verbunden. Die beiden erzeugten Fusionsgene der t(4;11) werden als Fusionsproteine MLL/AF4 (der11) und AF4/MLL (der4) exprimiert. Transduktionsexperimente verschiedener MLL Translokationen zeigten, dass in vielen Fällen das jeweilige der11 Fusionsprotein (MLL_N/Translokationspartner) starkes onkogenes Potential besitzt und daher vermutlich ursächlich für die Transformation der betroffenen Zellen ist. Im Fall der Translokation t(4;11) hingegen, konnte für das der11 Fusionsprotein MLL/AF4 nur sehr schwaches onkogenes Potential nachgewiesen werden, während das der4 AF4/MLL Fusionsprotein sich als potentes Onkoprotein herausstellte. Untersuchungen zur Aufklärung des pathologischen Mechanismus des AF4/MLL Fusionsproteins zeigten, dass es, analog zum MLL Wildtyp Protein, einer Prozessierung durch die Taspase 1 unterliegt. Desweiteren ist bekannt, dass die gebildeten Proteinfragmente, der4_N und der4_C (MLL_C), über intramolekulare Interaktionsdomänen des MLL Proteins, in der Lage sind miteinander zu komplexieren. In der unprozessierten Form wird das Fusionsprotein über einen Bereich des AF4 Proteins unter Einsatz der E3-Ligasen SIAH 1/2 dem proteasomalen Abbau zugeführt. Nach der Proteolyse und Komplexbildung findet weiterhin eine Erkennung durch die SIAH Proteine statt, jedoch erfolgt keine Degradation mehr. Auf diese Weise kommt es zur Akkumulation des Komplexes, was letztendlich zur Transformation der betroffenen Zellen führt. Eine Möglichkeit dem onkogenen Charakter des AF4/MLL Fusionsproteins entgegen zu wirken, besteht in der Inhibition der Interaktion der zwei Proteinfragmente der4_N und der4_C (=MLL_C). Für eine mögliche Inhibition stellt die Kenntnis der minimalen Kontaktdomäne des MLL Proteins (und damit gleichermaßen des AF4/MLL Proteins) eine Grundvoraussetzung dar. Die grundlegende Aufgabe der vorliegenden Arbeit bestand daher in der Bestimmung des minimalen intramolekularen Interaktionsinterface. Zu diesem Zweck wurden Interaktionsanalysen verschiedener C-terminaler und N-terminaler MLL Proteinfragmente unter Verwendung des bakteriellen Zwei-Hybrid-Systems sowie eines zellbasierten Protein-Translokation-Biosensor-Systems durchgeführt. Dabei ist es gelungen, die Größe der minimalen Interaktionsdomänen von den bis heute publizierten >150 Aminosäuren auf 58 Aminosäuren im N-terminalen Proteinfragment (FYRN_A3) bzw. 56 Aminosäuren im C-terminalen MLL Fragment (FYRC_B3) einzugrenzen. Eine weitere Verkleinerung führte zu einem Stabilitätsverlust der Interaktion. Eine ungewöhnliche Akkumulation einiger C-terminaler MLL Fragmente, die während der Interaktionsstudien beobachtet wurde, führte zu der Hypothese, dass die generierten Fragmente mit dem zellulären Wildtyp MLL interagieren und möglicherweise als Inhibitor der intramolekularen Interaktion agieren können. Zusätzlich wurde bei diesen Transfektionen eine abnorm hohe Anzahl abgestorbener Zellen festgestellt. Dies wäre damit zu erklären, dass das zelluläre MLL, durch Interaktion mit dem kleinen MLL Fragment, nicht mehr in der Lage ist, seinen natürlichen Funktionen nachzukommen. Der Nachweis der Interaktion des minimierten C-terminalen MLL Proteinfragments FYRC_B3 mit den full length Proteinen MLL sowie AF4/MLL konnte über Co-Immunopräzipitationsversuche erbracht werden. Durchflusscytometrische Analysen transfizierter und Propidiumiodid gefärbter HeLa Zellen sowie t(4;11)-positiver SEM Zellen zeigten eindeutig letale Effekte einiger FYRC-Fragmente auf. Anhand dieser Daten kann postuliert werden, dass die Fragmente FYRB_B3 und FYRC_B1 durch Interaktion mit MLL_N bzw. der4_N die Interaktion der nativen Proteinfragmente MLL_N/der4_N mit MLL_C verhindern und dies in der Folge zum Absterben der Zellen führt. Die Tatsache, dass diese Fragmente einen solch deutlichen Effekt auf die sehr therapieresistenten SEM Zellen haben, zeigt, dass die Inhibierung der intramolekularen Proteininteraktion einen vielversprechenden therapeutischen Ansatz für Leukämien mit einer Translokation t(4;11) darstellt.
Die Komplementarität der molekularen Oberflächen und der Pharmakophorpunkte ist ein verbreiteter Konzept im rechnergestützen Moleküldesign. Diesem Konzept folgend wurde die Software SQUIRREL neu entwickelt und in der Programmiersprache Java implemetiert. Die Software generiert die Vorschläge für den bioisosteren Ersatz von Molekülen und Molekülfragmenten. SQUIRREL kombiniert Oberflächen- und Pharmakophoreigenschaften bioaktiver Substanzen und kann im virtuellen Screening und fragment-basierten de novo Design eingesetzt werden. In einer prospektiven Studie wurde SQUIRREL verwendet, um neue selektive PPARalpha-Agonisten aus einer kommerziellen Moleküldatenbank zu identifizieren. Die Software lieferte eine potente Substanz (EC50 = 44 nM) mit über 100facher Selektivität gegenüber PPARgamma. In einer zweiten Studie wurde eine Leitstruktur de novo generiert und synthetisiert. Als Ausgangstruktur diente der bekannte PPARalpha-Agonist GW590735. Während des Designvorgangs wurden zwei Teilstrukturen, die für die Aktivität von GW590735 verantwortlich sind, durch bioisostere Gruppen ersetzt, die von SQUIRRELnovo vorgeschlagen wurden. Die neue Leitstruktur aktiviert PPARalpha in einem zellbasierten Reportergen-Testsystem bei einem EC50 von 0.51 µM.
Es ist bekannt, dass Curcumin in einer Vielzahl verschiedener Zellarten die Proliferation hemmt und Apoptose induziert. In der Literatur werden Konzentrationen von 10 bis 150 µM (3.7-55 µg/ml) als dafür notwendig beschrieben. Da Curcumin nach oraler Aufnahme, aufgrund seiner schlechten Resorption aus dem Magen-Darm-Trakt, eine geringe Bioverfügbarkeit im Organismus aufweist, sind therapeutische Lösungen erforderlich um Curcumin besser nutzen zu können. Aus diesem Grund wurde im Rahmen der vorliegenden Arbeit die Wirkung von geringen Mengen Curcumin, die allein keine Effekte zur Folge haben, in Zusammenwirkung mit Licht untersucht. Es wurde gezeigt, dass bereits Konzentrationen von 0,2-1 µg/ml in Keratinozyten die Proliferation hemmen, wenn sie mit UVA- oder sichtbarer Licht-Bestrahlung kombiniert werden. Desweiteren wurde belegt, dass diese Behandlung Apoptose in HaCaT-Zellen induziert, wobei der mitochondriale Apoptoseapparat aktiviert wird. Dies belegen die Freisetzung von Cytochrom c und die frühe Spaltung der Caspase-9 wohingegen Caspase-8 zeitverzögert aktiviert wurde. Weiterhin wurde dargelegt, dass Erk1/2, PKB/Akt und PKC durch Curcumin/Licht gehemmt werden, wohingegen p38 durch diese Behandlung eine Aktivierung erfährt. Zusätzlich ergab sich ein inhibierender Einfluss auf den EGF-Rezeptor, einem “upstream”-Regulator all dieser Kinasen, und den Transkriptionsfaktor NF-kappaB. Bei in vivo-Studien an immundefizienten Mäusen mit A431-Xenografts hatte eine Behandlung mit i.p. verabreichtem Curcumin und anschließender Bestrahlung mit sichtbarem Licht einen signifikanten inhibitorischen Effekt auf das Tumorwachstum zur Folge. In diesen Tumoren fand eine Reduktion der Ki-67-Expression sowie eine Induktion von „apoptotic bodies“ statt. Western Blot-Analysen bestätigten die Apoptoseinduktion durch eine verstärkte Aktivierung der Caspase-9. Zusätzlich zeigte sich auch eine Hemmung von Erk1/2 sowie EGF-R nach beschriebener Behandlung in den Tumoren. Die Wirkungsweise des Curcumins in Kombination mit Licht in vitro wie auch in vivo weisen auf einen neuen therapeutischen Ansatz einer photodynamischen Therapie hin. Dabei kann durch die Verwendung von sichtbarem Licht auf den Einsatz der karzinogenen UV-Bestrahlung, wie sie in üblichen Phototherapien angewandt wird, verzichtet werden.
Neuronale Repräsentation intrinsischer cochleärer Signale im Colliculus inferior der Wüstenrennmaus
(2008)
Die vorliegende Arbeit untersucht die neuronale Repräsentation von cochleären Verzerrungsprodukten im auditorischen Mittelhirn der Wüstenrennmaus. Die hohe Sensitivität und die gute Frequenzauflösung des Hörorgans der Säugetiere basiert auf einer aktiven mechanischen Verstärkung der schallinduzierten Basilarmembranschwingung im Innenohr. Die äußeren Haarsinneszellen, die während des Transduktionsprozesses zyklisch ihre Länge ändern und dabei zusätzliche Schwingungsenergie in das System zurückführen, sind der zugrunde liegende Motor des aktiven cochleären Verstärkers. Die stark nichtlinearen Eigenschaften dieses Verstärkers führen allerdings bei gleichzeitiger Verstärkung mehrerer Frequenzkomponenten zur Generierung von Kombinationsschwingungen, welche im Ursprungssignal nicht vorhanden sind. Wird das Ohr beispielsweise durch zwei Töne mit den Frequenzen f1 und f2 stimuliert (f1<f2), so entstehen verschiedene Kombinationsschwingungen, deren prominenteste das quadratische (f2-f1) und das cubische (2 f1-f2) Verzerrungsprodukt sind. Diese Verzerrungen des Ursprungssignals breiten sich von ihrem Entstehungsort im Innenohr, dem Überlappungsbereich der Stimuluswanderwellen, im Flüssigkeitsraum der Cochlea aus und werden über das Mittelohr in den Gehörgang übertragen. Im Gehörgang sind sie mit Hilfe eines sensitiven Mikrophons als otoakustische Emissionen (DPOAE - distortion product otoacoustic emissions) messbar. Zusätzlich bilden sie an ihrem Resonanzort auf der Basilarmembran, vergleichbar mit einem externen Stimuluston gleicher Frequenz, eine eigene Wanderwelle aus und aktivieren den Transduktionsprozess. Die neuronalen Korrelate der cochleären Verzerrungsprodukte sind auf verschiedenen Stationen der Hörbahn messbar und cochleäre Verzerrungsprodukte können als separate Töne wahrgenommen werden. In der vorliegenden Arbeit wurden die neuronalen Korrelate und otoakustischen Emissionen von cochleären Verzerrungsprodukten erstmals simultan bestimmt. Durch den direkten Vergleich der neuronalen Aktivität mit der peripheren Emissionsmessung sollen eventuelle zentralnervöse Veränderungen der Repräsentation der cochleären Verzerrungsprodukte untersucht werden. Dazu wurde die elektrische Aktivität von 91 Neuronen des Colliculus inferior der Wüstenrennmaus während der Stimulation durch zwei hochfrequente Stimulustöne gemessen. Die Frequenzen der Stimulustöne waren so gewählt, dass die Frequenz eines, durch sie evozierten Verzerrungsproduktes, mit der charakteristischen Frequenz des jeweiligen Neurons übereinstimmte. In 95 % aller Messungen konnte eine robuste neuronale Aktivität während Zweitonstimulation gemessen werden, die sich auf die Stimulation durch ein spezifisches cochleäres Verzerrungsprodukt zurückführen lässt. Bei einem Teil der Versuche wurden die Verzerrungsprodukte durch direkte intracochleäre Auslöschung mit einem dritten Tonstimulus eindeutig als Quelle der neuronalen Aktivität bestätigt. Für Verzerrungsproduktfrequenzen oberhalb 1,3 kHz lassen sich die Antworten der Neurone im schwellennahen Bereich gut mit den simultan im Gehörgang bestimmten DPOAE-Pegeln erklären, was einen engen Zusammenhang zwischen intracochleärem Verzerrungsproduktpegel und DPOAE-Pegel nahe legt. Bei höheren Stimuluspegeln konnten die maximalen neuronalen Antworten auf den intracochleären Verzerrungsproduktstimulus signifikant von der Einzeltonantwort abweichen, wobei sowohl eine Erhöhung als auch eine Reduktion der Maximalantwort möglich war. Ein inhibitorischer bzw. verstärkender Einfluss der Stimulustöne auf die neuronale Verzerrungsproduktantwort wird als mögliche Ursache der Unterschiede diskutiert. Für Verzerrungsproduktfrequenzen unterhalb 1,3 kHz wurde ein deutlicher Unterschied zwischen dem intracochleären Verzerrungsproduktpegel und dem im Gehörgang gemessenen Emissionspegel deutlich. Ein Teil der getesteten tieffrequenten Neurone antwortete während Zweitonstimulation bereits für Stimuluspegel, die unterhalb der Reintonschwelle des Neurons lagen. Eine frequenzspezifische Verschlechterung der Mittelohrübertragungsleistung bei tiefen Frequenzen wird als mögliche Ursache für die unterschwelligen Antworten der Neurone diskutiert. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zeigen, dass cochleäre Verzerrungsprodukte einen substanziellen Anteil an der neuronalen Repräsentation von komplexen Stimuli haben können. Im Besonderen machen die vorgestellten Daten deutlich, dass die neuronalen Repräsentation der Grundfrequenz eines komplexen Klangs wesentlich von cochleären Verzerrungsprodukten beeinflusst sein kann. Dies bedeutet, dass bereits im Innenohr Tonhöheninformation extrahiert werden kann und damit die Relevanz in der Literatur diskutierter neuronaler Mechanismen zur Berechnung von Tonhöhe relativiert wird.
Taspase1 stellt die bisher einzige Typ2-Asparaginase mit proteolytischer Aktivität dar. Das wichtigste Substrat der Taspase1 ist das MLL-Protein, einem Homolog des Trithorax- Proteins aus Drosophila melanogaster, das auch dort eine wichtige Rolle bei Differenzierungsprozessen spielt. Bei Patienten mit einer t(4;11)-Translokation ist Taspase1 maßgeblich an der Ausbildung einer t(4;11)-assoziierten Leukämie beteiligt. Die Inhibierung der proteolytischen Aktivität der Taspase1 könnte daher einen Ansatzpunkt für eine neuartige Krebstherapie darstellen. Aufgrund der ungewöhnlichen Eigenschaften von Taspase1 ist es bisher nicht gelungen einen selektiven Inhibitor für das katalytische Zentrum der Taspase1 zu identifizieren. Unter nativen Bedingungen (ca. 50 mM NaCl) befindet sich Taspase1 bereits in einem nahezu vollständig inhibierten Zustand, da im katalytischen Zentrum der Taspase1 ein Chloridion komplexiert ist. Dieses Chloridion wird einzig und allein nach Interaktion mit dem natürlichen Substrat MLL aus dem katalytischen Zentrum verdrängt, was zu einer kurzfristigen Aktivierung der Taspase1 führt. Nach Ablauf der hydrolytischen Spaltung des Substrates nimmt das Chloridion wieder seine Position im katalytischen Zentrum ein. Unter diesen Bedingungen ist aus sterischen Gründen die Bindung eines potentiellen Inhibitors im katalytischen Zentrum nicht möglich. Durch Herstellung von Mutanten der Taspase1 und deren Substrats konnte der Mechanismus der katalytischen Spaltung durch Taspase1 aufgeklärt werden. Dabei erwiesen sich drei Aminoäuren als essentiell für die Hydrolyse. Interessanterweise ist die Anwesenheit des Substrates, insbesondere des Aspartates an Position Sieben der cleavage sites CS1 bzw. CS2 notwendig um den katalytischen Prozess zu starten. Das negativ geladene Aspartat, verdrängt zunächst das Chloridion von seiner Position und aktiviert dadurch das katalytische Zentrum (Rotation von Threonin 234). Erst dadurch wird Threonin 234 zu einer katalytisch aktiven Aminosäure und kann einen nukleophilen Angriff auf die Peptidbindung zwischen Aspartat und Glycin des Substrates durchführen. Die Hydrolyse wird dabei durch die OH-Gruppe des Serins 252 durch Wechselwirkung mit dem Carboxylsauerstoff unterstützt. Durch Mutation beider Aspartate an Position sieben im artifiziellen Substrat 2CL zu Glycin oder Lysin führte zu einem vollständigen Verlust der hydrolytischen Spaltung an CS1 und zu einem starken Rückgang der hydrolytischen Spaltung an CS2. Die Mutationen T234D und S252D der Taspase1 führten beide zum vollständigen Verlust der katalytischen Spaltung, sowohl in cis, als auch in trans. Unter Verwendung des Taspase1-Aktivitätsassays konnte der transkriptionelle Regulator MLL4 als potentielles Substrat der Taspase1 identifiziert werden.