Biologische Hochschulschriften (Goethe-Universität)
Refine
Year of publication
Document Type
- Doctoral Thesis (380)
- Article (4)
- Diploma Thesis (1)
- Part of Periodical (1)
Language
- German (386) (remove)
Has Fulltext
- yes (386)
Is part of the Bibliography
- no (386)
Keywords
- Gentherapie (6)
- Elektrophysiologie (5)
- Schmerz (5)
- gene therapy (5)
- Cytochromoxidase (4)
- Inhibition (4)
- Molekularbiologie (4)
- Altern (3)
- Carotinoide (3)
- Cochlea (3)
Institute
- Biowissenschaften (234)
- Biochemie und Chemie (93)
- Biochemie, Chemie und Pharmazie (29)
- Pharmazie (19)
- Georg-Speyer-Haus (6)
- Institut für Ökologie, Evolution und Diversität (3)
- keine Angabe Institut (3)
- Geowissenschaften (2)
- Medizin (2)
- Präsidium (2)
- Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F) (1)
- Physik (1)
- Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft (1)
- Zentrum für Arzneimittelforschung, Entwicklung und Sicherheit (ZAFES) (1)
Nukleinsäuren und Proteine bilden zusammen mit den Kohlenhydraten und Lipiden die vier großen Gruppen der Biomoleküle. Dabei setzen sich Nukleinsäuren aus einer variierenden Abfolge von Nukleotiden zusammen. Gleiches trifft auf die Proteine zu, wobei deren Bausteine als Aminosäuren bezeichnet werden. Die Reihenfolge der Bausteine bestimmt zusammen mit der Interaktion, die die einzelnen Bestandteile untereinander eingehen, deren Funktion. Um deren Wirkungsweise verstehen und nachverfolgen zu können, wurden unterschiedliche Methoden entwickelt, zu welchen auch die EPR-Spektroskopie gehört.
Durch den Einbau modifizierter Nukleotide oder Aminosäuren lassen sich Spinlabel in die sonst EPR-inaktiven Nukleinsäuren und Proteine einführen. Diese Marker lassen sich grundsätzlich in drei Klassen unterteilen (Metallionen, Nitroxidradikale und TAMs), weisen aber immer mindestens ein ungepaartes Elektronenpaar auf. Die Festphasensynthese ist eine Standardprozedur zur Herstellung von markierten Nukleinsäuren und Proteinen. Allerdings führen die Bedingungen dieser Methode zumindest teilweise zur Zersetzung der Nitroxidradikale, die dieser Arbeit zugrunde liegen, wenn sie direkt während der Synthese eingebaut werden. Der direkte Einbau ist aber in vielen Fällen essenziell, um bestimmte Eigenschaften zu erzielen.
Um den Abbau des Nitroxidradikals während der Festphasensynthese zu verhindern, kann dieses vorübergehend mit einer Schutzgruppe versehen werden, welche sich anschließend wieder abspalten lässt.
Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt hierbei auf der Darstellung neuer photolabil geschützter Spinlabel zur Synthese markierter Proteine und Nukleinsäuren.
Basierend auf den Nukleotiden Uridin und Cytidin konnten zwei für die RNA-Synthese vorgesehene Phosphoramidite synthetisiert werden, welche jeweils an der 5-Position des Pyrimidinrings mit einem photolabil geschützten Spinlabel auf Basis von TPA versehen waren. Durch Einbau des Uridinderivats in das Neomycin-Aptamer konnte zudem der Einfluss der Spinlabel auf die lokale Struktur mit Hilfe von in-line probing gezeigt werden.
Der gleiche TPA-Label konnte ebenfalls mit einem Lysin gekuppelt werden, welches später über ein orthogonales tRNA/Aminoacyl-tRNA Synthetase Paares in eine Polypeptid eingebaut werden sollte. In Kooperation mit dem AK Grininger ist auch ein nicht geschützter Spinlabel zur kupferfreien Markierung der Fettsäuresynthase entstanden. Abschließend war noch die Synthese eines auf Phenylalanin basierenden photolabil geschützten Spinlabel in Arbeit, welcher jedoch nicht beendet werden konnte. Dieser sollte mittels Festphasensynthese einbaubar sein, weswegen er am N-Terminus mit Fmoc geschützt ist.
Die vorliegende Doktorarbeit beschäftigt sich mit der Untersuchung von molekularen Systemen, die aus mehreren Chromophoren bestehen und über einen Zweiphotonen-Prozess aktiviert werden können.
Die Zweiphotonen-Absorption (2PA) beschreibt die nahezu simultane Absorption zweier Photonen, deren Summe die Energie ergibt, die für den entsprechenden elektronischen Übergang nötig ist. Da für die Anregung somit zwei niederenergetische Photonen benötigt werden, kann für die 2PA Nahinfrarot-Licht (NIR-Licht) verwendet werden, welches eine geringe Phototoxizität aufweist und eine tiefe Gewebedurchdringung ermöglicht. Weiterhin wird durch die intrinsische dreidimensionale Auflösung der 2PA eine hohe Ortsauflösung der Photoaktivierung erzielt.
Photolabile Schutzgruppen (PPGs) bzw. Photocages sind chemische Verbindungen, die der vorübergehenden Maskierung der biologischen Funktion eines (Makro-)Moleküls dienen. Sie können durch Licht geeigneter Wellenlängen abgespalten werden (uncaging), wodurch die Aktivität des geschützten Substrats wiederhergestellt wird. Leider weisen viele der etablierten PPGs schlechte Zweiphotonen-Eigenschaften auf. Um die 2P-Aktivität einer PPG zu erhöhen, kann sie kovalent mit einem guten Zweiphotonen-Absorber verknüpft werden, der bei Bestrahlung das Licht über einen Zweiphotonen-Prozess absorbiert und anschließend mittels Energietransfer auf die photolabile Schutzgruppe überträgt. Dies führt schließlich zur Uncaging-Reaktion.
Im Zuge von Projekt I dieser Dissertation wurde eine solche molekulare Dyade für verbessertes Zweiphotonen-Uncaging bestehend aus einem Rhodamin-Fluorophor als Zweiphotonen-Absorber und einem Rotlicht-absorbierenden BODIPY als photolabile Schutzgruppe hergestellt und charakterisiert. Die Zweiphotonen-Aktivität des Fluorophors wurde mittels TPEF-Messungen (two-photon excited fluorescence) untersucht. Anschließend wurde das Rhodamin an einen 3,5-Distyryl-substituierten BODIPY-Photocage gekuppelt. Der Energietransfer innerhalb dieser Dyade wurde mithilfe von transienter Ultrakurzzeit-Spektroskopie und quantenmechanischen Berechnungen untersucht. Die Freisetzung der Abgangsgruppe para-Nitroanilin (PNA) bei Belichtung der Dyade konnte sowohl nach Einphotonen-Anregung des Rhodamins als auch des BODIPYs mithilfe von UV/vis-Absorptionsmessungen qualitativ nachgewiesen werden.
Da die Uncaging-Reaktion allerdings nicht besonders effektiv war, wurde für die Weiterführung des Projekts ein neuer BODIPY Photocage, der eine verbesserte Photolyse-Effizienz und eine höhere Photostabilität aufwies, verwendet und erneut an einen Rhodamin-Fluorophor geknüpft. Anhand dieser optimierten Dyade konnte die Einphotonen-Photolyse quantifiziert, d.h. eine Uncaging-Quantenausbeute für die Freisetzung von PNA bestimmt werden. Weiterhin wurde beobachtet, dass die Photolyse der Dyade mit einer deutlichen Änderung ihrer Fluoreszenzeigenschaften einherging. Dies ermöglichte einen Nachweis des Zweiphotonen-Uncagings mithilfe eines Fluoreszenzmikroskops. Die Dyaden-Moleküle wurden zur Immobilisierung in Liposomen eingeschlossen und unter dem konfokalen Fluoreszenzmikroskop belichtet. Sowohl nach Einphotonen- als auch nach Zweiphotonen-Anregung der Rhodamin-Einheit konnte die gewünschte Fluoreszenzänderung beobachtet und somit das Uncaging bestätigt werden.
In Projekt II der Dissertation wurde ein photoaktivierbarer Fluorophor (PAF) hergestellt. PAFs liegen in ihrer geschützten Form dunkel vor. Durch die Aktivierung mit Licht können sie Fluoreszenzsignale emittieren. Sie liefern somit ein direktes Feedback über die Lichtverteilung und –intensität innerhalb einer Probe und werden somit unter anderem für die Charakterisierung und Optimierung von Belichtungsapparaturen verwendet. Besonders wünschenswert ist hierbei eine Fluoreszenzaktivierung mit sichtbarem Licht bzw. mit NIR-Licht über einen Zweiphotonen-Prozess.
Im Zuge der Arbeit wurde ein Rhodamin-Derivat synthetisiert, das durch die Anbringung eines DEACM450-Photocages in seine nichtemittierende Form gezwungen wurde. Bei Bestrahlung mit 455 nm konnte die Abspaltung der Cumarin-Schutzgruppe und der damit verbundene Anstieg der Rhodamin-Fluoreszenz beobachtet und eine Uncaging-Quantenausbeute bestimmt werden. Für die Untersuchung der Zweiphotonen-Photolyse wurde der geschützte Fluorophor in einem Hydrogel immobilisiert und unter dem konfokalen Fluoreszenzmikroskop betrachtet werden. Anschließend wurden Fluoreszenzbilder vor und nach Photoanregung von bestimmten Regionen des Hydrogels aufgenommen. Durch das Uncaging der Probe konnten helle, definierte Muster geschrieben und ausgelesen werden. Die Photoaktivierung führte dabei sowohl über die Einphotonen-Anregung mit blauem Licht (488 nm) als auch über die Zweiphotonen-Anregung mit NIR-Licht (920 nm) zur Generierung von stabilen, gleichmäßigen Fluoreszenzmustern mit hohem Kontrast.
Seit Jahrzehnten finden Kunststoffe aufgrund ihrer vorteilhaften Materialeigenschaften wie z. B. Formbarkeit und im Vergleich zu Glas oder Metall geringe Kosten und leichtes Gewicht, vermehrt Anwendung in allen Bereichen des täglichen Lebens. Einhergehend gelangen Kunststoffe zunehmend in die Umwelt, und reichern sich dort an. Besondere Aufmerksamkeit erfahren Partikel im Größenbereich von 1-1000 µm, sogenanntes Mikroplastik (MP), welches entweder direkt eingetragen wird oder in der Umwelt durch Fragmentierung größerer Plastikteile entsteht. Lange Zeit fokussierte sich die MP Forschung vorrangig auf aquatische Ökosysteme, obwohl Schätzungen davon ausgehen, dass die Kunststoffeinträge in terrestrischen Ökosystemen um ein Vielfaches höher sind. Besonders relevante Eintragspfade sind neben der unsachgemäßen Entsorgung von Abfällen, die landwirtschaftliche Klärschlamm- und Kompostdüngung und der zunehmende Einsatz von Mulchfolien, sowie der im Straßenverkehr generierte Reifenabrieb.
Für eine Abschätzung und Bewertung der MP-Belastung in Böden sind analytische Messungen von MP in Umweltproben essenziell, derzeit jedoch kaum existent, da MP im Boden partikulär und heterogen verteilt vorliegt und deshalb nur schwierig zu detektieren ist. Die für viele Analyseverfahren notwendige Isolation der Kunststoffpartikel, sowie die für repräsentative Messungen erforderliche Aufbereitung großer Probenvolumina stellen besondere analytische Herausforderungen mit großem Kosten- und Zeitaufwand dar. Chromatografische Verfahren finden wenig Anwendung, bieten aber vorteilhafte Voraussetzungen als Screeningverfahren für die Untersuchung von Böden, da sie nicht zwangsweise eine Partikelisolation verlangen, und zudem als Ergebnis einen Massegehalt liefern.
Diese Dissertation zeigt drei Anwendungen Chromatografie basierter Analyseverfahren zur Charakterisierung von MP im Boden. Erstmalig wurde die Thermo-Extraktion-Desorption-Gaschromatografie-Massenspektrometrie (TED-GC/MS) für die Analytik von Reifenabrieb in realen Umweltproben angewandt bei minimaler Probenaufbereitung. Dafür wurde ein Straßenrandboden umfangreich beprobt und analysiert, und es konnte neben der Eignung der analytischen Methode auch eine repräsentative Probenahmestrategie und räumliche Verteilungsmuster von Reifenabrieb im Boden demonstriert werden.
Der zweite Forschungsschwerpunkt lag auf der Methodenentwicklung und validierung eines neuartigen chemischen Extraktionsverfahrens für die Bestimmung von Polyestern in Bodenproben. Das Verfahren basiert auf der hydrolytischen Spaltung von Polyestern in ihre Monomere, deren flüssigchromatografische Abtrennung von Matrixbestandteilen und der Detektion mittels UV-Absorption. Das Verfahren verlangt neben der Extraktion keine weiteren Probenaufbereitungsschritte, ist für unterschiedliche Umweltmatrizes geeignet und ist damit z. B. prädestiniert für den Nachweis von Polyesterfasern auf gedüngten landwirtschaftlichen Flächen.
MP ist nicht nur aufgrund seiner Persistenz problematisch, sondern auch, weil es hydrophobe organische Schadstoffe aus dem Umweltmedium anreichern und transportieren kann. Maßgeblich für das Sorptionsverhalten sind die Materialeigenschaften des zugrunde liegenden Kunststoffes, welche Änderungen durch Alterungsprozessen unterliegen. Der Zusammenhang zwischen Materialalterung und Sorptionsverhalten wurde in früheren Studien kontrovers diskutiert und ist der dritte Teil dieser Arbeit. In einem Sorptionsexperiment konnte mittels Headspace-Gaschromatografie mit Flammenionisations-Detektion die Aufnahme von Aromaten an den Kunststoffen Polypropylen und Polystyrol quantifiziert werden. Die Kunststoffe wurden materialwissenschaftlich charakterisiert, teilweise künstlich gealtert und die daraus resultierende Änderungen der Materialeigenschaften sowie einhergehenden Änderungen des Sorptionsverhaltens erfasst. Dadurch war es möglich den Einfluss einzelner Materialeigenschaften auf das Sorptionsverhalten zu bewerten, Rückschlüsse auf zugrunde liegende Sorptionsmechanismen zu treffen und zu zeigen, dass in vorliegendem Experiment die Polymeralterung bei MP nicht zu einer erhöhten Schadstoffsorption führte.
Unter den weltweit in ständigem Gebrauch befindlichen Chemikalien befinden sich nicht nur Verbindungen mit akuter toxischer Wirkung, sondern auch solche mit Wirkung auf das endokrine System. Eine große Rolle spielt hier vor allem die Störung der Geschlechtsdifferenzierung und der Reproduktion, ausgelöst durch natürliche oder synthetische Chemikalien mit endokrinem Potential, sogenannte endokrine Disruptoren (ED). Diese Chemikalien können über unterschiedliche Eintragspfade in die Umwelt gelangen. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts werden mehr und mehr Fälle bekannt, in denen anthropogene Chemikalien die Pflanzen- und Tierwelt belasten, darunter zahlreiche Befunde zu Störungen des Hormonsystems von Mensch und Tier.
Im Rahmen der Gefahren- und Risikobewertung steht bereits eine Vielzahl harmonisierter Prüfrichtlinien für die Identifizierung und Evaluierung der Effekte von (potentiellen) ED zur Verfügung. Um die Gesamtheit aller potentiellen Interaktionen von ED mit dem Hormonsystem detektieren zu können, ist die In-vivo-Untersuchung an Vertebraten in der Chemikalienregistrierung bisher unabdingbar. Bei der Untersuchung endokriner Potentiale in höheren Vertebraten spielen vor allem nager- und vogelbasierte Testsysteme eine wichtige Rolle. Diese bergen jedoch einen hohen zeitlichen, personellen und finanziellen Aufwand und erfordern eine massive Zahl an Versuchstieren, die für diese Tests benötigt werden. Darüber hinaus beinhalten Tierversuche eine Vielzahl von Problemen einschließlich ethischer Bedenken, die sich als Konsequenz der Tierhaltung unter Versuchsbedingungen ergeben. Ein sehr interessanter und vielversprechender Ansatz zur Reduktion von Tierversuchen ist die Entwicklung eines standardisierten Verfahrens für die Untersuchung potentieller ED in Vogelembryonen. Auf Vogelembryonen basierende In-ovo-Modelle stellen einen Mittelweg zwischen In-vitro- und In-vivo-Testsystemen dar. Mit dem Vogeleitest wird der sich entwickelnde Embryo, das für ED sensitivste Entwicklungsstadium im Leben eines Organismus, berücksichtigt.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit war die Entwicklung und Eignungsuntersuchung eines auf dem Embryo des Haushuhns (Gallus gallus domesticus) basierenden Testsystems für den Nachweis von ED. Das resultierende Testsystem soll als Alternativmethode zu bisher etablierten nager- und vogelbasierten Testsystemen für die Untersuchung der Effekte hormonell aktiver Substanzen auf die Geschlechtsdifferenzierung in höheren Wirbeltieren eingesetzt werden.
Die im Rahmen der vorliegenden Dissertation durchgeführten Arbeiten umfassten sowohl die Charakterisierung der Normalentwicklung des Hühnerembryos, unbeeinflusst durch ED, als auch die morphologisch-histologischen Veränderungen der Gonaden von substanzexponierten Embryonen. Für die Untersuchung substanzbedingter Effekte, welche den Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit darstellen, wurden die Embryonen gegenüber verschiedenen (anti)estrogenen und (anti)androgenen Substanzen exponiert. Unter Einfluss der Estrogene Bisphenol A (BPA) und 17α-Ethinylestradiol (EE2) entwickelten sich die Keimdrüsen der Männchen zu Ovotestes, während Weibchen ein Ovar mit deutlich schmalerem Cortex ausbildeten. Unter Einfluss der Antiestrogene Fulvestrant und Tamoxifen blieben Effekte auf die Gonaden männlicher Embryonen aus, eine durch das potente Estrogen EE2 hervorgerufene Feminisierung männlicher Gonaden konnte durch beide Substanzen jedoch effektiv antagonisiert werden. Weibchen bilden unter Einfluss von Tamoxifen deutlich schmalere linke Gonaden mit einem missgebildeten Cortex aus. Unter Einfluss der Androgene Tributylzinn (TBT) und 17α-Methyltestosteron (MT) blieben die Effekte auf männliche Embryonen aus, während die Weibchen anatomisch virilisierte Gonaden und eine Reduktion des linken gonadalen Cortex aufwiesen. Allein die untersuchten antiandrogenen Versuchssubstanzen Cyproteronacetat (CPA), Flutamid und p,p´-Dichlorodiphenyldichloroethen (p,p´-DDE) hatten keinen Effekt auf die gonadale Geschlechtsdifferenzierung männlicher und weiblicher Hühnerembryonen.
Es konnte gezeigt werden, dass der Embryo von G. gallus domesticus einen sensitiven Organismus innerhalb des Tierreichs darstellt und hinreichend sensitiv auf eine Reihe von endokrin wirksamen und reproduktionstoxischen Chemikalien reagiert. Anatomische und histologische Änderungen der Gonaden können daher als Biomarker für die Wirkung von ED bei Vögeln nützlich sein. Die untersuchten Endpunkte beziehen sich jedoch auf apikale Effekte und liefern keine mechanistischen Informationen zu den untersuchten Substanzen. Der
Hühnereitest ist eine sinnvolle Ergänzung zur bestehenden OECD-Testbatterie und zeichnet sich besonders durch seine kostengünstige und einfache Handhabung im Labor sowie einfach durchzuführende Tests aus. Durch die vergleichsweise kurze Versuchsdauer von nur 19 Tagen ist ein schnelles Substanzscreening möglich, welches zeitlich deutliche Vorteile gegenüber den etablierten nager- und vogelbasierten Testsystemen hat. Als Alternative zu bisherigen Assays könnte der vorgeschlagene Hühnereitest dazu beitragen, im Rahmen der (öko)toxikologischen Gefährdungs- und Risikobewertung von Chemikalien künftig weniger Versuchstiere zu verwenden.
Der Fokus der Arbeit liegt auf der Untersuchung von Wechselwirkungen zwischen Molekülen in selbst-anordnenden Monolagen (SAMs) auf Goldoberflächen mittels Rastertunnelmikroskopie und komplementären Methoden wie z.B. Infrarot-Reflektions-Absorptions-Spektro-skopie.
In dieser Arbeit wurde das kürzlich etablierte Konzept von eingebetteten Dipolmomenten in aromatischen, SAM-bildenden Molekülen eingehender untersucht. Das Ausmaß des Dipol-moments und die Größe der SAM-bildenden Moleküle wurden synthetisch variiert und der Einfluss auf die Struktur und elektronischen Eigenschaften der SAMs untersucht. Binäre, gemischte Monolagen aus SAM-bildenden Molekülen mit "entgegen gerichteten", Dipolmomenten wurden hergestellt und charakterisiert. Zur Herstellung der binären, gemischten Monolagen wurden zwei Methoden verwendet: die Monolagen wurden a) aus bereits gemischten Lösungen der Moleküle abgeschieden oder b) eine reine SAM in die Lösung des anderen Moleküls eingelegt, so dass ein Austausch stattfand. Der Vergleich der beiden Methoden ermöglicht Rückschlüsse über die Abscheidungsprozesse. Die Charakterisierung der SAMs dieser Mischungsreihen gab Aufschluss über Eigenschaften wie Packungsdichte, Austrittsarbeit, elektronischen Ladungstransport in Monolagen und Orientierung der Moleküle relativ zur Oberfläche und erlaubte Schlussfolgerungen über die Mischbarkeit und das Ausmaß der Dipolwechselwirkungen der Moleküle in der Monolage. In einem ähnlichen Ansatz zu dem oben beschriebenen Vorgehen wurden Quadrupolwechselwirkungen zwischen SAM-bildenen, Benzol-, Naphtalin- und Anthracenderivaten untersucht. In Mischungsreihen wurden SAMs von nicht- und teilweise (hoch)fluorierten, SAM-bildenden Molekülen auf Goldoberflächen charakterisiert. Die Ergebnisse der Untersuchungen können bei der gezielten Einstellung der elektronischen Eigenschaften in elektronischen Bauteilen wie OFETs Anwendung finden.
In einem weiteren Projekt wurde der Einfluss von polaren Endgruppen auf die in situ Abspaltung von Schutzgruppen an Terphenylthiol-Derivaten untersucht, wobei die Ergebnisse zum Aufbau größerer, aus organischer Elektronik bestehender, Netzwerke verwendet werden können.
Nukleäre Rezeptoren (NRs) sind ligandengesteuerte Transkriptionsfaktoren, die sich aus einer Superfamilie von 48 humanen Mitgliedern zusammensetzt. Seit vielen Jahrzehnten stellen sie ein attraktives Forschungsgebiet für die Arzneistoffentwicklung dar, da sie eine bedeutende Rolle in zahlreichen Prozessen unseres Körpers spielen. Das Ziel dieser Forschungsarbeit bestand darin, neue innovative Liganden für den Peroxisomen-Proliferator-aktivierter-Rezeptor γ (PPARγ) sowie die Waisenrezeptoren Nervenwachtumsfaktor induzierter Klon B (Nur77) und Neuronen-abgeleiteter Waisenrezeptor (NOR-1) zu identifizieren.
Bei den Rezeptoren Nur77 und NOR-1 handelt es sich um noch unzureichend erforschte NRs der NR4A-Familie. Es fehlt insbesondere an Modulatoren dieser Rezeptoren als Werkzeuge, um ihr zum Teil noch unentdecktes Potential zu erforschen. Um diese Lücke zu schließen, wurde ein in vitro Screening durchgeführt und eine Arzneistoff-Fragment-Bibliothek mit 480 Fragmenten, die aus bekannten strukturellen Motiven zugelassener Arzneimittel stammen, auf ihre modulatorische Aktivität an Nur77 und NOR-1 gescreent. Durch das Screening und weitere Testungen konnten jeweils für Nur77 und für NOR-1 drei Verbindungen als Liganden identifiziert werden. Bei der weiteren Charakterisierung stellte sich insbesondere 41 als besonders vielversprechenden Ausgangspunkt für die Entwicklung von Liganden für Nur77 und NOR-1 heraus, der ein besseres Verständnis für die invers agonistische Aktivität lieferte und die Möglichkeit für eine agonistische Modulation aufzeigte. Zudem konnte durch ein weiteres Screening mit Computer-gestützten Verfahren auf Nur77 der Chemotyp von 41 noch weiter optimiert werden und führte zur Identifizierung von Verbindung 68 (EC50 = 2 ± 1 μM). Diese zeichnete sich durch eine hohe Potenz aus, die zu einer beachtenswerten Aktivierung von Nur77 (169 ± 18% maximale Aktivierung) führte. Die Untersuchung der strukturellen Erweiterung von 43 (IC50 = 47 ± 8 μM) führte zur Verbindung 75, die eine 3,5-fache Steigerung des inversen Agonismus auf NOR-1 zeigte. Die Erkenntnisse dieser Entdeckung ermöglichte den Rückschluss, dass das Einführen von voluminösen Resten, wie Brom oder Phenyl eine invers agonistische Potenz im unteren mikromolaren Bereich bewirkte. Die Identifizierung der Verbindungen 41 und 68 für Nur77 sowie 43 und 76 für NOR-1 könnten dazu beitragen, ein tieferes Verständnis der molekularen Mechanismen hinter der Aktivierung von Nur77 und NOR-1 zu erlangen und einen vielversprechenden chemischen Ausgangspunkt für die Entwicklung von noch wirksameren und selektiveren Liganden bieten.
Im anderen Teil dieser Forschungsarbeit stand die Synthese eines selektiven allosterischen PPARγ-Liganden im Fokus, um mit diesem die allosterische Modulation von PPARγ zu charakterisieren. Den Ursprung der Idee lieferte Garcinolsäure, dass in der Lage ist, PPARγ orthosterisch und allosterisch zu binden. Aufgrund der komplexen biologischen Effekte und der geringen synthetischen Zugänglichkeit konnte 37 nicht als Ausgangspunkt für dieses Vorhaben dienen. Auf der Suche nach einer geeigneten Ausgangsverbindung wurde durch ein in vitro Screening mit einer hauseigenen Sammlung von synthetischen PPARγ-Modulatoren, bei dem die orthosterische Bindungsstelle von PPARγ durch den irreversiblen Antagonisten GW9662 blockiert wurde, Verbindung 39 identifiziert. Diese ist wie 37 in der Lage PPARγ ortho- und allosterisch zu binden, weist aber eine bessere synthetische Zugänglichkeit auf. Die Co-Kristallisation von 39 mit der PPARγ-Ligandenbindungsdomäne zeigte, dass die orthosterische Bindungstasche (BT) keinen Platz für eine Verlängerung des Moleküls bietet, die allosterische BT ist dagegen Lösungsmittel exponiert, wodurch eine Verlängerung möglich schien. Daraufhin wurde die Hypothese aufgestellt, dass eine Verlängerung von 39 eine orthosterische Bindung verhinderte und dadurch eine selektive allosterische Bindung ermöglichen könnte. Aus diesem Grund wurde eine modifizierte Struktur von 39 verwendet, um eine einfache Einbringung eines Linkers in das Molekül zu ermöglichen. Durch verschiedenste Modifikationen und Anpassungen wurde 104 als potenzieller selektiver allosterischer Ligand synthetisiert. Die Testung von 104 im Reportergenassay zeigte eine schwache Aktivierung von PPARγ allein, jedoch offenbarte sich bei der Kombination mit dem orthosterischen Agonisten Pioglitazon eine dosisabhängige Steigerung der Aktivität von PPARγ. Diese Ergebnisse deuteten darauf hin, dass trotz der Bindung von 104 eine Bindung von 33 in die orthosterische BT immer noch möglich war. Diese Annahme konnte anschließend auch durch zellfreie Experimente (Isotherme Titrationskalorimetrie, MS-basierte-PPARγ-Ligandenbindungs-Assay) bestätigt werden. Der eindeutige Beweis für die selektive allosterische Bindung von 104 lieferte die Co-Kristallisation von 104 mit der PPARγ-LBD. Zusätzlich offenbarte sich, durch den strukturellen Vergleich der Bindungsmodi von anderen PPARγ-Liganden, der außergewöhnliche Bindungsmodus von 104, da 104 im Vergleich zu anderen Liganden selektiv die allosterische BT, ohne Überlappung in die orthosterische BT, besetzte. Weitere Untersuchungen, wie der Einfluss von 104 auf die Rekrutierung von Co-Regulatoren, die Differenzierung von adipozytären Stammzellen und die Genexpression zeigten eine bisher einmalige Modulation von PPARγ, die auf die selektive allosterische Modulation zurückzuführen war. Mit 104 wurde ein innovatives und vielfältig einsetzbares Werkzeug zur Erforschung der allosterischen Modulation von PPARγ entdeckt, dessen Geschichte an diesem Punkt noch nicht zu Ende ist.
Identifizierung und funktionelle Analyse von Pathogenitätsfaktoren in Bartonella bacilliformis
(2023)
Die Carrión-Krankheit ist eine durch Vektoren übertragene vernachlässigte Tropenkrankheit (neglected tropical disease), die in den südamerikanischen Andentälern auf einer Höhe von 600 3.200 m über dem Meeresspiegel vor allem in Peru, aber auch in Ecuador und Kolumbien endemisch ist. Der Erreger dieser Infektionskrankheit ist Bartonella bacilliformis, ein strikt humanpathogenes, Gram-negatives, fakultativ intrazelluläres Stäbchen der Klasse der Alphaproteobakterien. In der akuten Krankheitsphase, die als "Oroya-Fieber" bezeichnet wird, infizieren die Erreger Erythrozyten und verursachen eine schwere akute hämolytische Anämie, hohes Fieber sowie eine ausgeprägte Immunsuppression. Für diese Phase wurden Sterblichkeitsraten von bis zu 88% beschrieben. Dem Oroya-Fieber folgt meist eine chronische Infektion der vaskulären Endothelzellen, bei der durch vaskulo-endotheliale Proliferationen noduläre, Hämangiom-ähnliche, kutane Gefäßläsionen, die als "Verruga peruana" bezeichnet werden, entstehen. Diese beiden Phasen treten in der Regel nacheinander, manchmal aber auch unabhängig voneinander auf. Die Übertragung auf dem Menschen erfolgt durch den Biss infizierter Sandmücken (Lutzomyia spp.), die in den hochgelegenen Regionen der Anden vorkommen. Klimatische Veränderungen führen jedoch zur Expansion des Vektors auf angrenzende Regionen und begünstigen damit die Ausbreitung von B. bacilliformis-Infektionen.
In der Erforschung der Carrión-Krankheit besteht ein erheblicher Wissensmangel zu zahlreichen Aspekten (z. B. Epidemiologie, Infektionsbiologie, Diagnostik, Therapie), wodurch die Entwicklung von potenziellen Diagnostika, Therapeutika oder Vakzinen verhindert wird. Auch wenn frühere Studien zum Ziel hatten, immundominante Proteine für die Entwicklung serodiagnostischer Verfahren und Impfstoffe zu identifizieren, ist bislang kein validierter serologischer Test bzw. ein Impfstoff verfügbar. Daher sollte im ersten Teil dieser Arbeit ein serologischer Test zum Nachweis von anti-B. bacilliformis-Antikörpern entwickelt werden. Hierzu wurde ein Ansatz aus reverser Vakzinologie in Kombination mit einer Analyse heterologer genomischer Expressionsbibliotheken verfolgt, um geeignete immundominante Proteine zu identifizieren. Insgesamt wurden 21 potenziell immundominante Proteine identifiziert, rekombinant produziert, und auf ihre Reaktivität mit B. bacilliformis Patientenseren mittels Immunoblotting analysiert. Von den 21 Antigenkandidaten erwiesen sich 14 als immunreaktiv, die anschließend in einer Lineblot-Analyse mit 26 Serumproben von peruanischen B. bacilliformis Patienten und 96 Serumproben von gesunden deutschen Blutspendern ohne Reisevorgeschichte in Südamerika auf ihren potenziellen Nutzen für serologische Test untersucht wurden. Drei Antigene (Porin-B, Autotransporter-E und hypothetisches Protein-B) erwiesen sich für die Entwicklung eines diagnostischen ELISA als geeignet und wurden in zwei verschiedenen Antigenkombinationen (ELISA 1: Porin-B, Autotransporter-E, ELISA 2: Porin-B, Autotransporter-E, hypothetisches Protein B) verwendet. Um die Leistungsfähigkeit des B. bacilliformis ELISA zu bewerten, wurde eine Receiver-Operating-Characteristic-Analyse durchgeführt. Für die Kombination aus Porin-B und Autotransporter-E lag die Sensitivität des Tests bei 80,8% und die Spezifität bei 94,8%, wohingegen die Kombination aus Porin-B, Autotransporter-E und dem hypothetischem Protein-B in einer Sensitivität von 76,9% und einer Spezifität von 93,8% resultierte. Dieser neu entwickelte ELISA könnte ein nützliches serodiagnostisches Instrument für künftige epidemiologische Studien über B. bacilliformis in endemischen Gebieten darstellen. Darüber hinaus könnten die hier identifizierten immundominanten Antigene eine erste Grundlage für die zukünftige Entwicklung von Impfstoffen für die Prävention Carrión-Krankheit bilden.
Erythrozyten-Invasion und Hämolyse sind wahrscheinlich die wichtigsten Schritte in der Pathogenese der Carrión-Krankheit und verantwortlich für die hohe Sterblichkeitsrate beim Menschen. Genaue mechanistische Kenntnis dieses Prozesses sind entscheidend für die Entwicklung therapeutischer Arzneimittel. Im zweiten Teil dieser Arbeit sollten die in der Hämolyse involvierten Pathogenitätsfaktoren von B. bacilliformis identifiziert werden. Hierzu wurde eine Tn5-Transposonmutagenese in den beiden B. bacilliformis Stämmen KC583 und KC584 durchgeführt. Ein screening nach Hämolyse-defizienten Mutanten führte zur Identifizierung von zwei Pathogenitätsfaktoren: einem Porin (Porin-A) und einer α/β-Hydrolase. Ihre vermutete Funktion im Prozess der Hämolyse wurde durch eine zielgerichtete markerlose Deletion sowie durch genetische Komplementationen in vitro funktionell bestätigt. Dabei zeigte sich, dass Porin-A und die α/β Hydrolase jeweils essenzielle Faktoren für die Hämolyse darstellen. Durch eine in silico-Charakterisierung konnte konservierte biologische Funktionen identifiziert sowie die dreidimensionale Struktur der Proteine vorhergesagt werden. Diese Versuche bilden eine experimentelle Basis, um die Rolle von Porin-A und der α/β-Hydrolase näher untersuchen zu können und um potenzielle (Porin-A und α/β-Hydrolase) Inhibitoren mit anti-hämolytischer und damit therapeutische Wirkung testen zu können.
mRNS ist einer der wichtigsten Informationsträger in lebenden Zellen. Mit ihr wird die in der DNS gespeicherte Information zu aktiven Zellprozessen umgesetzt. Dabei finden erste regulatorische Prozesse, die den Phänotyp eines Organismus bestimmen können, bereits über Strukturelemente auf der mRNS statt. Diese, als Riboschalter bezeichneten Strukturen, können spezifisch, kleine Moleküle binden und dadurch ihre Struktur ändern. Durch diese dynamische Änderung der Struktur, in An- oder Abwesenheit des Liganden, wird reguliert, ob nachfolgende Gene vom Ribosom abgelesen werden können. Der Cd1-Riboschalter aus Clostridium Difficile ist schon während der Transkription aktiv und ein Teil des regulatorischen Netzwerkes, das bestimmt, ob das Bakterium einen mobilen oder stationären Lebensstil einnimmt. Das zentrale Signalmolekül in diesem Netzwerk ist der sekundäre Botenstoff c-di-GMP, der gleichzeitig auch der Ligand des Cd1-Riboschalters ist. In der folgenden Arbeit wurde der zeitliche und strukturelle Ablauf des Cd1 Regulationsmechanismus und die Bindung von c-di-GMP untersucht. Auch ohne einen Riboschalter in der Sequenz ist strukturierte mRNS ein interessanter Forschungsgegenstand. Wie die Covid-19 Pandemie und die Forschungen, mRNS Abschnitte als Krebsmedikamente zu gebrauchen, zeigen, gewinnt RNS immer mehr an Bedeutung für die medizinische Forschung und Anwendung. Mit dieser Motivation im Hintergrund wurden drei weitere RNS Projekte bearbeitet. Im ersten wurde ein 19F-Screening für die Erkennung von RNS bindenden Fragmenten etabliert. Im zweiten wurde ein RNS Doppelstrang untersucht, der mit Hilfe verschiedener, kovalent gebundener Spiropyrane reversibel gefaltet und entfaltet werden sollte. Im abschließenden Projekt wurden im Rahmen der COVID-19-NMR Initiative zwei Sekundärstrukturelemente der Covid-19 RNS untersucht.
Bei der Untersuchung des Cd1-Riboschalters konnten folgende Ergebnisse erzielt werden. Es wird gezeigt, dass die Bindung von c-di-GMP an das Cd1-Aptamer ein konzentrationsabhängiges Magnesiumverhältnis braucht. Dieses Verhältnis wurde ausgehend von initialen Messungen als 1/40 (RNS/Ligand) bestimmt. Spätere ITC Messungen geben aber Hinweise darauf, dass dieses Verhältnis bei niedrigen RNS Konzentrationen höher liegt und bei größeren RNS Konzentrationen niedriger. Die Bestimmung des Start- und Endpunktes der c-di-GMP Bindung wird in Unterkapitel 3.1.2 behandelt. Es wurde ermittelt, dass Cd1 bei 83 Nukleotiden eine alternative schwach Ligand bindende Konformation einnimmt, die wahrscheinlich durch eine P1 Helix bis zum Erreichen von Cd1-87 stabilisiert wird. Ab Cd1-87 bildet sich die reguläre von der Literatur vorhergesagte Bindetasche. Das Ende der c-di-GMP Bindung wird mit Cd1-148 erreicht, auch wenn hier noch Reste der Reportersignale für Bindung zu sehen sind. Diese Reste werden aber aller Wahrscheinlichkeit nach durch eine Cd1-83 entsprechende Konformation der Bindetasche erzeugt. In Kapitel 3.2 wird gezeigt, wie durch NMR Messungen die Zuordnung der Sekundärstruktur des Cd1-Riboschalters vollzogen wurde. Durch diese Messungen konnte bestätigt werden, dass in allen Längen eine P2 und P3 Helix vorhanden ist. Im Aptamer wird die Ligandbindung durch zwei Interaktionen zwischen P2 und P3 stark stabilisiert und der untere Abschnitt der P3 erst dann nicht mehr dynamisch, wenn c-di-GMP gebunden wird. Durch x-filter Experimente und Mutationen konnte nachgewiesen werden, dass C87 das basenpaarende Nukleotid an einem G des Liganden ist. Die Anwesenheit des HP1 Stamms konnte in den Längen 147, 148 und 160 nachgewiesen werden, wobei besonders der Vergleich der NOESY Spektren von Cd1-147 und Cd1-148 die Änderung der Sekundärstruktur hin zum Antiterminator zeigen. Der Verlauf der Bindungsaffinitäten wurde auch durch ITC Messungen an Cd1-83, 86, 87, 88, 135 und 146 bestätigt. Für die volle Länge (Cd1-160) des Riboschalters konnte gezeigt werden, dass der Terminatorstamm ausgeformt ist. Die erreichten Ergebnisse wurden in einem Modell zusammengefasst und der zeitliche Verlauf der Cd1 Regulation simuliert. Aus der Simulation ist zu erkennen, dass Cd1, wie erwartet, Ligand abhängig schaltet. Dabei ist der Aus-Zustand bei hoher Ligandkonzentration zu 90% populiert und der An-Zustand zu 100% bei niedriger Konzentration. Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass die Transkriptionsgeschwindigkeit bei hohen Ligandkonzentrationen einen starken Einfluss auf die Regulationseffizienz des Riboschalters hat. So ist bei einer Transkriptionsgeschwindigkeit von 100 nt/s nach 1 s eine Gleichverteilung von An- und Aus-Zustand zu erkennen. Dieses Verhalten kann durch einen Stopp der Transkription an der potentiellen Pausierstelle U141-145 aufgehoben werden. Unter den Rahmenbedingungen des Modells erwiesen sich Transkriptionsgeschwindkeiten von um die 20 nt/s als optimal und bei niedrigen Ligandkonzentrationen hatte die Transkriptionsgeschwindigkeit faktisch keine Auswirkungen auf die Regulation. Ein interessantes Ergebniss der Modellierung ergab sich aus der Notwendigkeit der Verwendung einer Rate für konkurrenzlose Basenpaarschließungen. Hier konnte gezeigt werden, dass eine Rate von 400 nt/s ausreicht um einen voll funktionsfähigen Riboschalter zu beschreiben.
Beim 19F Bindungsscreenings von 101 Fragmenten, die alle ein oder mehrere 19F Atome besaßen, an Cd1-98 wurden 9 Fragmente gefunden die an Cd1-98 binden. Diese sind größtenteils planar mit Ausnahme von 2 Fragmenten bei denen die eine Hälfte des Moleküls nicht aromatisch ist. Des Weiteren besitzen alle Fragmente, außer einem, mindestens eine Aminogruppe im Molekül. Die daraus resultierende Vermutung, dass die Fragmente in die RNS interkalieren, konnte durch RNS beobachtende NMR Messungen nicht überprüft werden, da keine Signaländerung im Imino-Bereich zu erkennen war. Durch Verdrängungsexperimente konnte gezeigt werden, dass die Fragmente, nicht wie c-di-GMP, die RNS Faltung homogenisieren und auch nicht in der Bindetasche gebunden werden.
Eine überlebenswichtige Eigenschaft von Mensch und Tier ist es, sich bei Gefahr durch eine Schreckreaktion in Sicherheit zu bringen. Doch woran erkennt ein Organismus, in welcher Situation es „sinnvoll“ wäre, sich zu erschrecken und welche Eigenschaften sensorischer Stimuli tragen zu dem Gefahreneindruck bei? Bei plötzlich eintretenden, lauten auditorischen Reizen kann es zur Auslösung der akustischen Schreckreaktion kommen. Dies führt bei Menschen, aber auch bei kleineren Säugetieren zu einer reflexartigen Kontraktion der Nacken-, Gesichts- und Skelettmuskulatur. Die Erforschung der akustisch evozierten Schreckreaktion (ASR) dient dem besseren Verständnis der neurobiologischen Grundlagen sensorischer Verarbeitung. Modulationen der ASR mithilfe von Präpulsen (Präpulsinhibition) ermöglichen Einblicke in die Funktion der Kochlea, des Hörnervs, der Hirnstammstrukturen und anderer beteiligter Gehirnregionen.
In dieser Arbeit wurden kurzzeitige Änderungen von Frequenz oder Intensität des akustischen Hintergrundes als neuartige Präpulse untersucht. Die Bedeutung verschiedener Reizparameter dieser Präpulse wurde in der vorliegenden Arbeit zum ersten Mal systematisch erforscht. Um zu prüfen, welche Präpulsstimulationen eine Inhibition der ASR auslösen können, wurde eine Reihe von Parametern umfassend getestet. In einem weiteren Schritt wurde analysiert, ob es mithilfe von gezielten Änderungen von Frequenz oder Intensität möglich sein könnte, Unterscheidungsschwellen, oder gar Hörschwellen von Versuchstieren zu bestimmen.
Die Experimente zur Modulation der ASR wurden mit weiblichen Sprague Dawley-Ratten durchgeführt. Dabei wurde eine Vielzahl von Verhaltensparadigmen untersucht. Dazu zählten Präpulse mit unterschiedlichem Frequenzgehalt und variabler Dauer. Zusätzlich wurden neuartige Paradigmen etabliert, um die Fähigkeit zur Frequenz- und Intensitätsdiskriminierung zu untersuchen. Hierbei wurde der Frequenzgehalt oder die Intensität einer kontinuierlichen Hintergrundstimulation verändert, um eine Präpulswirkung zu erzeugen. Um die Möglichkeiten der Bestimmung von Hörschwellen mittels der Präpulsinhibition (PPI) zu ergründen, wurde die Intensität von Präpulsen systematisch verändert. Die so generierten Schwellenwerte wurden durch die Messung früher akustisch evozierter Hirnstammpotenziale verifiziert. Schließlich sollten, unter Zuhilfenahme der Signaldetektionstheorie, aus den erhobenen Daten diverse Schwellen bestimmt werden: Für die Intensitätsänderungen der Präpulse in Stille wurden Hörschwellen bestimmt, während bei Änderungen der Frequenz und Intensität Unterscheidungsschwellen bestimmt werden sollten.
Mit steigender Größe eines Frequenzsprungs in einer kontinuierlichen Hintergrundstimulation war eine stärkere Inhibition der ASR feststellbar; ein Effekt, der stark von der Hintergrundfrequenz abhängig war. Bei einer Stimulation mit 8 kHz konnten signifikant höhere Inhibitionswerte erzielt werden als mit 16 kHz. Bei der Untersuchung des Zeitablaufs der Stimulation ergab sich, dass eine abgesetzte Stimulation mit einer Abweichung von 80 ms Dauer bis 50 ms vor dem Schreckreiz für die höchsten Inhibitionen sorgte.
Die durch eine Intensitätsänderung einer kontinuierlichen Hintergrundstimulation ausgelöste PPI hing primär von der Größe und Richtung des Intensitätssprungs ab. Mit zunehmender Sprunggröße stiegen die Inhibitionswerte an. Eine Erhöhung der Hintergrundintensität um 10 dB hatte einen signifikanten Einfluss auf die Inhibitionswerte. Auch hier zeigte sich eine höhere Sensitivität in Form von höheren Inhibitionen für Stimuli mit einer Hintergrundfrequenz von 8 kHz als für alle anderen getesteten Hintergrundfrequenzen.
Die Bestimmung von Hörschwellen mittels intensitätsabhängiger PPI wies im Vergleich mit den elektrophysiologisch bestimmten Hörschwellen ein heterogenes Bild mit starken individuellen Schwankungen auf: Bei etwa der Hälfte der Tiere waren die Hörschwellen beider Messungen sehr vergleichbar, bei den übrigen Tieren konnten mittels PPI für eine oder mehrere Frequenzen keine aussagekräftigen Hörschwellen erzielt werden. Die elektrophysiologisch bestimmten Hörschwellen waren am sensitivsten, während PPI-Stimulationen signifikant höher waren. Außerdem bewirkten PPI-Stimulationen mit Reintönen signifikant sensitivere Hörschwellen im Vergleich zu einem Schmalbandrauschen.
Für die Bestimmung der Unterscheidungsschwellen von Frequenzänderungen konnte beobachtet werden, dass die Tiere auf Frequenzsprünge hin zu niedrigeren Frequenzen signifikant sensibler reagierten, als hin zu Aufwärtssprüngen (-1.2 bzw. +4.5%). Bei der Intensitätsunterscheidung hingegen konnte beobachtet werden, dass die Tiere signifikant sensitiver auf Intensitätserhöhungen als auf Erniedrigungen reagierten (-5.9 bzw. +2.7 dB).
Zusammenfassend konnte in der vorliegenden Arbeit festgestellt werden, dass die PPI zur Bestimmung von absoluten Hörschwellen starken Schwankungen unterlag, sodass diese Methode nur eingeschränkt als Alternative zu operanter Konditionierung oder elektrophysiologischen Ableitungen in Frage kommt. Des Weiteren erzeugten bereits kleine Änderungen des Frequenzgehalts oder der Intensität einer Hintergrundstimulation eine robuste PPI. Somit können reflexbasierte Messungen mit überschwelligen Stimuli genutzt werden, um Unterscheidungsschwellen in Versuchstieren zu bestimmen. Diese Herangehensweise stellt also eine vielversprechende Methode dar, um Hörstörungen zu untersuchen, die nach einem Schalltrauma auftreten können. In einem nächsten Schritt könnte sie zur weiteren Charakterisierung von verstecktem Hörverlust beitragen.
Nanoarzneimittel haben in den letzten Jahren in der Therapie verschiedener Erkrankungen immer mehr an Bedeutung gewonnen. Dadurch hat auch die Anzahl zugelassener Arzneimittel mit an Arzneistoffträgern wie Liposomen gebundenen Wirkstoffen zugenommen. Weil für die Zulassung, neben der Wirksamkeit und Unbedenklichkeit, auch die Qualität der neuen Arzneimittel gewährleistet sein muss, spielen die verschiedenen Eigenschaften der Arzneistoffträger eine wichtige Rolle in der Qualitätskontrolle. Neben der Partikelgröße, der Partikelgrößenverteilung und der Oberflächenladung spielt die (Rest-)Kristallinität des Wirkstoffs und die Wirkstofffreisetzung eine wesentliche Rolle für die erfolgreiche in vivo-Performance von Nanoarzneimitteln. Zur Bestimmung der Wirkstofffreisetzung aus kolloidalen Arzneistoffträgern wie Liposomen, Nanopartikeln oder Mizellen gibt es bis heute keine Standardmethoden. In der Forschung und der pharmazeutischen Industrie werden folglich verschiedene Methoden wie Filtration, Zentrifugation oder Dialyse verwendet, um den freigesetzten Wirkstoff zu bestimmen. Dabei ist die Wahl der Separationsmethode auf die Eigenschaften der Arzneistoffträger abzustimmen.
In der vorliegenden Arbeit wurde eine dialysebasierte Apparatur, der Dispersion Releaser (DR), zur Untersuchung der in vitro Wirkstofffreisetzung aus kolloidalen Trägersystemen eingesetzt. Diese kann direkt mit den Apparaturen I/II der Arzneibücher der Europäischen Union (Ph. Eur.) und der Vereinigten Staaten (USP) gekoppelt werden. Zur Untersuchung der Wirkstofffreisetzung wird die Formulierung in das Donorkompartiment gegeben, sodass der freigesetzte Wirkstoff infolge über die Dialysemembran in das Akzeptorkompartiment permeiert. Dort kann dieser mittels HPLC analysiert werden. Besonders hervorzuheben ist das synchrone Rühren in beiden Kompartimenten des DR, worüber andere dialysebasierte Apparaturen nicht verfügen.
Die Entwicklung und Patentierung eines funktionsfähigen Prototyps des DR erfolgte an der Goethe Universität, Frankfurt am Main und wurde im Rahmen dieser Arbeit gemeinsam mit der Pharma Test Apparatebau AG (Hainburg, Deutschland) zu einer kommerziell erwerbbaren Apparatur (Pharma Test Dispersion Releaser, PTDR) weiterentwickelt. Innerhalb dieser Kollaboration wurde der Prototyp des DR unter Einbezug der Anforderungen der pharmazeutischen Industrie rekonstruiert. Eine erleichterte Anwendung für den Nutzer wurde dabei mitberücksichtigt.
Die finale Apparatur wurde zuletzt einer ausgiebigen Validierung unterzogen, bei der Diclofenac und Hydrocortison als Modellarzneistoffe dienten. Neben Untersuchungen zur Hydrodynamik und dem Einfluss der Umdrehungszahl auf die Membranpermeationsrate kM wurde eine Methode mit Gold-Nanopartikeln zur Bestimmung der Dichtigkeit des Systems entwickelt. Hierbei wurden Messungen mit einer UV/Vis-Methode und mit dynamischer Lichtstreuung durchgeführt, um die Abwesenheit der Goldpartikel im Akzeptorkompartiment nachzuweisen. Der Einfluss von Proteinen im Freisetzungsmedium auf die Membran-permeation wurde ebenfalls untersucht.
Der DR wurde ursprünglich zur Untersuchung von parenteralen Nanoformulierungen entwickelt. Aufgrund der bisher noch nicht erfolgten Untersuchung von halbfesten Zubereitungen im DR, wurde die Apparatur im Rahmen dieser Forschungsarbeit für zwei verschiedene Diclofenac-Gele (Voltaren® Emulgel, Olfen® Gel) unter verschiedenen Bedingungen evaluiert. Dabei konnte unter non-sink-Bedingungen der Einfluss der lipophilen Phase des Voltaren® Emulgels (GlaxoSmithKline Consumer Healthcare GmbH & Co. KG, München, Deutschland) gezeigt werden. Im Vergleich zum fettfreien Olfen® Gel (Mepha Pharma AG, Basel, Schweiz) zeigte Voltaren® Emulgel eine vollständige Freisetzung unter den erschwerten Löslichkeitsbedingungen.
Mit Hydrocortison als Modellsubstanz wurden vier verschiedene Proliposomen zur vaginalen An¬wendung formuliert. Neben der Charakterisierung der Partikelgröße und der Verkapselungs¬effizienz wurden Messungen mit dynamischer Differenzkalorimetrie durch-geführt und Aufnahmen zur morphologischen Charakterisierung mittels Transmissions-elektronen¬mikroskopie der Liposomen erstellt. Die Wirkstofffreisetzung des Hydrocortisons aus dem rekonstituierten liposomalen Gel sowie die Permeabilität über eine Zellmonoschicht wurde vergleichend untersucht. Dabei wurden Zelllinien aus humanem Cervixkarzinom beziehungsweise Endometriumkarzinom eingesetzt. Die Unterschiede der Formulierungen konnten vom DR sensitiver erfasst werden und die Verkapselungseffizienz als relevanter Faktor für die in vivo-Performance festgelegt werden.
Weil die tatsächliche Wirkstofffreisetzung durch die Permeation über die Dialysemembran überlagert werden kann, wurde neben der Standardisierung der Konstruktion die Auswertung mit Hilfe eines neuen mathematischen Modells, das auf dem Fick’schen Diffusionsgesetz basiert, verbessert. Das Normalisieren des Freisetzungsprofils mit Hilfe des mathematischen Modells dient dazu, die tatsächliche Wirkstofffreisetzung zu berechnen und den Vergleich verschiedener Freisetzungen ohne den Einfluss der Membranpermeation zu ermöglichen. Im Zuge der Validierung des DR wurde das mathematische Modell ebenfalls erfolgreich validiert.
In der vorliegenden Forschungsarbeit wurde eine neue Konstruktion des DR für die kommerzielle Anwendung entwickelt und validiert. Nebenbei wurde der Auswerteprozess zur Berechnung der diffusionsbereinigten Wirkstofffreisetzung vereinheitlicht und validiert. Zuletzt wurde das Anwendungsgebiet des DR von parenteralen Nanoformulierungen auf halbfeste Arzneiformen erweitert.
Der erste Teil der vorliegenden Arbeit beinhaltet die funktionelle Analyse von fünf Oberflächenproteinen von B. recurrentis die die Fähigkeit besitzen, die Aktivierung von humanen Komplement zu inhibieren und Borrelien vor Bakteriolyse zu schützen. Im zweiten Teil der Arbeit wurden zwei immunologische Testverfahren mit hoher Sensitivität sowie Spezifität entwickelt und mit zahlreichen Patientenseren evaluiert. Die entwickelten Tests könnten in Zukunft als zuverlässige Instrumente für eine gesicherte Diagnose von LRF eingesetzt werden.
Eine Sequenzanalyse führte zur Identifizierung eines neuen Proteinclusters, welches die fünf untersuchten Komplement-inhibierenden Proteine als „Cluster of Complement-targeting and Host-interacting Proteins“ oder „Chi-Gencluster“, zusammenfasst. Diese Oberflächenproteine wurden als ChiA, ChiB, ChiC, ChiD und ChiE bezeichnet. Weiterführende Sequenzanalysen ergaben, dass das Chi-Gencluster extrem hoch konserviert ist und sowohl in den ersten B. recurrentis-Isolaten aus den 1990er Jahren als auch in B. recurrentis-Stämmen nachgewiesen werden konnte, die 2015 aus Patienten isoliert wurden.
Durch funktionelle Analysen konnte gezeigt werden, dass alle fünf Chi-Proteine in der Lage sind den alternativen und terminalen Komplementweg zu inhibieren. Ebenfalls konnte für die Proteine ChiB, ChiD sowie ChiE nachgewiesen werden, dass die Interaktion mit der Komplementkomponente C5 dosisabhängig verläuft.
Die strukturelle Aufklärung des Proteins ChiB ermöglichte es Aminosäuren zu identifizieren, von denen angenommen wurde, dass sie für die Interaktion mit Komplement eine Rolle spielen könnten. Durch in vitro Mutagenese konnten insgesamt fünf verschiedene Varianten von ChiB generiert werden, die jedoch keine Veränderungen in ihrem Komplement-inhibierenden Potential gegenüber dem unveränderten ChiB-Protein aufwiesen. Weder in der Inhibition des alternativen oder des terminalen Komplementweges, noch in der Interaktion mit den untersuchten Komplementkomponenten C3b, C5 und C9.
Weiter konnte gezeigt werden, dass die lytische Aktivität von Humanserum durch Vorinkubation mit ChiB, ChiC, ChiD und ChiE drastisch reduziert werden konnte, sodass Serum-sensible Borrelienzellen in Gegenwart von Komplement überlebten. „Gain-of-function“ B. garinii-Transformanten, welche mit dem entsprechendem Chi-kodierenden Gen transformiert wurden, bestätigten die mit den gereinigten Proteinen erhobenen Ergebnisse.So konnte nachgewiesen werden, dass ChiB-, ChiC- oder ChiD-produzierende „Gain-of-function“ B. garinii Transformanten, nicht jedoch ChiE- produzierende Zellen, in der Lage waren einen Serum-resistenten Phänotypen auszubilden. Für Transformanten, die zwei-, drei- oder vier Chi-Proteine in verschiedenen Kombinationen gleichzeitig produzierten, konnte allerdings die Fähigkeit in Gegenwart von Humanserum zu überleben nicht bestätigt werden.
Molekulare Analysen mit verschiedenen RF-Borrelienstämmen führten zum Nachweis, dass die fünf Chi-kodierenden Gene bei allen Isolaten vorhanden sind und unter in vitro Bedingungen exprimiert werden. Im Gegensatz zu B. recurrentis PAbJ, ließ sich das HcpA kodierende Gen in B. duttonii LAI nicht nachweisen, jedoch alle dem Chi-Cluster zugehörigen Gene. Bei B. duttoni V fehlte das gesamte Chi-Cluster sowie die für CihC- und HcpA-kodierenden Gene. Durch eine Western Blot-Analyse konnte mit spezifischen Antikörpern bestätigt werden, dass die Proteine CihC, HcpA und ChiB in B. recurrentis A17 unter in vitro Bedingungen produziert wurden.
Im zweiten Teil der vorliegenden Arbeit wurden durch die Analyse der IgM- und IgG-Immunreaktivitäten der LRF-Patientenseren zwei Proteine identifiziert, CihC und GlpQ, die als potenzielle Antigene für die Serodiagnostik des LRF evaluiert wurden. Eine initiale Evaluierung des IgM Lineblot-Immmunoassays zeigte jedoch nur eine geringe Sensitivität für die beiden Antigene, während der IgG Lineblot-Immunoassay eine sehr hohe Sensitivität aufwies. Der ELISA hingegen zeigte bei einer Kombination beider Antigene sehr gute Sensitivitäten und Spezifitäten. Um die starke Hintergrundfärbung bei den Lineblot-Immunoassays, welche eine korrekte Bewertung der Reaktivitäten gegenüber CihC erheblich erschwerten, zu minimieren, wurde ein „Epitop-Mapping“ durchgeführt, um immunogene Regionen innerhalb des CihC-Proteins zu lokalisieren. Eine zweite Evaluierung mit dem immunreaktiven N-terminalen CihC-Fragment CihC-N führte zu einer deutlichen Verbesserung der IgG Lineblot-Immunoassays mit einer Sensitivität von 100 % und einer starken Reduktion der Hintergrundfärbung. Zusätzlich konnte die Sensitivität der IgM-ELISA deutlich verbessert werden. Die Verwendung von CihC-N führte beim IgG-ELISA zur Herabsetzung des Cut-off-Wertes und zu einer besseren Unterscheidung zwischen den positiven LRF-Seren und den verwendeten Kontrollseren. Im Rahmen dieser Arbeit konnten somit zwei serologische in vitro Diagnostika entwickelt werden, die als zuverlässige Point-of-Care-Diagnostik in klinischen Studien eingesetzt werden könnten. Zur Steigerung der Sensitivität des IgM-Lineblot-Immunoassays sollten allerdings weiterführende Untersuchungen mit weiteren immunreaktiven Antigenen, wie z.B. den Vmp-Proteinen von B. recurrentis, angestrebt werden.
Im Rahmen dieser Arbeit wurde die schnelle Energietransfer- (EET) und Elektronentransfer (ET)-Dynamik unterschiedlichster Quantenpunkte (QD) spektroskopisch untersucht. Die untersuchten Systeme bestanden in den meisten Fällen aus Donor-Akzeptor-Paaren, bei denen die Halbleiternanokristalle als Donor fungierten. Der Fokus lag dabei auf der gezielten Anpassung des Donors, um die optimale Funktionalität zu erreichen. Die Untersuchung der Nanokristalle erstreckte sich daher von einfachen Kernen über verschiedene Kern-Schale-Partikel bis hin zu völlig anderen Strukturen wie Nanoplatelets (NPL). Als Akzeptor wurden eine Vielzahl von Molekülen verwendet, die sich als Elektronen- und/oder Energieakzeptoren für die verschiedenen QDs eignen.
Auf der Oberfläche von Erythrozyten, Thrombozyten und Neutrophilen befinden sich mehrere hundert verschiedene polymorphe, ungekoppelt vererbte Blutgruppenantigene. Dementsprechend birgt jede Bluttransfusion das Risiko einer Immunisierung gegen fremde Blutgruppenmerkmale. Auch während der Schwangerschaft können aufgrund väterlich vererbter Antigene Alloantikörper induziert werden. Deshalb muss das Blut vor jeder Transfusion oder während einer Schwangerschaft auf das Vorhandensein irregulärer erythrozytärer Antikörper untersucht werden. Dabei greifen die aktuellen diagnostischen Verfahren auf primäre, stabilisierte Testerythrozyten von Blutspendern zurück, deren relevante Blutgruppenantigene bekannt sind. Antikörperspezifitäten können anhand von Agglutinationsreaktionen der Testzellen mit dem zu untersuchenden Patientenplasma auf ein oder mehrere Antigene zurückgeführt werden. Ist jedoch ein Antikörper gegen ein häufiges, ein hochfrequentes oder ein nicht-polymorphes, ubiquitäres Antigen gerichtet, kann in Ermangelung Antigen-negativer Testzellen keine adäquate Diagnostik gewährleistet, die Verträglichkeit der Transfusion also nicht definitiv sichergestellt werden. Auch der medizinische Einsatz therapeutischer Antikörper, welche Antigene adressieren, die auch auf Erythrozyten exprimiert werden, führt zunehmend zu Problemen. Tests auf granulozytäre Antikörper sind mangelhaft bezüglich ihrer Robustheit, besitzen eine unzureichende Auflösung und sind zudem meist zeitaufwändig und daher teuer. Antikörper gegen humane Plättchenantigene spielen insbesondere in der Schwangerschaft eine Rolle; sie vermögen bei Neugeborenen thrombozytopenische Blutungen bis hin zu massiven Hirnblutungen zu verursachen, die zu schweren Entwicklungsstörungen führen können. Bisher erfolgt jedoch mangels geeigneter Reagenzien keine standardisierte pränatale Untersuchung auf thrombozytäre Antikörper. In dieser Arbeit wurde ein neuartiges Verfahren für die Identifikation und Differenzierung irregulärer Blutgruppenantikörper etabliert, welches auf gentechnisch hergestellten, xenogenen Testzellen basiert, die einzelne definierte humane Blutgruppenantigene auf ihrer Oberfläche präsentieren. Die nicht humanen Zellen co exprimieren Fluorochrome, anhand derer Antikörper-markierte Testzellen durchflusszytometrisch voneinander unterscheidbar sind. Weiterhin können die generierten Testzellen zur Depletion von Antikörpern aus polyagglutinierenden Plasmen unter Erhalt der anderen Antikörperspezifitäten verwendet werden. Diese Technologie könnte die konventionelle Diagnostik erheblich erleichtern und bietet zudem die Möglichkeit, therapeutische Antikörper (wie z. B. anti-CD38, anti CD47, etc.), die häufig zu Interferenzen mit der Routinediagnostik führen, spezifisch prädiagnostisch aus Patientenproben zu entfernen.
In Vorarbeiten wurde gezeigt, dass der Kaliumkanal Slack an der Verarbeitung neuropathischer Schmerzen funktionell beteiligt ist und dass das klassische Neuroleptikum Loxapin Slack-abhängig neuropathisches Schmerzverhalten im Mausmodell lindert (Lu et al. 2015).
Ausgehend von Loxapin als Leitstruktur wurden in der vorliegenden Arbeit im FluxOR™ Kaliumkanal-Assay an Slack-transfizierten HEK-Zellen insgesamt 68 neue Loxapin-Derivate gescreent. Hierbei wurden 23 Substanzen mit Slack-aktivierenden Eigenschaften identifiziert, von denen VHP93, VH408 und VH425 weiter in vivo untersucht wurden. Dabei zeigten Mäuse nach systemischer Gabe von VHP93 ein reduziertes Verhalten in einem Modell für neuropathische Schmerzen. Dem gegenüber wurde durch VH408 das Verhalten im neuropathischen Schmerzmodell nicht beeinflusst.
Des Weiteren konnte in dieser Arbeit gezeigt werden, dass durch eine Slack-Aktivierung nicht nur neuropathisches Schmerzverhalten gehemmt wird, sondern auch die Kratzreaktionen im Chloroquin-Modell des Histamin-unabhängigen Juckreizes reduziert werden können.
Neben Slack wurde in dieser Arbeit auch die Gewebsexpression und funktionelle Bedeutung des eng mit Slack verwandten Kaliumkanals Slick charakterisiert. Expressionsanalysen ergaben, dass Slick überwiegend in dünn myelinisierten A-delta-Fasern und inhibitorischen Interneuronen im Dorsalhorn des Rückenmarks lokalisiert ist. Tierexperimentelle Untersuchungen zeigten, dass Slick-Knockout-Mäuse ein erhöhtes Schmerzverhalten nach thermischer Stimulation aufwiesen. Außerdem wurde bei Slick-Knockout-Mäusen in der späten Phase des Capsaicin- und Formalin-Tests ein signifikant erhöhtes Leckverhalten verzeichnet. Die Ergebnisse dieser Arbeit liefern somit Hinweise auf eine funktionelle Beteiligung von Slick bei der Detektion von Hitzeschmerzen und bei der TRPV1- und TRPA1-vermittelten Schmerzantwort. Zusammengefasst zeigen diese Daten, dass Slick vorrangig an der Verarbeitung thermischer und chemischer Noxen beteiligt ist und dabei eine antinozizeptive Funktion ausübt.
Untersuchungen zur Bedeutung selektiver Autophagie für Alterungsprozesse von Podospora anserina
(2022)
Das Ziel der vorliegenden Arbeit war, die Funktion und die Rolle von Autophagie-assoziierten Proteinen im Alternsmodell Podospora anserina zu untersuchen und einen Einblick in die nicht-selektive Autophagie, die Mitophagie und die Bildung und den Abbau von Autophagosomen im Zusammenhang zur Alterung von P. anserina zu analysieren. Dabei wurden folgende Erkenntnisse erhalten:
1. Die Untersuchungen zu ΔPaAtg8 bestätigen, dass die PaATG8-abhängige Autophagosomenbildung zur Aufrechterhaltung der Lebensspanne benötigt wird. In ΔPaAtg8 kommt es zu einem Verlust der nicht-selektiven Autophagie. Die Mitophagie hingegen ist auch ohne PaATG8 partiell möglich und es liegt ein PaATG8-unabhängiger Abbau von mitochondrialen Proteinen in P. anserina vor.
2. In P. anserina ist PaATG11 an der nicht-selektiven Autophagie beteiligt und auch die Mitophagie erfolgt in Abhängigkeit dieses Gerüstproteins. Während der PaAtg11-Deletionsstamm unter Normalbedingungen keinen zum Wildtyp veränderten Phänotyp zeigt, führt eine Kultivierung auf M2-Medium mit Glycerin als einziger Kohlenstoffquelle zu einer starken Verkürzung der Lebensspanne. Eine mikroskopische Untersuchung der Mitochondrien zeigte, dass im juvenilen Altersstadium von ΔPaAtg11 stark fragmentierte Mitochondrien vorliegen. Während der Alterung normalisiert sich die Mitochondrienmorphologie wieder. Der mitochondriale Funktionsverlust wird möglicherweise von den fragmentierten Mitochondrien ausgelöst, denn eine Kultivierung von älteren ΔPaAtg11-Stämmen auf M2-Medium mit Glycerin führt zu einer Normalisierung der Lebensspanne.
3. Die initialen Untersuchungen zur ΔPaAtg11/ΔPaAtg24-Doppelmutante zeigen, dass es bei der Kultivierung unter Normalbedingungen zu einem additiven Effekt der beiden Genverluste kommt. Bei der Anzucht auf M2-Medium mit Glycerin hingegen kann eine im Vergleich zum ΔPaAtg11-Stamm längere Lebensspanne festgestellt werden. Die Mikroskopie der Mitochondrien in ΔPaAtg11/ΔPaAtg24 zeigt, dass im juvenilen Alter zum Wildtyp vergleichbare filamentöse Mitochondrien vorhanden sind.
4. In P. anserina ist PaATG24 kein Mitophagierezeptorprotein, da im PaAtg24-Deletionsstamm eine Beeinträchtigung der nicht-selektiven Autophagie vorliegt. Auch die Mitophagie ist in diesem Stamm geschädigt. Die mikroskopische Betrachtung der Mitochondrien zeigt keinen Unterschied zum Wildtyp. Bei der Untersuchung zur Mitochondrienfunktion durch M2-Medium mit Glycerin ist wie unter Normalbedingungen eine verkürzte Lebensspanne feststellbar.
5. Der Abbau von GFP::PaATG8 ist in der PaAtg24-Deletionsmutante signifikant verringert und es kommt zu einer Akkumulation von Autophagosomen, somit liegt in diesem Stamm eine Beeinträchtigung des autophagosomalen Flusses vor. Bei der mikroskopischen Untersuchung von PaATG24 zeigt sich, dass dieses Protein in P. anserina im Bereich der Vakuolen lokalisiert ist. Die Analyse der Vakuole-Autophagosomen-Fusion zeigt jedoch, dass dieser Mechanismus unabhängig von PaATG24 ist. Die Vakuolenmorphologie und Vakuolengröße ist in ΔPaAtg24 beeinträchtigt und dadurch kommt es zu dem beobachteten Defekt der nicht-selektiven und selektiven Autophagie.
Die oxygene Photosynthese bildet den Grundpfeiler des heutigen Ökosystems unseres Planeten. Neben den gut untersuchten Landpflanzen bilden Mikroalgen eine äußerst bedeutende Organismengruppe der phototrophen Lebewesen. Zu den Mikroalgen zählen die Diatomeen, welche sich beispielsweise durch eine Silikatschale und spezielle Lichtsammelkomplexe auszeichnen und für einen Großteil der marinen Primärproduktion verantwortlich sind. Die stoffwechselphysiologischen Grundlagen des ökologischen Erfolgs der Kieselalgen sind bislang noch unzureichend erforscht. Ein Vertreter der zentrischen Diatomeen, Cyclotella, wurde bereits zur Jahrtausendwende zur biochemischen Charakterisierung der Diatomeen Photosynthese verwendet (Eppard und Rhiel, 1998; Eppard und Rhiel, 2000), das Genom des Organismus aber erst vor kurzem sequenziert (Traller et al., 2016). Die Sequenzierung des Genoms konnte einige Gene für Lichtsammelproteine identifizieren, die Homologie zu den LhcSR-Proteinen aus C. reinhardtii aufweisen, welche nachweislich eine photoprotektive Funktion besitzen (Peers et al., 2009). Diese sogenannten Lhcx-Proteine der Diatomeen sind in den zwei Gruppen der Kieselalgen, den zentrischen und pennaten Diatomeen zu finden, unterscheiden sich aber in ihren jeweiligen Lhcx-Kandidaten. So können in der pennaten Diatomee P. tricornutum vier lhcx-Gene ausgemacht werden, während die zentrische Kieselalge T. pseudonana sechs lhcx-Gene besitzt und C. cryptica vier verschiedene lhcx-Kandidaten genomisch aufweist (Armbrust et al., 2004; Bowler et al., 2008; Traller et al., 2016). Die beschriebenen Diatomeen weisen alle eine Homologie im Lhcx1 auf, während sich die übrigen Lhcx-Kandidaten zwischen pennaten und zentrischen Diatomeen unterscheiden. Ein zwischen T. pseudonana und C. cryptica konserviertes Lhcx ist das Lhcx6_1, welches 2011 das erste Mal massenspektrometrisch an Photosystemen von T. pseudonana nachgewiesen wurde (Grouneva et al., 2011) und in weiteren Massenspektrometrie-gestützten Untersuchungen in beiden zentrischen Diatomeen an Photosynthese-Komplexen gefunden werden konnte (Gundermann et al., 2019; Calvaruso et al., 2020). Die Funktion des Lhcx6_1 ist bislang unklar.
Diese Arbeit konnte das Lhcx6_1 aus C. meneghiniana charakterisieren und Antikörper-gestützt genauer lokalisieren, eine nicht dynamische Phosphorylierung der Thylakoidmembran-Proteine der zentrischen Diatomee nachweisen und die molekularbiologische Zugänglichkeit des Organismus optimieren. qRT-PCR gestützte Expressions-Analysen konnten eine unerwartete Expression des lhcx6_1-Gens aufdecken. Dieses weist, im Vergleich zum Lhcx1, keine Starklicht induzierte Expression auf. Die Expression des Gens konnte nach wenigen Stunden Schwachlicht als maximal bestimmt werden, während sie im Starklicht abnimmt. Das Muster der Genexpression glich im Schwachlicht eher der des lhcf1-Gens. Die Sequenzierung des lhcx6_1 aus C. meneghiniana identifizierte eine verlängerte N-terminale Sequenz des Proteins, welche Homologie zu den minoren Antennen aus A. thaliana besitzt und Teil des reifen Proteins ist. Mittels eines C-terminalen Epitops wurde ein Antikörper gegen das Lhcx6_1 entworfen, welcher das Protein in C. meneghiniana spezifisch nachweisen kann. Die Isolation von Thylakoidmembranen der zentrischen Diatomee und weitergehende Aufreinigung mittels Saccharosedichtegradienten und lpBN-PAGE konnten die Lokalisation des Lhcx6_1 eingrenzen. Das Protein zeigt dabei keine Unterschiede in seiner Lokalisation nach Inkubation in Schwach-, Stark- und Fernrot-Licht und ist vorrangig mit Photosystem I assoziiert. In geringerer Menge konnte es zudem an Photosystem II nachgewiesen werden, während der immunologische Nachweis in Lichtsammelkomplexen (FCPs) minimale Mengen erbrachte. Ferner konnte eine Phosphorylierung des Lhcx6_1 an Threonin-Resten nachgewiesen werden, während die meisten anderen Thylakoidmembran-Proteine mittels Phospho-Serin Antikörper detektiert werden konnten. Weder die Phosphorylierung des Lhcx6_1, noch der anderen Thylakoidmembran-Proteine, zeigt eine dynamische Regulation, im Stile einer state-transition ähnlichen Kinase auf. Die Qualität des Umgebungslichts führte zu keinerlei Unterschieden in Phosphorylierungsmustern. Weiterführende Untersuchungen der Lhcx6_1-Phosphorylierung mittels Phos-tag PAGE identifizieren eine unphosphorylierte und eine einfach phosphorylierte Form des Proteins. Dabei kann an PSI ausschließlich die phosphorylierte Version des Lhcx6_1 gefunden werden. Im Zuge der Arbeit konnte zudem erstmalig die Elektroporation und Konjugation für C. meneghiniana als Transformations-Methoden etabliert werden, während das Protokoll für die biolistische Transformation optimiert wurde. Die Elektroporation erbrachte die höchste Transformationseffizienz. Molekularbiologische Unterfangen eines Lhcx6_1-Knockdowns mittels Antisense-RNA erzielten zunächst, aufgrund der starken Gegenregulation der Diatomee, keinen Erfolg...
In welchen Situationen steht ein Tier unter Stress und wie beeinflusst Stress dessen Wohlbefinden? Dies sind die Kernfragen, mit denen Zoos konfrontiert sind, wenn es darum geht, den Bedürfnissen ihrer Tiere gerecht zu werden. Die Beantwortung dieser Fragen ist jedoch angesichts der großen individuellen Variabilität des Inputs, der Stress hervorrufen kann,und des Outputs, der das Wohlbefinden bestimmt, eine Herausforderung. Um diese Herausforderung zu meistern, brauchen Zoos Kenntnisse darüber, welche Haltungsbedingungen und Managementsituationen Verhaltens-, physiologische oder emotionale Veränderungen hervorrufen, sowohl positive als auch negative. Dies trifft insbesondere auf Arten zu, die aufgrund ihrer Biologie und des großen öffentlichen Interesses große Anforderungen an das Management in Menschenobhut stellen, wie den Afrikanischen Elefanten. Die vorliegende Arbeit hatte daher das Ziel, unter Berücksichtigung der individuellen Variation die Auswirkungen bestimmter Managementsituationen auf physiologischen Stress und das Wohlbefinden der Tiere zu evaluieren.
Für diese Arbeit wurden zehn Afrikanische Elefanten aus drei Zoos im Rahmen eines Experiments in 2016 und 2017 mehrmals untersucht. Dieses Experiment umfasste zum einen die Messung von physiologischem Stress auf der Basis der Konzentration des „Stresshormons“ Cortisol im Speichel der Elefanten. Zu diesem Zweck wurden an bestimmten Tagen und zu folgenden Zeitpunkten Speichelproben entnommen: morgens, nachmittags vor und mehrmals nach einer von zwei Managementsituationen (positives Verstärkungstraining [PRT] und neuartiges Enrichmentobjekt [NOV]). Zum anderen diente die Exposition gegenüber dem neuartigen Enrichmentobjekt als sogenannter Novel Object Test. Dieser Standardtest der Persönlichkeitsforschung bei Tieren deckte bei anderen Arten konsistente Verhaltensunterschiede zwischen Individuen auf. Um zu untersuchen, ob dies auch auf Afrikanische Elefanten zutrifft, wurden die individuellen Verhaltensreaktionen auf das neuartige Objekt aufgezeichnet. Darüber hinaus wurden unabhängig von dem Experiment vor und nach einem Transport jeweils morgens und nachmittags Speichelproben von dem transferierten Tier und von zwei Tieren im Bestimmungszoo gesammelt, um den Effekt dieses potenziellen Stressors auf die individuellen Cortisolspiegel zu untersuchen.
Publikation A zeigt, dass die Elefanten unter den Bedingungen des Routinemanagements (das heißt dem routinemäßigen Tagesablauf der Tierpflege) am Morgen signifikant höhere Cortisolwerte im Speichel aufwiesen als am Nachmittag. Diese diurnale Variation der Cortisolsekretion ist typisch für tagaktive Arten und wurde daher auch für die untersuchten Elefanten erwartet. Unter Stressbedingungen wurde weder ein signifikanter Unterschied zwischen den Cortisolspiegeln vor und nach dem Transport noch zwischen den Cortisolwerten am Morgen und am Nachmittag festgestellt. Der prozentuale Unterschied zwischen dem morgendlichen und nachmittäglichen Cortisolspiegel war jedoch beim transferierten Tier nach dem Transport wesentlich geringer als vor dem Transport, was möglicherweise auf eine Stressreaktion auf den Transport und die Eingewöhnung im neuen Zoo hindeutet. Darüber hinaus zeigten sich deutliche Cortisolanstiege unmittelbar nach der ersten Zusammenführung des transferierten Tiers mit dem Bullen im neuen Zoo. Dieses Ergebnis demonstriert zum einen, dass Cortisol physiologischen Stress widerspiegelt. Zum anderen zeigt es die Notwendigkeit, zeitnah nach einem Stressor Speichelproben zu entnehmen, was nach dem Transport nicht möglich war.
Die Studie in Manuskript B zeigt unterschiedliche durchschnittliche Zeitverläufe der Cortisolantworten im Speichel auf die Managementsituationen PRT und NOV. PRT könnte aufgrund des beobachteten cortisolsenkenden und damit potenziell stresspuffernden Effekts förderlich für das Wohlbefinden sein. NOV induzierte im Mittel eine moderate, kurzfristige Cortisolantwort. Dies deutet darauf hin, dass die Tiere geringem physiologischem Stress ausgesetzt waren, mit dem sie jedoch erfolgreich umgehen konnten. Außerdem bestand eine bemerkenswerte individuelle Variation in den Cortisolverläufen in derselben Situation. Die Unterschiede im Cortisolspiegel zwischen den Tieren hingen mit dem Alter (bei NOV) und dem Zoo (bei PRT) zusammen. Der Effekt des Geschlechts und des Haltungssystems auf den Cortisolspiegel war hingegen variabel. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die individuelle Variation der Cortisolsekretion unbedingt berücksichtigt werden muss, um physiologischen Stress zuverlässig zu erkennen.
Die Studie in Manuskript C ergab, dass sich die untersuchten Tiere im Novel Object Test konsistent in ihrem Verhalten gegenüber einem neuartigen Objekt unterschieden. Dieses Ergebnis zeigt, dass der Novel Object Test auch bei Elefanten genutzt werden kann, um die Persönlichkeit der Tiere zu untersuchen...
Im Rahmen dieser Arbeit wurden verschiedene metabolische Anpassungsmechanismen des humanpathogenen Bakteriums Acinetobacter baumannii an seinen Wirt untersucht. Im ersten Teil wurde die Rolle von verschiedenen Trimethylammoniumverbindungen (Cholin, Glycinbetain und Carnitin) und den zugehörigen Aufnahmesystemen, sowie ihren Stoffwechselwegen während dieses Prozesses analysiert. Für die Analyse der Transportsysteme wurde eine markerlose Vierfachmutante (Δbcct) von A. baumannii generiert, sodass alle bekannten Transportsysteme für die genannten Verbindungen deletiert vorlagen. Wachstumsversuche mit dieser Mutante zeigten, dass es in A. baumannii keine weiteren Transporter für die Aufnahme von Cholin gibt, jedoch weitere primär aktive oder sekundär aktive Transporter für die Aufnahme von Glycinbetain. Weiterhin konnten innerhalb dieser Arbeit die KM-Werte der Transporter bestimmt werden. Verschiedene Virulenz- und Infektionsanalysen führten zu dem Schluss, dass die Transporter keine Rolle bei der Virulenz von A. baumannii spielen. In Genomanalysen konnten die Gene, die für die Enzyme des Oxidationsweges von Cholin zu Glycinbetain kodieren identifiziert werden (Cholin-Dehydrogenase (betA), GlycinbetainAldehyd-Dehydrogenase (betB) und ein potenzieller Regulator (betI)). Es wurden Deletionsmutanten innerhalb dieses Genclusters generiert, mit dessen Hilfe gezeigt werden konnte, dass Cholin unter Salzstress ausschließlich als Vorläufer für das kompatible Solut Glycinbetain fungiert und nicht als kompatibles Solut von A. baumannii genutzt werden kann. Virulenz- und Infektionsstudien mit den Deletionsmutanten zeigten, dass der Cholin-Oxidationsweg keine Rolle bei der Virulenz von A. baumannii spielt.
Die Cholin-Dehydrogenase BetA wurde zusätzlich in E. coli produziert und anschließend mittels NiNTA-Affinitätschromatographie aufgereinigt. Die biochemische Charakterisierung des Enzyms zeigte, dass BetA membranständig ist und die höchste Aktivität bei einem pH-Wert von 9,0 hat. Salze wie NaCl oder KCl hatten keinen Effekt auf die Aktivität des Enzyms, während Glutamat die Aktivität stimulierte.
Weiterhin konnte FAD als Cofaktor identifiziert werden und der KM-Wert ermittelt werden. Zudem konnte gezeigt werden, dass die Oxidation von Cholin zu Glycinbetain unter isoosmotischen Bedingungen zu einem Anstieg der ATP-Konzentration in A. baumannii-Zellsuspensionen führt und damit, dass Cholin als alternative Energiequelle genutzt wird. Das Phospholipid Phosphatidylcholin konnte als natürliche Cholinquelle identifiziert werden. Eine Rolle der Phospholipasen D bei der Abspaltung der Cholin-Kopfgruppe des Phosphatidylcholins konnte ausgeschlossen werden. Die Gene für die Oxidation von Cholin zu Glycinbetain werden ausschließlich in Anwesenheit von Cholin exprimiert, jedoch unabhängig von der extrazellulären Salzkonzentration. Diese Studien zeigten, dass der Cholin-Oxidationsweg eine Rolle in der metabolischen Adaptation von A. baumannii an den Wirt spielt. Phosphatidylcholin kann hier als natürliche Cholinquelle im Wirt genutzt werden, da die Wirtsmembranen aus bis zu 70 % Phosphatidylcholin bestehen. Transportstudien mit Carnitin führten zu dem Schluss, dass der Transporter Aci01347 aus A. baumannii neben Cholin ebenfalls Carnitin transportiert. Wachstumsversuche mit einer aci01347-Mutante bestätigen, dass Aci01347 essenziell für die Aufnahme und anschließende Verwertung von Carnitin als Kohlenstoffquelle ist. Es konnte weiterhin gezeigt werden, dass das Transportergen mit essenziellen Genen für den Carnitin-Abbau in einem Operon liegt. Für die Analyse des Abbauweges von Carnitin wurden markerlose Deletionsmutanten innerhalb des Operons generiert. In Wachstumsstudien mit diesen Mutanten konnte der Abbauweg aufgeklärt werden und der Regulator des Operons identifiziert werden. Carnitin wird hier über Trimethylamin und Malat-Semialdehyd zu D-Malat umgewandelt und anschließend über Pyruvat in den TCA-Zyklus eingespeist. Der Regulator wurde zusätzlich in E. coli produziert und mittels Ni-NTA-Affinitätschromatographie aufgereinigt. Mithilfe von EMSA-Studien konnte die Bindestelle des Regulators auf eine 634 Bp lange DNA-Sequenz stromaufwärts des CarnitinOperons eingegrenzt werden. Durch Transkriptomanalysen konnte gezeigt werden, dass bei Wachstum mit Acetylcarnitin, Carnitin und D-Malat die Expression des Carnitin-Operons induziert wurde. Darüber hinaus wurden die Gene konservierter Aromatenabbauwege wie z. B. des Homogentisatweges, des Phenylacetatweges und des Protocatechuat-Abbaus, verstärkt exprimiert. In G. mellonellaVirulenzstudien konnte eine Rolle des Abbaus von Carnitin bei der Virulenz von A. baumannii nachgewiesen werden. Zusätzlich konnte dieser Effekt dem entstehenden Trimethylamin zugesprochen werden...
Weltweit werden etwa 17% aller Infektionskrankheiten von Vektoren auf den Menschen übertragen. Dabei dienen meist blutsaugende Arthropoden wie Stechmücken, Zecken oder Sandfliegen als Überträger von Bakterien, Viren oder einzelligen Parasiten. Zur letzteren Gruppe gehört auch der protozoische Erreger der Chagas-Krankheit Trypanosoma cruzi. Er wird von hämatophagen Triatominae, einer Unterfamilie der Raubwanzen (Hemiptera: Reduviidae) während der Blutmahlzeit an einem infizierten Säugerwirt aufgenommen, durchläuft komplexe Entwicklungsschritte im intestinalen Trakt der triatominen Insekten und wird anschließend über den Fäzes und Urin der Wanzen abgegeben. Die Infektion des nächsten Wirts erfolgt dann durch das versehentliche Einreiben der Erreger in die Stichwunde oder auf Schleimhäute. Auch eine Infektion über die orale Aufnahme von kontaminierter Nahrung, Mutter-Kind-Infektionen und die Übertragung durch Blutkonserven und Organtransplantate sind möglich. Die Chagas‑Krankheit, oder auch Amerikanische Trypanosomiasis, ist insbesondere in Mittel- und Südamerika verbreitet und betrifft nach Schätzungen der WHO 6 bis 7 Millionen Menschen. Infolge von globaler Immigration und erhöhtem Reiseverkehr treten jedoch in den letzten Jahrzehnten auch vermehrt Fälle in Europa, den USA, Kanada und den westlichen Pazifikstaaten auf. Da dort bislang geeignete Vektoren fehlen, kommt es außerhalb des lateinamerikanischen Kontinents nicht zu vektorübertragenen Infektionen. Dies könnte sich jedoch im Zuge des Klimawandels und einer voranschreitenden Globalisierung ändern, sollte der Ausbreitung der Chagas-Krankheit eine Ausbreitung ihrer triatominen Vektoren folgen.
Inwieweit Triatominae unter heutigen Bedingungen klimatisch geeignete Habitate außerhalb des amerikanischen Kontinents finden, wurde innerhalb des ersten Projekts der vorliegenden Dissertation untersucht. Dazu wurde mit Hilfe der ökologischen Nischenmodellierung und Vorkommensdaten verschiedener vektorkompetenter Raubwanzenarten sowie klimatischer Umweltvariablen die klimatische Eignung verschiedenster Lebensräume modelliert und global projiziert. Es zeigte sich, dass insbesondere tropische und subtropische Gebiete Afrikas sowie Ost- und Südostasiens zwischen 21° nördlicher Breite und 24° südlicher Breite für viele triatomine Vektorarten geeignete Bedingungen aufweisen. Auffällig ist dabei insbesondere die Art Triatoma rubrofasciata, welche nachweislich bereits in Südchina, Vietnam und weiteren Ländern Afrikas und Asiens gefunden wurde. Die Modellierung
offenbarte, dass weitere ausgedehnte Teile der Küstenregionen Afrikas und Südostasiens als für T. rubrofasciata klimatisch geeignet angesehen werden müssen. Eine weitere Ausbreitung dieser Art ist demnach äußerst wahrscheinlich und stellt bislang das größte Risiko autochthon übertragener Chagas-Infektionen außerhalb des amerikanischen Kontinents dar. Es konnten außerdem zwei triatomine Arten identifiziert werden, namentlich T. infestans und T. sordida, welche in gemäßigten Klimazonen geeignete Habitate finden. Zu diesen gehören beispielsweise Neuseeland und Teile Australiens, aber auch südeuropäische Länder wie Spanien, Italien, Griechenland und Portugal. Da mit einer Ausweitung der klimatisch geeigneten Gebiete infolge des sich verändernden Klimas zu rechnen ist, wäre ein Monitoring der Vektoren, wie es bereits in Südchina etabliert ist, aber insbesondere die Einführung der Meldepflicht für Amerikanische Trypanosomiasis in diesen Regionen sinnvoll. Die Ergebnisse der Studie zeigen deutlich, dass die bisher vernachlässigte Tropenkrankheit Chagas nicht allein ein Problem des lateinamerikanischen Kontinents ist, sondern deren Erforschung vielmehr weltweit Beachtung finden sollte.
So konzentrierten sich die folgenden Forschungsprojekte der Promotion verstärkt auf die Mechanismen, welche die Entwicklung und Transmission des Parasiten und die Interaktion mit seinen Vektoren betreffen. Von besonderem Interesse waren dabei die ökologischen Prozesse, welche bei der Kolonisation des Darmtrakts der Vektoren durch T. cruzi ablaufen und essentiell für die Proliferation und damit die Übertragung des Parasiten sind. Eine entscheidende Rolle spielen dabei die mit dem Vektor assoziierten Mikroorganismen und ihre funktionellen Fähigkeiten – zusammengefasst als Mikrobiom bezeichnet. Dieses erfüllt wichtige physiologische Funktionen des Insekts und kann beispielsweise das Immunsystem und die Detoxifikation beeinflussen. Um die Veränderungen der organismischen Zusammensetzung und der funktionellen Kapazitäten, welche die Infektion mit dem Pathogen im Darmtrakt der Vektoren auslösen, zu untersuchen, wurde ein metagenomischer Shotgun Sequenzierungsansatz gewählt. Die daraus resultierenden Datensätze wurden anschließend bioinformatisch ausgewertet und auf ihre mikrobielle Zusammensetzung und metabolischen Fähigkeiten hin untersucht. Es zeigte sich zunächst, dass das Bakterium Rhodococcus rhodnii, welches lange als alleiniger echter Symbiont des untersuchten Vektors Rhodnius prolixus galt, in seiner Funktionalität nicht einzigartig im Mikrobiom des Insekts ist. ...
1. Das Wachstum und die Fähigkeit zur Butyratproduktion von E. callanderi KIST612 wurde in geschlossenen Batch-Kulturen mit den Substraten Glukose, Methanol, Formiat, H2 + CO2 und CO untersucht. E. callanderi KIST612 zeigte sich nur bei Wachstum auf 20 mM Glukose oder 20 mM Methanol in der Lage, Butyrat in größeren Mengen (3,7 – 4,3 mM) zu produzieren. Das Hauptprodukt bei allen untersuchten Wachstumssubstraten war jedoch Acetat.
2. In bioinformatischen Analysen des Genoms von E. callanderi KIST612 konnte nur eine A1AO-ATP-Synthase gefunden werden, welche eine V-typ c-Untereinheit bestehend aus 4 TMH‘s mit nur einer Na+-Bindestelle aufweist. Diese konnte aus gewaschenen Membranen von E. callanderi durch Saccharose-Dichtegradientenzentrifugation, Anionenaustausch-Chromatographie (DEAE) sowie einer Größenausschluss-Chromatographie (Superose 6) bis zur apparenten Homogenität gereinigt werden. Nach Produktion einzelner Untereinheiten (A, B, C, D, E, F und H) in E. coli und Generierung von Antikörpern, konnten alle Untereinheiten (A, B, C, D, E, F, H, a sowie c) in der gereinigten Enzympräparation immunologisch oder mittels „Peptide-Mass-Fingerprinting“ nachgewiesen werden. Es konnte somit erstmals eine A1AO-ATP-Synthase aus einem mesophilen Organismus ohne Verlust von Untereinheiten gereinigt werden.
3. Der Gesamtkomplex wies unter nativen Bedingungen eine molekulare Masse von ca. 670 kDa auf. In elektronenmikroskopischen Aufnahmen zeigte sich anhand der hantelförmigen Strukturen, dass die A1AO-ATP-Synthase als intakter Gesamtkomplex gereinigt werden konnte.
4. Die gereinigte A1AO-ATP-Synthase wurde zunächst anhand ihrer ATP-Hydrolyse-Aktivität biochemisch charakterisiert. Die ATP-Hydrolyse-Aktivität hatte ein pH-Optimum von 7 – 7,5 und ein Temperaturoptimum bei 37 °C. Durch Messung der ATPase-Aktivität in Abhängigkeit von verschiedenen Mengen an Na+ konnte die vorhergesagte Na+-Abhängigkeit des Enzyms nachgewiesen werden. Zudem zeigten Hemmstoffexperimente mit DCCD, dass dieser Inhibitor mit Na+ um die gemeinsame Bindestelle in der c-Untereinheit konkurriert. Dies bestätigte nochmals, dass das Enzym funktionell gekoppelt gereinigt werden konnte.
5. Zur weiteren Untersuchung der Ionenspezifität wurde der an die ATP-Hydrolyse gekoppelte Ionentransport durch Rekonstitution des Enzyms in Liposomen und anschließender Messung des Na+- oder H+-Transports gemessen. In den Proteoliposomen konnte mit Hilfe von 22Na+ gezeigt werden, dass das Enzym Natriumionen translozieren kann. Während in Anwesenheit des Natriumionophors ETH 2120 kein 22Na+-Transport beobachtet werden konnte, führte die Anwesenheit des Protonophors TCS zu einer geringfügigen Stimulation der 22Na+-Translokation. Insgesamt konnte ein primärer Na+-Transport nachgewiesen werden, welcher von der A1AO-ATP-Synthase aus E. callanderi katalysiert wird.
6. Durch Rekonstitution der A1AO-ATP-Synthase aus E. callanderi in Liposomen konnte erstmals biochemisch nachgewiesen werden, dass ein solches Enzym trotz seiner V-Typ c-Untereinheit in der Lage ist, ATP zu synthetisieren. Durch die Zugabe von Ionophoren (ETH 2120 und TCS) konnte der elektrochemische Ionengradient aufgehoben werden, wodurch keine ATP-Synthese beobachtet werden konnte. Der erstmalige Nachweis der ATP-Synthese wurde bei einem ΔµNa+ von 270 mV erbracht.
7. Die ATP-Synthese zeigte sich ebenfalls abhängig von der Na+-Konzentration. Der KM-Wert lag bei 1,1 ± 0,4 mM und war vergleichbar mit dem für die ATP-Hydrolyse ermittelten Wert. Ebenso konnte für die ATP-Synthese-Richtung gezeigt werden, dass DCCD mit Na+ um die gemeinsame Bindestelle in der c-Untereinheit konkurriert.
8. Um den biochemischen Nachweis zu erbringen, dass die A1AO-ATP-Synthase auch unter physiologisch relevanten Potentialen zur ATP-Synthese befähigt ist, wurde der energetische Schwellenwert der ATP-Synthese bestimmt. Dieser betrug 87 mV als Triebkraft für ΔpNa, 94 mV als Triebkraft für Δψ und 90 mV als Triebkraft für ΔµNa+. Erstaunlicherweise konnte die ATP-Synthese der A1AO-ATP-Synthase aus E. callanderi KIST612 sowohl durch Δψ als auch ΔpNa angetrieben werden. Unterschiedliche Kombinationen von Δψ und ΔpNa führten zu dem gleichen energetischen Schwellenwert; Δψ und ΔpNa waren im Enzym aus E. callanderi KIST612 äquivalente Triebkräfte.
9. Der energetische Schwellenwert der A1AO-ATP-Synthase aus E. callanderi KIST612 wurde mit dem der F1FO-ATP-Synthasen aus A. woodii, E. coli und P. modestum verglichen. Dazu wurden die Enzyme im ATP-Synthase-defizienten E. coli-Stamm DK8 produziert und anschließend durch Ni2+-NTA-Affinitätschromatographie gereinigt. Nach Einbau der Enzyme in Liposomen waren alle Enzyme in der Lage, ATP als Reaktion auf ΔµNa+ (A. woodii und P. modestum) oder ΔµH+ (E. coli) zu synthetisieren. Im Vergleich zum Enzym aus E. callanderi zeigten sich zwei auffällige Unterschiede. Erstens war keine der F1FO-ATP-Synthasen in der Lage, ΔpNa/ΔpH als alleinige Triebkraft zu nutzen. Während die ATP-Synthese in den Enzymen aus E. coli und P. modestum nur durch ΔµH+ bzw. ΔµNa+ angetrieben werden konnte, konnte das Enzym aus A. woodii zusätzlich auch durch Δψ als einzige Triebkraft angetrieben werden.
...