Biologische Hochschulschriften (Goethe-Universität)
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Im Rahmen dieser Arbeit wurden ausgewählte 5’- und 3’-untranslatierte Regionen (UTRs) von mRNAs aus H. volcanii bestimmt. Dieses Datenset wurde verwendet um (1) haloarchaeale UTRs zu charakterisieren, (2) Konsensuselemente für die Transkrikptionsinitiation und -termination zu verifizieren und (3) den Einfluss haloarchaealer UTRs auf die Initiation und Regulation der Translation zu untersuchen. Es konnte gezeigt werden, dass alle untersuchten Transkripte nichtprozessierte 3’-UTRs mit einer durchschnittlichen Länge von 45 Nukleotiden besitzen. Darüber hinaus konnte ein putatives Transkriptionsterminationssignal bestehend aus einem pentaU-Motiv mit vorausgehender Haarnadelstruktur identifiziert werden. Die Analysen der Regionen stromaufwärts der experimentell bestimmten Transkriptionsstarts führten zur Identifizierung dreier konservierter Promotor Elemente: Der TATA-Box, dem BRE-Element und einem neuen Element an Position -10/-11. Überraschenderweise bestand die TATA-Box nur aus vier konservierten Nukleotiden. Die Untersuchung der UTRs ergab, dass die größte Anteil der haloarchaealen Transkripte keine 5’-UTR besitzt. Falls eine 5’-UTR vorhanden ist, besitzen unerwarteterweise nur 15% der 5’-UTRs aus H. volcanii eine Shine-Dalgarno-Sequenz (SD-Sequenz). Es konnte jedoch gezeigt werden, dass verschiedene native und artifizielle 5’-UTRs ohne SD-Sequenz sehr effizient in vivo translatiert werden. Außerdem hat die Sekundärstruktur der 5’-UTR und die Position struktureller Elemente offenbar einen entscheidenden Einfluss auf die Translatierbarkeit von Transkripten. Die Insertion von Strukturelementen nahe des Startkodons führte zu einer vollkommenen Repression der Translation, während die proximale Insertion des Motivs an das 5’-Ende der 5’-UTR keinen Einfluss auf die Translationsseffizienz hatte. Zusammenfassend kann sowohl der eukaryotische Scanning-Mechanismus als auch die bakterielle Initiation der Translation über die SD-Sequenz für haloarchaeale Transkripte mit 5’-UTR ohne SD-Sequenz ausgeschlossen werden. Die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Untersuchungen bilden die Grundlage für weitere Untersuchungen zur Identifizierung eines entsprechenden dritten Mechanismus zur Initiation der Translation in H. volcanii. Eine aktuelle Studie zur globalen Analyse der Translationsregulation zeigte, dass der Anteil translational regulierter Gene in H. volcanii genauso hoch ist wie bei Eukaryoten (Lange et al., 2007). Um die Rolle haloarchaealer UTRs bei der Regulation der Translation zu charakterisieren, wurden die UTRs zweier ausgewählter translationsregulierter Gene untersucht. Es stellte sich heraus, dass nur die Anwesenheit beider UTRs, 5’- und 3’-UTR, zu einer Wachstumsphasen-abhängigen Regulation der Translation führt. Dabei hat die 3’-UTR allein keinen Einfluss auf die Translationseffizienz, während die 5’-UTR die Translationseffizienz in beiden Wachstumsphasen reduziert. Es zeigte sich außerdem, dass die 3’-UTR für die „Richtung“ der Regulation auf Translationsebene verantwortlich ist und putative Strukturelemente möglicherweise in den Regulationsmechanismus involviert sind. Zusammengefasst ergibt sich folgendes Modell der Translationsregulation in H. volcanii: Strukturierte 5’-UTRs führen zu einer Herabsetzung der konstitutiven Translationseffizienz. Dies kann differentiell durch regulatorische Faktoren kompensiert werden, welche spezifische Elemente der 3’-UTR binden. Sowohl natürliche als auch artifizielle Aptamere und allosterische Ribozyme stellen effektive Werkzeuge zur exogen kontrollierten Genexpression dar. Daher wurde die Anwendbarkeit eines Tetracyclin-induzierbaren Aptamers und eines konstitutiven Hammerhead-Ribozyms in H. volcanii untersucht. Es stellte sich allerdings heraus, dass das Aptamer bereits ohne Tetracyclin starke inhibitorische Sekundärstrukturen ausbildet. Als Alternative wurden Reportergenfusionen mit einem selbstspaltenden Hammerhead-Ribozym konstruiert. Die selbstspaltende Aktivität des Hammerhead-Ribozyms in H. volcanii konnte erfolgreich in vivo demonstriert werden, was die Grundlage zur Entwicklung konditionaler Expressionssysteme basierend auf dem Hammerhead-Ribozym in H. volcanii bildet.
Das Steroid-Hormon 17ß-Estradiol ist maßgeblich an der Entstehung und Entwicklung von Brustkrebs beteiligt. Die intrazelluläre Verfügbarkeit des aktiven Estrogens, 17ß-Estradiol, wird durch die 17ßHydroxysteroiddehydrogenase (17ßHSDl) reguliert, die die NADPH-abhängige Reduktion von Estron zu Estradiol katalysiert. Damit stellt die 17ßHSD1 einen interessanten Ansatzpunkt für die Entwicklung neuer Inhibitoren im Hinblick auf potente Wirkstoffe gegen Brustkrebs dar. Die 17ß-Hydroxysteroiddehydrogenase 2 bevorzugt hingegen die oxidative Aktivität und wandelt die biologisch aktiven Hydroxysteroide wie Estradiol in ihre inaktiven Ketoformen um. Ein möglicher Inhibitor der 17ß-HSD1 sollte demnach die Funktion der 17ß-HSD2 nicht beeinträchtigen. Im Rahmen dieser Arbeit wurden Strategien und Methoden entwickelt, die 17ßHSD1 durch heterologe Expression erstmals in E. coli darzustellen. Durch NMR-Spektroskopie in Kombination mit Docking konnten detaillierte Aussagen über die Bindungsepitope der untersuchten Liganden gemacht werden. Diese Informationen sind für eine gerichtete Optimierung von Leitstrukturen von großer Bedeutung.
mRNA-Abbau ist ein essentieller Prozess der Genexpression, der den Zellen ermöglicht, die Qualität und die Quantität der mRNA zu kontrollieren. Besonders unter Stressbedingungen könnte der mRNA-Abbau eine bedeutende Rolle neben der Speicherung von mRNAs sowie der Regulation der Proteinhomöostase zum Schutz vor schädigenden Einflüssen spielen. Studien mit Hefen und Säugerzellen zeigten, dass dem 5'-3'mRNA-Abbau ein wichtige Rolle sowohl unter normalen Bedingungen als auch unter Stressbedingungen zukommt und dieser in zytoplasmatischen Processing bodies (P-bodies) stattfindet. Im Rahmen dieser Arbeit sollten Erkenntnisse über den 5'-3'mRNA-Abbau erhalten werden. Im Vordergrund stand die Frage nach der Existenz von P-bodies in Arabidopsis thaliana und die Identifikation und Charakterisierung deren Komponenten. Weiterhin sollten Erkenntnisse über die Rolle der P-bodies unter Stressbedingungen gewonnen werden. Dabei sollten besonders Informationen über die Beziehungen zwischen den P-bodies und RNA Stressgranula (mRNA Speicherkompartimente) und Hitzestressgranula (Regulation der Proteinhomöostase) erhalten werden. Das komplette sequenzierte Genom von Arabidopsis thaliana eignete sich zur Identifikation von mRNA-Abbauproteine kodierender Gene. Unter Verwendung von Aminosäuresequenzen bereits bekannter mRNA-Abbauproteine aus Hefe und Säugerzellen konnten Homologe für die Decappingproteine Dcp1 und Dcp2 sowie für die Proteine LSm1,2,5,8 als Untereinheiten des LSm1-7 Komplexes, welcher an der Regulation der Decappingreaktion beteiligt ist, identifiziert werden. Über Hefe-Zwei-Hybrid Analysen konnten anschließend Protein-Protein-Interaktionen zwischen den untersuchten Proteinen identifiziert werden. Weiterhin konnte unter Einsatz der BIFC-Analyse gezeigt werden, dass die Interaktionen zwischen den untersuchten Proteinen hauptsächlich in zytoplasmatischen Strukturen stattfanden. Aufbauend auf diesen Befunden wurde ein Antikörper gegen Dcp1 als Marker für die zytoplasmatischen Strukturen erstellt. Dieser ermöglichte erstmals die Detektion der endogenen Strukturen in Arabidopsis thaliana. Die weitere Charakterisierung über Immunofluoreszenzanalysen zeigten, dass diese P-bodies sind. Wie die P-bodies anderer Organismen sind sie hochdynamisch und benötigen untranslatierte mRNA für die Assemblierung. Die Größe und Anzahl der P-bodies hängt dabei vom Verhältniss des Zuflusses von mRNA und der mRNA-Abbaurate ab. Weiterhin konnte beobachtet werden, das die P-bodies besonders groß unter Stressbedingungen sind und deuten eine wichtige Funktion des mRNA-Abbaus unter Stress an. Dies führte zu der Frage nach der Beziehung der P-bodies zu RNA Stressgranula, die der Speicherung von mRNA unter Stressbedingungen dienen, sowie zu Hitzestressgranula, die an der Aufrechterhaltung der Proteinhomöostase beteiligt sind. Durch Kolokalisationsanalysen mit Markern der RNA Stressgranula, der Hitzestressgranula und der P-bodies konnte erstmals gezeigt werden, dass es sich um voneinander unabhängige Mikrokompartimente handelt, und dass unter Stressbedingungen die zellulären Prozesse mRNA-Abbau, mRNA-Speicherung und Aufrechterhaltung der Proteinhomöostase auf einzelne Mikrkompartimente beschränkt sind. Allerdings konnte zwischen P-bodies und RNA Stressgranula häufig eine räumliche Nähe beobachtet werden. Dies deutet auf einen Austausch von Komponenten zwischen diesen Strukturen hin. Zusammen zeigen die erhaltenen Ergebnisse, dass die identifizierten Proteine Komponenten des 5'-3'mRNA-Abbaus darstellen, und dass der 5'-3'mRNA-Abbau in Pflanzen auch in P-bodies stattfindet. Die Identifizierung und Charakterisierung der pflanzlichen P-bodies bildet eine Grundlage für zukünftige Untersuchungen. Vor allem die massive Bildung von P-bodies unter Stressbedingungen und die Interaktion der P-bodies mit RNA Stressgranula zeigen neue Aspekte der pflanzlichen Hitzestressantwort auf.
Weiterentwicklung und Evaluation eines drei-dimensionalen Hautmodelles zur pharmakologischen Testung
(2008)
Der Typ I Interferonrezeptor, der aus den Transmembranproteinen ifnar1 und ifnar2 besteht, nimmt eine wichtige Rolle bei der angeborenen und erworbenen Immunantwort ein. Durch Bindung von Typ I Interferonen werden antivirale, antiproliferative und immunmodulatorische Aktivitäten in der Zelle induziert. Die Wirkung der Interferone wird bereits bei der Behandlung einer Vielzahl von Krankheiten eingesetzt. Es ist bislang nicht bekannt, wie die verschiedenen Typ I Interferone nach Bindung an einen gemeinsamen Rezeptor, unterschiedliche Zellantworten induzieren. So unterscheiden die Typ I Interferone sich nicht hinsichtlich ihrer Bindungsstelle oder der Stöchiometrie der Bindung an ifnar1 bzw. ifnar2. Sie weisen jedoch unterschiedliche Affinitäten zu den Rezeptoruntereinheiten auf, wobei ihnen eine niedrigere Affinität zu ifnar1 gemeinsam ist. Bislang konnte keine Interaktion zwischen den Rezeptoruntereinheiten nachgewiesen werden. Es wird angenommen, dass bei der Rezeptorassemblierung das Interferon zunächst an ifnar2 bindet und anschließend ifnar1 rekrutiert. Es wird postuliert, dass die unterschiedlichen Zellantworten für verschiedene Typ I Interferone auf Unterschieden in der Stabilität der ternären Komplexe beruhen könnten. Im Rahmen dieser Arbeit wurden daher die Struktur und Dynamik des Interferonrezeptors in vitro für die Typ I Interferone IFNa2 und IFNb charakterisiert. Die Struktur des ternären Komplexes aus den extrazellulären Domänen von ifnar1 und ifnar2 mit IFNa2 wurde mittels Elektronenmikroskopie untersucht. Über Einzelpartikelanalyse aufgereinigter Komplexe von IFN mit den extrazellulären Domänen von ifnar1 (ifnar1-EC) und ifnar2 (ifnar2-EC) konnte ein Strukturmodell des ternären Komplexes erstellt werden. Dieses zeigte eine Verschiebung der membranproximalen Domänen von ifnar1-EC und ifnar2-EC wie sie bereits für den Rezeptor für Erythropoietin und den Wachstumsfaktor beobachtet wurden, welche zu den Typ I Zytokinrezeptoren gehören. Die Struktur des ternären Komplexes ermöglicht als erste Struktur eines Typ II Zytokinrezeptors einen Einblick in die Architektur des Komplexes und mögliche Aktivierungsmechanismen. Die Strukturen der Komplexe für die verschiedenen Typ I Interferone IFNa2 und IFNb wiesen keine fundamentalen Unterschiede auf, was auf einen gemeinsamen Aktivierungsmechanismus hinweist. Temperatur-abhängige Messungen von Bindungskinetik und –affinität ergaben sehr unterschiedliche Energiehyperflächen für die Ligandenbindung an ifnar1- und ifnar2-EC, und wiesen auf einen mehrstufigen Prozess und mögliche Konformationsänderungen bei der Bindung an ifnar1-EC hin. Zur Analyse der Dynamik von ifnar1-EC wurden daher verschiedene fluoreszenzbasierte Assays etabliert. Eine besondere Herausforderung bestand darin, das Protein ortsspezifisch und stöchiometrisch mit zwei verschiedenen Fluorophoren zu koppeln. Ifnar1-EC wurde an verschiedenen Stellen kovalent mit Fluoreszenzfarbstoffen markiert. Es wurde gezeigt, dass nach Bindung eines geeigneten tris-NTA-Fluorophor-Konjugats an den C-terminalen His-Tag die Fluoreszenz abstandsabhägig durch Förster-Resonanz-Energie-Transfer gelöscht wurde. Für ifnar1-EC wurde eine ligandeninduzierte Abstandsänderung detektiert. Die detaillierte Analyse ergab nach Bindung von IFNa2 eine Abstandszunahme von 13 A vom N- zum C-Terminus. Durch die Interferonbindung nimmt demnach ifnar1-EC eine gestrecktere Konformation ein. Ähnliche Ergebnisse wurden auch in Anwesenheit von ifnar2-EC und für IFNb erhalten. Die Einzelmolekülanalysen mittels Fluoreszenz Korrelationsspektroskopie (FCS) zeigten sowohl einen Verlust der Flexibilität von ifnar1-EC nach Ligandenbindung als auch ein ligandeninduziertes Rearangement der Ig-ähnlichen Domänen. Die Änderung der Flexibilität wurde durch Messungen der Fluoreszenzlebensdauer bestätigt. Untersuchungen der Kinetik der Ligand-induzierten Konformationsänderung mittels Stopped-Flow Messungen bestätigten eine mehrstufige Umorientierung der Ig-ähnlichen Domänen nach Ligandenbindung. Zusätzlich konnte gezeigt werden, dass sich nach Ligandenbindung die Zugänglichkeit des Tryptophans in der membranproximalen Domäne von ifnar1-EC ändert. Da die membranproximale Domäne nicht bei der Ligandenbindung beteiligt ist, deutet dieser Effekt auf eine Propagation der Ligand-induzierten Konformationsänderung in diese Domäne hin. Das Tryptophan könnte mit der Membran interagieren, was auf eine wichtige Rolle der membranproximalen Domäne für die korrekte Orientierung von ifnar1 in der Membran hindeut. Die Stopped-Flow Analyse zeigte, dass es sich hierbei um einen einstufigen Prozess handelt, der mit der Interferonbindung korreliert. Die Ergebnisse wiesen insgesamt auf eine Ligand-induzierte Flexibilitätsänderung und Umorientierung der Ig-ähnlichen Domänen bei ifnar1-EC hin. Vermutlich wird nach Ligandenbindung das Signal in die membranproximale Domäne von ifnar1-EC propagiert. Die Strukturen der ternären Komplexe mit den verschiedenen Typ I Interferonen wiesen keine fundamentalen Unterschiede auf. Auch die Ergebnisse der fluoreszenzbasierten Assays zeigten keine Unterschiede für IFNa2 und IFNb, was die Hypothese stützt, dass die differentielle Aktivität der Interferone nicht auf grundsätzlichen Unterschieden in der Architektur des ternären Komplexes beruht, sondern in der unterschiedlichen Dynamik der Komplexe codiert sein könnte.
Reziproke chromosomale Translokationen sind häufig mit Leukämien und Lymphomen assoziiert und gelten in vielen Fällen als Ursache der Erkrankung. Die reziproke Translokation t(4;11) findet man hauptsächlich bei Kleinkindern, die an einer akuten lymphatischen Leukämie erkrankt sind, aber auch bei älteren Patienten mit einer Sekundärleukämie. Die leukämischen Blasten dieser Patienten sind meist gegen konventionelle Therapiekonzepte resistent, was zu einer ungewöhnlich schlechten Prognose führt. Die Chromosomenbande 11q23 ist an einer Vielzahl chromosomaler Translokationen beteiligt. Die dadurch erzeugten reziproken MLL-Fusiongene sind alle mit der Entstehung einer Hochrisikoleukämie korreliert. Für einige der dabei entstehenden Fusionsproteine konnte nach retroviraler Transduktion in hämatopoietische Vorläuferzellen gezeigt werden, dass sie onkogenes Potential besitzen und eine myeloische Leukämie in transgenen oder transienten Mausmodellen initiieren können. Für die Produkte einer Translokation t(4;11) konnte dies bislang nicht erfolgreich untersucht werden. Bei der Translokation t(4;11) werden die beiden Partnergene MLL und AF4 so miteinander verknüpft, dass auf den neu gebildeten Derivatchromosomen zwei Fusionsgene (MLL•AF4 und AF4•MLL) mit einem intakten Leserahmen entstehen. Da man in den leukämischen Blasten im Regelfall beide Fusionstranskripte findet, nehmen wir an, dass beide Genprodukte zur Fehlregulation und Entartung der Zelle beitragen. Um den potentiell onkogenen Wirkmechanismus der t(4;11) Translokation zu untersuchen, wurde ein induzierbares Expressions-System in murinen embryonalen Fibroblasten (MEF) etabliert. Anhand dieses Zellsystems gelang es das potententielle onkogene Potential der Fusionsproteine MLL•AF4 und AF4•MLL, bzw.des Wildtyp AF4 Proteins in Focus Formation Assays sichtbar zu machen. Dabei konnte die Bildung zellulärer Foci eindrucksvoll für das Wildtyp AF4 Protein und das AF4•MLL Fusionsprotein dargestellt werden. Das MLL•AF4 Fusionsprotein war nicht in der Lage den Verlust der Kontaktinhibition und damit Focus-Bildung in den Zellen zu initiieren. Die anschließende Definition des AF4 Wildtyp- und AF4•MLL Fusionsproteins als Proto-/Onkoprotein, führte zu der Arbeitshypothese, dass der Nterminale Bereich des AF4 Proteins (AF4•N) Wachstums-transformierendes Potential besitzt. Aufgrund der vorliegenden Daten und zur genaueren Charakterisierung des AF4 Proteins wurden anschließend Interaktions-Studien mit dem AF4•N Protein durchgeführt, wobei die beiden E3 Ubiquitin Ligasen SIAH1 und SIAH2 als Interaktionspartner des AF4•N Proteins identifiziert wurden. E3 Ubiquitin Ligasen sind wichtige Bestandteile der Ubiquitinylierungs-Maschinerie und der damit verbundenen proteasomalen Degradation. Dabei sind die SIAH Proteine, wie alle E3 Ubiquitin Ligasen, für die Spezifität der Proteasom-abhängigen Degradation verantwortlich, indem sie über ihre Substrat-Binde Domäne im C-Terminus mit den abzubauenden Targetproteinen interagieren. Die spezifische Interaktion der SIAH Proteine mit dem AF4•N Protein konnte in unabhängigen Experimenten sowohl in vitro als auch in vivo bestätigt werden. Durch den Einsatz des Proteasom-Inhibitors MG132 konnte zudem der effiziente, SIAH1-vermittelte und Proteasom-abhängige Abbau von AF4•N demonstriert werden. Mit weiterführenden Experimenten konnte auch für das Wildtyp AF4 Protein und für das AF4•MLL Fusionsprotein eine Regulation der Proteinstabilität über das SIAH1 Protein festgestellt werden. Eine SIAH1-vermittelte Degradation ist jedoch nur auf das AF4•MLL full-length Fusionsprotein beschränkt. Eine proteolytische Spaltung des AF4•MLL Fusionsproteins durch die Protease Taspase1 innerhalb des MLL Fusionsanteils führte zur Bildung eines stabilen der4•N/MLL•C Proteinkomplexes und dessen Akkumulation in den Zellen. Basierend auf diesen Ergebnissen konnte für t(4;11) Translokationen ein erster pathomolekularer Mechanismus zur Leukämie-Entstehung aufgezeigt werden. Dieser beruht im wesentlichen auf der Akkumulation des der4•N/MLL•C Proteinkomplexes, welcher sich der effizienten Kontrolle durch die E3 Ubiquitin Ligase SIAH1 entzieht. Dadurch wird der Wachstums-transformierende AF4•N Proteinanteil in die Lage versetzt sein onkogenes Potential zu vermitteln.
Die Arbeit überprüft die Zusammensetzung der F1FO-ATP-Synthase in Säugetiermitochondrien, dem Enzymkomplex, der das meiste ATP für den Energiebedarf einer Zelle liefert. Es sind zwei neue Proteine identifiziert und als ATP-Synthase assoziiert verifiziert worden, das sog. dapit protein (diabetes-associated protein in insulin-sensitive tissue; Datenbanknummer in NCBI für Rattus norvegicus, gi|19424210) bzw. 6.8 kDa mitochondrial proteolipid (Datenbanknummer in NCBI für Rattus norvegicus, gi|109478763). Bis jetzt sind beide Proteine nicht zusammen mit dem Komplex V detektiert worden, da es sich bei beiden Proteinen um sehr kleine Membranproteine (kleiner 7 kDa) handelt und sie sehr leicht in Gegenwart von Detergenzien verloren gehen. Die etablierte Strategie zur milden Aufreinigung von Komplex V, die eingesetzte gelelektrophoretische Trennung und die gewonnenen Erkenntnisse zur Identifizierung solch kleiner Proteine können sicherlich auch Lösungsansätze für andere ungelöste Problemfälle in der Proteinkomplexanalytik liefern. Da beide neuen Proteine in die Modulation des metabolischen Zellzustandes involviert sein könnten, sind die erarbeiteten Daten für weitere funktionelle und biochemische Untersuchungen der ATP-Synthase äußerst nützlich. Außerdem könnten die Ergebnisse für neurologische und klinische Studien hinsichtlich der Ursachenforschung von Funktionsstörungen in den Mitochondrien von Interesse sein, da eines der zwei neuen Proteine früher schon mit Diabetes in Zusammenhang gebracht worden ist (dapit, diabetesassociated protein in insulin-sensitive tissue). Für ein bakterielles Multihäm c-Typ Cytochrom konnte massenspektrometrisch gezeigt werden, dass es auf eine unkonventionelle Weise Häm bindet. Durch massenspektrometrische Charakterisierung des Proteins konnte erstmals nachgewiesen werden, dass es nicht nur die Häm c-Bindemotive CX2-4CH und CXXCK, sondern auch Häm c-Bindemotive der Form CXnCH in Bakterien gibt. Diese Erkenntnis führt in der Molekularbiologie zu neuen Fragen, z. B. welche speziellen Lyasen (cytochrome c haem lyases) letztendlich für das Einfügen der Häm-Gruppe an solche neuen Motive verantwortlich sind. Auch die computerbasierte Vorhersage von c-Typ Cytochromen wird dieses Wissen wohl zukünftig in Suchstrategien umsetzen, um die neuen Häm c-Bindemotive bei der Genomanalyse von Organismen nicht zu übersehen. In dem Feld der Identifizierung und Charakterisierung von Membranproteinen im Allgemeinen konnten grundlegende Erkenntnisse zum Umgang mit alternativen Enzymen und deren Potential für einen zukünftigen Einsatz erarbeitet werden. Schwerpunktmäßig wurden die Enzyme Chymotrypsin, Elastase und Pepsin untersucht. Es konnte für alle drei Kandidaten gezeigt werden, dass sie bevorzugt an einer begrenzten Anzahl von Aminosäuren spalten. Besonders für Elastase ist diese Erkenntnis neu, da sie in der Literatur bisher als unspezifisches Enzym wie Proteinase K geführt wurde. Auch wenn die Spezifität der drei Enzyme nicht zu 100% wie bei Trypsin festgelegt werden kann, sondern es sich nur um eine Bevorzugung gewisser Aminosäuren handelt, sind die enzymatischen Spaltungen reproduzierbar. Selbst eine Auswertung der MS-Spektren mittels Peptide Mass Fingerprint (PMF) ist deshalb auch bei diesen weniger spezifischen Enzymen möglich. Die Intensität der MS-Signale muss aber berücksichtigt werden, was bei bisherigen PMF-Suchen jedoch nicht in der Art und Weise geschieht, wie es für diese Enzyme nötig wäre. An einigen Membranproteinen konnte letztendlich bereits beispielhaft gezeigt werden, dass der Einsatz von weniger spezifischen Enzymen für die Identifizierung des Proteins und der nachfolgenden Charakterisierung (z. B. Identifizierung von posttranslationale Modifikationen) vorteilhaft ist. Für Elastase konnte in diesem Zusammenhang auch demonstriert werden, dass sie problemlos in Lösungsmittelsystemen mit einem hohen organischen Anteil (Acetonitril, Isopropanol, Methanol) einsetzbar ist. 100% Sequenzabdeckung lassen sich aber auch bei weniger spezifischen Enzymen trotz der größeren Anzahl an Schnittmöglichkeiten nur erahnen. Zwei Hauptursachen hierfür sind wahrscheinlich die schlechte Zugänglichkeit des Enzyms zum Membranprotein bzw. die Bevorzugung bestimmter enzymatischer Fragmente in MALDI und ESI. Polyacrylamidgele mit alternativen Quervernetzern, bei denen sich die Geldichte vor dem Verdau verringern lässt, könnten die Zugänglichkeit zum Membranprotein zukünftig vielleicht positiv beeinflussen. Der Einsatz von organischen Lösungsmitteln und bestimmter Detergenzien beim Verdau verbessert ebenfalls die Zugänglichkeit zum Membranprotein. Die Zahl der Tenside, die mit der Massenspektrometrie sehr gut kompatibel sind, ist aber sehr gering, wie Untersuchungen in dieser Arbeit ebenfalls ergeben haben. Außerdem beschränkt sich die Anwendung von diesen Detergenzien ausschließlich auf MALDI. Die zu erwartenden Fortschritte bei der Identifizierung und Charakterisierung von Membranproteinen umschreibt daher besonders gut ein Aphorismus von Christian Morgenstern (deutscher Schriftsteller; 1871 – 1914): „Es gibt nur ein Neues: Die Nuance.“ Einige Nuancen sind in dieser Arbeit enthalten. In der Zukunft werden aber viele weitere solcher Nuancen das Überwinden der Hürde „Membran Proteomics“ immer realistischer werden lassen.
Anti-T-Lymphozyten-Globuline (ATG) sind Immunglobuline zur Anwendung am Menschen. Sie werden aus den Seren von Kaninchen oder Pferden gewonnen, die zuvor mit humanen Thymozyten oder einer etablierten humanen T-Zell-Linie immunisiert wurden. ATG besitzen ein sehr starkes immunsuppressives Potenzial. In der klinischen Anwendung werden sie überwiegend bei Organtransplantationen, Knochenmarktransplantationen und zur Behandlung einzelner Autoimmunerkrankungen, wie z. B. der aplastischen Anämie, eingesetzt. Wissenschaftliches Ziel der Arbeit war, einen umfangreichen Beitrag zur immunologischen Charakterisierung und Spezifizierung unterschiedlicher ATG-Präparate zu erbringen. Dies ist eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung und Validierung experimenteller Methoden, sodass die bisher verwendeten Praktiken der Wirksamkeitsprüfung von ATG entsprechend dem Stand der Wissenschaft abgelöst und der Tierversuch (Affenhaut-Transplantationstest; Balner H et al., 1968) ersetzt werden können. Darüber hinaus wurde in diesem Zusammenhang der Entwurf einer Arzneibuch-Monografie für ATG vorgelegt. Der immunsuppressive Wirkmechanismus von ATG ist selbst nach 40 Jahren klinischer Erfahrung nicht eindeutig geklärt. Ihre Wirksamkeit vermitteln sie über ihre spezifische Bindung an Lymphozyten, woraus sich modellhaft vier Effekte unterscheiden lassen: Die Reihe der Fc-abhängigen zytotoxischen Mechanismen, eine von ATG ausgelöste Aktivierung, eine über Todesrezeptoren (z.B. Fas/Apo-1) von ATG direkt induzierte Apoptose sowie die Maskierung von Rezeptoren. Die zytotoxische Wirkung von ATG und die Induktion des programmierten Zelltodes (Apoptose) wurde am Durchflusszytometer (FACS) nach Färbung der toten Zellen bzw. durch den Nachweis von DNA-Fragmentierung analysiert. Der Einfluss von ATG auf die Lymphozyten-Aktivierung in vitro sowie auf die gemischte Lymphozyten-Reaktion (mixed lymphocyte reaction, MLR) wurde durch Messung der Lymphozyten-Proliferation anhand des Einbaus von radioaktiv markiertem Thymidin bestimmt. Biochemisch wurden die in ATG enthaltenen anti-Lymphozyten-Antikörper durch den sog. Kinase-Assay charakterisiert. In einer nicht radioaktiven Methode wurden Zelloberflächenmoleküle zunächst biotinyliert. Nach Lyse der Zellen wurden die Proteine mit ATG präzipitiert, gelelektrophoretisch aufgetrennt sowie mittels Streptavidin und Chemilumineszenz im Westernblot nachgewiesen. Für das Verständnis der klinischen Wirksamkeit von ATG ist die Aufklärung der molekularen Mechanismen der komplement-unabhängigen, zytotoxischen Wirkung von erheblicher Bedeutung, da die enorme zytolytische, aber auch die breite immunsuppressive Wirkung von ATG nicht allein durch die Fc-abhängige Zytotoxizität erklärt werden kann. ATG können bei bestimmten Zielzellen Fas-abhängige Apoptose auslösen; darüber hinaus sind ATG aber auch in der Lage, einen komplement-unabhängigen Zelltod in Fas-resistenten Zell-Linien und T-Zell-Klonen, die resistent gegenüber aktivierungsinduziertem Zelltod (AICD) sind, auszulösen. In Kompetitionsversuchen konnte gezeigt werden, dass ATG entsprechende Antikörper-Spezifitäten gegen das Molekül CD95 (Fas/Apo-1) enthalten. Ferner konnten wir nachweisen, dass die durch ATG initiierte Fas-abhängige Apoptose und/oder der AICD durch Fas-neutralisierende Antikörper inhibiert werden können, was auch von anderen Arbeitsgruppen gezeigt wurde (Genestier L et al., 1998). Die DNA-Fragmentierung, als Nachweis von Apoptose, lässt sich nach der ATG-Inkubation von Fas-sensitiven Zielzellen durch Inhibitoren der Caspase-1 (Z-VAD-FMK) komplett sowie durch Inhibitoren der Caspase-3 (Ac-DMQD-CHO) und -6 (Ac-VEID-CHO) teilweise inhibieren. Die zytotoxische Wirkung von ATG lässt sich jedoch nicht in gleichem Maße durch Inhibitoren der Caspase-1 reduzieren, wie bei einem Apoptose induzierenden mAk gegen Fas. Es wird deutlich, dass ATG eine breit gefächerte zytotoxische Wirkung auf verschiedene Zellpopulationen ausüben, die alle mehr oder weniger eine Rolle in der klinischen Wirksamkeit von ATG spielen können. ATG sind in der Lage, periphere blutmononukleäre Zellen (PBMC) zu aktivieren, wobei der Proliferationsindex in etwa dem eines Standardmitogens, wie z. B. Phytohämagglutinin (PHA), entspricht. Isolierte T-Lymphozyten werden ebenfalls aktiviert, zeigen jedoch eine geringere Proliferationsrate. In PHA-Blasten lassen sich schwache Veränderungen im Muster der Protein-Tyrosin-Phosphorylierung erkennen, wobei eine gewisse Ähnlichkeit im Bandenmuster sowie in der Intensität zwischen der Stimulation mit ATG und dem anti-CD2 mAk zu erkennen ist. Im Unterschied zu publizierten Studien konnte in dieser Arbeit kein spezifisch hemmender Effekt der ATG auf die MLR nachgewiesen werden. Aus den Untersuchungen zur Charakterisierung der ATG hat sich der komplement-abhängige Zytotoxizitätstest, gemessen am Durchflusszytometer, als die Methode herausgestellt, die, bezogen auf den Wirkmechanismus der ATG und im Hinblick auf eine Routineanwendung in der Chargenprüfung, am besten geeignet ist. Eine Evaluierung der Methode wurde im Rahmen eines Ringversuches, an dem sich sieben verschiedene Labore beteiligten, durchgeführt. Die mittlerweile gültige Arzneibuch-Monografie für ATG (Ph. Eur.: 1928) sieht diese in vitro Methode zur Wirksamkeitsprüfung von ATG vor, womit die Voraussetzungen zur Abschaffung des Affenhaut-Transplantationstests geschaffen wurden. Neben einer zellulären Charakterisierung der ATG konnte gezeigt werden, dass sich insbesondere biochemische Methoden, wie z. B. der Kinase-assay oder die Biotinylierung von Zelloberflächenmolekülen, sehr gut zur Identitätsprüfung von ATG eignen. Mit beiden Methoden ließen sich produktspezifische Bande nachweisen. Im Rahmen der Entwicklung von ATG sind diese Methoden geeignet, die Konsistenz der Chargenproduktion zu überprüfen, sodass auch hier Alternativen zum Tierversuch vorhanden sind.
Resistenz polyklonaler, reifer T-Zellen gegenüber der Transformation durch retrovirale Transduktion
(2008)
Nach den ersten Erfolgen der Gentherapie bei angeborenen Immundefekten wurden einige Fälle von Leukämie nach gammaretroviralem Gentransfer in Blutstammzellen bei Patienten mit „severe combined immunodeficiency“ (SCID-X1) veröffentlicht. Diese entfachten eine Diskussion über das Risiko der Insertionsmutagenese bei der Verwendung gammaretroviraler Vektoren. Durch eine insertionsbedingte Transaktivierung potentieller Onkogene und damit verbundenen malignen Veränderungen können gammaretroviral transduzierte Blutstammzellen Leukämien hervorrufen. Aber nicht nur Blutstammzellen werden als Zielzellen in der Gentherapie genutzt. In der Gruppe von Laer wurde in den letzten Jahren eine neue Gentherapie der HIV-1 Infektion entwickelt. Hierbei werden dem Patienten genetisch geschützte, autologe T-Lymphozyten infundiert. Die Gefahr einer Leukämie durch Insertionsmutagenese sollte im Zuge dieser Studie für reife T-Lymphozyten evaluiert werden. In einer vergleichenden Analyse wurde untersucht, ob der gammaretrovirale Gentransfer in reife T-Lymphozyten die gleiche Genotoxizität birgt wie in hämatopoetische Stammzellen. Hierzu wurden reife T-Lymphozyten und hämatopoetische Progenitoren von C57BL/6(Ly5.1)-Mäusen mit multiplen Kopien gammaretroviraler Vektoren transduziert, die für die potenten T-Zell Onkogene LMO2, TCL1, dTrkA oder das Kontrollgen GFP kodierten. Es wurden sehr hohe Transduktionseffizienzen mit bis zu 70% für reife T-Lymphozyten und bis zu 98% für hämatopoetische Progenitoren erzielt, um möglichst leukämiefördernde Bedingungen zu schaffen. Nach Transplantation in kongene Rag-1 defiziente Empfängertiere (Ly5.2) entwickelten Onkogen-modifizierte Stammzellen nach einer charakteristischen Latenzperiode Leukämien/Lymphome. Am häufigsten wurden unreife, CD8+CD4+ doppelpositive T-Vorläufer Leukämien/Lymphome beobachtet. In einigen Rezipienten führte außerdem eine Überexpression von TCL1 in hämatopoetischen Stammzellen zu der Entwicklung von reifzelligen T-Zell Leukämien/Lymphomen und B-Zell Leukämien/Lymphomen. Die Integrationsanalyse ergab oligo- bis monoklonale Tumore, wobei keine offensichtlich tumorfördernden, die gammaretroviralen Insertionen flankierenden Gene identifiziert werden konnten. Bemerkenswerterweise entwickelte keines der T-Zell transplantierten Empfängertiere ein/e Lymphom/Leukämie, obwohl auch diese Zellen mit den gleichen Vektoren modifiziert wurden und über einen sehr langen Zeitraum persistierten. Um die Kontrollmechanismen dieser Resistenz näher zu untersuchen, wurde eine für den TCR monoklonale, adulte T-Zell Population mit dTrkA transduziert. Nach einer kurzen Latenzperiode entwickelten sich reifzellige T-Zell Leukämien/Lymphome. Anscheinend existiert eine Verbindung zwischen der relativen Transformationsresistenz reifer T-Lymphozyten und dem Konkurrenzverhalten verschiedener T-Zell Klone um stimulatorische MHC-TCR Nischen. Weiterhin wurde in vitro durch gammaretroviralen Transfer von LMO2 ein immortalisierter T-Zell Klon generiert. Dieser zeigte zwar nach einer langen Beobachtungszeit einen CD8-CD4-doppelnegativen Phänotyp, aber auch einen rekombinierten TCR. In vitro überwuchs er eine unmanipulierte Kompetitorpopulation, konnte jedoch nach Transplantation kein/e T-Zell Lymphom/Leukämie induzieren. Die LM-PCR Analyse des Klons lieferte eine sehr interessante Integration zwischen den Genen für die alpha-Ketten des IL-2 und des IL-15 Rezeptors, welche dadurch konstitutiv exprimiert wurden. Dies könnte das erste Beispiel für eine insertionsbedingte Immortalisierung eines adulten T-Zell Klons sein. In der vorliegenden Arbeit konnte zum ersten Mal eindeutig gezeigt werden, dass polyklonale, reife T-Zell Populationen in vivo eine hohe Transformationsresistenz aufweisen. Durch bestimmte Bedingungen können jedoch durchaus maligne Veränderung adulter, reifer T-Lymphozyten induziert werden. Für die Sicherheitsabschätzung gammaretroviraler Gentherapie-Studien mit reifen T-Lymphozyten sind die vorgestellten Ergebnisse von großer Bedeutung und könnten darüber hinaus Aufschluss über die populationsdynamischen Kontrollmechanismen reifer T-Zell Leukämien/Lymphome geben.
Identifizierung und Charakterisierung von Liganden für Faktor VIII neutralisierende Antikörper
(2008)
Das Fehlen von funktionellem Blutgerinnungsfaktor VIII (FVIII) in Hämophilie A- (HA-) Patienten wird durch Substitution mit FVIII-Präparaten therapiert. Die wesentlichste gegenwärtige Komplikation der FVIII-Ersatz-Therapie besteht in dem Auftreten von FVIII neutralisierenden Antikörpern (Inhibitoren) gegenüber exogenem FVIII. Diese können mittels verschiedener, kostenintensiver Therapien zur Induktion einer Immuntoleranz (ITI) mit unterschiedlichem Erfolg eliminiert werden. Für Patienten mit persistierenden Inhibitoren bedeuten diese nicht nur eine drastische Verminderung der Lebensqualität sondern ein lebensbedrohliches Szenario. Eine Liganden-vermittelte Blockierung von neutralisierenden anti-FVIII Antikörpern sowie die zielgerichtete Ansteuerung des Rezeptors FVIII-spezifischer Gedächtnis-B-Zellen stellen mögliche Ansätze zur Verwirklichung antigenspezifischer ITI-Strategien für eine dauerhafte, vollständige Eliminierung von FVIII-Inhibitoren dar. Zu diesem Zweck wurden in dieser Arbeit durch Screening von phagenpräsentierten, randomisierten Peptidbibliotheken mit Inhibitor-positiven Patientenplasmen Peptidliganden selektioniert. Diese wiesen eine spezifische Bindung von anti-FVIII Antikörpern in den verwendten Plasmen auf. Durch den Einsatz entsprechender Software konnten AS-Konsensusmotive der Peptidsequenzen möglichen, konformationellen, funktionellen Inhibitorepitopen in der A2- sowie C2-Domäne von FVIII zugeordnet werden. Die von in silico-Analysen vorgegebene Domänenspezifität der anti-FVIII Antikörper wurde in Bindungsstudien mit rekombinant exprimierten FVIII-Domänen verfiziert. Die korrespondierenden, synthetischen Peptidliganden blockierten die IgG-Bindung an FVIII und regenerierten partiell dessen Aktivität im Plasma. Die Peptide stellten funktionelle Mimotope der möglichen Inhibitorepitope in der A2- und C2-Domäne dar. Da FVIII neutralisierende Antikörper zumeist Epitope in beiden Domänen erkennen, wurden die Mimotope kombiniert, was in einer noch effektiveren Blockierung von FVIII-Inhibitoren resultierte. Weiterhin wiesen Mimotopkombinationen Kreuzreaktivität mit anti-FVIII IgG in heterologen Patientenplasmen auf. Durch Fusion der Peptide an die Multimerisierungsdomäne der alpha-Kette des humanen C4-Bindeproteins konnten in Zellkultur heptamere Proteine generiert werden. Gegenüber den synthetischen Peptiden wiesen die Multimere aufgrund ihrer Multivalenz sowie der strukturellen Integrität eine deutlich verbesserte Blockierung von anti-FVIII IgG auf. Das Multimerisierungskonzept erlaubte ferner die Kombination unterschiedlicher Peptidliganden in einem Heteromultimer, was anhand der selektierten, funktionellen Mimotope für mögliche A2- und C2-Epitope getestet wurde. Weiterhin zeichneten sich die Inhibitor-spezifischen Multimere gegenüber den synthetischen Peptiden durch deutlich verlängerte Halbwerstzeiten aus. In Präparationen peripherer mononuklearer Zellen (PBMCs) von Patienten färbten synthetische Peptide sowie Fluoreszenz-markierter FVIII B-Zellsubpopulationen mit einem Gedächntis-B-Zell Phänotyp (CD19+IgG+). Gedächtnis-B-Zellen in PBMCs wurden polyklonal stimuliert. Im ELISPOT-Verfahren konnten Tetanusspezifische, jedoch keine FVIII-spezifischen Zellen, detektiert werden. Im Gegensatz zu den verwandten Kontrollen bewirkte eine Präinkubation der Zellen mit dem Peptid 12C6, welches an das toxische D-AS-Peptid (KLAKLAK)2 gekoppelt war, allerdings eine Reduktion von anti-FVIII IgG in den Überständen stimulierter Zellen.
Chlamydomonas reinhardtii ist eines der bekanntesten Modellsysteme der Forschung, um photo-, zell- und molekularbiologische Fragestellungen zu untersuchen. Die phototaktischen Reaktionen dieser einzelligen Grünalge werden durch mikrobielle Rhodopsine, sogenannte Photorezeptoren initiiert, deren Chromophor all-trans-Retinal ist. Eines dieser Rhodopsine ist Channelrhodopsin 2 (ChR2). Ein Sequenzvergleich mit anderen mikrobiellen Rhodopsinen aus Archaebakterien, wie z.B. der lichtgetriebenen Protonenpumpe Bakteriorhodopsin, zeigt eine Homologie von bis zu 20 %. Aus diesem Grund kann angenommen werden, dass die hydrophobe N-terminale Hälfte mit circa 300 von 737 Aminosäuren ebenso aus einem Siebentransmembranhelixmotiv besteht, wie dies für Rhodopsinmoleküle typisch ist. Seit der Entdeckung 2003 durch Nagel et al. ist bekannt, dass es sich bei ChR2 um einen lichtgetriebenen, kationenselektiven Ionenkanal handelt, der in dieser Form bisher nicht bekannt war. Diese biophysikalische Charakteristik konnte durch detaillierte elektrophysiologische Daten erhoben werden. Sie lieferten zudem die Erkenntnis, dass ChR2 als „Werkzeug“ in der Neurobiologie verwendet werden kann, da die lichtinduzierte Depolarisation zum Feuern von Aktionspotentialen in ChR2-exprimierenden Neuronen führt. Die vorliegende Arbeit sollte dazu beitragen, die molekularen Mechanismen von ChR2 aufzuklären, indem elektrophysiologische, spektroskopische und biochemische Daten miteinander korreliert wurden. Dazu wurde ChR2 funktionell in der methylotrophen Hefe Pichia pastoris exprimiert. Ein Glykosylierungstest konnte belegen, dass Pichia pastoris in der Lage ist, die für ChR2 erforderliche N-Glykosylierung durchzuführen. Mit einer 90%igen Expression war es somit möglich, ausreichend Protein für eine Metallchelat-Affinitätschromatographie zu gewinnen. Weiterhin konnte die bestehende Funktionalität nach der Isolierung von ChR2 nachgewiesen werden. Dies erfolgte zum einen über Messungen des charakteristischen Photostroms mittels der BLM-Technik. Zum anderen konnte dies durch spektroskopische Messungen der spezifischen Absorption von ChR2 bei 480 nm bestätigt werden. Die zeitaufgelöste Laserblitzabsorptionsspektroskopie lieferte zudem Differenzspektren des isolierten ChR2, die erstmalig das Vorhandensein eines spektral verschiedenen Intermediats bei 540 nm zeigten. Zusammen mit dem Zeitverlauf aller vier korrespondierenden Intermediate und der Hinzunahme elektrophysiologischer Daten konnte somit ein linearer Photozyklus bestehend aus vier Zuständen erstellt werden (erstellt durch Dr. Christian Bamann). Die ersten drei Intermediate des Photozyklus P1-P3 werden demnach durch die rotverschobene Spezies beschrieben, mit einer Relaxationszeit von unter einer Millisekunde. Dieses rote Intermediat spiegelt die Konformationsänderung des Retinals wider und geht mit dem Öffnen des Kanals einher. Die Zustände P2 und P3 konnten beide als kationenleitende Zustände identifiziert werden. Das Schließen des Kanals wird durch den Übergang von P3 zu P4 (spektral mit dem Grundzustand gleich) vermittelt. Das Zurückkehren in den Grundzustand folgt einem langsamen Prozess im Bereich von mehreren Sekunden. Biochemische, spektroskopische und elektrophysiologische Daten haben damit erfolgreich zur weiteren Aufklärung der molekularen Funktionsweise von ChR2 beigetragen. Mit diesen Ergebnissen ist nun die Erschließung neuer Informationen über die verschiedenen Signaltransduktionswege von Membranproteinen möglich.
Optimierung Apolipoprotein-modifizierter Albumin-Nanopartikel zur Überwindung der Blut-Hirn-Schranke
(2007)
Das Gehirn höherer Säugetiere ist durch die Blut-Hirn-Schranke vor dem Eindringen toxischer und schädlicher Substanzen geschützt. Allerdings bildet diese Barriere auch ein Hindernis für die gezielte medikamentöse Therapie von Erkrankungen des zentralen Nervensystems wie zum Beispiel Alzheimer, Gehirntumore oder Parkinson. Leider sind nur wenige potentielle Arzneistoffe für die Therapie dieser Krankheiten in der Lage die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden. Somit stellt die Blut-Hirn-Schranke einen limitierenden Faktor für die Arzneimitteltherapie dar. Diese Doktorarbeit beschäftigt sich mit der Herstellung, Charakterisierung, in vitro und in vivo Testung Liganden-modifizierter Nanopartikel auf Proteinbasis zur Überwindung der Blut-Hirn-Schranke. Als Ligand wurde das Apolipoprotein E, ein Bestandteil von physiologisch vorkommenden HDL, VLDL und LDL-Partikel, verwendet, welches sich in vorangegangenen Untersuchungen als potentieller Ligand zum Transport von Nanopartikeln ins Gehirn erwiesen hat. Diese so mit Apolipoprotein modifizierten Nanopartikel wurden mit dem Modellarzneistoff Loperamid, einem nicht gehirngängigen Opioid, beladen. Diese Zubereitung wurde Mäusen injiziert und der analgetische Effekt mittels des Tail-Flick-Tests bestimmt. Um auch eine therapeutische Anwendung zu erzielen, wurden Apolipoprotein modifizierte Partikel beladen mit dem Zytostatikum Doxorubicin entwickelt und die chemotherapeutische Effizienz an Gehirntumor tragenden Ratten getestet.
Funktionelle Charakterisierung von Peptidliganden für das komplexe HIV-1-RNA-Verpackungssignal PSI
(2008)
Im Laufe der vergangenen Jahre hat die Identifizierung von Peptidleitstrukturen in der Wirkstoffentwicklung zunehmend an Bedeutung gewonnen. Die Phage Display Technologie ist eine Methode, welche zur Selektion von inhibitorischen Peptiden weit verbreitet ist. Prinzipiell eignet sich dieser Ansatz auch für die Suche nach neuen Leitstrukturen für die Therapie der HIV-Infektion, welche in hochspezifische und -regulierte Schritte im HIV-Replikationszyklus eingreifen sollen. Bei der Verpackung viraler RNA in neu entstehende Virionen handelt es sich um einen Prozess, welcher auf der gezielten Erkennung der dreidimensionalen Struktur der PSI-Region am 5'-Ende ungespleißter, viraler RNA durch die NCp7-Domäne des Gagp55-Vorläuferproteins basiert. Darüber hinaus partizipiert das NCp7-Protein noch an der Reversen Transkription der HIV-RNA sowie an der Integration proviraler DNA und spielt somit eine zentrale Rolle im HIV-1 Replikationszyklus. In vorangegangenen Arbeiten konnten wir mittels der Phage Display Technologie Peptidliganden für die HIV-1 PSI-RNA selektieren, welche die PSI-RNA-NCp7-Interaktion hemmten und in Folge dessen die Verpackung viraler RNA verhindern sollten. Die Bindung der identifizierten tryptophanreichen Peptide an die PSI-RNA konnte zwar zum Teil in vitro mit NCp7 kompetitiert werden, jedoch wiesen die Peptide eine relativ geringe Affinität für die PSI-RNA auf. Im Vordergrund der vorliegenden Arbeit stand nach Optimierung der Affinität eine umfassende funktionelle Charakterisierung der Peptide hinsichtlich ihrer antiviralen Aktivität in vitro. Zunächst gelang es mittels Spot-Synthese-Membranen die Affinität der PSI-RNA-bindenden Peptide um etwa das 30-fache zu verbessern. Der KD-Wert des optimierten HKWPWW-Peptids lag bei 1,1 µM für ein Teilelement der PSI-RNA, das allein über Verpackungsaktivitäten verfügt. Die folgende Analyse der Bindungseigenschaften des HKWPWW-Peptids an die PSI-RNA über NMR und Fluoreszenz-Spektroskopie offenbarte, dass das Peptid über die hydrophoben Aminosäuren an eine charakteristische Schleifenregion in der Sekundärstruktur der PSI-RNA bindet, ähnlich wie der natürliche Ligand NCp7. Gestützt auf diese Ergebnisse, wurde im Hauptteil des Projekts untersucht, ob das HKWPWW-Peptid in der Lage ist, die Verpackung viraler RNA in HI-Virionen zu hemmen. Hierfür erfolgte die Etablierung diverser Testsysteme, welche die intrazelluläre Expression des Peptids ermöglichten. Die Expression von HKWPWW in Fusion mit RFP in Pseudoviren-produzierenden Zellen über transiente Transfektion führte in der höchsten getesteten DNA-Konzentration (2,5 µg) zu einer 95%igen Reduktion des infektiösen Titers. Dieser inhibitorische Effekt war spezifisch für lentivirale Pseudoviren, da die Produktion gammaretroviraler Pseudoviren nicht durch die Anwesenheit des Peptids beeinflusst wurde. Mittels einer stabilen HKWPWW-exprimierenden T-Zelllinie gelang es nachzuweisen, dass das Peptid sogar in der Lage ist, replikationskompetentes HIV über einen Zeitraum von fünf Tagen zu hemmen. Die Synthese des HKWPWW-Peptids in Fusion mit einer Proteintransduktionsdomäne ermöglichte die direkte Behandlung von HIV-infizierten Zellen und führte zu einer verminderten Freisetzung infektiöser HI-Viren in die Zellkulturüberstände. Dabei lagen die IC50- und IC90-Werte des HKWPWW-Peptids nach zweimaliger Peptidzugabe bei 5, 7 bzw. 28,6 µM. Eine in der Literatur oftmals beschriebene Beobachtung ist, dass bei einer reinen Hemmung der HIV-Verpackung Viren entstehen, welche keine virale RNA enthalten. Das Phänomen war in Anwesenheit des HKWPWW-Peptids wenig ausgeprägt wie Korrelationen von p24-Antigen-ELISA und die Quantifizierung viraler RNA in Viruspartikeln zeigten. Diese Gegebenheit sowie das Wissen über die mannigfaltigen Funktionen des NCp7-Proteins im HIV-Replikationszyklus ließen vermuten, dass HKWPWW noch zusätzlich andere Schritte im HIV-Replikationszyklus hemmen könnte. Unterstützt wurde diese Annahme dadurch, dass HKWPWW Ähnlichkeiten zu der hydrophoben Plattform von NCp7 aufweist, welche essentiell für die Verpackung viraler RNA sowie die Reverse Transkription ist. Damit in Einklang steht, das neben einer Bindung an die PSI-RNA auch eine schwächere Interaktion des HKWPWW-Peptids mit den viralen TAR- und PBS-Strukturen nachgewiesen werden konnte. Die auch beobachtete Hemmung der frühen HIV-Replikationsschritte durch HKWPWW könnte somit mit einer möglichen Hemmung der Transkription viraler Gene, der Reversen Transkription oder Integration erklärt werden. Jedoch zeigte die elektronenmikroskopische Analyse, dass nicht nur weniger Viren in Anwesenheit des HKWPWW-Peptids entstehen, sondern dass diese zum Teil einen weniger kondensierten Kern aufweisen. Dies kann als ein Anhaltspunkt angesehen werden, dass HKWPWW tatsächlich auch auf der Ebene der RNA-Verpackung bzw. der viralen Partikelentstehung einen hemmenden Effekt ausübt. Somit resultiert die beobachtete antivirale Aktivität des HKWPWW-Peptids vermutlich aus kombinierten inhibitorischen Effekten auf mehreren Ebenen der HIV-Replikation.
Viele physiologische Prozesse, wie zum Beispiel der Schlaf-Wach-Rhythmus, die Nahrungsaufnahme, die Aktivität, sowie unbewusstes Verhalten unterliegen circadianen Rhythmen. Diese Rhythmen werden durch die circadiane Uhr erzeugt, deren Sitz der SCN im Hypothalamus ist. Der SCN übermittelt das circadiane Signal in viele verschiedene Gehirnregionen (Reuss 1996). Die circadianen Rhythmen werden einerseits durch Umweltreize, wie Licht oder Nahrungsverfügbarkeit, eingestellt. Diese externen Signale beeinflussen direkt den SCN oder andere hypothalamische Nuclei, wie den lateralen Hypothalamus oder den N. arcuatus. Andererseits werden die circadianen Rhythmen jedoch auch an die physiologischen Parameter des Individuums angepasst. Diese externen und internen Signale werden durch den Signalaustausch zwischen den hypothalamischen Nuclei integriert. Zur Untersuchung dieser gegenseitigen Verbindungen wurden immunzytochemische Studien an Gehirnschnitten von Maus und Ratte durchgeführt, um das Vorkommen verschiedener Neuropeptide in Zellkörpern und Fortsätzen der Neurone in den entsprechenden hypothalamischen Gebieten aufzuzeigen. Untersucht wurden Vasopressin und VIP, die im SCN selbst synthetisiert werden, sowie Orexin A und MCH, die in den Zielgebieten des SCN vorkommen. Die Verteilungen der Neuropeptide bei Ratten und Mäusen stimmten weitgehend überein. Lediglich die Vasopressin-Expression im SCN weist Abweichungen im Vergleich der beiden Spezies auf. Weiterhin gibt es unterschiedliche Verbindungen zwischen den hypothalamischen Kerngebieten: Im SCN der Ratte, jedoch nicht im SCN der Maus, innervieren Orexin A-enthaltende Fasern VIP-exprimierende Zellen, sowie MCH-positive Fortsätze Vasopressin-enthaltende Neurone. Demzufolge variiert die Signalübertragung im Hypothalamus der Maus und der Ratte. GABA und Glyzin sind wichtige hemmende Neurotransmitter im ZNS. Daher wurden die transgenen Mauslinien GAD67-GFP knock-in und GlyT2-EGFP als Marker für GAD67-positive beziehungsweise Glyzin-positive Zellen verwendet. Gehirnschnitte dieser Mauslinien wurden immunzytochemisch gegen die oben genannten Neuropeptide gefärbt, um die Neuronenpopulationen in den hypothalamischen Kerngebieten zusätzlich zu charakterisieren. Viele Vasopressin- oder VIP-exprimierende Zellen im SCN sind GAD67-positiv. Im lateralen Hypothalamus sind einige MCH-positive Zellen GAD67-positiv. Orexin A enthaltende Zellen sind nicht positiv für GAD67. Orexin A-positive und GAD67-positiv Zellen sind miteinander durch direkte Kontakte verbunden. Der hemmende Neurotransmitter Glyzin wird von wenigen Zellen im lateralen Hypothalamus gebildet. Glyzin ist dort weder mit Orexin A, MCH oder Vasopressin kolokalisiert. Der gesamte Hypothalamus ist von einem dichten Netz stark verzweigter, Glyzin-enthaltender Fasern überzogen, deren Ursprung im Rahmen dieser Arbeit nicht eindeutig geklärt werden konnte. Die glyzinergen Fasern innervieren im lateralen Hypothalamus Orexin A-, Vasopressin- und MCH-exprimierende Neurone. Glyzinerge Fasern projizieren im lateralen Hypothalamus auf VIP-positive Fortsätze und im SCN auf Vasopressinenthaltende Fortsätze. Der hemmende Neurotransmitter Glyzin spielt vermutlich eine bedeutende Rolle bei der Signalübertragung zwischen Hypothalamus und anderen Gehirnbereichen. Damit wirkt Glyzin vermutlich auf diverse physiologische Abläufe ein, die durch hypothalamische Kerngebiete gesteuert und reguliert werden. Neben der Untersuchung der hypothalamischen Nuclei in Gehirnschnitten wurden die Zellen dieser Kerngebiete in histiotypischen primären Zellkulturen charakterisiert. Die Neuropeptid-Expressionen sowie synaptische Verbindungen wurden an den kultivierten Zellen untersucht. Der Vergleich der Neuropeptid-Expression bei Gehirnschnitten und bei Zellkulturen bestätigte, dass histiotypische Zellkulturen ein geeignetes Modell für Studien von Einzelzell- und Netzwerkeigenschaften sind. Die Ausbildung von zahlreichen Synapsen innerhalb nur weniger Tage bestätigt, dass die Signalübertragung in den Zellkulturen wie vermutlich auch im Hypothalamus überwiegend synaptischer Natur ist.
Das Bakterium Thermus thermophilus hat sich in den letzten Jahren zu einem Modell für thermophile Organismen entwickelt. Die maximale Wachstumstemperatur liegt bei bis zu 85°C, so dass auch Proteine und die gesamte Zellstruktur an diese hohen Temperaturen adaptiert sein müssen. Aufgrund der allgemein erhöhten Stabilität werden diese Proteine zunehmend für biotechnologische Prozesse und zur Strukturbestimmung verwendet. Im Energiehaushalt der Zelle ist der Elektronentransfer von NADH zu molekularem Sauerstoff ein wesentlicher Bestandteil und wird durch transmembrane Enzymkomplexe vermittelt. In dieser Arbeit konnten vier direkt aufeinanderfolgende Gene (fbcC, fbcX, fbcF, fbcB) identifiziert werden, die in einem 3,1 kb großen Operon mit einem GC-Gehalt von 69% organisiert sind und für die Untereinheiten eines putativen Thermus bc-Komplexes kodieren. Die in silico translatierte DNA-Information konnte für ausführliche Sequenzvergleiche und eine erste Charakterisierung der bc-Untereinheiten genutzt werden. Während Cytochrom b und das Rieske-Protein typische Eigenschaften zu anderen prokaryotischen Untereinheiten aufweisen, unterscheidet sich die Cytochrom c-Untereinheit hinsichtlich Topologie und Verwandtschaft von klassischen c1-Komponenten. Darüber hinaus wurde eine zusätzliche Untereinheit FbcX identifiziert, die keine Entsprechung in bisher bekannten bc-Komplexen hat. Das gesamte Operon mit vorangestellter d70 Promotorregion wurde amplifiziert, in einen Thermus/E.coli-Shuttlevektor mit hitzeoptimierter Kanamycinresistenz eingefügt und so plasmidkodiert für die Überexpression in T. thermophilus HB27 genutzt. Der membranständige Gesamtkomplex wurde nach Solubilisierung mit ß-D-Decyl-Maltosid stabil in Lösung gebracht und anschließend über eine Metallaffinitätssäule stöchiometrisch als vier-Untereinheiten Komplex aufgereinigt. Der Gesamtkomplex sowie seine Einzelkomponenten und deren Cofaktoren waren somit für eine nähere Charakterisierung verfügbar. Alle vier Genprodukte konnten als Untereinheiten des bc-Komplexes in T. thermophilus über N-terminale Sequenzierung und MALDI-MS/MS eindeutig identifiziert werden. Der in vitro Aktivitätstest zeigte keine Hemmbarkeit des aufgereinigten Thermus Komplexes durch klassische bc-Inhibitoren, was auf eine deutlich abweichende Substratbindung dieses Menachinol-oxidierenden Komplexes hinweist. Durch Optimierung des Thermus/E.coli-Shuttlevektors wurde auch die homologe Überexpression weiterer Thermus-Membranproteine ermöglicht. Dazu gehört neben der ba3-Oxidase auch ein MDL-ähnlicher ABC-Transporter. Weiterhin wurde gezeigt, dass die thermostabilen Eigenschaften sowohl des bc-Komplexes als auch des ABC-Transporters in Detergenzumgebung erhalten bleiben. Dieser Nachweis konnte darüber hinaus auch für den heterolog exprimierten und aus E. coli aufgereinigten ABC-Transporter erbracht werden, der im isolierten Zustand die gleiche Aktivität wie das aus Thermus aufgereinigte Äquivalent aufweist. Neben dem bc-Gesamtkomplex, der ba3-Oxidase und Cytochrom c552 wurden in dieser Arbeit weitere Komponenten der thermophilen Atmungskette in löslicher Form oder mit Membrananker, zum Teil auch heterolog in E. coli exprimiert und unter Erhalt der Redox-Cofaktoren aufgereinigt. Mit der Identifizierung und Charakterisierung eines intakten Cytochrom bc-Komplexes konnte die Lücke im Verständnis der thermophilen Atmungskette von T. thermophilus geschlossen und die Grundlage für weitere Struktur- und Funktionsanalysen dieses membranintegralen Enzymkomplexes geschaffen werden.
Der menschliche Körper ist permanent verschiedenen Mikroorganismen aus der Umwelt ausgesetzt. Dringen diese in den Körper ein, werden sie oder ihre Produkte vom Körper als „fremd“ erkannt und abgewehrt. Dies geschieht über zwei unterschiedliche immunologische Systeme, dem schnell und zuerst reagierenden angeborenen und einem langsamer reagierenden erworbenen Immunsystem. Vom angeborenen Immunsystem erkannt werden so genannte pathogen associated molecular pattern, zu denen auch die CpG-DNA zählt, welche als Ligand des TLR9 identifiziert wurde. CpG- und Non-CpG-ODN sind bislang hauptsächlich an Zellen des Immunsystems erforscht und bewirken dort eine Immunaktivierung und einen pro-inflammatorischen Effekt, der mit dem Ausschütten inflammatorischer Zytokine einhergeht. Es konnte jedoch gezeigt werden, dass sowohl CpG- als auch Non-CpGPTO-ODN an humanen Keratinozyten eine IL-8-Suppression bewirken. Diese IL-8-supprimierende Wirkung wird nicht über den beschriebenen Rezeptor für CpG-DNA TLR9 entfaltet, sondern vermutlich mittels direkter physikalischer Interaktion mit IL-8 selbst. Durch diese Maskierung des IL-8 kann das Chemokin im ELISA nicht mehr detektiert werden. Des Weiteren gelang im Rahmen der vorliegenden Promotionsarbeit der funktionelle Nachweis, dass auch in vivo (im Kontaktdermatitis-Mausmodell) bei topischer Applikation eine anti-inflammatorische Wirkung durch eine Non-CpG-ODN-haltige Salbe erzielt werden kann. Auf intakter Haut, welche permanent mit einer eigenen Mikroflora besiedelt und somit auch permanent mit bakterieller DNA konfrontiert ist, lösen CpG- und Non-CpG-ODN eine Immunsuppression aus, vermutlich als Schutz vor überschießenden Entzündungen der Haut. Außerdem konnte anhand konfokaler Laser-Scan Mikroskopie gezeigt werden, dass die verwendeten ODN längen- und sequenzspezifisch in Keratinozyten aufgenommen und innerhalb der Zellen transportiert werden. Hier zeigte sich, dass Sequenzen, welche bei der IL-8-Suppression nur geringe oder keine Effekte zeigen, direkt in den Nukleus oder die Nukleoli transportiert werden, wo sie vermutlich an nukleare Bestandteile gebunden oder abgebaut werden. Untersuchungen zum Penetrationsverhalten der ODN an Multilayern zeigten, dass die ODN auch hier längenabhängig in tiefere viable Schichten gelangen. Die Untersuchungen zum Penetrations- und Aufnahme-Verhalten der ODN ist für einen möglichen therapeutischen Einsatz der ODN von hohem Interesse. Im Rahmen dieser Promotionsarbeit gelang zudem erstmals der Nachweis, dass PTO-ODN in der Lage sind, die zum angeborenen Immunsystem zählenden anti-mikrobiell wirksamen Substanzen HbD2, HbD3 und Psoriasin zu induzieren. Diese werden in der Haut synthetisiert und schützen gegen eine ganze Reihe von Mikroorganismen. Anhand Promoter-Aktivitätsstudien konnte demonstriert werden, dass die verwendeten ODN eine Aktivierung von NF K B vermitteln, welche in direktem Zusammenhang mit einer HbD2-Induktion steht. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass CpG- und Non-CpG-ODN zwar als "fremd" und potentiell gefährlich in intakter Haut erkannt werden, wodurch eine Induktion von anti-mikrobiell wirksamen Substanzen ausgelöst wird. Gleichzeitig findet jedoch eine IL-8-Suppression (in vitro), beziehungsweise eine anti-inflammatorische Wirkung (in vivo) statt, welche vermutlich vor überschießenden Immunreaktionen der Haut schützen sollen.
Bei endogenen Retroviren handelt es sich um feste Bestandteile des Genoms. Im Fall von PERV (porzine endogene Retroviren) existieren zusätzlich infektiöse, xenotrope Vertreter. Aufgrund dieser Tatsache ist es notwendig, diese replikationskompetenten Proviren aus dem Genom potentieller Donortiere für die Xenotransplantation zu entfernen. Mit dem Wissen um die chromosomale Lage und der damit verbundenen Möglichkeit des Nachweises per PCR wurde im Rahmen dieser Arbeit gezeigt, dass aufgrund einer polymorphen Verteilung ein Ausschluss dieser funktionellen Proviren, mittels konventioneller Züchtung, möglich ist. Allerdings stellen sowohl die deletierten und mutierten proviralen Sequenzen durch eine Rekombination oder eine Komplementation, als auch ekotrope PERV-C ein Restrisiko im Falle einer Xenotransplantation dar. Es ist eine PERV-A/C Rekombinante beschrieben ex vivo worden, welche eine höhere Infektiösität aufweist als alle bisher untersuchten PERV. Bis auf die Rezeptor-Bindedomäne stellt dieses Virus ein PERV-C dar. Deshalb sollten chromosomal PERV-C identifiziert werden, um bei polymorpher Verteilung im Schweinegenom durch entsprechende Züchtung diese aus dem Genom heraushalten zu können. Im Rahmen dieser Arbeit ist es mit Hilfe einer speziellen PCR gelungen sieben Integrationsorte von PERV-C zu identifizieren. Da das Genom des Schweins bisher noch nicht komplett sequenziert ist, war es noch nicht möglich die gefundenen chromosomalen Bereiche zu kartieren. Dies wäre wiederum die Basis für eine Durchmusterung von Schweinen auf die Anwesenheit der gefundenen Proviren. Des Weiteren ist noch nicht bekannt, ob es sich bei diesen PERV-C um vollständige Proviren handelt, da aufgrund der verwendeten PCR und der sehr hohen Homologie verschiedener PERV untereinander nur provirale 3'Enden mit entsprechenden Flanken identifiziert werden konnten. Zusätzlich wurden in den Proben transgener Schweine PERV-C env spezifische Anteile nachgewiesen. Die Verteilung dieser Sequenzen, welche ebenfalls polymorph ist, gibt zwar keinen Aufschluss über die Anwesenheit eines Volllängen Provirus, jedoch ist aufgrund dieser Verteilung gleichfalls ein Ausschluss dieses Virus durch herkömmliche Züchtung möglich. Auf der anderen Seite besteht ein weiteres Risiko nach einer Xenotransplantation, wenn ein infektiöses PERV durch Komplementation gebildet wird, welches als Erbinformation ein env-deletiertes Provirus trägt. Das komplementierte PERV könnte potentiell, nach erfolgter Xenotransplantation, menschliche Zellen infizieren. Daraufhin wäre es zwar nicht mehr in der Lage infektiöse Partikel zu bilden, jedoch besteht noch das Risiko einer Retrotransposition, welche an sich schon mutagen wirkt. Zusätzlich könnten durch diesen Vorgang Gene zerstört oder Onkogene angeschaltet werden. Um dieses Risiko abschätzen zu können, wurden im Rahmen dieser Arbeit modifizierte Proviren von PERV-B(33) und MoMLV (Positivkontrolle) hergestellt und in einem Retrotranspositions Assay getestet. Die Modifikation der Proviren beinhaltete die Deletion des für die Retrotransposition nicht notwendigen env-Leserahmens, im Austausch gegen eine inserierte Indikatorkassette für die Retrotransposition (neoint). Im Rahmen der in dieser Arbeit durchgeführten Experimente konnte im Fall des Molekularklons PERV-B(33) eine Frequenz der Retrotransposition von maximal 1,2*10-6 pro Zelle und Generation ermittelt werden. Demzufolge stellt eine Retrotransposition von env-deletierten proviralen porzinen Sequenzen nach erfolgter Xenotransplantation ein minimales Risiko dar.
Die mechanische Streckung hat einen großen Einfluss auf Keratinozyten und bei der Transduktion dieses Reizes nehmen ßl-integrine, E-Cadherine und EGF-Rezeptoren eine zentrale Rolle ein: Eine einfache mechanische Dehnung von HaCaT-Zellen um 10% fuhrt innerhalb von 5min zu einer schnellen Umorientierung der ßl-Integrine auf der Zellmembran, ohne dass sich dabei die Menge dieser Oberflächenrezeptoren ändert. Die Integrine sammeln sich in der basalen Membran zu größeren Adhäsionskomplexen. Dies hat Auswirkungen auf das Adhäsionsverhalten der Zellen. Eine Streckung bewirkt, dass die mechanisch stimulierten Zellen gegenüber den Kontrollzellen sowohl schneller an das Substrat anheften als auch eine stärkere Zell-Matrix-Adhäsion aufweisen. Das unterschiedliche Adhäsionsverhalten auf den verschiedenen Substraten (Arginin+Serum, Fibronektin, Kollagen) und Experimente mit funktionsblockierenden Antikörpern gegen ßl-Integrine sind Beweise für die Beteiligung dieser Oberflächenrezeptoren an diesem Vorgang. Da adhärente Zellen, wie Keratinozyten. neben Wachstumsfaktoren den Zell-Matrix-Kontakt benötigen, um in die S-Phase eintreten zu können, hat das unterschiedliche Adhäsionsverhalten von gestreckten und ungestreckten Zellen wiederum Einfluss auf die Proliferation. Diese ist bei den mechanisch gereizten Zellen im Vergleich zu den Kontrollzellen gesteigert und zwar im direkten Verhältnis zu der mechanisch induzierten Steigerung der Adhäsion. Im Rahmen einer Rezeptor-Transaktivierung (siehe vorne) kooperieren ßl-Integrine und E- Cadherine sowohl räumlich als auch funktionell mit dem EGF-Rezeptor bei der Übermittlung des Dehnungsreizes: Räumliche Interaktionen: Eine Koclusterung von ßl-Integrinen mit dem EGF-Rezeptor tritt bereits nach 5minütiger mechanischer Reizung an den Zell-Zell-Grenzen und den Fokalkontakten auf. Eine Kolokalisation zwischen E-Cadherinen und EGF-Rezeptoren besteht ebenfalls, wobei sich allerdings Kontrolle und Streckung nicht unterscheiden. Funktionelle Interaktionen: Eine mechanische Stimulation führt zu einer transienten Aktivierung des EGF-Rezeptors (Aktivitätsmaximum: 5min) und der MAP-Kinase ERK1/2 (Aktivitätsmaximum: 15min). Diese streckungsinduzierte Aktivierung von ERK1/2 wird sowohl durch die Blockierung der ßl-Integrine und E-Cadherine als auch durch die Inhibition des EGF-Rezeptors unterbunden. Weiterhin hemmt die Blockierung der Adhäsionsmoleküle die Aktivierung des EGF-Rezeptors. Dies spricht für die Transaktivierungs-Theorie des EGF- Rezeptors durch die ß1-Integrine und E-Cadherine. Die Zellstrukturen und viele zelluläre Prozesse werden durch eine zellintern erzeugte Grundspannung im Zytoskelett aufrechterhalten. Ohne eine Verankerung der Zelle an der ECM oder den Nachbarzellen, was durch die Blockierung der ßl-Integrine und E-Cadherine erreicht wird, bricht dieses fein ausbalancierte System zusammen; die Zytoskelett-Elemente F-Aktin, Intermediär-Filamente und Mikrotubuli zerfallen. Anhand der Ergebnisse dieser Arbeit wird ersichtlich, welche enorme Bedeutung den Adhäsionsrezerptoren - ßl-Integrine und E-Cadherine - für die Formstabilität und die funktionellen Eigenschaften der Zelle zukommt. Ein Ausfall dieser Adhäsionsmoleküle beeinträchtigt sowohl die Form der Zelle (Adhäsionsvorgänge und Tensigrity-Modell) als auch die Transduktion von Umweltreizen durch die Plasmamembran, z.B. einer mechanischen Stimulation, die letztendlich das Überleben der Zelle und die Proliferation bestimmt. Daher wäre denkbar, das die Ergebnisse dieser Grundlagenforschung in Zukunft zur Behandlung von Hautkrankheiten herangezogen werden können.
Das Tau-Protein bildet im Verlauf von zahlreichen Demenzen, mit Morbus Alzheimer als die bekannteste unter ihnen, Aggregate, die sogenannten „neurofibrillären Geflechte“, die aus Fibrillen, den „paired helical filaments“ (PHFs) bestehen. Außerdem ist das Tau-Protein ein essentielles „microtubule-associated protein“, welches für die Aufrechterhaltung des neuronalen Zellmetabolismus notwendig ist. Dies veranlasste uns dazu, das Tau-Protein als Monomer, in der Mikrotubuli-gebundenen Form und als Fibrille zu charakterisieren. Die Technik, die wir hierzu verwendeten war die NMR-Spektroskopie, die als einzige strukturaufklärende Technik mit atomarer Auflösung dazu in der Lage ist, intrinsisch ungeordnete Proteine, wie das Tau-Protein, zu charakterisieren. Zwar war die Signalzuordnung der NMR-Spektren eine große Herausforderung, dennoch war es möglich praktisch alle Rückgratresonanzen sogar für die längste Tau-Isoform htau40 mit 441 Resten erfolgreich eindeutig zu identifizieren. Mit Hilfe der Zuordnung war es möglich das Tau-Protein bezüglich residualer Strukturelemente, Rückgratdynamik und Bindungsverhalten zu untersuchen. Wir konnten zeigen, dass in der C-terminalen Hälfte des Tau-Proteins, in welcher eine charakteristische Domäne vorliegt, die durch vier imperfekte „repeat“-Regionen (Länge ist jeweils ca. 31 Reste) gekennzeichnet ist, partieller beta-Strukturcharakter vorliegt. Ebenfalls weist diese Region eine verhältnismäßig hohe Rigidität auf. Aus diesem Grund betrachten wird diesen sequentiellen Bereich als den Aggregationskeim, was auch durch die Beobachtung verstärkt wird, das genau diese Zone den rigiden Teil der Fibrillen bildet. Diese aggregationsanfällige Region bindet gleichzeit stark an Mikrotubuli, wodurch ihre Pathogenität im gesunden biologischen System blockiert sein sollte. Mutationen oder Instabilität in den Mikrotubuli können jedoch dazu führen, dass immer höhere Mengen an Tau in freier gelöster Form vorliegen, sich Dimere ausbilden, welche dann weiter aggregieren und schließlich PHFs bilden, die eine starke cross-beta-Struktur aufweisen. Die übrigen Bereiche, wie die N-terminale Hälfe oder die äußersten 50 C-terminalen Reste weisen hingegen einen partiellen alpha-helikalen Charakter auf und eine höhere Peptidrückgratflexibilität. Deshalb kann man diese Elemente als aggregationsinhibierend betrachten. Das genauere Zusammenspiel dieser Elemente muss noch aufbauend auf der vorliegenden Dissertation verstärkt im Detail untersucht werden.
Riboswitche sind hoch strukturierte RNA‐Elemente, die durch direkte Bindung von kleinen Metaboliten die Expression vieler bakterieller Gene kontrollieren. Sie bestehen aus einer Ligand‐bindenden Aptamerdomäne und einer so genannten Expressionsplattform. Im Zuge der Metabolitbindung an die Aptamerdomäne ändert sich die Konformation der Expressionsplattform. Diese Konformationsänderung führt zu einem vorzeitigen Abbruch der mRNA‐Transkription oder zu einer Inhibierung der Translationsinitiation. In Bacillus subtilis wurden zwei Klassen von Riboswitchen gefunden, die trotz einer sehr hohen Homologie in ihrer Primär‐ und Sekundärstruktur spezifisch zwischen den Purinen Guanin und Adenin unterscheiden.
Durch den direkten NMR‐spektroskopischen Nachweis von Wasserstoffbrückenbindungen konnte der Bindungsmodus von Adenin, Guanin und von weiteren Purinliganden an diese beiden Klassen von Riboswitch‐RNAs beschrieben werden. Für beide Purin‐Riboswitche wurde ein gemeinsamer Bindungsmechanismus des Purinliganden an die RNA beobachtet. Hierbei bildet der Purinligand ein intermolekulares Basentripel mit der Riboswitch‐RNA aus. Die Spezifität der Metabolitbindung ist das Resultat eines intermolekularen Watson‐Crick Basenpaars zwischen dem gebundenen Liganden Guanin und einem Cytidin bzw. zwischen dem Liganden Adenin und einem Uridin der jeweiligen Riboswitch‐RNA. Zusätzlich wurde eine zweite Basenpaarung zwischen der Riboswitch‐RNA und dem gebundenen Liganden entdeckt, die in beiden Riboswitch‐Klassen identisch ist und ein weiteres Uridin der RNA und die N3/N9 Seite des Purinliganden einschließt. Diese Basenpaarung entsteht durch ein bislang unbeschriebenes Wasserstoffbrückenbindungsmuster, das zur Affinität der RNA‐Ligand‐ Wechselwirkung beiträgt. Die beobachteten intermolekularen Wasserstoffbrückenbindungen zwischen der RNA und dem gebundenen Purinliganden erklären die beobachtete Spezifitätsumkehrung einer C zu U Mutation in der Ligandbindungstasche der Riboswitch‐ RNA und die Unterschiede der Bindungsaffinitäten von verschiedenen Purinanaloga.
Weiterhin wurden die Ligand‐ und Kation‐induzierten konformationellen Änderungen der isolierten Aptamerdomänen beider Purin‐bindenden Riboswitche und des gesamten Guanin‐ Riboswitches mittels NMR‐Spektroskopie untersucht. Demnach ist die Ligandbindungstasche in der Ligand‐ungebundenen Form unstrukturiert und Ligandbindung verläuft nach einem induced fit‐Mechanismus. Die Untersuchung der freien und Mg2+‐gebundenen Form der Ligand‐ungebundenen Aptamerdomäne zeigte Unterschiede zwischen den beiden eng verwandten Purin‐bindenden Riboswitchen. Während die Wechselwirkung zwischen den hoch konservierten Sequenzen der apikalen Schlaufen der Helix II und III in der Mg2+‐freien Form des Guanin‐Riboswitches vorgeformt ist, ist sie in der Mg2+‐freien Form des Adenin‐ Riboswitches nicht ausgebildet, wird jedoch in Gegenwart von Mg2+ ausgebildet. Es konnte gezeigt werden, dass dieser konformationelle Unterschied zwischen den Ligand‐ ungebundenen Purin‐Riboswitchen durch die Stabilität der apikalen Basenpaare in Helix II festgelegt wird. Die im Guanin‐Riboswitch gefundene stabile Schlaufen‐Schlaufen‐ Wechselwirkung kann auch außerhalb der Riboswitchsequenz existieren. Durch Mg2+, Mn2+ und Co(NH3)63+ Titrationen der Ligand‐gebundenen Purin‐Riboswitch Aptamerdomänen konnten spezifische Kationbindungsstellen lokalisiert werden, die in beiden Komplexen übereinstimmen und eine Rolle in der Stabilisierung der RNA‐Struktur spielen.
Um die Sekundärstruktur des gesamten Guanin‐Riboswitches in seiner freien und Ligand‐ gebundenen Form zu untersuchen, wurden die NMR‐Spektren dieser RNA mit denen der freien und Ligand‐gebundenen isolierten Aptamerdomäne und der isolierten Terminator‐ und Antiterminatorelemente verglichen. Überaschenderweise bildet bereits die freie Form des gesamten Guanin‐Riboswitches das Terminatorelement und die Aptamerdomäne aus. Somit finden konformationelle Änderungen im Zuge der Ligandbindung einzig in der Aptamerdomäne statt. Weiterhin wurde die Struktur der freien und Ligand‐gebundenen Form einer verkürzten Guanin‐Riboswitch‐RNA untersucht. Diese RNA ist ein Modell für ein Transkriptionsintermediat, das durch eine der drei RNA‐Polymerase‐Ruhestellen induziert wird, die in der Riboswitch‐Sequenz aufzufinden sind. Interessanterweis schließen sich die Ligandbindung an die Aptamerdomäne und die Ausbildung des Antiterminators nicht gegenseitig aus, wie bisher angenommen. Die verkürzte RNA kann in Abhaengigkeit von verschiedenen experimentellen Bedingungen unterschiedliche Sekundärstrukturen annehmen. Das hat interessante Auswirkungen auf die Rolle der im Terminatorelement lokalisierten Transkriptionsruhestelle für den genregulatorischen Prozess und führt zu einem neuen Modell der Funktionsweise des Guanin‐Riboswitches.
Starke allergische Reaktionen gegen nicht spezifische Lipidtransfer Proteine sind im Mediterranen Raum weit verbreitet. LTPs besitzen als Klasse 1 Nahrungsmittelallergene vermutlich die Fähigkeit über den oralen Weg, durch den Verzehr von Nahrung, eine Sensibilisierung auszulösen. Zu Beginn dieser Arbeit wurde jedoch in der Literatur die Möglichkeit diskutiert, ob auch bei einer LTP-Sensibilisierung eine Pollen-assozierte Nahrungsmittelallergie vorliegen könnte. Untersuchungen zur IgE-Bindungskapazität von Lebensmittel- und Pollen-LTPs zeigten partielle Kreuzreaktivitäten. Eine Aussage über eine einheitliche Tendenz zur stärkeren IgE-Bindungskapazität konnte anhand der derzeitigen Ergebnisse weder für die Lebensmittel- noch für die Pollen-LTP-Gruppe getroffen werden. Dementsprechend lag kein eindeutiger Hinweis zur Korrelation zwischen der Sensibilisierung gegen Pollen- und Nahrungsmittel-LTPs vor, wodurch die Frage zur Fähigkeit der einzelnen LTPs kausal eine Allergie auszulösen weiterhin offen bleibt. Die Untersuchungen dieser Arbeit fokussierten sich auf die Lebensmittelallergene und sollten ihre klinische Bedeutung analysieren und Aufschluss über die Fähigkeit dieser Allergene eine Allergie kausal auszulösen bringen. Hierbei sollte untersucht werden, ob jedes Nahrungsmittel-LTP die Fähigkeit besitzt eine IgE-Sensibilisierung auszulösen oder ob ein LTP als primär sensibilisierendes Agens wirkt und nachfolgend immunologische Kreuzreaktionen zu anderen LTPs auftreten. Aufgrund der großen Häufigkeit von Patienten mit einer Pfirsichallergie im mediterranen Raum mit einer Sensibilisierung gegen das Pfirsich-LTP (Pru p 3), sowie einer schweren Symptomatik, wird vermutet, dass dieses Allergen eine wichtige Rolle spielt und eventuell als primär sensibilisierendes Agens fungieren könnte. Zur Identifizierung eines primär sensibilisierenden Agens sollte das Ausmaß der Antikörper-Kreuzreaktivität, die Aufschluss über die Affinität und Vorkommen gemeinsamer Epitope liefern soll, untersucht werden. Weiterhin sollte die IgE-Prävalenz der einzelnen Allergene, ihre Immunogenität (T-Zell-Kreuzreaktivität und in vivo Antikörperinduktion) und die biologische Potenz untersucht werden. Um der Fragestellung nachzugehen wurden die LTPs aus taxonomisch verwandten (Kirsche, Pru av 3 und Pfirsich, Pru p 3) und nicht verwandten (Haselnuss, Cor a 8 und Salat, Lac s 1) Lebensmitteln in die Studie einbezogen. Für die Untersuchungen standen 51 Seren von spanischen Lebensmittelallergikern zur Verfügung, deren Allergien gegen Pfirsich, Salat, Haselnuss und Kirsche anamnestisch und serologisch erfasst wurden. Die Relevanz der LTPs wurde durch die Schwere der klinischen Symptomatik deutlich. LTPs besitzen eine hohe Stabilität gegenüber thermischer und proteolytischer Prozessierung. Natürliches Pru p 3 zeigte bei einer Erhitzung auf 90°C zum größten Teil eine intakte Sekundärstruktur. Diese Eigenschaften könnten die Aufnahme von intakten Allergenen im gastrointestinalen Trakt begünstigen, wodurch die teilweise starken allergischen Reaktionen erklärt werden können. Bei der Untersuchung zur Relevanz von Pru p 3 im Vergleich zu Lac s 1, Cor a 8 und Pru av 3 wurde die IgE-Prävalenz, IgE-Bindekapazität, IgE-Kreuzreaktivität und biologische Potenz untersucht. Spezifisches IgE gegen Lac s 1 (93%), Pru p 3 (90%), Cor a 8 (88%) und Pru av 3 (85%) wurde mittels ImmunoCAP-FEIA in der jeweiligen Lebensmittelallergikergruppe gefunden und quantitativ bestimmt. Alle untersuchten Lebensmittel-LTPs erwiesen sich als Hauptallergene in der jeweiligen Patientengruppe. Bei Untersuchungen der IgE-Bindekapazität zeigten alle untersuchten Patienten, mit Ausnahme von einem, eine stärkere IgE-Bindungen gegen Pru p 3 im Vergleich zu Cor a 8. Demnach korreliert eine IgE-Sensibilisierung gegen Cor a 8 mit der gegen Pru p 3. Lac s 1 zeigte in einigen Fällen eine stärkere IgE-Bindung im Vergleich zu Pru p 3 und umgekehrt. Mit Ausnahme eines Patienten war eine IgE-Sensibilisierung gegen Lac s 1 immer mit der gegen Pru p 3 assoziiert. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass in Einzelfällen spezies-spezifische Epitope beobachtet wurden, während IgE-Reaktivitäten gegen LTPs, die nicht zu der Familie der Rosengewächse gehören, in seltenen Fällen ohne eine begleitende Sensibilisierung gegen Pru p 3 auftraten. Die IgE-Bindung an Pru p 3 konnte durch Cor a 8 und Lac s 1 maximal bis 60% inhibiert werden, während Pru p 3 eine komplette Inhibition der Cor a 8 und Lac s 1 IgE-Bindung bewirkte. Demnach besitzt Pru p 3 alle IgE-Epitope von Lac s 1 und Cor a 8 und/oder eine stärkere Affinität zu den IgE-Antikörpern. Cor a 8 zeigte, trotz der Fähigkeit schwere Symptome auszulösen, eine relativ geringe biologische Potenz. Lediglich bei einem von fünf untersuchten Patienten zeigte Lac s 1 eine starke maximale Histaminfreisetzung. Pru p 3 und Pru av 3 zeigten die stärkste biologische Potenz bei allen untersuchten Pfirsichallergikern. Ein Salatallergiker ohne Pfirsichallergie zeigte durch die Stimulation mit Pru p 3 eine geringe Mediatorfreisetzung, wodurch dem Allergen Pru p 3 in Einzelfällen ohne klinische Symptomatik gegen das Allergen nicht zwangsläufig die stärkste biologische Potenz zugeschrieben werden kann. Pru p 3 und Pru av 3 zeigten aufgrund einer hohen Sequenzidentität von 85% nahezu identische IgE-Bindekapazitäten, IgE-Kreuzreaktivitäten, sowie eine ähnliche biologische Potenz. Eine Kreuzreaktivität auf T-Zell-Ebene wurde ebenfalls zwischen Pru p 3 und Pru av 3 detektiert, während im murinen System mittels RBL-2H3-Mediatorfreisetzungstest keine Kreuzreaktivität unter allen untersuchten Lebensmittel-LTPs nachweisbar war. Fehlende T-Zell-Kreuzreaktivitäten zwischen Pru p 3/Cor a 8 und Pru p 3/Lac s 1 deuten auf unterschiedliche T-Zell-Epitope der untersuchten Proteine hin. Um eine generelle Aussage über die T-Zell-Kreuzreaktivität treffen zu können, wären weitere systematische T-Zell-Proliferationsstudien erforderlich. Die erhaltenen Ergebnisse verdeutlichen, dass dem Allergen Pru p 3 hinsichtlich IgE-Prävalenz, IgE-Bindekapazität, IgE-Kreuzreaktivität im Inhibitions-ELISA und der biologischen Potenz im Mediatorfreisetzungstest die bedeutendste Rolle unter den untersuchten LTPs zukommt. In Einzelfällen konnten jedoch spezies-spezifische Epitope nachgewiesen werden, wodurch die Annahme verstärkt wird, dass Pru p 3 nicht das alleinige Immunogen sein kann. Weiterhin waren alle untersuchten LTPs im murinen System immunogen, wodurch die Annahme verstärkt wird, dass jedes untersuchte LTP eine Allergie kausal auslösen kann. Unterstützt wird diese Vermutung durch die fehlende Kreuzreaktivtität der murinen IgE-Antikörper. Eine eindeutige Aussage kann aufgrund der erhaltenen Ergebnisse derzeit noch nicht getroffen werden, da weitere systematische T-Zell-Proliferationsstudien und Inhibitions-ELISA der Maus-Immunsera in dieser Arbeit nicht mehr durchgeführt werden konnten.
Die Zuckertransporterfamilie ist eine Unterfamilie der MFS („major facilitator superfamily“), wobei die MFS wiederum als Überfamilie von Transportproteinen definiert wurde, die sich aus Proteinen mit 12 Transmembran-Domänen zusammensetzt. Im Rahmen dieser Doktorarbeit sollte die subzelluläre Lokalisation und physiologische Funktion der uncharakterisierten Mitglieder der Zuckertransporterfamilie Ybr241 und Ygl104 untersucht werden. Mittels Zellfraktionierung durch Saccharosedichtegradienten-Zentrifugation und Fluoreszenzmikroskopie konnte eine Lokalisation von Ybr241 und Ygl104 in der vakuolären Membran festgestellt werden. Da Plasmamembran-Proteine zur Degradation ubiquitiniert, über Endocytose internalisiert und in der Vakuole abgebaut werden, wurden weitere Lokalisationsstudien sowohl in Endocytose-Mutanten als auch in einer Mutante mit Defekten in der Ubiquitinierung durchgeführt. Diese ergaben, daß die vakuoläre Lokalisation nicht auf Degradation zurückzuführen war. Somit handelt es sich bei Ybr241 und Ygl104 um residente vakuoläre Membranproteine. Lokalisationsstudien in vps-Mutanten erbrachten Hinweise darauf, daß zumindest Ygl104, wie die meisten vakuolären Proteine, über den CPY-Weg zur Vakuole befördert wird. Weder durch Wachstumsanalysen noch mit Hilfe von Phenotype MicroArrays™ (Biolog, Inc.) konnten Phänotypen der Deletionsmutanten von Ybr241 und Ygl104 identifiziert werden. Allerdings zeigte sich im Verlauf der Arbeit, daß die Deletionsmutanten einen Vorteil beim Wachstum mit geringen Glucosekonzentrationen bei 37°C haben. Des weiteren bestanden aufgrund von Datenbankanalysen Anhaltspunkte auf eine Beteiligung am Trehalosestoffwechsel. Durch Hitzeschockexperimente konnte eine essentielle Rolle von Ybr241 und Ygl104 bei der Resistenz von Zellen gegenüber schwerem Hitzestreß identifiziert werden. Die verminderte Thermotoleranz der Deletionsmutanten war aber nicht auf einen geringeren Gehalt der Zellen am Streßschutzmolekül Trehalose zurückzuführen. Zudem deckte ein SGA („synthetic genetic array“) eine synthetisch kranke Interaktion von YBR241C und YGL104C mit dem Gen der Trehalose-6-Phosphat-Synthase TPS1 auf. Diese Interaktion sprach gegen eine Beteiligung der Genprodukte am Trehalosestransport, da tps1-Mutanten keine Trehalose enthalten. tps1-Mutanten haben einen Wachstumsdefekt mit schnell fermentierbaren Kohlenstoffquellen, der höchstwahrscheinlich auf einen Mangel an freiem Phosphat zurückzuführen ist. Somit scheinen die Proteine Ybr241 und Ygl104 die intrazelluläre Phosphatkonzentration zu beeinflussen. Eine Analyse ergab, daß der Phosphat- und Polyphosphatgehalt der Mutanten teilweise stark herabgesetzt war. Der Einfluß könnte direkt durch Phosphatimport in die Vakuole stattfinden oder sekundär über eine Verminderung der Glycerinproduktion, da durch die Synthese von Glycerin wieder Phosphat freigesetzt wird. Somit handelt es sich bei Ybr241 und Ygl104 möglicherweise um vakuoläre Phosphat- oder Glycerintransporter. Ferner konnte gezeigt werden, daß die saure Trehalase Ath1 sekretiert wird und Trehalose extrazellulär in Glucose hydrolysiert. Die Glucosemoleküle werden dann von der Hefezelle aufgenommen und verstoffwechselt. Somit spielt Ath1 eine essentielle Rolle beim Wachstum der Hefe mit Trehalose als Kohlenstoffquelle. Ziel des zweiten Teils dieser Doktorarbeit war die Entwicklung eines genomweiten Screens nach ER-Verpackungschaperonen, durch den bisher unbekannte Verpackungschaperone identifiziert werden sollten. Durch Testen verschiedener Varianten des Screens konnte ein Verfahren entwickelt werden, das prinzipiell funktionierte. Für den Einsatz im genomweiten Maßstab war es jedoch ungeeignet, da mit einer hohen Rate an falsch negativen Ergebnissen zu rechnen gewesen wäre.
Der Mangel von Faktor VIII (FVIII) führt zur häufigsten Gerinnungsstörung, der Hämophilie A. Die rekombinante Expression von FVIII für gentherapeutische Ansätze oder zur Herstellung von FVIII ist zwei bis drei Größenordnungen niedriger verglichen mit anderen Proteinen vergleichbarer Größe. Die Ursachen für die geringe Expression liegen zum großen Teil an der ineffizienten Transkription und dem ineffizientem intrazellulären Transport. (1) Im Rahmen der Untersuchung der FVIII-Sekretion, konnte durch Verwendung von FVIII-GFP Fusionsproteinen zum ersten Mal gezeigt werden, wie FVIII in lebenden Zellen transportiert wird. Außerdem wurde anhand von vergleichenden Immunfluoreszensfärbungen, FVIII-Messungen und Westernblotanalysen demonstriert, dass weder bei der B-Domäne deletierten noch bei der Volllängenvariante signifikante Unterschiede zwischen den GFP-fusionierten und Wildtyp-FVIII-Varianten messbar waren. Offensichtlich wird die Funktionalität von FVIII durch die C-terminal fusionierte GFP-Domäne nicht eingeschränkt. In ersten Lebendzellanalysen konnte gezeigt werden, dass sich FVIII in primären Zellen und Zelllinien hauptsächlich im ER befindet und eine für lumenale ER-Proteine charakteristischen Mobilität aufweist. Beim frühen sekretorischen Transport zeigte sich bei Temperaturblock-Experimenten eine verlängerte Dauer der Akkumulation in ER-Exit-Sites und eine vergleichsweise niedrige Frequenz von ER-Golgi-Bewegungen. Es konnte zum ersten Mal der Nachweis von FVIII-Transport durch vesikuläre tubuläre Cluster erbracht werden. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass der möglicherweise durch Faltungsprobleme blockierte Austritt aus dem ER das Hauptproblem des ineffizienten FVIII-Transports zu sein scheint und weniger der intrazelluläre Transport an sich. Mittels siRNA-Silencing wurde außerdem die überwiegende Beteiligung von COPI am intrazellulären Transport von FVIII deutlich, dessen Herunterregulierung zu einer 78 prozentigen Reduktion der FVIII-Sekretion im Gegensatz zu 32 Prozent bei COPII führte. Dagegen konnte durch Herunterregulierung der Expression der p24-Cargo-Rezeptor Familienmitglieder p24 und p26 und der Clathrin Adapterproteine µ- und -Adaptin bzw. durch physiologischen Knock-out im Falle von ER-Exit-Rezeptor MCFD2 kein Einfluß auf die FVIII-Sekretion festgestellt werden. (2) Als Alternative zu dem ineffizienten FVIII-Expressionsystem in unphysiologischen Zelllinien, bieten primäre Endothelzellen den Vorteil einer hocheffizienten FVIII-Sekretion. Zur Verwendung bei der rekombinanten Produktion benötigt man allerdings eine kontinuierlich wachsende gut charakterisierte Zelllinie. Zur Immortalisierung wurden aus Nabelschnurblut gewonnene Endothelprogenitorzellen mit der aktiven Untereinheit der humanen Telomerase (hTERT) transduziert. Trotz erfolgreicher Transduktion und langfristiger Expression von hTERT, welche im TRAP-Assay normale Aktivität zeigte, gingen die Zellen nach der natürlichen Teilungsspanne in die Seneszenz über. Möglicherweise wird noch ein weiteres Immortalisierungsgen benötigt oder hTERT ist durch die ektopischen Expression in diesen Endothelzellen nicht funktionell. (3) Der Einsatz hämatopoetischer Stammzellen für gentherapeutische Ansätze zur Expression von humanen FVIII ist bislang aufgrund niedriger Expressionseffizienz der Vektoren limitiert. Es wurden daher die Kombinationen verschiedener transkriptioneller und posttranskriptioneller Elemente in FVIII-Expressionsvektoren ausgetestet. Hierbei zeigte sich, dass die Verwendung einer 5’ untranslatierten Region (5’UTR) des hämatopoetisch exprimierten FXIIIA-Gens die FVIII-Sekretion in verschiedenen Zelllinien und primären Zellen deutlich steigerte. Am stärksten war die Wirkung in primären Monozyten, in denen die FVIII-Expression den 6fachen Wert im Vergleich zum Ursprungsvektor ohne 5’UTR erreichte. Leberzellen stellen weitere attraktive Zielzellen für gentherapeutische Ansätze dar, da Sie den primären physiologischen Ort der FVIII-Synthese darstellen. Die häufig für Gentherapievektoren verwendeten ubiquitär exprimierenden viralen Promotoren bewirken zwar hohe Expression in den transduzierten Zellen, haben allerdings den Nachteil durch ektopische Expression vermehrt Immunantworten auszulösen und durch starke Interaktion mit benachbarten Promotoren der Integrationsstelle im Genom möglicherweise tumorgene Effekte zu verursachen. Bei der Untersuchung verschiedener physiologischer Promotoren im Vergleich zum viralen CMV Promotor in Leberzellen konnte mit dem zum ersten mal getesteten minimalen FVIII-Promoter in einem lentiviralen Vektor der dritten Generation in Leberzelllinien eine vergleichsweise hohe Expression von 0,5 IU/ml FVIII /106 Zellen erzielt werden. Der FVIII-Promoter ist daher geeignet für eine lebergerichtete Expression und minimiert dabei das potentielle Risiko der häufig verwendeten ubiquitären viralen Promotoren.
Eine Einschränkung des Hörvermögens durch Schäden der Sinnesrezeptoren im Innenohr gilt beim Menschen sowie bei allen anderen Säugetieren als irreversibel. Die Hörforschung ist an der Frage interessiert, ob durch Plastizität in zentralen Teilen des auditorischen Systems Kompensationsmechanismen die Folgen mildern können. Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Frage, ob und in welchem Umfang nach peripheren Hörschäden durch zentrale Kompensationsmechanismen eine Erholung des Hörvermögens auftritt auf der Basis von plastischen Änderungen der neuronalen Verarbeitung der Eingangssignale aus dem geschädigten Hörorgan. Schäden des Sinnesepithels im Innenohr, z.B. durch überlaute Beschallung oder ototoxische Substanzen, betreffen in der Regel zunächst die äußeren Haarzellen und führen zu einem Verlust der Empfindlichkeit und Frequenzspezifität des Hörvermögens. Eine primäre selektive Schädigung der inneren Haarzellen (IHZ) tritt im Tiermodell, aus unbekannten Gründen nur bei einer Spezies auf, dem Chinchilla (Chinchilla laniger) und zwar nach Gabe des antineoplastischen Medikament Carboplatin. Das gute Tieffrequenzhören der Chinchillas (0.1-20 kHz) ermöglicht außerdem Aussagen zur akustischen Signalverarbeitung in einem für das menschliche Gehör relevanten Frequenzbereich (0.02-16 kHz). Dieses Tiermodell bietet somit die Gelegenheit, die Veränderungen in zentralen Teilen des auditorischen Systems nach einer definierten sensorischen Schädigung zu untersuchen. Hierfür kommt u.a. das auditorische Mittelhirn, der Colliculus Inferior (IC) in Frage. Der IC wird als Hauptintegrationszentrum der Hörbahn angesehen weil er Eingänge von fast allen vor ihm liegenden auditorischen Kernen (z.B. Nucleus cochlearis, Nucleus olivaris und Leminscus lateralis) bekommt. Ein weiterer Grund für die Wahl des IC als Untersuchungsgebiet der vorliegenden Arbeit ist, die Frage zu beantworten, ob die auf der Ebene des auditorischen Kortex bereits nachgewiesene funktionelle Plastizität auch auf der Ebene des IC schon realisiert oder vorbereitet wird. Die vorliegende Arbeit untersucht das Antwortverhalten der Neurone im ICc an wachen Tieren vor und nach einem selektiven Teilverlust der IHZ bei Erhalt der äußeren Haarzellen. Die Arbeitshypothese ist, dass es nach einem abgeschwächten sensorischen Eingang zu Veränderungen der exzitatorischen und inhibitorischen Antwortfelder kommt, die als funktionelle Plastizität bzw. als Kompensation verstanden werden können. Anhand elektrophysiologischer Ableitungen im ICc von wachen, chronisch implantierten Tieren wurden die exzitatorischen und die inhibitorischen Antwortfelder der Neurone durch Einton- und Zweiton- Stimulation getrennt gemessen und bestimmt. Die Resultate zeigen, dass die exzitatorischen und inhibitorischen Antworteigenschaften im IC bei wachen und narkotisierten Tieren unterschiedlich sind. In wachen Tieren weist die Inhibition generell höhere Variation auf als in narkotisierten Tieren und ist unabhängiger von der Art der Exzitation. Eine Carboplatinbehandlung führte bei allen Tieren nach 3-7 Tagen zu einer Abnahme der Amplituden und einer Erhöhung der Schwellen der akustisch evozierten Hirnstammpotentiale (ABRs). Die histologische Untersuchung des Innenohres (10 Wochen nach Carboplatinbehandlung), zeigte bei allen Tieren Verluste der IHZ (zwischen 20 und 60%) entlang der gesamten Basilarmembran. Es wurden aber keine Verluste von ÄHZ festgestellt. Die Gehirn-Schnitte zeigten, dass die Registrierungen aus dem zentralen Teil des Colliculus Inferior stammen. Die physiologische Untersuchung der Antworteigenschaften der Neurone im IC 4-6 Wochen nach der carboplatinbedingten Schädigung der IHZ zeigte eine Reduktion der Inhibition, die u.a. deutlich an dem Verlauf der Intensitätskennlinien zu beobachten war. Nach dem Teilverlust der IHZ wurden viel weniger nichtmonotone Kennlinien gefunden als vor der Innenohrschädigung. Darüber hinaus beobachteten wir eine Reduzierung der inhibitorischen Regionen und eine signifikante Ausweitung der exzitatorischen Antwortfelder nach dem Teilverlust der IHZ. Die Resultate der vorliegenden Arbeit führen zu der Schlussfolgerung, dass nach einer Teilschädigung der inneren Haarzellen, unter Erhalt der ÄHZ nur ein geringer Sensitivitätsverlust in der zentralen Hörbahn auftritt. Der Verlust von 20-60% der IHZ und der damit einhergehende reduzierte afferente Informationsfluss führt zu physiologischen Veränderungen in der Hörbahn, die im IC von wachen Tieren vor allem durch eine Reduktion der Inhibition hervortritt. Dies deutet daraufhin, dass zentrale Kompensationsmechanismen bei peripheren Hörschäden nicht, wie bisher vermutet, erst in kortikalen sondern zum Teil bereits in subkortikalen Arealen (im Mittelhirn) stattfinden.
Untersuchung der Interaktion zwischen NCoA-Koaktivator-Proteinen in der Transkriptionsregulation
(2007)
Die Mitglieder der NCoA-Koaktivator-Familie fungieren als Koaktivatoren für verschiedene Transkriptionsfaktoren, wie z.B. nukleäre Hormonrezeptoren und STAT-Proteine. NCoA-Proteine rekrutieren sekundäre Koaktivatoren, die durch die Modifikation des Chromatins die Transkriptionsaktivierung ermöglichen. Vorhergehende Studien postulierten die Dimerisierung von NCoA-Proteinen über die aminoterminalen bHLH/PAS-Domänen und die Rekrutierung von Paaren von NCoA-Proteinen, konnten jedoch eine direkte Interaktion nicht nachweisen. In unserer Arbeitsgruppe konnte gezeigt werden, dass die PAS-B-Domäne von NCoA-1 ein LXXLL-Motiv in der Transaktivierungsdomäne von STAT6 binden kann. Im Rahmen dieser Arbeit sollte untersucht werden, ob eine Interaktion von Mitgliedern der NCoA-Proteinfamilie über die PAS-B-Domäne und eigene LXXLL-Motive vermittelt werden kann und welche physiologische Bedeutung die Interaktion von NCoA-Proteinen hat. Die Interaktion endogener NCoA-Proteine konnte in zwei verschiedenen Zelllinien nachgewiesen werden. Es konnte gezeigt werden, dass die PAS-B-Domänen aller drei NCoA-Familienmitglieder mit allen Volllängen-NCoA-Proteinen interagieren können und für eine solche Interaktion ausreichend sind. Dabei interagieren die PAS-B-Domänen spezifisch mit einer Region in der CBP-Interaktions-Domäne (CID/AD1) von NCoA-1, die zwei LXXLL-Motive und den vollständigen Bereich, der die Interaktion mit CBP vermittelt, enthält. Es zeigte sich, dass sich die Bindungsmotivspezifität der NCoA-1-PAS-B-Domäne von den Bindungsmotivspezifitäten der PAS-B-Domänen von NCoA-2 und NCoA-3 unterscheidet. Ebenso zeigten sich unterschiedliche Bindungsmotivspezifitäten für die Interaktion mit der CID/AD1 von NCoA-3, die nur mit der PAS-B-Domäne von NCoA-1 interagierte. Eine physiologische Bedeutung der charakterisierten PAS-B/CID/AD1-Interaktion auf die Bildung und Rekrutierung von Koaktivator-Komplexen wurde mittels Überexpressions-Experimenten untersucht, in denen dominant negative Effekte erwartet wurden. So führte die Überexpression der PAS-B-Domäne bzw. die Kompetition mit der CID/AD1 zur Inhibition der Interaktion von NCoA-1 mit dem Koaktivator CBP und dem Transkriptionsfaktor STAT6. Außerdem führte die stabile Überexpression der PAS-B-Domänen von NCoA-1 und NCoA-3 zu einer veränderten Expression des natürlichen endogenen Androgen-Rezeptor-Zielgenes PSA. Die in dieser Arbeit identifizierte Interaktion von NCoA-Proteinen stellt einen neuen und, zu den bisher bekannten Modellen der Koaktivator-Rekrutierung, ergänzenden Mechanismus dar. Dies gilt sowohl für eine postulierte inter- und intramolekulare Interaktion von NCoA-1 bei der STAT6-vermittelten Transkriptionsaktivierung, als auch für die durch nukleäre Hormonrezeptoren geforderte Rekrutierung von Paaren von NCoA-Proteinen. Zusammenfassend können die in dieser Arbeit erhaltenen Ergebnisse dabei helfen, das Verständnis der dynamischen Rekrutierung von Koaktivatoren bzw. Koaktivator-Komplexen und damit der Regulation der Genexpression, weiter zu verbessern.
Tumorerkrankungen, insbesondere solche im metastasierenden Stadium, erfordern effiziente Therapien. Krebstherapien wie Bestrahlung oder Chemotherapie wirken über die Induktion von Apoptose. Resistenz gegen diese Behandlungsansätze geht einher mit der Blockierung relevanter apoptotischer Signalwege. Dennoch haben Tumorzellen nicht grundsätzlich die Fähigkeit verloren, apoptotischen Zelltod zu sterben, d. h. mit einem geeigneten Stimulus kann in jeder Tumorzelle Apoptose induziert werden. In dieser Arbeit wurden Proteine entwickelt, die Enzyme apoptotischer Signalkaskaden selektiv in Tumorzellen einschleusen. Um Spezifität für transformierte Zellen zu erlangen, wurden diese Proteine mit Zellbindungsdomänen gekoppelt, die an tumorassoziierte Antigene binden. Als Zielstrukturen auf der Oberfläche von Krebszellen dienten die Rezeptoren der ErbB Familie „epidermal growth factor receptor“ (EGFR) und ErbB2. Überexpression dieser Rezeptoren wird auf einer Vielzahl von Tumoren epithelialen Ursprungs beobachtet und ist ursächlich beteiligt an der malignen Transformation. Als Apoptoseinduktoren wurden die Serinprotease Granzym B (GrB) sowie das Protein „apoptosis inducing factor“ (AIF) eingesetzt. GrB induziert Apoptose durch direkte Aktivierung von Caspasen und Spaltung zentraler Caspasen-Substrate. Damit greift die Protease am unteren Effektorende apoptotischer Signalwege ein und umgeht so die meisten Resistenzmechanismen transformierter Zellen. Um GrB in Tumorzellen einzuschleusen, wurde die Protease mit dem ErbB2 spezifischen Antikörperfragment scFv(FRP5) gekoppelt. Zunächst wurde eine biotinylierte Variante der Protease (bGrB) über die hochaffine Streptavidin/ Biotin Interaktion mit einem Fusionsprotein komplexiert, das aus dem scFv(FRP5) und Streptavidin besteht (SA-5). Komplexe aus enzymatisch aktivem bGrB und SA-5 wiesen selektive cytotoxische Aktivität gegenüber ErbB2 exprimierenden Zellen auf, die allerdings von der Präsenz des endosomolytischen Reagenz Chloroquin abhing. Dies zeigt die Notwendigkeit einer Translokation vom endosomalen Kompartiment, um internalisiertem GrB Zugang zu seinen cytosolischen Substraten zu ermöglichen. Aufbauend auf diesen Ergebnissen, die grundsätzlich nachweisen, daß das Einbringen von GrB in Tumorzellen ausreichend ist, um in diesen Zellen Apoptose zu induzieren, wurden Fusionsproteine abgeleitet, in denen GrB direkt mit Zellbindungsdomänen fusioniert ist. Neben dem scFv(FRP5) wurde auch der EGFR-Ligand TGFalpha eingesetzt. Fusionsproteine bestehend aus reifem GrB und scFv(FRP5) (GrB-5) bzw. TGFalpha (GrB-T) wurden in der Hefe Pichia pastoris exprimiert und mit hohen Ausbeuten gereinigt. GrB-5 und GrB-T zeigten enzymatische Aktivität und wiesen Affinität zu ErbB2 bzw. EGFR auf. In Gegenwart von Chloroquin zeigten GrB-5 und GrB-T selektive cytotoxische Aktivität gegenüber Zellen, die den jeweiligen Zielrezeptor exprimieren. Die IC50 Werte der Proteine lagen im pico- bis nanomolaren Bereich und sind damit vergleichbar mit denen rekombinanter Immun- bzw. Wachstumsfaktortoxine, die Exotoxin A (ETA) aus Pseudomonas aeruginosa als Effektor nutzen. Induktion von Apoptose erfolgte durch GrB-5 und GrB-T allerdings deutlich schneller (3 h) als durch ETA Fusionsproteine (72 h), da GrB im Gegensatz zu ETA direkt in apoptotische Signalkaskaden eingreift. Um die weitere Charakterisierung von GrB-5 und GrB-T zu erleichtern, wurden in der vorliegenden Arbeit Möglichkeiten für eine Optimierung der Expression dieser Fusionsproteine in Hefe untersucht. Dazu wurde eine Strategie entwickelt, die auf der Beobachtung beruht, daß die Löslichkeit und Stabilität von Proteinen durch Fusion mit solchen Domänen erhöht werden kann, die selbst eine hohe Löslichkeit und Stabilität besitzen. Ein Protein mit diesen Eigenschaften ist das Maltose Bindungsprotein (MBP) aus E. coli. In dieser Arbeit wurde MBP bei der Expression rekombinanter Proteine in P. pastoris eingesetzt, um die Ausbeute löslicher Proteine zu steigern. Es wurde eine Strategie entwickelt, die es erlaubt, MBP posttranslational in vivo vom Fusionspartner zu trennen. Hierzu wurde eine Erkennungssequenz der Protease Furin (furS) zwischen MBP und Fusionspartner eingefügt. Zunächst wurde untersucht, ob GrB als MBP Fusionsprotein in enzymatisch aktiver Form exprimiert werden kann, was eine Grundvoraussetzung für die Expression tumorspezifischer GrB Fusionsproteine in diesem System darstellt. Die Ausbeute von GrB konnte durch diese Strategie erheblich gesteigert werden. Daneben war eine vollständige Prozessierung der Fusionsproteine innerhalb der Furin-Erkennungssequenz nachweisbar. Als MBP Fusionsprotein exprimiertes GrB wies allerdings keine enzymatische Aktivität auf. Weitere Untersuchungen zeigten, daß das terminale Serin der furS-Sequenz, das nach Spaltung durch Furin am N-Terminus von GrB zurückbleibt, die enzymatische Aktivität der Serinprotease inhibiert. Im Rahmen dieser Arbeit wurde daher nicht weiter versucht, die Ausbeute an tumorspezifischen GrB Fusionsproteinen durch Fusion mit löslichen Proteindomänen zu erhöhen. Für Proteine, die ein N-terminales Serin tolerieren, stellt das hier entwickelte System allerdings eine neuartige Strategie dar, um die Ausbeute in P. pastoris um ein Vielfaches zu steigern. Dies wurde anhand von rekombinantem ErbB2 als Modellprotein bestätigt. Als alternativer Effektor in tumorspezifischen Fusionsproteinen wurde AIF als caspasenunabhängig agierendes proapoptotisches Signalmolekül eingesetzt. In apoptotischen Zellen bewirkt die Freisetzung von AIF aus dem mitochondrialen Intermembranraum die nachfolgende Translokation des Proteins in den Zellkern, woraufhin DNA-Fragmentierung induziert wird. Zum Einschleusen von AIF in Tumorzellen wurde das Flavoprotein mit dem scFv(FRP5) fusioniert (5-AIF). Um eine cytosolische Translokation von AIF zu erreichen, wurde ein Konstrukt abgeleitet, das zusätzlich die Translokationsdomäne von Exotoxin A enthält (5-E-AIF). Diese Domäne ist beim Wildtyp-Toxin notwendig für dessen retrograden Transport vom Endosom über den Golgi Apparat und das ER in das Cytosol. Innerhalb der Translokationsdomäne findet zudem eine Prozessierung durch die endosomale Protease Furin statt. AIF Fusionsproteine wurden in E. coli exprimiert, gereinigt und renaturiert. Die Proteine wiesen Affinität für ErbB2 auf und interagierten mit DNA, eine Eigenschaft, die essentiell für die proapoptotische Aktivität von AIF ist. 5-E-AIF zeigte gegenüber ErbB2 exprimierenden Zellen cytotoxische Aktivität, die vergleichbar mit der des Immuntoxins scFv(FRP5)-ETA war. Diese Aktivität war allerdings nur in Gegenwart von Chloroquin gegeben. Das Protein 5-AIF, in dem die Translokationsdomäne fehlt, zeigte auch in Kombination mit Chloroquin keine Cytotoxizität. Eine mögliche Folgerung hieraus ist, daß die N-terminale Antikörperdomäne der Fusionsproteine die proapoptotische Aktivität der AIF Domäne blockiert. 5-E-A wird sehr wahrscheinlich durch die endosomale Protease Furin „aktiviert“, die den scFv(FRP5) durch proteolytische Spaltung innerhalb der ETA-Domäne entfernt haben könnte. Für die eigentliche Translokation reicht der ETA-Anteil allerdings nicht aus, wahrscheinlich, weil in dem hier abgeleiteten Konstrukt ein für die Funktionsweise des Wildtyp-Toxins essentielles ER Retentionssignal fehlte. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, daß durch Einsatz apoptotischer Signalmoleküle in tumorzellspezifischen Fusionsproteinen hohe und selektive cytotoxische Aktivitäten erzielt werden können. Eine weitere Entwicklung dieser Proteine als mögliche Tumortherapeutika erscheint daher sinnvoll.
Im Rahmen der vorliegenden Dissertation sollte der Sphingolipid-Biosyntheseweg der Hefe Pichia ciferrii näher charakterisiert werden, um die Entwicklung einer fermentativen Route zur Sphingosin-Produktion zu ermöglichen. Darüber hinaus galt es patentierbare Selektionssysteme für diese Hefe zu etablieren. Durch Sequenzvergleiche mit nahe verwandten Hefen und das Ableiten degenerierter Primer wurden elf für die Sphingolipid-Biosynthese von Pichia ciferrii relevante Gene isoliert und sequenziert: LCB1 (codiert für eine UE der Serin-Palmitoyltransferase), TSC10 (3-Ketosphinganin-Reduktase), LAG1 und LAF1 (Ceramid-Synthasen), LIP1 (UE der Ceramid-Synthasen), DES1 (Dihydroceramid-delta4-Desaturase), YXC1 (Ceramidase), 8DES (Sphingolipid-delta8-Desaturase), 9MTR (Sphingolipid-C9-Methyltransferase), GCS1 (Ceramid-Glycosyltransferase) und LCB4 (LCB-Kinase). Bioinformatische Analysen, sowie in vivo-Experimente dienten der Einordnung der korrespondierenden Genprodukte in den Stoffwechselweg. Die Bestimmung der Substratspezifität einzelner Enzyme aus der Sphingolipid-Biosynthese erfolgte durch Überexpression der korrespondierenden Gene und anschließende Analyse des Einflusses auf die Zusammensetzung der Sphingolipidfraktion von Pichia ciferrii. Zusammengenommen wurde durch die Ergebnisse ein deutlich geschärftes Bild der Biosynthese von Sphingolipiden in Pichia ciferrii erstellt. Die gewonnenen Erkenntnisse über die Sphingolipid-Biosynthese in Pichia ciferrii fanden Anwendung auf die rationale Stammentwicklung eines Sphingosin-Produzenten. Durch die kombinierte Überexpression der die Dihydroceramid-delta4-Desaturase aus Pichia ciferrii, die Ceramid-Synthase aus Coccolithovirus und eine alkalische Ceramidase aus Mus musculus kodierenden Gene wurde eine 8,5-fache Erhöhung der Sphingosin-Konzentration von 7,5 mg/L in vom Wildtyp abgeleiteten Syringomycin-E-resistenten Stämmen auf 64,0 mg/L erzielt. Die Codon-Optimierung der heterolog exprimierten Gene zur Anpassung an die sehr eingeschränkte Codon-Verwendung von Pichia ciferrii erwies sich hierbei als essentiell. Zur Nutzbarmachung von rekombinanten Pichia ciferrii-Stämmen für die industrielle Anwendung wurden darüber hinaus drei neue Selektionssysteme etabliert. Zum einen wurde eine codon-optimierte Form des nat1-Gens genutzt, um eine Nourseothricin-Resistenz zu vermitteln. Zum anderen wurden stabile Uracil- bzw. Lysin-auxotrophe Pichia ciferrii-Stämme erzeugt, die mittels eines entsprechenden Integrationsvektors mit den Auxotrophie-Markergenen URA3 bzw. LYS2 aus Pichia ciferrii zu prototrophen Stämmen komplementiert werden konnten. Zusammengenommen mit der ersten gezielten Disruption eines Gens in Pichia ciferrii (SYR2, codiert für die Sphinganin-Hydroxylase) konnte somit auch die molekularbiologische Handhabbarkeit von Pichia ciferrii deutlich verbessert werden.
Bei inflammatorischen Schmerzen kann durch Hemmung der COX-2 im Rückenmark die zentrale Sensibilisierung reduziert werden. Da die Hemmung der gesamten COX-2 vermittelten Prostaglandinsynthese jedoch zahlreiche unerwünschte Nebenwirkungen verursacht, wird in jüngster Zeit diskutiert, ob eine selektive Hemmung der PGE2 Synthese auf Ebene der mPGES-1 für die Therapie passagerer Schmerzen sinnvoller ist. Um die funktionellen Rollen von COX-2 und mPGES-1 im Rückenmark zu charakterisieren, wurden in der vorliegenden Arbeit die Folgen einer COX-Inhibierung und mPGES-1-Deletion auf den spinalen Eicosanoidmetabolismus, die neuronale Erregbarkeit, die Synthese proinflammatorischer Zytokine und das nozizeptive Verhalten untersucht. Das proinflammatorische Zytokin TNFa induzierte in primären Rückenmarksneuronen eine COX-2- und mPGES-1-Expression und eine erhöhte PGE2 Synthese. Diese Induktion der PGE2 Synthese konnte durch den selektiven COX-2 Inhibitor Rofecoxib und den „selektiven COX-1 Inhibitor“ SC-560 gleichermaßen potent gehemmt werden. Da der Effekt von SC-560 unerwartet war, wurde sein Wirkmechanismus genauer untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass SC-560 in Rückenmarkskulturen weder die COX-2 und mPGES-1 Expression, die PLA2 Aktivität, die mPGES-1 Aktivität noch den PGE2 Transport hemmte. Durch Experimente mit Zellen aus COX-1-/- Mäusen konnte gezeigt werden, dass SC-560 in Rückenmarkskulturen die COX-2 unabhängig von COX-1 in nanomolaren Konzentrationen inhibiert. Da dieses Ergebnis den postulierten COX-1-selektiven Eigenschaften von SC-560 widersprach, wurde nach der Ursache für den Verlust der COX-1-Selektivität gesucht. Es zeigte sich, dass SC-560 in einer zellfreien in vitro Synthese und im Vollbluttest mit klarer Selektivität COX-1 hemmt. In kultivierten Rückenmarkszellen, RAW-Makrophagen und Blutzellen (Monozyten und Thrombozyten) inhibiert SC-560 allerdings d beide COX-Isoformen potent. Es wurde dadurch deutlich, dass die zelluläre Einbindung von COX-2 sowie ein niedriger Proteingehalt im extrazellulären Medium die halbmaximalen Konzentrationen (IC50) für die COX-2-Hemmung durch SC-560 stark reduzieren kann und hierdurch die COX-1-Selektivität der Substanz verloren geht. Neben einer COX-2 Hemmung verursachte auch eine mPGES-1-Deletion in Rückenmarkskulturen sowie im adulten Rückenmark eine Reduktion der PGE2 Synthese. Überrachenderweise bewirkte jedoch die mPGES-1-Defizienz im Gegensatz zur COX-2 Hemmung durch Etoricoxib im Zymosanmodell keine Reduktion der mechanischen Hyperalgesie. Um die Ursache für die unterschiedliche antihyperalgetische Wirkung der COX-2-Hemmung und mPGES-1-Deletion zu finden, wurden zunächst die Konsequenzen für die gesamte Prostaglandinsynthese untersucht. Die Analyse mittels LC-MS/MS zeigte, dass im Rückenmark mPGES-1-defizienter Mäuse verstärkt PGI2, PGF2a und PGD2 synthetisiert wird. Da für alle drei Prostaglandine bereits pronozizeptive Effekte beschrieben wurden, wurde die Expression von den entsprechenden Rezeptoren im Rückenmark und die Konsequenzen der Rezeptoraktivierung auf die neuronale Erregbarkeit untersucht. Mittels „calcium imaging“ wurde demonstriert, dass selektive IP Rezeptoragonisten in Rückenmarksneuronen eine PKA und PKC vermittelte Phosphorylierung der NMDA Rezeptoren verursachen und die Aktivierbarkeit der NMDA Rezeptoren sensibilisieren. Eine Verstärkung des NMDA induzierten Calciumeinstromes konnte nach Applikation der anderen Prostaglandine nicht beobachtet werden. Die Ergebnisse zeigen daher, dass in mPGES-1-defizienten Mäusen durch die Umleitung der Prostaglandinsynthese zu Prostacyclin die exzitatorischen NMDA Rezeptoren sensibilisiert und hierdurch die antihyperalgitische Wirkung von PGE2-Synthesehemmung kompensiert werden kann. Zusammenfassend lässt sich aus den Ergebnissen schlussfolgern, dass mPGES-1 als Zielmolekül für die Schmerztherapie eher nicht eignet ist. mPGES-1-defiziente Tiere zeigten in inflammatorischen Schmerzmodellen ein normales nozizeptives Verhalten. Dies kann dadurch erklärt werden, dass es nach einer mPGES-1 Deletion im Rückenmark zwar zur Reduktion der PGE2 Synthese aber auch gleichzeitig zur verstärkten Synthese anderer pronozizeptiv wirkender Prostaglandine kommt.
Lineare sowie zyklische 3-Alkylpyridinalkaloide sind vor allem in Schwämmen der Ordnung Haplosclerida, zu der auch Haliclona viscosa zählt, weit verbreitet. Die Synthese der zuvor von C. Volk isolierten Haliclamine C und D, des Viscosamins und des Viscosalin C bildete den Ausgangspunkt dieser Arbeit.[1-4] Sie erfolgte ausgehend von den bekannten Synthesen der Cyclostellettamine und Haliclamine[5-7] und gliedert sich in drei Abschnitte: erstens Synthese eines ω-Hydroxyalkylpyridins aus einem Bromalkohol, zweitens Funktionalisierung der Monomere in Abhängigkeit der gewählten Methode zur Di- bzw. Trimerisierung und drittens Verknüpfung und gegebenenfalls Zyklisierung. Durch Anwendung und Weiterentwicklung der bekannten Synthesewege wurden so insgesamt 14 lineare Monomere, zwei zyklische Monomere, 16 Cyclostellettamine, zwei Isocyclostellettamine, sieben Haliclamine, fünf Viscosaline sowie Viscosamin[8] und ein Analogon mit Heptylkette hergestellt. Dieser synthetische Zugang ermöglichte es, sowohl den finalen Strukturbeweis für die zuvor isolierten Verbindungen zu erbringen, als auch durch die Analyse der Fragmentierungs-muster von synthetischen und natürlichen Verbindungen mehr über das Verhalten dieser Verbindungen unter MS-Bedingungen zu erfahren. Die so gewonnenen Erkenntnisse führten dazu, dass drei unbekannte Verbindungen ohne Isolierung der Reinsubstanz mit einer Kombination von MS- und HPLC-Daten identifiziert werden konnten. So konnten das erste monozyklische 3-Alkylpyridinalkaloid marinen Ursprungs und zwei neue Haliclamine identifiziert und synthetisiert werden Des Weiteren gelang es, für die von C. Volk isolierten, jedoch nicht identifizierten Verbindungen Strukturen zu ermitteln bzw. auf Grund der MS-Daten Strukturvorschläge zu machen. Die durch den synthetischen Zugang große Anzahl verfügbarer 3-Alkylpyridinalkaloide ermöglichte außerdem eine systematische Untersuchung über den Zusammenhang von biologischer Aktivität und Struktur. Die Ergebnisse der am Helmholtz Institut für Infektionsforschung durchgeführten Experimente zu den antibakteriellen sowie cytotoxischen Eigenschaften von natürlichen wie auch rein synthetischen 3-Alkylpyridinalkaloiden zeigten, dass die Aktivität sich schon beim Addieren bzw. Subtrahieren einer Methylengruppe in einer Alkylkette signifikant ändert. [1] C. A. Volk, M. Köck, Org. Lett. 2003, 5, 3567-3569. [2] C. A. Volk, M. Köck, Org. Biomol. Chem. 2004, 2, 1827-1830. [3] C. A. Volk, H. Lippert, E. Lichte, M. Köck, Eur. J. Org. Chem. 2004, 3154-3158. [4] C. A. Volk, Dissertation, Johann Wolfgang Goethe Universität (Frankfurt am Main), 2004. [5] A. Grube, C. Timm, M. Köck, Eur. J. Org. Chem. 2006, 1285-1295 und Referenzen darin. [6] J. E. Baldwin, D. R. Spring, C. E. Atkinson, V. Lee, Tetrahedron 1998, 54, 13655-13680. [7] A. Kaiser, X. Billot, A. Gateau-Olesker, C. Marazano, B. C. Das, J. Am. Chem. Soc. 1998, 120, 8026-8034. [8] C. Timm, M. Köck, Synthesis 2006, 2580-2584.
Glycin ist ein wichtiger inhibitorischer Neurotransmitter im zentralen Nervensystem. Um die glycinerge Erregungsübertragung zu sichern, muss die Glycinkonzentration an Synapsen präzise reguliert werden. Hierfür sind die Glycintransporter, GlyT1 und GlyT2, verantwortlich. Der GlyT2 ist ein präsynaptisches Protein, das in glycinergen Nervenendigungen nahe der aktiven Zone lokalisiert ist. Das über den Transporter aus dem extrazellulären Raum aufgenommene Glycin steht anschließend für die Befüllung der synaptischen Vesikel durch den vesikulären inhibitorischen Aminosäuretransporter (VIAAT) zur Verfügung. Die GlyT2-Defizienz führt in Mäusen zu einem letalen Phänotyp und verdeutlicht die Notwendigkeit eines hochaffinen Glycinaufnahmesystems in glycinergen Neuronen. Um mögliche Mechanismen zu untersuchen, die zur präzisen Lokalisation des GlyT2 in der Präsynapse führen, wurde das PDZ-Domänenbindungsmotiv (PDZ-DBM) am extremen C-Terminus bzw. die lange N-terminale Domäne dieses Transporters deletiert. Durch biochemische und pharmakologische Analysen von transfizierten HEKT-Zellen konnte gezeigt werden, dass der Verlust des PDZ-DBM oder der N-terminalen Domäne die Proteinexpression, die Glykosylierung und die Transportaktivität des GlyT2 nicht beeinflussten. Längere Deletionen des N-Terminus (ΔAA1-184) setzten jedoch die Effizienz der Glycinaufnahme herab und ergaben im Vergleich zum wt-Protein einen um 60% reduzierten vmax-Wert, während die apparente Glycinaffinität (KM-Wert) unverändert blieb. Lokalisationsstudien und Oberflächenbiotinylierungen zeigten GlyT2 wt-Immunreaktivität an der Plasmamembran, die sich qualitativ und quantitativ nicht von denen der N- und C-terminalen Mutanten unterschied. Das PDZDBM und die N-terminale Domäne spielen folglich in der Prozessierung und der Transportfunktion des GlyT2 eine untergeordnete Rolle. Möglicherweise reduziert die fast vollständige Deletion der N-terminalen Domäne jedoch die Stabilität des GlyT2. In transfizierten hippocampalen Neuronen wurde der Einfluss des PDZ-DBM und der N-terminalen Domäne hinsichtlich der GlyT2 Lokalisation analysiert. Die transfizierten Mutantenproteine zeigten eine diffuse Verteilung mit partiellen Anreicherungen von GlyT2-Immunreaktiviät. Das wt-Protein kolokalisierte mit Synaptophysin, exzitatorischen synaptischen Markern wie PSD95 und mit den inhibitorischen Markern Gephyrin und VIAAT. Nach Deletion des PDZ-DBM hingegen zeigte der GlyT2 eine um ca. 50% verminderte Kolokalisation mit allen untersuchten synaptischen Markern. Damit konnte hier erstmals eine Funktion des PDZ-DBM für die Anreicherung von GlyT2 an Synapsen gezeigt werden. Mit N-terminalen Deletionsmutanten transfizierte hippocampale Neurone wiesen kolokalisierende GlyT2ΔN-PSD95-Puncta zumeist in MAP2-positiven Neuriten auf, während das wt-Protein zumeist in MAP2-negativen Neuriten kolokalisierte. MAP2 ist ein mikrotubuli-assoziertes Protein, das in Dendriten, aber nicht in Axonen, auftritt und somit eine Unterscheidung derselben ermöglicht. Aufgrund der Überexpression in transfizierten Neuronen war die GlyT2-Immunreaktivität aber sowohl in axonalen als auch dendritischen Neuriten zu beobachten. Zusätzlich zu der in größeren Clustern gefundenen synaptischen GlyT2ΔN-Immunreaktivität war eine Färbung hauptsächlich in sehr kleinen Strukturen (<= 1 μm) nachzuweisen, die Transportvesikeln entsprechen könnten. Dies ist mit einem längeren Verbleib der Deletionsmutanten in intrazellulären Strukturen erklärbar. Im Hippocampus wird GlyT2 endogen nur sehr schwach in einer Subpopulation von putativ glycinergen Neuronen exprimiert. Um die Lokalisation der N-terminalen GlyT2-Proteine in Zellen zu untersuchen, die eine hohe endogene GlyT2-Expression aufweisen, wie spinalen Neuronen, die sich aber nur schlecht transfizieren lassen und in Kultur keine adulte GlyT2-Lokalisation aufweisen, wurden BAC-transgene Mäuse generiert, die myc-markierte GlyT2ΔN-Proteine unter Kontrolle des GlyT2-Promotors exprimieren. Der Vorteil von BAC-transgenen Mauslinien ist, dass sie aufgrund der Verwendung des endogenen Promotors das Transgen nur schwach überexprimieren. Founder-Mäuse, in denen der jeweilige modifizierte BAC-Klon (mGlyT2 wt, ΔAA14-174 oder ΔAA14-184) integriert wurde, wurden identifiziert und mit C57BL/6J-Mäusen verpaart, um so transgene Mauslinien zu etablieren und die Lokalisation der mutierten GlyT2-Proteine zu analysieren. Zusätzlich wurde eine BAC-transgene Cre-Mauslinie generiert, die die Cre-Rekombinase in GlyT2-positiven Zellen exprimiert. Durch die Verpaarung mit konditionalen oder transgenen Mauslinien soll mit diesen GlyT2/Cre-Mäusen die Funktion einzelner Genprodukte in glycinergen Zellen untersucht werden. In dieser Arbeit wurden außerdem die Glycinrezeptor (GlyR) α-Untereinheiten (UE) in GlyT2-defizienten Mäusen untersucht. GlyT2 -/- Tiere sterben in der zweiten postnatalen Woche nach der Geburt und zeigen einen starken neuromotorischen Phänotyp. Da in demselben Zeitraum ein Austausch der embryonalen α2- durch die adulte α1-UE erfolgt, wurde die Entwicklung der α1- und der Gesamt-α- Immunreaktivität in Rückenmarksschnitten von wt und GlyT2 -/- Tieren analysiert und miteinander verglichen. Die Daten zeigen, dass der α-UE-Austausch in den GlyT2-defizienten Tieren ähnlich wie in wt Tieren erfolgt. In α1-GlyRs ist die Öffnungszeit des aktivierten Kanals kürzer als bei α2-GlyRs. Zusammen mit der geringeren Ausschüttung an Glycin aufgrund der GlyT2-Defizienz lässt sich so das Auftreten des Krampf-Phänotyps der GlyT2 -/- Mäuse nach erfolgtem UE-Austausch erklären.
Untersuchungen zur molekularen Kontrolle der Kupferhomöostase in dem Ascomyceten Podospora anserina
(2007)
Das essentielle Spurenelement Kupfer ist Co-Faktor mehrerer Schlüsselenzyme (z B. Cu/Zn-SOD, Cytochrom c Oxidase). Da Kupfer leicht Elektronen aufnehmen und abgeben kann, eignet es sich besonders gut für Redox-Reaktionen. Wenn Kupfer jedoch mit Sauerstoff reagiert, entstehen hoch cytotoxische reaktive Sauerstoffspezies (ROS), die nach der „freien Radikaltheorie des Alterns“ (nach D. Harman 1956) ursächlich für Alterung und Zelltod sind. Um deren Bildung zu vermeiden, erfolgen alle Aspekte des Kupferstoffwechsels – Aufnahme, Transport und Speicherung - stets proteingebunden. In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass sich bis auf drei Ausnahmen die gesamte bislang bekannte Maschinerie der molekularen Kupferhomöostase aus anderen Modellorganismen (z.B. S. cerevisiae oder H. sapiens) auch im Genom des Ascomyceten Podospora anserina mit Homologen bzw. Orthologen wiederfindet. Die drei Ausnahmen betreffen jeweils Proteine, für die in anderen Organismen mehrere Isoformen existieren und P. anserina nur jeweils ein Homolog/Ortholog besitzt. Für mehrere der neu vorhergesagten Gene (PaAtx1, PaCcc2, PaCcs1, PaCox11, PaCox19, PaCox23, PaSco1) konnte eine Expression im Wildstamm nachgewiesen werden. Dazu wurden Standardtechniken (Northern Blot Analyse, RT-PCR) und auch neu etablierte eGFP-Reporterkonstrukte verwendet. In Podospora anserina scheint Kupfer auf zwei verschiedene Arten Einfluss auf die Lebensspanne zu nehmen: Zum einen mittelbar darüber, dass die Verfügbarkeit von Kupfer über die in der mitochondrialen Atmung verwendete Endoxidase entscheidet. Bei Kupfermangel wird eine Eisen-abhängige alternative Oxidase (AOX) induziert. Durch Atmung über die AOX entstehen weniger ROS, was die Lebensspanne verlängert. Anhand einer Vielzahl langlebiger Mutanten konnte dieser Zusammenhang bereits mehrfach demonstriert werden. Zum anderen scheint Kupfer auch eine unmittelbare Rolle in der Seneszenz von P. anserina zu spielen. In früheren Arbeiten konnten mehrere indirekte Hinweise (Transkript- und Aktivitätsanalysen) gesammelt werden, dass im Alter die cytoplasmatische Kupferkonzentration drastisch ansteigt. Durch Messung der Kupferkonzentration mittels einer direkten chemisch-analytische Methode (TXRF) in fraktionierten Zellbestandteilen (Cytoplasma und Mitchondrien) konnten in dieser Arbeit diese Hinweise weiter untermauert werden. Experimente mit in die mitochondriale Matrix geleitetem eGFP brachten zusätzliche Indizien dafür, dass das mitochondriale Kupfer-Reservoir die Quelle des sich in seneszenten Pilzstämmen im Cytoplasma wiederfindenden Kupfers ist. Durch einen Prozess, der größenabhängig reguliert und in anderen Organismen als „Mitochondrial Permeability Transition – MPT“ zu Beginn der Apoptose bekannt ist, ergiesst sich beim Eintritt in die Seneszenz der Inhalt der mitochondrialen Matrix in das Cytosol. Die Bedeutung dieses Vorgangs und v.a. die Folgen der Umverteilung von Kupfer innerhalb der Zelle bleiben im Detail weiter zu klären. Durch die durchgeführten Arbeiten konnte ein weiterer deutlicher Beweis für das Ablaufen apoptotischer Mechansimen im Alterungsprozeß des Ascomyceten P. anserina erbracht werden.
Zur Rolle der Typ-I-Interferone in der Abwehr von viralen Infektionen des zentralen Nervensystems
(2007)
Das zentrale Nervensystem (ZNS) bildet eine einzigartige Umgebung für Immunantworten, da Neuronen eine essentielle und in weiten Teilen nicht-erneuerbare Zellpopulation bilden. Virale Infektionen des ZNS und lokale anti-virale Immunantworten können zu dem Verlust von Neuronen und somit zu katastrophalen Erkrankungen führen. Unter normalen Bedingungen ist das ZNS weitgehend von der Kontrolle durch das Immunsystem ausgeschlossen. In diesem Zusammenhang wurde das ZNS oft auch als „immunprivilegiert“ bezeichnet. Dieses Konzept musste in den letzten Jahren revidiert werden, da es sich gezeigt hat, dass das ZNS nicht völlig vom Immungeschehen isoliert ist. Wichtige Mediatoren antiviraler Immunantworten sind die Typ I Interferone (IFN). Die verschiedenen Typ I IFN binden an einen gemeinsamen Rezeptor, den Typ I Interferon-rezeptor (IFNAR). Die Bedeutung von Typ I IFN Antworten für die Kontrolle viraler Infektionen wurde besonders eindrucksvoll mit IFNAR-defizienten Mäusen (IFNAR-/-) gezeigt. Nach Infektion mit dem neurotropen Vesikulären Stomatitis Virus (VSV) führt das Fehlen des IFNAR zu einer stark erhöhten Empfänglichkeit für tödlich verlaufende Infektionen. In allen Organen und besonders im ZNS von VSV infizierten IFNAR-/- Tieren fanden sich stark erhöhte Virusmengen. Um zu untersuchen, ob die VSV-Infektion des zentralen Nervensystems in IFNAR-/- Mäusen in erster Linie auf ein Versagen der peripheren Immunität oder des IFN Systems innerhalb des ZNS zurückzuführen ist, wurden mittels der Cre loxP Tech-nologie Mäuse hergestellt, die auf allen peripheren Zellen IFNAR exprimieren, während die Neuronen des ZNS IFNAR defizient sind (NesCre+/-IFNARflox/flox). Nach intranasaler VSV Infektion zeigten NesCre+/-IFNARflox/flox Mäuse zunächst keine Krankheitssymptome. Nach 5 bis 6 Tagen traten aber aufsteigende und halbseitige Lähmungen auf, so dass die infizierten Tiere verstärkt im Kreis liefen und schließlich verstarben. Im Vergleich dazu verstarben IFNAR-/- Mäuse bereits nach 2 bis 3 Tagen während normale C57BL/6 Tiere nach Infektion keine Symptome zeigten und überlebten. Der beobachtete Krankheitsverlauf lässt in den IFNAR-/- Mäuse auf ein Multiorganversagen als Todesursache schließen. 3 und 6 Tage nach Infektion konnte in den Organen von C57BL/6 Tieren kein Virus reisoliert werden. In den NesCre+/ IFNARflox/flox Tieren fanden sich zum Todeszeitpunkt nur im Gehirn Viruspar-tikel, während alle anderen Organe virusfrei waren. Die Virustiter im Hirn waren im Vergleich zu den IFNAR-/- Mäusen 10- bis 100-fach erhöht. In den anderen Organen und im Blut sind keine Viruspartikel nachweisbar. Dieser Befund deutete gemeinsam mit den beobachteten Krankheitsverläufen auf eine neuropathologische Symptomatik hin, bei der es wahrscheinlich zu einer VSV-Infektion des Hirnstammes kam. Die Analyse einzelner Regionen des ZNS zeigte in IFNAR-/- Tieren, dass 2 Tage nach Infektion in allen Regionen des ZNS signifikante Virusmengen zu finden waren. In den NesCre+/-IFNARflox/flox und den C57BL/6 Tieren fanden sich zu diesem Zeitpunkt nur im Riechhirn (Bulbus olfactorius) signifikante Virustiter. In den C57BL/6 Tieren blieb das Virus auf diese Region beschränkt und wurde dort innerhalb von 6 Tagen eliminiert. In den NesCre+/-IFNARflox/flox Tieren kam es in den folgenden Tagen jedoch zu einer fortschreitenden Infektion des ZNS, und auch das Großhirn, das Kleinhirn, der Hirn-stamm und das Rückenmark zeigten hohe Virustiter. In der Induktion peripherer Immunantworten unterschieden sich NesCre+/-IFNARflox/flox und C57BL/6 Mäuse nicht. In den WT Tieren kam es im Gegensatz zu den NesCre+/ IFNARflox/flox und IFNAR-/- Tieren innerhalb von 48 Stunden nach Infektion im Riechhirn zu einer Typ I IFN abhängigen Phosphorylierung von STAT-1, einer Komponente des IFNAR-Signaltransduktionsweges. Alles deutet darauf hin, dass die Induktion geringer Mengen Typ I IFN innerhalb des Riechhirns notwendig ist, um Im-munantworten zu aktivieren, die ein Übergreifen der Virusinfektion auf andere Regio-nen des ZNS verhindern. Eine funktionierende Immunität in der Peripherie und die Blut-Hirn-Schranke scheinen nicht ausreichend zu sein, um eine Infektion des ZNS mit VSV zu verhindern. Stattdessen muss es zur Aktivierung von IFN-abhängigen Mechanismen innerhalb des Riechhirns kommen, die ein Übergreifen der VSV Infektion auf andere Hirnregionen verhindert und zur Elimination von VSV im Riechhirn beiträgt.
Humane hämatopoetische Stammzellen (HSCs) besitzen die Fähigkeit zur Selbsterneuerung und übernehmen die kontinuierliche Neubildung aller zellulären Bestandteile des Blutes. Aufgrund der zunehmenden klinischen Bedeutung der HSCs ist es essentiell die molekularen Mechanismen, die den Prozess der Vermehrung und Differenzierung von humanen hämatopoetischen Stammzellen steuern, aufzuklären und deren funktionelle Bedeutung zu verstehen. Das Ziel der Arbeit war die Identifizierung, Charakterisierung und gerichtete Modulation funktionell relevanter Signalwege, die am Differenzierungsprozess von HSCs zu myeloiden Effektorzellen beteiligt sind. Für diese Untersuchung wurde ein Expansionsprotokoll für humane HSCs, sowie ein Differenzierungsprotokoll für das humane myeloide DC Differenzierungsmodell entwickelt. In der Arbeit wurden drei wichtige Signalwege der Zelle, die Mitogenen Signalkaskade (MAPK), Protein Kinase C (PKC) gekoppelten Prozessen und dem JAK/STAT Signalweg untersucht. Die vorliegende Arbeit zeigt, daß die Stimulation der HSCs mit GM-CSF und IL-4 zu einer zeitlich begrenzten Aktivierung von MAPK/ERK1/2, PKC delta, JAK2, sowie STAT5 und STAT6 führte. Kommerzielle Inhibitoren von MEK, PKC und Januskinase hemmten selektiv diese Aktivierung und führten zu einer veränderten Hämatopoese. Die Aktivierung dieser Signalwege ist daher für die myeloide Differenzierung von HSCs zu Dendritischen Zellen von entscheidender Bedeutung. Einer der entscheidenden nuklearen Faktoren für die myeloide Differenzierung ist der Ets-Transkriptionsfaktor PU.1, dessen Aktivität durch Phosphorylierung reguliert sein könnte. Obwohl die funktionelle Rolle von PU.1 in der Differenzierung von HSC in der vorliegenden Arbeit nicht vollständig geklärt werden konnte, wurde jedoch erstmals im in vitro Kinase-Assay gezeigt, daß PU.1 durch PKC delta, aber nicht durch MAPK/ERK2 spezifisch phosphoryliert wird. In einem PU.1-spezifischen Luciferasereporter-Assay wurde die transkriptionelle Aktivität von PU.1 durch die Inhibition von PKC delta und MAPK/ERK1/2 deutlich reduziert. Weiterführende Experimente in einem komplexen Differenzierungsmodell von humanen HSCs wiesen darauf hin, daß durch den gezielten Einsatz von Signalweginhibitoren eine Verschiebung der Verhältnisse der gebildeten Blutzellkolonieformen erreicht werden kann. So war die Differenzierung zu Erythrozyten von der Mitogenen Signalkaskade unabhängig, wohingegen die Differenzierung zu Makrophagen eine deutliche Abhängigkeit von der Aktivität der Mitogenen Signalkaskade sowie von der Aktivierung des Protein Kinase C Signalwegs zeigte. Im Gegensatz dazu führte die Inhibition der Januskinasen (JAKs) zu einer Hemmung der Differenzierung in allen Kolonieformen. Insgesamt zeigten die Ergebnisse, daß der MAPK/ERK und PKC delta Signalweg bei der Differenzierung von humanen hämatopoetischen Stammzellen eine wichtige Rolle spielen und eine gerichtete Steuerung der Differenzierung durch den Einsatz spezifischer Signalweginhibitoren möglich erscheint.
Seit der Einführung der antiretroviralen Therapie (HAART) ist die Mortalität von HIV-Infizierten in der westlichen Welt zwar deutlich zurückgegangen, die HIV-Infektion ist jedoch bis heute nicht heilbar. Die derzeitige Therapie unterdrückt zwar sehr effektiv die Virusreplikation, kann aber nicht das Virus vollständig eliminieren und somit die Infizierten nicht heilen. Die daher notwendige Langzeitbehandlung wird wiederum durch die relativ hohe Toxizität der Medikamente und durch das Auftreten resistenter Virusvarianten limitiert. Die Suche nach neuen Therapienansätzen und Wirkstoffklassen ist daher immer noch von größter Wichtigkeit. Die HIV-Gentherapie stellt neben der konventionellen antiretroviralen Therapie eine mögliche zusätzliche Behandlungsform dar. Die Arbeitsgruppe von Laer hat am Georg-Speyer-Haus retrovirale Vektoren entwickelt, die membrangebundene (ma) HIV-Eintrittsinhibitoren, sog. C Pepitde, kodieren. Das durch den Prototyp-Vektor M87 kodierte maC36-Peptid zeigte eine moderate Inhibition des Viruseintritts. In einem Optimierungsprozess wurde der Vektor M87o generiert. M87o kodiert im Vergleich zu M87 ein wirksameres maC-Peptid (maC46) und weist auch eine wesentlich höhere Expressionsstärke und dadurch eine stärkere inhibitorische Wirkung als der Prototypvektor auf. Ziel dieser Arbeit war es zunächst, HIV Varianten, die resistent gegenüber dem M87o–Genprodukt maC46 sind, in vitro zu generieren und anschließend den Resistenzmechanismus aufzuklären. In einer Kollaboration mit der Gruppe um M. Dittmar aus Heidelberg war durch Passage des HIV 1 Wildtyp (wt) Ba L-Isolats auf M87-transduzierten Zellen bereits das maC36-resistente Virusisolat Ba L_sel_MD generiert worden. Ba L_sel_MD wies zwei Resistenzmutationen in der gp41-Untereinheit des Hüllproteins auf: I556V (heptad repeat 1 Region) und N634K (heptad repeat 2 Region). Für die Mutation 634K war dabei gezeigt worden, dass sie auch zu einer leichten Reduktion der maC46-Sensibilität führt. In der vorliegenden Arbeit diente Ba L_sel_MD als Ausgang für die Selektion einer Virusvariante mit deutlich verminderter Sensibilität gegenüber maC46. Hierfür wurde Ba L_sel_MD über 149 Tage lang auf Zellen mit steigender maC46 Expressionshöhe passagiert und so das Isolat Ba L_FH1 generiert. Das Hüllprotein des selektierten Isolats war ausreichend, um einen maC46-resesistenten Phänotyp hervorzurufen. Das selektierte Hüllprotein war im Vergleich zu dem Ausgangsisolat ca. fünf- bis zehnfach weniger empfindlich gegenüber maC46. Die Sequenzierung des Ba L_FH1 Hüllproteingens zeigte, dass die Aminosäureausprägung an Position 634 des Ausgangsisolats (BaLsel_MD) konserviert worden war, während die Position 556 zur Wildtypsequenz revertiert war. Darüber hinaus wurden drei Mutationen in der gp120-Untereinheit des Hüllproteins (V2-Region (I187T), V3-Region (N305Y), C3-Region (E352K)), sowie eine Mutation in der heptad repeat 1 Region (A579T) der gp41-Untereinheit identifiziert. Für die reduzierte maC46-Empfindlichkeit waren in erster Linie die Mutation N305Y in der V3 Region und die Rückmutation 556I in Zusammenwirkung mit der bereits vorhandenen Mutation 634K verantwortlich. Die verbleibenden Mutationen hatten allenfalls modulierende Wirkung auf die maC46-Sensibilität. Die Resistenz ist vermutlich auf die beobachtete erhöhte Fusionsgeschwindigkeit des Hüllproteins von Ba L_FH1 im Vergleich zum Ausgangsisolat zurückzuführen, die interessanterweise mit einer reduzierten Corezeptoraffinität verknüpft war. Die erhöhte Fusionsgeschwindigkeit verkürzt das zeitliche Fenster, in welchem maC46 an seine Zielstruktur innerhalb des gp41 binden kann. Es scheinen zwei unterschiedliche Phasen des Eintrittprozesses durch die Mutationen verändert worden zu sein. Die Mutation in der V3-Region (N305Y) der gp120-Untereinheit beschleunigt wohl eine frühe Phase. Vermutlich ermöglicht diese Mutation, dass bestimmte Übergangszustände nach der Corezeptorbindung schneller durchlaufen werden können, indem die gp120/Corezeptorbindung destabilisiert wird. Die Rückmutation 556I beschleunigt wahrscheinlich in Zusammenspiel mit der bereits vorhandenen Mutation 634K die Ausbildung des 6 Helixbündels. Diese beiden Mutationen wirken somit auf eine späte Phase der Fusion. Obwohl bekannt ist, dass natürliche Variationen in gp120 die Sensibilität des HIV-Hüllproteins gegenüber C-Peptiden beeinflussen, konnte in der vorliegenden Arbeit zum ersten Mal gezeigt werden, dass solche Mutationen auch in vitro selektiert werden, um eine C-Peptidresistenz herbeizuführen.
Der menschliche Körper ist permanent mechanischen Reizen in Form von Dehnung oder Druck ausgesetzt. Diese Stimuli können vielfältige zelluläre Prozesse induzieren. Dehnungsreize erhöhen die Zellproliferation in allen bisher untersuchten Zellspezies, inklusive Endothel- und Epithelzellen. Im Gegensatz dazu scheinen mechanische Druckbelastungen zu zellulärer Differenzierung zu führen. Die Relevanz dieser mechanischen Reize für die Physiologie und Pathophysiologie ist für viele Organe nachgewiesen worden. Jedoch gibt es bislang keine hinreichenden Untersuchungen, die belegen, dass mechanische Reize ebenso eine Rolle bei der Tumorproliferation spielen könnten. Im Fokus dieser Promotionsarbeit steht die Fragestellung, inwieweit die mechanischen Verhältnisse in Tumoren in einem funktionellen Zusammenhang mit der Tumorgenese stehen. Zur Klärung dieser Fragestellung ist ein Xenograft-Tumormodell etabliert worden, das es erlaubt in vivo-Untersuchungen an humanen epithelialen Tumoren durchzuführen. Um Erfahrungen aus vorherigen in vitro-Versuchen nutzen zu können, wurden humane epitheliale A431-Vulvakarzinom- und humane epitheliale A549-Lungenkarzinomzellen für das Tumormodell verwendet. Mit diesem Modell konnte erstmals in vivo gezeigt werden, dass solide humane Tumore einer permanenten mechanischen Dehnung ausgesetzt sind, die direkten Einfluss auf die Proliferation der Tumorzellen hat. Als zentraler Auslöser für die mechanische Dehnung der Tumorzellen konnte der erhöhte tumorinterstitielle Flüssigkeitsdruck (TIFP) identifiziert werden. Der Einfluss der mechanischen Dehnung auf die Proliferation der Tumorzellen wurde anhand der Phosphorylierung der extracellular regulated kinase 1/2 (ERK1/2) bzw. der Ki-67 Expression gezeigt. Durch die Punktion bzw. Drainage von Tumoren konnte der TIFP experimentell abgesenkt werden und in Folge dessen kam es zu einer reduzierten mechanischen Dehnung der Tumorzellen. In allen Versuchen war die Abnahme der mechanischen Dehnung von einer verringerten Phosphorylierung der ERK1/2 bzw. reduzierten Expression des Proliferationsmarkers Ki-67 begleitet. Der TIFP induziert aber nicht nur mechanische Dehnungsreize, sondern er stellt darüber hinaus eine physikalische Barriere für den effizienten Transport von Therapeutika in den Tumor dar. Der gegenüber dem umliegenden Gewebe erhöhte TIFP behindert den interstitiellen Transport und die Aufnahme von Molekülen aus dem Gefäßsystem in die Tumorzellen. Die Etablierung einer neuen experimentellen Technik zur Senkung des TIFP, durch i.v. Injektion von konzentriertem humanem Serumalbumin, führte zu einer signifikanten Verbesserung der Aufnahme und einer Verlängerung der Verweildauer von Makromolekülen/Therapeutika innerhalb von Tumoren. Des Weiteren konnten immunhistochemische Färbungen gegen lymphspezifische Marker in Gewebeproben von A431 und A549 Tumoren keinen direkten Zusammenhang zwischen Lympharchitektur und TIFP zeigen. Dies bedeutet, dass in den untersuchten Tumoren die Ausbildung des hohen TIFP eher auf eine erhöhte Rigidität der extrazellulären Matrix bzw. die hohe Permeabilität des tumorversorgenden vaskulären Gefäßsystems zurückzuführen ist. Parallel zu den in vivo-Untersuchungen durchgeführte in vitro-Versuche konnten Proteine identifizieren, die an der druckinduzierten p38 Signaltransduktionskaskade beteiligt sind. Diese Ergebnisse untermauern die bisherigen in vitro-Daten bzgl. der differentiellen Reaktionen von Zellen auf mechanische Druckreize. Abschließend lässt sich sagen, dass die Ergebnisse der in vivo-Versuche die Bedeutung und die klinische Relevanz des biophysikalischen Parameters TIFP hervorgehoben haben. Die Zukunft der Krebstherapie liegt nicht alleine in der Entwicklung neuer hochspezifischer Wirkstoffe, sondern auch in der Lösung des Transports der Wirkstoffe an den Zielort. Die vorgestellten Ergebnisse dieser Promotionsarbeit weisen eine beträchtliche klinische Relevanz auf, denn sie zeigen, dass die experimentelle Absenkung des TIFP zu einer verbesserten Aufnahme von Therapeutika beiträgt. Gleichzeitig wird die Proliferationsrate von Tumorzellen durch die reduzierte mechanische Dehnung signifikant verringert. Dieser Doppeleffekt könnte zu einer effizienteren Krebstherapie führen in Folge derer es zu einer verlängerten Überlebensrate sowie einer Verbesserung der Lebensqualität von Krebspatienten kommen könnte.
Maligne Gliome sind die häufigsten Neoplasien des Zentralen Nervensystems. Sie zählen zu den hypoxischsten Tumoren und entwickeln u.a. durch die Adaption an niedrige Sauerstoffbedingungen Apoptose-resistente Phänotypen. Darüber hinaus zeichnen sie sich durch schnelle Proliferation und ein diffuses, infiltratives Wachstum in das umliegende Neuropil aus, was eine vollständige Tumor-Resektion unmöglich macht. Entsprechend liegt die mediane Überlebenszeit nach der Diagnose trotz chirurgischen Eingriffs bei anaplastischen Astrozytomen (WHO Grad III) zwischen 18 und 20 Monaten und bei Glioblastomen (WHO Grad IV) zwischen 12 und 15 Monaten. Im ersten Abschnitt der vorliegenden Arbeit wurden 17 Gliomzelllinien in einem in vitro-Anoxiemodell auf ihre Hypoxie-Sensitivität hin untersucht. Dabei wurde eine hohe Variabilität hinsichtlich der Hypoxie-Toleranz festgestellt, sowie die Tendenz zu einer ausgeprägter Anpassung an niedrige Sauerstoffverhältnisse, begleitet von der Fähigkeit, das mitochondriale Membranpotential (delta psi m) aufrecht zu erhalten. Der durch Hypoxie induzierte Zelltod wurde als Caspase-unabhängig und Nekrose-ähnlich charakterisiert. Apoptose wurde hingegen auch in den Hypoxie-sensitiven Zelllinien nach 48 stündigem Sauerstoffentzug nur in sehr geringem Ausmaß beobachtet. Funktionelle Analysen mit den synthetischen BH3-Mimetika HA14-1 und BH3I 2’, die selektiv Bcl-2 bzw. Bcl xL/Bcl-2 inhibieren, lassen darauf schließen, dass die für Gliomzellen typische Bcl-2- und Bcl xL-Überexpression eine Blockade des mitochondrialen Signalwegs verursacht und so entscheidend zur Apoptose-Resistenz der Zellen beiträgt. Der Todesligand TRAIL, der selektiv in Tumorzellen Zelltod aktiviert, ist ein vielversprechender Kandidat für neue Apoptose-induzierende Krebstherapien. Da jedoch einige Krebszelltypen einschließlich maligner Gliome weitgehend gegen TRAIL resistent sind, richtet sich das Interesse verstärkt auf kombinatorische Therapieansätze, die Tumorzellen für TRAIL resensitivieren sollen. Nur zwei von sechs untersuchten Gliomzelllinien reagierten auf die Behandlung mit TRAIL, wobei eine Korrelation zwischen Hypoxie- und TRAIL-Resistenz deutlich wurde und die Hypothese einer ausgeprägten Kreuzresistenz stärkt. Ein Zusammenhang zwischen TRAIL-Sensitivität und TRAIL-Todes- bzw. –Decoy-Rezeptor-Expression konnte indes nicht hergestellt werden. Der Vergleich von konventionellen Therapienansätzen (Gamma-Bestrahlung) mit neuartigen Wirkstoffklassen (BH3-Mimetika und Proteasomeninhibitoren) zeigte, dass Gamma-Bestrahlung lediglich in TRAIL-sensitiven Zellen synergistisch mit TRAIL wirkte, während die BH3-Mimetika den TRAIL-induzierten Zelltod sowohl in TRAIL-sensitiven als auch –resistenten Zellen signifikant erhöhten. Diese Befunde legen nahe, dass die hohen Bcl-2- und Bcl xL-Proteinlevel verschiedene Signalwege hemmen, die an den Mitochondrien konvergieren und dadurch die Apoptose- bzw. Therapie-Resistenz maligner Gliome steigern. Der Einsatz der Proteasomeninhibitoren MG132 und Epoxomicin erwies sich vergleichsweise als am effizientesten: Beide Substanzen vervielfachten p53-unabhängig den TRAIL-induzierten Zelltod in TRAIL-sensitiven Gliomzellen und reaktivierten darüber hinaus potent die TRAIL-induzierte Apoptose in den TRAIL-resistenten Zelllinien. Microarray- und semi-quantitative RT-PCR-Analysen ergaben eine potente transkriptionelle Aktivierung des TRAIL-Rezeptors DR5 und der Stress-induzierten Transkriptionsfaktoren CHOP und c-Jun. Weitere Untersuchungen mit Hilfe von chemischen Inhibitoren und RNA-Interferenz zeigten, dass die CHOP-unabhängige, JNK/c-Jun-Signalwegs-vermittelte Aktivierung von DR5 eine maßgebliche Rolle bei der Proteasomeninhibitor-induzierten Sensitivierung von Gliomzellen für TRAIL spielt. Zusammengenommen legen die vorgelegten Befunde nahe, dass neue Ansätze basierend auf TRAIL oder agonistischen TRAIL-Rezeptor-Antikörpern in Kombination mit Proteasomeninhibitoren oder BH3-Mimetika vielversprechende Strategien zur Überwindung der Therapieresistenz maligner Gliome darstellen.
Das Non-LTR-Retrotransposon TRE5 A.1 aus Dictyostelium discoideum integriert positionsspezifisch 48 ± 2 bp oberhalb von tRNA Genen. Es konnte gezeigt werden, dass TRE5 A.1 Wechselwirkungen zwischen ORF1p und dem RNA Polymerase III spezifischen Transkriptionsfaktor DdTFIIIB nutzt, um seinen Integrationsort zu identifizieren. Damit wurden in dieser Arbeit erstmals direkte Proteininteraktionen zwischen einem Non-LTR-Retrotransposon und Komponenten des Chromatins zur Definition des Integrationsortes nachgewiesen. DdTFIIIB wurde durch Blastp Suchen in silico identifiziert. Wie auch in S. cerevisiae wird innerhalb des D. discoideum TFIIIB Komplexes eine stabile Interaktion zwischen der N terminal gelegenen Helix H2 von DdTBP und dem C Terminus von DdBrf1 gebildet. Es konnte sowohl mittels bakterieller Zweihybrid Versuche als auch durch biochemische Pulldown Experimente gezeigt werden, dass TRE5 A kodiertes ORF1 Protein (ORF1p) mit allen drei Untereinheiten von DdTFIIIB in Wechselwirkung tritt. Am ausgeprägtesten war diese mit DdTBP. Durch Mutations und Deletionsanalysen wurden die Kontaktflächen auf DdTBP und ORF1p näher charakterisiert. Demnach interagiert ORF1p über seinen N Terminus (AS 112 158) mit DdTBP, während die C terminalen 40 Aminosäuren sowohl von DdBrf1 als auch von ORF1p beansprucht werden und beide Proteine vermutlich um diese Bindestelle konkurrieren. DdTBP bindet hauptsächlich mit der C terminalen  Helix H2’ an ORF1p. Eine wichtige Position für diese Interaktion ist Ser195 auf DdTBP. Obwohl HsTBP selbst nicht mit ORF1p interagiert, kann die Einführung der Helix H2’ aus DdTBP in das humane Protein die Interaktion mit ORF1p wiederherstellen. Interaktionen zwischen DdTFIIIB und TRE5 A ORF2p wurden nicht detektiert, allerdings konnte ein vermutliches Dimerisationsmotiv in ENp entdeckt werden. Für weiterführende Versuche, die die Relevanz der hier gefundenen Proteininteraktionen für die Target Identifizierung in D. discoideum Zellen untersuchen soll, wurden in dieser Arbeit zwei monoklonale Antikörper gegen DdTBP und einen zufällig entdeckten „Epitop Tag“ isoliert und charakterisiert. Die genaue Rolle von ORF1p während der Retrotransposition von TRE5 A.1 ist noch ungeklärt. Erste grundlegende Einblicke weisen darauf hin, dass ORF1p Teil des Präintegrationskomplexes von TRE5 A sein muss.
Präklinische Untersuchungen zur Gentherapie der HIV-Infektion mit dem retroviralen Vektor M87o
(2007)
Mit der Einführung der hochaktiven antiretroviralen Therapie (HAART) 1995 wandelte sich die HIV-Infektion in den Industrieländern von einer akut lebensbedrohlichen zu einer chronisch verlaufenden und scheinbar gut kontrollierten Erkrankung. Das Virus wird allerdings nie vollständig aus dem Körper eliminiert, sodass die Betroffenen zeitlebens Medikamente einnehmen müssen. Die Langzeit-Medikation wird häufig von schweren Nebenwirkungen begleitet, führt zur Selektion resistenter Viren und muss häufig umgestellt werden. Gentherapeutische Verfahren, die die CD4+ Zielzellen durch die Expression antiviraler Gene vor der Infektion durch HIV schützen („intrazelluläre Immunisierung“), stellen viel versprechende Therapiealternativen dar. Der in der Arbeitsgruppe von Laer entwickelte retrovirale Vektor M87o (EGELHOFER et al. 2004, EGELHOFER 2004) exprimiert das 46 Aminosäuren lange membran-verankerte Peptid C46, das in der Lage ist, die gp41-vermittelte Fusion von Virus- und Zellmembran zu inhibieren. In Zelllinien und primären Lymphozyten konnte gezeigt werden, dass M87o die Infektion durch unterschiedliche HIV-Isolate sehr effektiv verhindert. Im Rahmen vorklinischer Untersuchungen konnte in vitro gezeigt werden, dass die retrovirale Transduktion mit M87o das Transformationsrisiko und damit das Risiko der Entstehung von Neoplasien nicht steigert. An primären peripheren T-Zellen konnte zeigt werden, dass M87o die Zielzellen weder phänotypische noch funktionelle verändert. Für die Untersuchung der retroviralen Gentherapie im Rhesusaffenmodell wurde zunächst ein Gentransferprotokoll für periphere Affenlymphozyten entwickelt, mit dem in Vorversuchen Gentransferraten von ca. 50% erreicht werden konnten. Das Transduktionsprotokoll wurde anschließend im Rahmen einer präklinischen Studie zur Toxizität und Immunogenität der M87o-Gentherapie, bei der Herstellung zweier Studientransplantate angewandt. Beide Zellpräparate wurden den Versuchstieren transplantiert. Während des Eingriffs traten keine akuttoxischen Reaktionen auf. M87o+-Zellen konnten bis 140 Tage nach der Transplantation mittels PCR nachgewiesen werden. Immunologische Untersuchungen (Cytokinfärbung, Proliferationsassay, ELISPOT) ergaben keine Hinweise auf zelluläre oder humorale Immunreaktionen. M87o-spezifische Antikörper waren im Serum nicht nachweisbar. Für die Durchführung einer klinischen Studie zur Toxizität und Wirksamkeit (Phase I/II) an HIV-infizierten Probanden wurde ein Protokoll zur Produktion M87o-modifizierter T-Zellen (mindestens 5 × 108 M87o+ CD4-T-Zellen pro Spender) entwickelt. In die klinische Prüfung wurden Patienten aufgenommen, die nach multiplem Therapieversagen durch das Auftreten multiresistenter HIV eine CD4-Zellzahl von 50 bis 200 µl-1 Blut, sowie eine Viruslast von >5.000 Kopien ml-1 Blut aufwiesen. Im Versuchsmaßstab konnte ein Transduktionsprotokoll erarbeitet werden, mit dem im Mittel 46% der CD4+ T-Zellen mit M87o transduziert werden konnten. Innerhalb von 10 Tagen expandierte die Zellzahl im Mittel um den Faktor 153, wobei die HIV-Replikation vollständig inhibiert wurde. Das Protokoll wurde erfolgreich vom Versuchsmaßstab in den klinisch relevanten Produktionsmaßstab übersetzt. In drei Versuchsläufen wurde im Mittel eine Transduktionsrate von 29% erreicht und die Zellzahl um den Faktor 44 vermehrt. Der Anteil an CD3+/CD4+ Zellen an der Gesamtpopulation lag im Mittel bei 91%. Insgesamt konnten mit dem etablierten Protokoll durchschnittlich 2,3 × 109 CD3+/CD4+/M87o+ Zellen, bei gleichzeitig vollständiger Inhibition der HIV-Replikation, generiert werden. Im Rahmen einer klinischen Studie zur Toxizität und Wirksamkeit der M87o-Gentherapie wurden 10 Studientransplantate gemäß dem im Rahmen dieser Arbeit entwickelten Protokoll hergestellt. Alle Transplantate wurden am Universitäts-Krankenhaus Eppendorf in Hamburg transfundiert und von den Patienten sehr gut vertragen.
Durch die Forschung der letzten Jahre wurde zunehmend deutlich, dass die Tumorumgebung einen starken Einfluss auf Wachstum und Progression eines Tumors ausübt. Ein Schlüsselereignis ist dabei die veränderte Expression von Wachstumsfaktoren und deren Rezeptoren im Tumor selbst oder im Tumor-Stroma und somit eine Veränderung in der Interaktion zwischen Tumor- und Stroma-Zellen. Eine solche de novo Expression der hämatopoetischen Wachstumsfaktoren G-CSF und GM-CSF konnte in der Tumorprogression humaner Plattenepithelkarzinome der Haut ausschließlich im Tumorgewebe hochgradig maligner, schnell und invasiv wachsender und metastasierender Tumore mit einer ausgeprägten Vaskularisierung nachgewiesen werden (Mueller & Fusenig 1999). Um die Wirkung von G-CSF und GM-CSF getrennt analysieren zu können, wurde eine benigne Keratinozyten-Zelllinie, die die Rezeptoren für G-CSF und GM-CSF exprimiert, nicht jedoch die Faktoren selbst, mit G-CSF oder GM-CSF transfiziert. Die Konsequenz der Faktorexpression wurde in je 2 transfizierten Zelllinien in vitro und in vivo analysiert. Beide Faktoren wirkten autokrin stimulierend auf die Tumorzell-Proliferation und Migration in vitro. Darüber hinaus induzierte GM-CSF die Expression von IL-6 in Tumorzellen, welches dann wiederum die Expression von GM-CSF verstärkte. Untersuchungen der transfizierten Zelllinien in vivo demonstrierten einen deutlichen Beitrag von G-CSF und GM-CSF zur Tumormalignisierung. So ergab die subkutane Injektion der G-CSF exprimierenden Zellen in die Nacktmaus nach einer Latenzzeit von 50 Tagen schnell und invasiv wachsende Tumore mit ausgeprägter Vaskularisierung, während GM-CSF exprimierende Zellen nur ein transientes Tumorwachstum zeigten. Subkutane Injektion von Gemischen der G-CSF mit den GM-CSF transfizierten Zellen demonstrierten eine frühere Häufung der Tumorbildung in Abhängigkeit von der Höhe der GM-CSF Produktion durch die eingesetzte Zelllinie. Die in vivo Progression mittels Rekultivierung von Tumorgewebe der mit G-CSF transfizierten Zellen resultierte in Zellen, die ein sehr schnelles und aggressives Tumorwachstum ohne Latenz zeigten. Diese Progression war assoziiert mit einer de novo Expression von GM-CSF, was auf einen synergistischen Effekt beider Faktoren hinweist. Für die Progressions fördernde Wirkung von G-CSF und GM-CSF spielt neben der autokrinen Stimulation der Tumorzellen vor allem die parakrine Beeinflussung des Tumor-Stromas eine Rolle. Die Analyse der Kinetik der Tumor-Stroma Interaktionen im Oberflächentransplantat ergab eine deutlich schnellere und stärkere, zum Tumor hin gerichtete permanente Angiogenese in den G-CSF exprimierenden Zellen. Diese setzte in den durch in vivo Passage entstandenen, G-CSF und GM-CSF positiven Zellen deutlich früher ein. Die Faktor negativen parentalen Zellen und die mit GM-CSF transfizierten Zellen wiesen dagegen nur eine transiente Angiogenese auf. Die Rekrutierung neutrophiler Granulozyten in die Tumorumgebung war bei allen transfizierten Zelllinien beschleunigt, blieb jedoch bei GM-CSF exprimierenden Zellen wie auch bei den parentalen und Kontroll transfizierten Zellen transient, während G-CSF exprimierende und G-CSF und GM-CSF ko-exprimierende Zellen eine anhaltende Rekrutierung zeigten. Die Analyse der Kinetik der Makrophagen-Rekrutierung ergab eine deutliche Beschleunigung nur in den GM-CSF exprimierenden und den G-CSF und GM-CSF ko-exprimierenden Zellen. Die sehr frühe Gegenwart von Makrophagen in Transplantaten der GM-CSF positiven Zellen ohne die Präsenz von Granulozyten deutet im Zusammenhang mit der sehr unregelmäßigen und blasigen Epithelbildung und dem nur transienten Tumorwachstum dieser Zellen nach subkutaner Injektion auf eine durch Makrophagen ausgeübte frühe Anti-Tumor Immunität hin. Als Schlüsselenzyme der Tumorinvasion und Angiogenese wurde weiterhin die Expression Matrix degradierender Enzyme, der Matrix Metalloproteinasen, in Tumor und Stroma untersucht. Dabei konnte mit zunehmender Tumorprogression eine ansteigende Expression von MMP-2 in Tumoren, von MMP-13 in Tumor und Stroma und von MMP-3 und MMP-9 im Tumor-Stroma in direkter Nähe zum Tumor festgestellt werden, wobei die Proteasen eine der Tumor-Invasion vorangehende Deposition am Rand invasiver Bereiche des Tumors zeigten. Ein Teil der stromalen (murinen) MMP-9 positiven Zellen konnte über Immunfluoreszenz-Färbungen als neutrophile Granulozyten identifiziert werden. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Ko-Expression von G-CSF, GM-CSF und ihren Rezeptoren in humanen Plattenepithelkarzinomen der Haut einen wesentlichen Beitrag zur Tumorprogression zu einem hochmalignen Tumor-Phänotyp leistet. Dies geschieht zum einen durch eine autokrine Stimulation von Proliferation und Migration der Tumorzellen. Zum anderen stimulieren diese Faktoren parakrin die Induktion einer Tumor fördernden stromalen Umgebung und tragen so zu verstärktem Tumorwachstum und Invasion bei.
Isolation des Carotinoidbiosynthese Genclusters aus Flavobacterium spec P99-3. Das isolierte Gencluster von 15 kb Größe zeigt 7 offene Leseraster, die auf Grund ihrer Sequenzhomologie Carotinoidgenen zugeordnet werden können oder anhand von Komplementationen in einem heterologen Expressionssystem in E. coli mit anschließender HPLC-Analayse eine eindeutige Funktion im Biosysnthesewegs des selten vorkommenden Myxols zugeordnet werden kann.
Obwohl für eine Vielzahl von Chemikalien Ergebnisse aus Standardtest vorliegen, gibt es relativ wenige Erkenntnisse über generationsübergreifende Substanzeffekte und die Auswirkungen von Chemikalien auf die genetische Diversität. Im Rahmen der vorliegenden Dissertation werden generationsübergreifende Effekte des Modellschadstoffes Tributylzinn (TBT) bei drei subakuten Konzentrationen (4,46; 6,69 und 8,93 mikro g Sn/kg TG) auf Life-Cycle-Parameter und genetische Diversität der Zuckmücke Chironomus riparius untersucht. Dabei wird eine genetisch variable (GEN+) und eine genetisch verarmte (GEN-) Populationen betrachtet. Darüber hinaus wird das Anpassungspotential an den Stressor TBT abgeschätzt. Die genetische Variabilität von C. riparius wird mittels neu entwickelter Mikrosatellitenmarker bestimmt. Dabei werden geringfügige Längenunterschiede zwischen hochvariablen DNA-Fragmenten detektiert. Weiterhin werden Abweichungen vom Hardy-Weinberg-Gleichgewicht bestimmt. Für die Ermittlung von potentiellen Anpassungsprozessen an den Stressor TBT werden nach ausgewählten Generationen akute und chronische Anpassungstest durchgeführt. Um der Fragestellung nachzugehen, ob eine TBT-Vorexposition zu einer veränderten Sensitivität gegenüber einem Zweitstressor führt, werden Experimente mit Cadmium durchgeführt. Auch in den Zweitstressorstudien wird der Multigenerationsansatz gewählt, und es werden Life-Cycle-Experimente über drei weitere Generationen durchgeführt. Für die Experimente werden die mit 4,46 und 8,93 mikro g Sn/kg TG vorexponierten Tiere anschließend nach unterschiedlicher Generationenzahl einer umweltrelevanten Cadmiumkonzentration (1,2 mg/kg TG) ausgesetzt. Im Verlauf der Multigenerationsstudie mit 4,46 mikro g Sn/kg TG werden in beiden Populationen signifikante Effekte auf die Entwicklung und Reproduktion beobachtet. In den ersten Generationen ist der Schlupfzeitpunkt der Larven bei TBT-Exposition signifikant (p < 0,05, t-Test) verzögert. Die Reproduktion scheint ebenso ein sensitiver Parameter zu sein, wobei die Weibchen der genetisch variableren Population signifikant (p < 0,05, t-Test) größere Gelege in den späteren Generationen produzieren. Die niedrige TBT-Konzentration hat in beiden Populationen keinen signifikanten Effekt auf die durchschnittliche Populationswachstumsrate. In den letzten Generationen der Studie wird für die genetisch variablere Population eine Veränderung des Lebenszyklus festgestellt, wobei die Weibchen eine erhöhte Reproduktionsleistung aufweisen. Es werden keine Effekte auf die Heterozygotie festgestellt. Allerdings treten in beiden Populationen zahlreiche Abweichungen vom Hardy-Weinberg-Gleichgewicht auf. Weiterhin werden signifikante (Pearson-Korrelation, p < 0,05) Effekte der genetischen Diversität auf zahlreiche Life-Cycle-Parameter (Gelegeanzahl pro Weibchen, Gelegegröße) ermittelt. In den chronischen und akuten Anpassungsexperimenten gibt es deutliche Hinweise auf Adaptationsprozesse gegenüber dem Stressor TBT. In der TBT-Studie mit 8,93 mikro g Sn/kg TG werden in beiden Populationen signifikante Effekte auf zahlreiche Life-Cycle-Parameter festgestellt, wobei die Entwicklung und Reproduktion der Tiere negativ beeinflusst wird. Darüber hinaus werden in der genetisch variableren Population signifikante (p < 0,05, X2-Test) Effekte von TBT auf die genetische Diversität beobachtet. Diese nimmt im Verlauf der Studie ab. Nach der vierten Generation gibt es in der genetisch variableren Population Hinweise auf Anpassungsprozesse, die allerdings in den letzten Generationen nicht mehr nachzuweisen sind. Ähnlich wie in der ersten Multigenerationsstudie wird auch in dieser Studie ein signifikant (Pearson-Korrelation, p < 0,05) positiver Zusammenhang zwischen der genetischen Diversität und der Populationswachstumsrate bei TBT-Exposition festgestellt. In den Zweitstressorexperimenten wird der Effekt der Vorbelastung bei der genetisch variableren Population deutlich. Die mit 8,93 mikro g Sn/kg TG über neun Generationen exponierte Population reagiert dabei empfindlicher auf den Stressorwechsel als die dazugehörige Referenzpopulation. Innerhalb der Multigenerationsstudien werden zahlreiche Effekte der Organozinnverbindung TBT auf Life-Cycle-Parameter und die genetische Diversität von C. riparius deutlich. Diese Dissertation zeigt die hohe Bedeutung von Mehrgenerationenstudien für die Abschätzung und Bewertung eines Risikopotentials von Schadstoffen.
Das aktuell diskutierte Modell der lichtabhängigen Magnetrezeption bei Vögeln beschreibt, dass die Richtung des Erdmagnetfelds durch Radikalpaarprozesse in spezialisierten Photorezeptoren wahrgenommen wird. Dabei werden Cryptochrome, eine Klasse photoaktiver Flavoproteine, als potentielle Kandidaten für das Radikalpaarmodell und damit als mögliches Magnetrezeptormolekül diskutiert. Verhaltensbiologische Experimente mit Zugvögeln zeigen, dass der Magnetrezeptionsprozess offensichtlich stark lateralisiert im rechten Auge stattfindet und dass dieser Prozess Licht aus dem blau-grünen Teil des Spektrums benötigt. Cryptochrome absorbieren Licht in diesem Bereich und besitzen darüber hinaus biochemische Eigenschaften, die für die Funktion des Radikalpaarmodells entscheidend sind. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen habe ich untersucht, ob Cryptochrom (CRY) in der Retina des Rotkehlchens, Erithacus rubecula, einem nachtziehenden Singvogel, zu finden ist. Mit molekulargenetischen Methoden konnte ich erstmals drei individuell exprimierte Cryptochrome aus der Rotkehlchenretina isolieren: Erithacus (e)-CRY1a, -CRY1b und -CRY2. Während eCRY1a und eCRY2 fast vollständig homolog zu Cryptochrom 1 und 2 in der Retina des Haushuhns sind, besitzt eCRY1b eine noch unbeschriebene C-terminale Domäne, die auf neue Proteinbindungseigenschaften und Interaktionspartner hindeutet. Die Identifizierung eines Kernlokalisierungssignals bei eCRY2 weist auf dessen Lokalisierung im Zellkern hin und macht seine Funktion als sensorischer Lichtrezeptor eher unwahrscheinlich. Ein mit Hilfe der Aminosäurensequenz erstelltes Proteinmodell von eCRY1 zeigt, dass dieser Typus zwei Cofaktoren besitzt: das katalytische Chromophor Flavinadenindinukleotid (FAD) und das lichtsammelnde Pterin Methenyltetrahydrofolat (MTHF). eCRY1a und eCRY1b sind Spleißprodukte des gleichen Gens; ihre C-terminalen Domänen sind auf unterschiedlichen Exonen codiert. eCRY1a und eCRY1b besitzen beide keine Membranbindedomäne und liegen zytosolisch vor. Weil jedoch laut Radikalpaartheorie die magnetosensitiven Rezeptoren zumindest im Moment der Photonenabsorption in einer bestimmten Anordnung und Raumrichtung vorliegen müssen, benötigen beide eCRY1-Varianten daher mindestens einen sphärisch fixierten Interaktionspartner. In meiner Arbeit diskutiere ich Opsine als mögliche Partner, da diese in den Aussensegmenten der Photorezeptoren stark geordnet und in konstanter Raumrichtung vorliegen. Die Genexpression von eCRY1a und eCRY1b unterscheidet sich sowohl zwischen den Augen als auch zwischen den CRY-Varianten. Im Mittel waren die Expressionswerte von eCRY1a in der Rotkehlchenretina fünf- bis zehnmal höher als die von eCRY1b. In der Dämmerung und nachts ist eCRY1a im linken Auge signifikant höher exprimiert als im rechten Auge. Im Gegensatz dazu ist die Expression von eCRY1b in beiden Augen gleich, zeigt jedoch einen signifikanten Anstieg zu Beginn des Zuges in der Dämmerung. Durch die unterschiedlichen Expressionsraten von eCRY1a und eCRY1b verschiebt sich zum Zeitpunkt der Richtungsentscheidung des Vogels in der Dämmerung das Verhältnis zwischen den beiden Cryptochrom1-Varianten im rechten Auge zugunsten von eCRY1b. Die Ergebnisse meiner Expressionsstudie deuten darauf hin, dass die in Verhaltensversuchen nachgewiesene Lateralisation des Magnetkompass bereits auf Rezeptorebene in der Retina beginnen könnte. mRNA in situ- als auch immunohistochemische Untersuchungen dieser Arbeit zeigen, dass bei Zugvögeln sowohl die mRNA als auch die Proteine beider eCRY1-Typen in den Innensegmenten der retinalen Photorezeptoren lokalisiert sind. Die räumliche Nachbarschaft zu Opsinen unterstützt die Annahme einer möglichen Interaktion zwischen diesen und Cryptochrom. Darüber hinaus lässt dieser Befund Spekulationen zu, dass die neuronale Verarbeitung der aus den Photorezeptoren stammenden magnetischen Richtungsinformation analog zum bildverarbeitenden Sehen stattfinden könnte. Modelle für eine mögliche Verschaltung und Signalverarbeitung der Cryptochromsignale werden in dieser Arbeit diskutiert. Insgesamt unterstützen die Befunde meiner Arbeit die im Radikalpaarmodell diskutierte Annahme, dass Cryptochrome eine entscheidende Rolle bei der Perzeption von magnetischer Kompassinformation bei Zugvögeln spielen und möglicherweise als Magnetrezeptormoleküle fungieren. Darüber hinaus könnten die Ergebnisse einen wichtigen Beitrag zu einem besseren Verständnis des Gesamtprozesses der Magnetrezeption bei Tieren leisten, und zwar von der Rezeptorzelle bis zur Verhaltensantwort. Meine Ergebnisse tragen möglicherweise auch dazu bei, die bekannten neurowissenschaftlichen und funktionell morphologischen mit den entsprechenden ethologischen Ergebnissen zu verknüpfen. Ich würde es sehr begrüßen, wenn meine Arbeit zu weiterführender Forschung auf diesem spannenden Gebiet anregt und zu einem besseren Verständnis der noch unbekannten Aspekte der Magnetrezeption beitrüge.
RNA-Interferenz (RNAi) erlangte eine herausragende Bedeutung zum Studium der Genfunktion, nachdem auch in Säugersystemen gezeigt wurde, daß durch Applikation von 21 nt langen siRNAs (small interfering RNAs) eine Sequenz-spezifische Degradierung der mRNA-Transkripte kognitiver Gene erreicht werden konnte. Im Gegensatz zur antisense-Technologie erwies sich die Wirkung von siRNA im Hinblick auf die Hemmung der Genexpression um ein Vielfaches potenter und hoch spezifisch. Für eine längerfristige Unterdrückung von Genen kristallisierte sich die Methode der Plasmid-Vektor-vermittelten intrazellulären Expression von shRNA (short hairpin RNA) heraus, welche transient oder stabil angewendet werden kann. Diese exprimierte shRNA wird intrazellulär enzymatisch zu wirksamer siRNA prozessiert, welche den eigentlichen Enzym-vermittelten RNAi-Mechanismus der Degradierung von mRNA-Transkripten kognitiver Gene auslöst. Die Anwendung von RNA-Polymerase III-abhängigen Promotoren für die stabile konstitutive Expression von shRNA stellte ein großes Problem für behandelte Zellen dar, wenn es sich bei dem zu unterdrückenden Zielgen um ein Gen mit essentiellen Funktionen für die Zelle handelte. Im Falle der Polo-like Kinase 1 (Plk1), einer in vielen Spezies hoch konservierten Serin/Threonin-Kinase mit essentiellen mitotischen Funktionen, bedeutete eine dauerhafte und stringente Unterdrückung einen veränderten Phänotyp beteiligter Zellen, welcher sich durch Defekte bei mitotischen Ereignissen bemerkbar machte. Plk1 ist in zahlreiche mitotische Prozesse, wie den Eintritt der Zellen in die Mitose, die Segregation der Chromosomen und die Aktivierung des APC/C (anaphase promoting complex / cyclosome), eingebunden. Darüber hinaus ist bekannt, daß Plk1 in nahezu allen Tumorarten überexprimiert vorliegt und die Prognose von Tumorwachstum und Metastasierungspotential über den Plk1-Gehalt definiert werden kann. Des weiteren bewirkte eine RNAi-vermittelte Unterdrückung der Plk1-Expression bei Tumorzellen eine Hemmung der Zellproliferation mit Auslösung der Apoptose. Hingegen konnte bei gesunden primären Zellen weder eine signifikante Hemmung der Proliferation noch die Auslösung der Apoptose beobachtet werden, was die große Bedeutung von Plk1 als Ansatzpunkt für eine Krebstherapie hervorhebt. Um die Funktion von Plk1 im Hinblick auf molekularbiologische Zusammenhänge besser studieren zu können, war es notwendig, den intrazellulären Plk1-Gehalt zu variieren. Im Rahmen dieser Promotionsarbeit wurden dazu induzierbare RNAi-Elemente entwickelt, mit deren Hilfe die intrazelluläre Plk1-Expression konditionell inhibiert werden konnte. Unter Verwendung des prokaryotischen Tet-Systems wurden auf Basis des RNA-Polymerase abhängigen H1-Promotors durch Insertion von einer oder zwei Operatorsequenzen (TetO) für den Tetrazyklin-Repressor (TetR) an verschiedene Orte innerhalb der Sequenz des H1-Promotors drei induzierbare Promotor-Derivate geschaffen. Die drei entwickelten H1-Promotor-Derivate wurden zur Expression von shRNA gegen Plk1 eingesetzt und in bezug auf die Auslösung der RNAi-Antwort getestet und untereinander verglichen. Zu diesem Zwecke wurde der endogene Plk1-Gehalt von HeLa-Tumorzellen auf Transkript- und auf Proteinebene bestimmt. Die Zellen wurden zuvor mit Plasmid-Vektoren für konstitutive TetR-Expression und jeweils einer der verschiedenen shRNA-Expressions-Kassetten ko-transfiziert. Als Kontrollen dienten dabei Wildtyp-H1-Promotoren, welche zur konstitutiven Expression von shRNA gegen Plk1 und einer unwirksamen Kontroll-shRNA eingesetzt wurden. Mit Hilfe des synthetischen Tetrazyklin-Analogons Doxyzyklin, welches einen potenten Aktivator für TetR darstellt, konnten die hergestellten Promotor-Derivate induziert werden, was durch einen reduzierten intrazellulären Plk1-Gehalt sichtbar wurde. Dabei fiel auf, daß alle drei Promotor-Typen unterschiedliche Eigenschaften im nichtinduzierten Zustand wie auch im induzierten Zustand unter Anwesenheit von Doxyzyklin aufwiesen. Für die Basalaktivität in Abwesenheit von Doxyzyklin (leakiness) war die relative Lage der TetO-Sequenz(en) innerhalb des Promotors verantwortlich. So veränderte die Insertion einer TetO-Sequenz in 3’-Richtung der TATA-Box die Eigenschaften des Wildtyp-H1-Promotors weniger als die Insertion einer TetO-Sequenz in 5’-Richtung der TATA-Box. Zum Studium von Plk1 als Zielgen in der Krebstherapie wurde das Proliferationsverhalten von HeLa-Tumorzellen als Antwort auf die Doxyzyklin-vermittelte Induktion der shRNAExpression unter Kontrolle eines der induzierbaren Promotoren ermittelt. Dabei konnte die Proliferation von Tumorzellen durch einen reduzierten Plk1-Gehalt, welcher durch die Doxyzyklin-induzierte Auslösung der RNAi-Antwort vermittelt wurde, erfolgreich inhibiert werden. Zur Überprüfung der Eignung entwickelter Systeme, Tumorwachstum in vivo inhibieren zu können, wurden die entwickelten RNAi-Kassetten in das Genom von TetRexprimierenden HeLa-Zellen integriert und so stabile Klone geschaffen. Stabile HeLa-Klone zur induzierbaren Expression von Plk1-spezifischer shRNA, wie auch zur induzierbaren Expression von einer Kontroll-shRNA, wurden in die gegenüberliegenden Flanken von immunsupprimierten Nacktmäusen inokuliert, um anhand von Xenograft-Modellen einen direkten Vergleich des Tumorwachstums unter gleichen äußeren Bedingungen zu ermöglichen. Einem Teil der Mäuse wurde Doxyzyklin ins Trinkwasser gegeben, während Kontrollmäuse kein Doxyzyklin verabreicht bekamen. Das Tumorwachstum von Xenograft-Tumoren, welche aus Klonen zur Expression von shRNA gegen Plk1 hervorgingen, konnte in Doxyzyklin-behandelten Mäusen um 53% auf 47% an Tag 51 nach Inokulierung der Zellen inhibiert werden. Tumoren nicht-induzierter Mäuse, sowie Tumoren aus induzierten Mäusen, welche Kontroll-shRNA exprimierten, wuchsen dagegen unverändert in gleichem Maße. Anhand der in dieser Arbeit entwickelten induzierbaren H1-Promotor-Derivate zur konditionellen Auslösung von RNAi wurden wertvolle genetische Werkzeuge geschaffen, welche für das Studium der Genfunktion eingesetzt werden können. Im Falle der Unterdrückung von Plk1 können mit ihrer Hilfe sowohl grundlegende molekularbiologische Zusammenhänge studiert als auch die Bewertung von Plk1 als Zielgen in der Krebstherapie bewertet werden. Im Gegensatz zu kürzlich entwickelten Kinase-Inhibitoren, welche auf Proteinebene gegen Plk1 gerichtet sind und aufgrund ihrer bislang nicht nachgewiesenen Spezifität verwandte Kinasen in ihrer Wirkungsweise beeinflussen könnten, ist eine RNAibasierte Strategie hoch spezifisch und verspricht eine große Relevanz für zukünftige therapeutische Ansätze. Vorraussetzung für erfolgversprechende RNAi-basierte Strategien ist eine hohe Konservierung der Sequenz beteiligter Zielgene. Im Falle von Plk1 konnte eine hohe Konservierung durch Sequenzanalyse der Plk1-Gene von 15 Mamma-Karzinomen, 11 Ovarial-Karzinomen und mehrerer Tumorzellinien bestätigt werden.
Adenosintriphosphat (ATP) als universelles Energieäquivalent der Zelle wird durch die oxidative Phosphorylierung synthetisiert, bei der Elektronen entlang des elektrochemischen Gefälles der Atmungskette über verschiedene Redoxkomplexe transferiert und durch die chemiosmotische Kopplung Protonen über die Membran gepumpt werden. Der Protonengradient wird dann von der ATP-Synthase genutzt, um ADP zu ATP zu phosphorylieren. Zentraler Redoxkomplex der Atmungskette vieler Pro- und Eukaryonten ist der bc1-Komplex, der Elektronen von Ubichinol auf Cytochrom c überträgt, von wo sie nachfolgend auf die Cytochrom c-Oxidase transferiert werden. Das mesophile Bodenbakterium Paracoccus denitrificans wird als Modellsystem für den mitochondrialen Elektronentransfer (ET) verwendet, da es eine aerobe Atmungskette exprimiert, die der mitochondrialen homolog ist, allerdings einen wesentlich einfacheren Aufbau der einzelnen Redoxkomplexe aufweist. Auch Thermus thermophilus als extrem thermophiles Bakterium bildet eine vergleichbare aerobe Atmungskette aus, wobei deren Proteine allerdings eine hohe Thermostabilität aufweisen, wodurch sie in das Interesse der Forschung gerückt sind. Ziel dieser Arbeit war die funktionelle Charakterisierung des ET zwischen Komplex III und IV der Atmungsketten von P. denitrificans und T. thermophilus, die aufgrund ihrer mesophilen und thermophilen Eigenschaften unterschiedliche Mechanismen in der Wechselwirkung ihrer Redoxproteine aufweisen. Es wurden lösliche Redoxfragmente verwendet, um anhand von Mutagenesestudien, Stopped-Flow (SF)- und Laserflash-Kinetiken (LF) unter pre-steady state-Bedingungen sowie FRET-Experimenten den ET zu untersuchen. Für die LF-Experimente wurde eine photoaktive Rutheniumverbindung kovalent an Cyt c552 gekoppelt, durch die bei Laseranregung das Häm photooxidiert und dadurch der ET von einem reduzierten Redoxpartner induziert werden kann. Die Strukturdaten des bc1/Cyt c-Cokomplexes aus Hefe zeigen, dass direkte Kontakte zwischen Cyt c1 und Cyt c durch unpolare Wechselwirkungen und eine zentrale Kation-p-Interaktion vermittelt werden. Daher wurden anhand von Sequenz- und Struktur-alignments äquivalente Aminosäurepositionen im Paracoccus Cyt c1 identifiziert, die an der Wechselwirkung zu Cyt c552 beteiligt sein könnten. Diese wurden durch gerichtete Mutagenese in ihrem Raumvolumen, ihrer Polarität oder Ladung variiert und in kinetischen Studien untersucht. Für die LF-Kinetiken sowie für die FRET-Experimente wurden Oberflächen-Cysteinmutanten des Cyt c1 bzw. c552 generiert, über deren SH-Gruppen kovalent der Rutheniumkomplex bzw. Fluorophore gekoppelt werden konnten. Die ET-Reaktion zeigt zwei Phasen in Abhängigkeit von der Ionenstärke. Bei niedrigen Ionenstärken ergeben sich Geschwindigkeitskonstanten von 109 M -1s-1 und eine geringe Ionenstärkeabhängigkeit (etwa eine effektive Ladung), wohingegen bei Ionenstärken ab 35 mM 2-3 effektive Ladungen pro Redoxpartner beteiligt sind und bimolekulare Geschwindigkeitskonstanten von 107 bis 109 M-1s-1 erhalten werden. Diese Ergebnisse deuten auf die Bildung eines Encounter-Komplexes bei niedrigen Ionenstärken hin, der ein Ensemble verschiedener Distanzen und relativer Orientierungen der Redoxpartner zueinander darstellt. Diese Annahme wurde ebenfalls durch FRET-Experimente bestätigt, durch die selbst bei niedrigen Ionenstärken keine definierten Abstände erhalten werden konnten. Die Geschwindigkeitskonstanten der bimolekularen Reaktion weisen auf einen diffusionskontrollierten Prozess hin, an dem 2 bis 3 effektive Ladungen an der elektrostatischen Annäherung der beiden Redoxpartner beteiligt sind. Diese Ergebnisse werden durch vorherige kinetische Untersuchungen und EPR-Studien des ET von Cyt c552 zum CuA-Fragment der aa3-Oxidase bekräftigt, für den die gleiche Anzahl effektiver Ladungen und die Bildung eines Encounter-Komplex gefunden wurden. Lediglich c1-Mutanten, deren variierte Aminosäuren sich direkt oberhalb der Hämspalte und in der Sequenz um bzw. innerhalb des Hämbindemotivs befinden, bewirken eine Verlangsamung der Gesamtreaktion und ein leicht verändertes Ionenstärkeverhalten, das auf eine leicht verschobene Interaktionsfläche hindeutet. Es wurde durch Sequenz- und Strukturalignments kein aromatischer Rest in direkter Nähe der entsprechenden Position im Paracoccus Cyt c1 gefunden, der wie im Hefekomplex eine stabilisierende Kation-p-Interaktion zwischen den Redoxpartnern vermittelt. Zur Untersuchung des ET zwischen Komplex III und Komplex IV aus T. thermophilus wurde die hydrophile Cytochrom c-Domäne der caa3-Oxidase in Analogie zum Paracoccus-System als lösliches Redoxfragment kloniert, heterolog exprimiert und charakterisiert. Dieses Fragment wurde in SF-Studien eingesetzt, um den ET zu seinen potentiellen Redoxpartnern Cyt cbc des bc-Komplexes und Cyt c552 zu charakterisieren. Es konnte gezeigt werden, dass das ccaa3-Fragment Elektronen von beiden Redoxpartnern empfängt, wobei die ET-Reaktion mit Cyt c552 so schnell verläuft, dass sie durch SF-Techniken nur schlecht aufgelöst und lediglich eine Größenordnung der Geschwindigkeitskonstanten abgeschätzt werden kann (kon ~ 1010 M-1s-1). Die Reaktion mit Cyt cbc verläuft auch noch schnell (kon = 108-109 M-1s-1) und ist nahezu unabhängig von der Ionenstärke, was eine hydrophobe Wechselwirkung zwischen beiden Redoxpartnern bestätigt. Die Ergebnisse deuten erstmals darauf hin, dass ein ET direkt zwischen zwei Redoxproteinkomplexen (bc-Komplex und caa3-Oxidase) stattfindet, ohne dass ein Elektronenüberträger (wie z. B. Cyt c552) zwischengeschaltet ist. Um die Übertragbarkeit der Erkenntnisse, die hier über den ET an löslichen Redoxfragmenten gewonnen wurden, in einem Proteinkomplex zu verifizieren, wurde ein bc1-Komplex verwendet, in dem die für P. denitrificans einzigartige saure Cyt c1-Domäne deletiert ist. Der Komplex wurde für eine erleichterte Aufreinigung mit einem His-tag versehen, homolog exprimiert und erste Aufreinigungs- und Charakterisierungsschritte unternommen. Er soll zukünftig eingesetzt werden, um die Mutationen des löslichen c1-Fragmentes in den Komplex zu überführen und die Mutanten kinetisch mittels pre-steady state- und steady state-Techniken im Vergleich zum bc1WT-Komplex zu untersuchen, ohne dass die Effekte der Punktmutationen durch die hohe negative Ladungsdichte der sauren Domäne überlagert werden.
Die vorliegende Arbeit befaßte sich mit der Untersuchung der Protonenbewegung während des O-E Schrittes im katalytischen Zyklus der Cytochrom-c-Oxidase von P. denitrificans. Die Zuordnung der Protonenbewegung zu den einzelnen Schritten des katalytischen Zyklus der Cytochrom-c-Oxidase ist immer noch ein Gegenstand zahlreicher Kontroversen. Obwohl von Ruitenberg et al. (2000) durch Spannungsmessungen gezeigt wurde, daß die Reduktion von Häm a während des ersten Elektrontransfers in das oxidierte Enzyme eine schnelle Protonenaufnahme von der gegenüberliegenden Seite der Membran bewirkt, wurden diese Ergebnisse angezweifelt. Daher sollte mit einer unabhängigen und direkten Methode herausgefunden werden, ob Protonen bereits während des ersten Schrittes des katalytischen Zyklus aufgenommen werden. Dazu wurde ns-zeitaufgelöste Blitzlicht-Absorptionsspektroskopie in Kombination mit pH-sensitiven Farbstoffen genutzt, und zwar sowohl mit Fluorescein kovalent an der Proteinoberfläche gebunden als auch mit Phenolrot löslich im Medium vorliegend. Zur kovalenten Kopplung von thiolreaktiven Farbstoffen mußten zuerst die nötigen Voraussetzungen geschaffen werden. Dazu wurde in dieser Arbeit ein Mutagenesesystems für sowohl Untereinheit I als auch Untereinheit II etabliert und eine oberflächencysteinfreie Variante und elf Einzelcystein-Varianten hergestellt, exprimiert und aufgereinigt sowie die Enzymaktivitäten überprüft. Danach wurde ein Protokoll zur Kopplung der Einzelcysteinvarianten mit Iodoacetamidfluoresein ausgearbeitet und die Varianten Fluorescein-markiert. Dabei zeigte es sich, daß nur sieben Varianten erfolgreich mit IAF reagierten. Mittels dieser AF-markierten Varianten konnte die Pufferkapazität an der Oberfläche der Cytochrom-c-Oxidase bestimmt werden. Es zeigte sich, daß die Pufferkapazität des Enzyms in Lösung im Vergleich zu Bakteriorhodopsin dreimal so groß ist, an der Oberfläche sogar 10-15mal so groß. Dies deutet auf eine hohe Anzahl protonierbarer Gruppen um die für die Markierung ausgewählten Aminosäuren im Bereich der Eintrittsstellen der Protonen hin. Die gezielte Übertragung eines Elektrons auf die Cytochrom-c-Oxidase erfolgte durch Licht anregbare Rutheniumkomplexe. In unserem Meßsystem war die Elektronentransfereffizienz von [Ruthenium(2,2‘-bipyridin)2]2quarterpyridin am höchsten. Nach einer sorgfältigen Optimierung der Meßbedingungen wie pH-Wert, Ionenstärke und Energie des Lasers konnte eine 10-15 %ige Reduktion von Häm a mit einer Zeitkonstanten von t = 13,7 ± 2,4 µs nachgewiesen werden. Die Protonenkonzentrationsänderungen im Medium konnten durch Phenolrot verfolgt werden. Durch den Vergleich von Funktionsvarianten, bei denen jeweils einer oder beide Protoneneingangswege blockiert sind, konnte ein Modell für die Protonenaufnahme und -abgabe während der Einelektronen-Reduktion der Cytochrom-c-Oxidase entwickelt werden. Dies konnte durch Messungen an in Liposomen inkorporierter wt Cytochrom-c-Oxidase verifiziert werden. Die Nettoprotonenaufnahme von der N-Seite der Cytochrom-c-Oxidase beträgt somit 0,3 H+ für das im O-E Schritt aufgenommene Elektron. Die Variante CS-I302C-AF wurde dazu genutzt, die Oberflächenladungsdichte an der N-Seite der Cytochrom-c-Oxidase zu bestimmen. Die Oberflächenladungsdichte auf der N-Seite des Enzyms in der Nähe zum Eingang des K-Wegs ist negativ und beträgt 0,5 e-/1000 Å2.
Ziel dieser Arbeit ist es, einen Überblick über die Verhaltensweisen zoolebender Zwergschimpansen (Pan paniscus Schwarz 1929) zu geben. Dabei nimmt die Beschreibung des Sozialverhaltens eine zentrale Stellung ein. Dieser Aspekt ist von besonderem Interesse, weil die Zwergschimpansen oder Bonobos durch eine regelmäßige Überflutung großer Teile ihres Lebensraumes zu einer stärker arborealen Lebensweise gezwungen sind (s. HOFW 1975) als die zweite Schiopansenart, Pan troglodytes. Das läßt neben morphologischen auch ethologische Anpassungen an ein Baumleben erwarten, und zwar sowohl in Bereichen wie Lokomotion etc.. als auch in Bezug auf das Sozialverhalten. Gerade auf diesem Gebiet aber ist unser ohnehin bruchstückhaftes Wissen über die Ethologie des Bonobo besonders gering....
Untersuchung der Wirkung von Cyclooxygenase-Inhibitoren auf die Entstehung der Arteriosklerose
(2006)
In der vorliegenden Arbeit wurde der Einfluss der COX-2-selektiven NSAIDs Celecoxib und Rofecoxib sowie des traditionellen nichtselektiven NSAIDs Naproxen auf die Entstehung und Entwicklung von Arteriosklerose in ApoE-defizienten Mäusen untersucht. Befunde über kardiovaskuläre Risiken dieser Medikamentengruppe sowie die Beobachtung, dass COX-2 in arteriosklerotischen Plaques exprimiert wird, ließen sowohl die Hypothese von pro- als auch von antiatherogenen Wirkungen zu. Zunächst wurde die Funktionsfähigkeit des Versuchsdesigns nachgewiesen. In den Aorten von Diätgefütterten ApoE-defizienten Mäusen entwickelten sich im Alter von 22 Wochen Plaques, in denen typische atherogene sowie proinflammatorische Proteine exprimiert wurden. Die Effektivität und Selektivität der jeweiligen NSAIDs wurde durch Messung der Urinkonzentration relevanter Metabolite nachgewiesen, die aus der COX-2-vermittelten PGI2- und der COX-1-vermittelten TXA2-Synthese stammten. Erwartungsgemäß hemmten sowohl die Coxibe als auch Naproxen die Synthese von PGI2, während die TXA2-Produktion nur unter Naproxen reduziert wurde. Im Vergleich zu Kontrolltieren führte die chronische Behandlung mit Celecoxib und Rofecoxib tendenziell zu kleineren Plaques in der Aorta von diätgefütterten ApoE-defizienten Mäusen. In den Plaques wurde die Proteinexpression von COX-2 durch die Behandlung mit den NSAIDs nicht beeinflusst. Dies deutet darauf hin, dass die Reduktion der Plaques in den Aorten eher durch eine Hemmung der COX-2-Aktivität oder durch COX-unabhängige Effekte als über eine Inhibition der COX-2-Proteinexpression zustande kommt. Die Blutfettwerte wurden durch die eingesetzten NSAIDs nicht verändert, was den Daten aus der Literatur entspricht. ApoE-defiziente Mäuse, die normales Futter erhalten hatten und mit Celecoxib oder Rofecoxib behandelt wurden, entwickelten vereinzelt intimale Läsionen, während Kontrolltiere oder Naproxen-behandelte Mäuse in keinem Fall Plaques zeigten. Diese Ergebnisse könnten einen Hinweis dafür liefern, dass durch Coxibe COX-unabhängige Effekte ausgelöst werden, welche die Arteriogenese einleiten. Die umfangreichen Untersuchungen lassen auf eine unterschiedliche Beteiligung von NSAIDs bei der Arteriogenese schließen. Dabei scheinen die selektiven COX-2-Inhibitoren Celecoxib und Rofecoxib eine andere Rolle als Naproxen, dem nichtselektiven COX-2-Inhibitor, zu spielen. In ApoEdefizienten Diät-Mäusen wurde die Arteriosklerose durch Celecoxib und Rofecoxib über COX-2-abhängige Mechanismen inhibiert, wobei der Effekt vermutlich durch den stärker ausgeprägten Effekt der Hypercholesterinämie überlagert war. In den Kontroll-Mäusen (mit Normalfutter) dagegen könnte die Arteriogenese unter Celecoxib und Rofecoxib durch COX-unabhängige Mechanismen eingeleitet worden sein. Dabei scheint das Stadium der Arteriosklerose eine wichtige Rolle zu spielen. Zusammenfassend deuten die Ergebnisse daraufhin, dass Coxibe die Initiation der Arteriosklerose eher begünstigen, während bei weiter fortgeschrittenen Plaques tendenziell antiatherogene Effekte zu beobachten waren, die möglicherweise auf die entzündungshemmenden Eigenschaften der Substanzen zurückzuführen sind. Nachdem jedoch diese Effekte bisher nur in Maus-Modellen beobachtet und untersucht wurden, bleibt die Frage, wie NSAIDs thrombotische Ereignisse im Patienten auslösen, weiterhin offen. Erst kürzlich wurde beschrieben, dass unter Rofecoxib schon nach kurzer Behandlungsdauer Herzinfarkte ausgelöst werden können (Levesque et al. 2006). Weitere Daten deuten daraufhin, dass NSAIDs über COX-unabhängige Mechanismen dazu führen, dass sogar nach dem Absetzen des Medikament auf lange Sicht ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung kardiovaskuläre Erkrankungen bestehen bleibt (Merck, APPROVe Report 2006; unter www.merck.com). Die genauen Mechanismen dieser Langzeiteffekte von NSAIDs auf das vaskuläre System sind zurzeit nach wie vor unklar. Abschließend kann jedoch aufgrund der aktuellen Datenlage vermutet werden, dass Coxibe eine Schädigung von vaskulären Zellen verursachen können und das Risiko für kardiovaskuläre Effekte eher erhöhen als antiatherogene Effekte zu erzeugen und die Arteriosklerose zu verbessern.
Arten von Aschersonia Mont. (Anamorphe von Hypocrella spp., Clavicipitaceae, Hypocreales, Sordariomycetidae, Askomycota) parasitieren Weiße Fliegen und Schildläuse. Petch (1921) stellte eine Monographie über Hypocrella und Aschersonia vor. Seit dieser Zeit wurden einige Arten neu beschrieben und vereinzelte Artkomplexe revidiert. Die vorgestellte Arbeit ist seit rund 80 Jahren das umfassendste Werk über die Gattung Aschersonia. Hierfür wurden Proben in Kuba, Malaysia, Mexico, Panama, Taiwan und Thailand gesammelt und z.T. kultiviert. Es werden 20 Arten detailliert vorgestellt und illustriert. Die Arten sind: A. acutispora, A. aurantiaca, A. australiensis, A. badia, A. basicystis, A. blumenaviensis, A. caespiticia [A. insperata, syn. nov.], A. columnifera, A. crenulata, A. duplex, A. hypocreoidea [A. goldiana, syn. nov.; A. confluens, syn. nov.], A. marginata, A. oxystoma, A. philippinensis, die Anamorphe von H. rhombispora, A. samoensis, A. taitensis [A. aleyrodis, syn. nov.; A. placenta, syn. nov.; A. tamurai, syn. nov.], die Anamorphe von H. tubulata, A. turbinata [A. coffeae, syn. nov.] und A. viridans. Hierzu wurden auch wichtige Merkmale wie Stromataform und Konidiengröße in situ und in vitro charakterisiert. Mit anderen gültigen Beschreibungen von Arten, die nicht untersucht werden konnten, gibt es 32 Arten. Zum ersten Mal wurden ausführliche Daten über die Wirtsinsekten sowie die Trägerpflanzen berücksichtigt. Erstmals wurde die Verbreitung der Aschersonia-Arten kritisch beleuchtet. Die Funde von A. acutispora, A. basicystis, A. hypocreoidea, A. oxystoma, A. turbinata und A. viridans sind Erstnachweise für Panama. Die Funde von A. australiensis, A. hypocreoidea, A. marginata und A. tubulata sind Erstnachweise für Taiwan. Zum ersten Mal wird für Arten der Gattung Aschersonia ein dichotomer Bestimmungsschlüssel vorgestellt. Es werden drei Hypothesen zur Phylogenie der Aschersonia spp. vorgestellt: 1. Die Stellung der Aschersonia spp. innerhalb der Clavicipitaceae basierend auf Sequenzdaten des LSU-Gens: Aschersonia bildet eine schwach unterstützte Paraphylie, dabei steht A. badia basaler als die übrigen Aschersonia-Arten. 2. Die Beziehung der Aschersonia spp. zueinander: A. badia und eng verwandte Arten parasitieren ausschließlich Weiße Fliegen und stehen basal. Arten einer zweiten Gruppe parasitieren Arten der Aleurodidae und Coccidae und Arten einer dritten Gruppe parasitieren ausschließlich Arten der Coccidae. 3. Eine phylogenetische Hypothese basierend auf Sequenzdaten der ITS: Es gibt noch zu wenig Sequenzen um eine eindeutige Aussage treffen zu können.
In dieser Arbeit wurden die neuronalen Glutamattransporter EAAT4 (Excitatory Amino Acid Transporter) und EAAT3 in einem HEK (Human Embryonic Kidney) Zellsystem untersucht, in dem die Transporter transient exprimiert wurden. Diese Proteine katalysieren den Transport von Glutamat entgegen des Konzentrationsgradienten aus dem Extrazellulärraum in das Zytosol. Die Energie des Transports, stammt aus dem Kotransport von Natriumionen und Protonen und dem Gegentransport von Kaliumionen. Für EAAT3 ist bekannt, dass das Verhältnis 3 Na+:1 H+:1 Glutamat:1 K+ beträgt, wodurch 2 positive Ladungen pro Transportzyklus verschoben werden. Das führt zu einem messbaren positiven Einwärtststrom. Dieser Strom ist für EAAT4 wesentlich schwächer und die Stöchiometrie ist unbekannt. Beide Proteine besitzen eine Anionenkanaleigenschaft, die bei der Bindung von Na+ und der Bindung von Glutamat voll aktiviert wird. Diese Eigenschaft ist bei EAAT4 besonders ausgeprägt. Die Transporter wurden in Abhängigkeit von verschiedenen intra- und extrazellulären Ionen- und Substratkompositionen, sowie bestimmter Potentialen und der Temperatur elektrophysiologisch charakterisiert. Die Charakterisierung der stationären Eigenschaften des wenig bekannten Transporters EAAT4 brachten Erkenntnisse zu Tage, die 1) Klarheit über die apparenteAffinitäten der Substrate, insbesondere Glutamat und Na+ bringen 2) neu in Bezug auf die Spannungsabhängigkeit der apparenten Affinität von Glutamat sind. Die Untersuchung der vorstationären Ableitungen waren fruchtbar in Bezug auf a) die Ähnlichkeit des Transports, der durch EAAT4 katalysiert wird, zu anderen Glutamattransporter b) spezifische Parameter des Transports, wie den Unterschied in der Transportgeschwindigkeit c) die neuartige Kinetik der Anionenleitfähigkeit. Aus den Daten ergibt sich folgendes Bild über den Mechanismus des Transports. Die Substrate binden an EAAT4, im Vergleich zu den anderen Transportern, mit wesentlich höheren Km [ (0,6 ± 0,1)µM für Glutamat und (42,3 ± 5,2)mM für Na+]. Die Bindung von Glutamat, die schnell verläuft, ist, wie bei EAAT3, stark Na+ abhängig, genau wie die Leckleitfähigkeit, die ebenfalls durch Na+ aktiviert wird. Die folgenden glutamatabhängigen, vorstationären Reaktionen, inklusive der Translokation der Substrate verläuft wesentlich langsamer, als in anderen Transportersubtypen. Die Folge ist eine geringe Umsatzrate (<3 1/s) und daher ein geringer Transportstrom [(-3,6 ± 2,8)pA]. Die Daten zeigen, dass EAAT4 trotzallem denselben prinzipiellen Mechanismus, wie die anderen Subtypen folgt. Das Verhalten der Anionenleitfähigkeit zeigt allerdings erhebliche Unterschiede zu anderen Subtypen, da die Anionenleitfähigkeit durch negative Membranpotentiale inhibiert wird. Dies wird durch die Inhibierung der K+-Relokationsreaktion des Transporters erklärt. Zusammengenommen spricht die geringe Umsatzrate und die hohe apparente Affinität für Glutamat dafür, dass EAAT4 ein hochspezialisierter Transporter für die schnelle Pufferung von Glutamat und den langfristigen Transport von Glutamat bei niedrigen Konzentrationen ist. Im zweiten Teil dieser Arbeit wurde die Temperaturabhängigkeit des Glutamattransports durch EAAT3 untersucht. Die Temperaturabhängigkeit des Transports unter stationären Bedingungen zeigte interessante neue Ergebnisse. Die Ergebnisse lassen Aussagen zu bezüglich 1) der Thermodynamik der Bindung der Substrate und 2) der molekularen Natur bestimmter Teilreaktionen im Zyklus Die Bindung eines nicht-transportierbaren Glutamatanalogons zeigt, dass die Inhibitorbindung exotherm ist (H = 30,0 ± 3,3)kJ/mol. Die Bindung von Na+ an den unbeladenen Transporter ist im Gegensatz dazu nicht signifikant von der Temperatur abhängig mit H = (20,8 ± 21,5)kJ/mol. Es ist ebenfalls interessant, dass die Freie Enthalpie des Gesamtzyklus beiEAAT4 signifikant grösser ist als bei EAAT3, was in Übereinstimmung mit der höheren, apparenten Glutamataffinität ist [GEAAT4 = (35 ± 1)kJ/mol vs. .GEAAT3 = (30 ±1)kJ/mol]. Die Temperaturabhängigkeit der vorstationären Kinetik von EAAT3 enthüllt gleichfalls neue Ergebnisse. Zum einen ist die Bindung des Na+ Ions and den unbeladenen Transporter mit einer Konformationsänderung begleitet. Im Gegensatz dazu hat die Reaktion, die der Glutamatbindung zugeordnet wurde, nur eine moderate Aktivierungsenthalpie [H‡ = (39 ± 23 )kJ/mol], wie für eine diffusionskontrollierte Reaktion erwartet wird. Die nachfolgenden zwei langsameren Phasen des Transportstroms, die in der Literatur der Aktivierung der Anionenleitfähigkeit und der Glutamattranslokation zugeordnet wurden, sind mit hohen Aktivierungsenthalpien verbunden [H‡ = (121 ± 12)kJ/mol bzw. (94 ± 4)kJ/mol]. Dies bedeutet zum einen, dass zur Öffnung des Anionenkanals und der Translokation von Glutamat eine grössere Umstrukturierung des Transporters notwendig ist. Durch die hier gefundenen, neuen Daten für die Translokationsgeschwindigkeit bei physiologischen Temperaturen kann die Hypothese in Frage gestellt werden, die besagt, dass Glutamattransporter nicht schnell genug seien, um zur schnellen Entfernung des Glutamats nach der synaptischen Transmission beizutragen. Es scheint vielmehr so, dass bei physiologischen Temperaturen und Membranpotentialen, die Translokation von Glutamat hinreichend schnell verläuft.
Die Cytochrom c Oxidase von Paracoccus denitrificans katalysiert die Reduktion von Sauerstoff zu Wasser und „pumpt“ zusätzlich vier Protonen von der cytoplasmatischen Seite auf die periplasmatische Seite der Cytoplasmamembran. Die Spaltung des molekularen Sauerstoffes im binuklearen Zentrum erfolgt im katalytischen Zyklus des Enzyms bei der Umwandlung des Intermediates A, in welchem molekularer Sauerstoff an das Häm a3 Eisen gebunden ist, in das Intermediat PM durch spontane elektronische Umorganisation. Drei der dazu benötigten vier Elektronen werden von den Metallzentren geliefert. Das vierte Elektron wird sehr wahrscheinlich von einer Aminosäure in der Nähe des binuklearen Zentrums durch Bildung eines Aminosäureradikals beigesteuert. Dieses Radikal sollte in den Intermediaten PM und F• des katalytischen Zyklus der Cytochrom c Oxidase vorhanden sein. Durch Reaktion von stöchiometrischen Mengen an Wasserstoffperoxid mit dem vollständig oxidierten Enzym lassen sich PM; F• und F-Intermediate künstlich erzeugen und durch ihre Maxima in Absorptionsdifferenzspektren charakterisieren. Mit paramagnetischer Elektronenresonanzspektroskopie (EPR-Spektroskopie) können Struktur und Dynamik paramagnetischer Zentren in Proteinmolekülen untersucht werden. Mit dieser Methode konnte in mit Wasserstoffperoxid generierten PM und F•-Intermediaten ein Tyrosinradikal nachgewiesen werden. Der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit war die Identifikation dieses Tyrosins mittels einer Mutagenesestudie. Dazu wurden Tyrosinvarianten (Y35F, Y167F, Y267F, Y280H, Y328F und Y414F) aus Untereinheit I, die einen maximalen Abstand von 25 Angström vom binuklearen Zentrum aufweisen, mit Hilfe von Absorptions- und EPR-Spektroskopie charakterisiert. Auf diese Weise konnte nachgewiesen werden, dass Tyrosin 167 eindeutig der Ursprungsort des Tyrosinradikals ist, das bei der Generierung von PM- und F•-Intermediaten der Cytochrom c Oxidase mit Wasserstoffperoxid entsteht. Da die Variante Y167F jedoch eine hohe katalytische Aktivität aufwies und in der Lage war, die Oxoferrylintermediate PM; F• und F zu bilden, konnte gleichzeitig gezeigt werden, dass dieses Tyrosin nicht der primäre Donor des vierten Elektrons sein kann, das im katalytischen Zyklus des Enzyms für die Spaltung der Sauerstoffbindung benötigt wird. Diese Ergebnisse wurden dahingehend interpretiert, dass Tyrosin 167 eine thermodynamische Senke darstellt, in die das von einem unbekannten kurzlebigen Elektronendonor bei der Wasserstoffperoxidreaktion gebildete Radikal verschoben wird. Als Donor des vierten Elektrons für die Sauerstoffspaltung kommt auch Tryptophan 272 infrage. Daher wurde auch die Variante W272M spektroskopisch charakterisiert. Diese Variante war katalytisch inaktiv und nicht in der Lage in Reaktion mit Wasserstoffperoxid die Intermediate PM, F• und F zu bilden. Es ließen sich weder das Tyrosin-167-Radikal noch ein anderes Radikal nachweisen. Diese Ergebnisse sprechen dafür, dass Tryptophan 272 möglicherweise der ursprüngliche Donor des vierten Elektrons für die Sauerstoffspaltung im katalytischen Zyklus der Cytochrom c Oxidase sein könnte. Während des PM zu F-Übergangs im katalytischen Zyklus der Cytochrom c Oxidase werden zwei Protonen gepumpt. Diese können vom Enzym entweder über den D-Weg oder den K-Weg aufgenommen werden. Eine Untersuchung des PM zu F-Übergangs von D-Weg- und K-Weg-Varianten der Cytochrom c Oxidase kann Aufschluss über die Beteiligung der beiden Protonenaufnahmewege des Enzyms an diesem Schritt des katalytischen Zyklus geben. Daher wurde die Reaktion der D-Weg Varianten D124N, N131D, Y35F und E278Q und der K-Weg Variante K354M mit Wasserstoffperoxid absorptionsspektroskopisch untersucht. Durch diese Experimente konnte die zentrale Bedeutung des D-Weges für die Protonentranslokation im PM zu F-Übergangs bestätigt, aber auch ein gewisser Einfluss des K-Weges nicht ausgeschlossen werden. Außerdem wurde der PM zu F-Übergang der Variante R437N, die eventuell Teil des noch nicht konkret identifizierten Protonenaustrittsweg der Cytochrom c Oxidase ist, untersucht.