Linguistik
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Ausgangspunkt: Die Kritik am "Zwei-Welten-Modell": Die grundlegende linguistische Unterscheidung zwischen "Sprache" und "Sprechen" ist im Rahmen der neueren Debatten um Sprachmedialität wieder verstärkt thematisiert und kritisiert worden. Lässt sich dieses schulbildende, in der Linguistik geradezu eherne Begriffspaar überhaupt noch sinnvollerweise aufrechterhalten? Oder muss es mindestens umdefiniert, vielleicht sogar gänzlich verworfen werden? Hat sich insbesondere die auf Chomsky zurückgehende Unterscheidung von Sprachkompetenz und -performanz nicht von selbst ad absurdum geführt, nachdem der linguistische Kognitivismus chomskyscher Provenienz Sprache als lebendiges Phänomen, als Medium menschlicher Kommunikation, vollständig aus dem Blick verloren hat? Führt nicht schon die scheinbar harmlose linguistische Differenzierung zwischen einer Sprachregel und ihrer Anwendung zu einer irreführenden und unangemessenen Verdinglichung von Sprache? ...
Die Themen Sprachrichtigkeit und Sprachidentität haben in Deutschland seit einiger Zeit Hochkonjunktur. Der 'Sprachpfleger' Bastian Sick, in der massenmedialen Berichterstattung stereotyp als gleichermaßen "kompetent" wie "lustig" und "gar nicht oberlehrerhaft" angepriesen, verkauft seine Kolumnensammlungen millionenfach und füllt bei seinen Lesungen mühelos ganze Konzertsäle. Der Verein Deutsche Sprache, Speerspitze der Anglizismenkritik im deutschsprachigen Raum, hat nach eigenen Angaben mittlerweile fast 30.000 Mitglieder. Betrachtet man diese Protagonisten des öffentlichen Sprachdiskurses aus linguistischer Perspektive, so stellt man fest, dass sich die von ihnen propagierte Sprachauffassung in der Regel an einer alten Metapher orientiert – der biologistischen Metapher von Sprache als einem Organismus: Ein Organismus kann geboren werden und sterben; er kann krank werden und verfallen, er ist – um es mit einem Ausdruck von Jürgen Spitzmüller zu sagen – eine klar "abgrenzbare Einheit". Ein Sprachsystem erscheint somit als ein abgeschlossenes organisches Gebilde, welches es zu erhalten gilt und das durch schädliche Einflüsse von außen in seiner Identität gefährdet ist.
Ziel des vorliegenden Aufsatzes ist es, zu einer neuerlichen Diskussion der Begriffe 'Medium' und 'Kommunikation' in der Linguistik beizutragen. Dabei versuche ich insbesondere, den philosophisch-kulturwissenschaftlichen Diskurs, in welchem die Themen 'Medialität' und 'Perfonnanz' seit längerer Zeit intensiv diskutiert werden, zu dem in der Angewandten Linguistik geläufigen Modell der Kommunikationsformen in Beziehung zu setzen und Möglichkeiten einer Verbindung dieser beiden Diskurse zumindest anzudeuten. Der Aufsatz gliedert sich in vier Abschnitte: Zunächst werden einige geläufige Mediendefinitionen vorgestellt. Im zweiten Kapitel stelle ich dann die Frage 'Ist Kommunikation ein Transportvorgang?', um auf dieser Grundlage im dritten Kapitel eine alternative Medienkonzeption vorzustellen. Im letzten Kapitel wird dieser Medienbegriff dann sowohl vom Begriff des Zeichensystems, als auch von dem der Kommunikationsform abgegrenzt.
Sprache als kranker Organismus : linguistische Anmerkungen zum Spiegel-Titel "Rettet dem Deutsch!"
(2007)
Als ich im Juli 2002 vor der Philosophischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf meinen Habilitationsvortrag über populäre Anglizismenkritik hielt, ahnte ich noch nicht, zu welchen Aufgeregtheiten ich damit bzw. mit der Veröffentlichung im Sprachreport (4/2002: 4-10) und im Internet (http://www.phil-fak.uniduesseldorf.de/germ1/mitarbeiter/niehr/anglizismen. html) Anlass geben würde. Ich hatte in dieser Veröffentlichung aufgezeigt, dass die Kriterien, die der Verein deutsche sprache (VDS) zur Grundlage seiner sprachkritischen Beurteilung von Anglizismen heranzieht, nicht nur einer linguistischen Überprüfung nicht standhalten, sondern auch für die Sprachpraxis völlig ungeeignet sind.
Betrachtet man im Rückblick, welche linguistischen Themen in der jüngeren Vergangenheit die Öffentlichkeit bewegt haben, dann fallen einem vor allem die Rechtschreibreform, die Bestrebungen der feministischen Linguistik, die Klage über den Verfall oder Niedergang der deutschen Sprache und in diesem Zusammenhang auch Bedenken gegen einen übermäßigen Anglizismen-Gebrauch im Deutschen ein.
Noch nie haben vom Aussterben bedrohte Sprachen so sehr im Mittelpunkt linguistischer Forschung gestanden wie in den vergangenen zehn bis 15 Jahren. Seitdem sich die UNESCO das Thema zu Eigen gemacht hat, sind in Europa und Übersee verschiedene Förderprogramme ins Leben gerufen worden, die sich zum Ziel setzen, Bestandsaufnahmen, linguistische Dokumentationen und Initiativen zu unterstützen, um »endangered languages« zu bewahren oder sogar wiederzubeleben. Überall in der Welt sind seither Dutzende von Forscherteams unterwegs, um mit Computern, Tonbandgeräten und Video-Kameras Aufnahmen von Sprachen zu machen, von denen zu erwarten ist, dass sie das Ende dieses Jahrhunderts nicht »überleben« werden. Auch an der Universität Frankfurt stehen bedrohte Sprachen im Fokus linguistischer Forschung, wobei so unterschiedliche Weltgegenden wie der Kaukasus, Afrika, Sibirien und Südostasien im Mittelpunkt stehen.
Die nachfolgenden Sprichwörter sind von mir selbst unter den Bapedi gesammelt. Ich habe meine Kinderjahre unter diesem Volksstamm zugebracht und von frühester Jugend an als Missionarskind die Sprichwörter im Umgang mit meinen schwarzen Spielgefährten täglich gebraucht. Später habe ich als Lehrer über zwei Jahre tagtäglich und fast ausschließlich in dieser Sprache unterrichtet. Das Pedi hat verschiedene Dialekte. Ich habe die Sprichwörter aber in dem eigentlichen Pedi-Dialekt, der für alle schriftlichen Arbeiten der Missionare gebraucht wird, aufgezeichnet. Außer etwa 50-80 Sprichwörtern, die ich aus "Ditaba tsa Mechutachuta" einem von der Berliner Missionsgesellschaft herausgegebenen Pedi-Schullesebuch entnahm, sind meines Wissens die andern noch in keiner gedruckten Sammlung erschienen. Sie sind von mir persönlich mit Beihilfe von eingeborenen Hilfssammlern zusammengetragen) die von mir angeleitet waren. Beaconsfield bei Kimberley, den 23. Juni 1927. G. Kuhn.