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Carl von Clausewitz’ Denken über den Krieg steht paradigmatisch für ein instrumentelles Verständnis von Gewalt in der Politik. Gewalt ist für Clausewitz ein Mittel, das im Krieg verwendet wird, um politische Zwecke zu erreichen. Seit dem Ende des Ost-West-Konflikts ist jedoch die Ansicht weit verbreitet, dass Clausewitz’ Überlegungen keine Gültigkeit mehr besitzen. Gegenwärtige Formen des Krieges seien zwar gewaltsam, aber nicht mehr politisch, weil sie nicht allein von Staaten oder aus einer eng verstandenen Staatsräson heraus geführt werden. Der Einwand missversteht jedoch Clausewitz’ Begriff der Politik. Dieser soll im vorliegenden Aufsatz systematisch rekonstruiert werden. Dem zu entwickelnden Interpretationsvorschlag zufolge bezeichnet „Politik“ in Clausewitz’ theoretischem System zunächst einmal nur ganz allgemein eine Interaktion von zwei oder mehr Akteuren, die jeweils ihren Willen realisieren wollen, deren Willen sich jedoch nicht vollständig vereinen lassen. Krieg ist für Clausewitz dann solche Politik, die mit gewaltsamen Mitteln betrieben wird. Vor diesem Hintergrund wird argumentiert, dass Clausewitz’ Theorie des Krieges einen fruchtbaren Analyserahmen bietet, mit dem sich die Transformationen der politischen Gewalt von den Kabinettskriegen des 18. Jahrhunderts bis zu den „neuen Kriegen“ unserer Zeit nachvollziehen lassen.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, den Wohnungsbau der letzten 15 Jahre im Frankfurter Europaviertel mit Hilfe David Harveys Raumökonomie des Kapitals zu betrachten. Dazu wird der Frage nachgegangen, inwiefern sich die im Europaviertel zu betrachtenden Urbanisierungs- und Investitionsprozesse mit Hilfe Harveys gesellschaftstheoretischer Raumökonomie erklären lassen. Zur Beantwortung dieser Frage wird eine Recherche und Analyse diverser Datenquellen aus Wissenschaft, Medien und Politik vorgenommen. Die Analyse der Quellen zeigt, dass Harveys an Karl Marx angelehnte Theorien der Urbanisierung des Kapitals und einer ‚uneven geographical development‘ aufschlussreiche Erklärungsmöglichkeiten für die Investitionsprozesse vor Ort liefern können. Die Betrachtung findet dabei auf einer makroökonomischen Ebene statt und bezieht die Finanzialisierung von Immobilien sowie die Miete von Wohnraum als mögliche Aspekte zur Sicherstellung der Kapitalzirkulation ein.
Blockchain verspricht, Intermediäre wie Banken überflüssig zu machen und durch dezentrale Peer-to-Peer-Netzwerke zu ersetzen. Dieser Beitrag stellt die Frage nach der Realisierbarkeit dieser Ankündigung sowie danach, welche gesellschaftlichen Implikationen damit verbunden sind. Eine historisch informierte theoretische Analyse zeigt, dass die Erzeugung von Kreditgeld durch Banken ein für kapitalistische Gesellschaften existenzieller Vorgang ist. Die Fiktion des Geldwerts bedarf ihrerseits glaubwürdiger Intermediäre, die dauerhaft in der Lage sind, die zeitliche und räumliche Stabilität des Geldes zu inszenieren. Explorative Interviews mit Akteuren im Finanzsektor in Kombination mit einer inhaltsanalytischen Auswertung von einschlägigen Blogs, White Papers und Artikeln der Wirtschaftspresse lassen vermuten, dass Blockchain Intermediäre keineswegs ausschaltet, sondern diejenigen mächtiger werden lässt, die in der Lage sind, die Technologie ihren Bedürfnissen entsprechend umzugestalten.
Ausgehend von der Forschungsfrage „Wie wird im Lebensmittelhandel mit und an Verpackungen gearbeitet?“ erörtert die kumulative Dissertation „Schwierigkeiten und Potentiale der Verpackungsvermeidung – Eine Arbeitsethnographie im Lebensmittel-handel“ Handlungsspielräume für einen nachhaltigeren Umgang mit Verpackungen. In einer ethnographischen Analyse unterschiedlicher Arbeitssettings, werden die Herausforderungen in den alltäglichen Arbeitspraktiken des dominanten verpackungsbasierten Lebensmittelsystems genauso betrachtet wie die Schwierigkeiten der radikalen Transformation dieser Praktiken. Ich argumentiere, dass Verpackungen kein passives Objekt sind, vielmehr sind sie durch ihre Materialeigenschaften und Bedeutungen sowohl an der Stabilität des Arbeitsalltags als auch an der Dynamik von Transformationsprozessen entscheidend beteiligt. Artikel I (Plastic Packaging, Food Supply, and Everyday Life. Adopting a Social Practice Perspective in Social-Ecological Research) behandelt die Potentiale eines praxistheoretischen Forschungszugangs für die Erforschung von Plastikverpackungen im Speziellen und sozial-ökologischen Problemen im Allgemeinen. Anhand von konkreten Forschungsbeispielen erörtern wir im Artikel zwei mögliche praxistheoretische Zugänge zur Beziehung von Praktiken und materiellen Entitäten, die eine sozial-ökologische Systemperspektive je nach Fragestellung sinnvoll ersetzen können. Im Netzwerk-Ansatz konzipieren wir Materialität als Element in heterogeneren Netzwerken aus Praktiken um die Diversität im alltäglichen Umgang mit Infrastrukturen, Technologien und Dingen erforschbar zu machen. Mit dem Nexus-Ansatz fokussieren wir auf die Wechselwirkungen zwischen Alltagspraktiken und ihrer räumlich-materiellen Umgebung um die infrastrukturelle Rolle von Verpackungen zu ergründen. Artikel II (Making Food Manageable - Packaging as a Code of Practice for Work Practices at the Supermarket) greift den im Artikel I diskutierten Netzwerk-Ansatz auf und befasst sich empirisch mit der Frage „Wie wird im Lebensmittelhandel mit Verpackungen gearbeitet?“. Der Artikel erläutert die Schwierigkeit der Verpackungsvermeidung anhand einer ethnographisch/praxis-theoretischen Analyse und präsentiert zentrale Funktionen von Verpackungen im Supermarkt. An konkreten empirischen Beispielen in zentraler Arbeitsbereiche wie Produktpräsentation, Warenlogistik und Ladenrepräsentation zeige ich die Vielfältigkeit von Verpackungsfunktionen jenseits von Marketing oder technischer Schutzfunktionen. Das beinhaltet die Platzierung und Aufbereitung der Produkte im Regal, die Evaluation von Produktqualitäten und Quantitäten von Warenströmen sowie die Repräsentation zentraler Qualitäten eines guten Supermarktes. Praktische Verpackungsvermeidung erfordert eine Reflektion solcher Verpackungsfunktionen. Artikel III (Negotiating attachments to plastic) behandelt die Frage „Wie wird im Lebensmittelhandel an Verpackungen gearbeitet?“ durch die trans-sequentielle Analyse eines Innovationsprozesses zur Plastikvermeidung in einem deutschen Bio-Großhandel. Im Artikel diskutiere ich die Schwierigkeit grundlegender Innovationen der Verpackungs-vermeidung durch die Erläuterung ganz praktischer Veränderungsbarrieren und Widerstände der Veränderung von normalisierten Objektbeziehungen und Nutzungs-praktiken. In der Analyse der dynamischen Beziehungen (Attachments) von Arbeiter*innen und Plastikfolie (bzw. ihrer Substitute) zeige ich, dass „etwas loswerden" ein unzureichender Ansatz ist, wenn es darum geht, nicht-nachhaltige Plastiknutzungen zu transformieren. Verpackungsvermeidung gelingt eben nicht durch ein „Befreien“ menschlicher Handlungsmacht von nicht nachhaltigen Objektabhängigkeiten, vielmehr geht es darum, das Zusammenspiel von Verpackungen und Arbeiter*innen in konkreten Praktiken neu zu gestalten. Artikel IV (How to Apply Precycling: Unpacking the Versatility of Packaging in Networks of Food Supply Practices) greift schließlich die zentralen Erkenntnisse der ethnographischen Analyse auf und diskutiert die Folgen für sozial-ökologische Transformationsprozesse. Die Ergebnisse aus den beiden ethno-graphischen Fallstudien (Artikel II, III) werden zusammengeführt und anhand der Perspektive des Netzwerk-Ansatzes (Artikel I) diskutiert. Ich konkretisiere damit die Potentiale einer praxistheoretischen Herangehensweise für die soziologische Analyse der Verpackungsnutzung und die Entwicklung von praktischen Precycling-Strategien zur systematischen Verpackungsmüllvermeidung.
The sixth sanction package of the European Union in the context of the aggression against Ukraine excludes Sberbank, the largest Russian bank, from the SWIFT network. The increasing use of SWIFT as a tool for sanctions stimulates the rollout of alternative payment information systems by the governments of Russia and China. This policy white paper informs about the alternatives at hand, as well as their advantages and disadvantages. Careful reflection about these issues is particularly important, given the call for an “Economic Article 5” tabled for the next NATO meeting. Finally, the white paper highlights the need for institutional reforms, if policymakers decide to return SWIFT to the status of a global public good after the war.
Der Akteurscharakter der BRICS-Staaten : eine qualitative Untersuchung mit der Grounded Theory
(2020)
Die Abschlussarbeit beschäftigt sich mit der zentralen Fragestellung: Welchen Akteurscharakter besitzen die BRICS-Staaten? Zur Beantwortung ist mit der Grounded Theory eine rekonstruktionslogische Herangehensweise gewählt worden, um das Phänomen zu untersuchen. Für den Forschungsprozess ist auf die Software MAXQDA zurückgegriffen worden. Als Ergebnis werden die BRICS-Staaten als „Kooperationsmodell der Nichteinmischung“ betitelt.
Four years after the Panama Papers scandal, tax avoidance remains an urgent moral-political problem. Moving beyond both the academic and policy mainstream, I advocate the “democratization of tax enforcement,” by which I mean systematic efforts to make tax avoiders accountable to the judgment of ordinary citizens. Both individual oligarchs and multinational corporations have access to sophisticated tax avoidance strategies that impose significant fiscal costs on democracies and exacerbate preexisting distributive and political inequalities. Yet much contemporary tax sheltering occurs within the letter of the law, rendering criminal sanctions ineffective. In response, I argue for the creation of Citizen Tax Juries, deliberative minipublics empowered to scrutinize tax avoiders, demand accountability, and facilitate concrete reforms. This proposal thus responds to the wider aspiration, within contemporary democratic theory, to secure more popular control over essential economic processes.
Large companies are increasingly on trial. Over the last decade, many of the world’s biggest firms have been embroiled in legal disputes over corruption charges, financial fraud, environmental damage, taxation issues or sanction violations, ending in convictions or settlements of record-breaking fines, well above the billion-dollar mark. For critics of globalization, this turn towards corporate accountability is a welcome sea-change showing that multinational companies are no longer above the law. For legal experts, the trend is noteworthy because of the extraterritorial dimensions of law enforcement, as companies are increasingly held accountable for activities independent of their nationality or the place of the activities. Indeed, the global trend required understanding the evolution of corporate criminal law enforcement in the United States in particular, where authorities have skillfully expanded its effective jurisdiction beyond its territory. This paper traces the evolution of corporate prosecutions in the United States. Analyzing federal prosecution data, it then shows that foreign firms are more likely to pay a fine, which is on average 6,6 times larger.
China’s law to control international non-governmental organisations (INGOs) has sent shockwaves through international non-governmental organisations (NGOs), civil society and expert communities as the epitome of a worldwide trend of closing civic spaces. Since the Overseas NGO Management Law was enacted in January 2017, its implementation has seen mixed effects and diverging patterns of adaptation among Chinese party-state actors at the central and local levels and among domestic NGOs and INGOs. To capture the formal and informal dynamics underlying their mutual interactions in the longer term, this article employs a theory of institutional change inspired by Elinor Ostrom’s distinction between rules-in-form versus rules-in-use and identifies four scenarios for international civil society in China – “no change,” “restraining,” “recalibrating” and “reorienting.” Based on interviews, participant observation and Chinese policy documents and secondary literature, the respective driving forces, plausibility, likelihood and longer-term implications of each scenario are assessed. It is found that INGOs’ activities are increasingly affected by the international ambitions of the Chinese party-state, which enmeshes both domestic NGOs and INGOs as agents in its diplomatic efforts to redefine civil society participation on a global scale.
Gender and attitudes toward welfare state reform: Are women really social investment promoters?
(2021)
This article contributes to the study of the demand side of welfare politics by investigating gender differences in social investment preferences systematically. Building on the different functions of social investment policies in creating, preserving, or mobilizing skills, we argue that women do not support social investment policies generally more strongly than men. Rather, women demand, in particular, policies to preserve their skills during career interruptions and help to mobilize their skills on the labour market. In a second analytical step, we examine women’s policy priorities if skill preservation and mobilization come at the expense of social compensation. We test our arguments for eight Western European countries with data from the INVEDUC survey. The confirmation of our arguments challenges a core assumption of the literatures on the social investment turn and women’s political realignment. We discuss the implication of our findings in the conclusion.