Neuere Philologien
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In Robert Musils Gesamtwerk im Allgemeinen und im "Mann ohne Eigenschaften" im Besonderen wird immer wieder auf die Gegensätzlichkeit von naturwissenschaftlichem Denken und "Gefühlsdenken", Wissen und Glauben, Ratio und Mystik verwiesen [vgl. Albertsen 1968, S. 11]. Musil stellte die verschiedenen Formen des Erkennens zwar einander gegenüber, doch bestand das Ziel keineswegs darin, die Trennlinie zwischen diesen zu verschärfen. Im Gegenteil: Musil hoffte darauf, die heterogenen Pole menschlicher Welterschließung am Beispiel seines Protagonisten Ulrich unter einer empirisch ausgerichteten Form von 'Meta-Rationalität' subsumieren zu können [vgl. Pieper 2002, S. 67]. Darzulegen, warum der Versuch dieser Synthese scheitern musste, ist ein Hauptanliegen der Arbeit. Das Schicksal Ulrichs, der Zentralfigur des Romans, ist bei dieser vornehmlich erkenntnistheoretischen Untersuchung in keiner Weise auszuklammern. Wie sich zeigen wird, ist dieses mit den philosophischen Ansichten derselben und denen ihres Schöpfers aufs engste verflochten.
Vorwort zur Sektion der Gastherausgeberin Andrea Gremels
La película de Ana de Daniel Díaz Torres (2012) trata en primer lugar del jineterismo en Cuba, fenómeno que ha determinado ampliamente el contacto entre extranjeros y cubanos desde la apertura al turismo en masas. En la película esto conlleva una reflexión de las relaciones visuales tanto en términos de género como en términos postcoloniales. Mediante la construcción de una película intradiegética ("la película de Ana") se cuestiona la diferencia entre "autenticidad" y puesta en escena y se sugiere, además, que Cuba entera se ha convertido en una especie de "zona de contacto", donde entran en contacto la lógica capitalista y la nostalgia postsoviética y donde lo "auténticamente" cubano aparece como un espectáculo montado para los extranjeros. Al mismo tiempo la película articula una autorreflexión en el sentido de que estas relaciones de poder se evidencian también en las posibilidades de hacer cine hoy en Cuba, que abarcan esencialmente la coproducción con diferentes países europeos.
Andrea Gremels entrevista a la Milena Rodríguez Gutiérrez, poeta cubana, crítica literaria y editora de la antología Otra Cuba secreta: antología de poetas cubanas del XIX y del XX (2011). Desde una perspectiva profesional y personal Rodríguez Gutiérrez, que vive en Granada, responde a las preguntas acerca de la diáspora cubana, del canon literario nacional y de las implicaciones del cambio para las escritoras y escritores dentro y fuera de la isla. Además, presenta a los lectores dos poemas suyos, ambos dedicados a Cuba: “Preguntas desde el otro lado de la cocina” y “Cuba”.
This article discusses the interrelation between transculturality and transmediality with an emphasis on processes of translation. It focuses on two examples of transcultural and transmedial writing taken from contemporary Cuban literature in Paris: Miguel Sales's recontextualization of Cuban popular music in Paris and William Navarrete's ekphrastic reinscription of his island into the realm of French romantic painting. The case studies are significant in this context because they show how cultural borders are simultaneously set and transgressed at medial crossings—between music and poetry, text, and image. Thus, cultural translations go hand in hand with medial transpositions that include forms of rewriting, recomposition, and revisualization. The connection between moving cultures and moving media also points to the question of “travelling memory” in diaspora.
Zu Beginn dieser Arbeit stand die Vermutung, dass die Klangsprache von Arnold Schönbergs Werk Pierrot lunaire stark durch Albert Girauds gleichnamigen, von Otto Erich Hartleben ins Deutsche übertragenen Gedichtzyklus beeinflusst worden ist.
Um genauer herauszuarbeiten, wie ein Gedichtzyklus die Klangsprache eines Komponisten beeinflussen kann, wurde zuerst Girauds Originaltext mithilfe der symbolistischen Ästhetik sowie der ästhetischen Kategorien des Capriccio und der Groteske analysiert. In einem zweiten Schritt wurde - mithilfe von Walter Benjamins Überlegungen zur Aufgabe des Übersetzers - Otto Erich Hartlebens Übertragung von Girauds Zyklus untersucht. Im Laufe dieser jeweiligen Analysen kristallisierte sich die Rolle des Ephemeren sowohl in der Gestaltung des Originaltextes als auch innerhalb des Vorgangs der Übersetzung heraus.
Das Wirken des Ephemeren im Kunstwerk wurde mithilfe von Theodor W. Adornos Ästhetische Theorie genauer dargestellt und mündete in der Hauptfrage der vorliegenden Untersuchung: Wie gestaltet das Ephemere den Pierrot lunaire bei Albert Giraud, Otto Erich Hartleben und Arnold Schönberg? In Bezug auf Schönbergs Werk wurden dabei in erster Linie der Sprechgesang, die Wechselwirkung von Instrumentation und Klangfarbe sowie einzelne Elemente der Klangsprache behandelt.
Children’s interpretations of sentences containing focus particles do not seem adult-like until school age. This study investigates how German 4-year-old children comprehend sentences with the focus particle ‘nur’ (only) by using different tasks and controlling for the impact of general cognitive abilities on performance measures. Two sentence types with ‘only’ in either pre-subject or pre-object position were presented. Eye gaze data and verbal responses were collected via the visual world paradigm combined with a sentence-picture verification task. While the eye tracking data revealed an adult-like pattern of focus particle processing, the sentence-picture verification replicated previous findings of poor comprehension, especially for ‘only’ in pre-subject position. A second study focused on the impact of general cognitive abilities on the outcomes of the verification task. Working memory was related to children’s performance in both sentence types whereas inhibitory control was selectively related to the number of errors for sentences with ‘only’ in pre-subject position. These results suggest that children at the age of 4 years have the linguistic competence to correctly interpret sentences with focus particles, which–depending on specific task demands–may be masked by immature general cognitive abilities.
Das Tip-of-the-Tongue-Phänomen (TOT) bildet neben Pausen und Versprechern eine weitere Störungsklasse der Sprachproduktion. Im TOT-Zustand kann auf semantische (Konzept) und syntaktische Informationen (Lemma) zugegriffen werden, aber nur begrenzt auf phonologische Informationen (Lexem). Die komplette Wortform bleibt verborgen. Um TOTs im Labor zu evozieren, wurden Definitionen auf einem Computerbildschirm präsentiert, z. B. „ständig umlaufender Aufzug ohne Tür“ für Paternoster. Die Probanden gaben über die Computertastatur an, ob sie das Wort kennen und benennen können (JA), das gesuchte Wort nicht kennen (NEIN) oder es ihnen auf der Zunge liegt (TOT). Im TOT-Zustand wurde ein Cue visuell präsentiert. Beim Cueing-Verfahren wurden bisher Silben-Cues in Wörter bzw. Pseudowörter eingebettet und diese innerhalb von Wortlisten dargeboten, um die Auflösung eines TOTs zu manipulieren. In den vorliegenden Studien wurden die Silben-Cues isoliert präsentiert. Der Vorteil besteht darin, dass eine Silbe per se keine semantischen (Wortbedeutung) und syntaktischen Informationen (Wortart) enthält. Die Präsentation isolierter korrekter, inkorrekter und erweiterter Silben ist neu in der TOT-Forschung. Außerdem bietet die vorliegende Arbeit die erste Studie sowohl im Cueing-Paradigma als auch im Bereich der Reaktionszeitmessung (RT) zu TOTs im Deutschen.
Im Pre-Test wurden die Definitionen vorgetestet. In den beiden Pilotstudien wurden das Design für die Reaktionszeitmessung evaluiert und weitere Definitionen gesammelt und überprüft. Im ersten Experiment zeigte sich, dass mit der korrekten Silbe (z. B. Pa für Paternoster) die TOTs etwa doppelt so schnell aufgelöst werden konnten als mit einer inkorrekten Silbe (z. B. Ko) und der Kontrollbedingung (xxx). Die korrekte Silbe führte außerdem zu signifikant mehr akkuraten Antworten im Vergleich zu den beiden anderen Bedingungen. Die inkorrekte Silbe hat die TOT-Auflösung zwar nicht blockiert (nicht mehr inakkurate Antworten), aber gehemmt: Die Anzahl an akkuraten Antworten wurde reduziert und die Anzahl an unaufgelösten TOTs erhöht. Im zweiten Experiment wurde demonstriert, dass die erweiterte Silbe (z. B. Pat für Paternoster) die TOT-Auflösung im Vergleich zur regulären Silbe sowohl signifikant beschleunigte (kürzere RTs) als auch signifikant verstärkte (mehr akkurate Antworten). Dies lässt sich mit dem segmentalen Überlappungseffekt erklären. Die Ergebnisse der vorliegenden Studien unterstützen Sprachproduktionsmodelle, die einen interaktiven Aktivierungsfluss haben und eine Silben-Ebene unterhalb der Phonem-Ebene annehmen.
Das Kino ist ein Ort, in dem das Kindliche vorausgesetzt und reaktiviert wird: kindlicher Glaube, kindlicher Wunsch und kindliche Ängste. Darum ist das Kino im freud'schen Sinne ein unheimlicher Ort par exellence, vor allem weil dort die Doppelgänger des Lebens erfahren werden, nämlich die Filme. Doppelgänger bezeichnet zwar ein aus narzisstischem Verhältnis entstandenes Spiegelbild, das aber im Laufe der Zeit zum Schattenbild wird, das uns dann an dem Tod erinnert. Das Kino bietet aus diesem Grund einen Möglichkeitsraum, in dem unser altes Ich sterben und neues Bewusstsein gewonnen werden kann, und zwar so wie die lacan'sche Trias den Heilungsprozess erklärt: durch den narzisstischen bzw. imaginären und symbolischen Tod, gelangt das Subjekt zum Realen, wo es sich seine eigene Realität erschafft.
Die vorliegende Studie befasst sich mit Stanley Kubricks letztem Film Eyes Wide Shut als Metafilm, der filmisches Sehen räumlich repräsentiert. Der Film wurde von Arthur Schnitzlers Traumnovelle inspiriert, die die sexuelle Ambivalenz in einer glücklichen Ehe durchforstet und die geträumte Untreue der Ehefrau mit dem wirklichen Versuch des Ehemannes gleichsetzt. Der Film verweist zudem auf das Kindliche, einerseits indem der Protagonist als Stellvertreter des Zuschauenden agiert, der wiederum wie ein Kleinkind wirkt, und andererseits indem die Frauen wie Puppen erscheinen. Das Augenmerk der Arbeit richtet sich auf die Erzählsituation sowie auf die geschlechterspezifische Darstellung, wobei die Dreierbeziehung zwischen Kubrick, Eyes Wide Shut und den Zuschauenden mit dem Erzählschema von Gérard Genette untersucht wird. Mit Eyes Wide Shut schuf Kubrick außerdem ein Metakino, indem er die innerfilmische Struktur die außerfilmische widerspiegeln ließ.
Das Licht gilt uns als "das" Signum von Humanität, Aufklärung, Erkenntnis und Fortschritt, aber im Theater "übersehen" wir das Licht meist oder reduzieren seinen Einsatz auf eine technische Dienstleistung, die mit "hoher Kunst" scheinbar nichts zu tun hat. Woher kommt das? Und welche Gründe sprechen dafür, dem Licht im Theater mehr Aufmerksamkeit zu schenken, als es viele Zuschauer, Theaterwissenschaftler und Theaterschaffende derzeit tun? Antworten lassen sich unter anderem bei Michel Foucault, Friedrich Schiller und Adolphe Appia finden.
"Die Strahlen der Sonne vertreiben die Nacht" : Licht und Schatten im (Musik-)Theater der Vormoderne
(2015)
Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts waren Akteure und Zuschauer in einem geschlossenen Theaterraum gleich stark beleuchtet, wenn auch nur mit Kerzen und Öllampen. Erst danach geriet die Bühne – nicht ohne Protest der Besucher – ins Zentrum der Beleuchtung. Auf der Opernbühne führte der Einsatz der Kohlenbogenlampe, auch "Prophetensonne" genannt, im 19. Jahrhundert zu einem radikalen Umbruch: Endlich konnten Übergänge vom Dunkel zum Licht musikalisch und szenisch realisiert werden.
"Lichtspielhaus" – so nannten sich die Kinopaläste in früheren Zeiten gern. Eine große Rolle spielt das Licht schon bei der Produktion der Filme: Der gezielte Einsatz von Licht beim Dreh beeinflusst subtil die Wahrnehmung des Publikums. Das wussten schon die Pioniere des Kinos zu Beginn des 20. Jahrhunderts geschickt zu nutzen. Die Grundtechnik hat sich bis heute kaum geändert.