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Die zunehmende gesellschaftliche Aufmerksamkeit für Behinderung und Inklusion spiegelt sich im aktuellen literaturwissenschaftlichen und didaktischen Interesse am kinder- und jugendliterarischen Umgang mit Behinderung und Krankheit. Die Grenzen zwischen Erzählungen von Krankheit und Behinderung sind dabei bisweilen fließend, so dass bereits der Versuch, entsprechende Phänomene begrifflich mit Termini wie Krankheitsnarrativ, Abweichungsnarrativ oder Sick-Lit zu fassen, zum Ansatzpunkt der Forschung wird – wie auch in den hier vorgestellten Publikationen.
The outset of Joyce’s A Portrait of the Artist as a Young Man presents a stage of life and language that is commonly evoked and, at the same time, systematically avoided in autobiographies as well as theoretical approaches to language: infancy. This textual strategy refers back to Augustine’s Confessiones, one of the most canonical autobiographies, reading it as a mainstay for an unconventional hypothesis: Rather that understanding infancy as an early stage of, or even before, language, Joyce expounds that the condition called infancy – the openness for receiving language while being unable to master it – accompanies all speech, be it childlike or eloquent. The article analyses Joyce’s text as one instance of a general paradox of autobiographical writing: initial aphasia. Setting out with birth or infancy, autobiographical texts precede articulate discourse. In Joyce, this paradox appears as starting point for a poetical – rather than theoretical – thinking about language, and language acquisition.
Der Frage, weshalb das Lesen von Literatur so essentiell für das Menschsein ist, widmet sich Maria Nikolajeva mit ihrer theoretischen Studie, die in der Reihe "Children’s Literature, Culture, and Cognition" erschienen ist. Sie integriert kognitionswissenschaftlich basierte Ansätze in die Kinder- und Jugendliteraturforschung für die Diskussion ihrer zentralen Annahme, dass wir durch das Lesen fiktionaler Texte über die Welt lernen, Mitmenschen besser verstehen, unsere Selbsterkenntnis erhöhen und uns ethisches Wissen aneignen. ...
2017 war in Deutschland eine Ausstellung zu erleben, deren Idee darauf beruhte, durch die Gestaltung einer "Magic City" der Kunst der Straße (Street Art) in einem künstlich geschaffenen Raum Ausdruck zu verleihen (www.magiccity.de). Street Art Künstler aus fünf Kontinenten schufen dabei eine urbane Welt, indem sie aus multimedialen Installationen oder Wandgemälden mit 3-D-Effekt wahrhaft magische Räume konstruierten, die vor allem jugendliche Besucher zu begeistern wussten. Fiktionale Räume trafen auf Realität, und es kam zu lebendigen und interaktiven Diskursen, die neben dem ästhetischen Reiz der Präsentationen auch vielfältige Fragen nach dem Wechselverhältnis zwischen Mensch und Raum in der modernen Welt debattierten. ...
Der mit zahlreichen farbigen Abbildungen versehene Band wurde anlässlich von Kurt Franz’ 75. Geburtstag herausgegeben und versammelt einen "Querschnitt" (VIII) seiner Arbeiten zur Kinderlyrik, einem Thema, mit dem sich Franz "ein Leben lang beschäftigt" (V) hat. Mit der Monographie Kinderlyrik. Struktur, Rezeption, Didaktik, die der Literaturdidaktiker 1979 publizierte, hat der vorliegende Band, in dem kürzere Beiträge aus den letzten beiden Jahrzehnten versammelt sind, demnach nur den Obertitel gemeinsam. Während es Franz seinerzeit darum ging, die Kinderlyrik als "wichtigen Bereich der 'Kinderkultur' in seiner Gesamtheit zu erfassen" (Franz 1979, 7), präsentiert der aktuelle Band Aspekte der Kinderlyrik in Einzelstudien, thematisch in die Kapitel "Begriffe und Geschichte", "Tradition und Innovation", "Themen und Motive", "Formen und Strukturen" und "Rezeption und Vermittlung" gegliedert. Ein bibliographischer Anhang und ein "Nachweis der Beiträge" beschließen den Band. ...
Nachdem es schon seit den 1980er Jahren Untersuchungen zu einem gendersensiblen Unterricht mit Kinder- und Jugendliteratur gegeben hatte, interessierte man sich in Folge des PISA-Schocks nach dem Jahr 2000 plötzlich in besonderer Weise für geschlechterspezifische Unterschiede im Leseverhalten. Diese wurden dramatisiert, weil man merkte, dass der männlichen Jugend sogar die einfachsten Kompetenzen der Informationsentnahme aus Texten fehlte. "Genderkompetenz" bestand in diesem Zusammenhang zunächst daraus, dass DeutschlehrerInnen versuchten, Jungen zum Lesen zu bringen. Auf der Strecke blieb eine genaue Lektüre der Texte, die man den SchülerInnen vorlegte, zugunsten einer allein am Schülersubjekt orientierten empirischen Leserforschung. ...
Martina Seifert widmet sich in ihrer komparatistisch-imagologisch ausgerichteten Studie, ihrer Dissertation, dem Kanadabild in der in Deutschland erschienenen Kinder- und Jugendliteratur. Sie behandelt den Zeitraum von 1899 bis 2005. Die vielschichtig und komplex angelegte Studie untersucht anhand von ca. 1000 kinder- und jugendliterarischen Texten sowohl "die heteroimagotypen Konzeptionen in den Produktionen deutschsprachiger Autoren [...], i. e. die Heteroimages von Kanada bzw. deren Funktionen in Abhängigkeit von den historisch variablen Autoimages" (Teil I der Arbeit) als auch die Frage, "inwieweit die im Subsystem zirkulierenden Heteroimages die Übersetzungsgeschichte der kanadischen Kinder- und Jugendliteratur ins Deutsche beeinflussten, [also] inwieweit diese im zielkulturellen System Aufnahme fanden oder nicht" (Teil II, 14f.). Jedem der beiden Teile liegen komplexe Fragestellungen zugrunde, der die Autorin im Laufe ihrer Analyse mehr als gerecht wird...
Editorial
(2017)
Editorial
(2017)
Die Dissertationsschrift nimmt unter einer kulturwissenschaftlichen Fragestellung die Entstehungsprozesse des Kunstfeldes im kolonialen Südafrika zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den Blick und arbeitet heraus, worin Entwicklungen, die bis heute nachwirken, ihren Ursprung haben. Ziel ist es, durch einen veränderten Blickwinkel, einem, der Spannungsverhältnisse thematisiert und Verflechtungen sichtbar macht, einen Beitrag zum Thematisieren von „neuen“ Geschichten zu leisten, die bestehende Strukturen und Master-Narrationen kritisch hinterfragen und helfen, ein bestehendes segmentäres schwarz-weiß Denken zu überwinden, das nach wie vor akademische Diskurse überschattet. Die Arbeit ist als eine Verflechtungsgeschichte zu verstehen, in der die südafrikanische Kunstgeschichte umfassender und die heterogene Künstlerschaft integrierend betrachtet wird.
Der Sammelband, der das innovative Konzept verfolgt, Beiträge von Studierenden mit denen von namhaften Fachwissenschaftlern zu vereinen, vesucht den Brückenschlag, "die bisher dominante Rezeption Endes als Schriftsteller" weiterzuverfolgen und dabei die mediale Aneignung in der Populärkultur zu fokussieren. Insgesamt werden somit die Felder des Biographischen, der Intertextualität und der Philosophie mit Blick auf die unterschiedlichen medialen Umsetzungen von Endes Œuvre betrachtet. In seiner Einführung zu Endes Leben konstatiert Tobias Kurwinkel, dass Ende weit mehr als nur der Autor seiner vielfach adaptierten Werke ist, sondern auch selbst als Filmkritiker und Drehbuchautor gearbeitet hat, und begründet dadurch plausibel den intermedialen Ansatz dieses Bandes. Susanne Kröber geht in ihrem bislang unveröffentlichten, leicht provokativen Interview mit Ende der Frage nach, ob der Wunschpunsch (1989) ein resignatives Konzept von Menschheit verfolge. ...
This commentary on Edwin Carels’ essay “Revisiting Tom Tom: Performative anamnesis and autonomous vision in Ken Jacobs’ appropriations of Tom Tom the Piper’s Son” broadens up the media-archaeological framework in which Carels places his text. Notions such as Huhtamo’s topos and Zielinski’s “deep time” are brought into the discussion in order to point out the difficulty to see what there is to see and to question the position of the viewer in front of experimental films like Tom Tom the Piper’s Son and its remakes.
Der Film als modernes mobiles Medium lebt von Erfahrungen des Eigenen und Fremden. Zeigten die Reisefilme zu Beginn des 20. Jahrhunderts bewusst die »wunderbare Differenz« zur eigenen Wirklichkeit, wurde in der heilen Welt der Heimatfilme nach Ende des Zweiten Weltkriegs das Eigene für den Konsum verfügbar gemacht. Erst die Hollywood-Blockbuster verfolgten die Strategie, das kulturell Fremde so zu minimieren, dass daraus der für alle verständliche »Dialekt der Moderne« wurde.
La película de Ana de Daniel Díaz Torres (2012) trata en primer lugar del jineterismo en Cuba, fenómeno que ha determinado ampliamente el contacto entre extranjeros y cubanos desde la apertura al turismo en masas. En la película esto conlleva una reflexión de las relaciones visuales tanto en términos de género como en términos postcoloniales. Mediante la construcción de una película intradiegética ("la película de Ana") se cuestiona la diferencia entre "autenticidad" y puesta en escena y se sugiere, además, que Cuba entera se ha convertido en una especie de "zona de contacto", donde entran en contacto la lógica capitalista y la nostalgia postsoviética y donde lo "auténticamente" cubano aparece como un espectáculo montado para los extranjeros. Al mismo tiempo la película articula una autorreflexión en el sentido de que estas relaciones de poder se evidencian también en las posibilidades de hacer cine hoy en Cuba, que abarcan esencialmente la coproducción con diferentes países europeos.
Andrea Gremels entrevista a la Milena Rodríguez Gutiérrez, poeta cubana, crítica literaria y editora de la antología Otra Cuba secreta: antología de poetas cubanas del XIX y del XX (2011). Desde una perspectiva profesional y personal Rodríguez Gutiérrez, que vive en Granada, responde a las preguntas acerca de la diáspora cubana, del canon literario nacional y de las implicaciones del cambio para las escritoras y escritores dentro y fuera de la isla. Además, presenta a los lectores dos poemas suyos, ambos dedicados a Cuba: “Preguntas desde el otro lado de la cocina” y “Cuba”.
Understanding a sentence and integrating it into the discourse depends upon the identification of its focus, which, in spoken German, is marked by accentuation. In the case of written language, which lacks explicit cues to accent, readers have to draw on other kinds of information to determine the focus. We study the joint or interactive effects of two kinds of information that have no direct representation in print but have each been shown to be influential in the reader's text comprehension: (i) the (low-level) rhythmic-prosodic structure that is based on the distribution of lexically stressed syllables, and (ii) the (high-level) discourse context that is grounded in the memory of previous linguistic content. Systematically manipulating these factors, we examine the way readers resolve a syntactic ambiguity involving the scopally ambiguous focus operator auch (engl. “too”) in both oral (Experiment 1) and silent reading (Experiment 2). The results of both experiments attest that discourse context and local linguistic rhythm conspire to guide the syntactic and, concomitantly, the focus-structural analysis of ambiguous sentences. We argue that reading comprehension requires the (implicit) assignment of accents according to the focus structure and that, by establishing a prominence profile, the implicit prosodic rhythm directly affects accent assignment.
Anankastic relatives
(2016)
This dissertation investigates a semantic puzzle in German concerning certain sentences with an intensional transitive verb and a modalized relative clause modifying its indefinite object. In their unspecific reading, the modal inside the relative clause seems to lack a semantic contribution and the construal of the relative clause appears spuriously ambiguous between a restrictive and an appositive reading. However, as a thorough discussion of a wide range of data reveals, the embedded modal is actually anaphoric to the matrix attitude and does contribute to the sentence meaning. But then, precisely due to its anaphoricity, this semantic contribution is restricted and in some cases very subtle; in particular, the semantic phenomenon under scrutiny cannot be analyzed as an instance of modal concord. Rather, previous observations on related data involving epistmic anaphoric modals and anankastic conditionals turn out to indicate the direction for an adequate analysis of the relevant semantic observations. For the restrictive construal, a conservative account is developed containing a fine-grained Lewis-Kratzer-style modal semantics, but with a twist: the anaphoricity of the modal is taken care of by restricting the anaphoricity of the modal to the ordering source of the matrix verb; moreover, the embedded modal receives a historical modal base. In this way compositionality issues and problems of cross-identification are avoided. Finally, the non-restrictive construal is analyzed as an instance of modal subordination, exploiting the well-studied parallel between appositive relatives and discourse anaphora.
Überraschende neue Antworten auf die althergebrachte Frage nach dem »Eigenen« und »Fremden« geben die Romane des indischstämmigen Schriftstellers Moyez G. Vassanji, der in Kenia geboren wurde, seit Jahrzehnten in Kanada lebt und heute zu den bedeutendsten Autoren der ostafrikanischen Gegenwartsliteratur zählt. Seine Protagonisten verkörpern eine transregionale Verflechtungsgeschichte, die aus europäischer Perspektive kaum wahrgenommen wird, aber durchaus Impulse für aktuelle Debatten geben kann.
"Che tempo, che tempo": Geology and Environment in Max Frisch’s 'Der Mensch erscheint im Holozän'
(2016)
Critical readings of Frisch’s Der Mensch erscheint im Holozän [Man in the Holocene] have tended to read its heterogeneous and inter-medial form as a code for the mental disintegration of its protagonist. This paper argues instead that this feature can be seen as a poetological engagement with geological and climatic timescales. Due to its hybrid form, the incorporation of a multiplicity of textual fragments and pictorial representations, the text undermines both conventional definitions of narrative and representations of nature. Holozän’s non-linear structure establishes an aesthetic of slowness that ushers in an awareness of the utterly different time schemes of geological and climatic processes. Furthermore, the importance of the material features, such as an interplay between text and image and the disconnected, paratactical arrangement of sentences mirrors the novel’s focus on natural phenomena. Frisch’s narrative establishes a poetics that tries to reach beyond the confinements of an anthropocentric perspective and thereby subverts the borders between culture and environment.
Die Schriftstellerin Katja Lange-Müller hat in ihren fünf Frankfurter Poetikvorlesungen über »Das Problem als Katalysator« doziert. Der UniReport hatte nach der dritten Vorlesung, in der sie sich unter anderem mit Kurt Tucholsky und Wolfgang Hilbig beschäftigte, die Gelegenheit, mit ihr zu sprechen – natürlich erst, nachdem sie unzählige Bücher signiert hatte.
Children’s interpretations of sentences containing focus particles do not seem adult-like until school age. This study investigates how German 4-year-old children comprehend sentences with the focus particle ‘nur’ (only) by using different tasks and controlling for the impact of general cognitive abilities on performance measures. Two sentence types with ‘only’ in either pre-subject or pre-object position were presented. Eye gaze data and verbal responses were collected via the visual world paradigm combined with a sentence-picture verification task. While the eye tracking data revealed an adult-like pattern of focus particle processing, the sentence-picture verification replicated previous findings of poor comprehension, especially for ‘only’ in pre-subject position. A second study focused on the impact of general cognitive abilities on the outcomes of the verification task. Working memory was related to children’s performance in both sentence types whereas inhibitory control was selectively related to the number of errors for sentences with ‘only’ in pre-subject position. These results suggest that children at the age of 4 years have the linguistic competence to correctly interpret sentences with focus particles, which–depending on specific task demands–may be masked by immature general cognitive abilities.
Vorwort zur Sektion der Gastherausgeberin Andrea Gremels
Sich mit Christa Wolf auf einen „Spaziergang durch ein Stück deutscher Künstlerlandschaft der letzten Jahrzehnte“ zu verabreden heißt, die Künstlerin von einer neuen, bisher unbekannten Seite kennenzulernen.
Als Autorin ist sie keine Unbekannte. Ihr Werk erfuhr internationale Anerkennung und eine umfassende Rezeption, was sich in zahlreichen Monographien und Einzeluntersuchungen niederschlug. In der Akademie der Künste in Berlin lagern nach Schenkungen von Gerhard Wolf und des Luchterhand Literaturverlags ungefähr 1000 Bände Archivmaterial mit Werkmanuskripten aller Schaffensperioden sowie zugehörige Materialien und Druckschriften, Privat- und Geschäftskorrespondenz sowie zahlreiche Leserbriefe und Rezensionen. Die Bibliothek der Akademie beinhaltet die gesamte Primär- und Sekundärliteratur sowie zahlreiche weitere Dokumente.2 So sind hier „Zeugnisse gelebten Lebens, künstlerischer Entwicklungen, menschlicher Beziehungen bewahrt, individuelle und Zeitgeschichte eingefangen“...
Die von der Friedrich Stiftung sowie von der Vereinigung von Freunden und Förderern der Goethe-Universität unterstützte Ringvorlesung richtet sich an Studierende und Lehrende sowie an die interessierte Öffentlichkeit.
Sie wird am 19. April 2016 um 18 Uhr (c.t.) im Casinogebäude Raum 1.801 (Renate-von-Metzler-Saal) beginnen – und in der Folge jeweils dienstags von 16 bis 18 Uhr im Raum HZ 13 des Hörsaalzentrums auf dem Campus Westend der Goethe-Universität fortgesetzt werden.
„Frauenlieder gehören zu den ältesten poetischen Zeugnissen, welche in die schriftliche Überlieferung der volkssprachlichen Dichtung im Mittelalter eingegangen sind, und schon allein aus diesem Grunde kommt ihnen eine herausragende kultur- und literarhistorische Bedeutung zu.“
Für die mittelalterlichen Lieder mit weiblichem lyrischem Ich finden sich diverse Definitionen die je nach Schwerpunkt und Sichtweise einen unterschiedlich großen Korpus an Liedern als Frauenlieder deklarieren. Für diese Arbeit habe ich versucht eine Definition zu finden, die minimal einschränkend ist und dabei keine wertenden und ästhetischen Kriterien ansetzt, die aus einem heutigen Verständnis geprägt sind. Dementsprechend basiert diese Arbeit auf der Minimaldefintion eines Frauenliedes nach Ingrid Kasten: „Es sind Lieder, deren lyrisches Subjekt eine Frau ist.“
Da explizit bei Ingrid Kasten von einem lyrischen Subjekt die Rede ist, also von der Person, die das Lied trägt, sind Gattungen wie das Tagelied oder die Pastourelle ausgeschlossen, da sie zwar weibliche Redeanteile stellen, diese allerdings keine eigenständige Meinung wiedergeben, sondern nur im Kontext des Liedes einen Dialog herstellen. Hierzu Angelica Rieger: „Zu der gattungsbedingt stark eingeschränkten Rollen der Frau in der pastorela kommt die Tatsache, daß die narrative Grundstruktur der Gattung der Frauenstimme nur im Zitat Raum läßt. Beides verhindert die Entwicklung eines selbstständigen weiblichen lyrischen Ichs innerhalb der Grenzen der Gattung. […] In jedem Fall beschränkt sich [bei der alba] die «voix féminine» auf die von der Gattung diktierte Rollenverteilung zwischen domna, amic und gaita.“
Um nun noch den Begriff der Gattung zu definieren, greife ich auf die allgemeine Definition des Duden zurück, dieser definiert Gattung als „Gesamtheit von [Arten von] Dingen, Einzelwesen, Formen, die in wesentlichen Eigenschaften übereinstimmen.“
Somit soll diese Arbeit klären, inwiefern die Frauenlieder der Troubadoure, der Trouvères, der Minnesänger und der galicisch-portugiesischen Troubadoure unter dem Gattungsbegriff „Frauenlied“ vereint werden können oder ob sich so viele verschiedene Formen von Liedern mit weiblichem lyrischen Subjekt finden lassen, dass lediglich von einem Überbegriff die Rede sein kann.
„Nicht selten sind es die Künstler selber, die dem
Voyeurismus als primärer Kunsterfahrung Vorschub
leisten. […] Wer permanent Interviews und Statements
von sich gibt, wer die Medien ununterbrochen mit
Texthäppchen und Fernsehbildern alimentiert, beweist,
wie wenig er der ästhetischen Kompetenz des Publikums
noch vertraut.“1 (Andreas Breitenstein,
Literaturredakteur der Neuen Zürcher Zeitung)
Das Nachwort von Literaturrezensent Andreas Breitenstein zu den von ihm herausgegebenen Dreißig Annäherungen (1996) an den Kulturbetrieb steht beispielhaft für die mit der Ausdifferenzierung und Ausweitung des Medienangebots einhergehende und in den deutschsprachigen Feuilletons verbreitete Befürchtung, die Kommerzialisierung der Kunst hemme gleichermaßen die Kreativität des Künstlers und die ästhetische Erfahrung des Rezipienten. Der Forderung nach einer nur sich selbst verpflichteten und sich selbst genügenden Kunst stehe spätestens am Ende der Jahrtausendwende die Marktrealität der Massenproduktion entgegen, die im Wettbewerb um mediale Aufmerksamkeit mehr auf den schnellen und gewinnbringenden Effekt als die ästhetische Qualität setze. Kurz gesagt: Das Wesen der ‚reinen‘ Kunst sei durch die Mechanismen der ‚verdorbenen‘ Institution Kunst in hohem Maße gefährdet.
Tatsächlich tendiert der Kulturbetrieb der Gegenwart zur Vermarktung und Vermittlung der Kunst über Eigenschaften, die dem Kunstwerk äußerlich zu sein scheinen. Dabei ist es nicht nur der aufwendig produzierte Hollywood-Film, der sich weniger über ein ästhetisches Programm als über populäre Hauptdarsteller verkauft, auch der deutschsprachige Literaturbetrieb macht sich das öffentliche Interesse an der Person des Autors zunutze. Gewinnbringend sind vor allem jene Schriftsteller, die auf Lesereisen, in Interviews oder in den sozialen Netzwerken für ihre Texte werben, dabei scheinbar authentische Einblicke in ihr Privatleben erlauben und sich anhand ihrer Selbstinszenierung öffentlich zum Literaturbetrieb positionieren. Dies gilt besonders dann, wenn diese Positionierung in der notorischen Abgrenzung vom Betrieb und der Behauptung der eigenen Autonomie besteht, wie sich etwa am Beispiel des Bestsellersautors Daniel Kehlmann beobachten lässt. Entsprechend entzünden sich Feuilletondebatten anders als in den 1970er Jahren kaum noch am literarischen Text allein, während der medial präsente Autor als öffentliche Instanz durchaus in der Lage ist, gesellschaftliche Diskussionen oder Skandale zu provozieren.
Die zunehmende Personalisierung der Literaturvermarktung wirkt sich auch auf die Poetik der Texte aus. Immer mehr Gegenwartsautoren üben sich in verschiedenen Formen der Selbstbeobachtung und verleihen ihre eigenen Namen und Eigenschaften an Figuren in ihren Texten. Die Literaturwissenschaft nähert sich diesem Phänomen mit dem vieldeutigen Begriff der Autofiktion an, wobei ‚Auto‘ auf die Verwandtschaft zur autobiografischen Schreibweise und ‚Fiktion‘ auf die Nähe zum Roman verweisen soll. Die postmoderne Kritik an der klassischen Autobiografie und insbesondere Roland Barthes‘ Verkündung vom ‚Tod des Autors‘ sind autofiktionalen Texten bereits eingeschrieben. Ihr literarisches Verfahren ist eng an den Kontext des Medienzeitalters gekoppelt, in dem weniger authentische Darstellungen als Inszenierungen des eigenen Lebens auf dem Spiel stehen. Die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Kunst werden in beide Richtungen aufgehoben: Während selbsterfindende Erzählungen im Rahmen einer Professionalisierung der Autorvermarktung auch zunehmend außerhalb der Literatur Einzug finden, vollziehen autofiktionale Texte die ästhetische Semantisierung aller Lebensbereiche. Trennscharfe Differenzierungen zwischen Text und Paratext, Kunst und Kunstbetrieb, Autor und Erzähler werden dadurch erheblich erschwert.
Diese Magisterarbeit untersucht anhand von zwei Prosatextanalysen, auf welche Weise die Autofiktion der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur die literarische Selbstinszenierung des Autors mit der Rede vom ‚verdorbenen‘ Literaturbetrieb und der Frage nach der Autonomie der Kunst verbindet. In der Forschung wurden diese beiden Bausteine der Autofiktion bisher weitgehend isoliert voneinander betrachtet. Eine Mehrzahl der Beiträge widmet sich der Gattungskritik an der Autobiografie4, dem problematischen Verhältnis von Fakt und Fiktion und der poststrukturalistischen Negation von Subjekt und Bedeutung und vernachlässigt dabei, dass autofiktionale Gegenwartsliteratur längst mehr zu bieten hat. So lautet die These der Magisterarbeit: Über ihr poststrukturalistisch geschultes Erzählverfahren hinaus reflektieren autofiktionale Texte ihre Position innerhalb ihres kulturellen und wirtschaftlichen Kontexts und formulieren anhand von Grenzüberschreitungen zwischen Kunst und Leben die Frage nach dem Wesen der Literatur und ihrer Abhängigkeit von, aber auch ihrem Einfluss auf Marktbedingungen.
The frequency of intensional and non-first-order definable operators in natural languages constitutes a challenge for automated reasoning with the kind of logical translations that are deemed adequate by formal semanticists. Whereas linguists employ expressive higher-order logics in their theories of meaning, the most successful logical reasoning strategies with natural language to date rely on sophisticated first-order theorem provers and model builders. In order to bridge the fundamental mathematical gap between linguistic theory and computational practice, we present a general translation from a higher-order logic frequently employed in the linguistics literature, two-sorted Type Theory, to first-order logic under Henkin semantics. We investigate alternative formulations of the translation, discuss their properties, and evaluate the availability of linguistically relevant inferences with standard theorem provers in a test suite of inference problems stated in English. The results of the experiment indicate that translation from higher-order logic to first-order logic under Henkin semantics is a promising strategy for automated reasoning with natural languages.
"Lichtspielhaus" – so nannten sich die Kinopaläste in früheren Zeiten gern. Eine große Rolle spielt das Licht schon bei der Produktion der Filme: Der gezielte Einsatz von Licht beim Dreh beeinflusst subtil die Wahrnehmung des Publikums. Das wussten schon die Pioniere des Kinos zu Beginn des 20. Jahrhunderts geschickt zu nutzen. Die Grundtechnik hat sich bis heute kaum geändert.
Angaben aus der Verlagsmeldung:
Ob beim Aufrufen einer Webseite, beim Versenden einer E-Mail oder beim Hochfrequenzhandel an der Börse: Auf ihrem Weg durch die Weiten digitaler Netze durchqueren Bits zahlreiche Knoten, an denen eine Reihe von Mikroentscheidungen getroffen werden. Diese Entscheidungen betreffen den besten Pfad zum Ziel, die Verarbeitungsgeschwindigkeit oder die Priorität zwischen den ankommenden Paketen.
In ihrer vielschichtigen Gestalt bilden solche Mikroentscheidungen eine bislang nur marginal beachtete Dimension von Kontrolle und Überwachung im 21. Jahrhundert. Sie sind sowohl die kleinste Einheit als auch die technische Voraussetzung einer gegenwärtigen Politik digitaler Netzwerke – und des Widerstands gegen sie. Die aktuellen Debatten um Netzneutralität und Edward Snowdens Enthüllung der NSA-Überwachung bilden dabei lediglich die Spitze des Eisbergs. Auf dem Spiel steht nicht weniger als die Zukunft des Internets, wie wir es kennen.
Das Licht gilt uns als "das" Signum von Humanität, Aufklärung, Erkenntnis und Fortschritt, aber im Theater "übersehen" wir das Licht meist oder reduzieren seinen Einsatz auf eine technische Dienstleistung, die mit "hoher Kunst" scheinbar nichts zu tun hat. Woher kommt das? Und welche Gründe sprechen dafür, dem Licht im Theater mehr Aufmerksamkeit zu schenken, als es viele Zuschauer, Theaterwissenschaftler und Theaterschaffende derzeit tun? Antworten lassen sich unter anderem bei Michel Foucault, Friedrich Schiller und Adolphe Appia finden.
Be it in the case of opening a website, sending an email, or high-frequency trading, bits and bytes of information have to cross numerous nodes at which micro-decisions are made. These decisions concern the most efficient path through the network, the processing speed, or the priority of incoming data packets.
Despite their multifaceted nature, micro-decisions are a dimension of control and surveillance in the twenty-first century that has received little critical attention. They represent the smallest unit and the technical precondition of a contemporary network politics – and of our potential opposition to it. The current debates regarding net neutrality and Edward Snowden’s revelation of NSA surveillance are only the tip of the iceberg. What is at stake is nothing less than the future of the Internet as we know it.
Zu Beginn dieser Arbeit stand die Vermutung, dass die Klangsprache von Arnold Schönbergs Werk Pierrot lunaire stark durch Albert Girauds gleichnamigen, von Otto Erich Hartleben ins Deutsche übertragenen Gedichtzyklus beeinflusst worden ist.
Um genauer herauszuarbeiten, wie ein Gedichtzyklus die Klangsprache eines Komponisten beeinflussen kann, wurde zuerst Girauds Originaltext mithilfe der symbolistischen Ästhetik sowie der ästhetischen Kategorien des Capriccio und der Groteske analysiert. In einem zweiten Schritt wurde - mithilfe von Walter Benjamins Überlegungen zur Aufgabe des Übersetzers - Otto Erich Hartlebens Übertragung von Girauds Zyklus untersucht. Im Laufe dieser jeweiligen Analysen kristallisierte sich die Rolle des Ephemeren sowohl in der Gestaltung des Originaltextes als auch innerhalb des Vorgangs der Übersetzung heraus.
Das Wirken des Ephemeren im Kunstwerk wurde mithilfe von Theodor W. Adornos Ästhetische Theorie genauer dargestellt und mündete in der Hauptfrage der vorliegenden Untersuchung: Wie gestaltet das Ephemere den Pierrot lunaire bei Albert Giraud, Otto Erich Hartleben und Arnold Schönberg? In Bezug auf Schönbergs Werk wurden dabei in erster Linie der Sprechgesang, die Wechselwirkung von Instrumentation und Klangfarbe sowie einzelne Elemente der Klangsprache behandelt.
This article discusses the interrelation between transculturality and transmediality with an emphasis on processes of translation. It focuses on two examples of transcultural and transmedial writing taken from contemporary Cuban literature in Paris: Miguel Sales's recontextualization of Cuban popular music in Paris and William Navarrete's ekphrastic reinscription of his island into the realm of French romantic painting. The case studies are significant in this context because they show how cultural borders are simultaneously set and transgressed at medial crossings—between music and poetry, text, and image. Thus, cultural translations go hand in hand with medial transpositions that include forms of rewriting, recomposition, and revisualization. The connection between moving cultures and moving media also points to the question of “travelling memory” in diaspora.
Im Rahmen des Kongresses „Literaturwissenschaften in Frankfurt, 1914 – 1945“, der von Bernd Zegowitz (Germanistik) und Frank Estelmann (Romanistik) am 20. und 21. Juni 2014 an der Universität Frankfurt am Main organisiert wurde, gaben 13 Vortragende an zwei Tagen Einblicke sowohl in die Geschichte als auch in exemplarische Werke von Literaturwissenschaftlern, die in der Zeit zwischen der Universitätsgründung im Jahr 1914 und dem Ende des Nationalsozialismus 1945 an der Universität Frankfurt lehrten und forschten.
This master thesis will consider the question how far American history influenced, and is mirrored in, (American) science fiction literature. The main work of reference for this endeavor will be the award-winning Mars Trilogy by the aforementioned, renowned science fiction author Kim Stanley Robinson.
Chapter one will deal specifically with the topic of how certain events of American history – especially the War of Independence, its origins and its aftermath – are more or less mirrored in the Mars novels, often with only minor changes (and adapted into a sci-fi setting, of course). The historic concepts of ‘the Frontier’ and ‘Manifest Destiny’ will find some minor mention here.
The second chapter of this paper will be exclusively about one of the early main characters of the trilogy, one with a lasting influence even though he dies early. The leading thesis will be that this ‘all-American hero’ is, more or less, a fusion of two major figures of early American history, specifically Captain John Smith and legendary ‘frontiersman’ Daniel Boone. The name of this character alone – John Boone – should serve easily as an indicator for the truth of this thesis.
The final chapter of this thesis then leaves the Mars Trilogy behind in order to look at the whole wide field of science fiction literature. Selected works will serve to illustrate the pervasive presence of American history in this genre. The concept of the ‘frontier’ will be of considerable importance to this endeavor, and will feature significantly in this section.
Concluding the paper will be a short overview of the paper’s major points and a few final thoughts will then round out this thesis and mark its end.
Nach der Landtagswahl in Bremen 2007 haben sich, nach langjähriger SPD/CDU-Partnerschaft (1995-2007), zwei Parteien zu einer Koalition entschlossen, die in ihren Wahlprogrammen eine „Schule für alle“ (Grüne) bzw. eine „Gemeinsame Schule“ (SPD) von 5 bis 10 angekündigt haben. Die Befürworter einer solchen Schule erwarteten, dass den Ankündigungen im Wahlkampf nun auch Taten folgen. So forderte die GEW von SPD und Grünen die als ersten Schritt versprochenen Maßnahmen: Alle Schulen werden verpflichtet, „die aufgenommenen Schülerinnen und Schüler in ihrer Schule zu einem Abschluss zu führen“ (SPD) und alle Abschlüsse der Sekundarstufe I können „an jeder Schule erworben werden“ (Grüne), womit alle Bildungsgänge, das Gymnasium eingeschlossen, bei der Entwicklung eines integrativen Schulsystems einbezogen waren...
[Nachruf] Burkhardt Lindner
(2015)
Im Juni spricht der Leipziger Schriftsteller Clemens Meyer im Rahmen der Frankfurter Poetikvorlesungen über den „Untergang der Äkschn GmbH“. Meyers ungewöhnliche Biographie und seine Romane über Leipziger Jugendgangs, Prostituierte und Zuhälter versprechen interessante Vorträge. Wir haben ihm vorab einige Fragen gestellt – seine mitunter forschen Antworten deuten jedenfalls an, dass der Autor sein Publikum bestimmt nicht langweilen wird.
"Die Strahlen der Sonne vertreiben die Nacht" : Licht und Schatten im (Musik-)Theater der Vormoderne
(2015)
Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts waren Akteure und Zuschauer in einem geschlossenen Theaterraum gleich stark beleuchtet, wenn auch nur mit Kerzen und Öllampen. Erst danach geriet die Bühne – nicht ohne Protest der Besucher – ins Zentrum der Beleuchtung. Auf der Opernbühne führte der Einsatz der Kohlenbogenlampe, auch "Prophetensonne" genannt, im 19. Jahrhundert zu einem radikalen Umbruch: Endlich konnten Übergänge vom Dunkel zum Licht musikalisch und szenisch realisiert werden.
Das Tip-of-the-Tongue-Phänomen (TOT) bildet neben Pausen und Versprechern eine weitere Störungsklasse der Sprachproduktion. Im TOT-Zustand kann auf semantische (Konzept) und syntaktische Informationen (Lemma) zugegriffen werden, aber nur begrenzt auf phonologische Informationen (Lexem). Die komplette Wortform bleibt verborgen. Um TOTs im Labor zu evozieren, wurden Definitionen auf einem Computerbildschirm präsentiert, z. B. „ständig umlaufender Aufzug ohne Tür“ für Paternoster. Die Probanden gaben über die Computertastatur an, ob sie das Wort kennen und benennen können (JA), das gesuchte Wort nicht kennen (NEIN) oder es ihnen auf der Zunge liegt (TOT). Im TOT-Zustand wurde ein Cue visuell präsentiert. Beim Cueing-Verfahren wurden bisher Silben-Cues in Wörter bzw. Pseudowörter eingebettet und diese innerhalb von Wortlisten dargeboten, um die Auflösung eines TOTs zu manipulieren. In den vorliegenden Studien wurden die Silben-Cues isoliert präsentiert. Der Vorteil besteht darin, dass eine Silbe per se keine semantischen (Wortbedeutung) und syntaktischen Informationen (Wortart) enthält. Die Präsentation isolierter korrekter, inkorrekter und erweiterter Silben ist neu in der TOT-Forschung. Außerdem bietet die vorliegende Arbeit die erste Studie sowohl im Cueing-Paradigma als auch im Bereich der Reaktionszeitmessung (RT) zu TOTs im Deutschen.
Im Pre-Test wurden die Definitionen vorgetestet. In den beiden Pilotstudien wurden das Design für die Reaktionszeitmessung evaluiert und weitere Definitionen gesammelt und überprüft. Im ersten Experiment zeigte sich, dass mit der korrekten Silbe (z. B. Pa für Paternoster) die TOTs etwa doppelt so schnell aufgelöst werden konnten als mit einer inkorrekten Silbe (z. B. Ko) und der Kontrollbedingung (xxx). Die korrekte Silbe führte außerdem zu signifikant mehr akkuraten Antworten im Vergleich zu den beiden anderen Bedingungen. Die inkorrekte Silbe hat die TOT-Auflösung zwar nicht blockiert (nicht mehr inakkurate Antworten), aber gehemmt: Die Anzahl an akkuraten Antworten wurde reduziert und die Anzahl an unaufgelösten TOTs erhöht. Im zweiten Experiment wurde demonstriert, dass die erweiterte Silbe (z. B. Pat für Paternoster) die TOT-Auflösung im Vergleich zur regulären Silbe sowohl signifikant beschleunigte (kürzere RTs) als auch signifikant verstärkte (mehr akkurate Antworten). Dies lässt sich mit dem segmentalen Überlappungseffekt erklären. Die Ergebnisse der vorliegenden Studien unterstützen Sprachproduktionsmodelle, die einen interaktiven Aktivierungsfluss haben und eine Silben-Ebene unterhalb der Phonem-Ebene annehmen.
Das Kino ist ein Ort, in dem das Kindliche vorausgesetzt und reaktiviert wird: kindlicher Glaube, kindlicher Wunsch und kindliche Ängste. Darum ist das Kino im freud'schen Sinne ein unheimlicher Ort par exellence, vor allem weil dort die Doppelgänger des Lebens erfahren werden, nämlich die Filme. Doppelgänger bezeichnet zwar ein aus narzisstischem Verhältnis entstandenes Spiegelbild, das aber im Laufe der Zeit zum Schattenbild wird, das uns dann an dem Tod erinnert. Das Kino bietet aus diesem Grund einen Möglichkeitsraum, in dem unser altes Ich sterben und neues Bewusstsein gewonnen werden kann, und zwar so wie die lacan'sche Trias den Heilungsprozess erklärt: durch den narzisstischen bzw. imaginären und symbolischen Tod, gelangt das Subjekt zum Realen, wo es sich seine eigene Realität erschafft.
Die vorliegende Studie befasst sich mit Stanley Kubricks letztem Film Eyes Wide Shut als Metafilm, der filmisches Sehen räumlich repräsentiert. Der Film wurde von Arthur Schnitzlers Traumnovelle inspiriert, die die sexuelle Ambivalenz in einer glücklichen Ehe durchforstet und die geträumte Untreue der Ehefrau mit dem wirklichen Versuch des Ehemannes gleichsetzt. Der Film verweist zudem auf das Kindliche, einerseits indem der Protagonist als Stellvertreter des Zuschauenden agiert, der wiederum wie ein Kleinkind wirkt, und andererseits indem die Frauen wie Puppen erscheinen. Das Augenmerk der Arbeit richtet sich auf die Erzählsituation sowie auf die geschlechterspezifische Darstellung, wobei die Dreierbeziehung zwischen Kubrick, Eyes Wide Shut und den Zuschauenden mit dem Erzählschema von Gérard Genette untersucht wird. Mit Eyes Wide Shut schuf Kubrick außerdem ein Metakino, indem er die innerfilmische Struktur die außerfilmische widerspiegeln ließ.