Neuere Philologien
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Theater der Spur
(2014)
Nach der Landtagswahl in Bremen 2007 haben sich, nach langjähriger SPD/CDU-Partnerschaft (1995-2007), zwei Parteien zu einer Koalition entschlossen, die in ihren Wahlprogrammen eine „Schule für alle“ (Grüne) bzw. eine „Gemeinsame Schule“ (SPD) von 5 bis 10 angekündigt haben. Die Befürworter einer solchen Schule erwarteten, dass den Ankündigungen im Wahlkampf nun auch Taten folgen. So forderte die GEW von SPD und Grünen die als ersten Schritt versprochenen Maßnahmen: Alle Schulen werden verpflichtet, „die aufgenommenen Schülerinnen und Schüler in ihrer Schule zu einem Abschluss zu führen“ (SPD) und alle Abschlüsse der Sekundarstufe I können „an jeder Schule erworben werden“ (Grüne), womit alle Bildungsgänge, das Gymnasium eingeschlossen, bei der Entwicklung eines integrativen Schulsystems einbezogen waren...
This master thesis will consider the question how far American history influenced, and is mirrored in, (American) science fiction literature. The main work of reference for this endeavor will be the award-winning Mars Trilogy by the aforementioned, renowned science fiction author Kim Stanley Robinson.
Chapter one will deal specifically with the topic of how certain events of American history – especially the War of Independence, its origins and its aftermath – are more or less mirrored in the Mars novels, often with only minor changes (and adapted into a sci-fi setting, of course). The historic concepts of ‘the Frontier’ and ‘Manifest Destiny’ will find some minor mention here.
The second chapter of this paper will be exclusively about one of the early main characters of the trilogy, one with a lasting influence even though he dies early. The leading thesis will be that this ‘all-American hero’ is, more or less, a fusion of two major figures of early American history, specifically Captain John Smith and legendary ‘frontiersman’ Daniel Boone. The name of this character alone – John Boone – should serve easily as an indicator for the truth of this thesis.
The final chapter of this thesis then leaves the Mars Trilogy behind in order to look at the whole wide field of science fiction literature. Selected works will serve to illustrate the pervasive presence of American history in this genre. The concept of the ‘frontier’ will be of considerable importance to this endeavor, and will feature significantly in this section.
Concluding the paper will be a short overview of the paper’s major points and a few final thoughts will then round out this thesis and mark its end.
Angst, Spannung und die Frage nach der Schuld : Psychothriller für Jugendliche und junge Erwachsene
(2014)
"Ach!" würde Goethe vermutlich ausrufen, sähe er die Kleinteiligkeit der heutigen Forschung – und auch sein Faust verzweifelt am gestaltlosen "Wissensqualm". Goethe wehrt sich vehement gegen eine Zersplitterung der Wissenschaft in unzählige Einzelphänomene. Er schätzt die Universalisten, "die das Allgemeine im Auge haben und gern das Besondere an- und einfügen möchten".
"Nachdem ich die Bedeutung des Epigramms erläutert habe, bin ich dem Wesen des Epigramms nachgegangen, indem ich die Definition, Struktur und verschiedene Aspekte des Epigramms untersucht und erläutert habe.
Ich kam zu dem Ergebnis, dass Lessing für die Literaturwissenschaft eine neue Perspektive eröffnet hat. Erstens, weil er eine sehr präzise Definition des Epigramms geschrieben hat. Zweitens, weil sein Epigramm ebenso einen philosophischen wie psychologischen Boden hat. Weiterhin habe ich festgestellt, dass die Statuslehre tatsächlich einen bedeutenden Einfluss auf Lessings Werk gehabt hat. Aufgrund der vielen biographischen Nachweise, war es mir möglich, die Verbindung, die zwischen der Erkenntnistheorie, der Statuslehre und der Empfindungslehre besteht, zu erkennen..."
Das "International Institute of Political Murder" – verschiedene Modelle Dokumentarischen Theaters
(2014)
Dualistische Raumordnungen : das "Agnete og Havmanden"-Motiv in der skandinavischen Literatur
(2014)
„Jeg vilde give alle mine hundrede Aar, jeg har at leve i, for blot een Dag at være et Menneske og siden faae Deel i den himmelske Verden!“ Nichts sehnlicher wünscht sich Hans Christian Andersens kleine Meerfrau aus dem berühmten Märchen Den lille havfrue (1837), als die Grenze zwischen Meer und Menschenwelt zu überschreiten und den essentiellen Wesensunterschied zwischen Meerwesen und Mensch zu überwinden, um in eine ‚höhere‘ Welt zu gelangen. So fest sich das Bild von Andersens tragisch-sehnsuchtsvoller Meerfrau in das kollektive Gedächtnis eingeschrieben hat, so wenige offensichtliche Vorbilder finden sich für seine Figur in der skandinavischen Motivtradition der Meerwesen. Denn bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts dominiert der Meermann die skandinavische Literatur. In den mittelalterlichen Texten der Snorra Edda und der Liederedda tritt der Riese Ægir als Gastgeber für die Asen auf, bleibt jedoch als Element der Rahmenhandlung stets eine Nebenfigur; erst in der Neuzeit wird Ægir nach dem Vorbild Neptuns und Poseidons als Meermann bzw. Meergott gedeutet. Im Zuge der Skandinavismus-Bewegung des 19. Jahrunderts findet z. B. in der Lyrik N. F. S. Grundtvigs und Adam Oehlenschlägers eine Rezeption des Ægir-Motivs statt, wobei Ægirs Gastmahl hier weiterhin nur den Schauplatz der Handlung bildet bzw. zum Sinnbild für eine Vereinigung der nordischen Länder wird. Neben den ersten Belegen Ægirs in den Edda-Texten findet sich in der mittelalterlichen Volksdichtung, die im 16. und 17. Jahrhundert niedergeschrieben und im 19. Jahrhundert vor allem in Dänemark unter der Bezeichnung folkeviser gesammelt wurde, das Bild des Meermanns als verräterischem Verführer, der Jungfrauen ins Meer lockt. Die bekannteste und populärste dieser Volksballaden trägt den Titel Agnete og Havmanden. In dieser Ballade folgt Agnete dem Meermann ins Meer, kehrt jedoch nach acht Jahren und sieben gemeinsamen Kindern zurück an Land. Etwa zur gleichen Zeit wie das Ægir-Motiv, jedoch weit intensiver, wird auch das Agnete og Havmanden-Motiv in der Lyrik der dänischen Romantik rezipiert; beide Stränge werden jedoch nicht vermischt.
Virtuous democrats, liberal aristocrats : political discourse and the Pennsylvania Constitution
(2001)
Transformationen von Fankultur : organisatorische und ökonomische Konsequenzen globaler Vernetzung
(2014)
Aufgrund von § 44 Abs. 1 Nr. 1 des Hessischen Hochschulgesetzes vom 14. Dezember 2009 (GVBl. I S. 666), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. Mai 2013 (GVBl. S. 218), hat der Fachbereichsrat des Fachbereichs Neuere Philologien der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main am 16. Juli 2014 die nachstehenden Änderungen beschlossen:...
Aufgrund von § 44 Abs. 1 Nr. 1 des Hessischen Hochschulgesetzes vom 14. Dezember 2009 (GVBl. I S. 666), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. Mai 2013 (GVBl. S. 218), hat der Fachbereichsrat des Fachbereichs Neuere Philologien der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main am 23. April 2014 die nachstehenden Änderungen beschlossen:...
Philologe im "Kriegseinsatz" : der Frankfurter Germanist Julius Petersen und der Erste Weltkrieg
(2014)
Vorlesungen für Studenten und Bildungsangebote für Bürger – wie lässt sich dieser Anspruch der jungen Stiftungsuniversität auch in Zeiten des Krieges realisieren, wenn Professoren wie Studenten ins Feld ziehen müssen? Das Beispiel des Germanisten Julius Petersen zeigt, welche Anstrengungen zwischen 1914 und 1918 unternommen wurden, um "Volksbildung" und "Vaterländischen Unterricht" zu ermöglichen. Dazu gehörten Vorträge an der Front ebenso wie Bürgervorlesungen in der Heimat.
This dissertation provides an analysis of Finnish prosody, with a focus on the sentence or phrase level. The thesis analyses Finnish as a phrase language. Thus, it accounts for prosodic variation through prosodic phrasing and explains intonational differences in terms of phrase tones.
Finnish intonation has traditionally been described in terms of accents associated with stressed syllables, i.e. similarly as prototypical intonation languages like English or German. However, accents are usually described as uniform instead of forming an inventory of contrasting accent types. The present thesis confirms the uniformity of Finnish tonal contours and explains it as based on realisations of tones associated with prosodic phrases instead of accents. Two levels of phrasing are discussed: Prosodic phrases (p-phrases) and intonational phrases (i-phrases). Most prominently, the p-phrase is marked by a high tone associated with its beginning and a low tone associated with its end; realisations of these tones form the rise-fall contours traditionally analysed as accents. The i-phrase is associated with a final tone that is either low or high and additionally marked by voice quality and final lengthening. While the tonal specifications of these phrases are thus predominantly invariant, variation arises from different distributions of phrases.
This analysis is based on three studies, two production experiments and one perception study. The first production study investigated systematic variation in information structure, first syllable vowel quantity and the target word's position in the sentence, while the second production experiment induced variation in information structure, first and second syllable type and number of syllables. In addition to fundamental frequency, the materials were analysed regarding duration, the occurrence of pauses and voice quality. The perception study investigated the interpretation of compound/noun phrase minimal pairs with manipulated fundamental frequency contours using a two-alternative forced-choice picture selection task. Additionally, a pilot perception study on variation in peak height and timing supported the assumption of uniform tonal contours.
Die folgende wissenschaftliche Arbeit beschreibt die städtische Gewalt im Filmen, die in Mexiko Stadt gedreht wurden. Die Hauptstadt von Mexiko ist aufgrund seiner Gewalt auf der ganzen Welt sehr bekannt. Es handelt sich hierbei um unterschiedliche Typen von Gewalt, die in den Straßen dieser Stadt stattfindet. ...
Schulfrieden in Hessen?
(2014)
The micro–blogging service Twitter can be used to publicly share information about events that used to be limited to a defined number of participants only. How does this affect different types of formal or semi–formal events, from the university seminar to the council meeting? This paper uses Goffman’s notion of involvement and Lindroth and Bergquist’s notions of alignment and glancing to describe the potential for conflict that this use of Twitter causes, and suggests approaches that may help to avoid or to alleviate conflicts.
As language rhythm relies partly on general acoustic properties, such as intensity and duration, mastering two languages with distinct rhythmic properties (i.e., stress position) may enhance musical rhythm perception. We investigated whether second language (L2) competence affects musical rhythm aptitude in Turkish early (TELG) and late learners (TLLG) of German in comparison to German monolingual speakers (GMC). To account for inter-individual differences, we measured participants’ short-term and working memory capacity, melodic aptitude, and time they spent listening to music. Both L2 speaker groups perceived rhythmic variations significantly better than monolinguals. No differences were found between early and late learners’ performances. Our findings suggest that mastering two languages with different rhythmic properties enhances musical rhythm perception, providing further evidence of cognitive share between language and music.
Event-related potential (ERP) data in monolingual German speakers have shown that sentential metric expectancy violations elicit a biphasic ERP pattern consisting of an anterior negativity and a posterior positivity (P600). This pattern is comparable to that elicited by syntactic violations. However, proficient French late learners of German do not detect violations of metric expectancy in German. They also show qualitatively and quantitatively different ERP responses to metric and syntactic violations. We followed up the questions whether (1) latter evidence results from a potential pitch cue insensitivity in speech segmentation in French speakers, or (2) if the result is founded in rhythmic language differences. Therefore, we tested Spanish late learners of German, as Spanish, contrary to French, uses pitch as a segmentation cue even though the basic segmentation unit is the same in French and Spanish (i.e., the syllable). We report ERP responses showing that Spanish L2 learners are sensitive to syntactic as well as metric violations in German sentences independent of attention to task in a P600 response. Overall, the behavioral performance resembles that of German native speakers. The current data suggest that Spanish L2 learners are able to extract metric units (trochee) in their L2 (German) even though their basic segmentation unit in Spanish is the syllable. In addition Spanish in contrast to French L2 learners of German are sensitive to syntactic violations indicating a tight link between syntactic and metric competence. This finding emphasizes the relevant role of metric cues not only in L2 prosodic but also in syntactic processing.
Metrical patterning and rhyme are frequently employed in poetry but also in infant-directed speech, play, rites, and festive events. Drawing on four line-stanzas from nineteenth and twentieth German poetry that feature end rhyme and regular meter, the present study tested the hypothesis that meter and rhyme have an impact on aesthetic liking, emotional involvement, and affective valence attributions. Hypotheses that postulate such effects have been advocated ever since ancient rhetoric and poetics, yet they have barely been empirically tested. More recently, in the field of cognitive poetics, these traditional assumptions have been readopted into a general cognitive framework. In the present experiment, we tested the influence of meter and rhyme as well as their interaction with lexicality in the aesthetic and emotional perception of poetry. Participants listened to stanzas that were systematically modified with regard to meter and rhyme and rated them. Both rhyme and regular meter led to enhanced aesthetic appreciation, higher intensity in processing, and more positively perceived and felt emotions, with the latter finding being mediated by lexicality. Together these findings clearly show that both features significantly contribute to the aesthetic and emotional perception of poetry and thus confirm assumptions about their impact put forward by cognitive poetics. The present results are explained within the theoretical framework of cognitive fluency, which links structural features of poetry with aesthetic and emotional appraisal.
Das Anliegen dieser Arbeit ist es, die Filme THE WRESTLER (USA 2008) und BLACK SWAN (USA 2010) des amerikanischen Regisseurs Darren Aronofsky im Hinblick auf die Rolle zu untersuchen, die der Körper als ästhetisches Objekt in ihnen spielt. Dabei geht es vor allem um den jeweils malträtierten Körper des Wrestlers und der Ballerina, die als Protagonisten im Zentrum der Filme stehen. Anhand einer parallelen Untersuchung der Werke soll herausgearbeitet werden, auf welche Weise die offensichtlich so gegensätzlichen Sportarten Wrestling und Ballett bei Aronofsky in Selbstzerstörung und gar Suizid münden. Dabei stellt sich die Frage, welche Funktion der Selbstmord, der in beiden Filmen den Schlusspunkt bildet, für die Figuren und für die jeweilige Narration erfüllt: Handelt es sich um eine bloße Verzweiflungstat oder um einen entschiedenen Akt der Selbstauslöschung, um einen würdevollen Abgang von der Bühne bzw. aus dem Ring, um die konsequente Vollendung eines von „Love. Pain. Glory“ (so fasst es das Filmplakat zu THE WRESTLER zusammen; Abb. 1) geprägten Lebens? ...
Are books different? : Die Auswirkungen des Falls der Buchpreisbindung in Großbritannien 1995 - 2006
(2013)
Sicherlich gibt es im Buchhandel wie in jeder anderen Branche Zeiten der Krise und des Umsatzrückgangs, aber grundsätzlich legen die Zahlen nicht nah, dass das Ende bevorsteht. Es stellt sich also die Frage, ob zutrifft, was Richter Buckley in seinem zum geflügelten Wort gewordenen Urteil feststellte: Sind Bücher wirklich anders, oder anders gefragt, braucht der Buchhandel den Schutz des Staates, um seine Funktion erfüllen zu können?
Um eine Antwort auf diese Fragen zu finden, soll in dieser Arbeit das Hauptaugenmerk auf die Entwicklung des britischen Buchhandels im Zeitraum von 1995 (dem Jahr der faktischen Abschaffung des Net Book Agreement bis 2006 gelegt werden. Nach dem beinahe hundertjährigen Bestehen der Buchpreisbindung waren diese Jahre richtungweisend für die Neuorientierung des britischen Buchhandels auf die Bedingungen eines freien Marktes, und es soll untersucht werden, welche Umwälzungen sich daraus für die Branche ergeben haben.
In dieser Dissertation wird die diskursive Konstruktion der Übersetzer bzw. der Übersetzung in ausgewählten Chroniken der Eroberung Lateinamerikas untersucht, welche von Autoren unterschiedlicher Herkunft im ungefähren Zeitraum zwischen 1515 bis 1615 verfasst wurden. Im Rahmen einer historisch-deskriptiven Analyse wird erforscht, welchem Zweck die vorgefundenen sprachlichen Aussagen zur Übersetzungsthematik in den verschiedenen Chroniken dienen. Die Analyse zeigt deutlich, dass nicht nur die Erwähnung, sondern auch die Omission der Aussagen zu den Übersetzern bzw. den Übersetzungsprozessen eine wichtige Rolle einnimmt und Brüche und Widersprüche in den einzelnen Darstellungen hervortreten lässt. Es wird deutlich, dass Übersetzer und Übersetzung, aber auch deren Omission, nicht nur der Legitimierung bzw. Humanisierung der Eroberungen dienen, sondern dass vor allem auch die Figur des Übersetzers zum Zweck der Identitätskonstruktion (sowohl der eigenen als auch der des anderen), der Herstellung sowie Aufrechterhaltung asymmetrischer Dominanzverhältnisse und der Konstruktion bzw. Bestätigung bereits bestehender Geschlechterrollen funktionalisiert wird. Es wird gezeigt, dass „Übersetzung“, welche oftmals als völkerverbindendes Mittel der Kommunikation dargestellt wird, vor allem im Kontext der Eroberung nicht unbedingt ein friedliches Instrument darstellt, sondern enormes Macht- und Gewaltpotential in sich birgt. Außerdem gehen aus den Analysen die Konturen einer Forschungslücke hervor, die noch weitere Untersuchen ermöglicht, nicht nur in Bezug auf den Bereich des oralen Übersetzungsprozesses, sondern vor allem auch, was den Bereich der kulturellen Übersetzung betrifft.
George Orwells Roman 1984 aus dem Jahre 1949 gilt gemeinhin als einer der Klassiker dystopischer Literatur. Auch wenn das tatsächliche Jahr 1984 inzwischen Vergangenheit ist, hat Orwell’s Entwurf einer repressiven, totalitären Gesellschaft bis heute nichts an Aktualität eingebüßt. Konzepte wie „Big Brother“ oder „doublethink“ sind in unseren alltäglichen Wortschatz übergegangen, und Orwells Roman bildet auch weiterhin das Vorbild für viele aktuelle Dystopien. Doch nicht nur Orwells Darstellung eines düsteren, futuristischen Überwachungsstaates, in dem eine Gruppe von Machtinhabern versucht, sowohl die Vergangenheit als auch die Gedanken der Bevölkerung zu steuern, verkörpert wichtige Leitmotive dystopischer Literatur. Auch die Rolle und Anwendung von Sprache in dieser Zukunftsvision hat nachhaltig seine Spuren in dystopischer Literatur hinterlassen, auch wenn diese Rolle in der Forschungsliteratur häufig übersehen wird. Zwar befassen sich regelmäßig Kritiker mit dem Aspekt von Sprache in Romanen wie 1984 oder Aldous Huxleys Brave New World, allerdings gibt es kaum komparative Studien, die Sprache als ein eigenes, zentrales dystopisches Motiv sehen, sondern Sprache in der Regel in andere Aspekte subsumieren.
George Orwells Roman 1984 aus dem Jahre 1949 gilt gemeinhin als einer der Klassiker dystopischer Literatur. Auch wenn das tatsächliche Jahr 1984 inzwischen Vergangenheit ist, hat Orwell’s Entwurf einer repressiven, totalitären Gesellschaft bis heute nichts an Aktualität eingebüßt. Konzepte wie „Big Brother“ oder „doublethink“ sind in unseren alltäglichen Wortschatz übergegangen, und Orwells Roman bildet auch weiterhin das Vorbild für viele aktuelle Dystopien. Doch nicht nur Orwells Darstellung eines düsteren, futuristischen Überwachungsstaates, in dem eine Gruppe von Machtinhabern versucht, sowohl die Vergangenheit als auch die Gedanken der Bevölkerung zu steuern, verkörpert wichtige Leitmotive dystopischer Literatur. Auch die Rolle und Anwendung von Sprache in dieser Zukunftsvision hat nachhaltig seine Spuren in dystopischer Literatur hinterlassen, auch wenn diese Rolle in der Forschungsliteratur häufig übersehen wird. Zwar befassen sich regelmäßig Kritiker mit dem Aspekt von Sprache in Romanen wie 1984 oder Aldous Huxleys Brave New World, allerdings gibt es kaum komparative Studien, die Sprache als ein eigenes, zentrales dystopisches Motiv sehen, sondern Sprache in der Regel in andere Aspekte subsumieren.
Die vorliegende Arbeit, befasst sich mit genau dieser Unzulänglichkeit. Anhand von acht dystopischen Romanen in Englischer Sprache, die allesamt in den letzten 80 Jahren erschienen sind, wird die Rolle von Sprache herausgearbeitet, und ihre Relevanz für das Genre der Dystopie deutlich gemacht. Die verwendeten Werke sind, in chronologischer Reihenfolge: Aldous Huxleys Brave New World (1932), George Orwells 1984 (1949), Anthony Burgess‘ Clockwork Orange (1960), Russell Hobans Riddley Walker (1980), Suzette Haden Elgins Native Tongue (1984) und The Judas Rose (1987), Margaret Atwoods The Handmaid’s Tale (1985), sowie Will Selfs The Book of Dave (2006). Die Romane sind bewusst gewählt, um einen größtmöglichen Rahmen und Zeitraum abzudecken, der zudem unterschiedliche Strömungen und Traditionen innerhalb des Genres der dystopischen Literatur aufgreift.
Bevor die eigentliche Textanalyse beginnt, werden zunächst Entstehung und Charakteristika des dystopischen Konzeptes erläutert. Die Studie blickt kurz auf die Entwicklung der Utopie, dem Gegenkonzept von Dystopie, von der Klassik zur Moderne und verfolgt anschließend die Entstehung anti-utopischer Tendenzen bis hin zum Auftreten der Dystopie, einer speziellen Unterkategorie anti-utopischer Literatur, im späten 19. Jahrhundert. Darauf basierend werden einige der wichtigsten Leitmotive vorgestellt, die im weiteren Verlauf auch in Verbindung mit Sprache eine maßgebliche Rolle spielen. Zu guter Letzt wird auch auf die Problematik der Organisation und Klassifikation von Sprache in der folgenden Analyse eingegangen. Nicht nur ist Sprache an sich ein weitreichender Begriff; auch die Verwendung von Sprache in den einzelnen Romanen ist sehr unterschiedlich geprägt. So sind beispielsweise Romane wie Riddley Walker, Clockwork Orange und Book of Dave komplett oder zu weiten Teilen in einer eigenen, fiktiven Sprache verfasst, die verfügt, dass der Leser seinen Interpretationsrahmen anpassen muss. In anderen Romane dagegen, wie in Brave New World, The Handmaid’s Tale oder 1984, spielt Sprache dagegen fast ausschließlich auf der Handlungsebene eine Rolle. Eine umfangreiche Analyse erfordert es, alle Aspekte des Sprachgebrauchs abzudecken, auch wenn der begrenzte Rahmen dieser Arbeit es nur zulässt, die wichtigsten Aspekte in dieser Hinsicht abzudecken.
Aus den unterschiedlichen Formen des Sprachgebrauch, in dem sich auf Sprache sowohl als Schrift- wie Sprechmedium bezogen wird, geht auch der Aufbau der Hauptanalyse hervor: Im ersten Teil wird auf die Rolle von Sprache auf der Handlungsebene eingegangen. Es wird, unter Zuhilfenahme von Michel Foucaults Diskurstheorie, gezeigt, wie Sprache auf der einen Seite von einer autoritären Macht oder Institution verwendet wird, um bestimmte Diskurse durchzusetzen, die Stabilität der dystopischen Gesellschaft zu garantieren und das Äußern von kritischen Gedanken abzuwenden. Auf der anderen Seite, analog zu Foucaults Diskurs-Begriff, wonach ein Diskurs immer auch seinen Widerstand produziert, wird Sprache in einigen Romanen jedoch als gegenteiliges Medium eingesetzt; als ein Medium zur Befreiung und Wahrung der Individualität. Die wechselseitige Beziehung wird ausgiebig analysiert. Im dritten Analysepunkt wird die Beziehung zwischen sozialer Klasse und Status aufgedeckt.
Die zweite Hälfte der Studie wendet sich von der Handlungsebene ab und konzentriert sich auf stilistische und strukturelle Aspekte. Es wird gezeigt, wie Sprache von den Autoren benutzt wird, um die dystopische Erfahrung zu verstärken, wie die Einbindung von fiktiven Sprachen, Para- und Intertextualität sowie Namensgebung als stilistisches Mittel verwendet wird, das im Gegenzug zwei der wichtigsten Charakteristika dystopischer Literatur hervorhebt: Zum einen die didaktische Absicht, mit der Dystopien vor einer möglichen (und unweigerlich schlechteren) Zukunft warnen, falls keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden, und zum anderen, wie Dystopien gezielt Aspekte aus der Zeit der Autoren aufgreifen, und diese in den Rahmen der Handlungsstruktur extrapolieren. Basierend auf dieser Annahme werden zum Abschluss einige Sprach- und kulturtheoretische Ideen aufgegriffen, die ihren Weg in die einzelnen Werke gefunden haben, und somit einen eigenen Diskurs von Sprache im dystopischen Roman ermöglichen.
Zum Abschluss der Arbeit werden die Ergebnisse aufgegriffen und im Hinblick auf eine mögliche Repositionierung von Sprache in der Forschung des dystopischen Romanes evaluiert. Es werden drei bestimmte Funktionen von Sprachgebrauch anhand der Analyse erschlossen und abschließend vorgeschlagen, Sprache zukünftig als eigenes Motiv innerhalb dystopischer Literatur zu sehen, da der Aspekt von Sprache in den hier diskutierten Texten unweigerlich mit der Absicht und Form der Dystopie in Einklang steht.
Aufgrund des Beschlusses des Fachbereichsrates des Fachbereichs Neuere Philologien vom 02.05.2007 wird die Ordnung für den Studiengang Kognitive Linguistik mit den Abschlüssen "Bachelor of Arts" und "Master of Arts" an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main vom 02.02.2005 wie folgt neu gefasst: ...
[...] de repente pasa aunque yo no hablo así alemán todo el rato pero de repente hay palabras que se vienen auf deutsch und nicht auf spanisch und das kann ich nicht auf spanisch sagen und wie heißt das wie heißt das cómo se dice cómo se dice das auf spanisch? (Interviewnummer P 2, S. 238, Z. 263-267, siehe Transkriptionen) Hybridität ist nicht nur in aktuellen Migrationsbewegungen zu beobachten, auch Gesellschaften, in denen Migrationsströme wie im Falle Chiles, vor zum Teil sieben Generationen stattgefunden haben, verzeichnen noch heute hybride Verbalinteraktionen.
Die Leitfragen sind in diesem Zusammenhang folgende:
- Gibt es eine Gruppenidentität unter Chilenen deutscher Abstammung? Aus welchen Identifikationsmerkmalen setzt sie sich zusammen?
- Welche Gründe bewegen deutschstämmige Eltern, ihre Kinder in Deutsche Schulen zu schicken?
- Zu wem, in welcher Situation und in welcher Sprache sprechen Chilenen deutscher Abstammung, bei denen sich die deutsche Sprache erhalten hat? Wie drückt sich dies auf sprachstruktureller Ebene aus? In welcher Form wird die deutsche Sprache intergenerativ weitergegeben?
- Welche Faktoren kommen heute bei deutscher Sprachbewahrung und deutschem Sprachverlust zum Tragen?
Rezension zu: Wolfgang Bunzel (Hrsg.) unter Mitarbeit von Anke Harms und Anja Leinweber : Hänsel und Gretel im Bilderwald. Illustrationen romantischer Märchen aus 200 Jahren Frankfurt am Main 2012, Frankfurter Goethe-Haus/Freies Deutsches Hochstift 2012, ISBN 978-3-9814599-1-3, 165 Seiten, 19,90 Euro.
Auch in Film und Fernsehen erleben Märchen eine Renaissance. Filme knüpfen an das an, was Kindern und Erwachsenen aus mündlicher Überlieferung und Lektüre vertraut ist, und beleben den Stoff auf ihre Art neu. Häufig entsteht daraus ein Genre-Mix aus klassischen Märchen, Mythen und Populärkultur verknüpft mit Fantasy-Elementen.
"Es war 1mal 1 finsterer Wald ..." : Grimms Märchen in der aktuellen Kinder- und Jugendliteratur
(2012)
Was alles unter der literarischen Marke "Märchen" auf dem Kinder- und Jugendbuch-Markt firmiert, ist äußerst variantenreich – vom Wimmelbuch im Großformat bis zum SMS-Märchen in 160 Zeichen. Neben dem üblichen Dauersortiment tun sich auch immer mehr Parallelwelten zu den Grimm'schen Märchen auf: Dazu gehören beispielsweise die Märchen-Lovestories für Mädchen, in denen Märchen-Figuren als Strippenzieherinnen in der realen Welt auftreten, ebenso wie die Einbindung der Brüder Grimm in Jugendthriller. Die Verlage suchen Kontakt zum jungen Publikum. Vielfältige crossmediale Angebote, Apps und Fanclubs im Netz bedienen den modernen Märchen-User.
Der Froschkönig, der eigentlich eine Prinzessin ist, das Schneewittchen, das sich beinahe in einen niedlichen Feenzwerg verliebt, der narzisstische Hänsel, der Klein-Gretel wegen der betörenden Hexe Hildegard im Wald stehen lässt, der Bishônen-Jüngling Rapunzel, der die sportliche Jungfer Eva schwängert – diese Geschichten und einige andere mehr entstammen dem Universum der japanischen Comics des 21. Jahrhunderts. Die Manga haben mittlerweile begeisterte Leser und Nachahmer selbst im Heimatland der Märchenbrüder gefunden.
Im Dezember des Jahres 1812 erschien der erste Band der "Kinder- und Hausmärchen. Gesammelt durch die Brüder Grimm", so der Wortlaut des Titels. Doch was Jacob und Wilhelm Grimm als reine "Volkspoesie" darboten, war ihr literarisches Kunstwerk. Warum entfalteten diese Märchen in der Epoche des Biedermeier so eine enorme Anziehungskraft für Erwachsene? Warum lagen die reich illustrierten Bücher bald unter jedem Weihnachtsbaum?
Edda – diesen Namen tragen zwei isländische Werke aus dem 13. Jahrhundert. Gemeinsam überliefern sie, das eine in Liedern, das andere in Prosa, den größten erhaltenen Schatz an nordischer Mythologie und Heldensage. Gern für »germanisch« gehalten sind diese Stoffe seit dem 18. Jahrhundert weit über Island hinaus bekannt. Das spiegelt sich auch in den mehr als 1200 Objekten der Frankfurter Edda-Sammlung, die zeigen, wie die Mythen buchstäblich in jeden Winkel der Kultur vordringen können.
Concepts of "Female Inversion" and the "New Woman" in Rhoda Broughton’s "Dear Faustina" (1897)
(2012)
Published in 1897, Rhoda Broughton’s fin de siècle novel "Dear Faustina" took an active part in the discursive production of two cultural figures: the New Woman and the Female Invert. Employing those identity constructs to negotiate conservative anxieties about social change, while at the same time commenting on a range of alternatives to Victorian middle-class lifestyle, the novel is clearly rooted in the discourses of transition that characterised the fin de siècle....
This dissertation is concerned with the role of prosody and, specifically, linguistic rhythm for the syntactic processing of written text. My aim is to put forward, provide evidence for, and defend the following claims:
1. While processing written sentences, readers make use of their phonological knowledge and generate a mental prosodic-phonological representation of the printed text.
2. The mental prosodic representation is constructed in accordance with a syntactic description of the written string. Constraints at the interface of syntax and phonology provide for the compatibility of the syntactic analysis and the (mental) prosodic rendition of the sentence.
3. The implicit prosodic structure readers impose on the written string entails phonological phrasing and accentuation, but also lower level prosodic features such as linguistic rhythm which emerges from the pattern of stressed and unstressed syllables.
4. Phonological well-formedness conditions accompany and influence the process of syntactic parsing in reading from the very beginning, i.e. already at the level of recognizing lexical categories. At points of underspecified syntactic structure, syntactic parsing decisions may be made on the basis of phonological constraints alone.
5. In reading, the implicit local lexical-prosodic information may be more readily available to the processing mechanism than higher-level discourse structural representations and consequently may have more immediate influence on sentence processing.
6. The process of sentence comprehension in reading is conditioned by factors that are geared towards sentence production.
7. The interplay of syntactic and phonological processes in reading can be explained with recourse to a performance-compatible competence grammar.
The evidence from three reading experiments supports these points and suggests a model of grammatical competence in which constraints from various domains (syntax, semantics, pragmatics, discourse structure, and phonology) interact in providing the possible structural, i.e. grammatical descriptions.
Sucht man nach einer populären Ikone, die Generationen übergreifend und in internationalem Maßstab Besitzstreben, Reichtum und die Macht der Finanzwelt verkörpert, so muss man sich nicht lange umsehen, um fündig zu werden. Nicht nur in der Welt der Comics und in der Disney’schen Entensippe
der Ducks spielt Onkel Dagobert eine markante Rolle.
Richard Wagner hatte ein gebrochenes Verhältnis zum Geld: Er benötigte viel, hatte aber meist so wenig, dass er auf Pump leben musste. Nicht selten war er auf der Flucht vor seinen Gläubigern. Die Erfindung des Geldes hielt er für einen Sündenfall, das Eigentum für die Wurzel allen Übels. Im »Ring des Nibelungen « spiegelt er im Mythos vom Fluch des Goldes die moderne Erfahrung der Macht des Geldes.
Grenzenloser Reichtum und schier unerschöpfliche Geldquellen – diese Träume sind der Stoff, aus dem unzählige Geschichten narratives Kapital schlagen. Der Mythos von König Midas oder die Comics mit Dagobert Duck gehören zu den prominentesten Vertretern solcher Erzählungen. Der Fortunatus hingegen, in dem ein Geld produzierender Zauberbeutel die Geschicke bestimmt, ist weitgehend in Vergessenheit geraten. Dabei kann gerade dieser Roman, der 1509 in Augsburg anonym veröffentlicht wurde, in doppelter Hinsicht als ein Pionier der Literaturgeschichte gelten.
Aus wertlosen Zetteln wird kaufkräftiges Geld, die öffentliche Finanzkrise scheint abgewendet, das Volk nimmt die Papierscheine mit Freude auf – nicht ohne Verluste! Die Papiergeldszene in Goethes »Faust« gehört zu den Schlüsselszenen jeder ökonomischen Deutung des Dramas, das an Aktualität bis heute nichts eingebüßt hat. Hellsichtig beschreibt Goethe die anbrechende Moderne, in der alle Lebensbereiche immer stärker von Abstraktion und Virtualisierung durchdrungen werden.
Während der nationalsozialistischen Zeit und beginnend schon die Jahrzehnte davor, beobachtet man eine auffallende Zunahme von Jugendschriften aller Art, die auf altnordischer Literatur basierten. Es waren Adaptionen von Isländer- und Königssagas sowie der Snorra- und Lieder-Edda. Die Arbeit versucht Ursachen dafür zu finden und beschreibt dazu auch das Umfeld der Jugendlichen und die Strategien und Ziele, die man in der Erziehung im völkischen und nationalsozialistischen Sinn anhand der behandelten Literatur verfolgte.
Zur einzigen für 2012 terminierten Landtagswahl in Schleswig-Hostein, die auch schon wegen eines Gerichtsentscheid vorgezogen werden musste, sind überraschend zwei weitere gekommen. Im Saarland hat die CDU die erste Jamaika-Koalition auf Landesebene aufgekündigt, weil sie die FDP nicht mehr für regierungsfähig hielt und in Nordrhein-Westfalen endete das rot-grüne Experiment einer Minderheitsregierung vorzeitig, weil die Opposition geschlossen den Haushalt ablehnte.
Gemeinsam war den drei Bundesländern vor der Wahl, dass ihre Reform der Schulstruktur auf der Basis eines lagerübergreifenden Kompromisses zustande kam. Hielten diese Kompromisse im Wahlkampf? Und welche Modifikationen erfuhren sie jeweils in einer neuen Regierung?
Hinsichtlich der Politischen Romane erscheint das allgemein schwer zu bestimmende Verhältnis von Gattungstheorie und Gattungsgeschichte als geradezu widersprüchlich: In unmittelbarer zeitlicher Nähe zu einer Anweisungspoetik entsteht eine ganze Reihe von Texten, die sich ostentativ auf diese Poetik beziehen, aber nur selten deren Anweisungen folgen. Die vorliegende gattungsgeschichtliche Untersuchung „Die Politischen Romane, eine populäre Gattung des 17. Jahrhunderts“ von Andrea Wicke legt deshalb eine rekursive Bestimmung der Gattung zugrunde: Erstmals werden grundsätzlich alle Texte herangezogen, die durch ihre paratextuelle Präsentation einen Gattungszusammenhang evozieren. Ebenfalls zum ersten Mal werden die Paratexte in umfassender Weise für eine dichte Beschreibung des historischen Gattungsdiskurses ausgewertet. Folgende Forschungsergebnisse lassen sich resümieren:
Das Phänomen der Politischen Romane ist besser zu verstehen, wenn man den literarischen Gattungsbegriff konsequent historisiert und die Politischen Romane wie Moden und Bewegungen als Ausdruck eines kulturellen Wandels begreift. Der wie eine epidemische Kurve zunächst langsam, nach 1680 stark ansteigende, nach 1684 wieder abfallende Publikationsverlauf der Politischen Romane indiziert eine besonders geartete Kommunikationssituation, als deren Produkt die populäre literarische Gattung erscheint.
Die allgemeine Frage, wie unbekannte Bücher zu Bestsellern werden, lässt sich hinsichtlich der Politischen Romane wie folgt beantworten: Mit der Adaption der satirischen Romane Christian Weises durch Johannes Riemer erreicht dessen satirische Erzählung "Der Politische Maul-Affe" Anfang des Jahres 1680 eine außergewöhnlich große Öffentlichkeit. Dafür sind außerliterarische Umstände maßgeblich, insofern die im Schüler- und Studentenmilieu angesiedelte Erzählung einen Skandal verursacht. Riemer referiert als Erster im Rahmen gattungsgenerierender imitatio auf zwei Romane Weises. Sein Verfahren, Weises Werke gegen dessen Intentionen als legitimierte Praetexte für eine satirische Schlüsselerzählung mit politischen Implikationen zu nutzen, etabliert sich und Weises Versuch, mit dem "Bericht" das Schreiben lustiger Bücher unter rhetorischen Prämissen als propädeutische Gattung für zukünftige Politici zu normieren, befördert gegen dessen Intentionen die spezifische Dynamik der Politischen Romane: Von 1680 bis 1684 erlangen die Politischen Romane durch ihr dauerndes Changieren zwischen anspielungsreicher, angriffiger Satire, kurzweiligem Schwank und prudentistischem Ratgeber eine große Wirkung. Die erstmalige Synopse aller Politischen Romane lässt erkennen, wie extensiv populäres wie elitäres Material in die Erzählungen integriert wird: Viele Episoden und Geschichten der Politischen Romane leben vom Kontrast zwischen der Vermittlung politischen Wissens mit gesellschaftsethischem Anspruch und grobianischen Sequenzen, anstößigen Motiven und vulgärem Sprachgebrauch. Die satirische Perspektive gilt meist dem traditionalen Verhalten bildungsferner Schichten; die Erzählungen thematisieren insbesondere die spezifische Zukunftserwartung junger Akademiker. Mit größerer zeitlicher Distanz zum Weißenfelser Skandal werden die Texte tendenziell stärker folklorisiert. Es scheint eine Öffentlichkeit für milieuspezifische Unterhaltungsliteratur zu entstehen, in der Autoren und Leser zur gleichen –studentischen – Ingroup gehören. Die außerliterarischen Bezüge der Texte bilden indes auch einen destabilisierenden Faktor des Gattungszusammenhangs: Skandale sind kurzlebig und 1684 hat die Popularität der Gattung ihren Scheitelpunkt erreicht. Christian Weises Stellungnahme in der Vorrede zum "Neu=erleuterten Politischen Redner" wider die Politischen Romane verstärkt den Niedergang der Gattung maßgeblich und Johannes Riemer sieht sich gezwungen, Weise in seiner abweisenden Haltung zu folgen. Mit diesen beiden Widerrufen verlieren das schillernde Epitheton politisch, der satirische Impetus und die versteckten Anspielungen auf eine gelehrte Autorschaft quasi ihren Resonanzboden. Zwar entsteht nun auch der nötige Spielraum, um den gattungsspezifischen Rahmen der Politischen Romane zu verändern und – wie Kuhnau und Ettner es tun – positiv an Weises Vorgaben anzuknüpfen. Doch bleibt es bei einzelnen Versuchen, Alternativen zu der provozierenden Performanz zu entwickeln, die den Erfolg der Gattung zu Beginn der 80er Jahre des 17. Jahrhunderts geprägt hat.