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Im plurikulturellen Verständnis ist Differenz oder Andersheit ein Konstituens der Kultur und nicht ein Systemwiderspruch. Im adversialen Verständnis von Kultur stört die Differenz, oder sie wird in den Bereich des "Interessanten" gerückt. Deshalb werden Abgrenzungen vorgenommen, kulturelle Monaden werden konstruiert und zivilisatorische Hierarchien werden behauptet. Im günstigsten Falle kann es zu einer macht- und majoritätsgeschützten protektionistischen Toleranz kommen, die vom 'Wohlwollen' der Majorität abhängig ist. Sonst ist die Marginalisierung oder gar Ausmerzung der Differenz im politischen Prozess eher üblich.
Goethe wie Hugo machten gelegentlich Gebrauch von Bruchstücken der Alchemie, die bei den Adepten früherer Zeiten zur Rezeptur des Okkulten zählten. Das Interesse der beiden Schriftsteller an der Ars Magna galt weniger den Ritualen magischer Operationen, als der in alten Bildern und Schriften enthaltenen häretischen Symbolik. Verankert war diese im geozentrischen Weltbild und in einem kosmosophischen Ideenhimmel, dessen Grund eine geheimnisvolle, zu allerlei Deutungen herausfordernde Verschmelzung der Erkenntnis mit der Imagination bildete. Der wahre Alchemist sah sich daher selber gern in der Rolle des Demiurgen, der mehr als nur eine Kunst zu beherrschen wusste, um mit ihrer Hilfe eigenwillige Werke hervorzubringen, in denen – wie flüchtig auch immer – Unsichtbares sichtbar und das Trübe ins Lichte verwandelt werden sollte. Rege Geister vom Schlage Goethes und Hugos konnten sich in diesem Selbstverständnis durchaus wiedererkennen und frei nach eigenem Gutdünken Figuren wie Faust und Claude Frollo schaffen, die – auch wenn sie von einem anderen Zeitgeist beseelt waren – ihre Verwandtschaft mit den antiquarischen Masken nicht verbergen.
Der Sonderstatus der Literatur im engeren Sinne oder eben der Texte des traditionellen Kanons ist gewissermaßen das Mitbringsel, mit dem die Mediävistik sich an der kulturwissenschaftlichen Love-Parade beteiligen kann. Sie hat in dieser Veranstaltung mit anderen Disziplinen nicht in erster Linie darüber zu berichten, wie es im 13. Jahrhundert tatsächlich war (also die von ihr verwaltete Sachliteratur einzubringen), sondern darüber, wie literarische Bilder des Hoch- und Spätmittelalters organisiert sind, welche Handlungs- und Empfindungsmöglichkeiten den literarischen Figuren dieser Epoche zukommen können, welche diskursiven Redeordnungen sie erproben, welche Formen der Memoria entwickelt werden. Die möglichen Antworten dürften allenfalls (...) in vermittelter Form zu kulturwissenschaftlichen Fragen passen. Es wäre niemandem damit gedient, wenn die Literaturwissenschaft diese Vermittlungsleistung von sich wiese, jede fachliche Ausdifferenzierung ausblendete und ihr Wissen vom Sonderstatus des Subsystems ‚Literatur’ und ihre an diesem Wissen ausgerichteten Methoden aufgäbe.
Um die Wende zum 14. Jahrhundert verfasste der Genueser Dominikaner Jacobus de Cessolis mit dem ›Liber de moribus hominum et officiis nobilium sive de ludo scaccorum‹ einen moraldidaktischen Traktat, der als Schachbuch bezeichnet wird, da er nach der Anordnung der Spielfiguren auf einem Schachbrett gegliedert ist. Bereits auf 1337 datiert die mittelhochdeutsche Versfassung von Konrad von Ammenhausen, deren Verse 19233–19336 das Akrostichon 'Dis bůch tiht ich Cůnrat von Ammenhusen, in der stat ze Stein, da ich münich unde lütpriester wuas. ich kunde es niht getihten bas' bilden. Ferdinand Vetter, der Herausgeber beider Texte, merkt dazu an: „Der Verfasser schliesst, wie er begonnen, mit dem Bekenntnis seiner Schwäche, mit der Bitte um Entschuldigung. Sie sei ihm gewährt!“ Ästhetisch konnte Konrad seine Kritiker nicht befriedigen; neben den „ganz besonders holperig“ gebildeten Versen, der „Kunstlosigkeit“ und der „hausbacken[en]“ Sprache ist es vor allem „notorische Weitschweifigkeit“ , die ihm zum Vorwurf gemacht wird. Im Folgenden möchte ich zeigen, dass sich wesentliche Charakteristika der sprachlichen und strukturellen Gestaltung der mittelhochdeutschen Versfassung besser beschreiben und erklären lassen, wenn man die mediale Situation, in der die in der Dichtung enthaltene Lehre vermittelt wird, und das Publikum, für das sie gedacht ist, berücksichtigt. Dazu greife ich auf Überlegungen zurück, die von den romanistischen Linguisten Peter Koch, Wulf Oesterreicher und Brigitte Schlieben-Lange angestellt worden sind.
In den letzten Jahrzehnten ist die Lyrik Hartmanns von Aue zunehmend in den Blickpunkt des Forschungsinteresses gerückt. Gelegentlich hat dies überraschende Kommentierungen bis hin zu gänzlich neuen Deutungen gezeitigt, deren Anliegen es ist, das konventionelle Hartmannbild um die in den bekannten Minneabsagen, dem dritten Kreuzlied (MF 218,5) und dem sog. ‘Unmutslied’ (MF 216,29), bereits vorbereitete Komponente einer Kritik an der höfischen Minne zu erweitern oder entsprechend schärfer zu profilieren. Eines der Lieder, die unter das Vorzeichen einer Kritik Hartmanns an Grundwerten der Hohen Minne geraten sind, ist das dreistrophige stæte- Lied, MF 211,27. Man hat sich angewöhnt, seine Aussagen als ‘ironisch’ zu verstehen, und beruft sich damit zunächst auf den unüberhörbar originellen Tenor des ersten Stollens seiner Eingangsstrophe. Dabei gründet sich der ‘Ironieverdacht’ auf die geläufig gewordene Voraussetzung einer schon mit der originären Konzeption gegebenen Einheit des dreistrophigen Liedes. Diese Voraussetzung gilt es im folgenden kritisch zu überprüfen.
The article addresses the growing importance of corpus-based research in the field of German foreign language acquisition. German corpora in general and learner corpora in particular are briefly introduced. A short overview of existing German learner corpora is followed by a detailed description of the error-annotated learner corpus Falko, a learner corpus of advanced learner German, which is accessible via internet (without any prior registration) and free of charge. Finally, a short example analysis demonstrates some of the functionalities of Falko. The aim of the article is to encourage researchers to employ corpora as helpful tools in their own work.
[Ulrich von Liechtensteins] Methode der Einbettung der Lieder in eine 'Autobiografie' zielt auf die Memoria seiner Person und isoliert sein Werk damit zwar nicht völlig vom Strom der Überlieferung, gibt ihm aber eine eigene Existenzform abseits der großen Liedersammlungen. [Johannes] Hadloub will im Rahmen der Züricher Konservierungsbestrebungen Lieder schaffen, die sich einerseits der Tradition höfischen Sanges vom Beginn an einfügen, andererseits aber der neuen Mediensituation gerecht werden. Bei Ulrich hat diese grundsätzlich noch keinen Einfluß auf die Lieder selbst, sondern nur auf die Art ihrer 'Bewahrung'. Bei Hadloub aber verändern sich die Lieder am deutlichsten in der Entwicklung zum neuen Genre der 'Romanzen' (...) bis hin zu Gottfried Keller und uns Wissenschaftlern eines Zeitalters, in dem ein neuer Medienwechsel erfolgt, der die Sinnlichkeit, die die gesungene Liebesdichtung auch als zu lesende Dichterliebe durch die individuelle Handschrift auf dem Pergament, und selbst in der Typografie des gedruckten Buches noch hatte, endgültig in die Imagination verlagern wird.
Die Liebeslyrik hatte ihre Authentizität in der Performanz, der Sänger, der von Liebe sang, lieber im Augenblick seines Vortrags und faszinierte, überzeugte damit. Einer biographischen Kontinuität bedarf es erst dann, wenn kein Sänger-Ich, kein Körper, keine Stimme, die Liebe mehr beglaubigt. So scheint mir Ulrich [von Liechtensteins] Werk der Übergang von der primär aufführungsbezogenen Existenzform der Lyrik zum schriftkonservierten Lied zu markieren. (…) [E]ntweder wurde der öffentliche Vortrag schon zu dieser Zeit obsolet oder Ulrich konnte dies deutlich voraussehen und wollte seinen Nachkommen (…) den 'Frauendienst' als Memoria [hinterlassen]. Für den Nichtadligen [Johannes] Hadloub gab es eine solche Motivation (…) anscheinend nicht. Er reagierte (…) durch das Verschwinden des Sängers, indem er seine Dichterliebe episch in seine Liebesdichtung integrierte. (…) Dazu erfand Hadloub das neue Genre der 'Romanzen' (…).
Die Fachsprachen existieren nicht als "selbständiges Sprachsystem" mit eigener grammatischer, Struktur und eigenem Wortschatz. Sie stellen nur Teile des Gesamtsystems der jeweiligen Nationalsprache dar, die häufig als Gemeinsprache bezeichnet wird. Die Fachsprachen sind vielmehr "durch Differenzierung und Erweiterung aus der Gemeinsprache" hervorgegangen, wobei die Gemeinsprache "die lexikalische Basis und das grammatische Gerüst für die Fachsprachen liefert". In diesem Sinne sind sie in erster Linie durch einen spezifischen Fachwortschatz und spezifische Verwendung gemeinsprachlicher grammatischer, morphologischer sowie lexikalischer Mittel oder die Häufigkeit bestimmter syntaktischer Strukturen und bestimmter Wortbildungstypen gekennzeichnet. […] Eine Fachsprache läßt sich sowohl von anderen Fachsprachen abgrenzen, als auch in sich differenzieren, weil sie auf verschiedenen kommunikativ-funktionellen Ebenen völlig unterschiedliche Besonderheiten und Funktionsstile besitzt. Bei der Fachabgrenzung zeigen sich große Schwierigkeiten, weil durch die Fortentwicklung der Wissenschaft ständig neue Fachgebiete entstehen, die verschiedene Disziplinen übergreifen und die gleichzeitig weiter untergliedert werden müssen. Trotz alledem könnten die Unterschiede zwischen den einzelnen Fachsprachen darin bestehen, daß jede Fachsprache ihre eigenen Merkmale besitzt und die allgemeinen fachsprachlichen Eigenschaften nicht in gleichem Maße darstellt. […] Die Fachsprachen können unter verschiedenen bzw. kommunikativen, funktionellen, pragmatischen, stilistischen, fach- oder textbezogenen Gesichtspunkten betrachtet werden. Und daher werden sie unterschiedlich beschrieben. In diesem Sinne gibt es keine einheitliche Fachsprache. Jeder Fachbereich verfügt über seine eigene Fachsprache und damit über seine eigene Fachterminologie.
Man könnte etwas überspitzend (...) formulieren: Zur Literatur der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, insofern sie auf den Prozeß der Konfessionalisierung bezogen ist, an ihm gestaltend teil hat, gibt es fast keine germanistische Forschung. Selbstverständlich wird, wenn sich dies aus der Sache ergibt, in der Forschungsliteratur zum Späthumanismus, zum geistlichen Spiel, zur Lyrik (Meisterlied, Psalmendichtung), also zu der in herkömmlichen Gattungen verfaßten Literatur, auf die theologische Diskussion der nachreformatorischen Zeit verwiesen; aber Literatur im engeren Sinne ist hier nicht gemeint; deren Erforschung läßt sich ohnehin nur mühsam und allenfalls gelegentlich an die Konfessionalisierungsdebatte anschließen. (...) [Die Jens Haustein] interessierende Frage ist (...), ob das kontroverstheologische Schrifttum, polemische Schriften in deutscher Prosa, Schriften geringen Umfangs, also Flugschriften, und solche von vielen hundert Seiten, ob diese theologischen Schriften eigentlich ein germanistischer Aufmerksamkeit würdiger Gegenstand sind; ob es also (...) eine „germanistische Problemlage“ im Kontext der Konfessionalisierung gibt oder nicht, und wie diese gegebenenfalls aussieht.
Die folgende Untersuchung zielt auf die Poetologie, wie und mit welcher Wirkung die verschiedenen Männerrollen entworfen sind, ohne daß (…) [Volker Mertens berücksichtigt], welche soziologischen oder psychohistorischen Aufschlüsse man aus der Analyse der Rollenfiguration gewinnen kann. Das schließt andere Dimensionen natürlich nicht aus, die sich eher aus der Juxtaposition von Männer- und Frauenrollen im Hinblick auf die Affirmation und Didaktisierung von Genderrollen ergeben können. Ergebnis der Untersuchung soll ein differenziertes Verständnis dieses narrativen Mittels in beiden Texten und der Konsequenzen dieses Verständnisses vor allem in Bezug auf die kommunikativen Intentionen des Autors sein (…). Der Beitrag soll darüber hinaus die grundsätzliche Validität des Ansatzes erweisen und damit die Möglichkeit der Übertragung auf andere Texte eröffnen.
Wie Enzensberger […] verdeutlicht, eröffnen literarische Texte […] einen Raum, in dem unterschiedliche und kontroverse wissenschaftliche Theorien […] miteinander kollidieren, wodurch ihre Bedingtheit und Relativität erkennbar wird. Die modernistische […] Vorstellung, Literatur sei subversiv, stelle in Frage, was immer sich als absolute Wahrheit ausgebe, relativiere die Ordnungen des Wissens und insbesondere alle sich verbindlich gebenden Theorien über den Menschen und die natürliche Welt, hat an Aktualität nicht verloren. […] Philosophen und Literaturtheoretiker verschiedenster Denkrichtungen kommen […] darin überein, daß Literatur subversiv ist: Gegen falsche Sicherheiten und gegen die Illusion absoluter Wahrheit gerichtet, deutet sie auf die Vieldeutigkeit aller Dinge und die Vielzahl inkompatibler Betrachtungsperspektiven hin, indem sie selbst vieldeutige und multiple Welten erzeugt. In dieser Eigenschaft ist das literarische Schreiben durch keinen anderen Diskurs ersetzbar. Die ihr hier zugeschriebene subversive Rolle als Instanz kritischer Reflexion über Begriffe, Theoriebildungen und Wissenschaft kann die Literatur allerdings nur dann spielen, wenn sie in engem und dauerhaften Kontakt zu den Wissenschaften bleibt. Die Kritik an Wissensdiskursen setzt einen ständig zu aktualisierenden .Informationsstand voraus: über die jeweils dominanten wissenschaftlichen Paradigmen, Kernbegriffe und Moden, die Strategien wissenschaftlicher Konstruktion und Darstellung dessen, was ist.
Literaturberichte
(1987)
In den „Literaturberichten“ werden Veröffentlichungen vorgestellt, die einen direkten oder indirekten Bezug zur hessischen Pflanzenwelt haben. Dabei sollen in erster Linie jene Arbeiten besprochen werden, in denen neue Forschungsergebnisse zur Taxonomie, Nomenklatur und Floristik enthalten sind. Daneben sollen andere Disziplinen wie etwa Pflanzengeographie und Pflanzensoziologie ebenfalls berücksichtigt werden.
Die Geschichte der mediävistischen Literaturgeschichtsschreibung im 20. Jahrhundert ist die Geschichte einer zunehmenden Verunsicherung. Diese Verunsicherung ergibt sich weniger aus dem Problem, daß das Zusammentragen und Darstellen der beständig gewachsenen Menge an Fakten und Daten dem einzelnen kaum mehr möglich ist. [...] In dieser Situation scheint es [...] [Jans Haustein] vernünftig zu sein, wenn man das einer Literaturgeschichte zugrunde gelegte Material zunächst radikal begrenzt. [...] [Er möchte] für eine - erneute - Hinwendung der Literaturgeschichtsschreibung zur Region plädieren. Nur so, auf begrenztem Terrain und an einem überschaubarem Material, lassen sich Interpretationen und Überlieferungen sachgerecht aufeinander beziehen [...]. Für die thüringische Literaturgeschichte wären etwa die 'Losse-Sammlung' [...] mit Blick auf spätmittelalterliche Sammlungen von Minnereden oder die Pommersfeldener Handschrift im Kontext der Märenhandschriften einschlägig.
"Nur die oberflächlichen Eigenschaften dauern", so Oskar Wilde in seinen 'Sätzen und Lehren zum Gebrauch der Jugend': "Des Menschen tieferes Wesen ist bald entlarvt". Ausgehend von der These, dass der Poetik Jelineks ein "Lob der Oberfläche" eingeschrieben ist, möchte ich im folgenden die Rolle der Mode beleuchten, und zwar nicht nur als Oberflächenphänomen, sondern auch als Übergangsphänomen, das an der Schwelle zwischen Oberfläche und Tiefe in Erscheinung tritt.
Erfahrungswissen, das ins Logbuch eingeht, einerseits, das 'Wissenorganisationswissen' der auch heiligen Schriften andererseits treten, gleichsam hinter dem Rücken ihrer prätendierten Identität, auseinander. Dies wäre das Neue, das sich in Colóns Entdeckung des Bekannten abzeichnet.
Daß aber dieses Neue gewissermaßen schon ein Altes ist, daß es – kategoriale Veränderungen des Schrift-, des Wissens- und des Erfahrungsbegriffs nur mitbedacht – weit zurückreichende Traditionen hat, dies (…) [soll aufgezeigt werden]. Mein Beispiel nehme ich aus der mittelalterlichen Erzähltradition vom heiligen irischen Abt Brandan aus dem 6. Jahrhundert. Er ist auf seiner Fahrt durch die westlichen Meere bis zum irdischen Paradies selbst vorgestoßen und wie Colón, der von ihm aller Wahrscheinlichkeit nach wußte, hat Brandan, so steht es in der mich hier interessierenden Legendenversion, dabei ein Bordbuch geführt.
Aby War burg hat seine kulturwissenschaftliche Herangehensweise einmal als »historische Detektivarbeit« umschrieben, die dem Prozess der »Einverseelung vorgeprägter Ausdruckswerte bei der Darstellung bewegten Lebens« auf die Spur zu kommen versucht. Folgt man dieser Auffassung, dann könnte man daraus den Schluss ziehen, dass sich die Logiken und Praktiken der Kulturforschung zum großen Teil an detektivischen Denk- und Arbeitsformen orientieren. Nun ist die detektivische Spurensuche aber auch das Modell semiotischer Verfahren: ein Modell, das man im Anschluss an Carlo Ginzburgs Essay zur Spurensicherung gerne auch als »Indizien-Paradigma« bezeichnet, wobei zwei Begriffe im Zentrum stehen: der Begriff des Symptoms und der Begriff der Konjektur. […] Angesichts einer kulturwissenschaftlichen Methodenreflexion, die sich sowohl gegen die Geltungsansprüche eines auf allgemeine Gesetzmäßigkeiten zielenden Wissenschaftsverständnisses als auch gegen eine Semiotik wendet, die lange Zeit als „master-theory“ auftrat, stellt sich nicht nur die Frage, wie sich die kulturwissenschaftliche Detektivarbeit von der semiotischen Spurensicherung unterscheidet, sondern auch, wie sich die semiotischen Einsichten über verschiedene Formen von symptomatischer Bedeutsamkeit für die kulturwissenschaftliche Detektivarbeit respektive eine ‚Logik der Kulturforschung‘ nutzbar machen lassen. Der Ausgangspunkt meiner Überlegungen ist eine Merkwürdigkeit, nämlich dass sich – so hat es zumindest den Anschein – die Kulturwissenschaft gerade da programmatisch vom semiotischen Indizien-Paradigma abzugrenzen sucht, wo die größte Übereinstimmung herrscht, nämlich da, wo es um Zeichen und um die Deutung dieser Zeichen im Rahmen eines kulturellen Systems »auslegbarer Zeichen « geht.
Wenn ich mir meine Erfahrungen mit aktuellen deutschen Filmproduktionen […] vergegenwärtige, so sehe ich drei unterschiedliche Ansätze. Erstens die Filme von Thomas Arslan (Der schöne Tag, D 2001) und Angela Schanelec (Mein langsames Leben, D 2001). Beide erzählen von Personen und Orten unserer Gegenwart. […] Das Geworden-sein von Personen und Konstellationen läßt sich anhand dieser Zeitschnitte begreifen, während andere Zeitschichten im Film ausgeblendet bleiben.
Zweitens denke ich an die Filme von Andres Veiel (Black Box BRD, D 2001) und Christian Petzold (Die Innere Sicherheit, D 2000). In diesen Filmen wird auf unterschiedliche Weise die Gegenwart mit der Vergangenheit konfrontiert. Diese Zeitbilder beschreiben gleichsam innere Räume, deren Konstellationen für den Zuschauer weniger sichtbar und erklärbar werden, als dass man sie erfühlen und ertasten kann. Schließlich nenne ich die Filme von Tom Tykwer mit der Hauptdarstellerin Franka Potente (Lola rennt, D 1998 und Der Krieger und die Kaiserin, D 2000). Diese Filme haben auf den ersten Blick gar nichts mit der Erfahrung von Geschichte oder Zeitgeschehen zu tun. Um mit Kracauer zu sprechen, könnte man sie als »ausgezeichnet gemachte Sachen« bezeichnen, die gleichzeitig nichts als »Staffage« und »leeres Schaugepränge« sind. Es handelt sich im Vergleich zu den obengenannten Zeitschnitten und Zeitbildern um leere Bilder, um reine Oberflächen, in denen die Projektionen zweier deutscher (Film-) Mythen auf spezifische Weise gebrochen werden. Tykwers (und Potentes) Arbeit am Mythos funktioniert anders als jene, die Kracauer bei Josef von Sternberg (Der Blaue Engel, D 1930) kritisierte. Der Romanvorlage Heinrich Manns wurde in „Der Blaue Engel“ die Kritik der bürgerlichen Gesellschaft entzogen und damit ihr historischer Bezug, was ihn in eine mythische Filmerzählung verwandelte. Tykwers Filme erscheinen dagegen als synthetische Produkte, die sich punktuell auf Mythen deutscher Filmgeschichte konzentrieren. Nur in diesem Sinne ist in ihnen historische Erfahrung enthalten, die als Spur über die Namen der weiblichen Hauptfiguren – Lola und Sissi – in die Filme eingeschrieben ist. Man kann sich also fragen, ob Tykwer mit seinen künstlichen Mythen nicht gerade deutsche Geschichte sichtbar macht – und damit eine Strategie verfolgt, die auch Roland Barthes vorschlägt, um einen Mythos zu dekonstruieren, – oder ob zumindest eine solche Lektüre für die Zuschauer seiner Filme offen steht.
Bereits in Jena wurde [Ludwig] Ettmüller publizistisch auf dem Gebiet der älteren deutschen Sprache und Literatur (...) tätig. (...) 1831 erfolgten dann Promotion und Habilitation sowie vier Semester Lehrtätigkeit als Privatdozent bis zum Sommersemester 1833. In diesem Jahr wurde Ettmüller, nachdem Wilhelm Wackernagel dasselbe Angebot zugunsten einer Ausstellung in Basel abgelehnt hatte, zum Professor für Deutsch am Züricher Gymnasium ernannt (...) Ettmüller gehört, trotz unbestreitbarer Verdienste, nicht zu den Großen des Faches, und das Folgende soll alles weniger sein als der Versuch einer Ehrenrettung.
[...] Kaum ein anderer zeitgenössischer Künstler verkörpert die Leidenschaftskomponente des französischen Wagnerismus mit ihrer Verquickung von Ablehnung und Bewunderung, von partieller Unwissenheit und tiefer geistiger Verbundenheit besser als Stéphane Mallarmé. […] [S]ein Wagner-Tableau scheint symptomatisch einerseits für die Übertragungsmechanismen jener elektrisierenden künstlerischen Substanz aus Deutschland und andererseits für die Modalitäten ihrer Integration in eine ihr fremde intellektuelle Landschaft. Aus diesem Grunde ist es auch nur schwer nachvollziehbar, dass bis heute die Beziehung des französischen Dichters zum Parsifal-Komponisten den weniger bekannten Seiten der Geschichte des Wagnerismus in Frankreich zuzurechnen ist. Die „Rêverie d’un poète français“ und die „Hommage à Wagner“ haben sich in der Wagner-Forschung nie jener Beliebtheit erfreut, die ein Thomas Mann oder […] Baudelaire, in den letzten Jahrzehnten genossen haben. Die hermetische Dignität der Texte Mallarmés mag hierfür sicherlich eine Erklärung sein. Dennoch wäre es bedauerlich, Mallarmé nur einigen wenigen Lyrik-Spezialisten zu überlassen, die sich oft damit begnügen müssen, die Missverständnisse des Dichters zu perpetuieren, ohne dabei nach tieferen Zusammenhängen suchen zu können, deren Bedeutung jedoch, gerade im Hinblick auf die unterschiedlich gearteten intellektuellen und kulturellen Kontexte beider Künstler, besonders aufschlussreich sein könnten. Dementsprechend soll im weiteren Verlauf versucht werden, den »gravierenden Konflikt« (Philippe Lacoue-Labarthe) zwischen Wagner und Mallarmé neu zu deuten und besonders den ästhetischen Standpunkt des Komponisten zur Geltung kommen zu lassen. Hierdurch kann schließlich vermieden werden, dass, wie so oft, die Auseinandersetzung des französischen Dichters mit der Kunst Richard Wagners zur Philippika gegen die Anmaßungen des deutschen Gesamtkünstlers umfunktioniert wird.
Mediengestützter Deutschunterricht im türkischen universitären Bereich : eine Bestandsaufnahme
(2010)
A trend in nature of a permanent increase towards multimedia lifestyle has arisen in all stratas of the society. Thus, rather than using written course-books, publishing houses prefer to encourage use of multimedia which are dependent to course-book or which are independent of course-book and language learners prefer to learn with multimedia. Thus it is encouraged that courses are supported in that manner. This study aims to examine scope and limits of computer aided German teaching which is flourishing as a foreign language within Turkey university education recently. This study has been applied in preparatory classes of departments which provide four-year education. Results of a survey on use of multimedia dependent on course-book or independent of course-book within courses within Turkey university education has been given within scope of this study. Evidences on competence of German teachers and learners in use of multimedia has been given and have been visualized through use of graphics. Problems of multimedia aided German courses and solutions offers will be submitted.
Eine 4jährige (1986, 1989, 1990, 1991) Erhebung der Brutvogelfauna im Osnabrücker Bürgerpark (13 ha) wird beschrieben unter Zuhilfenahme einiger avifaunistischer Kenngrößen wie Abundanz, Dominanz, Diversität, Evenness, Arten-Areal-Kurve und Biomasse. Von den in diesem Zeitraum erlaBten 51 Vogelarten brüteten 37 Arten in dem Park. Im Mittel betrug die Abundanz 156 Rev./10 ha, die Diversität 2,78, die Evenness 0,81 und die Gesamtbiomasse . der Brutpaare 48,4 kg (37,2 kg/10 ha). Die Brutvögel wurden in ökologische Nest- und Nahrungsgilden (Art der Nahrung und des Nahrungserwerbes) gruppiert und mit dem Brutvogelbestand Anfang der 1960er Jahre verglichen. In der Artengesellschaft dominierten Baum- und Buschvögel, somit ähnelte sie jener der Laubwälder. Bodenbrüter waren nur gering vertreten.
Meistergesang und Predigt : Formen der Performanz als Legitimationsstrategien im späten Mittelalter
(2004)
(…) [Volker Mertens] Fragestellung ist es, durch den Vergleich der mündlich geprägten Literaturgattungen Predigt und Meisterlied die Spezifika meistersängerischer Performanz zu erschließen, darüber hinaus durch die Heranziehung des volkstümlichen geistlichen Liedes zu einer differenzierten Kategorisierung von Performanz schlechthin beizutragen und schließlich zu Einsichten in das Verhältnis von überliefertem Text und Performanz zu gelangen.
Schon Ingeborg Bachmanns eigene Konzeption rechtfertigt die Assoziationen mit Lulu nicht, viel weniger noch die literarische Entfaltung des Themas von der Meerfrau, der Mahrte, und ihrer Verbindung mit einem Sterblichen vom 12. bis zum 20. Jahrhundert. Nur die ‚Unkenntnis der Werke’ erlaubt beispielsweise die Projektion der Geschlechterproblematik unserer Zeit auf die Melusinen und Undinen, zu der wir so schnell bereit sind, weil ‚das Leuchten’ ihrer Namen und dazu verführt. (...) [Volker Mertens betrachtet] die Erzählungen von der Mahrtenehe strukturell als Thematisierung einer Differenz zweier Welten und als Integration- und Harmonisierungsversuch, der scheitern oder auch gelingen kann. Die beiden Welten sind durch komplementäre Defizite und Überschüsse gekennzeichnet, die einander kompensieren können.
Migration ist in den letzten Jahren ein aktuelles Thema der Forschung geworden, das auch von der lyrischen Gattung bzw. in Liedern behandelt wird und viele populäre Sänger auf der Welt beschäftigt. Die vorliegende Studie untersucht Lieder, die die Migration thematisieren. Migration wird hier als globales Phänomen aufgefasst. Zwar wird der Begriff oft hauptsächlich auf afrikanische Migranten bezogen, aber in der Tat betrifft die Migration viele andere Nationen: Überall auf der Welt, wo Armut oder Krieg herrscht, erlebt man dieses Phänomen. Natürlich ist es in Afrika stärker ausgeprägt: Der Traum vieler junger Afrikaner ist es, ihr Land zu verlassen, um ihre Träume in Europa oder in Amerika zu verwirklichen. Dafür sind sie bereit, ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Je strenger die Grenzen Europas bewacht werden, desto mutiger werden die „Migrationskandidaten“: Sie suchen alle Umwege, um das „Eldorado“ zu erreichen. Untersucht werden entsprechende Erfahrungen, die in zwei Liedern nacherzählt werden. Es handelt sich um die Lieder "Ouvrez les frontières" und "Un Africain à Paris" des aus der Côte d’Ivoire stammenden populären Sängers Tiken Jah Fakoli, den man als "Botschafter" der afrikanischen Jugend betrachtet. Dabei wird den Fragen der stilistischen Darstellungen und Komponenten dieser Lieder nachgegangen, wobei sowohl die Texte der Lieder als auch deren Videoclips in Betracht gezogen werden.
“Et cur, ô mea mater Germania, hunc Genium tuae Musae non etiam porrò continuâsti?“ Diese Klage über die fehlende Kontinuität hochrangiger deutscher Dichtung des Mittelalters stammt aus der Feder des Altphilologen Friedrich Taubmann, und sie steht im Kommentar seiner Ausgabe von Vergils ›Culex‹ aus dem Jahre 1618. Es waren nicht Hartmann, Wolfram oder Gottfried, die dem Wittenberger Professor für Poesie und Altphilologie die Möglichkeiten deutscher Sprache und Dichtung so schmerzlich bewusst werden ließen, nein, es waren die ›Winsbeckischen Gedichte‹, die der befreundete Rechtshistoriker und Diplomat Melchior Goldast 1604 in seine Ausgabe paränetischer Texte des deutschen Mittelalters aufgenommen hatte, strophische Lehrgespräche zwischen Vater und Sohn resp. Mutter und Tochter. Goldasts Vorliebe für die Paraeneses ad Filios und Taubmanns „superlativisches Lob auf den Rang der Winsbeckischen Gedichte“ leiteten eine Hochschätzung dieser Texte ein, die bis ins spätere 18. Jahrhundert ungebrochen blieb und selbst bei Anhängern unterschiedlicher, sich ansonsten befehdender ‘Schulen’ zu finden war. Für Johann Jakob Bodmer etwa repräsentierten die ›Winsbeckischen Gedichte‹ „das ächteste, das wir aus dem Schwäbischen Weltalter haben“. Er begeisterte sich insbesondere für „Weinsbecks Frau“ – sie avancierte in seiner Literaturgeschichte von 1743 zur zentralen Lichtgestalt staufischer Literatur. Seine Bewunderung galt der Minneethik des Gedichts und auch der Darbietungsweise, „[m]it zärtlichem Affect, worinn der Geist noch glimmet“. Bis um 1800 hielt die Hochschätzung der ›Winsbeckischen Gedichte‹ an, von da an ist eine nachlassende Begeisterung und endlich auch ein nachlassendes Interesse für diese Texte zu verzeichnen, das schließlich in Verständnislosigkeit und Geringschätzung mündete.
Die Vorgeschichte von "Des Minnesangs Frühling" als einem Gemeinschaftswerk von Karl Lachmann und Moritz Haupt reicht in den Herbst 1934 zurück. Im Oktober dieses Jahres trafen Haupt und Lachmann das erste Mal im Hause von Karl Hartwig Gregor von Meusebach [...] zusammen. [...] Ein Ergebnis der überlieferungshistorisch orientierten Debatte der letzten Jahre liegt, wenn ich richtig sehe, in der Einsicht, daß eine so gut wie ausschließlich auf formale und ästhetische Urteile gegründete Philologie zu sehr diachrone, entwicklungsgeschichtliche Gesichtspunkte favorisiert. [...]) Eine Ausgabe von "Des Minnesangs Frühling", die sich [...] stärker von der Tradition verabschieden, als dies schon durch die Neubearbeitung geschehen ist, müßte [...] wohl ohne die namenlosen Lieder auskommen.
Johann Jakob Bodmer verdanken wir die Wiederbelebung der mittelhochdeutschen Literatur. (...) [Volker Mertens] interessiert die Erweckung des Minnesangs aus etwa dreihundertjährigem Schlaf. (...) Die Rezeption geht im 19. Jahrhundert in zwei Formen auseinander: in die maßvoll der zeitgenössischen Sprache angepaßte Übersetzung wie bei San Marte und Simrock oder in die der tatsächlichen oder erschlossenen Sprachgestalt des 12./13. Jahrhunderts verpflichteten Ausgaben etwa Karl Lachmanns oder Moritz Haupts. (...) Tiecks Minnelieder-Ausgabe stellte seinerzeit einen Befreiungsschlag dar, der die Hermetik des Handschriftendrucks einerseits und die Neutralisierung des eigentümlichen poetischen Potentials durch die galante Vereinnahmung andererseits durchbrach. Sie war ein buchhändlerischer und dichterischer Erfolg und läutete Mennesangs zweiten Frühling ein.
[In seiner Studie will Volker Mertens] vor allem die konnotativen Bedeutungen darstellen, die für die ‚Jagd’ zu erschließen sind: es sollen als solche die gesellschaftlichen Traditionen der realen und der allegorischen Jagd in der Literatur gelten, die anthropologischen Deutungspotentiale der dargestellten Vorgänge und die mythische Dimension des literarischen Jagdmotivs.
Neben Biologie, Verbreitungsarealund Arealgrenzen der Mistel werden ihre aktuellen Vorkommen in Nordwestdeutschland vorgestellt. Da diese außerhalb des Hauptverbreitungsgebietes liegen, werden Beispiele natürlicher und künstlicher Ansiedlungen und deren Herkunft beschrieben, sowie mögliche Ursachen der Arealausweitung diskutiert.
The present essay outlines a project, which aims to catalogue and tap the potential of medieval German manuscripts in the collections of both church and secular libraries and archives in Romania. The project complements current efforts to catalogue and explore medieval German manuscripts in Eastern European countries. At the same time, the project prepares the ground for a regionally oriented literary history of Transylvania. Here, too, the aim is to build on current trends in medieval German studies in particular. Instead of a concept of literary history based almost exclusively on individual authors and their work, these trends advocate a literary historiography that turns to regional factors and manuscript transmission in describing literary activity in a particular area.
Unter 9 Exoskelett-Merkmalen zeigen das Ende des Aedeagus und die Skulptur der Elytren eine starke Differenzierung zwischen Populationen beider Formen, die aus weit von einer Kontaktzone entfernten Regionen stammen (untersuchte Populationen: purpuraseens aus den Pyrenäen und der Normandie, violaceus aus Nord- und Nordost-Deutschland, Polen und Rumänien). In Südwest-Niedersaehsen wurden Populationen beider Formen als auch Populationen festgestellt, die sich durch intermediäre Werte des Aedeagus und der Elytrenskulptur auszeichnen. Das Auftreten solcher Populationen zeigt eine Hybridzone in dem Untersuchungsgebiet an. Für eine weitergehende Beschreibung der Hybridzone (z. B. ihre geographische Ausdehnung) in Südwest-Niedersachsen und anderer Kontaktzonen müssen die beiden trennenden Merkmale in weiteren Populationen analysiert werden. Nichtsdestoweniger zeigen die isolierten und teilweise von purpuraseens umgebenen vio/aceus-Populationen (Eifel, Schwarzwald), daß beide Taxa eine Mosaik-Hybridzone in Mitteleuropa ausbilden. Die postglaziale Populationsgeschichte beider Formen und ihrer Hybridzone wird diskutiert.
„In Blumenbergs ‚Arbeibt am Mythos’ zeigt sich der Philosoph als vergleichender Literaturwissenschaftler. (...) Blumensbergs philosophische Erklärung des Mythos handelt nicht begrifflich abstrakt von ihrem Gegenstand, sie folgt vielmehr ganz den konkreten literarischen Überlieferungen und deren Darstellungsvielfalt. Begriffliche Orientierungen – grundsätzlich die, dass der Mythos menschliche Selbstbehauptung gegen den Absolutismus der Wirklichkeit sei – werden gegeben, doch treten sie gegenüber dem Interesse am Stoffgeschichtlichen, an den literarischen Variationen etwa der Prometheus-, der Odysseus- oder der Faust-Figur zurück. Damit vertritt und vollzieht Blumenberg den Primat der erzählenden Imaginationen vor jeder thematisch lehrhaften Zuordnung, den Primat der Geschichten vor dem, was religiöse, kosmologische, physikalische, moralische, historische, psychologische und andere Deutung aus ihnen abstrahiert.“
Die postmoderne Auflösung der Grenze zwischen Kunst und Leben und die daraus resultierende Frage, wieviel Wirklichkeit ein Roman verträgt, wird verstärkt von den Gerichten beurteilt und nicht von Literaturwissenschaftlern und Kritikern. Das in der Praxis schon übliche Gegenlesen von Manuskripten durch die Verlagsjustitiare auf die potentielle Verletzung Rechte Dritter birgt in sich die Gefahr einer ›Vorzensur‹. Die zunehmende Verrechtlichung und die damit einhergehende Regulierung ist eine bedenkliche Entwicklung, die schleichend zu einer Unterwanderung der Kunstfreiheit führen könnte. Besonders dringlich erscheint eine zunehmende Beteiligung von Literaturwissenschaftlern an dem Diskurs. Ein Ringen im Einzelfall scheint aus Mangel an generellen Lösungen und Definitionen, in literaturwissenschaftlicher sowie juristischer Hinsicht, auch in Zukunft unumgänglich zu sein.
Nazım Hikmet’s fairy tale “Cloud in Love” (Sevdalı Bulut) enjoys a world-wide popularity: It has been already translated into many languages, has been filmed and staged several times. This even confirms the thesis of the poet that the fairy tale would appeal to every nation, every age and every cultural level. This article aims to examine Hikmet’s fairy tales under the aspect of the interculturality in his intersemiotic and interlingual translations. First, Hikmet’s perception of fairy tales will be studied, from which some clues are to be gained about the translations of his work. Afterwards, examples from intersemiotic translations of this fairy tale will be indicated. Finally, the German translation of this work will be analyzed, taking into account the transmission of cultural and stylistic elements.
Als Nachtrag zu "Neophytischs Kultur- und Anbaupflanzen als Kulturflüchtlinge des Rheinlandes" (Adolphi 1995) werden Neufunde und andere neue Beobachtungen mitgeteilt. Zu den bemerkenswerten Erstfunden gehören Malus toringo, Mirabilis jalapa, Morus nigra, Pistia stratiotes, Solidaga x erskinii, Spartium junceum und der Gattungsbastard x Mahoberberis.
Es werden 8 neue Federmilben, die die Federspule und den Federschaft besiedeln, aus der Familie Ascouracaridae GAUD & Atyeo, 1976 beschrieben und dargestellt. Die Gattung Petersonascus GAUD & ATYEO wird als Synonym von Orphanacarus GAUD & ATYEO, 1976 eingezogen. Für die Gattung Orphanacarus wird erstmalig ein Männchen beschrieben. Ein Bestimmungsschlüssel für die Gattungen und Arten der Familie Asouracaridae wird aufgestellt. Anhand von Freßspuren in Federn von Pionites melanocephalus wird der Lebenszyklus von Cystoidosoma psittacivora rekonstruiert.
Neue Insekten-Funde (Palaeodictyoptera: Breyeriidae) aus dem Ober-Karbon von Osnabrück (Deutschland)
(1995)
Zwei neue, zu den Palaeodictyoptera: Breyeriidae gehörende Insekten-Flügel aus Schichten des Westfalium 0 (Ober-Karbon) vom Piesberg nördlich Osnabrück werden beschrieben. Breyeria bistrata n.sp. ähnelt den beiden Arten B. rappi Carpenter, 1967 und B. barborae Kukalova, 1959, unterscheidet sich aber von diesen vor allem durch den fast geraden Flügel-Vorderrand und die größere Anzahl von Zweigen. Hasa/a inferiorsaxonica n.g. n.sp. ist gekennzeichnet durch die sehr lange, in den Vorderrand mündende ScP-, die Anwesenheit einer Stützader rp-ma und die deutlich ausgebildete sekundäre Korrugation.
After giving an overview of the implementation of Business German in the curricula of German Departments outside of Germany and showing which place Business German has taken within these departments today, this article focuses on the teaching goals and contents as well as on the competences that ought to be achieved by the students in the German Department at Istanbul University in order to explain which chances and opportunities this study field opens up to students of German language and literature.
Konzentrationen anorganischer Stickstoffverbindungen in der Hase von 1990 bis 1995 im Raum Osnabrück werden verglichen. 1994 ging die neue Stickstoffeliminierungsanlage der kommunalen Kläranlage Osnabrücks in Betrieb. Dadurch haben sich die Frachten anorganischer Stickstoffverbindungen erheblich verringert.
Als Nachtrag zur "Flora von Südwest-Niedersachsen und dem benachbarten Westfalen" (Weber 1995) werden neuere Fundorte bemerkenswerter Farn- und Blütenpflanzen mitgeteilt. Dipsacus pilosus (L.) Swartz, Filago arvensis L., Leersia oryzoides L. und Schoenoplectus pungens (Vahl)Palla, die im Gebiet längere Zeit verschollen waren, wurden an vorher meist unbekannten Wuchsorten entdeckt. Erstmals nachgewiesen wurden Hieracium flagel/are Willd. und Senecio sarracenicus.
Neugriechische Wortbildung
(1988)
Ziel dieser Arbeit ist es, einen Überblick über das ngr. Wortbildungssystem zu geben. und zugleich die wichtigsten Probleme, die mit der Abgrenzung der ,verschiedenen Wortbildungsverfahren voneinander im NGR. zusammenhängen, so weit wie möglich zu behandeln. Die Arbeit ist in drei Hauptteile gegliedert: der erste Teil (Kap. 2 und 3) ist allgemeinen Problemen gewidmet; die sich auf die Abgrenzung des Bereichs der Wortbildung von der Flexion sowie auf die wichtigsten Aspekte der Wortstruktur im NGR. beziehen. In den beiden .anderen Teilen (Kap. 4 und 5) werden die Wortbildungsverfahren der Ableitung und der Komposition im Bereich des Nomens und im Bereich des Verbs diskutiert. Eine ausführliche Darstellung der Präfixbildung im NGR. ist im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich; jedoch werden die Probleme, die mit der Abgrenzung von Präfixbildungen und Komposita zusammenhängen, in Kap. 5.1 kurz besprochen. Besondere Arten der Wortbildung wie z.B. Akronymie, (Wort)Kürzung, "blending" werden nicht behandelt.
Das Phänomen der Inkorporation, spezieller Nominalinkorporation (NI), wurde ursprünglich in der Forschung vor allem in nordamerikanischen Indianersprachen untersucht und zu ihrer typologischen Beschreibung herangezogen. Daraus ergab sich eine Definition von NI als einem morphologischen Verfahren, bei dem ein prädikativer Ausdruck (V) einen referenzfähigen Ausdruck (N) inkorporiert, um einen komplexen prädikativen Ausdruck (V) abzuleiten. Nach heutigen Erkenntnissen jedoch gilt NI als relativ universell vertretenes Verfahren, das in den Sprachen der Welt mehr oder weniger prominent zu finden ist. Strittig ist dabei, ob das Inkorporat nur seinen syntaktischen Status – dies wäre als weit gefaßte Definition zu bezeichnen – oder auch seinen Wortstatus – dagegen eng gefaßte Definition (=Komposition) – verliert. Mit dieser Frage verbunden scheint die Diskussion um den Status von NI innerhalb eines Sprachmodells: Handelt es sich um ein syntaktisches Verfahren und ist als solches produktiv mit einer relativen Eigenständigkeit der Elemente (Sadock 1986/Baker 1988) oder um Lexikalisierung (Mithun 1984), also um einen Wortbildungsmechanismus mit einer zumindest tendenziellen Verfestigung der beteiligten Elemente? Allen diesen Modellen gemeinsam bleibt jedoch die Tatsache, daß sie im Bereich der Morphologie ansetzen. Wir wollen in dieser Arbeit den umgekehrten Weg beschreiten und anhand des von Mithun (1984) aufgestellten Katalogs von Charakteristika nach Phänomenen "nicht-morphologischer" NI suchen und sie am Material der jeweiligen Sprache erörtern.
This article adresses one function of dialects showing their importance of controlling everyday language. On the example of Low German, a vernacular spoken in Northern Germany, the function of identity is shown and explained. Firstly the understanding of biography is given, followed by an overview about the research undertaking about biographical studies in linguistics, especially in dialectology and Low German philology. The main part concerns the exemplary analysis of an interview of a dialect speaker. The aim of the article is to show in detail the identity function of dialects and the chances qualitive methods can contribute to linguistic researches.
Vergänglichkeitsmetapher oder Bild für den Aussatz – um diese Interpretationen der Stelle E 73 (bzw. B 143) "ze hewe wart sîn grüenez gras" im neuaufgefundenen Benediktbeurer Fragment des "Armen Heinrich" ist ein Streit zwischen L. Wolff und Gesa Bonath einerseits und H. Rosenfeld andererseits entbrannt (....). Die strittigen Verse im "Armen Heinrich" aber sind in ihrer, das "ûzen" (Vergehen der Schönheit) ebenso wie das innen (Krankheit als Prüfung) erfassen Mehrschichtigkeit doch eher das Werk eines theologische Anregungen verwertenden Dichter, und damit (...) [nimmt Volker Mertens an], Hartmann selbst.
Ein einer Äußerung können Nullpronomina aus mehreren [...] Gruppen vorkommen. Die [...] Gruppen können auf die Ebenen eines Schicht-Dialogmodells bezogen werden; andererseits können sie Hinweise geben, welche Informationen in einem Dialogmodell verfügbar sein sollten. Dies wird in der Folgezeit genauer zu untersuchen sein. Im folgenden werden die genannten Typen von Nullpronomina genauer dargestellt und Lösungsverfahren zum Auffinden der Referenten genannt.