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Oberfläche. Projektvorstellung: AES [Lev Evzoviè, Evgenij Svjackij] – Körperoberfläche; Dimitrij Gutov – Tabula Rasa; Die Textur der Hautoberfläche – Der Abstand zum Sichtbaren; Die Oberfläche als weiße Leinwand. – Die Lüge des Künstlers; Valerij Podoroga: Kommentar ( Januar–Februar 1996); Oberfläche. Abschließende Diskussion – Vorbei reden.
In der Definition einer spezifisch Islamischen Kunst wird das Ornament als wesentliches Charakteristikum dieser Kunst hervorgehoben. […] Es wird behauptet, die Ornamentierung in der Islamischen Kunst geschehe ohne Sinn für eine hierarchische Gliederung der Oberfläche eines Gegenstandes. Immer wieder erklingt der Vorwurf, auf diese Weise verschleiere das islamische Ornament den dreidimensionalen Körper […]. Seit dem 15. Jahrhundert gilt das Ornament in der westlichen Kunstphilosophie als akzidentelle Verschönerung der substantiellen Schönheit, gewissermaßen als verführerische Verschleierung des wahren Guten. […] Man ging (geht) von der Annahme aus, das Ornament könne nicht Träger einer tieferen Bedeutungsebene sein. […] Eine solche Interpretation führt dazu, dass man die Islamische Ornamentkunst als bedeutungslosen Flächendekor einschätzen kann. Sicherlich sind im Einzelfall Kunstwerke anders beschrieben und bewertet worden. Es ist jedoch erstaunlich, wie weit die […] skizzierten Ideen nicht nur bei interessierten Laien verbreitet sind. […] Ich halte es für möglich, dass die Beschreibung der Islamischen Kunst als Ornamentkunst auf ungenauer Beobachtung beruht, mindestens die Beschreibung des Ornaments als zweidimensionalem, flächenfüllendem, hierarchielosem, formnegierendem Dekor. […] In meinen Beschreibungen geht es darum, verschiedene Tiefen in der Kunst zu erblicken, die bislang als oberflächliches Ornament beschrieben wurde. Als Beispiele habe ich Objekte aus dem Bestand der Sammlung Islamischer Kunst des Pergamonmuseums zu Berlin ausgewählt, unter Hinzuziehung einiger Architekturbeispiele, die von unterschiedlichen Orten und aus unterschiedlichen Zeiten stammen. So habe ich herrscherliche Auftragsarbeiten neben alltäglicheren Werken ausgewählt und profane Gegenstände neben solchen, die für eine spezielle religiöse Funktion geschaffen wurden. Dies soll eine dem Umfang dieses Beitrages gemäße Repräsentation all jener Kunstobjekte sein, die bislang unter dem Begriff Islamische Kunst zusammengefasst werden.
Gemeinsamer Bezugspunkt aller wissenschaftlichen Bemühungen ist die Lebenswelt. Infolge ihrer Eigendynamik, die auf der Beantwortung selbstgestellter Fragen beruht, entfernt sich eine Fachdisziplin jedoch gewöhnlich immer weiter von diesem Zentrum, mit dem Ergebnis, dass das gegenseitige Interesse schwindet. Daraus erwächst u. a. ein Problem für die interdisziplinäre Verständigung, die zum einen schwieriger wird, weil sie auf lebensweltliche Begriffe angewiesen ist, die aber nicht mehr mit den Fachbegriffen korrelieren; die zum anderen aber auch unnötig erscheint, weil das verbindende Element zwischen den Disziplinen nur der beiderseitige lebensweltliche Bezug sein kann. Wie sollen sich die in subtilen, aber oft wenig scharfen Begriffen gefangenen Diskurse in den Geisteswissenschaften mit den stark technisch vermittelten Forschungen in den experimentellen Naturwissenschaften begegnen, deren Ergebnisse sich nicht mehr von den Geräten, mit denen sie gewonnen wurden, trennen lassen? Die Techniken von Diskurs und Messung verstellen hier eben auch die Kommunikation. Die physikalische Chemie der Oberflächen ist stark mit diesem Problem behaftet, weil sie kaum an Alltagserfahrung anschließt. Der folgende Text versucht ein verbales Entgegenkommen, ohne den apparativen Kontext zu verleugnen.
Der Sonderstatus der Literatur im engeren Sinne oder eben der Texte des traditionellen Kanons ist gewissermaßen das Mitbringsel, mit dem die Mediävistik sich an der kulturwissenschaftlichen Love-Parade beteiligen kann. Sie hat in dieser Veranstaltung mit anderen Disziplinen nicht in erster Linie darüber zu berichten, wie es im 13. Jahrhundert tatsächlich war (also die von ihr verwaltete Sachliteratur einzubringen), sondern darüber, wie literarische Bilder des Hoch- und Spätmittelalters organisiert sind, welche Handlungs- und Empfindungsmöglichkeiten den literarischen Figuren dieser Epoche zukommen können, welche diskursiven Redeordnungen sie erproben, welche Formen der Memoria entwickelt werden. Die möglichen Antworten dürften allenfalls (...) in vermittelter Form zu kulturwissenschaftlichen Fragen passen. Es wäre niemandem damit gedient, wenn die Literaturwissenschaft diese Vermittlungsleistung von sich wiese, jede fachliche Ausdifferenzierung ausblendete und ihr Wissen vom Sonderstatus des Subsystems ‚Literatur’ und ihre an diesem Wissen ausgerichteten Methoden aufgäbe.
Seine Ansätze zu einer Ästhetik der Oberfläche entwickelte Semper – gleichzeitig wie Marx seine Theorie des Fetischcharakters der Ware – angesichts der unabsehbaren Auslagen der Kunstindustrie, in denen sich das fortschrittsgläubige Bürgertum des technischen Zeitalters auf den nationalen und internationalen Gewerbeausstellungen feierte und aus denen es seine vitalsten Energien schöpfte. Semper verfasste seine epochemachende Schrift „Wissenschaft, Industrie und Kunst“ als Reaktion auf die Londoner Weltausstellung von 1851, wo Joseph Paxtons berühmter Crystal Palace der neuen Warenherrlichkeit nicht nur reichlich Raum zur Ausbreitung bot, sondern die neuen Materialien Eisen und Glas auch gleich selbst eindrücklich zur Schau stellte. Die Schrift nimmt frühere Überlegungen zur Bemalung antiker Tempel und Statuen auf und mündet später in Sempers Hauptwerk „Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten“ (1860–1863). Das Prinzip, unter das Semper seine »praktische Ästhetik« (so lautet der Untertitel des Werks) stellt, ist jenes der Bekleidung. Damit wären wir bei der im Titel angekündigten Mode angelangt. Am Leitfaden der Mode möchte ich im Folgenden die Anfänge einer modernen Ästhetik der Oberfläche bei Semper exemplarisch für die deutschsprachige Kunsttheorie verfolgen. […] Ihre Produktivität ist nicht nur in der von industriell-technischen Entwicklungen inspirierten ›praktischen‹ Ästhetik zu beobachten, für die Semper ein Beispiel ist. Sie schlägt sich ebenso in der von den schönen Künsten und der Kunstphilosophie herkommenden ›idealistischen‹ Ästhetik nieder, wie sie etwa Friedrich Theodor Vischer (1807–1887) vertritt. Hier scheint die Mode ihre für die Reflexion über Kunst innovative Funktion gerade ihrer Randständigkeit, ihrem provokativen Außenseitertum im Verhältnis zum ästhetischen Kanon zu verdanken. Dieser Umstand verbindet sie mit der Karikatur und dem Hässlichen.
Walter lesen: in diesem Programm steckt das Versprechen einer Lesbarkeit alter Gedichte, die jenen Hiatus von ästhetischer und kultureller Alterität überspringen möchte, welcher Texte wie diejenige Walthers von der Vogelweide trennt von der literaturwissenschaftlichen Rede über sie; darin steckt die Sehnsucht nach einer Unmittelbarkeit von Lektüreerfahrung, welche ebenso sich selbst als notwendigen Stimulus analytischer Arbeit weiß, wie sie selbstverständlich nicht darüber sich täuscht, daß solche Unmittelbarkeiten stets auch imaginär bleiben. Zugleich nämlich rekurriert der in dem genannten Programm enthaltene Begriff der Lektüre auch auf diejenigen von Text und Schrift. Das aber heißt: Er verweist auf den keineswegs mehr selbstverständlichen Status von (literarischen) Texten in einer vormodernen, wesentlich stratifikatorisch aufgebauten Gesellschaft; auf fremde Spannungsfelder zwischen performativer Realisierung von Texten und ihrer handschriftlichen Speicherung; auf kulturell längst vergangene Formen von Textualität. (…) [Ein später, mehr oder weniger genuin schriftlicher „Walter-Text“] bleibt freilich gleichwohl ein „lesbarer“ Text: Allein auf „archivalische“ Interessen von Sammlern und Redaktoren der Handschrift an möglichst allen Strophen eines Tons könnte dieser Text nicht zurückgeführt werden, denn poetisch wie minneideologisch besetzt er eine durchaus historisch identifizierbare Position.
(…) Der wissende Laie Wolfram sagt im "Oberkrieg", was er weiß, und er wird dadurch zur Sprecherinstanz des Arkanen. Umgekehrt Klingsor, der unwissend ist hinsichtlich aller Sachverhalte, auf die es wirklich ankommt. Er inszeniert dasjenige als Geheimnis, was er nicht weiß (…). Der ‚meisterpfaffe’ verfolgt eine Verheimlichungsstrategie, er kompensiert, wenn man so sagen will, seine Wissensdefizite durch eine gewissermaßen künstliche Aura des Arkanen. Im strikten Gegensatz zu Wolfram als einer Sprecherinstanz der Geheimnisse, wäre Klingsor insofern eine Figur der falschen Geheimnisprätentionen, der lautstarken Geste des Verschweigens. (…)
‚Institutionalität’ als leitender Konzeptbegriff zielt in dem hier gemeinten Sinn nicht auf eine Analyse von ‚Institutionen’ als historische Entitäten im Sinne von einzelnen ‚Organisationen’, ‚Körperschaften’, ‚Anstalten’. Es geht vielmehr um etwas, das sich das ‚Institutionelle’ an gesellschaftliche Strukturen des Kommunizierens und Handelns analysieren läßt: Formen der Geltungssicherheit und Stabilisierung, die in sozialen Ordnungen auch gewissermaßen ‚unterhalb’ der Ebene von durchgebildeten Organisationen oder Institutionen (im traditionellen Wortsinne) wie Ehe, Kirche, Staat, Universität usw. begegnen. (...)
Wenn man (...) fragte, welche Mechanismen es sind, die im Gegenzug zu (...) institutionellen Ungesichertheiten das Gelingen literarischer Kommunikation und die Wiederholbarkeit ästhetischer Rede am Hof gleichwohl möglich oder wahrscheinlich gemacht haben mochte, dann könnten jene Momente der Texte in den Vordergrund treten, von denen die folgenden Untersuchungen gleichfalls handeln: (...) [D]as [also], was (...) [Strohschneider] einmal die ‚Formiertheit’ höfischer Texte zu nennen versuchte. Gemeint sind Textmerkmale wie Schemata oder Topiken, welche die Rede gegenüber der Kontigenzen des Okkasionellen stabilisieren, welche kommunikative Wiederholbarkeit und Wahrscheinlichkeit von Dichtung dort produzieren, wo entsprechende außertextliche Institutionen noch fehlen.
Walthers Strophen im sog. „Leopoldston“ (‚Erster Thüringerton’, ‚Zweiter Atzeton’), die sich auf den Minnesänger Reinmar namentlich beziehen (L, 82,24 und 83,1, Ausgabe Cormeau Nr. 55, II, III), bereiten der Forschung nicht geringe Verlegenheit. Entweder man charakterisiert sie (...) als perfide, gehässig, scheinheilig, spricht von Rache und Haß, oder man entschuldigt den vermeintlich aggressiven Ton mit dem Temperament Walthers, hält das Ganze auch für einen Nachruf zu Lebzeiten, der allein den Untergang von Reinmars Kunst beklage. (...) [Volker Mertens] Beitrag unternimmt eine umfassende Kontextualisierung der Strophen in der handschriftlichen Überlieferung, im Zusammenhang des Tons und im Oeuvre beider Sänger als Vorbereitung einer detaillierten Textanalyse. Abschließend wird die Rezeption betrachtet um die zeitgenössischen Verständnismöglichkeiten abzusichern. Dabei (...) [kommt] eine relativ genaue Datierung der Strophen gewissermaßen als Nebenprodukt heraus (...).
Ausgangspunkt (...) [der] Überlegungen ist die Beobachtung, daß der Münchner Hofmaler Ulrich Füetrer in seinem ‚Buch der Abenteuer’ aus den 80er Jahren des 15. Jahrhunderts diese Erzähltechnik verwendet, die bisher vor allem am ‚Nibelungenlied’ beobachtet worden ist. Schon im Jahre 1953 hat Hugo Kuhn von der ‚Szenenregie’ in der ‚Nibelungendichtung’ gesprochen und damit ein Stichwort aufgegriffen, das von Andreas Heusler stammt. (...) Er sieht die Gebärde der Mündlichkeit zugeordnet, ihre Kontextualisierung in der Szene hingegen als Kompensationsversuch der Schriftlichkeit, wo die verlorene oder gefährdete räumliche Verortung, die durch die Situativität des mündlichen Vortrags gegeben sei, sozusagen ausformuliert wird im schriftlich konzipierten Text. Das ist ein Vorgang, den wir ähnlich in der Minnelyrik beobachten können, etwa einhundert Jahre nach dem ‚Nibelungenlied’ bei Johannes Hadloub.