Institutes
Refine
Year of publication
Document Type
- Article (192) (remove)
Language
- German (192) (remove)
Has Fulltext
- yes (192)
Keywords
- Oberfläche (7)
- Deutsch (4)
- Mittelalter (4)
- Türkisch (4)
- Mythos (3)
- Postkolonialismus (3)
- Textgeschichte (3)
- Colmarer Liederhandschrift (2)
- Handschrift (2)
- Hartmann <von Aue> / Iwein (2)
Institute
- Extern (192)
Die Reihe soll zukünftig in unregelmäßiger Folge über Fortschritte in der taxonomischen Forschung und über nomenklatorische Änderungen informieren, sofern Farn- und Samenpflanzen der deutschen Flora betroffen sind. Sie knüpft an die ähnlich strukturierten "Literaturberichte. Floristik und Systematik" in der Zeitschrift "Botanik und Naturschutz in Hessen" an, die von Heft 1 (1987) bis zu Heft 17 (2004) erschienen sind.
Die Redaktion möchte in Kochia ein Forum für die Publikation von Chromosomenzahlen bieten. Die Beiträge in dieser Reihe sind als eigenständige Publikationen zu betrachten und zu zitieren. Wir folgen im Aufbau bewusst eingeführten und bewährten Reihen wie derjenigen über Chromosomenzahlen mediterraner Pflanzen in „Flora Mediterranea“. Zählungen von Taxa werden beginnend mit dieser Folge durchnummeriert. Die Herausgeber hoffen, mit dieser Reihe die Ermittlung von Chromosomenzahlen an Taxa der heimischen Flora zu fördern und vorhandenes Material publik zu machen.
Der Name der Brenndolde
(2006)
Die Bezeichnung »Philosophie des Beobachtens« – auch jetzt noch spüre ich seine Eigenartigkeit – hat eine eigene kleine Geschichte. Im Jahre 1969 begannen David Beniaminovič Zil‘berman (der in Moskauer philosophischen Kreisen dieser Zeit durchweg als Ėdik auftrat) und ich, über ein philosophisches Thema nachzudenken, das wir mit der Wortneuschöpfung »Psychologie des Beobachtens« bezeichneten. Im Rahmen eines Vortrags legten wir 1971 einige Prämissen einer Psychologie des Beobachtens in einem Seminar Jurij Aleksandrovič Levadas vor. […] Abgesehen von einem kurzen Artikel, den ich über Zil’berman nach seinem Tod im Jahre 1979 schrieb, wendete ich mich mindestens 20 Jahre nicht mehr dem Thema des philosophischen Beobachtens zu. Ich kehrte zu diesem zurück angelegentlich heutiger historiosophischer Versuche der Bewusstwerdung über »unsere« Zeit, denen zufolge »unsere« Zeit über eigentümliche Charakteristika verfüge, welche dem konzeptualisierenden Denken gegenüber unabhängig seien. Diese Versuche der Theoretiker der Postmoderne – in ihrer Sinnlosigkeit höchstens denen ihrer Opponenten ebenbürtig (welche darauf beharren, dass die Geschichte dem Menschen »naturgegeben« sei) – gaben mir den Anlass, einige grundlegende Ideen philosophischen Beobachtens zu überdenken, und zwar ganz ohne sie an die Psychologie anzuschließen. Ich begann zu denken, dass gerade der Zugang über die Beobachtung beim Erfassen einiger theoretischer und lebensweltlicher Situationen hilfreich sein kann, in denen es vom Standpunkt der Metatheorie der Erkenntnis oder von dem der Phänomenologie aus schwer wäre, sich zurechtzufinden (wenngleich die Philosophie des Beobachtens sowohl mit dieser als auch mit jener vieles gemein hat). Einige allgemeine Überlegungen zum philosophischen Beobachten legte ich 1994 in den ersten vier Vorlesungen über die Phänomenologie der Religion, gehalten vor Studenten der Schule für Orientstudien an der Londoner Universität (SOAS), dar. Diese allgemeinen Überlegungen bildeten auch die Grundlage der vorliegenden Arbeit. [Aus dem Vorwort]
Schriftenschau
(2006)
Florenwerke und Verbreitungsatlanten der Gefäßpflanzen Deutschlands aus dem Zeitraum 1945 bis 2005
(2006)
In den letzten sechs Jahrzehnten wurden in Deutschland rund 200 nationale, regionale und lokale Florenwerke publiziert. Die vorliegende Arbeit gibt einen Überblick über die in diesen Publikationen enthaltenen Daten und stellt eine Karte mit den Bearbeitungsgebieten regionaler Florenwerke vor. Ein bibliografischer Teil zeigt die wichtigsten Daten für jede Publikation. Oft durch qualifizierte Amateurbotaniker erarbeitet, bilden solche Florenwerke eine wichtige Datenbasis insbesondere für Programme zum Artenschutz sowie für die Erstellung von Roten Listen.
Der Autor als Schreiber und Herausgeber : Perspektiven auf die Paratexte von Brentanos „Godwi“
(2006)
In Brentanos ›Godwi‹ [wird] das eigentümliche romantische Verfahren des Anbildens und Aneignens als »Uebersetzung« bezeichnet. Neben der Übersetzung aus fremden Sprachen – man denke an das Schlegel-Tiecksche Projekt der Übersetzung Shakespeares – kann sich der Begriff der ›Übersetzung‹ auch auf die intermediale Transformation von Zeichensystemen, etwa die Auflösung von Bildern in Sprache, oder auf die editoriale Tätigkeit beziehen. Ein sprechendes Beispiel hierfür ist die von Arnim und Brentano besorgte Sammlung und Überarbeitung von Volksliedern in ›Des Knaben Wunderhorn‹. Die beiden Herausgeber praktizierten ein editorisches Verfahren, das sich nicht mit der Transkription in die Schriftsprache begnügt, sondern eine sehr weitreichende »literarische Stilisierung« des Ausgangsmaterials vornimmt. Das gemeinsame Merkmal dieser verschiedenen Modi der Übersetzung liegt darin, daß ihnen jeweils eine eigentümliche Bewegung des Zitierens zugrunde liegt, mit der das Original in einen anderen Kontext manövriert und dort neu gerahmt wird. Dabei strebt die Übersetzung nicht die »Ähnlichkeit mit dem Original« an, sondern nimmt eine modulierende »Wandlung und Erneuerung des Lebendigen« vor, durch die sich das Original ändert. In gleicher Weise legt das Konzept einer anbildenden und umbildenden ›Neuen Mythologie‹ nahe, daß die »alte Natur und Kraft« der Poesie mit einer neu ins Werk zu setzenden »Kraft zum Bruch« interagiert.
Im plurikulturellen Verständnis ist Differenz oder Andersheit ein Konstituens der Kultur und nicht ein Systemwiderspruch. Im adversialen Verständnis von Kultur stört die Differenz, oder sie wird in den Bereich des "Interessanten" gerückt. Deshalb werden Abgrenzungen vorgenommen, kulturelle Monaden werden konstruiert und zivilisatorische Hierarchien werden behauptet. Im günstigsten Falle kann es zu einer macht- und majoritätsgeschützten protektionistischen Toleranz kommen, die vom 'Wohlwollen' der Majorität abhängig ist. Sonst ist die Marginalisierung oder gar Ausmerzung der Differenz im politischen Prozess eher üblich.
Die Durchführung kontrastiver Untersuchungen setzt vor allem eine gründliche Beschreibung der zu vergleichenden Sprachen auf der Grundlage eines Grammatikmodells voraus. Kontrastive Arbeiten zum Sprachenpaar Deutsch/Türkisch, die diese Bedingung erfüllen, finden sich nur selten. Das dürfte auf die nur bedingt vergleichbaren Strukturen der besagten Sprachen zurückzuführen sein. Zwar existiert die semantische Kategorie Reflexivum im Deutschen und im Türkischen. In vielen Fällen ist es jedoch nicht möglich, die Existenz eines syntaktischen und semantischen Reflexivums in den beiden Sprachen nachzuweisen. Im folgenden Beitrag soll der Versuch unternommen werden, dieses Problem anhand eines Vergleichs der reflexiven Konstruktionen im Deutschen und im Türkischen zu verdeutlichen.
Die Durchführung kontrastiver Untersuchungen setzt vor allem eine gründliche Beschreibung der zu vergleichenden Sprachen auf der Grundlage eines Grammatikmodells voraus. Kontrastive Arbeiten zum Sprachenpaar Deutsch/Türkisch, die diese Bedingung erfüllen, finden sich nur selten. Das dürfte auf die nur bedingt vergleichbaren Strukturen der besagten Sprachen zurückzuführen sein. Zwar existiert die semantische Kategorie Reflexivum im Deutschen und im Türkischen. In vielen Fällen ist es jedoch nicht möglich, die Existenz eines syntaktischen und semantischen Reflexivums in den beiden Sprachen nachzuweisen. Im folgenden Beitrag soll der Versuch unternommen werden, dieses Problem anhand eines Vergleichs der reflexiven Konstruktionen im Deutschen und im Türkischen zu verdeutlichen.
Nach dem Ende Jugoslawiens bleibt Indien der 'Testfall' dafür, daß ethnische, religiöse und sprachliche Vielfalt mit dem Konzept eines einheitlichen Staates kompatibel ist. Dies rechtfertigt Überlegungen zum Problem der Homogenität und Heterogenität im postkolonialen Umfeld und den Rückgriff auf die indische Kulturdiskussion aus der Zeit der antikolonialen Bewegung. Postkoloniales Denken wird dabei begriffen als widersprüchliches Ensemble von Haltungen zum Prozeßcharakter von Kulturen. Ihr Reflexionsfeld umfaßt plurikulturelle, multilinguale, multireligiöse und multiethnische Zusammenhänge.
Jahrhunderte lang betonte man die unhistorische Auffassung der Sprachreinheit. Den Mythos der „reinen“ Sprachen zu dekonstruieren, bedeutet, die mythische Verbindung zwischen Muttersprache und Literatur in Frage zu stellen. Vorgeschlagen wird, dem Weg vom sprachlichen Kreolismus zur literarischen Anthropophagie zu folgen. Anthropophagie ist vielleicht die bestmögliche Haltung gegenüber der Globalisierung. Anstatt Angst zu haben vor einer kulturellen Uniformierung sollten wir fremde Einflüsse aufnehmen, wissend, dass wir nachher nie wieder so sein werden wie vorher. Wir brauchen ein neues, anthropophagisches Sprachverhältnis, eines, das akzeptiert, dass alle Sprachen Kreolensprachen sind. Wer die Kreolisierung akzeptiert, verwirft jede Form der absoluten Wahrheit und betrachtet jede Ideologie als vergänglich.
Bob Dylan war eine Ikone der amerikanischen Protestbewegung, trat bei Martin Luther Kings Marsch nach Washington auf. Clemens Brentano war Mitglied der Christlich-Deutschen Tischgesellschaft und schrieb eine Kantate auf Königin Luise von Preußen. Ebenso verschieden sind die Einflüsse, die auf beide wirken. (...) Trotz dieser Unterschiede kann man weiterfragen, kann versuchen, die Dynamik, die Ruhelosigkeit, die beiden gemeinsam ist, zu verstehen. (...) Wegweisend (...) sind die Überlegungen des Religionshistorikers Friedrich Wilhelm Graf, der in seinem Buch ‚Die Wiederkehr der Götter’ die Untersuchung von autobiografischen Texten vorschlägt, um die Innenseite der Säkularisierung begreifen zu können. Eine solche Sichtweise ermöglicht es, so verschiedene Individuen wie Bob Dylan und Clemens Brentano zu verstehen und zu vergleichen. Denn die Säkularisierung stellt einen Langzeitzusammenhang dar und greift auch räumlich weit aus, betrifft verschiedene, ehemals christlich geprägte Gesellschaften.
Die Gegenwart des Vergangenen : Stephan Wackwitz’ "Ein unsichtbares Land" als postkolonialer Roman
(2005)
Viele Publikationen jüngeren Datums beschäftigen sich erneut mit der deutschen Vergangenheit, die wieder einmal dem Vergessen entrissen werden soll, jetzt aber aus anderer Perspektive, indem sie nämlich in vielerlei Einzelheiten dokumentiert und so festgehalten werden soll. Zu der Kategorie von Texten, die die deutsche Vergangenheit aus den Brüchen wie der Kontinuität der Familiengeschichte betrachten, verdienen drei besondere Erwähnung: „Am Beispiel meines Bruders“ (2003) von Uwe Timm, das 2004 erschienene „Meines Vaters Land“, die „Geschichte einer deutschen Familie“, von Wibke Bruhns und der im Untertitel als „Familienroman“ bezeichnete Text von Stephan Wackwitz, „Ein unsichtbares Land“. Diese drei Texte stehen im Kräftefeld unterschiedlicher familiärer Beziehungen: zum Bruder bei Timm, zum Vater bei Wibke Bruhns, schließlich im Verhältnis Enkel-Großvater bei Wackwitz. Darüber hinaus geben die drei Werke einen Blick auf die deutsche Familie aus drei unterschiedlichen soziologischen Perspektiven: Bei Bruhns handelt es sich um die großbürgerliche Unternehmerfamilie, Uwe Timm beschreibt eine kleinbürgerliche Familie. Als dritte Variante tritt bei Stephan Wackwitz das Bildungsbürgertum in der Person des evangelischen Pfarrers und seiner Angehörigen auf. Allen dreien ist jenes unbestimmbare ‚echt Deutsche‘ gemeinsam, das auf verhängnisvolle Weise dem faulen Zauber des Nationalsozialismus zum Opfer fallen sollte.
Im Mittelalter war der Begriff der Nation zwar schon klar umrissen, aber die Nation in unserem Sinne gab es nicht. Das Wort ›Nation‹ ist entlehnt aus dem Lateinischen nâtio (-ônis), einer Ableitung von nâscî (nâtus sum), geboren werden, das mit dem lateinischen genus‚ Geschlecht, Art, Gattung verwandt ist. Das Wort bezeichnet seiner Etymologie nach eine Gemeinschaft von Menschen derselben Herkunft, die durch gemeinsame Abstammung verbunden sind; dann anschließend eine Gemeinschaft von Menschen gleicher Kultur, Sprache. Demgemäß bezeichnete lat. natio schon in der Antike und noch lange im Mittelalter die Abstammung oder den Herkunftsort einer Person und zwar in Bezug auf politisch nicht organisierte Bevölkerungen. Anfangs bezeichnete also die Nation die Herkunft einer Gruppe von ausgewanderten Menschen, die sich mit der Bevölkerung vermengte, in die sie sich eingliederte. So wurde das Wort besonders gebraucht, um die Herkunft der Studenten einer Universität zu bezeichnen: es ist die Rede von ›Universitätsnationen‹, wobei »mit diesem Wort […] ursprünglich eher Himmelsrichtungen als Nationen im späteren Sinne gemeint«
waren. Es entstand in Paris die Einteilung in vier Nationen: Gallikaner oder Gallier, zu denen auch Italiener, Spanier, Griechen und Morgenländer zählten, Picarden, Normannen und Engländer, die auch die Deutschen und weitere Nord- und Mitteleuropäer beinhalteten. […] Es gab an der 1348 gegründeten Universität Prag ebenfalls vier gleichberechtigte ›Nationen‹, in die sich die einzelnen Studenten organisierten. Die polnische Nation umfasste die Studenten aus Preußen, Schlesien oder aus einer polnischen Stadt mit deutscher Bevölkerung, d. h. aus dem gesamten östlichen Raum; zur böhmischen Nation gehörten die Böhmen, die Tschechen, die Ungarn und die Südslaven, zur bayerischen Nation die Schwaben, die Bayern, die Franken, die Hessen, die Rheinländer und die Westfalen, zur sächsischen Nation die Norddeutschen, die Dänen, die Schweden und die Finnen. So hatte der mittelalterliche Nationbegriff nichts zu tun mit dem modernen, seit der Französischen Revolution in den Vordergrund getretenen, und noch weniger mit dem Nationalismus.
Wenn es Aufgabe der Literaturwissenschaft ist zu erforschen, „in welchem Maße Literaturen an den Kämpfen um kulturelle Hegemonie beteiligt sind“ (Kirsch), so gilt das besonders für historische Romane, die nationale oder regionale Geschichte rekonstruieren. Solche Romane schreiben entweder die Opposition von Siegern und Besiegten fest oder stellen Geschichte als shared history der beteiligten Akteure dar. Auch innerhalb Europas gibt es Kultur- und Sprachräume, die die letzten Jahrhunderte im Status kolonialer Abhängigkeit verbracht haben und über diese langen Zeiträume hinweg kulturellen Hybridisierungsprozessen ausgesetzt waren. Eine solche Erfahrung hat die Mittelmeerinsel Sardinien zutiefst geprägt; Sardinien ist „eine der ältesten und dauerhaftesten Kolonien der Welt“ (Day). Die heutige sardische Literatur trägt daher alle Züge einer postkolonialen Literatur. Sie präsentiert sich als kulturelles und sprachliches patchwork, als individuelle und kollektive Suche nach dem, was sardische Identität nach dem Durchgang durch den Kolonisationsprozeß ist und sein kann, als Basteln einer imagined community im Zeitalter von Massentourismus und Globalisierung. Mit Sergio Atzeni ist ein Autor angesprochen, der es bis zu seinem frühen Tod im Jahr 1995 als seine Aufgabe angesehen hat, Sardiniens Geschichte(n) Schriftform zu geben.
Hochschulreform und disziplinärer Wandel : Mutmaßungen über Zustand und Zukunft der Altgermanistik
(2005)
Überall gibt es dieselben fatalen Homogenisierungsbewegungen quer zu den disziplinenspezifisch höchst unterschiedlichen Formen der Erkenntnisproduktion und -reproduktion. Und es gibt sie selbstverständlich auch im Außenverhältnis des Wissenschaftssystems: Ein plastisches Beispiel hierfür ist die grassierende Forderung nach Stärkung der Praxisbezüge von Forschung und Lehre. Im Klartext wird da ja gerade die Entdifferenzierung der Funktionsspezifikationen der Universität gegenüber anderen gesellschaftlichen Teilbereichen (sowie die Verknappung der für die Transfers zwischen ihnen akzeptablen Zeiträume) verlangt.
In welchen Konzepten und Phantasmen, also: in welchen kategorialen Ordnungen war in der volkssprachigen Adelsliteratur diskursivierbar, was die Literaturwissenschaft ‚Text’ und ‚Überlieferung’ nennt? Hierauf sucht der Beitrag eine Antwort, indem er Problemkonfigurationen mittelalterlicher Textualität in einer Interpretation der „Urstende“ des Konrad von Heimesfurt durchspielt. Narrative und metanarrative Partien werden dabei aufeinander bezogen, dass das in ihnen als Bedingung ihrer Möglichkeit gespeicherte, historisch fremd gewordene Textwissen hervortreten kann.
Die wichtigste neuere Deutung der Verserzählung stammt von Walter Erhart, der Musarion als Darstellung zeitgenössischer Diskurs- und Sinnangebote versteht, die von den Figuren experimentell übernommen, aber auch wieder aufgegeben werden. Beide Hauptfiguren, Musarion und Phanias, bilden kein festes Ich aus, sondern besetzen okkasionell bestimmte Lebensentwürfe (...) ohne sich mit einem von diesen zu identifizieren. (...) Diese Deutung ist wichtig, weil sie die Widersprüche bei Wieland genau sieht. Aber auch sie verkürzt: Es ist richtig, daß Phanias und Musarion keine stabile Identität besitzen – aber sie suchen danach. Und es ist richtig, daß die Verserzählung mit mythologischen und literarischen Mustern spielt – aber Spiel und Ernst schließen sich bei Wieland eben nicht aus. (...) Man kann die Bewegungen des Handlungsverlaufs und das Changieren der Figuren präzise erklären. Dies gelingt, wenn man sieht, daß die Figuren und der Text sich zwar drehen, aber um eine zentrale Frage. Bei dieser Frage handelt es sich um das philosophische Problem der deutschen Aufklärung. (...) Die menschliche Natur soll aus ihrer alten Unterdrückung befreit werden. Gleichzeitig versucht man, die Welt immanent (...) zu deuten.