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Wenn im Folgenden von Masken des Erzählens die Rede sein wird, dann geschieht dies durchaus absichtsvoll mit Blick auf das Verständnis von Maske als Verstellung und als einer Form des Verbergens. Hinter der (Gesichts-)Maske liegt das wahre Gesicht. Die Rhetorik der Maske ist mithin immer schon ein Spiel mit der Figur des wahren Antlitzes und des wahren Blickes, eine Szene des Sehens und des Gesehenwerdens. Als Spielform des literarischen Diskurses ist die Maske ein genuin theatrales Moment. Das lateinische 'persona' meint in diesem Kontext die Maske im Sinne der durch die Schauspieler dargestellten Figuren, die 'dramatis personae'. Im Drama wird die gegenständliche, leblose Maske zur personalen Identität, die durch den Schauspieler buchstäblich Stimme und Leben erhält. Aus dieser Perspektive mag es widersinnig erscheinen, von Masken des Erzählens zu sprechen, zeichnet sich doch gerade das narrative Moment durch die Diegese aus. Die Erzählung als solche bedarf gerade nicht der theatralen Maske als Vermittlungsinstanz. Der Erzähler übernimmt hier die Funktion, die im Drama die Maske einnimmt. Die 'persona' kommt dabei allenfalls in einer uneigentlichen Bedeutung zur Geltung, in der Figuren- oder Personenrede. In der narratologischen Textanalyse ist es üblich, die Form der Rede als dramatischen Modus zu bezeichnen. Insofern schreibt sich dann doch das theatrale Moment der Maske in den narrativen Text ein. Doch nur selten wird die Person als 'persona', die Maske als Maske gelesen. Der folgende Versuch, das Erzählen als ein Modell der Maske zu lesen, ist nicht einer spezifisch narratologischen Perspektive geschuldet, sondern einigen Textbeobachtungen anhand einer Lektüre von John von Düffels Roman 'Houwelandt'. Vergleichend wird außerdem die Schlusssequenz aus Thomas Manns 'Buddenbrooks' in den Blick genommen, in der von Düffels narratives Masken-Spiel schon vorgezeichnet ist.
[...] wie die 'Berliner Kindheit' oft als eine 'Erinnerungspoetik' bezeichnet wird, deren treibende Kraft die "Ich-Konstitution" sei, ließe sich Hoppes 'Picknick der Friseure' als 'Ver(w)irrungspoetik' beschreiben. Der Prozess des Erinnerns und sich (Wieder)findens ist bei ihr noch verdichteter im Sinne eines 'Dickichts der Texte', als bei Benjamin. Die konsequente Verweigerung einer "homogenisierte[n] Ich- Bildung" rückt bei beiden Schriftstellern "die Frage nach den noch verbleibenden Formen der Identitätsbildung in den Mittelpunkt des Schreibens." Vor dem Hintergrund einer als desolat erfahrenen Wirklichkeit scheinen die 'Berliner Kindheit' und 'Picknick der Friseure' die "Wahrheit so behutsam aus der Dichtung hervor[zu]ziehen […] wie die Kinderhand den Strumpf aus 'Der Tasche'". Oder wie es in Hoppes Schlussgeschichte 'Not und Tugend' heißt: "[A]m Ende, beim Öffnen der Säcke, kam alles zum Vorschein, Feigheit und Gier und schlechte Gewohnheit und daß wir zu spät und mit Dreck an den Stecken ans Tageslicht gekrochen waren". Doch, und das ist das Wesentliche, "hier ist das Buch unserer Rettung", sodass wir „alt [werden können] in Würde". Damit birgt, wie Adorno es für Benjamin formuliert, die "Allegorie des eigenen Untergangs", das zersplitterte Geschichtswerk, auch bei Hoppe die Möglichkeit zur Selbstbehauptung.
Christian Kracht é hoje, se não dos melhores, certamente dos mais comentados autores da ficção de língua alemã. Seu trajeto recua a 1995, ano da publicação de "Faserland", o primeiro romance, que aliás distinguiu as balizas daquela que, nessa década, se chamou "Popliteratur". Mas, seja a hora zero de uma obra composta de outros bons momentos, seja o ponteiro literário de uma geração, "Faserland" não é só exemplo pop, tem merecido constantes leituras, sempre novas tiragens, abordagens críticas e assim também a atenção da historiografia literária. No romance são narrados alguns poucos dias da vida narcotizada de um jovem endinheirado e meio sem rumo, do Norte ao Sul da Alemanha, até a Suíça. Nada extraordinário, nenhuma grande peripécia, nenhuma aventura, senão a impressão de um vazio todo presente e o fastio, força do aborrecimento. No texto, investigo que espécie de aborrecimento produz "Faserland".
Christian Krachts "Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten" kann dem Genre der Alternate Histories zugerechnet werden. Als solche qualifiziert er sich durch die Änderung des realweltlichen chronologischen Verlaufs der politischen Ereignisgeschichte, die ihren "point of divergence" in einer verhinderten Heimreise Lenins hat, da Russland durch eine Verseuchung des Landes weiträumig und langfristig unbewohnbar geworden ist. Lenin gründet die Schweizer Sowjet Republik, die sich zur Gegenwart der Erzählhandlung, im Jahr 2010 in einem bereits annähernd 100 Jahre dauernden Krieg gegen einen faschistischen Verbund der Deutschen und Briten befindet. Sie zeichnet sich außerdem durch weitreichende afrikanische Kolonien aus, in denen Soldaten für den europäischen Krieg rekrutiert und ausgebildet werden. Der namenlose Protagonist ist ein solcher afrikanischer Schweizer, er ist Parteikommissär in der Stadt "Neu-Bern" und bekommt zu Beginn der Erzählhandlung den Auftrag, einen jüdisch-polnischen Spion namens Brazhinsky ausfindig zu machen und festzunehmen. Auf dieser Verfolgungsjagd begleitet der Leser den Protagonisten von Neu-Bern durch die Schweizer Kriegslandschaft bis in eine gigantische Alpenfestung hinein – das Schweizer Alpenréduit.
Metaphern als Stil : Bilder des Weiblichen in Theatertexten von Elfriede Jelinek und Botho Strauß
(2006)
Der Vortrag analysiert den weiblichen Sprachstil im modernen deutschsprachigen Drama. Am Beispiel des Autors Botho Strauß erfolgt eine Abgrenzung der weiblichen zur männlichen Sprechweise mit einem vergleichenden Blick auf den Sprachstil der Dramenfiguren Elfriede Jelineks. Sprachstil wird hier aufgefaßt als eine Art des „subjektiv gefärbten Artikulierens“, als „pointierte Artikulation, die das Sagbare von innen heraus definiert, um über die als repressiv und unzeitgemäß kritisierten Konventionen der ästhetischen und politischen Gegenwart hinauszuweisen“ (Eckhoff). Der Vortrag konzentriert sich weniger auf syntaktische und pragmatische als vielmehr auf bildhafte Elemente, die bei Botho Strauß über eine rein sprachliche Verwendung hinausgehen und ein umfassendes semiotisches Verweisungssystem von Sprach-, Körper- und Raumbildern entstehen lassen. Deshalb richtet sich ein weiteres Augenmerk auf den Zusammenhang der verschiedenen Zeichensysteme und die Funktion der Stilisierung, die im Sinne Julia Kristevas eine Relativierung des Textes und die Ambivalenz des Wortes zur Folge hat. Im Zentrum der Überlegungen stehen die Besonderheiten, die Frauen und Männer in ihrer Art zu sprechen kennzeichnen, und die Bildhaftigkeit, die sich damit verbindet. Die Bilder in den dramatischen Texten der genannten Autoren werden mit Bildern von Weiblichkeit korreliert, die sowohl in der Kunsttheorie als auch in der feministischen Diskussion seit längerem eine Rolle spielen. Ziel ist herauszufinden, inwieweit Botho Strauß und Elfriede Jelinek in ihren Dramen stereotype Bilder des Weiblichen entwerfen bzw. festschreiben oder durchbrechen und inwieweit diese Bilder übereinstimmen oder differieren.
Ein möglicher, die Einbildungskraft des Rezipienten verändernder Effekt liegt in der Evokation von Exotik. Durch eine zielgerichtete linguistische wie auch literaturwissenschaftliche Betrachtung in Form einer poetischen Onomastik kann es gelingen, dem Namen das Geheimnis seiner Wirkung zu entziehen und ihn somit sprechend zu machen. […] Moers findet bei den Bezeichnungen seiner Protagonisten sowie deren Lebenswelten die Eigenart, durch versteckte Anspielungen, Lautmalereien, Anagramme und morphologische Besonderheiten, Sprache zu einem eigenen thematischen Handlungsträger zu funktionalisieren. Die Tatsache, dass es sich um ein deutschsprachiges Buch handelt, ist zur Feststellung der Erweckung exotischer Emotionen hilfreich, da das Abwägen von Eigen- und Fremdkultur stets eine subjektive Wertung bedeutet. Weiß man um die eigene kulturelle Ausprägung Bescheid, so ist auch das Bewusstsein bestimmter für das, was "eigen" und was "fremd" ist.
Die Abtönungspartikeln sind relativ bedeutungsarm, sie modifizieren vielmehr nur die Bedeutung autosemantischer Satzelemente. Sie gehören zu denjenigen illokutiven Indikatoren, die Äuβerungen auch unabhängig vom Handlungskontext eindeutig(er) machen. […] Die Abtönungspartikeln bilden eine geschlossene Wortklasse. In portugiesischen Grammatiken für deutschsprachige Studierende taucht bisweilen der Terminus partículas modais auf. […] Die deutschen Abtönungspartikeln stellen […] nicht nur deshalb ein Übersetzungsproblem dar, weil es im Portugiesischen oft keine direkten Entsprechungen in Form von spezifischen Lexemen gibt, sondern auch aufgrund ihrer hohen Frequenz. […] Im Folgenden soll versucht werden zu veranschaulichen, ob und mit welchen sprachlichen Mitteln die Abtönunspartikeln 'schließlich' und 'denn' […] in der portugiesischen Übersetzung von Daniel Kehlmanns Roman 'Die Vermessung der Welt' wiedergegeben wurden.
Bei Thomas Brussigs Roman "Wie es leuchtet" (2004) wird die Wende 1989/1990 anhand der Veränderungen im Leben einer Vielzahl von Figuren geschildert, insbesondere die Spannung zwischen der Offenheit des ersten Momentes, die die Gestaltung hybrider Identitäten förderte, und der Macht der Ordnungsinstanzen, die sich um die Wiederaufstellung eines normativen Kanons bemühten. Die Abschnitte "Sprache" und "Körper" befassen sich mit einigen Formen der Hybridität, die im Roman gezeigt werden. Der darauffolgende Abschnitt "Der Westen" kommt fokussiert die Beschreibung des restaurativen, neukolonialen Prozesses, der bereits mit den Wahlen 1990 einsetzte, und sucht in Brussigs Text die Chancen einer gesamtdeutschen Identität.
Im 'neuen deutschland' nimmt der Kritiker Björn Hayer am 9. Februar 2023 Stellung zur Tatsache, dass die Autorin Judith Zander den mit 15.000 € datierten Huchel-Preis gewonnen hat. Dieser Text hat ein einziges Ziel, auch wenn er behauptet, zwei Anliegen zu verfolgen, wie Hayer bei Twitter schreibt: "Der #Huchel-Preis an #JudithZander wirft nicht nur die Frage auf, warum er nicht an begabtere Stimmen geht. Wie ich in @ndaktuell diskutiere, erklärt die Vergabe auch, warum der #Lyrik unserer Zeit die Leser abhanden gekommen sind. #Gedicht #Poesie #Preis". Hier sei behauptet, dass Hayer nur vorgeblich die Lyrik als solche im Blick hat, wenn er sich am Werk einer einzelnen Autorin abarbeitet. Im Folgenden sollen alle Kriterien untersucht werden, die Hayers Offensiv-Text zugrunde liegen. Auf diese Weise kann sich zeigen, dass es ihm in erster Linie darum geht, Zanders preisgekrönten Gedichtband 'im ländchen sommer im winter zur see' als das Gegenteil von 'starker Lyrik' auszuweisen. Die Auswahl der Kriterien, ihr Passungsverhältnis und ihre argumentative Einbettung entlarven Hayers Text als erstaunlich bodenlos.
Keiner will im Ruhrgebiet leben : Deindustrialisierung und Nachbergbau in der Ruhrgebietsliteratur
(2024)
Seit dem Ende des Steinkohlenbergbaus im Ruhrgebiet steht die Region durch den Verlust dieser identitätsstiftenden Industrie vor einer unklaren Zukunft. Dies spiegelt sich auch in der Literatur wider, die sich etwa ab 2010 vermehrt mit dem Erbe des Bergbaus und den Aussichten für eine Zukunft der Region befasst. Hierbei beschreiten Autor:innen ganz unterschiedliche Wege. In den Romanen "Wie hoch die Wasser steigen" (Anja Kampmann) und "Marschmusik" (Martin Becker) sind Rückblicke auf das Zeitalter der Montanindustrie zentrale Bestandteile der Erzählung. Die Prognosen für die Zukunft bleiben jedoch andeutungsweise und vage, Kampmanns und Beckers Protagonisten scheinen mit der Bewältigung der Vergangenheit ausgelastet. Anders machen es die Romane "Anarchie in Ruhrstadt" (Jörg Albrecht) und "Am Ende der Welt liegt Duisburg am Meer" (Sascha Pranschke). Beide entwickeln auf Basis der Montanindustriegeschichte des Ruhrgebiets dystopische Erzählungen des Ruhrgebiets der Zukunft.