BDSL-Klassifikation: 06.00.00 Mittelalter > 06.08.00 Stoffe. Motive. Themen
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Wenn der heilige Martin im frühen Mittelalter zum Hausheiligen der Karolinger und Merowinger avanciert und als Schlachtenhelfer angerufen wird, dann liegt das in seiner allgemeinen Anrufbarkeit als Heiliger begründet und dem Vertrauen in seine Wunderkraft, derer man sich durch seine Reliquien – allen voran die Mantelhälfte – versichern wollte, während es für die von ihm erhoffte Schlachtenhilfe "in seiner Lebensgeschichte keinen beweiskräftigen Rückhalt" gibt. Dass er selbst einst Soldat war, spielt dabei keinerlei Rolle – nicht einmal in einer jener seltsam schief anmutenden Übertragungen, die das Patronat eines Heiligen mit dessen Folterinstrument verknüpfen, so im Falle des Soldaten-Märtyrers Sebastian, der zum Patron der Bogenschützen wird, durch deren Pfeile er doch zu Tode kam. Allenfalls wäre von einer in der Latenz bleibenden ikonischen, auf Ähnlichkeit beruhenden, Zeichenrelation auszugehen, die im einstigen Soldaten und nunmehr spirituellen Gottesstreiter Martin ein kriegerisches Handeln im Namen Gottes vorgebildet sieht. Explizit gemacht wird ein solcher Zusammenhang aber nicht. Martin bleibt der wundertätige und barmherzige Mönchsbischof, sein "Streiten" bleibt metaphorisch und erinnert daran, dass in der christlichen Tradition Gewalt gerade kein Heilsweg ist.
Poetologisch sind beide Werke [„Ackermann“ und „Ring“] ganz der Tradition verpflichtet, die erschließbare Konzeption geht jedoch deutlich darüber hinaus. Der „Ackermann“ behält dabei die Position im literarischen Prozeß, die man ihm generell zuerkennt, der „Ring“ hingegen erweist sich so nicht nur als letzter bedeutender mittelalterlicher Roman, als der er von Walter Haug apostrophiert worden ist, (...) sondern ebenso als ersten neuzeitlicher: „modern“ in der Konstitution eines subjektbezogenen Sinnzentrums, der Tradition verpflichtet aber in der Rückbindung der Autonomie an ein „transzendentales Obdach“, an ihr Gewolltsein durch Gott.
The bringing together of the two realms, that of Tristan and Isolde and that of Arthur, thus has a mutually corrosive effect. However, in the further course of the action Tristan and Isolde’s love regains some of its absoluteness: for instance Heinrich refrains from taking over the quarrel of lovers from Eilhart. He plays a double game, on the one hand reducing the absoluteness and self-sufficiency of love, on the other hand building it up again and thus preventing the establishment of a firm doctrine in the course of the narrative (…), as neither the Arthurian court nor the love of Tristan and Isolde provides an absolute norm. Heinrich wrote his romance for the Bohemian noble Raimund von Lichtenburg, and the account of the foundation of the Round Table and the self-directed activities of the knights have belonged (…). The initial Arthurian ideal has become a confirmatory ritual for an exclusive body of noblemen – that matches the spirit of the knightly societies.
Alte Themen, auch unter neuen Vorzeichen nachspielbar [Volker Mertens fragt] nach ihrer Realisierbarkeit im höfischen Tristanroman des späten 12. und frühen 13. Jahrhundert, wie er von den beiden unvollständigen Werken des Thomas von Britannien und Gottfrieds von Straßburg repräsentiert wird. (…) Drei Szenen (…) [greift er heraus]: Tristans Pygmalion-Situation im Bildersaal, die allegorische Liebesapotheose der Minnegrotte und den mythischen liebebegründenden Trank.
In der deutschsprachigen Literatur des Mittelalters und der frühen Neuzeit entfällt – für fast alle Bereiche der weltlichen Literatur und so auch für die moralisch-didaktischen Werken – die Möglichkeit eines Vergleichs von Texten männlicher und weiblicher Autoren, wie sie für den französischen Sprachraum der gleichen Zeit etwa durch die Ausnahmeerscheinung einer Autorin wie Christine de Pizan möglich ist. Ihre Werke lassen deutlich werden, daß es für Frauen, die eine entsprechende Bildung und Selbstständigkeit aufzuweisen hatten, durchaus möglich war, andere Idealbilder weiblichen Verhaltens und weiblicher Lebensformen zu entwerfen, selbst unter der Voraussetzung einer grundsätzlich Gültigkeit und Akzeptanz christlicher Wertvorstellungen.
Wagners „Ring“ teilt mit dem „Nibelungenlied“ anscheinend eine nahezu unendliche Interpretierbarkeit. Durch seine brüchige literarische Gestalt ist das „Nibelungenlied“ für immer neue aktualisierende Sinngebungen offen, wie sich in seiner Funktionalisierung in unterschiedlichsten Zusammenhängen der kulturellen und politischen Geschichte zeigt. Wagners „Ring“ hingegen erreicht diese Offenheit bewußt durch sein kalkulierte mythische Uneindeutigkeit. Bei aller Verwurzelung im ‚Mythos des 19. Jahrhunderts’ sind doch dessen Vorgaben absichtlich nicht so stringent umgesetzt, daß nicht andere, immer neue Auslegungen möglich wären.
(...) [Volker Mertens Ziel ist es], an einem relativ eng begrenzten Gegenstand das Ineinanderspielen und die Bedingungen der beiden Konzepte, des gradualistischen und des polaren, zu erhellen. Gegenstand sind die Texte zweier männlicher Mystiker [Berhard und Seuse], die die Vereinigung mit Gott mit der Bildlichkeit der Geschlechterliebe darstellen. Die Mystik kann als eine psychologische Theologie verstanden werden, insofern sie geistliche Prozesse als innerseelische und nicht kultisch vermittelte versteht. Daher ist von der Untersuchung der Texte nicht nur Aufschluss über ein geistliches, sondern auch ein psychisches Genderkonzept zu erhoffen.
Die Literatur des Mittelalters produziert unterschiedliche Konzeptionen von ‚Weiblichkeit’ und weiblichen Körpern. Mich interessieren an dieser Stelle weniger die kanonischen Entwürfe des schönen (…) Frauenkörpers durch männliche Autoren als vielmehr der angestrengte Versuch einer normativen Konditionierung, die sich im wesentlichen der Strategien raumzeitlicher und mentaler De-Mobilisierung sowie physischer und intellektueller Reduktionierung bedient. (…) Es geht (…) um eine Kenntlichmachung des Sonderfalls ‚weiblicher Körper’ über das Medium der Literatur, deren Ziel – nur scheinbar paradoxerweise – sein Unsichtbarmachen zu sein scheint.
Die Literatur hat, wenn sie sich der Beschreibung von Hölle, Vorhölle und Fegefeuer begibt (...) eine Darstellungstradition aufgegeben, die über das Mittelalter bis in die Zeit der Alten Kirchen zurückreicht. (...) Da es (...) [Jens Haustein] im folgenden um das Fortleben des Evangelium Nicodemi’ im Mittelalter gehen wird, (...) [gibt er] zunächst einen kurzen Überblick über Entstehung und Inhalt dieses spätantiken Textes (...). Im Rahmen eines (...) von typologischem Denken bestimmten Erzählzusammenhangs kommt (...) dem Bericht von der Höllenfahrt Christi aus dem ‚Evangelium Nicodemi’ eine zentrale Position zu, da in ihm ja das typologische Konzept in der Begegnung von Patriarchen und Propheten mit dem von ihnen gesehen oder vorausgesagten und nun auferstandenen Gott gewissermaßen Gestalt gewonnen hat. (...) Kaum ein Autor, der vergleichbar ausführlich die Höllenfahrt schildert, hat sich die Dramatik und das Pathos der Szene entgehen lassen: die Vorahnung des Teufels, seine Verzweiflung, das machtvoll-laute Zerstören der Höllentore, die endgültige Gefangennahme des Teufels, den freudigen Jubel der Erlösten. Der Autor der ‚Erlösung’ hat von all dem fast nichts aufgenommen.