BDSL-Klassifikation: 03.00.00 Literaturwissenschaft > 03.14.00 Literatursoziologie
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Am 14. November 1956, vormittags gegen zehn Uhr, versammelten sich die Studenten des Philosophischen Instituts der Berliner Humboldt-Universität vor dem Haus Universitätsstraße 3b, dem Sitz des Instituts, zu einem kleinen Demonstrationszug, der angemeldet gewesen sein musste, denn er wurde von zwei Polizeimotorrädern, eines vorne, eines hinten, durch den Verkehr geleitet. Angeführt vom Institutsdirektor Georg Klaus bewegte sich der Zug über die Weidendammer Brücke die Friedrichstraße entlang bis zum Dorotheenstädtischen Friedhof an der Chausseestraße. Anlass war der 150. Todestag von Georg Wilhelm Friedrich Hegel, was den meisten der neugierig zuschauenden Passanten nur wenig sagte. An Hegels Grab wurden Blumen niedergelegt, Reden wurden nicht gehalten, einige Studenten ließen es sich nicht nehmen, auf dem Grabstein, einer alten Sitte gemäß, ein paar Münzen niederzulegen. Es herrschte eine fast fröhliche Stimmung, die von einem Gefühl der Genugtuung erfüllt war, hatte man doch über die Stalinistische Fronde gegen Hegel gesiegt. Ein paar Stunden später traf man sich wieder im vollbesetzten Audi Max, in dem Ernst Bloch einen Vortrag über Hegel und das offene System der marxistischen Philosophie hielt. Zehn Tage zuvor waren sowjetische Panzer in Budapest eingerückt, um eine exzessive Massenerhebung niederzuwalzen. Der Zorn der Massen hatte sich gegen das stalinistische Rákosi-Regime und seine Geheimpolizei gerichtet; die Russen machten jedoch die neue Regierung Imre Nagy für die inneren Unruhen verantwortlich. Die Nagy-Regierung wurde abgesetzt und kriminalisiert, darunter der streitbare Marxist und profunde Hegel-Kenner Georg Lukács. Der Vorgang führte bald auch in der Universitätsstraße 3b zu heftigen Diskussionen. Eine Anfang 1957 als Reforminitiative konzipierte studentische Streitschrift, die die ungarischen Ereignisse als eine Folge der systematischen Verhinderung einer freien öffentlichen Diskussion erklärte, zog die Aufmerksamkeit der SED-Zentrale auf das Institut und löste eine Kette von Parteiverfahren und Maßregelungen aus. Vier Studenten waren von mehrjähriger Studienunterbrechung zwecks Praxisbewährung betroffen, anderthalb Jahre später folgte ein von der Stasi vorbereiteter Schauprozess, der für drei weitere Studenten mit Haftstrafen bis zu sechs Jahren endete.
Im Rahmen dieses Beitrages möchte ich nun den Fokus auf eine spezifische Frage einstellen: Die Frage nach Wissen und Gewissheit, so wie sie in der Kommunikation zwischen den Akteuren der Pränataldiagnostik und den werdenden Eltern eine Rolle spielt. Damit wäre auch schon der Untertitel meines Beitrages präzisiert. Sprachspiele der Pränataldiagnostik. Der Obertitel 'Then you know' ist eine Reminiszenz an ein Gespräch vor einigen Jahren mit kalifornischen Freunden, Eltern zweier Kinder. Sie erinnerten sich daran, dass man ihnen gleich zu Beginn der ersten Schwangerschaft, ohne einen konkreten medizinischen Anlass, zur Absolvierung des pränataldiagnostischen Programms riet. Auf ihre damals ganz unbedarft, offen und durchaus ernsthaft gestellte Frage, warum sie dies denn tun sollten, antwortete der ihnen gegenübersitzende Arzt: "Then you know“. Dann wißt ihr's. Dann weiß man's. Drei Worte, die Platz lassen für die kleine Ambivalenz von 'ihr' und 'man'; drei Worte, die nicht schwer ins Deutsche zu übersetzen sind; man braucht allerdings ein Wort mehr, oder doch mindestens einen Buchstaben und ein Häkchen – ein zusammengeschrumpftes 'es', das sich unauffällig in die Leerstelle des originalen Satzes schiebt, sich allerdings, wenn man anfängt, auch nur ein bisschen darüber nachzudenken, in sein epistemisches Zentrum verwandelt: Was ist es denn, das dann gewußt wird? Then you know – ein Satz, der einem auch im Deutschen vertraut und typisch vorkommt und sofort ähnliche aufruft: Dann wissen wir es – wenigstens. Dann ist – endlich – die Ungewissheit vorbei. Ich will – einfach- Gewissheit. Sätze des Wissens, in denen eine Menge ungewiss ist.
In diesem Beitrag möchte ich der Frage nachgehen, wodurch sich wissenschaftliche Zukunftsbetrachtungen, die vielfach für die Politik- und Gesellschaftsberatung unternommen werden, von anderen Formen der Zukunftsschau unterscheiden. Wissenschaftliche Zukunftsschau ist oft teuer und langwierig, es erscheint also mehr als berechtigt, nach ihren Vorteilen gegenüber anderen Zugängen zu fragen, etwa der literarischen Zukunftsschau. Dazu werde ich folgende Thesen entfalten:
• Wissenschaftliche Zukünfte sind soziale Konstruktionen und keine wertneutralen Beschreibungen zukünftiger Entwicklungen.
• Ein Nachweis der Wissenschaftlichkeit wissenschaftlicher Zukünfte ist wissenschaftstheoretisch nicht trivial und unterscheidet sich von den Nachweisen der Wissenschaftlichkeit in anderen Bereichen.
• Die Erwartung, wissenschaftliche Zukünfte seien per se besser als nichtwissenschaftliche (wie z. B. literarische oder astrologisch motivierte Zukünfte) – in dem Sinne, dass sie besser die Zukunft vorhersagen –, ist nicht begründet.
• Stattdessen haben wissenschaftliche Zukünfte die Vorteile, dass sie allgemeine Zustimmungsfähigkeit schaff en, dass sie erlauben, Konsistenzforderungen zu stellen und zu überprüfen, und dass sie ein Lernen aus dem Vergleich der vorhergesagten mit den dann real eintretenden Ereignissen ermöglichen.
Wenn es in diesem Beitrag spezifisch um die Wissenschaftlichkeit von Zukunftsbetrachtungen geht – in Gegenüberstellung zu einer un- oder nichtwissenschaftlichen Prophezeiung –, so möchte ich die Betrachtung auf die wissenschaftlich gestützte Zukunftsschau in gesellschaftlichen Feldern beschränken und nicht auf Vorhersagen generell, etwa der Astronomie, der Meteorologie oder der Kosmologie, erstrecken.
Thomas Hardy's "Tess of the D'Urbervilles" is analyzed from an evocritical perspective in order to consider evolved human reproductive strategies through the psychology and behavior of the novel's three principal characters: Tess, Alec and Angel. It is argued that Hardy made the episode of Tess' and Alec's sexual contact, as well its interpretation by the characters, ambiguous, thereby suggesting the possibility of seduction rather than rape. In this context, two female mating patterns — inherited from our hominid ancestors — appear in Tess' behavior: a) the collection of high quality genes from a genetically fit male (Alec) who is not likely to stay with the female and provide for the offspring and b) mating with a provider male who is interested in long-term parental investment (Angel). Conversely, Angel and Alec represent two male mating strategies that evolved as possible courses of action in our species: the dad and the cad respectively. The unwillingness of Angel to forgive Tess her sexual past is considered in the context of another evolved feature of the human mind: paternal uncertainty (the fear of the male's genetic extinction through the possibility of raising another male's offspring). This is juxtaposed with studies of male jealousy in different cultures and periods. Tess' decision to tell Angel about her past is viewed in connection with the concept of modularity: an approach to human psychology based on the assumption that the mind is divided into specialized modules (responsible for different cognitive spheres) which can sometimes conflict.
Ridley Scott's "Blade Runner" ist eine lose Adaption von Philip K. Dicks Roman "Do Androids Dream of Electric Sheep?". Der Science-Fiction-Film spielt in der Stadt Los Angeles im Jahr 2019, obwohl in der Buchvorlage San Francisco Ort des Geschehens ist. Bereits seine einleitenden Szenen geben einen Vorgeschmack auf den folgenden Streifen und die Rolle der Metropole darin. In diesen wird eine düstere urbane Landschaft gezeigt, die von flackernden Schornsteinen und dem künstlichen Licht zahlreicher Fenster nur marginal erleuchtet wird. Der so entstehende, bedrohliche Eindruck wird durch die Klänge des Vangelis-Soundtracks, die stets patrouillierenden Polizeiflieger und die dominierenden Pyramiden der Tyrell Corporation zusätzlich unterstrichen. Es verwundert deshalb wenig, dass dieses Set von der Filmcrew "Hades" genannt wurde.
Die bedrückende Atmosphäre der Startsequenz wird in den engen Häuserschluchten der Stadt weiter betont. Dort drängen sich Menschen unterschiedlichster Herkunft auf engstem Raum. Dies lässt auf eine starke Überbevölkerung schließsen, obwohl die oberen Gesellschaftsschichten sich größtenteils von der Erde zurückgezogen haben.
In Außerweltkolonien lassen sie Replikanten für sich arbeiten. Diese Androide werden von der Tyrell Corporation hergestellt. Weil die neuesten Modelle ihren Machern körperlich und intellektuell überlegen sind, wird ihnen zum Schutz der Menschheit eine maximale Lebensdauer von vier Jahren einprogrammiert. Zudem ist es Replikanten verboten, auf die Erde zurückzukehren. Diejenigen, die es trotzdem tun, werden von speziellen Kopfgeldjägern, sogenannten Blade Runnern, gejagt und "in den Ruhestand versetzt", also getötet. Im Film spielt Harrison Ford einen solchen Detektiven. Als Rick Deckard jagt er eine Gruppe von Replikanten, welche auf die Erde gekommen ist, um mehr Leben von ihrem Schöpfer einzufordern.
Im Folgenden wird untersucht, wie die Stadt Los Angeles im Film dargestellt wird. Dabei wird auch abgeklärt, warum die jeweiligen Darstellungsformen von den Filmschaffenden gewählt wurden und die Handlung des Films ausgerechnet nach Los Angeles verlegt worden ist. Zudem werden ausserdiegetische Entwicklungen, welche durch den Film und die darin dominierenden urbanen Bilder angesprochen und kritisiert werden, erörtert. Hierfür wird auch auf mögliche Vorbilder eingegangen, die auf die Gestaltung der Stadt in Ridley Scotts "Blade Runner" eingewirkt haben.
Dieser Arbeit liegt der im Jahr 2007 veröffentlichte "Final Cut" des Films zu Grunde. Dieser ist die bislang letzte Fassung von "Blade Runner" und somit wohl auch diejenige, welche den persönlichen Vorstellungen des Regisseurs am meisten entspricht. Wenn es für diese Untersuchung relevant ist, wird aber dennoch auf frühere Versionen verwiesen.
Die Last der Revolutionen ergibt sich aus dem Umstand, dass sie das Leben verändern können. Die Digitalisierung ist eine solche Revolution. Sie verändert ziemlich viele Lebensbereiche, das auch noch sehr schnell und ohne dass ein Ende abzusehen wäre. Sie verändert auch die Geisteswissenschaften. Mit dem Label „Digital Humanities“ wird dieser Wandel ausgeflaggt, aber wie in vielen ähnlichen Fällen ist auch dieser Begriff eher ungenau. Die Unschärfe der Bezeichnung hat zunächst damit zu tun, dass man ab dem Aufkommen des Computers in den sechziger Jahren üblicherweise von „Humanities Computing“ sprach; erst seit der Jahrtausendwende setzte sich dann im Zusammenhang mit der Verbreitung des Internets der Begriff „Digital Humanities“ zur Beschreibung der computergestützten Geisteswissenschaften durch. Hießen entsprechende Publikationen in den achtziger Jahren noch The Humanities Computing Yearbook, kamen sie nach 2000 mit Titeln wie A Companion to Digital Humanities auf den Markt. Mit dem Namenswechsel wird auch die Klammer größer, sie umfasst nun nicht länger allein textwissenschaftliche Fächer, sondern auch Disziplinen wie die Geschichte oder die Archäologie, die Musik- und die Kunstwissenschaften.
"Auf den Hügeln, rund um die Zentren großer Städte, stößt man merkwürdigerweise oft auf so eine Art städtisches Bergvolk. Jedenfalls ist in Berlin diese besondere Population auffallend in der Gegend des Prenzlauer Bergs und des Kreuzbergs, in Paris auf dem Montmartre und Montparnasse; im Londoner Hampton Heath und auf dem Wiener Spittelberg soll es vergleichbar sein." Mit diesen Zeilen beginnt Daniela Dahn ihre "Prenzlauer Berg-Tour", in der sie sich einer ethnologischen Forschungsreisenden gleich auf den abenteuerlich-verschlungen anmutenden Weg hinauf zum Prenzlauer "Bergvolk" begibt. Die zeitgenössische öffentliche Rezeption des Ende 1987 im Mitteldeutschen Verlag Leipzig/ Halle veröffentlichten Buches war einstimmig positiv; hervorgehoben wurde unisono insbesondere der Realitätsgehalt der Reportage. [...] Das nach der Publikation um sich greifende große öffentliche Interesse belegen nicht nur die zahlreichen Lesungen, Buchpräsentationen und Werbeanzeigen, sondern allen voran die Tatsache, dass die ersten beiden Auflagen (1987 und 1989) des Buches von insgesamt 27.000 Exemplaren in kürzester Zeit vergriffen waren. Doch wie lässt sich dieser Erfolg erklären? Ein gewichtiger Grund war vermutlich, so die Hypothese der nachfolgenden Überlegungen, dass Dahns Reportagen zum DDR-Alltagsleben im Rahmen damaliger Möglichkeiten – von "Sagbarkeitsregimes" hätte Michel Foucault gesprochen – einigermaßen ungeschminkt und schonungslos soziale Widersprüche des "real existierenden Sozialismus" in ihrer literarischen Aneignung zeigten. Dieser ungeahnt-ungekannte Darstellungsmodus überschritt Grenzen und evozierte reichlich Aufmerksamkeit.
Genç Türk Gazetecinin "Berlin’in Yalnız Kadınları" anılarında tarihsel eleştiri ve sanatlararasılık
(2013)
In unserer allmählich kleiner werdenden Welt und "in der Literatur und Wissenschaft, die auf einer Vielzahl von Ortsveränderungen beruhen" (Ette 2001: 21), ist "die Verortung des Fremden im Dialog der Kulturen" von einer großen Bedeutung. Der Dialog der Kulturen war schon längst ein Thema vieler Kulturarbeiten und der Humanwissenschaften, wobei mehrmals vergessen wurde, wo das Fremde in diesem Dialog liegt und wer für wen fremd ist. Meist spielt eine eurozentrische Betrachtungsweise eine wesentliche Rolle, um diesen interkulturellen Dialog zu definieren, auch wenn der Dialog sich zwischen zwei Elementen oder Personen gleicher Rechte in der sprachlichen, kulturellen und sozialen Repräsentation verwirklichen sollte, sonst geht der Dialog von vornherein verloren. "Es lohnt sich in der Tat zu fragen, inwieweit man wirklich bereits von einem global-gleichrangigen Dialog zwischen den Völkern sprechen kann, der nicht selten von verschiedenen Seiten beschworen wird" (Bräsel 1999: 77).