BDSL-Klassifikation: 14.00.00 Romantik > 14.12.00 Zu einzelnen Autoren
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[Es geht] nicht nur um den aktuellen Disput, sondern auch um dessen Gegenstand selbst, und zwar im besonderen um den Text, der bis zum Überdruß wissenschaftlich traktiert worden ist: Novalis’ „Monolog“. Ohne Bitte um Wohlwollen kann man sich um diese anderthalb Seiten nicht mehr öffentlich bemühen. (...) [Stefan Matuscheks] Anlass, dieses Wohlwollen noch einmal zu strapazieren, ist der, daß sich an diesem vordringlichsten Zeugen der frühromantischen Poetik als Sprachreflexion am deutlichsten die Interpretationstendenz von kritischer Abstraktion zur Erbauung zeigen läßt.
Poesie und Prosa der Europa-Idee. Novalis' "Die Christenheit oder Europa" und seine modernen Leser
(2003)
An (...) [Novalis’ ‚Die Christenheit oder Europa’] ist alles problematisch: seine Fassung, sein Titel, seine Gattung und der damit vom Text selbst erhobene und reflektierte Geltungsanspruch, seine Begriffe von Religion und Politik sowie schließlich, und darin liegt ja die Brisanz des Ganzen, das Verhältnis von beiden. ‚Die Christenheit oder Europa’ formuliert auf der Grundlage eines idealisierten mittelalterlichen Katholizismus eine aktuelle europäisch-politische als religiöse Heilserwartung. (...) [Auch ist dieser Text] ist ein Lehrstück dafür, dass literarische Texte nicht von sich aus ohne weiteres, sondern immer in bestimmten Funktionszusammenhängen gegeben und verstehbar sind.
Die Anforderung nach einem ‚Winckelmann der Poesie’ steht bei Herder und Friedrich Schlegel für die Neukonzeption von Literaturgeschichte, die an der ‚Geschichte der Kunst des Altertums’ Maß nimmt. Doch führt die Auseinandersetzung mit diesem Werk bei beiden zu gegensätzlichen Geschichtskonzepten. Es geht dabei um den Zusammenhang von Geschichte und System, den Herder im Widerspruch zu Winckelmann durch historische Objektivitätsillusion negiert und Schlegel in Übersteigerung der Winckelmannschen Ansprüche forciert. Daraus folgt beim jungen Schlegel die Überblendung von statisch taxonomischem und dynamischem Geschichtsmodell, die dann allerdings nicht von Schlegels eigenen Arbeiten zur Literaturgeschichte, sondern von der idealistischen Kunstphilosophie Schellings und Hegels fortgesetzt wird.
Die ‚Neue Mythologie’ ist, so wie sie sich in Friedrich Schlegels Notizheften und seinem „Gespräch über die Poesie“ darstellt, ein literarischer Kunstgriff theoretischer Selbstbehauptung. Er macht seinen Anspruch, die überlieferte wie die zeitgenössische Philosophie und Wissenschaft zu überbieten, zugleich als rhetorische Strategie durchsichtig.