BDSL-Klassifikation: 05.00.00 Deutsche Literaturgeschichte > 05.10.00 Literarische Volkskunde > 05.10.06 Sage
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Die Vertreibung der Deutschen aus dem Riesengebirge wirkte sich auch auf die Überlieferung der Rübezahl-Sage aus. Im tschechischen Kontext wurde an die Tradition der Vorkriegszeit angeknüpft, in der Rübezahl als Symbol der Region diente, das einerseits die Regionalidentität stärkt, andererseits als eine allgemein verständliche Marke genutzt wird. In diesen Kontexten konnten auch einige Denkmäler der deutschböhmischen Kultur in den tschechischen Kontext inkorporiert werden. Erst in den 70er Jahren setzte sich unter dem Einfluss der Massenmedien die prototypische Darstellung Rübezahls als Märchenheld durch. Zur Stereotypisierung tendierte auch das Bild des Berggeistes in der Erinnerungskultur der Vertriebenen, die sich der alten, sagenhaften Tradition des launischen Dämons bedienten. Beide identitätsbildenden Stereotype standen miteinander in einem Konflikt, der erst nach der Wende schrittweise überwunden wurde. Rübezahl gewann eine zentrale Rolle im touristischen Marketing, wobei breite Darstellungsmöglichkeiten synkretisch variiert werden.
Der Besprechungsaufsatz zu dem von Rudolf Schenda herausgegebenen Buch "Sagenerzähler und Sagensammler der Schweiz" (1988) erörtert die möglichen Definitionskriterien für den Begriff Sage/Volkssage, lehnt den Definitionsvorschlag von Schenda ab und plädiert dafür, für die Zeit vor 1800 ganz auf den Sagenbegriff zu verzichten.
Bei den alljährlichen Fastnachtsumzügen der Stadt Esslingen reitet unter den die Vergangenheit repräsentierenden Figuren auch eine schwarzgelockte Gestalt in Generalsuniform, mit Federhut und Stulpenstiefeln. Sie stellt Ezéchiel Graf von Mélac dar, einen der im südwestlichen Deutschland gefürchtetsten Generale Ludwigs XIV. Um diese, im Gedächtnis der Esslinger einen unauslöschlichen Eindruck hinterlassende Gestalt hat sich im Laufe der Zeit eine Legende gebildet, die sich zu einer fest umrissenen Sage verdichtet hat. Während des 18. und 19. Jahrhunderts hat die Sage verschiedene literarische Adaptionen erhalten. Der folgende Beitrag versucht aufzuzeigen, in welchem Maße die Entstehung der Sage und ihr literarisches Fortleben unabhängig von der historischen Realität, und in welchem Grade ihre Ausprägungen den jeweils herrschenden Ideologien unterworfen waren.
Eine deutsche Volksballade aus Bayern mit einem Türken-Thema und ihr Verhältnis zur Geschichte
(2014)
Volksballaden sind interessante kulturhistorische Belege; sie spiegeln Zeitgeschehen und Mentalitäten – historisch sind sie nicht, auch wenn sie als 'wahr' empfundene Ereignisse aufgreifen. Die deutsche Volksballade vom "Dollinger" wurde unter dem Eindruck der über Jahrhunderte andauernden Türkengefahr überliefert und jeweils neu aktualisiert; sie hat eine in Regensburg lokalisierte Stadtsage zum Inhalt, wie ein christlicher Held nur mit Mühe den heidnischen Türken (oder Ungarn, Osmanen usw.) überwindet und damit die Stadt (das Land) rettet.