BDSL-Klassifikation: 17.00.00 20. Jahrhundert (1914-1945) > 17.18.00 Zu einzelnen Autoren
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A relação pai-filho é uma das pedras angulares da pesquisa psicanalítica. Este artigo examina tal relação, assim como se apresenta no romance "Zipper und sein Vater" (1928, "Zipper e seu pai"), de Joseph Roth, em um contexto histórico e psicossocial relevante. Traçando um paralelo entre a figural paternal do Imperador Austro-Húngaro, Franz Joseph, e o pai de Arnold Zipper, e valendo-se da experiência pessoal do narrador (e do próprio Roth), o artigo apresenta uma análise da importância da figura e as consequências devastadoras de sua ausência.
Der Schwierige von Hugo von Hofmannsthal reflektiert die Lage, die dem Niedergang der Habsburger Monarchie parallel verläuft. Gleichzeitig ironisiert das Lustspiel eine Gesellschaft, die von den Krisen der Moderne geprägt ist und infolge dieser deren bisher bestehende Form sich auflöst. In der vorliegenden Untersuchung wird das Argument stark gemacht, dass Der Schwierige in einer krisenhaften Phase auf alte gesellschaftliche Normen und Werte zu verweisen sucht und dass dieser Verweis eine nostalgische Haltung repräsentiert. "Der Schwierige" stellt im Sinne einer kulturellen Restaurierung eine Beschönigung althergebrachter Lebensformen dar, die der Ungewissheit des Jetzt gegenübergestellt wird.
Lion Feuchtwanger (1884-1958) schrieb zahlreiche Gegenwartsromane, aber seinen Ruhm begründete er mit der historischen Dichtung, die er für die Aktivierung von Vernunft und Rationalität einsetzt. Sei es im Exil oder in der inneren Emigration, es war für Schriftsteller nicht einfach das Phänomen des "Nationalsozialismus" und vor allem Hitler als eine literarische Figur darzustellen. Um eine größere Leserzahl zu erreichen bevorzugte Lion Feuchtwanger historische und biographische Romane. In dem Roman "Der falschen Nero" übt er mittels Satire politische Kritik gegenüber den aktuellen Begebenheiten seiner Zeit aus.
Es gehört zu den Eigenarten der Romane Klaus Manns, daß ihre Handlung vorzugsweise in der Gegenwart oder zumindest der jüngsten Vergangenheit angesiedelt ist. Das war - um nur diese Beispiele zu nennen - der Fall in "Flucht in den Norden", in "Mephisto" und in "Der Vulkan". Es trifft in besonderem Maße für einen Fragment gebliebenen Roman "The Last Day" zu. Er sollte an einem einzigen Tag, dem 13. August 1947, spielen, und dies war auch der Tag, an dem Klaus Mann die ersten Notizen zu dem Roman niederschrieb. Ein hohes Maß an Aktualität war diesem Projekt also von Anfang an eigen, und dieses Maß verringerte sich bis zum April 1949, dem Zeitpunkt der letzten Arbeiten an dem Manuskript, nicht im geringsten, es nahm eher noch zu. Wie bekannt, handelt es von dem tragischen Untergang zweier Intellektueller im Kalten Krieg.
Através da ideia de quimera, esse ensaio tentará compreender a constituição aberta do personagem Odradek, da narrativa curta "A preocupação do pai de família" de Franz Kafka. O interestante nessa construção literária seria o deslocamento (inclusive das possibilidades de expressão de gênero nas línguas) que Odradek impõe ao esforço constante do narrador (representante de grupos sociais específicos) em categorizá-lo e, por consequência, do leitor, que tentaria encerrá-lo num tipo fechado de interpretação. Odradek parece um tipo de ser incapturável pelas principais categorias, sejam elas literárias, biológicas ou sociais, que ajudaram a fundar a ideia de Modernidade.
El presente artículo explora una novela olvidada en la producción literaria de Hans Fallada: "Der Alpdruck". Esta novela, testimonio del sufrimiento y la esperanza de la sociedad alemana en los primeros años posteriores a la Segunda Guerra Mundial, indaga en la herencia del nacionalsocialismo en la vida individual y colectiva. Conceptos centrales como el arraigo, la identidad y el lenguaje se transforman en elementos centrales para comprender las consecuencias del terror político y el dolor de una existencia desprovista de horizontes afectivos y reflexivos. El artículo se detiene en dichos conceptos tomando algunos capítulos de la novela para evidenciar la permanencia del nacionalsocialismo en diversos aspectos de los sujetos y el intento de lidiar con dicha herencia para pensar Alemania.
Karl Lieblichs Lebengeschichte ist die eines weitgehend vergessenen, deutsch-jüdischen Dichters, der das nationalsozialistische Deutschland verließ, um ins brasilianische Exil zu gehen, und nach dem Krieg nach Deutschland zurückkehrte. Dieser Artikel setzt sich das Ziel, sein Leben nachzuzeichnen, seine literarischen und kulturphilosophischen Werke zu analysieren und in die Zeit einzubetten.
Die hier wiedergegebenen Auszüge aus Andrians Tagebüchern stützen sich zum größten Teil auf Exzerpte, die von meiner ersten Beschäftigung mit Andrian herrühren. Mein Hauptinteresse galt damals der Frühphase [...] Dem Anliegen der "Hofmannsthal-Blätter" entsprechend steht bei den folgenden, bis auf wenige Passagen bisher unveröffentlichten Tagebuchauszügen der "Blick" Andrians auf Hofmannsthal im Mittelpunkt. Es werden also vornehmlich die Passagen geboten, in denen Hofmannsthal direkt erwähnt wird. An einzelnen Stellen, wo es mir aufschlussreich erschien zu zeigen, wie Andrian andere gemeinsame Freunde einschätzte oder wo er gemeinsame Erfahrungen wiedergab, wurde Seitenblicken stattgegeben. [Ebenfalls aufgenommen wurden:] Exzerpte aus einem Notizbuch zu Vorlesungen der Philosophen Jerusalem und Eckstein zur Erkenntnistheorie und zu Kant [...] Den Abschluß bilden Andrians Notizen aus dem Jahre 1948 zu seinem Aufsatz über Hofmannsthal für Helmut A. Fiechtners Sammelband, in denen der Freund den Freund nur wenige Jahre vor seinem Tod rückblickend und nachdenkend noch einmal "entwirft".
Nachdem Gabriele Tergit in den 1930er Jahren als Autorin von Reportagen und einem ersten Roman in der Weimarer Republik sehr erfolgreich gewesen war, wurden ihre Texte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts lange Zeit wenig oder gar nicht rezipiert. In den späten 1970er Jahren gab es eine erste kleine 'Wiederentdeckung', aber erst seitdem ihre Werke seit 2016 im Schöffling Verlag unter der Herausgeberschaft von Nicole Henneberg neu aufgelegt bzw. zum Teil überhaupt erstmals veröffentlicht werden, erfährt Tergit eine späte Anerkennung und Rezeption als eine große Autorin der Weimarer Republik und des Exils.
Der Wald ist eines der wichtigsten Landschaftselemente im Kulissenfundus der Literatur - mit entsprechender Bedeutungsvielfalt: Die christlich-abendländische Tradition sieht ihn als Ort der Finsternis, der durch das göttliche Licht erhellt werden muss. In den berühmten Eingangsversen der 'Divina Commedia' erscheint er als rauer, wilder und dunkler Raum, Dantes "selva oscura" ist Stätte des Verwirrtseins und Zeichen irdischer Sündhaftigkeit. Aufgrund seiner transzendenten Unermesslichkeit jenseits rein geographischer Dimensionen kommt Gaston Bachelard in seiner 'Poetik des Raumes' zu dem Schluss: "Der Wald ist ein Seelenzustand". Als Metapher für die Seele des Menschen ist der Wald nicht nur in der Romantik beliebt, als Ausdruck des kollektiven Unbewussten interessiert er auch die Psychoanalyse, etwa in Gestalt der Archetypenlehre C. G. Jungs. In seiner Studie 'Masse und Macht' rechnet Elias Canetti den Wald zu den "Massensymbolen", mit durchaus unangenehmen Konnotationen für das Individuum. Da jeder einzelne Stamm, aus denen sich dieser zusammensetzt, fest verwurzelt und unverrückbar in der Erde stehe, sei "der Wald zum Symbol des Heeres geworden: ein Heer in Aufstellung, ein Heer, das unter keinen Umständen flieht; das sich bis zum letzten Mann in Stücke hauen läßt, bevor es einen Fußbreit Boden aufgibt". In diametralem Gegensatz zu diesem Szenario der Bedrohung des Einzelnen durch die Masse zusammengerotteter Bäume erscheint der Wald jedoch gleichermaßen als Ort der Freiheit, als Abbild der ursprünglichen Natur jenseits der einengenden menschlichen Zivilisation, als fruchtbare Wildnis, in der sich das Individuum frei entfalten kann. In dieser Bildtradition stehen zwei Texte, die ungefähr im Abstand von 100 Jahren und auf zwei verschiedenen Kontinenten entstanden sind: Henry David Thoreaus 'Walden' (1854) und Ernst Jüngers 'Der Waldgang' (1951). Wenn diese beiden in ihren historischen Voraussetzungen so unterschiedlichen Essays im Folgenden miteinander verglichen werden, so geschieht dies deshalb, weil sich in den Werken Jüngers und Thoreaus die einschlägige Rede von der Freiheit des Waldes mit einer dezidiert individualanarchistischen Programmatik verbindet, die dieser Raumsymbolik eine neue Bedeutungsdimension verleiht, die bisher in der einschlägigen topologischen Forschung unterbelichtet geblieben ist.
Ende mit Schrecken : Arnold Zweigs "Judenzählung vor Verdun" als Bild aufgeschobener Identität
(2008)
Ein Schriftsteller, dessen gesamtes Werk zwischen der Beschäftigung mit Antisemitismus einerseits und der Reflexion über den richtigen Weg des Zionismus andererseits pendelt, ist Arnold Zweig. Zweig gehörte in der alten Bundesrepublik nicht zu den bekanntesten deutsch-jüdischen Autorinnen und Autoren, doch finden sich (gerade deswegen) in seinem umfangreichen essayistischen und literarischen Werk von der literaturwissenschaftlichen Forschung noch ungehobene Schätze. Eine besonders bedeutsam funkelnde Vignette stellt der zweieinhalbseitige poetische Text mit dem Titel "Judenzählung vor Verdun" dar, der am ersten Februar 1917 in der Wochenzeitschrift 'Die Schaubühne' erscheint. In ihm konkretisiert sich die abstrakte Eingangsfrage auf emblematische Weise. In einem ersten Teil möchte ich hier den historischen und geistesgeschichtlichen Kontext von Zweigs Text aufrollen, bevor ich in einem zweiten Teil zu einer genauen Lektüre komme.
Sollte ein dermaßen sentenzenreicher, ja sentenziöser Autor wie Brecht, ein Liebhaber von Sprüchen der raffiniertesten wie der drastischsten Art, nie mit dem Gedanken an eine eigene Sammlung seiner Aphorismen gespielt haben? Die neue Gesamtausgabe verzeichnet nichts der Art. Auskünfte von Mitarbeitern des Archivs, von Werner Hecht und Jan Knopf stimmen darin überein: Es gibt keinen Ansatz dazu, es läßt sich auch zu keinem Zeitpunkt eine derartige Absicht nachweisen. Anders als Goethe (von Schiller zu schweigen), als Hebbel, Karl Kraus und viele andere, auf die er sich mehr oder weniger intensiv bezogen hat, stellt sich Brecht als ein Dramen-, Gedichte- und Artikelschreiber dar, den es offensichtlich nicht gereizt hat, die oft von sich gegebenen "schlagenden Halbwahrheiten", die "Vorbereitungen seiner nächsten Irrtümer" und dgl. in die Form einer lockeren Serie zu bringen. [...] [I]n diesem Aufsatz zum 100. Geburtstag des Meisters [soll] seine Produktion von Sprüchen zusammen mit der Zersetzung und Infragestellung von Spruchgut aller Art untersucht werden. Die Lust an der Pointe, die Hochachtung vor dem schon (schön) Ausformulierten ist von der despektierlichen Behandlung, der sarkastischen oder ingrimmigen Verfolgung dieser Ruhepolster des Denkens kaum zu trennen. Erst recht läßt sich bei dem Anverwandlungskünstler Brecht nur selten genau ausmachen, was er in eben der Form vorgefunden, was er verändert, was er nur nach dem Vorbild oder im Klang einer bewährten Tradition selbst erfunden und was er frei (mit einer "Freiheit", an die zu glauben er sich weigerte) ausgedacht hat.
Wie sah die neue Erzählstrategie aus, die Ret Marut entwickelt hat, seitdem er in Mexiko saß und sich Traven nannte? Welchen neuen Pakt mit den Lesern bot er an und schloss er faktisch für die Dauer seiner weiteren Produktion? [...] Er suchte (um es erst einmal pauschal zusammenzuraffen) von den Erfahrungen seiner neuen Existenz aus, mit Zuhilfenahme sozialer Imagination, ein verlässliches Kontinuum von Situationen zu schaffen, das ein Publikum fesselnd unterhalten und dabei noch anschaulich politisch belehren konnte. Die Tradition der Abenteuerstory aus fremden Weltteilen bot ihm dazu ein hin-reichend ausbaufähiges Muster. Geeignet für seine Zwecke wurde dieses Muster aber erst dadurch, dass er es gegen den Strich bürstet: Er reduziert die Exotik auf solche Merkwürdigkeiten, die die tatsächliche (etwa tropische oder maritime) Besonderheit einer fremden Welt unterstreichen (mit kleinen Übertreibungen). Er versetzt keine Helden: keine besonders starken, mutigen oder edelmütigen Wesen dort hinein, sondern x-beliebige Menschen. Und er konzentriert das Abenteuerliche auf das wirkliche Abenteuer, sich in kapitalistisch organisierten Arbeitsverhältnissen durchzuschlagen und dabei, so gut es geht, Mensch zu bleiben.
Dieses eigenständige Schreibziel, das Traven mit nur wenigen Abenteuerschriftstellern sowie mit Upton Sinclair und Egon Erwin Kisch teilt, machte ein ganzes Bündel von Änderungen an dem gut eingeführten und nach wie vor vitalen Genre der abenteuerlichen Geschichte erforderlich. Die Lebensstellung und die Haltung des Helden, die Seriosität des Erzählers, der keine Lust hat zu diktieren oder geheimes Wissen, geschweige denn Allwissenheit vorzuflunkern, die Lockerheit oder Straffheit des Handlungsfadens mussten ebenso neu konzipiert werden wie der Umgang mit den auf die Pelle rückenden, aber notwendig zu bändigenden Gegebenheiten des Dschungels und der Prärie und mit der Vielfalt von Unterhaltsmöglichkeiten, die alle nach dem eintönigen ökonomischen Muster der Ausbeutung gestrickt waren. Um die tragenden Pfeiler dieser narratologischen Poetik zu untersuchen, die im Wesentlichen von den frühen vier oder fünf Romanen des neuen Erzählgestirns Traven bis zu seinem 'Caoba'-Zyklus vorhielt (von 1925 bis 1940), halte ich mich an den Roman 'Der Wobbly' (1926), der als 'Die Baumwollpflücker' (von 1928 an) berühmt wurde. Da jeder Roman Travens als selbständige Einheit für sich konzipiert ist, gelten meine Ausführungen streng genommen nur für diesen einen Roman. Immerhin liefert er, den Traven vermutlich als ersten ausgearbeitet hat, wichtige Vorentscheidungen für das ganze neugestaltete Genre und ein Kaleidoskop von Erzähl-künsten, die der Autor weiterhin eingesetzt hat.
Nach der Befreiung des Konzentrationslagers Theresienstadt am 9. Mai 1945 fand die dort seit Februar inhaftierte Journalistin Eva Noack-Mosse eine kleine Anzahl von Gedichten und Gedichtfragmenten auf "Fetzen armseligen Papiers [...] meist mit Bleistift gekritzelt, vielfach durchgestrichen und verbessert, oft verlöscht und schwer lesbar." Sie wurden der dort am 19. April 1945 verstorbenen Kunsthistorikerin und Dichterin Gertrud Kantorowicz zugeschrieben und gehörten zu der "unübersehbaren Flut" von Versen, die sich laut Hans Günther Adlers monumentaler Geschichte von Theresienstadt über das Lager ergoss. Er sah in den meisten nur "ein einsames Gesellschaftsspiel mit sich selbst," denn noch "ein klapperndes Versmaß verspricht mehr Schutz und Bestand als das Fristen eines zerhämmerten und gnadenlosen Daseins." Geht man aber von der persönlichen Bekanntschaft der jungen Gertrud Kantorowicz mit Stefan George und den hiermit verbundenen lange nachwirkenden Anregungen aus und wird ferner berücksichtigt, welche Rolle im George-Kreis die Antike-Rezeption gespielt hat, so ist es nicht mehr so verwunderlich, dass die meisten Theresienstadt-Gedichte Kantorowicz' in antikisierenden Versformen und im hohen Stil gehalten sind; das ist nicht nur eine unerhörte Verfremdung der herabziehenden und demütigenden Lagererfahrung, sondern auch ein Sich-Erheben über Schmutz, Gewalt und Ungeist, eine ganz persönlich geprägte poetische Selbstbehauptung und Widerstandshandlung. Diesen Zusammenhängen soll im Folgenden nachgegangen werden.
Der Beitrag untersucht Polyglossie als eine Form der ästhetischen Polyphonie. Damit rücken die Aspekte der Vielstimmigkeit und Multiperspektivität in den Blick, poetologische Verfahren, die wesentlich die literarische Moderne des 20. Jahrhunderts prägen. Die zivilisatorische Moderne ist gekennzeichnet durch Dialogizität und Vielstimmigkeit, Dezentralisierung und Heterogenität, Simultanität und Interferenz. Über eine Ästhetik des Polyphonen re-lektieren literarische Texte so Merkmale einer modernen Lebens- und Erfahrungswelt, was anhand von Alfred Döblins modernem Großstadtepos "Berlin Alexanderplatz" veranschaulicht wird.
El presente artículo se propone analizar la interpretación benjaminiana de Kafka tomando como eje central el problema de la tradición y su resignificación política en el contexto de producción tardío. Son relevantes en este sentido, los conceptos de hagadá y halajá con los que Benjamin estructura sus análisis. El objetivo es entonces rastrear los elementos que en la elaboración de una teoría política permiten recuperar al narrador checo para la revisión de un concepto de lo humano.
The reception of Franz Kafka’s work is normally seen from the perspective of human condition, the labyrinth, the bureaucracy that imposes itself over the individual and so on. There is no doubt about the importance of this perspective for the study of Kafka’s work. Nevertheless, the objective of the present paper is to point out another aspect in Kafka’s work, which is the relation to the visual medium Kaiserpanorama in his fictional writings. The starting points of this discussion are the books “Kafka goes to the movies” by Hanns Zischler published in 1996 and “Kafka und der Film: über kinematographisches Erzählen” by Peter-André Alt published in 2009. Thus, based on these publications this study intends to analyse the importance, that this optical medium may have had over Franz Kafka and in which ways it is possible to identify this new perception in his literary work, specially in the tale “An imperial message”. The main topic is constructed around the profundity of the 3D-image as seen through a Kaiserpanorama, and its statical plasticity.
Nach einer Rekonstruktion des Forschungsstandes (I.) soll in dieser Studie die literarische Modellierung des Frauenmörders Moosbrugger aus Musils "Der Mann ohne Eigenschaften" nach Bleulers (II.), vor allem aber nach Freuds Konzept der Paranoia (IJI.) untersucht werden. Im Mittelpunkt steht dabei Moosbruggers narzisstische Persönlichkeitsstruktur und die, aus einer freudschen Perspektive gesprochen, damit zusammenhängende Vorstellung, dass "hinter den Weibern der andere Mann" steckt. In einem letzten Schritt wird untersucht, inwieweit diese Persönlichkeitsstruktur die Voraussetzung für eine, mit Ulrich parallelisierte, mystische Öffnung Moosburggers darstellt (IV.).
In diesem Aufsatz wird die These vertreten, dass in Kafkas Türhüter-Legende der Begriff "Gesetz" nicht nur, wie man es häufig in der jüngeren Forschung findet, theologisch, sondern auch juristisch gelesen werden kann. Die Titel-Formulierung "Vor dem Gesetz" wird als Aufruf des im zeitgenössischen österreichischen Verfassungsrecht verankerten Gleichheitsgrundsatzes "Vor dem Gesetze sind alle Staatsbürger gleich" verstanden. Dieser Aufruf erfolgt mit einer Neu- bzw. Wiederbetonung der ursprünglich räumlichen Bedeutung der zu Kafkas Zeit grammatikalisiert verwandten Präposition "vor", die ihren sprachlichen Ursprung im Vortreten des Menschen vor den Richterstuhl hat.
Voraussetzung für argumentative Rede ist zum einen ihre Kohärenz; zum andern das Gelingen ihrer Referenz. Die Texte, die der poeta doctus Musil unter dem Titel 'Drei Frauen' versammelt hat, gehören nicht der argumentativen Rede an. Sie sind erzählender Natur. Dennoch problematisieren sie, wie wir vertreten möchten, die Voraussetzungen argumentativer Rede. Während 'Die Portugiesin' mit der Deixis (wie andernorts schon vorgeführt) den Weltbezug zu ihrem Thema macht, handeln 'Grigia' und 'Tonka' von der Verknüpfung elementarer Sätze zu Texten. In beiden Erzählungen werden die Konjunktionen zum Problem; das aber aus signifikant verschiedenen Gründen. Aus ähnlich verschiedenen Gründen werden in den fiktionalen Welten, die uns in 'Grigia' und 'Tonka' begegnen, Zusammenhänge zum Problem. Ein Textvergleich tut not; er führt auf die Bezüge, die wir soeben angedeutet haben.
Gibt es kubistische Lyrik im Diskursfeld des Primitivismus in der deutschsprachigen Literatur? Einer der wenigen Autoren, die Kubismus und Primitivismus verbanden, war Carl Einstein. Daher sei anhand einiger seiner Gedichte, die er allesamt im Verlauf des Ersten Weltkrieges während seiner Stationierung in Brüssel veröffentlichte, der Frage nachgegangen, ob diese Texte exemplarisch zu lesen sind als Versuch, kubistisch zu schreiben.
There are many aspects of Haas' life and experiences in India which deserve greater attention. I would like to refer briefly only to his attempts as a litterateur to come to terms with 'India' as presented in his autobiographical recollection and to some comparative cultural reflections in his essays. Like all reconstructions his autobiographical recollection of India is also a construct in which the site of India as a place of exile is justified by an achieved awareness between conscious individual choice and inevitability. An individual acts out a personal history, the prefiguration of which he only becomes aware of in the form of a subsequent epiphanic realization. Given Haas' literary background, it is not surprising that this is articulated through a literary association.
Kafka und die Weltliteratur
(2005)
Tagungsbericht zum internationalen Symposion an der Universität des Saarlandes, Saarbrücken, vom 20. bis 23. September 2004
Die Veranstalter des Saarbrücker Symposions 'Kafka und die Weltliteratur', Manfred Engel (Saarbrücken) und Dieter Lamping (Mainz), wußten, daß sie mit ihrer Tagung die vielfältigen Differenzen innerhalb der Kafka-Forschung nicht würden ausräumen können. Wohl aber hofften sie, die schmale Konsensbasis der Kafka-Forschung durch einen neuen Zugangsweg zu vergrößern: Statt den Autor, wie schon so oft, als (bewunderten) Einzelgänger innerhalb der klassischen literarischen Moderne zu betrachten und alle Anstrengungen auf eine Deutung der Einzeltexte zu konzentrieren, ging es in Saarbrücken erstmals darum, Kafkas Dichtungen in komparatistischer Hinsicht zu kontextualisieren.
Die Sonette II 9 bis II 11 der Sonette an Orpheus werden in der Forschung als Gruppe bezeichnet. Man gibt der Gruppe gern ein Etikett, das diese Behauptung rechtfertigen soll. Die Argumente lauten "Neuzeit", "Modernisierungskritik" und
"Disparatheit der Welt". Allen gemein ist die Annahme eines Bezugs zu einer außerliterarischen Wirklichkeit.
Poucas obras marcaram tanto o imaginário acerca do Brasil como o livro de Stefan Zweig intitulado "Brasil – um país do futuro", escrito nos anos 1940. No entanto, não obstante a fama desse livro e de sua visão de um Brasil harmonioso, não se deve esquecer que existem livros de outros autores de língua alemã, escritos nessa mesma época, com visões e interpretações acerca do Brasil divergentes daquelas reveladas por Zweig. Neste artigo, são abordados alguns aspectos da imagem do Brasil presentes no "Romanceiro Brasileiro", de Ulrich Becher – um autor relativamente negligenciado pelos estudos germânicos. Zweig, na procura por benesses do governo de Getúlio Vargas, demonstra uma tendência de ocultar possíveis conflitos que poderiam ameaçar a harmonia que ele acredita ter encontrado no Brasil. Ao contrário disso, Becher – para quem esse país foi apenas um lugar de passagem - destaca justamente as contradições e dissonâncias presentes, focalizando aspectos conflitantes com uma imagem idílica, como os grandes problemas e injustiças sociais, e chega, assim, a elaborar uma imagem talvez mais plausível do Brasil.
Klemens Renoldner, curador da exposição Precisamos de uma coragem bem diferente! -Stefan Zweig - despedida da Europa, aborda, em entrevista, as relações entre entre textos e contextos no âmbito da obra do escritor austríaco Stefan Zweig (1881-1942). Com isso, traz à tona diferentes contextos de recepção e vertentes interpretativas da obra zweigiana, contribuindo assim à relativização de tradicionais clichês em torno da vida e da obra do autor. Além disso, a conversa trata da cooperação entre o Stefan Zweig Centre, em Salzburgo, e a Casa Stefan Zweig, em Petrópolis (Rio de Janeiro), e apresenta projetos realizados e futuros.
Der Kurator der Ausstellung Wir brauchen einen ganz anderen Mut! Stefan Zweig - Abschied von Europa, Klemens Renoldner, spricht im Interview über Text-Kontext-Beziehungen in Hinblick auf das Werk des österreichischen Schriftstellers Stefan Zweig (1881-1942). Dabei kommen u.a. unterschiedliche Rezeptionskontexte und Interpretationsansätze ans Licht, die dazu beitragen, traditionelle Klischees rund um das Leben und das Werk des Autors zu relativieren. Außerdem wird auf die Zusammenarbeit des Stefan Zweig Centres in Salzburg und der Casa Stefan Zweig in Petrópolis (Rio de Janeiro) hingewiesen und abgeschlossene, sowie zukünftige Projekte vorgestellt.
Edições publicadas entre 2011 e 2014 no Brasil e em Portugal dos romances Os sonâmbulos e A morte de Virgílio, de Hermann Broch, mais que indícios de um interesse crescente ou uma acolhida tardia, incentivam pensar que episódios vêm compondo a história de sua presença em língua portuguesa. O artigo apresenta um levantamento inédito da recepção lusófona das obras ficcional e teórica de Hermann Broch desde o fim da década de 1950 até o presente e fornece um quadro se não conclusivo ao menos organizador dos principais momentos - inclusões na historiografia literária, traduções, aproveitamentos teóricos e artísticos - que dão forma a essa história apenas começada. O objetivo é expandir o mapa de suas leituras e dispor referências a discussões futuras que resolvam avançar com a pesquisa do autor e sua obra.
O texto investiga os sentidos do isolamento na lírica de Mascha Kaléko. Interessa à abordagem em particular os significados sociais no tratamento do tema da solidão em algumas composições reunidas no título "Das lyrische Stenogrammheft", de 1933. O trânsito entre vida pública e privada, assim como as articulações daí resultantes, que tensionam os conflitos individuais no contexto da cidade moderna, organizam, aqui, os critérios de aproximação aos poemas. O objetivo é reconhecer na poesia da autora uma possibilidade de relacionar de maneira produtiva o momento presente e o potencial interpretativo implicado na representação da experiência da metrópole, partindo de Berlim, na República de Weimar.
[...] wie die 'Berliner Kindheit' oft als eine 'Erinnerungspoetik' bezeichnet wird, deren treibende Kraft die "Ich-Konstitution" sei, ließe sich Hoppes 'Picknick der Friseure' als 'Ver(w)irrungspoetik' beschreiben. Der Prozess des Erinnerns und sich (Wieder)findens ist bei ihr noch verdichteter im Sinne eines 'Dickichts der Texte', als bei Benjamin. Die konsequente Verweigerung einer "homogenisierte[n] Ich- Bildung" rückt bei beiden Schriftstellern "die Frage nach den noch verbleibenden Formen der Identitätsbildung in den Mittelpunkt des Schreibens." Vor dem Hintergrund einer als desolat erfahrenen Wirklichkeit scheinen die 'Berliner Kindheit' und 'Picknick der Friseure' die "Wahrheit so behutsam aus der Dichtung hervor[zu]ziehen […] wie die Kinderhand den Strumpf aus 'Der Tasche'". Oder wie es in Hoppes Schlussgeschichte 'Not und Tugend' heißt: "[A]m Ende, beim Öffnen der Säcke, kam alles zum Vorschein, Feigheit und Gier und schlechte Gewohnheit und daß wir zu spät und mit Dreck an den Stecken ans Tageslicht gekrochen waren". Doch, und das ist das Wesentliche, "hier ist das Buch unserer Rettung", sodass wir „alt [werden können] in Würde". Damit birgt, wie Adorno es für Benjamin formuliert, die "Allegorie des eigenen Untergangs", das zersplitterte Geschichtswerk, auch bei Hoppe die Möglichkeit zur Selbstbehauptung.
Brecht ainda hoje?
(2000)
This paper tries to find arguments for Bertolt Brecht's relevance to the present. It points out parallels between Brecht's epic theater and music, especially opera. A central point is the aesthetics of form, which was so important for Brecht and which is decisive for his modernity.
Im Folgenden sei der Versuch unternommen, allein Roths Arbeit am Begriff der Grenze vorzustellen, dies unter Rückgriff auf vor allem zwei Texte, deren Verschiedenheit die Spannweite nicht nur der formalen Mittel, sondern auch der Konzeptualisierungsfähigkeit, über die Roth verfügte, anschaulich machen mag.
In Carl Barks' 1963 comic strip "The Invisible Intruder", the bed becomes the main theme of the story. We get to know how Uncle Scrooge became a creative and successful entrepreneur. Since his parents were too poor to provide a proper sleeping place for their son, Scrooge had to sleep in a cabinet drawer. Therefore, Scrooge's only aim was to buy himself a bed. His capitalist creativity is, as he himself admits, driven by the "desire for a better bed." With the economic growth of his company, his bed becomes bigger too. But in the end, he throws out his enormous mattress because it is too sensitive to the vibrations caused by the money rammer in the money bin; and moreover, the investigation into the cause of the vibrations became far too expensive. Eventually, Scrooge is returning to his childhood bed: the cabinet drawer. What is striking about this story is not the idea that objects of everyday culture play a leading role within a narrative; it is the fact that the usual cultural function of furniture is altered in a significant way. The misapplication of the drawer draws attention to the object of everyday culture as signifier of the everyday experience in capitalist societies. The function of the bed is no longer defined by criteria of good sleep but of economic calculation. The bed thereby becomes an agency within the narrative that questions the stability of the cultural and linguistic semantics of the everyday. In the following, I will press the point that the representation of the bed in literary texts from Homer to Kafka can be read as an implicit linguistic theory of cultural signification.
Im Folgenden sollen zwei literarische Freundschaftsgeschichten fokussiert werden, deren Kern in einer gewissen Zufälligkeit des Freundschaftsbundes besteht. Freundschaft erwächst bei so unterschiedlichen Autoren wie Baudelaire und Kafka aus einer Ethik der Täuschung, die im Zeichen des Bösen zu stehen scheint. Dem allgemeinen Verständnis nach beruht Freundschaft auf Gemeinsamkeit, auf Geschichte, auf Erinnerung. Die Protagonisten bei Baudelaire und Kafka kennen nichts von dem: Der Freund, von dem sie je erzählen, erscheint als zufälliger Einbruch in die Welt des literarischen Subjekts.
"Kruzifix, errichtet vom Verschönerungsverein" : Ödön von Horváth und die Semantik der Moderne
(1994)
Das 20. Jahrhundert ist ein Jahrhundert der Geschwätzigkeit. Das zu beklagen und die Schuldigen anzuzeigen, gehört zu den liebsten Tätigkeiten der Kulturkritik. Diese - so monieren kritisch andere - trägt freilich allzuoft selbst nur zum allgemeinen Gerede bei. Daß aber die Kunst dem Terror korrumpierten Sprechens zu widerstehen habe, darüber herrschte lange Zeit Konsens: Die literarische Moderne hatte Schwätzer durch das Widerständige ihrer Form zum Schweigen zu bringen und - um ihrer Würde willen - lieber gar nichts zu sagen, als das Verkehrte und Falsche.
Daß diese Inhaltslosigkeit der Avantgarde zum Leerlauf einer korrumpierten Sprache nicht nur die Antithese darstellt, sondern zugleich eine Art geheimen Äquivalents, ließ man im Interesse einer klaren Frontenbildung besser nicht lautwerden. Wo das allgemeine Gerede sich auch in der Literatur der Moderne selbst bemerkbar machte, wurde einigermaßen stereotyp auf deren konstitutiv sprachkritischen Impetus verwiesen. Und wo Geschwätzigkeit ganz und gar die Textur literarischer Werke durchdrang, lag die Annahme nahe, die Moderne habe sich hier freiwillig auf gegnerisches Gebiet begeben, um den Feind - in einer Art Guerilla-Taktik - mit seinen eigenen Mitteln zu schlagen.
Als vornehmster Vertreter dieser Art literarischer Sprachkritik war seit den 1960er Jahren Ödön von Horváth wiederzuentdecken
Jahr 2004 hat der katholische Theologie- und Politikwissenschaftler Hans Maier darauf hingewiesen, dass der Begriff des Märtyrers bemerkenswert "säkularisierungsresistent" sei. Nach Maier ist der Begriff des Märtyrers weiterhin religiösen Kontexten vorbehalten. Seine Meinung mag angesichts der Renaissance des Märtyrerbegriffs seit den Anschlägen vom 11. September 2001 vordergründig einleuchten. Im Folgenden soll dagegen gezeigt werden, warum Maiers These von der 'Säkularisierungsresistenz' des Märtyrers fragwürdig ist. Ich werde dabei weniger das an sich zu problematisierende Konzept der Säkularisierung diskutieren, sondern zu zeigen versuchen, dass Maiers These begriffsgeschichtlich ihre Tücken hat – zumindest wenn man bereit ist, zu akzeptieren, dass die Begriffsgeschichte von 'Märtyrer' nicht auf ihre antiken Ursprünge zu reduzieren ist. Vielleicht ließen sich Maiers Überlegungen zur 'Säkularisierungsresistenz' des Märtyrers im Hinblick auf die Ausdrucksseite des Begriffs bestätigen. Auch daran zweifle ich, kann und will dem hier aber nicht nachgehen. Stattdessen möchte ich exemplarisch zeigen, inwieweit Bertolt Brecht schon im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts in seinem Lehrstück 'Die Maßnahme' die Märtyrerfiguration säkularisiert hat - eine Technik, die gleichzeitig Modi der Sakralisierung kennt, deswegen auch als Dialektik begriffen werden kann und in der deutschen Dramengeschichte ihrerseits nicht neu ist. Brechts Säkularisierung berührt allerdings ausschließlich die Inhaltsseite des Begriffs 'Märtyrer', den Ausdruck selbst verwendet er nicht. Maier hat außerdem eine deutliche Politisierung des Märtyrerbegriffs in den letzten Jahren diagnostiziert. Auch dem möchte ich widersprechen. Schon Brechts Drama steht entschieden im Zeichen der Politisierung des Märtyrers. Dass zudem auch die personalisierte Politisierung des Märtyrertums keine neue Idee ist, werde ich im zweiten Teil mittels einer Untersuchung von Heiner Müllers 'Mauser' und seiner Büchner-Preisrede darlegen. Müller hat das messianische Potential der 'Maßnahme' mit 'Mauser' einerseits kritisiert. Das hat bei ihm andererseits aber nicht zu einem völligen Verzicht auf Märtyrerfigurationen geführt. Mitte der 1970er Jahre hat er zu einer Rekontextualisierung der Märtyrerfiguration angesetzt, indem er sie – im Unterschied zu Brecht - personalisierte und dadurch eine Art revolutionäre Hagiographie etablierte. Auch die Politisierung geht dementsprechend nicht auf die selbsternannten islamistischen Märtyrer zurück, sondern ist eine ältere Idee. Wie alt sie ist, kann im Rahmen dieser Studie nicht erörtert werden. Wahrscheinlich existierte sie schon in der christlichen Antike.
"Liebe Deinen Nächsten" von Remarque war als Fortsetzungstext für das US-Magazin "Collier's Weekly" gedacht und wurde 1941 zuerst in der englischen Übersetzung von Denver Lindley aufgelegt. Der Roman, dessen deutsche Fassung im selben Jahr in einem Stockholmer Verlagshaus erschien, nimmt sich eines Themenfeldes an, das auch heutzutage hochaktuell ist: des Problems der Emigration, des Heimatverlustes, der Heimatsuche und der (abhanden gekommenen) Humanität in Zeiten einer moral-menschlichen Krise, in denen Hass und Hetze gegen den Nachbarn hoch auf der Agenda stehen und toleriert werden. Remarque, der nach 1933 vor den Nationalsozialisten ins Ausland fliehen musste, brachte seinen Roman zunächst im österreichischen, später auch im französischen und Schweizer Exil zu Papier, nachdem ihm die Geschichte von einem deutschen politisch verfolgten Flüchtling zu Ohren gekommen war, der, um seine in Berlin gebliebene und im Sterbebett liegende Ehefrau zum letzten Mal zu sehen, in die Hauptstadt fährt und von seinem Widersacher verhaftet wird. Das Ziel der folgenden sich an Film und Literatur orientierenden Untersuchung besteht darin, Remarques Roman "Liebe Deinen Nächsten" aus dem Blickwinkel eines räumlichen Filmerzählens zu beleuchten, um somit auf die metamedialen Korrespondenzen aufmerksam zu machen. Ausgearbeitet werden einige narrative Aspekte, anhand deren man den literarischen Text auf sein Filmpotential hin abfragen kann.
Am 18.6.1906 schreibt ein junger Autor einen vierseitigen Brief an Houston Stewart Chamberlain. Ein Jahr zuvor ist dessen Kant-Buch erschienen, und die 'Grundlagen des 19. Jahrhunderts' gehen in die 8. Auflage; es sind viel diskutierte Publikationen. Die Grundlagen werden in den Augen der Zeitgenossen weniger als Rassentheorie, denn als sozialphilosophische Analyse wahrgenommen. Auch Chamberlains dickleibige Kommentare zu Wagner und Goethe werden gefeiert Nicht nur das deutsch-völkische Spektrum, sondern auch die jüdische aAvantgarde wie Karl Kraus und Martin Buber interessieren sich für den Mann. Er schafft den Sprung von der 'Fackel' zum 'Völkischen Beobachter'.
Den Brief an Chamberlain schreibt Arthur Trebitsch, der darin kundtut, daß er lange überlegt habe zu schreiben, weil er keine Berührung mehr mit den "officiellen Vertretern des philosophischen Denkens" wünsche. Die Professoren seien die, welche "sich hauptsächlich mit den Denkergebnissen anderer beschäftigen u. nicht selbst Denkergebnisse zu Tagen fördern".
Mannmännliches Begehren und Lieben ist sicher kein Schwerpunkt für Brecht gewesen, doch hat es ihn unleugbar fasziniert. Von Anfang an gibt es, wenn auch nur sporadisch, Homosexualität in seinem Werk. Die Texte bis ca. 1938 repräsentieren indessen nichts, was im gängigen Sinn als „schwule Literatur“ gelten könnte. Weder manifestierte sich Brecht je als „bisexuell“ oder gar „schwul“, noch wird der Stellenwert von Homosexualität – oder genauer gesagt: von Homosexualitäten – bei ihm thematisiert. Nie hat er je irgend etwas gezielt für „Schwule“ geschrieben. Eine andere Rolle spielt die Schilderung von Homosexualität in Bertolt Brechts Romansatire "Die Geschäfte des Herrn Julius Caesar". An diesem Projekt arbeitete er 1938/39 gemeinsam mit seiner Geliebten Margarete Steffin (1908-1941) im dänischen und schwedischen Exil. Der umfangreiche Fragment gebliebene Roman wurde in Buchform erst posthum 1957 veröffentlicht. Der Roman, obschon wie ein Großteil seiner Prosa, in den Schatten der medialen und wissenschaftlichen Aufmerksamkeit für den Lyriker, Dramatiker und Theatermann geraten, gehört zweifellos zu den Hauptwerken Bertolt Brechts und steht an zentraler Stelle in seinem Schaffen. Einige der wichtigsten Themen Brechts fließen im Caesar-Projekt zusammen, das reichen Aufschluss gibt über seine Sicht der Dinge und seine sich daraus ergebende Arbeitsweise.
L. W. Rochowanski (1885 Zuckmantel - 1961 Wien) war auf mindestens vier scheinbar disparaten Gebieten künstlerisch tätig: als Herausgeber und Verfasser von Mundartliteratur, als Programmatiker des avantgardistischen Theaters und Tanzes, als expressionistischer Autor und als Förderer und Vermittler von angewandter Kunst aus Österreich. Im Beitrag wird zum einen die expressionistisch-avantgardistische Position Rochowanskis im Theaterbetrieb und als Autor beleuchtet. Zum anderen wird darauf hingewiesen, dass die scheinbar disparaten künstlerischen Betätigungen Rochowanskis in anthroposophisch beeinflussten Menschen- und Kunstauffassungen eine gemeinsame Wurzel haben.
No trabalho de Bertolt Brecht relacionado com o cinema pode-se distinguir quatro fases: 1. Início dos anos vinte - argumentos, guiões para filmes publicitários e de aventura. Os únicos projectos realizados: Mysterien eines Frisiersalons de Erich Engel, 1923 (Brecht colaborou na realização). O seu argumento Robinsonade auf Assuncion escrito em conjunto com Arnolt Bronnen foi alterado para o filme SOS. Die Insel der Tränen (1923). 2. Início dos anos trinta - processo contra a companhia Nero-Film para recuperar os direitos de autor concedidos para a versão fílmica da Ópera dos três vinténs; realizada por Georg Wilhelm Pabst em 1930/31 (argumento: Laszlo Vajda, Leo Lania, Béla Balázs). Primeiro documento cinematográfico de uma peça de Brecht: Mann ist Mann (Bert Brecht, 1931); o filme ideológico (esteticamente infl. por Eisenstein): Kuhle Wampe oder wem gehört die Welt? realizado por Slatan Dudow em 1931 (argumento: Bert Brecht e Ernst Ottwalt). 3. Exílio americano – para ganhar dinheiro Brecht volta a escrever argumentos e guiões para a indústria de Hollywood. Dos ca. de 50 textos produzidos só um foi aproveitado para o filme anti-fascista Hangmen also die (Fritz Lang, 1943), no qual Brecht colaborou no argumento. È considerado uma das produções mais importantes deste género junto com Casablanca (M. Curtiz, 1943). 4. Produção pós-guerra - guiões para Mutter Courage (1952) e Herr Puntila und sein Knecht Matti (1955); realização das versões fílmicas da comedia Katzgraben (1957) de Erwin Strittmatter e da sua peça Die Mutter (1958), encenadas pelo Berliner Ensemble.
Wir alle kennen den Bestand der Szene: "ein schöner Augusttag des Jahres 1913", meteorologisch bestimmt; eine Stadt in der Physiognomie futuristischer und kubistischer Bilder; ein dynamisches Feld aus Geräuschen, Bewegungen, optischen Zeichen, Rhythmen, Verdichtungen, Bündelungen, Auflösungen, Serien und Sprüngen, Leerstellen und Häufungspunkten, Energieflüssen und Statiken; und darin plötzlich "eine quer schlagende Bewegung", der berühmte Unfall, eine Synkope in der diffusen Ordnung der Dinge, ein "Loch" ins Bodenlose oder ein aufflackernder Irrsinn; dann die Entsorgung des "verunfallten" Verkehrsteilnehmers durch die "Rettungsgesellschaft", die Schließung der Lücke, das Weiterfließen der augenblickslang unterbrochenen Energieströme. Und die Menschen? "Fußgängerdunkelheit bildete wolkige Schnüre", ein Kraftfahrer "grau wie Packpapier", ein "Mann, der wie tot dalag", ein flanierendes Paar, dessen Identifizierung als Personen versucht und sogleich storniert wird, ein Paar, gesichtslos wie Figuren auf Bildern August Mackes, Skizzen aus sozialen und sprachlichen Stereotypen; selbst die "feinen Unterschiede" (Bourdieu) sind differentielle Effekte des Feldes, nicht der Inkommensurabilität von Personen. Es scheint, "daß sich ein gesetzliches und ordnungsmäßiges Ereignis vollzogen habe". Es scheint so. ...
O teatro épico de Brecht
(2000)
This article is a reduced version of the chapter "Sinta o drama" from the book with the Same title. It traces Brecht's reasons for qualifying his theater as epic, based on important literary critics such as Peter Szondi, Adorno. Lukács and Anatol Rosenfeld, including Brecht himself.
A influência de Bertolt Brecht sobre Walter Benjamin é comumente atribuída à assimilação da tradição de crítica marxista pelo último. O presente artigo busca realizar uma crítica imanente e teórica da obra de ambos com o fito de investigar outras faces possíveis dessa influência. Sendo assim, o objetivo é demonstrar que o "Efeito de distanciamento" (em alemão "Verfremdungseffekt") utilizado por Brecht em seu teatro épico tem um papel fundamental na leitura que Benjamin fará do cinema e aparece nas quatro versões do ensaio sobre "A obra de arte na época de sua reprodutibilidade técnica", bem como na sua teoria sobre a "aura".
The present essay engages with the short story 'The Burrow', written by Franz Kafka between 1923 and 1924, a few months before his death. The ambiguity of the original title, 'Der Bau', which defies translation by pointing at the same time at a construction and an excavation work, anticipates the multilayered image of the burrow itself. While both nature and function of the burrow are hard to pinpoint (is it a dwelling, a shelter, a fortress, a labyrinth, a ruin?), the initially reported success of its construction is revealed as illusory, thus prompting the ongoing first-person narration of the incessant builder's work. Similarly unsuccessful is any attempt of the reader to attain metaphorical closure. In the light of other impossible, i.e., unfinished, bound-to-fail, ruinous, or selfdismantling structures portrayed by Kafka, as well as on the background of coeval texts by Paul Valéry and Georg Simmel, the essay investigates the wide and deep significance of the burrow’s countering the classical ideal of architectural wholeness.
Mais do que um princípio formal, a noção de ensaísmo de Robert Musil adquire o duplo estatuto de uma "utopia" e de uma atitude diante da realidade. É esse duplo viés que permitirá à arte preservar-se como potência crítica e epistemológica num contexto de crise cultural e de valores na Europa no início do XX. Este artigo aborda a noção de ensaísmo de Musil a partir de seus textos críticos e de seu romance "O homem sem qualidades", demonstrando como as idéias expostas no registro estritamente "ensaístico" se configuram no âmbito da representação poética, consumando assim a "utopia" pretendida pelo autor, de fundar novas relações entre as esferas da razão e do sentimento, da ciência e da arte, da objetividade e da subjetividade.
O presente artigo aborda alguns dos principais escritos de Anatol Rosenfeld sobre teatro, sobretudo O teatro épico, obra em que se debruça sobre os preceitos da dramaturgia de Brecht, bem como seu trabalho como organizador de antologias de autores canônicos da literatura alemã (Lessing, Goethe, Schiller), para mostrar como essas influências se cruzam em sua análise da produção teatral brasileira dos anos 1960. Nas entrelinhas da crítica de Rosenfeld, percebe-se a dimensão ética que ele atribuía à sua atividade intelectual e, ainda, um esforço de adaptar o potencial transformador do teatro brechtiano às demandas de um contexto político e cultural específico como o brasileiro.
In der folgenden Studie soll der Roman "Das kunstseidene Mädchen" (1932) verfasst von Irmgard Keun unter besonderer Berücksichtigung der intermedialen Aspekte untersucht werden. Ziel ist hierbei dem in der Türkei kaum gewürdigten Werk von Irmgard Keun an Sichtbarkeit zu verhelfen als auch in einem intermedialen Rahmen zu betrachten und ferner die negativen Einflüsse der Massenmedien anhand des Fallbeispiels "Doris" stellvertretend für junge Frauen im 21. Jahrhundert darzustellen. Hierbei soll die Intermedialität und die leserbezogene Methode Richtlinien dieser Arbeit darstellen. Verschiedene Medien wie beispielsweise der Film, die Musik und die Werbung werden im Roman hinreichend aufgegriffen. Besonders um 1920, bedingt durch das neue Frauenbild, aus welchem durch die Medien ein enormer Umschwung der Geschlechterverhältnisse resultierte und außerdem die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau beeinflusste, zeigt sich eine deutliche Wendung der Frau des 20. Jahrhunderts. Medienpersönlichkeiten werden weitgehend zu Idealen der jungen Frauen, was in der Fallstudie Doris eine Schlucht zwischen Realität und Fiktion zur Folge hat. Diese Studie beabsichtigt die negativen Folgen der durch die Massenmedien vermittelten Schönheitsideale aufzuführen und in diesem Rahmen ein gegenwärtiges, soziales sowie zeitloses Problem vor Augen der Leser zu führen.
Kafkas Romanfragment "Das Schloß" wird üblicherweise nicht mit einem persönlichen Handlungsspielraum oder Emanzipation in Verbindung gebracht. Und doch lohnt es sich, den Roman neu zu betrachten und die Frage zu stellen, ob man sich K. nicht auch als einen glücklichen Menschen vorstellen kann, dem sich durchaus ein Raum für Agency öffnet. Zwar ist die Schlosslandschaft, in der K. sich bewegt, alles andere als frei, und doch wird der Roman durch zahlreiche Ereignisse bestimmt, in denen K. auf eigentümliche Weise frei wirkt. [...] K.s Agency zeigt sich demnach vor allem dann, wenn man sich nicht so sehr auf seine absurde Unfreiheit, sondern eher auf seine absurde Freiheit konzentriert. Dieser Perspektivwechsel soll mit Hilfe des Konzepts des Institutionenromans vorgenommen werden. Es eignet sich nicht nur dazu, K.s Gefangensein auf dem Schlossterritorium zu analysieren, sondern ebenso, seinen geschickten Befreiungskampf in den Blick zu bekommen, indem man das Zusammenspiel von Arbeit und Müßiggang in unterschiedliche institutionelle Kontexte einordnet. K.s Freiheit taucht so in unübersichtlichen Schichtungen und Zusammenhängen auf und K. versteht sie zu nutzen, indem er sich, wie Kant es fordert, mit Entschlossenheit und Mut seines eigenen Verstandes bedient. Aufgrund der Gegenmacht des Schlosses kommt es aber auch zu 'Bedienungsfehlern' des Verstandes. Deshalb erzählt der Roman neben K.s Erfolgen auch von den Widerständen und Rückschlägen beim optimistischen Gebrauch der Kant'schen Aufklärungsformel. Den theoretischen Rahmen meiner Untersuchung bilden Konzepte, welche die Unterdrückung (Campe), Aushebelung (Vogl) und Förderung subjektiver Agency (Rancière) zum Thema haben.
Drei Erfahrungsberichte über Bertolt Brechts Theater auf brasilianischen Bühnen. Caco Coelho spricht über den Zyklus der Brecht-Lesungen, -Aufführungen und -Vorträge seiner Theatergruppe 'Os Fodidos Privilegiados ' 1998 in Rio de Janeiro. Fernando Peixoto vertritt die Ansicht, daß der zentrale Punkt von Brechts Theater darin besteht, Emotionen im zwischenmenschlichen Verhalten und in ihren politisch-historischen Kontexten verstehbar zu machen. Er erzählt unter anderm von einer "Wiederentdeckung" der Brechtschen Theaterästhetik durch eine Laiengruppe in Amazonien und vertritt insgesamt ein undogmatisches, auf die heutigen Verhältnisse ausgerichtetes Lernen mit Brecht. Willi Bolle berichtet von seiner Inszenierung von Brechts 'Die Hochzeit ' (1919) mit einer Laien-Theatergruppe in São Paulo 1997-1998, in der die lineare Struktur des Textes durchbrochen wurde durch die Einführung einer neuen Perspektive sowie einer neuen Figur, der Braut, die sich das Hochzeitsfest in der Erinnerung vergegenwärtigt.
O artigo visa a uma análise comparativa das obras de Ernst Jünger "O trabalhador" e "Nos penhascos de mármore". O objetivo é demonstrar que o conservadorismo do autor abrange essas duas obras, que representam fases distintas: a primeira marcada a busca pela junção do mecânico e do orgânico através do realismo heroico, e a segunda pela busca por uma Ordem transcendente. Assim, se houve, por um lado, uma mudança política do autor, que se afasta definitivamente do horizonte nazista através do caráter alegórico de "Nos penhascos de mármore", por outro lado, sua obra continua ligada a uma ênfase aristocrática e conservadora numa Ordem que determina a vida. Nesse sentido, buscamos as similaridades entre figuras e imagens delineadas pelo autor em "O trabalhador", "Nos penhascos de mármore", assim como outras obras do período do entreguerras.
O estilo em Alfred Döblin
(2010)
O objetivo do presente artigo é apresentar alguns aspectos teóricos postulados pelo escritor alemão Alfred Döblin em seus ensaios ao desenvolver sua própria concepção da obra épica na "era da técnica" à luz de questões estilísticas, propondo conceitos como "estilo cinematográfico", "despersonalização", "fantasia factual" e "fantasia cinética". Para uma delimitação conceitual em relação à noção de "estilo", serão tomadas por base as considerações de Antoine Compagnon, postuladas na obra "O demônio da teoria" (1999), bem como as reflexões de Walter Benjamin, presents na resenha "A crise do romance" (1930) e no ensaio "O narrador" (1936).
Rezension zu Döblin, Alfred, Berlin Alexanderplatz. trad. Irene Aron. São Paulo: Martins, 2009.
Ziel dieses Beitrags ist, anhand der Interpretation der Schrift "Das Ich über der Natur" (1927) ein kleines Bild des Naturphilosophen Alfred Döblin zu skizzieren. Es geht um eine Facette des berühmten Autors des Romans "Berlin Alexanderplatz", die auch in Deutschland bis jetzt sehr wenig Aufmerksamkeit erfuhr und daher immer von seinen fiktionalen Werken überschattet blieb. Nach dem Ersten Weltkrieg begann die Phase von Döblins intensivem Philosophieren über die Natur. Bestimmte Fragen, wie etwa die Frage nach der Rolle des Menschen in der Natur und die Frage nach einem gerechten Handeln stehen im Zentrum seiner naturphilosophischen Abhandlungen der zwanziger Jahre. Die Schrift "Das Ich über der Natur", die 1927 im Fischer-Verlag veröffentlicht wurde, ist eben die erste ausgearbeitete Abhandlung der Döblinschen naturphilosophischen Spekulationen. Darin versucht Döblin einige Begriffe wie "Ur-Ich" und "Ur-Sinn" als höchste Naturinstanz zu erörtern.
Dass der österreichische Autor Stefan Zweig (1881-1942) eine Vorliebe für außergewöhnliche psychologische Grenzsituationen hatte, ist allgemein bekannt. Aus diesem Grunde setzt er sich in seinen Werken mit zahlreichen Formen psychologischer Krankheiten auseinander, die zum Teil entweder von den Protagonisten oder von anderen Handlungsträgern repräsentiert werden. Diese Krankheitsbilder können anhand der präzisen Darstellungen des Autors meistens recht eindeutig erkannt werden. Grundvoraussetzungen für eine derart detaillierte Darstellung ist auf der einen Seite das Wissen über psychologische Krankheiten, auf der anderen Seite die Beobachtungsgabe des Autors, der erst durch diese Fähigkeit ein wirklichkeitsnahes Bild der psychologischen Krankheiten und ihren Auswirkungen darstellen kann. Der Autor Stefan Zweig selbst lebte in einer Zeit, in der das Interesse an Psychologie stetig an Bedeutung gewann und sich auch in der Literatur widerspiegelte. Ziel dieses Beitrags soll es sein, die Novelle Buchmendel, die bislang von Autoren aus der Sicht jüdischer Tradition und Religion gelesen und interpretiert wurde, einer neuen Betrachtungsweise zu unterziehen. Es handelt sich dabei um den Versuch, den Protagonisten Buchmendel aus literaturpsychologischer Sicht zu untersuchen und die Beziehung von psychischen Krankheiten und Literatur zu veranschaulichen. Herauskristalisiert werden sollen in erster Linie Verhaltensmuster, die auf eine Autismus-Spektrum-Störung, insbesondere Asberger [sic!] und/oder Inselbegabung verweisen könnten.
Franz Kafka'nın Dava'sının Melih Cevdet Anday'ın İsa'nın Güncesi adlı romanına etkisi açık olmakla birlikte, incelenen romanlar arasındaki ilişki, basit bir esinlenmenin ötesinde, eserlerin kaleme alındığı dönemlerdeki toplumsal ve hukuki sorunların özüne ilişkin benzerlikle dikkat çekmektedir. Romanların karşılaştırmalı analizi, modernitenin, toplumsal farklılıklar ve iki roman arasındaki altmış yıla rağmen, değişik kültürlerde hukuk felsefesine ilişkin benzer sorunlara yol açtığını göstermektedir. Ulus devletlerinin kurulması ve demokrasinin gelişmesiyle ortaya çıkan kriz kalıcı olmuş, dünya savaşları ve askeri darbeler arasında olağan hâle gelen olağanüstü hâl modern dönemin hukuki durumu hâline gelmiştir.
Als ich im Verlaufe des Jahres 2000 meine Vorlesung 'Der Ewige Jude' vom 'Volksbuch' bis zu Stefan Heym für das WS 2000/01 vorbereitete, stieß ich bei Werner Zirus (1928) auf einen drei Seiten umfassenden Passus über den "Märchenroman" 'Ahasvers Wanderung und Wandlung' eines gewissen Heinrich Nelson. Selbstverständlich fand sich dieser Titel auch bei George K. Anderson (1965), dem Grundlagenwerk zum Thema. Beide Darstellungen, ohnehin einander bis in Einzelheiten hinein sehr ähnlich, wiesen eingangs auf den Befund hin, dass der Roman vor dem Ersten Weltkrieg geschrieben, aber erst 1922 veröffentlicht worden sei. Näheres über Autor und Kontext freilich suchte ich hier wie dort vergeblich. Bei solcher Sachlage empfahl es sich nicht, das Buch in das Korpus einer Vorlesung einzureihen. Das Änigma Nelson/Ahasver freilich blieb und verlangte nach Lösung, in welchem Schlendrian auch immer. Schon der erste Schritt, den ich dann allerdings doch bald unternahm, war verblüffend erfolgreich: Das Buch fand sich in meiner Hamburger Staatsbibliothek, einem Standort unter nur vier weiteren in der ganzen Republik. Die Identität Heinrich Nelsons klärte sich in Zeiten des Netzes gleichfalls bald: Heinrich war der Vater des Philosophen Leonard Nelson.
Die erste überlieferte Erwähnung des Heidelberger Indologen Heinrich Zimmer im Dunstkreis der Hofmannthals ist wohl ein Brief der 25-jährigen Christiane von Hofmannsthal an ihren Freund Thankmar von Münchhausen vom 4. Dezember 1927:
Ich bin sehr gerne in Hbg, bin der Liebling meiner Lehrer und so brav, old boy, Du kannst Dirs nicht vorstellen, lerne außerdem Sanskrit weil ich einen Flirt mit dem Indologen habe, (sans conséquences)[.]
Heinrich Zimmer (1890-1943), Sohn eines Professors für Indogermanische Sprachwissenschaft und Sanskrit, hatte in Berlin Germanistik, vergleichende Sprachwissenschaften und Sanskrit studiert und war in Heidelberg zunächst Privatdozent und ab 1926 außerordentlicher Professor für Indologie. Schon 1924, noch in Unkenntnis der künftigen Verwandtschaft, hatte er einen Aufsatz über Hofmannsthals "Weißen Fächer" geschrieben, den er später spöttisch als "recht findefroh-spießig, aber arglos gemeint" bezeichnete. Als Vertreter einer kulturwissenschaftlichen, über den Tellerrand der Sprachwissenschaft hinausschauenden Ausrichtung seines Fachs hatte er es schwer, in der positivistischen Hochschullandschaft der Indologie einen Lehrstuhl zu erhalten, pflegte aber viele wissenschaftliche Kontakte mit Vertretern anderer Fächer, so auch mit Carl Gustav Jung und dem Kreis um die ERANOS-Tagungen in Ascona.
Brecht - Galileo
(2010)
This is the age of doubt, says Brecht's Galileo, the 17th century scientist. "It ain't necessarily so," says Gershwin's Sportin' Life of the 1930ies. "De t'ings dat yo li'ble / to read in de Bible / it ain't necessarily so. / Now I takes dat gospel / whenever it's pos'ble / but wid a grain of salt."
Germans against Hitler
(2010)
"The sun shines, and Hitler is master of this city. The sun shines, and dozens of my friends are in prison, possibly dead. Thousands of people like Frl. Schroeder are acclimatizing themselves, like an animal which changes its coat for the winter. After all, whatever government is in power, they are doomed to live in this town." These are among the final entries in Christopher Isherwood's Berlin Diaries. Hitler has legally assumed power and Isherwood, who "can't altogether believe that any of this has really happened," will leave the city he has come to love and return to England. The Nazi Movement that began a decade ago in seedy Bavarian beer halls has now conquered its very antithesis, Prussia. It seems unstoppable. The people, as always, will adapt or perish.
A single mother and her grown children. A team now. The fathers have come and gone and are barely remembered. These are her children. By contrast, Matthew (27; 56) identifies an anonymous woman as "the mother of Zebedee's children." We'll talk about it, for what it may mean. More important is the fact that this group is headed by a dominant female. Let's see if it makes a difference. Demian, as you'll remember, was the product of matriarchy, as it were, and seemed to be none the worse for it. It wasn't even worth mentioning. Fifty years later, Edgar Wibeau of Plenzdorf's The New Sorrows of Young W. (1972), a modern version of Goethe's bestselling novel Werther written 200 years earlier, and one of the most brilliant pieces of theatre post-Brecht, does find it worth mentioning. He is "sick & tired" of being paraded as living proof that "a single mother can successfully raise a male."
At the beginning of The Judgment, we find Georg Bendemann, who has just finished a letter to his friend in Russia, reliving once more the agonizing decision to write the letter in the first place. The decision had not been easy. Like many of Kafka's characters, Georg Bendemann is obsessed with the idea of analysis, with the painstaking exploration of all sides of a given issue. "What could one write to such a man without hurting him?" had been the question. "On the other hand, by writing only casual gossip or not at all one would doubtless increase the friends isolation" had been the counter-argument. What follows now is an exercise in looking at alternatives that spawn new alternatives that leaves the reader dazzled. Each conclusion is in turn explored to its possible opposite implications, which are in turn qualified, which leads to more questions followed by more partial conclusions plus qualifications thereof. The process could continue ad infinitum, in fact, has gone on for years--we are merely presented with a condensed version of it.
Diese Arbeit soll zeigen, wie Böhme das Böse als Teil des Offenbarungsprozesses Gottes ansieht, ja als Manifestation Gottes, ohne mit der allezeit festgehaltenen Idee der absoluten Gutheit Jehovas in Konflikt zu geraten. Zwar liessen sich dazu eine Reihe von Schriften Böhmes heranziehen, doch schien das Mysterium Magnum (1623) am geeignetsten, weil es sein letztes grösseres Werk ist und einen eigenwilligen Kommentar zur biblischen Schöpfungsgeschichte darstellt, mithin einen Text behandelt, der ebenfalls einen Werdegang beschreibt.
Zählen seit dem neunzehnten Jahrhundert angesichts einer sich beschleunigt industrialisierenden Gesellschaft die Sphäre der Industriearbeit und die Persona des Proletariats zu den festen Themenbeständen der Literatur, so wird diese Konstitution eines literarischen Diskurses "Arbeitswelt" in der Regel als Teil einer sich etablierenden Arbeiterkultur perspektiviert. [...] Um diesen Fragenkomplex zu erörtern, werde ich zunächst den Status zu klären versuchen, den Brecht der Sphäre der Arbeit und der sozialen Klasse des Proletariats für den gesellschaftlichen Prozess zuschreibt. In einem zweiten Schritt wird es mir darum gehen, die Funktion des Intellektuellen für das Proletariat zu skizzieren, wie Brecht sie in seiner Theaterästhetik programmatisch bestimmt; bevor ich schließlich eine Antwort auf die Frage zu geben versuche, welche Funktion dem Proletariat für die Identitätsbildung des Intellektuellen zukommt – oder besser gesagt: welche Funktion ihm zukam; denn aktuell scheinen die Intellektuellen ihr Interesse an der Arbeitswelt weitgehend eingebüßt zu haben.
Musils Drama "Die Schwärmer" ist in der Forschung bisher vergleichsweise stiefmütterlich behandelt worden. Diese Tatsache ist erstaunlich, da Musil es selbst als sein "Hauptwerk" bezeichnet hat. Für das Drama wurde ihm außerdem auf Vorschlag von Alfred Döblin der Kleist-Preis zuerkannt und anspruchsvolle Literaturkritiker besprachen es lobend nach seiner Erstaufführung im Berliner "Theater der Stadt". Freilich düpiert das Drama zunächst die Erwartung an die gattungstypische Handlungsorientierung.
Statt dessen finden sich ausgedehnte philosophische Diskussionen über die Bedingungen von Erkenntnis, über Partnerschaften und über Fragen der Lebensführung. Bianca Cetti Marinoni hat gezeigt, wie wichtig die gedanklich-konzeptionelle Arbeit auch für die Entstehung des Stückes war und es deshalb als "essayistisch" bezeichnet. Erschwerend kommt hinzu, daß die Verhandlungen zwischen den Figuren in einer äußerst dichten Sprache gestaltet sind, in die zahlreiche Metaphern und Vergleiche eingeflochten sind.
Dieser Beitrag befasst sich mit der Entwicklung von Wissen und Praktiken der Dada-Bewegung im Hinblick auf die 8. Dada-Soirée in Zürich am 9. April 1919. Innerhalb der Dada-Gruppe sticht insbesondere die Figur von Walter Serner hervor, der mit anderen als VertreterInnen der Dada-Bewegung mit zentralen Themen dieser Avantgarde auftritt, wie zum Beispiel: der Ablehnung der Autorschaft, der Vermischung von Kunst und Leben, mit Spiel oder Nihilismus als Reaktion auf den Krieg oder dem propagandistischen Element.
Aus Kafkas Berliner Zeit, die im September 1923 mit so vielen neuen Impulsen und Hoffnungen begonnen hatte und ein halbes Jahr währte, ist nur die Erzählung "Eine kleine Frau" erhalten (deren Reinschrift er noch in Berlin seinem neuen Verlag Die Schmiede überlassen hatte) und was er aus einem unmittelbaren Interesse heraus bei seiner Rückreise nach Prag am 17. März 1924 mitnahm. Weil der auf den 7. März 1924 datierte Vertrag über einen "Novellen"-Band lediglich die schon früher gedruckten "Ein Hungerkünstler" und "Erstes Leid" sowie die vor kurzem entstandene "Eine kleine Frau" nennt, die später in sehr großräumigem Satz nur rund 50 Seiten umfassen und damit noch kaum ein Buch darstellen, ist anzunehmen, dieser Vertrag sei von vornherein so verstanden worden, dass weitere Erzählungen hinzukommen könnten.
Vorbemerkung [Ludwig Dietz]:
Anlässlich meines Versuchs zu Robert Musil im "Losen Vogel" und Reaktionen darauf wurde ich aufmerksam gemacht auf ein bisher nicht bekannt gewordenes Exemplar der Buchform des "Losen Vogels", das handschriftliche Einträge Franz Bleis zu den Verfassern der anonym gedruckten Beiträge enthält. Es befindet sich seit 1978 im Deutschen Literaturarchiv Marbach a.N., als zweites Exemplar relativ versteckt unter den Rara des Archivs. Was es zeigt, welche Hilfen es zur Aufschlüsselung bietet, zu welchen Fragen und möglichen Antworten es führt, soll hier skizziert und an Beispielen begründet werden.
Das in den Literaturwissenschaften zu – nicht zuletzt wissenschaftspolitisch begünstigtem - Ruhm gelangte Konzept der 'cultural studies' hat mittlerweile eine Fülle einschlägiger Publikationen hervorgebracht. Dennoch steht im Zentrum der Debatten nach wie vor die grundsätzliche Frage, ob die Literaturwissenschaft von den Kulturwissenschaften auf sinnvolle Weise ergänzt wird oder ob sie in der Orientierung an dieser ihre eigensten Qualitäten preisgibt. Was kann eine literaturwissenschaftliche Analyse gewinnen bzw. was droht sie zu verspielen, wenn sie kulturwissenschaftlich verfährt? Durchmustert man die Argumente der jeweiligen Parteien, wie sie für den deutschsprachigen Raum beispielhaft in Beiträgen von Walter Haug und Gerhart von Graevenitz aufeinandertreffen, dann lässt sich schnell erkennen, dass beide Positionen trotz aller Differenzen in einem entscheidenden Punkt nicht weit voneinander entfernt sind: Beide Diskutanten gehen nämlich von der Reflexivität ihres Untersuchungsgegenstandes aus, gleichgültig, ob dieser auf den literarischen Kanon beschränkt ist (wie im Fall von Haug) oder ob (wie bei Graevenitz) die Ansicht vertreten wird, die hohe Literatur sei durch die unterschiedlichsten Kulturphänomene zu ergänzen.
Die folgenden Ausführungen zielen darauf ab, die inhaltlichen und poetologischen Implikationen der "Messiashoffnung der Annäherung" im dritten Roman von Brochs Schlafwandler-Trilogie mithilfe von Hermann Cohens philosophischer Interpretation des jüdischen Messianismus zu erhellen. Cohens Interpretation des jüdischen Messianismus ist im Zusammenhang seiner philosophischen Bibel-Exegese zu sehen. Die Hebräische Bibel wertet Cohen explizit als Literatur, als "Poesie", deren Urform das nationale Epos sei. In dieser epischen Urform macht Cohen einen historischen Entwicklungsprozess hin zur Vergeistigung, zur Selbstreflexion im Autokommentar, aus. Einen ähnlichen Prozess der Vergeistigung nimmt Cohen auch in der Figuration des Messias bei den Propheten wahr, welche er als "Dichterdenker" als "Epiker[] der weltgeschichtlichen Zukunft", auffasst. Bei den Propheten wandle sich der Messias von einer politisch-nationalen Amtsperson zum Symbol einer sittlichen, geschichtsphilosophischen Idee.
Seine damaligen Zeitgenossen ebenso wie die neuen Leser haben immer wieder Falladas Humanismus hervorgehoben. In seinen Büchern hat er unzähligen Lesern Mut zugesprochen, selbst in den schwierigsten Lebensphasen glauben seine Figuren stets an das Gute, an die Anständigkeit und menschliche Würde. Wenn es aber um seine eigene Person ging, kannte Fallada keine Gnade. Sein Leben war eine taumelnde Selbstzerstörung. Worauf führt Fallada das humane Verhalten seiner Figuren zurück? Dieser Frage versuche ich anhand von drei seiner Romane nachzugehen: "Kleiner Mann - was nun?"(1932), "Wolf unter Wölfen" (1937) und "Jeder stirbt für sich allein" (1947). Berücksichtigt wird auch die damalige Briefkorrespondenz zwischen dem Autor und seinen Zeitgenossen.
After studying the way in which various modern interpretations (political, psychoanalytic, traumatological) of Homer analyze the emotions aroused and/or conveyed by the song of the sirens, we will look at the "self-reflexive" interpretation that Maurice Blanchot ("Le Livre à venir", 1959) proposes of "Odyssey's" "Song XII". We will see that this interpretation can provide an excellent reading grid for modern rewritings of the episode, which overinvest one of the emotional aspects of the sirens' song - that is, the emotion of the language that goes out of itself in order to become music (in Joyce - "Ulysses", 1918-1920) or silence (in Kafka - "Das Schweigen der Sirenen", 1917).
Although Heinrich Eduard Jacob visited Brazil in 1932, having written various articles about this trip in particular, and later three books on Brazilian issues, he is almost unknown in Brazil. The following paper, therefore, focuses on the biography of the journalist and writer and his Brazilian books "Hothouse South America" (1934), "Coffee. The Epic of a Commodity" (1935) and "Estrangeiro. Einwandererschicksal in Brasilien" (1951). Furthermore he is put in context with other German-speaking authors who wrote about Brazil in the thirties and forties. These were mainly émigrés fleeing the Nazism such as Stefan Zweig, Richard Katz, Wolfgang Hoffmann-Harnisch, Frank Arnau and Marte Brill. Regarding the image of Brazil espoused by Jacob, it becomes clear that he, as so many other authors, saw in Brazil a "Land of a future" (as he called it) and an alleged existing "racial democracy". Nevertheless, he doesn’t refrain from revealing the proverbial Brazilian cordiality to be only appearance and from pointing out existing difficulties such as the politics regarding the coffee and the negative consequences of the nationalism promoted by the Vargas-Regime. By doing so, he took a view that opposed the one of his friend Stefan Zweig.
Das Exil in Zeiten des Faschismus macht notwendig erfinderisch. Bertolt Brechts Exilwerk ist geprägt durch Strategien und Techniken der Identitätssicherung durch Satire, Witz, Gewitztheit. Die subversive Kraft des Schelmischen, wie es im Werk Bachtins theoretisch produktiv gemacht wurde, zeigt sich in nahezu allen Texten Brechts aus jenen Jahren. Sein Stück "Schwejk im Zweiten Weltkrieg", Resultat einer langjährigen Auseinandersetzung mit Hašeks Werk, lässt wie in einem Brennspiegel erkennen, wie Brecht literarische Tradition aktualisiert und als Erfolg versprechende Form des literarischen Widerstands einsetzt. Identität wird hier durch die Ambivalenz des Schelmischen gesichert, ohne dabei permanente Gefährdung dieser Identität zu verschweigen.
"Des Armen Haus ist wie des Kindes Hand". Gefäß und Getränk oder Leere und Fülle in Rilkes Dichtung
(2014)
Die Kinderhand als das Bild für das "allerleiseste Empfangen", für das Offensein für einen Anspruch, den niemand herausfordern und niemand erwarten kann, hat eine Tradition in Rilkes Werk, das vor dem Stunden-Buch entstanden ist und es spinnt sich bis ins Spätwerk hinein fort. Die Gleichzeitigkeit von Leere und Fülle als von Gefäß und Getränk immer zugleich ist wohl nirgends so spielerisch und daher dauernd umgesetzt wie in den Sonetten an Orpheus, wo Wein, Kelter und
derjenige, der trinkt, alle eins und in sich doch unterscheidbar sind. Im Bekenntnis zum Hier darf die Unterscheidung nicht aufgegeben werden. Diese lebt aber vom Ununterschiedenen: die Erfahrung des Ununterschiedenen
als eine Erfahrung der "inspiratio" fasst Rilke mit der Gefäß-Metapher.
In the concentration on his text, the author Franz Kafka is often reduced to the phantom of a deadly sick and Oedipus-struck inventor of abstract labyrinths in an absurd bureaucratic universe. This talk intends to reintegrate him into the landscape of various conterts of modernicy at the beginriing of the 20Ih century such as: the movement of life-reform, intellectual debates, academic research in the field of industrial accidents, changing erotic relations and the enthusiasm for new technical products. As a result, the author claims that Kafka could well be imagined as a member of the pre-war-society described by Thomas Mann in the "Magic Mountain".
Gewaltige Freude : Robert Walsers "Genreszenen" des Ersten Weltkriegs in der "Neuen Zürcher Zeitung"
(2017)
"Beim Militär ist manches ohne Frage riesig nett und hübsch, wie z. B. mit Musik durch friedliche, freundliche Dörfer marschieren" –so beginnt ein Prosastück Robert Walsers in der Neuen Zürcher Zeitung(NZZ) vom 5. September 1915 – da befindet sich Europa seit gut einem Jahr im Krieg. Der Erzähler plaudert munter drauflos, dass er nicht nur den Frieden, sondern auch "das Militär hübsch" finde und gar nicht so recht wisse, wie er mit diesem sonderbaren Widerspruch zurechtkommen könne. Der Text steht "unter dem Strich", der in den Tageszeitungen das Feuilleton vom politischen Teil trennte, und gehört in eine Reihe von weiteren idyllisierenden, humoristisch anmutenden Prosastücken Walsers in der NZZ dieser Kriegsjahre: "Denke dran!" (November 1914), "Haarschneiden" (April 1916), "Das Kind" (Mai 1916) und "Nervös" (Juni 1916) wurden in der Bieler Zeit des Autors publiziert, der 1913 Berlin verlassen hatte und in seinen Geburtsort an der deutsch-französischen Sprachgrenze Biel/Bienne –in die Schweiz also – zurückgekehrt war.
In den Jahren 1912-1914 gelang es dem Deutschen Botschafter Karl Max Lichnowsky (1860-1928) und seiner Gattin, der Schriftstellerin Mechtilde Lichnowsky (1879-1958), die Botschafter-Residenz Carlton House Terrace zu einem Mittelpunkt des damaligen Londoner Kulturlebens und der Avantgarde zu verwandeln. Mechtilde Lichnowsky hatte mit ihrem ersten Buch "Götter, Könige und Tiere in Ägypten" (1913) einiges Aufsehen erregt und arbeitete in der Botschaft an ihrem zweiten Manuskript, dem Drama "Das Spiel mit dem Tod" (1915). Sie war eng mit Roger Fry befreundet und arbeitete in der britischen Avantgarde-Bewegung mit. Karl Max Lichnowsky bemühte sich bis zuletzt, den Krieg auf diplomatischem Wege zu verhindern. Die Mission der beiden Kosmopoliten scheiterte.
Als Schlüsseltext für die diskursgeschichtliche Durchdringung und Verdichtung zu Beginn des 20. Jahrhunderts und zugleich als exemplarische Präsentation und Reflexion des Übergangs vom Fin-de-siècle zur emphatischen Moderne kann die experimentelle "Mythe" des Expressionisten Robert Müller gelten: die Erzählung "Irmelin Rose".
Noch bevor im Jahre 1915 mit den "Tropen" der vielleicht bedeutendste expressionistische Roman erscheint, hat dessen Autor mit der hier verhandelten Erzählung aus dem Jahre 1914 einen Text geschaffen, der mit Hilfe von Diskurs- und Stilzitaten die artistisch-eskapistische Tendenz des Jugendstil-Ästhetizismus mit der technizistisch-expressiven Mythisierung und Dämonisierung der modernen Lebenswelt paradigmatisch konfrontiert.
Welche Konsequenzen hat Storfers Konzept einer antihistoristischen Schreibweise, sein Postulat der "Erschütterung der bequemen chronologischen Erklärungsweise", wie er schreibt, für seine Geschichte der Wörter? Welches sind die Voraussetzungen und Prinzipien seines Projekts einer "Wortforschung" als "Kulturgeschichtsforschung"? Storfer nähert sich seinem Gegenstand von zwei Seiten her. Zum einen unterstreicht er die Sprachlichkeit des Quellenmaterials, auf das sich, so betont er, "jede Geschichtsforschung" stützt. Zum anderen fragt er danach, in welchem Sinn sich Geschichte in der Sprache ablagert.
Wie nähert man sich einem Text, der so ist wie die "Bücher …, deren Prosa man verfolgen mußte wie ein Wildpfad, der über Wolfsgruben führt" (Jünger 1988:105), wie es Ernst Jünger so kryptisch in seinem Text 'Die Vexierbilder' beschrieben hat? Einem hybriden Text, den man nicht eindeutig einer Textsorte zuschreiben kann? Mit einer Methode, die ihrerseits genauso hybrid ist; eine Kombination aus kognitionswissenschaftlichem, filmtheoretischem und philosophischem Zugang. Am Beispiel von 'Blaue Nattern', einer Figur (wie Jünger sie nennt) aus dem textsortenmäßig genauso schwer klassifizierbarem Buch 'Das abenteuerliche Herz', wird diese kombinierte Methode zum Zweck der Erschließung des Textsinns eingesetzt, der modernen Stiltheorien entsprechend im Textstil enkodiert ist und darüber hinaus auf die dem Text zugrundeliegende Denkweise schließen lässt.
Alfred Kubin und Franz Kafka begegneten einander des Öfteren in Prag, in von Künstlern und Schriftstellern frequentierten Lokalen. In Kafkas Tagebüchern finden sich mehrere Einträge mit Beobachtungen und Kommentaren zur Person des sechs Jahre älteren Künstlers und Autors. Am 26. September 1911 berichtet er, Kubin habe ihm ein Abführmittel gegen Verstopfung empfohlen; vier Tage später kommt Kafka noch einmal auf diese Begegnung zurück, die ihn offenbar ein wenig verstört hatte - ob der Grund in der Persönlichkeit Kubins lag oder im mangelnden Ernst, mit dem das Thema Verstopfung behandelt worden war, ist schwer auszumachen. Kubin wird bei der ersten Erwähnung als "Zeichner" ins Tagebuch eingeführt. Auch später deutet nichts darauf hin, dass Kafka die 1909 erschienene 'Andere Seite' gelesen hatte und Kubin auch als Schriftsteller wahrnahm. Trotzdem ist eine solche Lektüre nicht ausgeschlossen; sie ist sogar eher wahrscheinlich. Im Juli 1914 schrieb Kafka an Kubin eine Postkarte, auf der er ihm zunächst für die Karte dankt, die er von ihm erhalten hatte. Kafkas kurzes Schreiben schließt mit der Bemerkung: "Sie sind gewiß in der Ruhe Ihres schönen Besitzes versunken und arbeiten. Vielleicht gelingt es mir, doch noch einmal zu sagen, was mir diese Ihre Arbeit bedeutet." Der schöne Besitz ist das Schlösschen Zwickledt in Oberösterreich, und es ist kaum daran zu zweifeln, dass Kafka sich auf Kubins zeichnerische Arbeit bezieht. Wieviel ihm diese tatsächlich bedeutete, ist schwer zu sagen. Man kann vermuten, dass ihn die groteske, unheimliche oder phantastische Motivik im bildnerischen Bereich anzog, während er im literarischen Bereich dazu Distanz hielt und sie selbst nur sparsam einsetzte (etwa in der Verwandlung, die Peter Handke als "Alt-Prager Groteske" bezeichnete).
Sowohl im Gesamtwerk Robert Musils als auch in dem von Thomas Mann spielen homoerotische Beziehungen zwischen Männern eine nicht unwesentliche Rolle. Gefährliche Spiele mit den Faktoren Macht und Sexualität bilden den erzählerischen Kern von Musils Erstlingswerk 'Die Verwirrungen des Zöglings Törleß'. Erotik wird auch später ein zentraler Angelpunkt in Musils Schreiben bleiben, in der Novellensammlung 'Drei Frauen' ebenso wie im Monumentalroman 'Der Mann ohne Eigenschaften'. Das Thema Homosexualität wird nach dem 'Törleß' aber nicht mehr explizit abgehandelt, sondern in unterschwellige Textschichten verdrängt. Ganz anders Thomas Mann, den die homoerotische Problematik zeitlebens nicht losließ, da sie aufs engste mit seiner Lebensgeschichte verschränkt war, und dies nicht nur in seinem eigenen Werdegang, sondern auch durch die viel offenere und eindeutigere Homosexualität seines Sohnes Klaus, der 1926 im Alter von zwanzig Jahren einen autobiographisch getönten Roman veröffentlichte. Thomas Mann selbst rückte das Thema nur in der Erzählung Der Tod in Venedig in den Mittelpunkt des erzählerischen Interesses. Andererseits tauchen Spuren und Ahnungen, Anspielungen und Transformationen homoerotischer Erzählelemente in vielen seiner Werke auf, von 'Tonio Kröger' bis 'Mario und der Zauberer', vom 'Zauberberg' bis zu 'Doktor Faustus' und 'Felix Krull' und auch in Beiträgen zur politischen Diskussion riskierte er hin und wieder ein offenes Wort.
Thomas Manns Biographen wissen von einer unausgelebten Homosexualität zu berichten, mit einem allenfalls 'zaghaften Coming out', wie Hermann Kurzke es nennt. Musil erscheint demgegenüber als typischer Vertreter der heterosexuellen Spezies. Ulrich, sein Alter-Ego im 'Mann ohne Eigenschaften', ist unter anderem - denn tatsächlich hat Ulrich viele Eigenschaften und Facetten - ein Frauenheld mit diversen machohaften Zügen. Es sind also zwischen den beiden Romanciers, vergleicht man sie unter dem hier gewählten Aspekt, sowohl Berührungspunkte als auch wesentliche Unterschiede zu erwarten.
In seinen während des Ersten Weltkriegs entstandenen "Betrachtungen eines Unpolitischen" widmet sich Thomas Mann im letzten Kapitel der Ironie, die er als dem Radikalismus diametral entgegengesetzte Haltung versteht (seltsamerweise erwähnt er die soeben stattgefundene Oktoberrevolution kein einziges Mal). Diese Ausführungen, die keine klare Definition des Phänomens bieten, sowie spätere Äußerungen, in denen er sich als Erzähler zur Ironie bekennt, haben erheblich darauf gewirkt, dass der sechs Jahre nach den Betrachtungen veröffentlichte, aber schon vor diesen erstmals konzipierte "Zauberberg" in der Rezeption als stark ironiehaltiges Werk betrachtet wurde und wird. Auch Musils "Mann ohne Eigenschaften" wird häufig mit Ironie in Verbindung gebracht, und eine vorurteilslose Lektüre des Romans kann diese Verbindung nur bestätigen, auch wenn Musil in seinen Schriften den Begriff selten erwähnt. Sind die beiden Spitzenromane der Zwischenkriegszeit durch ihren Ironiegehalt vereint - oder eher, weil dieser sich unterschiedlich darbietet, getrennt?
Rezension zu Petra Renneke: Poesie und Wissen. Poetologie des Wissens der Moderne. Heidelberg (Winter) 2008 (= Beiträge zur neueren Literaturgeschichte, Bd. 261). 382 S.
Die Germanistin Petra Renneke legt mit ihrer Monographie 'Poesie und Wissen. Poetologie des Wissens der Moderne' die Buchfassung ihrer an der Universität Paderborn eingereichten Habilitation vor.
Rilkes Leben in der Schweiz
(2014)
"Die Schweiz" ist im Zusammenhang mit Rilke zugleich ein großes und ein kleines Thema. Ein kleines Thema ist es, wenn man bedenkt, dass Rilke nur die letzten acht Jahre seines Lebens in diesem Land gelebt hat. Eben diese Jahre des Erfolgs und der Qual waren es aber auch, die für seine Größe entscheidend wurden, zumindest dann, wenn man davon ausgeht, dass alles Vorhergehende wie "Das Stundenbuch", "Das Buch der Bilder", ja sogar beide Teile der "Neuen Gedichte" und der große Roman "Malte Laurids Brigge", die "große" Arbeit nur vorbereiteten. Dies mag eine Überzeichnung sein; jedenfalls aber wird man sagen können, dass die Welt, die sich Rilke in der Schweiz erschloss, in vieler Hinsicht Neuland für ihn war.
Fundamentalkritik an der historistischen Annahme einer kohärenten, kontinuierlichen und sinnhaften Geschichte ist für die literarische Avantgarde um und nach 1900 ebenso charakteristisch wie für die Textwissenschaften des späten 20. Jahrhunderts. Doch hat sie weder hier noch dort zu einem völligen Verlust des Interesses an der 'Erforschung' und Darstellung geschichtlicher Konstellationen geführt. Wie kann dieses Paradox funktionieren bzw. welche Textstrategien sollen es entschärfen? Als zentrale Strategie zur 'Überwindung des Historismus' nehmen die hier behandelten Texte (Marie Eugenie delle Grazie: "Robespierre" 1894; Ricarda Ruch: "Der große Krieg in Deutschland" 1912-14; Alfred Döblin: "Wallenstein" 1920) einen Gattungswechsel vor: von der epistemologisch dem Historismus verwandten Form des realistischen Romans zum 'modernen Epos'. Sie bestätigen damit den geschichtstheoretischen Befund, daß Vorstellungen von bestimmten Geschichtsstrukturen und Textverfahren korrelieren, ja jene erst in diesen zur Geltung kommen. Dem Interpreten öffnet sich dadurch der Weg, das Ausmaß der Kritik am Historismus und der Ausbildung eines alternativen Geschichtsbegriffs in den Verfahren der Texte selbst zu analysieren.
Navigare necesse est : de Magalhães a Vespúcio ; três navegadores reinventados por Stefan Zweig
(2010)
"Navigare necesse est" [...] Ao longo dos tempos, esta expressão de ousadia conservou-se no discurso literário da cultura ocidental. No século XX, serviram-se dela, por exemplo, dois autores indelevelmente inscritos na memória cultural da língua portuguesa: o poeta Fernando Pessoa, como vimos, e ainda o cantautor Caetano Veloso. […] Nesta linha de apropriação se situa também o escritor austríaco Stefan Zweig quando, em 1937, intitula “Navigare necesse est” o capítulo introdutório da biografia “Magellan. Der Mann und seine Tat”. Ao contrário dos autores de língua portuguesa acima mencionados, Zweig adopta apenas o primeiro segmento do axioma, pois no fenómeno de intertextualidade [...]. Zweig aproveita a expressão no enquadramento semântico original – as navegações –, para a aplicar à linhagem de bravos homens do mar e de eruditos cosmógrafos que tornaram possível a era dos Descobrimentos. Nesse capítulo inicial da narração biográfica, a voz autoral traça uma panorâmica da primeira fase das Descobertas, mostrando como o móbil económico, que desencadeou todo o processo, acabou por trazer à Humanidade ganhos de outra natureza. Assim, os Descobrimentos não terão permitido apenas chegar à Índia e às tão desejadas especiarias: a demanda corajosa e continuada ter-se-á justificado principalmente por desafiar os mitos do oceano, afastar os medos do mar e alargar a nossa dimensão do mundo.
In der Literatur hat sich die Bestimmung der Erzählperspektive längst etabliert, aber genauso manifestiert sich auch in den visuellen Medien ein Erzähler, der das Geschehen zwar weniger mittels der Sprache, dafür im Wesentlichen über Bilder präsentiert. Durch die jeweils darin enthaltene Darstellung und die Verknüpfung der einzelnen Bilder sind diese Ausdruck einer bewussten Formung der Handlung. Der Begriff des Erzählens beschränkt sich somit nicht nur auf die Literatur, sondern trifft auch auf Visualisierungen jeglicher Art zu, da in diesen Fällen ebenso eine Instanz identifiziert werden kann, die hinter der Auswahl der Handlungselemente steht und diese perspektivisch formt. Dennoch kann der Erzähler hier nicht mehr, wie in der Literatur, im Sinne eines "Sprechers" aufgefasst werden, sondern versteht sich eher als abstraktes Konzept. Insbesondere in intermedialer Hinsicht stellt die Übertragung der Erzählperspektive von einem literarischen Text auf ein visuelles Medium eine Herausforderung dar, denn aufgrund des Medienwechsels verändern sich die Bedingungen des Erzählens. Umso schwieriger ist die Übertragung, wenn der literarische Text keinen durchweg logischen Handlungsverlauf aufweist, sondern Widersprüche und Uneindeutigkeiten im Erzählvorgang und in der Erzählperspektive beinhaltet, wie es auf Franz Kafkas 1914 entstandene Erzählung "In der Strafkolonie" zutrifft. Dieser Text dient zudem, wie auch viele andere von Kafkas Werken, als Projektionsfläche diverser, nicht selten konträrer, Deutungsansätze, die sich in der Forschungsliteratur herausgebildet haben. So wurden zahlreiche religiöse Bezüge in der Erzählung entdeckt, genauso wurde der Text aber als realistisch und somit als Kritik an Kolonialismus und Krieg verstanden. Bezug nehmend auf Kafkas Biographie und das Thema Strafe, das in zahlreichen seiner Werke zum Ausdruck kommt, wurde die Erzählung oftmals in psychoanalytischer Hinsicht gedeutet. Andererseits wurde die beschriebene Handlung auch weniger ernst genommen und vor allem auf die grotesken und ironischen Elemente verwiesen. Im Hinblick auf die unterschiedlichen Interpretationsansätze sind auch die Möglichkeiten der visuellen Umsetzung entsprechend vielfältig.
In dieser Arbeit wird anhand von drei Kurzfilmen und einem Comic, unter Berücksichtigung der spezifischen medialen Bedingungen, die Übertragung der Erzählung ins Visuelle analysiert. Dabei soll gezeigt werden, inwiefern die jeweilige Erzählperspektive die visuelle Wahrnehmung in den Filmen und im Comic bestimmt. In diesem Zusammenhang wird auch zu sehen sein, welche Deutung der Erzählung sich in der Visualisierung manifestiert und durch den Erzähler besonders hervorgehoben wird. Nicht zuletzt stellt sich dabei auch die Frage nach der Art der Umsetzung, d.h. ob bei der Adaption die Textnähe und der Inhalt im Vordergrund stehen oder ob vielmehr die Intention verfolgt wird, mit der Visualisierung der Erzählung ein neues und eigenes künstlerisches Werk zu schaffen, das dem Originaltext auf einer tiefergehenden Ebene begegnet.
The article studies the German-speaking poetess Nelly Sachs, who received the Nobel-Prize for literature in 1966, together with Shmuel Agnon. In order to shed light upon the behind the decision of the jury, an overview on life and work of the author will be given and a number of poems will be analyzed.
Die 70er Jahre stellen einen Wendepunkt in der dramaturgischen Produktion Heiner Müllers dar. Die Produktion dieser Zeit kontrastiert effektiv mit den Stücken der Frühzeit, die, wie 'Der Lohndrücker' (1958), 'Die Korrektur' (1958), 'Die Umsiedlerin' (1961) und 'Der Bau' (1965), aufgrund von umfassenden künstlerischen Referenzen auf Brechts episches Theater üblicherweise im Kontext des Aufbaus des realen Sozialismus in der DDR situiert werden. Spätere Stücke wiederum, wie beispielsweise 'Hamletmaschine' (1977), 'Der Auftrag' (1979) und 'Quartett' (1980), sind innerhalb einer Orthodoxie des pädagogischen Theaters schwer zu verstehen. Sie sind gekennzeichnet durch die Montage von Texten verschiedenen Ursprungs, durch die Tendenz zu Chören und Monologen zum Nachteil des Dialogs und hauptsächlich durch die Zerstückelung der Fabel als Organisatorin der dramatischen Einheit des Textes. Es ist symptomatisch, dass dieses Transformationsmoment sich nach der Kritik an der Fabel richtet, denn gerade sie wurde von Brecht als das Herzstück des pädagogischen Theaters verteidigt, das heißt, als eine privilegierte Art, dem Publikum die Künstlichkeit der Situationen und die Art ihrer Darstellung bewusst zu machen. In seinen vielen Bezugnahmen auf Brecht hat Müller immer wieder hervorgehoben (und kritisiert), wie stark das epische Theater von der Fabel abhing: Das war es, was vielen Brecht'schen Texten den Charakter einer Parabel gab und sie der klassischen Wesensart versicherte.
Dieser Beitrag beabsichtigt zu zeigen, dass die Transformation von Müllers Theater in den 70er Jahren eng mit einer Abrechnung mit diesen Aspekten des Brecht'schen Theaters verbunden ist.
Schöndummheit. Über Ignoranz
(2008)
Der reizvolle Begriff der Schöndummheit geht, im Verbund mit ähnlich attraktiven Ausdrücken wie dem der "Dummlistigkeit", auf Robert Musil zurück. Im Rahmen seiner Rede vom 17. März 1937 mit dem ebenso schlichten wie vielsagenden Titel "Über die Dummheit" zeigen Ausdrücke wie Schöndummheit und Dummlistigkeit an, dass es sich bei Fragen der Ignoranz, als deren Teil die Dummheit im Folgenden zu bestimmen sein wird, um Probleme handelt, für die keine eindeutigen Lösungen parat stehen. [...] Angesichts der von John Locke skizzierten Ausgangslage, derzufolge der Bereich des Nichtwissens immer umfassender ist als der des Wissens, eine Einsicht, die auch dem "Mann ohne Eigenschaften" zugrunde liegt, ist die Rede "Über die Dummheit" die systematische Ausarbeitung eines Problems, das im Zentrum des "Mann ohne Eigenschaften" steht. Im Folgenden wird es jedoch weniger darum gehen, Musilexegese zu betreiben, als vielmehr darum, mit Musils Hilfe und über ihn hinaus das unerschöpfliche Reich der Ignoranz zu durchwandern. Drei Problemzusammenhänge dienen der Vermessung des Terrains der Ignoranz als Leitfaden: die Unmöglichkeit, auf indifferente Art und Weise über Dummheit zu sprechen, der Zusammenhang von Ignoranz, Klugheit und Verstellung, sowie die Schwierigkeit, Unwissenheit zu definieren.
Im Grunde begann alles wie im Märchen: Es war einmal ein sehr reicher Mann. Er hieß Eugen Esslinger und war ein gütiger, feingliedrig gebauter Mensch. Zwar empfand er sich als kränklich, war aber äußerst reisefreudig (er bestieg sogar das Matterhorn!) und interessierte sich für Kunst. Eugen Esslinger wurde 1871 als Sohn wohlhabender jüdischer Eltern geboren. Bis zum Ersten Weltkrieg brauchte er keinem Beruf nachzugehen, weil er ein außerordentlich großes Vermögen erbte. Was ihm fehlte, war eine Frau. "Eine brave Frau werde ich haben! Comme tout le monde - nicht ganz. - Hübsch soll sie sein, von den Klügeren und fein musikalisch muß sie sein - Also nicht mehr Künstlerin und Frauenrechtlerin, etc." Eugen Esslinger war homosexuell. Eine Ehe, so glaubte er, würde diesen Makel tilgen. Nach jahrelangem Suchen fand er die passende Frau. Es war Emilie ("Mila") Rauch, geboren 1886 als uneheliches Kind in Linz (ihre Mutter war Witwe, der Vater war ihr unbekannt).
Die Redaktion von "leibniz" hat für die Ausgabe ihres Magazins zum Thema "Anfänge" (Heft 3, 2020) dreizehn Menschen aus der Leibniz-Gemeinschaft gebeten, ihre liebsten ersten Sätze kurz zu kommentieren. Eva Geulen, Direktorin des ZfL, hat hierfür einen Satz aus Heimito von Doderers Roman "Ein Mord den jeder begeht" ausgewählt. Wir veröffentlichen auf unserem Blog die Langfassung ihres Textes.
Realismus revisited
(2016)
Während sich unsere Wirklichkeit medial, technologisch und politisch rasant wandelt, macht Realismus wieder von sich reden. In der Philosophie liest man vom spekulativen oder neuen Realismus, Politiker werben um mehr Realismus, in den Sozialwissenschaften beginnt man am Primat des Konstruktivismus zu zweifeln, und auch in der Literatur hat Realismus Konjunktur. Das Semesterthema des ZfL widmet sich der Rückkehr des Realismus und seinen unterschiedlichen Manifestationen. Dabei geht es uns nicht nur um Sichtung und Analyse der aktuellen Realismus-Diskurse, sondern auch um ihre mehr oder weniger latenten Vorgeschichten. In ihnen spielt der künstlerische Realismus seit langem eine besondere Rolle.
In Ralf Rulands Verfilmung der Kafka Erzählung "Ein Bericht für eine Akademie" werden verschiedene intermediale Markierungen verwendet, die eine Verweisstruktur zwischen literarischer Vorlage und Film aufbauen. Beispielsweise sind im Film Fotographien, Gemälde und Gegenstände zu sehen, die direkt oder indirekt auf Sprache und Inhalte der Erzählung Kafkas anspielen und eine sehr textorientierte Vorgehensweise des Regisseurs erkennen lassen. Das zeigt sich nicht zuletzt daran, dass der gesamte Kafkatext als Monolog von einem Schauspieler gesprochen wird. Dennoch wählt man durch jede Bebilderung von Literatur eine spezifische Interpretation, die den Grad der fiktionalen Abstraktionsmöglichkeiten gegenüber dem Text reduziert und ihm eine zwar ebenfalls fiktionale, aber dennoch bildlich reale Ebene gibt. Das heißt jedoch nicht, dass der Rezipient einer Literaturverfilmung zwangsläufig einer abgeschlossenen und offensichtlichen Deutung eines Textes gegenüberstünde, die zu weiteren Anschlussüberlegungen einlädt.