BDSL-Klassifikation: 10.00.00 16. Jahrhundert > 10.11.00 Gattungen und Formen > 10.11.05 Weitere Formen
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"Bin auff disse Welt gebohren worden" : Geburtsdatierungen in frühneuzeitlichen Selbstzeugnissen
(2012)
Bei der geschichtswissenschaftlichen Untersuchung von Zeitkonzeptionen und -praktiken des 16. und 17. Jahrhunderts galten bisher - zu häufig - die Publikationen Kosellecks als Standardtexte, deren Thesen meist unhinterfragt auf die zu erforschenden Quellenbestände übertragen wurden. Bei Berücksichtigung der gegen diese jüngst geäußerten, gravierenden Einwände ist es wichtig, frühneuzeitliche Zeitkonzeptionen und -praktiken auf methodisch reflektierte Weise neu zu untersuchen und sich dabei auch anderen methodologischen Herangehensweisen zuzuwenden. [...] Ziel dieses Aufsatzes ist es, die Komplexität der Vergangenheit aufzuzeigen, indem die Quellen und damit letztlich die historischen Akteure mit ihren Kosmologien, Bedeutungszuschreibungen, Handlungspielräumen und sinnstiftenden Interpretationsmöglichkeiten in den Vordergrund gestellt werden. Der Fokus meines Untersuchungsinteresses liegt hierbei auf den gesellschaftlich nicht exponierten Persönlichkeiten.
Im Folgenden soll es um Traktate und Streitschriften, die Konversionen zum Gegenstand haben, und um Konversionsberichte aus dem ersten halben Jahrhundert nach der Reformation gehen. Es ist nahe liegend, diesen Zeitraum zu wählen, denn die lutherische Reformation hat zahlreiche Menschen herausgefordert, sich mit ihrem Glauben auseinander zu setzen. In Konversionsberichten - damit werden in dieser Studie lediglich die Texte bezeichnet, die von Konvertiten selbst verfasst worden sind - stoßen wir auf einen regelrechten 'Bekenntnisdrang' des Konvertiten. Fidel Rädle hat diesen Sachverhalt prägnant zusammengefasst: "Üblicherweise äußern sich Konvertiten [...] besonders bereitwillig." Und ebenso bereitwillig - so lässt sich ergänzen - äußern sich die Gegner der Konvertiten in Gegenberichten. Doch ist der Bekenntnisdrang des Konvertiten auch Ausdruck eines 'Ich' oder manifestiert sich in den Konversionsberichten zwischen 1520 und 1570 nicht vielmehr eine rhetorisch mehr oder minder prästabilsierte Berichtinstanz, die nur aus Gründen der Anschaulichkeit und der Emotionalisierung der Leser vom 'Ich' spricht? Da Konversionsberichte nicht zu den gut erforschten Textsorten der Frühen Neuzeit zählen, ist es angeraten, zunächst ihr diskursives Umfeld, religiöse Streitschriften und Traktate, darzustellen, um einen ersten Eindruck vom fehlenden Interesse am 'Ich' in diesen Texten zu vermitteln, die Konversionen zum Gegenstand haben. Denn so sehr auch 'Bekenntnisdrang' hinter den Schriften zu stehen scheint, entscheidend, so wird sich zeigen, ist für die Verfasser nicht der Bericht über die eigene Konversion, sondern der Appell an die Leser, dem Konvertiten nachzufolgen.
Die folgenden Überlegungen gelten einer literarischen Gattung, die in ihrer Entstehungs- und Primärrezeptions-Phase für das 15. und 16. Jahrhundert von größter Bedeutung war und die darüber hinaus durch ihre spätere Verbreitung in Form von billigeren Drucken als „Unterhaltungsliteratur“ zum Leserrepertoire auch der folgenden Jahrhunderte gehören sollte: dem frühen deutschen Roman, zur Unterscheidung von seinen versifizierten höfischen Vorläufern unter der aus neuzeitlicher Sicht scheinbar tautologischen Bezeichnung „Prosaroman“ bekannt.
The article presents a chronicle of the town of Kaaden (Kadaň) dating from the 16th century, currently held in Prague's Monastery of Our Lady of the Snows. It explores several aspects of Humanistic urban history writing, including the presence of the author in the text of the chronicle, the methodology of the author's historiographic work, and his choice and use of language (German, Latin). The study also presents this chronicle as an interesting and important source of information on writing practices in north-west Bohemia from a text-analytical perspective.