Mitteilungen zur floristischen Kartierung in Sachsen-Anhalt, Band 7 (2002)
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In der Bergbaufolgelandschaft um Zeitz-Weißenfels ist eine Umwandlung von Kulturlandschaft in Kippen, Halden und Restlöcher von extremem Ausmaß zu verzeichnen. Die mit Massendefiziten und großflächigen Standortveränderungen einhergehenden augenfälligen Eingriffe in den Naturhaushalt übertreffen jene anderer Wirtschaftszweige in Größenordnungen. Die Zerstörung etablierter Lebensgemeinschaften und die Auflösung ökologischer Beziehungsgefüge ermöglichen die Etablierung für das Gebiet neuer Arten und die Herausbildung neuer, azonaler Lebensgemeinschaften. Zerstörung und Entstehung sind aber auch Prozesse, die im Sukzessionsverlauf seltenen oder gar im Gebiet unbekannten Arten Lebensbedingungen bieten. Dies machte die Bergbaufolgelandschaft in den letzten Jahren für Faunisten, Floristen und Naturschützer immer interessanter (HEYDE 1996, KöcK & ÜELERICH 1999, MANN 2001 ). Für die Region des Zeitz-Weißenfelser Reviers, einem seit über 100 Jahren vom Bergbau geprägten Gebiet im südlichen und mittleren Teil Sachsen-Anhalts, wurden einige Gefäßpflanzenarten nachgewiesen, die der Landschaft der Lützen-Hohenmölsener Platte (MUN 1994) fehlen würden, hätte nicht diese gravierende Landschaftsveränderung stattgefunden. Die Pflanzen wurden während verschiedener Begehungen in den Jahren 1991-2001 gefunden.
Zwischen März 2001 und August 2002 wurde der zum Saalkreis gehörende Abschnitt der Fuhneaue floristisch-vegetationskundlich untersucht. Anlaß hierfür war die Erarbeitung eines Schutzwürdigkeitsgutachtens in Vorbereitung der Ausweisung des Gebietes als LSG (RANA 2002). Das Untersuchungsgebiet (UG) ist wie folgt begrenzt: im Westen durch die Kreisgrenze zum Landkreis Bernburg - etwa entsprechend dem Verlauf der Straße Gröbzig-Mitteledlau zwischen Alter Fuhne und dem Straßenknick, im Süden durch die Straße Hohenedlau-SchlettauPlötz-Kösseln-Mösthinsdorf und den Fahrweg Mösthinsdorf-Göttnitz, im Osten durch die Grenze zum Landkreis Bitterfeld und im Norden durch die Grenze zum Landkreis Köthen, die dem Verlauf der Fuhne bzw. zwischen Werdershausen und Gröbzig dem der Alten Fuhne entspricht. Zum UG gehört außerdem der Lauf der Riede zwischen Ostrau und der Straße Kösseln-Mösthinsdorf. Dieser wird im Osten begrenzt durch den Fahrweg von der Straße Kösseln-Mösthinsdorf bis zum Fahrweg Ostrau-Werderthau und entlang diesem bis Ostrau. Westlich des Riedelau es gehört bis Werderthau ein ca. 150 m breiter, parallel verlaufender Streifen dazu sowie das Gelände zwischen der Landstraße Werderthau-Ostrau einschließlich des Ostrauer Parkes. Letzterer wurde floristisch jedoch nicht berücksichtigt. Das UG gehört zu den Meßtischblättern Löbejün 4337/1,3,4 und Zörbig 4338/3 und umfaßt eine Fläche von ca. 1000 ha. Der zum Saalkreis gehörende Teil der Fuhneaue wird sowohl durch Ackerbau als auch Grünland genutzt.
Trifolium retusum L. [Syn. Trifolium parviflorum EHRH.] ist in Deutschland im Saaletal nördlich von Halle nachgewiesen worden. Angaben von Stolberg am Harz und bei Göttingen erscheinen unsicher. Die nächsten Vorkommen dieser Art befinden sich in der Tschechischen Republik, Österreich und Ungarn. Weitere Vorkommen finden sich in Frankreich, auf der Iberischen Halbinsel, in Nordafrika und Kleinasien (SCHULZ 1909, HEGI 1975). Die Fundorte in Mitteldeutschland können als nördlichste Ausstrahlung der wärmeliebenden Art aus dem südosteuropäischen Raum angesehen werden.
Bei den Erkundungen im Rahmen der floristischen Kartierung im Südzipfel von SachsenAnhalt wurden in den Jahren 2000 und 2001 die Meßtischblätter 4737 (Weißenfels-N), 4738 (Bad Dürrenberg bzw. Lützen), 4837 (Weißenfels-S bzw. Stößen), 4838 (Hohenmölsen), 4937 (Osterfeld) und randlich 4736 (Freyburg), 4836 (Naumburg), 4637 (Merseburg-W) und 4938 (Zeitz) näher untersucht. Neufunde und Wiederbestätigung in einem Gebiet, dessen letzte Lokalflora 1886 (K. STARKE, Botanischer Wegweiser für die Umgebung von Weißenfels) erschien, sollen im folgenden kurz mitgeteilt werden.
Seit 4 Jahren wächst bei Langenbogen (MTB 4536/2) im Garten von S. HUNECK ein kleines, ihm zunächst unbekanntes Gras, das der Zweitautor als Mibora minima erkannte. Die Art tritt dort alljährlich in mehreren Exemplaren auf. Ein Beleg befindet sich im Herbarium der Universität Halle (HAL). Der Garten liegt 1,2 km nordwestlich der Ortsmitte von Langenbogen am Mittelhang eines nach Süden geöffneten Talhanges des Flüßchens Salza am Fuß einer Felswand des Mittleren Buntsandsteins in etwa 120 m Höhe. Über Buntsandstein haben sich hier sandige, schwach lößbeeinflußte, etwas humose Böden gebildet. Unter den Begleitpflanzen fallen neben weit verbreiteten Gartenunkräutern (Veronica persica, Daucus carota, Stellaria media, Sonchus oleraceus, Geranium niolle und Poa annua) vor allem die einjährigen Gräser Bromus sterilis, Setaria viridis und Setaria pumila auf.
Die Populationsentwicklung von Armeria maritima ssp. hornburgensis, einer endemischen Sippe, die nur bei Hornburg (Landkreis Mansfelder Land, Sachsen-Anhalt) vorkommt, wird über den Zeitraum der letzten 40 Jahre dokumentiert. Die Dynamik der Population wird anhand einer Kartierung der Einzelindividuen in den Jahren 1999 und 2000 dargestellt. Genetische Parameter der Population (Heterozygotiegrad, molekulare Varianz, Anteil polymorpher Loci) wurden mit der RAPD-Analyse, einer Art genetischem Fingerabdruck, bestimmt und mit anderen Populationen des Armeria maritima-Komplexes verglichen. Dabei zeigte sich, dass die Population durch eine vergleichsweise hohe genetische Variabilität ekennzeichnetist. Bei einer Vergrößerung des potentiellen Habitates durch Pflegemaßnahmen besteht so die Chance auf eine anwachsende und dabei genetisch relativ variable Population. Maßnahmen zum Schutz der Population und zur Erweiterung ihres Lebensraumes wurden im Jahr 2000 bereits begonnen und werden ebenfalls im vorliegenden Beitrag vorgestellt.