Zentrum für Nordamerika-Forschung (ZENAF)
Refine
Year of publication
Document Type
- Working Paper (15)
- Review (10)
- Article (9)
- Part of a Book (6)
- Contribution to a Periodical (2)
- Preprint (1)
Has Fulltext
- yes (43)
Is part of the Bibliography
- no (43)
Keywords
- USA (9)
- Institutionalisierung (2)
- Militärische Intervention (2)
- Multikulturelle Gesellschaft (2)
- Aufsatzsammlung (1)
- Bush, George W. (1)
- Coronavirus (1)
- Demokratie (1)
- Einkommensumverteilung (1)
- Evangelikale Bewegung (1)
- Geschichte (1)
- Geschichte 1942-1990 (1)
- Geschichte 1990-1999 (1)
- Gesundheitswesen (1)
- Gesundheitswesen / Reform (1)
- Grundrecht auf Leben (1)
- Internationaler Vergleich (1)
- Kanada (1)
- Kongress (1)
- Kosovo-Krieg (1)
- Massenmedien (1)
- Ost-West-Konflikt (1)
- Parlamentarische Kontrolle (1)
- Politische Kommunikation (1)
- Präsident (1)
- Rechtswissenschaft (1)
- Reform (1)
- Sozialpolitik (1)
- USA / Kongress (1)
- Umweltpolitik (1)
- Völkerrecht (1)
- financial sustainability (1)
- historical perspectives on sustainability (1)
- sustainability transformations (1)
- urban waste (1)
- welfare state (1)
Institute
- Zentrum für Nordamerika-Forschung (ZENAF) (43)
- Gesellschaftswissenschaften (11)
- Exzellenzcluster Die Herausbildung normativer Ordnungen (10)
- Geschichtswissenschaften (8)
- Rechtswissenschaft (4)
- Philosophie und Geschichtswissenschaften (2)
- Präsidium (2)
- Psychologie (1)
- Sprach- und Kulturwissenschaften (1)
- Wirtschaftswissenschaften (1)
Im Jahr 1921 kam ein 16-jähriger, ursprünglich aus der Ölstadt Baku stammender jüdischer Reisender namens Lev Nussimbaum in Konstantinopel an. Lev wurde 1905 als Sohn eines Ölunternehmers und einer Mutter mit bolschewistischen Neigungen geboren. 1917 ergriffen Lev und sein Vater – die Mutter war um 1911 gestorben, möglicherweise durch Selbstmord – die Flucht. Ihre Reise führte über Turkmenistan und Persien zunächst in die Türkei, dann nach Frankreich, schließlich in das Deutschland der Weimarer Republik. Dort entdeckte der fast mittellose Student einen Markt für Artikel und (ab 1929) Bücher über den Orient, den er als ›echter‹ Araber bediente. »Essad Bey«, wie er sich seit etwa 1924 nannte, erlangte mit einer Fülle von Publikationen, darunter Biographien Mohammeds und Stalins, internationale Bekanntheit, bis die Machtergreifung der Nationalsozialisten seine Lage prekär machte. Denn die falsche Familiengeschichte des Konstrukts Essad Bey, dessen Vater angeblich Mohammedaner und dessen Mutter angeblich eine christliche Adelige waren, wurde nun durch missgünstige Konkurrenten genau untersucht und drohte als Fälschung entlarvt zu werden. Während Nussimbaums jüdische Ehefrau nach Amerika auswanderte und sich dort scheiden ließ, ging er selbst zunächst nach Wien, wo er 1937 als »Kurban Said« das später in Aserbeidschan als Nationaldichtung betrachtete Buch »Ali und Nino« verfasste, dann nach Italien, wo er 1941 an einer Wundinfektion starb. ...
Andreas Fahrmeirs These lautet, dass die Entwicklung der modernen Form der Staatsbürgerschaft "von einer spezifischen Erfahrung zwischenstaatlichen Wettbewerbs vorangetrieben wurde" (231). Dass alle oder fast alle erwachsenen Männer nach den Prinzipien der Aufklärung und des Liberalismus Rechte besaßen oder wenigstens fähig waren, zur politischen Mündigkeit erzogen zu werden, hat sicherlich auch zur Erweiterung der Rechte und der Zahl der Staatsbürger in vielfältiger Weise beigetragen. Nach Fahrmeir waren aber "Blut und Eisen" wichtiger für die Entwicklung von Staatsbürgerrechten als der Einfluss Lockes und Kants. Krieg oder die Vorbereitung auf einen Krieg haben Staaten angetrieben, eine "homogene, gesunde und produktive Bevölkerung" zu schaffen, um Stabilität und ökonomische Effizienz herzustellen (230). Und hauptsächlich deshalb wurden weitere zivile, politische und soziale Rechte breiteren Gruppen von Einwohnern gewährt und Grenzen zwischen Staatsbürgern und Ausländern schärfer gezogen. Dieser Hypothese folgend, kommt Fahrmeir zum Schluss, dass, da westliche Regierungen seit den 1970er Jahren zunehmend auf die Wehrpflicht verzichten und sich vielmehr auf den wirtschaftlichen Erfolg im Kontext einer globalisierten Ökonomie konzentrieren, sie sich fortan auch weniger um die Opferbereitschaft und um die Rechte ihrer Einwohner kümmern. Deren ökonomische Nutzbarkeit steht im Vordergrund (231 f.). ...
Anderthalb Jahre nach den Terroranschlägen von New York und Washington muss sich eine Analyse der US-Außenpolitik nach dem 11. September dagegen wappnen, im Zustand einer wenig aussagekräftigen und schon bald überholten Momentaufnahme zu verharren. Dieses Schicksal würde ihr dann drohen, wenn sie ihren Blick auf jene Begebenheiten verengte, die sich in diesem schmalen Zeitfenster zugetragen haben. Vor diesem Hintergrund wird sich der folgende Beitrag nicht darauf beschränken, eine Bestandsaufnahme der amerikanischen Balkanpolitik nach dem 11. September vorzunehmen. Vielmehr soll diese mit einer breit angelegten Rückschau kontrastiert werden, um daraus in der Summe eine informierte Prognose über die zukünftige Südosteuropapolitik der USA ableiten zu können. Die zentrale erkenntnisleitende Frage wird dabei lauten: Stellen die Terroranschläge von New York und Washington mit Blick auf die (zukünftige) amerikanische Balkanpolitik eine Zäsur dar? Da die US-Truppenpräsenz in der Region gemäß der Formel "commitments create interests" als ein zuverlässiges Thermometer für das Balkanengagement der Vereinigten Staaten anzusehen ist, wird ihr im Folgenden besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Die erkenntnisleitende Frage ließe sich somit auch konkreter formulieren: Ist nach dem 11. September ein (unilateraler) militärischer Rückzug der USA aus der Region zu erwarten? Dieser Frage wird in vier Schritten nachgegangen.
Auf dem Hintergrund der Analyse der kanadischen Entwicklung und der sie begleitenden Diskussion um die Integration in den nordamerikanischen Wirtschaftsraum und die Problematik des Quebecer Minderheitennationalismus lassen sich folgende Schlussfolgerungen ziehen: Zum ersten kann im Falle Kanadas tatsächlich nur von einer internationalen Wirtschaftsintegration im Sinne einer regionalen Integration gesprochen werden und nicht von einer Globalisierung der ökonomischen Beziehungen. Die Ergebnisse und Daten haben gezeigt, dass sich der Handel zunehmend auf den nordamerikanischen Kontinent konzentriert. Diese Ergebnisse lassen sich auch durch andere Untersuchungen zum europäischen Binnenmarkt und auch zum asiatischen Markt bestätigen. Die regionale Integration innerhalb der drei Wirtschaftsblöcke kann eher definiert werden als eine Gegenreaktion gegen eine globale ökonomische Liberalisierung denn als ein erster Schritt in Richtung eines globalen Marktes. Ähnlich vorsichtig und differenziert argumentieren auch Hirst und Thompson, wenn sie in den Nationalstaaten weiterhin die grundlegenden Einheiten der internationalen Wirtschaft sehen. Eine relative Trennung von nationalen und internationalen Bezugssystemen werde nach Hirst und Thompson nicht aufgehoben, der Einfluß von internationalen Ereignissen auf die Binnenökonomie werde noch immer gefiltert von nationalen Maßnahmen und Prozessen. Diese Schlussfolgerungen konnten auch durch die Analyse der Verhandlungen zur Implementierung des Free trade agreements mit den USA und den sich anschließenden Verhandlungen zur NAFTA bestätigt werden. Es sind staatliche Akteure und Institutionen, die die Regeln der Integration festschreiben und auch noch weite rhin Einflussmöglichkeiten im Rahmen dieser Kooperationsgebilde besitzen. Natürlich ergeben sich hieraus andere Akteurskonstellationen und Handlungsspielräume für die staatlichen Akteure, aber von einem generellen Bedeutungsverlust kann keinesfalls gesprochen werden. Genau hier fehlt es in der Globalisierungsdi skussion noch an empirischen Untersuchungen, die den veränderten Charakter, die unterschiedlichenHandlungsebenen und die veränderte Funktion nationaler Wirtschaftspolitik genauer beleuchtet. Dem Staat kommen nach Hirst und Thompson auch weiterhin zentrale Aufgaben im Wirtschaftsbereich zu. Dazu gehören die Herstellung eines V erteilungskompromisses zur Beeinflussung der Wirtschaft, die Herbeiführung eines sozialen Konsenses und eine adäquate Aufteilung der Steuereinnahmen und -ko mpetenzen auf den verschiedenen Regierungsebenen. Es kann also keinesfalls von einem völligen Verlust der nationalen Souveränität durch die Globalisierung gesprochen werden, wobei hier gefragt werden muss, inwieweit das Konzept staatlicher Souveränität in seiner juristischen und rechtswissenschaftlichen Zuspitz ung je zutraf. Die Forschung müsste sich stärker konzentrieren auf das neue Konkurrenzverhältnisvon internationalen Wirtschaftsbeziehungen und Handelsströmen einerseits und den Machtbefugnissen des Staates anderer seits. Verschiedene Akteure treten neb en dem Nationalstaat auf verschiedenenEbenen mit unterschiedlichen Interessen auf. Diese neuen Interaktionsformen und die Handlungsspielräume, in denen sie stattfinden, bedürfen noch einer genauen empirischen Analyse, um Prognosen über die Zukunft des Nationalstaates zu machen. Der Nationalstaat wird aber weiterhin eine bedeutende Rolle in der Vermittlung zwischen den sozialen, politischen und ökonomischen Dimensionen der Realität spielen.
The focus of this work, the debate about a body of law dealing with aristocratic issues, is not easy to summarize. This problem stems in part from a topic that historians who do not work on law might be forgiven for considering nonexistent; in part, it has to do with the indirect way in which Dorothee Gottwald engages with current trends in the historiography of nineteenth-century Germany. ...
The main purpose of the paper is to explain the divergent paths of development of ethno-territorial protest movements in modern democratic political systems. By focusing on the interaction between these movements and the state, the different systems of accommodation between the relevant regional and central elites will be analyzed. The study concentrates on the case studies of Québec (Canada) and Corsica (France). The paper is divided into three parts. The first part describes the traditional systems of accommodation in France and Canada. The second part is focused on the process of socio-economic modernization in the 1950s and 1960s in those countries that threatened the established patterns of elite accommodation. The third part deals with the consequences for the established patterns of elite-accommodation and new concepts of territorial management that the central states tried to establish. By looking at the different degrees of centralization and decentralization in the mentioned political systems, the question of access to the political system by new social and political actors will be discussed in detail.
Die Gegenwart ist heimlicher Komplize der Geschichtsschreibung. Also war nach seinem Standardwerk "A History of American Law" (1973) vom Nestor der amerikanischen Rechtsgeschichte, Lawrence M. Friedman, eine autoritative Fortsetzung zu erwarten. Mit "American Law in the Twentieth Century" liegt sie vor. Fesselnd geschrieben, in die Hand eines jeden Studierenden gehörend, wie es heißt, wirft das umfangreiche Werk – Komplizenschaft hin oder her – eine Reihe von Fragen auf. Warum gerade das 20. Jahrhundert? Waren 1900 und 2000 Schwellenjahre, die den Beginn und das Ende einer diskreten Entwicklungsphase des amerikanischen Rechts markieren? Vielleicht dessen Moderne oder gar Postmoderne? Geprägt von normativen Leitprinzipien oder gesellschaftlichen Umbrüchen? – Der Reihe nach. ...
Der nachstehende Aufsatz ist Teil einer breiter angelegten Studie, an der ich derzeit im Rahmen eines Dissertationsvorhabens mit dem Titel: Ideologische Gruppierungen im arnerikanischen Kongress - Zur Rolle innerpateilicher Flügelorganisationen im U.S. Repräsentantenhaus, 1960-1990, arbeite. Die Diskussion der Veränderungen des Stils der Mandatsführung der amerikanischen Abgeordneten seit den 1960er Jahren ist in diesem Zusammenhang als eine wichtige Komponente des Versuchs zu verstehen, einen Erklärungsansatz für die Entstehung und Arbeitsweise der in dem Dissertationsprojekt untersuchten »ideological caucuses« zu formulieren.
The paper aims at presenting research about Neo-Conservatism, in particular about the origin(s), history of development, ideas, and foreign policy goals. The core argument of the paper is that the discipline of International Relations (IR), in particular the North American Research and the Peace and Conflict Research, should take the Neoconservatives seriously. Three arguments can be made for this: First of all, Neoconservatives such as Robert Kagan, Charles Krauthammer, and Normen Podhoretz are participating in the debates about US foreign policy, and they introduce their ideas (e.g. "democracy promotion", "unipolar moment", and "benevolent empire") into the discourse. The foreign policy of the Reagan administration as well as the foreign policy of George W. Bush was highly influenced by neoconservative ideas. To sum up, Neo-Conservatism is the fourth influential school of US foreign policy beside Isolationism, Liberal Internationalism, and Realism. Secondly, Neoconservatives are proponents of a war-prone-US foreign policy, and advocates of the "war on terror" and the Iraq War. And finally, Neoconservatives are characterized by ideas, in particular the idea of democracy promotion, as the purpose of American politics and historic mission. Along with this, a neoconservative misunderstanding of IR theories becomes apparent. The "Democrat Realist" Krauthammer and the "Wilsonianist" Podhoretz both refer to "Realism", "Liberalism" and Wilson’s doctrine "to make the world safe for democracy" in a way which is not only misleading, but deceptive. Neoconservatives suggest that Realism is a sole power politics-theory without normative bias, and that the scholars of the liberal peace theory as well as Wilson and his successors claim for a policy of democracy promotion by using force and waging war. Against this background, a critical examination with Neoconservatism is presented in the paper. To reveal the neoconservative misunderstanding of IR discipline and its two important school of thoughts, the few similarities but numerous differences between Neo-Conservatism on the one hand and realist and liberal approaches in IR on the other hand are worked out.
This article discusses the potential of a historical approach to sustainability transformations. Using environmental issues and governance structures as case studies, it first describes how historical “sustainability transformations” can be conceptualized. It then suggests that 19th-century constitutional reforms can be read as attempts at reaching fiscal sustainability, whereas some social reforms can be interpreted as attempts to render the capitalist economy sustainable. In conclusion, the article highlights that the primary value of historical approaches to sustainability transformations will not lie in models, but in encouraging more creative questions.
Der Zweifel muss schweigen, soll ein richterliches Urteil überzeugen. Gewissheit zu verbreiten, ist das nicht allzu heimliche Ziel der juristischen Ausbildung. Der Charme der Gutachtentechnik, alles Mögliche zu erwägen und zu prüfen, wird in der Referendarausbildung durch die Relationstechnik ersetzt und in der richterlichen Urteilspraxis vollends desavouiert. Gewissheitsdenken und Erledigungsökonomie gehen in Führung. Vieles bleibt "dahingestellt", wenn die Entscheidung einmal feststeht. Und die Gutachten von Rechtsexperten hängen dem Interesse der Auftraggeber häufig einen mehr als fadenscheinigen Mantel um. Ungewissheit, das scheint gewiss, ist Sache der juristischen Zunft nicht. ...
This paper studies one of the earliest forms of modern consumer culture—the road book—in relation to one of the early utopias of modern consumption—California. Criticism has traditionally treated the road book as an extension of a loosely defined transcendentalist project, where drivers take to the open road to “discover” themselves in nature. The determinate context, however, is corporate rather than literary-historical. The earliest road books were advertisements. Their itineraries linked up with other spatial technologies (e.g. the conveyor belts in automobile plants and modern highways), transforming space into a vast production and distribution network. Production and distribution intersected in California, the state with the most automobiles per capita and the destination of most early road trips.
The first section of the paper considers the journey to California from the perspective of Emily Post, who would later become a famous writer on etiquette. Post’s book is the narrative equivalent to the standardized roadside architecture, converting local difference into a tourist attraction, and local (especially ethnic) identity into a commodity. The next section considers the effects of commercial homogenization on gender, focusing on the moment when some women, taking the steering wheel, assumed agency as consumers. The primary texts here are some of the early novels of Sinclair Lewis, along with examples of sociology and advertising copy from the 1920s and 1930s. The final section analyzes the WPA Guidebook to California as a federal attempt to re-map corporate space—the space of tourist attractions and consumers—according to a progressive ideal. All three sections treat the tour form as a spatial and literary structure—a privileged topos, at once geographical and symbolic, where complex relations between identity and place are negotiated in the form of a journey.
Stéphane Dufoix schreibt im Vorwort, das vorliegende Buch (das in etwas kürzerer Fassung 2003 auf französisch in der Reihe "Que sais je" erschien) habe "a somewhat schizophrenic character". Es handele von "Diaspora", sei aber von einem Autor verfasst, der an die Nützlichkeit von Diaspora als Forschungsbegriff nicht glaube. Nach der Lektüre von rund 100 Seiten luzidem und konzisem Text weiß man garantiert etwas über Diaspora, was man vorher nicht gewusst hat, und man wird vermutlich die Skepsis des Autors im doppelten Sinne teilen: gegenüber der Nützlichkeit des Begriffs als analytischem Instrument, und gegenüber der Annahme, dass der Begriff bald durch andere ersetzt werden wird. ...
In der Forschung zum 18. und 19. Jahrhundert gelten Vereine - zumal in Deutschland - meist immer noch als zentrale Bereiche einer im Prinzip liberalen und zukunftweisenden "Zivilgesellschaft", in der frei von repressivem staatlichem Einfluss und fern von überlebten korporativen Traditionen politische Aushandlungsprozesse im Rahmen einer liberalen Bürgergesellschaft erprobt werden konnten. Das Bild hat freilich einige Risse bekommen [1], die aber bislang eher als ehrwürdige Patina zu fungieren scheinen denn als Anzeichen für grundlegenden Restaurierungsbedarf. Die Arbeit von Stefanie Harrecker lenkt den Blick nun auf eine andere Art Verein, der in vielem wirkungsmächtiger war als die intensiv untersuchten stadtzentrierten liberalen Assoziationen. Der Landwirtschaftliche Verein in Bayern, der 1810 seine Tätigkeit aufnahm, war zwar formal ein privater Verein, wies aber von Anfang an enge personelle und finanzielle Beziehungen zum Staat auf, die sich im Laufe der Zeit eher intensivierten als abschwächten. Ziel des Vereins war einerseits die Produktionssteigerung der Landwirtschaft, etwa durch die Popularisierung neuer Anbaumethoden; andererseits verstand sich der Verein auch als Lobby der Landwirtschaft gegenüber der Regierung, und zwar sowohl im Parlament als auch im öffentlichen Raum, in dem er mit unterschiedlichen Publikationen präsent war. Der Verein hatte regionale Zweigstellen, engagierte sich im Bereich der landwirtschaftlichen Ausbildung, und richtete Feste und Feierlichkeiten aus (darunter das Oktoberfest), in deren Rahmen beispielsweise Vieh gezeigt und prämiert wurde. Angesichts der spannungsreichen Beziehungen zwischen Regierung und Parlament, Staat und Öffentlichkeit im Bayern des 19. Jahrhunderts war klar, dass auch der Landwirtschaftliche Verein keinen ganz stabilen Platz in der informellen Landesverfassung haben konnte. Anfang des 19. Jahrhunderts dominierte die Autonomie, die moderate oppositionelle Tendenzen (die freilich zum guten Teil aus der Verwaltung kamen) einschließen konnte. Das galt vor allem im Rahmen der Diskussion über die Abschaffung des 'Feudalsystems', also die Veränderung der Besitz- und Abhängigkeitsverhältnisse in ländlichen Regionen. Nach intensiver Verwicklung in die politischen Intrigen der frühen 1830er Jahre geriet der Verein, der damals unter Mitgliederschwund litt, unter stärkere staatliche Aufsicht. Diese trug mit dazu bei, dass der Verein 1848/49 die Chance verpasste, zum Sprachrohr der Veränderung zu werden; stattdessen fügte er sich in das Programm der Stärkung eines partikularen Profils Bayerns, das Maximilian II. verfolgte. Selbst Ludwig II. interessierte sich noch hinreichend für den Verein und seine öffentliche Wirkung, so dass er sich für eine Präsentation von preisgekrönten Tieren vor allen Festbesuchern, nicht nur vor den Fachleuten, einsetzte. Die Reichsgründung von 1870 bedeutete zwar nicht das Ende des Landwirtschaftlichen Vereins, wohl aber das seiner herausragenden Bedeutung; die Integration in ein deutsches Netzwerk landwirtschaftlicher Vereine endete mit weitgehendem Relevanzverlust. Die Frage, ob der Verein seinen selbst gesteckten hohen Zielen gerecht wurde, ist nicht ganz leicht zu beantworten. Die Publikationen, die populär waren, waren selten die innovativsten. Überhaupt gab es immer wieder Gelegenheit, über Sinn und Aufgaben des Vereins zu streiten, etwa wenn es darum ging, die Rolle von Festen und Fachmessen abzuwägen. Manche spektakuläre Aktionen (so der Plan, Seidenraupen in Bayern anzusiedeln) gehörten in ihrer praktischen Wirkung nicht gerade zu den Sternstunden der Agrarökonomie. Dagegen spielte der Verein eine erhebliche Rolle bei der Etablierung landwirtschaftlicher Forschungs- und Lehreinrichtungen und bei der Mobilisierung staatlicher Zuschüsse für solche Zwecke. Er engagierte sich für die Belange der bäuerlichen Bevölkerung und bemühte sich - trotz einer erkennbaren München-Fixierung - um eine flächendeckende Versorgung des Landes mit Bibliotheken und lokalen Vereinen. Stefanie Harreckers Buch liefert einen mustergültig recherchierten, abgewogenen Einblick in das Leben eines nicht ganz dem konventionellen Bild entsprechenden Vereins, der zwischen privatem Klub, wissenschaftlicher Gesellschaft und Lobby angesiedelt war. Dabei kommen sowohl die kleinen Vereinsquerelen zur Sprache als auch die Rolle des Vereins im Kontext der landwirtschaftlichen Entwicklung - insofern handelt es sich bei diesem sehr lesenswerten Buch um einen herausragenden Beitrag zur Vernetzung der allgemeinen mit der viel zu stark vernachlässigten Agrargeschichte. Anmerkung: [1] Etwa durch Eckhart Trox: Militärischer Konservativismus. Kriegervereine und "Militärpartei" in Preußen zwischen 1815 und 1848/49, Stuttgart 1990. Redaktionelle Betreuung: Peter Helmberger
Jonathan Wagner has written a monograph on a migration movement that was in many ways a peripheral one. From a Canadian perspective, Germans accounted for a relatively minor share of immigrants, compared to former residents of the British Isles, of eastern or southern Europe. Seen from Germany, Canada was one of many destinations for migrants who wished to leave the country and were prepared to travel over long distances, but were, for whatever reason, not attracted by the United States, the destination for the overwhelming majority of transcontinental emigrants. Nevertheless, the movement from Germany to Canada was significant in absolute and often symbolic terms. The way Wagner tells it, the story of German-Canadian migration was a tale of parallel experiences: both Germany and Canada experienced federation and increasing international autonomy from the 1860s; both were ruled by domineering conservative figures presiding over de facto liberalization in the 1870s; both participated in the First World War, and both went through traumatic economic crises in the interwar period. ...
Hans von Hentig war ein impulsiver Abenteurer mit wenig Respekt vor Autorität. Und er war ein extrem schreibfreudiger Wissenschaftler, der zu den Begründern einer modernen, durch die Verbindung juristischer und medizinisch-psychologischer Kenntnisse und Zugänge bestimmten Kriminologie gehörte. Hans von Hentig wurde 1887 als Sohn des Rechtsanwalts Otto Hentig geboren. Dieser hatte zunächst in Berlin praktiziert, bevor er als Spezialist für Wirtschaftsrecht 1893 zum Verwalter der Güter Karl Egon IV. zu Fürstenberg und 1900 zum Staatsminister des Herzogtums Sachsen Coburg und Gotha wurde; letzteres Amt brachte der Familie die Nobilitierung ein. ...
Mike Rapport is one of the few scholars who write European history not as the history of a few select countries, but of the entire continent. Rapport is at home in the history of the Balkans as well as France, Italy, Germany, Russia, and Scandinavia, and well versed in the historiography published in English, French, and Italian. Rapport's well-rounded viewpoint is one excellent argument for anyone suffering from "1848 fatigue" after the sesquicentennial celebrations and their aftermath in conference volumes and historiographical reviews to put aside any skepticism regarding the possibility of anyone presenting a novel perspective; the book itself is another. In it, Rapport offers a narrative history of the events of 1848 in those European countries and regions affected directly by the revolution--France, Italy, the German states, Denmark, and Rumania--with some remarks on areas where the impact was more indirect (Britain, Russia, the Ottoman Empire, and Scandinavia). This book is less obviously an academic textbook than Jonathan Sperber's excellent survey of the revolutions of 1848, and less encyclopedic than the survey of national events and overarching themes edited by Dieter Dowe and others for the 1998 anniversary. ...
After he had only tightly lost the election in July 2006, Andrés Manuel López Obrador and his Coalición claimed fraud and asserted that unfair conditions during the campaign had diminished his chances to win the presidency. The paper investigates this latter allegation centering on a perceived campaign of hate, unequal access to campaign resources and malicious treatment by the mass media. It further analyzes the mass media’s performance during the conflictual post electoral period until the final decision of the Federal Electoral Tribunal on September 5th, 2006. While the media’s performance during the campaign tells us about their compliance with fair media coverage mechanisms that have been implemented by electoral reforms in the 1990s, the mass media is uncontained by such measures after the election. Thus, their mode of coverage of the postelectoral conflicts allows us to “test” the mass media’s transformation to a more unbiased, social responsible “fourth estate”. Finally the paper scrutinizes whether the claims of fraud and the protests by the leftist movement resulted in lower levels of institutional trust and democratic support. The analysis of the media performance is based on data provided by the Federal Electoral Institute (IFE). Its Media Monitor encompassed more than 150 TV stations, 240 radio stations and 200 press publications. However, there is no comparable data available for the postelectoral period. Interviews with Mexican media experts, which the author has conducted during the postelectoral period, serve as empirical basis for the second part. Data on the public opinions and attitudes of Mexican citizens are taken from the 2007 Latinobarometro, the 2006 Encuesta Nacional and several polls conducted by Grupo Reforma. The results do not support López Obradors notions. Even though a strong party bias is characteristic of the Mexican media system, all findings hint at a continuity of balanced campaign coverage and fair access to mass media publicity. Coverage during the postelectoral period was more polarized, yet both sides remained at least partially open for oppositional views. The claims of fraud, mass protest mobilization and anti-institutional discourse by Lopez Obrador’s leftist movement seem not to have caused significant loss in institutional trust, support of and satisfaction with democracy, even though these levels remain quite low.
Proceeding chronologically in terms of the events covered, Raimund Schieß in his paper „Too close to call: CNN’s politics of captions in the coverage of the Florida Recount“ focusses on Nov. 11, 2000, when the Bush campaign applied to Miami Federal Court to stop the manual recount of ballots which had been started in some counties. The paper studies the discursive practices employed by the CNN journalists to construct a particular version of the events, focussing on captions, i.e. the lines of text inserted at the bottom of the tv screen, and on the way in which they interact with the other verbal and visual components of the television text. Raimund Schieß concludes that captions, far beyond providing mere details of a speech event (who is talking to whom about what, where and when), are used to select, to highlight and hide, and thus to invite a preferred interpretation of the event. He is also able to show that captions are often employed to exploit a story’s potential for drama and sensation. His detailed micro-analysis of the verbal and visual dimensions of the television text is supported by careful documentation of the data, either through screen shots or via transcriptions of the stretches of broadcast discussed.
In der vorliegenden Studie werden die sozialpolitischen Reformen in den USA und Kanada während der 1990er Jahren in einer vergleichenden Perspektive analysiert. Dabei wird insbesondere die Rolle steuerpolitischer Instrumentarien in den Reformen thematisiert und der Frage nachgegangen, ob sich hier ein neuer Typ von Wohlfahrtsstaat herausbildet. Im ersten Teil des Papiers wird das in der vergleichenden Wohlfahrtsstaatsforschung etablierte Modell des liberalen Wohlfahrtsstaats skizziert, um vor diesem Hintergrund die Reformen in den USA und Kanada zu untersuchen und zu vergleichen. Anschließend wird in einer breiteren vergleichenden Perspektive die out-put-Leistung der beiden Wohlfahrtsstaaten analysiert. Al normative Kriterien hierbei gilt in erster Linie die Umverteilungsfunktion sozialpolitischer Instrumentarien, hier in erster Linie verstanden als Einkommensumverteilung.