Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt, Jahrgang 42 (2005), Heft 2
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Ein Lachs in der Mulde
(2005)
Am 11.12.2004 fing ein Angler aus Dessau in der Mulde unterhalb des Stadtwehres Dessau einen Lachs (Salmo salar). Bei diesem 70 cm langen Fisch handelt es sich um ein laichreifes Tier, das sich offensichtlich in die Mulde verirrt hatte und am Dessauer Wehr am Weiteraufstieg gehindert wurde. Es ist der erste Nachweis dieser Fischart in der unteren Mulde, nachdem sie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch den Bau großer massiver Wehranlagen in der gesamten Mulde ausstarb.
Trotz einer geringen Gewässernetzdichte von 0,4–1,7 km/km2 sind Fließ- und Stillgewässer in der Dübener Heide stellenweise landschaftsprägende Strukturen, die neben ihrer landschaftsvernetzenden Funktion und landschaftsästhetischen Wirkung auch eine hohe ökologische Bedeutung haben. Sowohl die von den Erhebungen der Altmoränenlandschaft in ehemaligen Schmelzwasserabflussrinnen der Elbe oder Mulde zufließenden Fließgewässer als auch die durch Anstau oder Abgrabungen durch Menschenhand geschaffenen Stillgewässer sind entsprechend ihrer Beschaffenheit wichtige Lebensräume für aquatische und amphibische Lebensgemeinschaften.
Wenn in Deutschland im Jahre 2003 die Siedlungs- und Verkehrsfläche täglich um 93 Hektar zunahm, sind die Auswirkungen dieser fortschreitenden Flächeninanspruchnahme gewaltig. Eine Schlüsselrolle beim Flächenverbrauch kommt den Gewerbegebieten zu. Der erste Teil der Studie analysiert die Ausweisung von insgesamt 51 Gewerbegebieten in Bayern, Baden-Württemberg und Thüringen. Nach definierten Auswahlkriterien werden die Gebiete in „positive“ und „negative“ Fallbeispiele gegliedert. In übersichtlicher Weise sind die wichtigsten Aspekte und Kriterien der verschiedenen Fallbeispiele nachvollziehbar aufgelistet und zusammengefasst. Im zweiten Teil der Studie werden mit Hilfe von Fotos, Luftbildern und Karten die flächenhaften Auswirkungen der Gewerbegebiete anschaulich dargestellt.
Canis lupus, der Wolf, kommt verstärkt und etappenweise in seine angestammten deutschen Siedlungsgebiete zurück. Nachdem es in Sachsen vor 5 Jahren die erste Beobachtung eines Wolfsrudels (Elterntiere und 4 Jungtiere) gab und seither in der Oberlausitz alljährlich Reproduktionsnachweise gelangen, soll zum Anfang des Jahres ein etwa 10 Monate alter Jungwolf in der Altmark beobachtet worden sein.
Das Ruten-Hasenohr (Bupleurum virgatum CAV.) kommt in Deutschland ausschließlich im Selketal vor und ist in Mitteleuropa vom Aussterben bedroht. Die nächsten Vorkommen dieser Art befinden sich in Frankreich im Tal der Loire sowie im Rhône-Tal. Der Verbreitungsschwerpunkt des Ruten-Hasenohrs liegt in Südwesteuropa. Dort ist die Art auf offenen, trockenen Standorten sowie am Rande von Feldern anzutreffen.
Band 66 „Bitterfeld und das untere Muldetal“ widmet sich einer Mitteldeutschen, gleichermaßen naturräumlich wie geschichtlich interessanten Landschaft, die vor allem im letzten Jahrhundert, wie kaum eine andere, gravierende Veränderungen vor allem durch Bergbau, chemische Industrie und Energiewirtschaft erfahren hat. Betrachtet werden Entstehung und Entwicklung im Raum Bitterfeld, Wolfen, Jeßnitz, Raguhn, Gräfenhainichen und Brehna mit besonderem Augenmerk auf den grundlegenden Strukturwandel nach der Wende.
Das vorliegende Werk umfasst auf 792 Seiten die „Methodenstandards“ als Handwerkszeug bei den Vogelbeobachtern. Einführend gibt das Handbuch eine Übersicht zu feldornithologischen Erfassungsmethoden, dann folgen die Ausführungen zu den wichtigsten Standard-Methoden: der Revierkartierung, der Punkt-Stopp-Zählung, der Linienkartierung.
Unter diesem Titel erschien das dritte Heft der Veröffentlichungen der LPR Landschaftsplanung Dr. Reichhoff GmbH. Es ist ein weiteres Heft dieser Schriftenreihe, das sich speziell auf das Gebiet an der Mittleren Elbe bezieht. Zudem stellt es gleichzeitig einen Beitrag zum 25-jährigen Bestehen des UNESCO-Biosphärenreservates „Mittlere Elbe“ dar. Das Heft 3 gibt einen Überblick über die abiotischen und biotischen Verhältnisse in der Elbeaue unterhalb von Dessau.
Am 30. April und 01. Mai 2005 fand im Hörsaal des Institutes für Geobotanik der Martin-Luther-Universität Halle eine pilzkundliche Fachtagung statt. Die Tagung war zwei Jubiläen gewidmet: dem 50-jährigen Bestehen der Fachgruppe Mykologie Halle und dem 10-jährigen Landesverband der Pilzsachverständigen Sachsen-Anhalts (LVPS).
Während unter dem Aspekt der Struktur und des Aufbaus der Landschaft sowie der Analyse ihrer historischen Landschaftselemente die historische Kulturlandschaftsforschung und die historische Gartendenkmal- und Kulturlandschaftspflege bereits eine breite Entwicklung genommen hat, ist die historische Landschaftsökologie noch ein junger Forschungszweig. Die vorliegende Arbeit leistet zu diesem Wissensgebiet aber einen eindrucksvollen Beitrag.
Gebäude können für viele Fledermaus- und Vogelarten natürliche Lebensraumfunktionen übernehmen. Nischenreiche Bauwerke in der Kulturlandschaft oder auch im urbanen Raum bieten nicht nur ein Äquivalent für limitierte oder Ersatz für verloren gegangene natürliche Habitatelemente oder –requisiten. Sie können für das Vorkommen bestimmter Arten oder Artgemeinschaften von existenzieller Bedeutung sein (Griesau et al. 1999, Richarz 2001). Die nachfolgenden Ausführungen stellen die Ergebnisse einer Untersuchung zum Vorkommen von geschützten Tierarten an einem zum Abriss vorgesehenen sechsgeschossigen Wohnblock in Halle/Saale dar. Sie verdeutlichen, welch hohe Bedeutung besonders in Stadteilen mit umfangreicherem Wohnungsrückbau bereits einzelne verbleibende Gebäude besitzen. Einzelgebäude können auch wegen eines späteren Abrisstermins erhebliche Konzentrationen Gebäudebewohnender Tierarten aufweisen.
In der Arbeit von D. Frank und V. Neumann (1999) „Bestandssituation der Pflanzen und Tiere Sachsen-Anhalts“ wird zum ersten Mal eine Gesamtliste der Mollusken von Sachsen-Anhalt vorgestellt. Seit der Veröffentlichung im Jahre 1999 hat sich jedoch die Artenliste um mindestens 8 Arten erweitert. Über vier Arten davon liegen derzeit noch keine Publikationen vor. Daher wird über diese vier Arten im folgenden kurz berichtet.
Die bedeutendste Gefährdung für das in Deutschland vom Aussterben bedrohte Ruten-Hasenohr (Bupleurum virgatum CAV.) geht derzeit vom Menschen aus. Durch touristische Übernutzung wurden am bislang letzten Standort der Art (Selketal: „Alter Falkenstein“) Ruderalisierungs- und Eutrophierungsprozesse initiiert, durch die sich der für B. virgatum verfügbare Lebensraum ständig verkleinert. Darüber hinaus werden jährlich zahlreiche Individuen der annuellen Art durch menschliche Tritteinwirkung geschädigt bzw. gänzlich zerstört. Die vordringlichste Aufgabe zur Erhaltung des Ruten-Hasenohrs in Deutschland besteht deshalb darin, durch wirksame Besucherlenkung den Standort der Art am „Alten Falkenstein“ zu entlasten und zu sichern.
An den Tieflandflüssen Elbe und Mulde wurde im Jahre 2001 die Besiedlung durch aquatisch lebende Wirbellose auf natürlichem und exponiertem Totholz sowie mineralischen Sohlsubstraten (Sand, Kies, Stein) untersucht, um die Bedeutung von Totholz für das Artenvorkommen zu beurteilen. Für die Elbe wurden am Strom-km 232,5 insgesamt 92 und für die untere Mulde an zwei Standorten 100 Taxa nachgewiesen. Die höchste substratbezogene Taxazahl konnte dabei auf Totholz festgestellt werden (Elbe: 46, Mulde: 67 Taxa). Steine wiesen etwas geringere Taxazahlen auf (Elbe: 42, Mulde: 62 Taxa), die wiederum signifikant höher waren als auf Kies und Sand. Viele der Totholz besiedelnden Arten sind auf den deutschen und sachsen-anhaltischen Roten Listen notiert. Insbesondere Vertreter der Köcherfliegen, Wasserschnecken, Krebse und Libellen zeigten eine Präferenz für Totholz. Das Einbringen von Totholz sowie der Erhalt natürlicher Totholzstrukturen erhöhen die ökologische Funktionsfähigkeit und Biodiversität und können dazu beitragen den ökologischen Zustand von Tieflandflüssen und -strömen zu verbessern.
Im Januar 2003 wurde das Naturschutzgroßprojekt „Niedersächsischer Drömling“ mit einem Fördervolumen von 10 Mio. Euro über eine Laufzeit von 10 Jahren gestartet. Das niedersächsische Projekt stellt eine Ergänzung zum sachsen-anhaltischen Projekt dar, das in den Jahren 1992 bis 2003 umgesetzt wurde. Dem eigentlichen Projekt vorangestellt war in Niedersachsen ein schwieriger 14-jähriger Projektvorlauf, in dessen letzter Phase von 1998 bis 2001 ein Erprobungs- und Entwicklungsvorhaben (E+E-Vorhaben) vom Bundesamt für Naturschutz gefördert wurde. Im Rahmen dieses E+E- Vorhabens „Erprobung alternativer Planungsschritte bei Pflege- und Entwicklungsplänen am Beispiel des niedersächsischen Drömlings“ wurde erstmals für ein Naturschutzgroßprojekt ein Pflege- und Entwicklungsplan (PEP) unter Einbeziehung aller Betroffenen konsensual erarbeitet.
Nachruf Lisa Jahn
(2005)
Am 17. April 2005 verstarb die langjährige Sachgebietsleiterin Naturschutz der unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Saalkreis, Lisa Jahn. Die resolute alte Dame mit dem großen Herzen für die Belange des Naturschutzes wird vielen noch gut in Erinnerung sein. An dieser Stelle soll deshalb an sie erinnert werden.
Ende 1999 beschlossen das Niedersächsische Ministerium für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, das Niedersächsische Umweltministerium und die Landesjägerschaft Niedersachsen e. V. im Harz ein gemeinsames Projekt zur Wiederansiedlung des Eurasischen Luchses (Lynx lynx) zu beginnen. Luchse existieren allerdings aufgrund einer Wiederansiedlung bereits im Böhmerwald im deutsch-tschechischen Grenzgebiet und können zudem auch im Pfälzerwald und im Schwarzwald mehr oder weniger regelmäßig bestätigt werden. Letztere Nachweise könnten auf Wiederansiedlungsprojekte der 1970er und 1980er Jahre in der Schweiz und Frankreich zurück zu führen sein. Einzelnachweise von Luchsen unklarer Herkunft, wie zuletzt in Hessen und Nordrhein-Westfalen, treten gelegentlich auch in anderen Gebieten auf.