Tuexenia : Mitteilungen der Floristisch-Soziologischen Arbeitsgemeinschaft, Band 16 (1996)
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Auf Kalkäckern nördlich von Hamm wurde in der Umgebung des Kurricker Berges und der Dorfbauerschaft Henneberg in den Jahren 1969 und 1991 die hier wachsende Ackerunkrautvegetaion untersucht. Als einzige Ackerunkrautgesellschaft kam 1969 in beiden Gebieten das Kickxietum spuriae vor. Im Zeitraum von 1961-1991 erfolgte ein starker Rückgang an Ackerunkräutern, vor allem an diagnostisch wichtigen Arten. Der Hauptgrund für diese Entwicklung ist die starke Intensivierung der Landwirtschaft. In den Zeiträumen von 1950-1970 und 1990-1994 erfolgten im Bereich des Kurricker Berges unabhängig von der Erfassung der Ackerunkrautvegetation mehrere Bestandsaufnahmen der auf den Äckern und den angrenzenden Kalk-Halbtrockenrasen lebenden Schneckenarten. Dabei ist für die Jahre 1990-1994 gegenüber dem Zeitraum 1950-1970 ein deutlicher Artenrückgang festzustellen. Er beruht ebenfalls auf der Intensivierung der Landwirtschaft, aber auch auf Änderungen der Landschaftsstruktur. Angesichts der noch heute in beiden Untersuchungsgebieten häufig vorkommenden kennzeichnenden Arten Kickxia spuria und K. elatine wird zum Schutz und zur Erhaltung der Kickxietum spuriae ein Ackerrandstreifenprogramm und als Maßnahme für das Überleben der Schneckenfauna im Bereich des Kurricker Berges eine Änderung der Gehölzstrukturen und die Umwandlung der besonders schlecht für eine landwirtschaftliche Nutzung geeigneten Ackerflächen in ein Mesobrometum vorgeschlagen.
In einer pflanzensoziologischen und standörtlichen Analyse des Trapetum natantis und des Nymphoidetum peltatae in Polen wird nachgewiesen, daß im Gegensatz zum weit verbreiteten Nupharo-Nymphaeetum albae die Phytozönosen des Trapetum natantis und des Nymphoidetum peltatae an spezifischen Standorte gebunden sind. Das Trapetum natantis findet sein Entwicklungsoptimum in seichten Gewässern, die sich im Vergleich zu zwei anderen Gesellschaften durch die niedrigste Konzentration an NH4-N und Mg und die niedrigste Karbonathärte auszeichnen und am reichsten an gelöster organischer Substanz, Gesamt-Fe, K und reich an PO4-P sind. Seine Bodensubstrate sind saurer, am ärmsten an Ca, am reichsten an PO4-P und Gesamt-Fe und reich an NO3-N. Das Nymphoidetum peltatae entwickelt sich an Wasserstandorten, die an NO3-N, Na, Cl und NH4-N am reichsten und an Ca und gelöstem SiO2 am ärmsten sind und die niegrigste Gesamthärte aufweisen. Seine Bodensubstrate sind am ärmsten an SO4, Gesamt-Fe, am reichsten an NO3-N und relativ reich an PO4-P. Das Nupharo-Nymphaeetum albae hat sein Entwicklungsoptimum in Gewässern, die im Vergleich zu den Standorten des Trapetum natantis und des Nymphoidetum peltatae ärmer an Na, Cl, PO4-P, K, Gesamt-Fe und gelöster organischer Substanzen sind, die aber gleichzeitig größere Wassertiefe, höhere Gesamthärte und höhere Anteile an Mg, gelöstem SiO2 und Ca aufweisen. Die Bodensubstrate des Nupharo-Nymphaeetum albae erwiesen sich als ärmer an PO4-P und NO3-N, aber reicher an Ca, Mg, Cl, Gesamt-N, Na, gelöstem SiO2 und an verschiedenen Formen organischer Substanz. Außerdem weisen sie den höchsten Wassergehalt auf. Die durchgeführten Untersuchungen haben bestätigt, daß alle drei verglichenen Gesellschaften auch in standörtlicher Hinsicht völlig eigenständige Syntaxa im Range von Assoziationen darstellen.
Im Jahr 1993 wurden sechs Dörfer beiderseits der ehemaligen innerdeutschen Grenze untersucht um festzustellen, wie sich die Sozialstruktur und die naturräumliche Lage auf die spontane Siedlungsvegetation auswirken. Jedem Dorf in Nordbayern steht ein vergleichbares in Südthüringen gegenüber. Die Dorfpaare repräsentieren drei Dorftypen: Agrardörfer der Hochlagen, ehemals agrarisch geprägte Dörfer tieferer Lagen und Industriedörfer. Nach einer Nutzungskartierung wurden die Pflanzengesellschaften und die Vegetationskomplexe erfaßt. Kenngesellschaften der Industriedörfer sind das Conyzo-Lactucetum serriolae und die Poa compressa-Gesellschaft, solche der Agrardörfer das Urtico-Malvetum neglectae, das Chenopodietum boni-henrici und das Chaerophylletum aurei. Eine Differentialgesellschaft der Hochlagendörfer ist das Geranio-Trisetetum flavescentis. In Dörfern der ehemaligen DDR sind Artemisia vulgaris-Gesellschaften häufig. Die Vegetationskomplexe (=VK) spiegeln neben der Dorfstruktur auch die naturräumliche Lage wider. Nutzungsvielfalt und Nutzungswandel rufen auch Vielfalt der Vegetation hervor. Neben einem VK von Schotterflächen (v.a. in Industriedörfern) und einem VK nasser Standorte (in den Tieflagendörfern) sind überall VK land- und gartenwirtschaftlicher Nutzung verbreitet, in den thüringer Dörfern wegen der geringeren Pflegeintensität häufig in einer gebüschreichen Variante. In den bayerischen Dörfern sind fragmentarische Ausbildungen häufiger.
Im Rahmen von Dauerbeobachtungen zur Vegetationsentwicklung von Feuchtgebieten in Eifel und Hunsrück wurden 1990, 1993 und 1995 Dauerflächen auf 2m breiten Transekten im Schwingrasen des Mürmes-Moores in der Vulkaneifel vegetationskundlich aufgenommen. An dem kleinflächigen Mosaik der Gesellschaften sind Fragmente und Sukzessionsstadien aus den Verbänden Magnocaricion, Caricion lasiocarpae und Caricion fuscae beteiligt. Die Veränderungen der Schwingrasendecke lassen eine zunehmende Verschlechterung der Nährstoff- bzw. Basenversorgung der Vegetation erkennen. Darunter scheint insbesondere K zunehmend ins Minimum zu geraten. Wahrscheinlich gilt ähnliches auch für die Elemente Ca, Mg, und P. Anzeichen dafür sind der Rückgang von Eriophorum angustifolium, Potentilla palustris, Sphagnum squarrosum und S. fimbriatum sowie die stellenweise bzw. größerflächige Zunahme von Carex lasiocarpa, Sphagnum palustre, S. subnitens und Polytrichum commune. Auslösende Ursache hierfür ist der Aufstau des Moores im Herbst 1986 durch ein regulierbares Wehr im abschließenden Damm. Diese Maßnahme stabilisiert den Wasserhaushalt des Schwingrasens und läßt trotz weiter einströmender, nährstoffreicher Drainagewässer den auswaschenden Effekt der Regenniederschläge wirksam werden. Die Umstrukturierung der Schwingrasendecke ist noch nicht abgeschlossen und soll weiter verfolgt werden.
Verbreitung und Vergesellschaftung von Oenanthe conioides (Nolte) Lange im Tidegebiet der Elbe
(1996)
Oenanthe conioides ist eine im Süßwasser-Tidegebiet der Elbe endemische, heute vom Aussterben bedrohte Pflanzensippe. Die zweijährige Art siedelt bevorzugt im Übergangsbereich zwischen den therophytenreichen Bidentetea und den hochstaudenreichen Phragmitetea-Röhrichten. Die entsprechende Assoziation wird als Nasturtio officinalis s. str.- Oenanthetum conioides ass. nov. beschrieben. Ihr Rückgang ist auf das anthropogen veränderte Tideregime der Elbe zurückzuführen. Mögliche Schutzmaßnahmen werden diskutiert.
In einem als Naturwaldreservat ausgewiesenen, relativ naturnahen Rotbuchenwald (Galio odorati-Fagetum) mit kontinuierlicher Waldgeschichte in den Stemweder Bergen (Nordwest-Deutschland) wurde die Vegetation und das Diasporenpotential des Bodens von 135-170jährigen Waldbereichen und von Sukzessionsflächen (ungeräumte Windwurfflächen) vergleichend untersucht. Die Vegetation der Waldflächen weist das typische Arteninventar eines Galio odorati-Fagetum Sougnez et Thill 1959 auf. Die Windwurfflächen zeigen in den schattigen Bereichen eine Artengemeinschaft, die sich dem Galio aparine-Impatientetum noli-tangere Tüxen 1975 zuordnen läßt, an sonnigen Standorten hat sich eine Urtica-Rubus-Flur entwickelt. Der Boden sowohl der Wald- als auch der Sukzessionsflächen erweist sich als sehr diasporenreich. Quantitativ dominiert aufgrund sehr großer Diasporenmengen der Flatterbinse (Juncus effusus) die soziologische Gruppe der Schlagflurarten (Epilobietea angustifolii] bzw. Schlagflurbegleiter. Qualitativ (Artenzahl) überwiegen die Waldarten. Tendenziell ist der Großteil der Arten, die in der Vegetation auftreten auch im Diasporenvorrat vorhanden, oft in Korrelation mit ihrer Artmächtigkeit. Das Diasporenreservoir der Sukzessionsflächen ist gegenüber dem der Waldbereiche größer, im Wald überwiegt die vegetative Ausbreitung und Vermehrung. Eine zweimalige Bodenprobennahme (Frühjahr und Herbst) konnte Hinweise auf den Strategietyp geben, den einige Arten verfolgen. Einige sich fakultativ generativ ausbreitende Arten (z. B. Stachys sylvatica, Milium effusum, Rubus ssp.) bilden persistente Diasporenbanken in Abhängigkeit ihres Standorts. Persistente Diasporenbanken von Waldarten zeichnen sich durch ihre relativ geringe Diasporenmenge und durch vergleichsweise große Diasporen aus. Die Diasporenuntersuchungen in der untersuchten Waldgesellschaft ermöglichen eine Bewertung des Bestandes auf seine Naturnähe und geben Einblick in dessen Nutzungsgeschichte. Der Vergleich zwischen räumlich benachbarten Wald- und Sukzessionsflächen weist auf eine geringe primäre Bedeutung des Diasporenpotentials des Bodens bei der Vegetationsentwicklung auf ungeräumten Windwürfen direkt nach der Störung (Sturm) hin. Gefährdete Arten, deren Etablierung in der Vegetation durch Managementmaßnahmen der Diasporenuntersuchung aufgrunf der punktuellen Probennahme nur einen Ausschnitt der gesamten Naturwaldzelle zeigen.
Im Rahmen vorliegender Studie wurden die Vegetation, die Gefährdung und der Erhaltungszustand mittelelbischer Hartholzauen untersucht. Dabei zeigt sich, daß Hartholzbestände des Untersuchungsgebietes im Vergleich zu übrigen Auenlandschaften Norddeutschlands (Ems, Weser und Aller) den besten Erhaltungszustand aufweisen. Etwa 57 % der untersuchten Waldfläche können als oligo- bis -mesohe- merob bezeichnet werden (Hemerobiestufen 1 und 1-2). Demgegenüber sind - hauptsächlich durch Eindeichung, Entwässerung und forstliche Nutzung - 43 % der Waldfläche so stark verändert, daß der ursprüngliche Auenwaldcharakter verloren ging. Während Entwässerung einen Ausfall bezeichnender Phragmitetea-, Molinietalia- und Alno-Ulmion-Arten bewirkt, werden unter Pappelanbau und forstlicher Nutzung vor allem Artemisietea-Arten gefördert. Von Störungen betroffen sind unter anderem größere Bereiche der niedersächsischen Naturschutzgebiete „Vitico“ und „Elbholz" Für schutzwürdige Gebiete werden Schutzperspektiven und maßnahmen diskutiert.
Untersuchungen zur Rhizommorphologie und Wachstumsstrategie von Geophyten des Göttinger Waldes
(1996)
Das Rhizomwachstum von sieben Pflanzenarten des Göttinger Waldes wurde untersucht. Dabei wurden Wachstumszeiten, Wuchsformen und phänologische Entwicklung festgestellt. Aus den Daten wurde auf die Wachstumsstrategien der Arten geschlossen und die oberirdische Entwicklung mit dem Rhizomwachstum verglichen. Es konnte festgestellt werden, daß das Rhizomwachstum kurz nach Beginn der Blattentfaltung einsetzt. Ab diesem Zeitpunkt liefert die Photosynthese der Blätter genügend Kohlenhydrate zum Aufbau neuer Rhizomabschnitte. Bei den sieben untersuchten Arten konnten drei verschiedene Wachstumsstrategien festgestellt werden. Früh blühende Arten folgen der Dominanzstrategie, um Licht monopolisieren zu können. Arten fleckenhafter Habitate folgen der Explorationsstrategie, die flexibel auf veränderte Umweltbedingungen reagieren kann. Spät blühende Arten folgen der unspezialisierten pragmatischen Strategie.