Tuexenia : Mitteilungen der Floristisch-Soziologischen Arbeitsgemeinschaft, Band 9 (1989)
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Im Auftrag des Hessischen Landesamtes für Straßenbau wurde in der Autobahnmeisterei (AM) Darmstadt und in der Straßenmeisterei (SM) Pfungstadt in Südhessen die Straßenrandvegetation untersucht. Die AM Darmstadt besitzt mit den Autobahnen A5 und A67 zwei unterschiedlich alte Trassen, die im flachen Gelände der wärmebegünstigten Oberrheinischen Tiefebene verlaufen. Die SM Pfungstadt bietet ein standörtlich sehr vielfältiges Straßennetz, das vom Rhein bis in den Odenwald reicht.
Die verschiedenen naturräumlichen Gegebenheiten spiegeln sich am deutlichsten in der gehölzfreien Böschungsvegetation wider. Auf den Sandböden der Rheinebene herrschen Festuca rubra-Straßenböschungen in der Oenothera biennis-Variante vor, im Neckarried mit seinen frischen Lehmböden dagegen Urtica dioica-Arrhenatherum elatius-Straßenböschungen. Im Odenwald wird die Vegetation der überwiegend schmalen Straßen stärker durch die angrenzende Nutzung geprägt. Neben typischen Festuca rubra-Straßenböschungen fällt hier vor allem die Heracleum sphondylium-Variante der Urtica dioica-Arrhenatherum elatius-Straßenböschungen auf. Eine entsprechende naturräumliche Gliederung ergab sich auch bei den Banketten und den straßenbegleitenden Gehölzen.
Botanisch wertvolle Bereiche sind nur in den straßenfernen Anschlußstellen, in den Inseln der Autobahnkreuze und an den Oberböschungen tiefer Einschnitte zu finden. Besonders hervorzuheben sind die Sandtrockenrasen auf kalkreichen Böden mit zahlreichen gefährdeten Arten im Bereich des Darmstädter Kreuzes.
Im Bereich der AM Darmstadt (52 km) wurden 391 Gefäßpflanzenarten, im Bereich der SM Pfungstadt (250 km) 430 Arten gefunden. Wesentlicher Grund für diese auf den ersten Blick sehr artenreichen Straßennetze ist ihre naturräumliche Lage in einer vielfältigen Kulturlandschaft. Die nähere Analyse der Artenzahlen zeigt dabei, daß in der Straßenbegleitflora überwiegend weit verbreitete, kaum bedrohte Arten zu finden sind.
Abschließend werden Empfehlungen für eine standörtlich differenzierte Pflege der vorhandenen Straßenböschungen gegeben.
Spezifika der Biologie und Coenologie bilden die Einleitung. Neu beschrieben werden folgende Agropyretea-Ass.: Agropyro-Equisetetum arvensis, Agropyro-Rumicetum thyrsiflori, Poo-Euphorbietum esulae, Poo-Eryngietum campestris, Rumici-Eryngietum plani, Rumici-Allietum schoenoprasi, Allietum anguloso-vinealis, Poo-Sedetum maximae, Lathyro tuberosi-Agropyretum; Agropyro-Tussilaginetum farfarae und Agropyro-Anthemidetum tinctoriae werden neu gefasst. Weiteres Material (Tab. 1 — 20) erläutert bekannte Einheiten und deren Untergliederung. Die Syntaxonomie der über 30 in Mitteleuropa belegten Gesellschaften wird diskutiert und durch neue Unterverbände, Falcario-Poion angustifoliae, Agropyretalia intermedio-cristati und Ammophilo-Agropyrea ergänzt.
Chaerophyllum aromaticum ist eine subkontinental verbreitete Hochstaude, die im südöstlichen Bayerischen Wald (ca. 25 km nö Passau) jenseits ihrer ursprünglichen westlichen Verbreitungsgrenze vorkommt. Sie ist aufgrund mittelalterlicher Handelsbeziehungen zwischen Passau und Prag in Dörfer (550—700 m ü. NN) am "Goldenen Steig" eingeschleppt worden. Dort bildet sie aufgrund ihrer Eigenschaft, anthropogen beeinflusste und anthropogene Standorte zu besiedeln (Apophytisierungsprozeß), folgende Subassoziationen des Chaerophylletum aromatici Neuha., Neuh. et Hejny 1969 (östliche Rasse von Galeopsis pubescens, submontan-montane Höhenform von Alchemilla vulgaris agg.) aus:
(a) Subass. von Agrostis tenuis an Hanglagen,
(b) Subass. von Rumex obtusifolius in Dörfern,
(c) Subass. von Chaerophyllum hirsutum an Entwässerungsrinnen und Gräben.
Aus der Verteilung der Wuchsorte der verschiedenen Subassoziationen um und in Dörfern des UG ist der Standortgradient nachvollziehbar, den Chaerophyllum aromaticum besiedeln kann. Die Ausbildungen der Subassoziationen zeigen neben einer Abhängigkeit von der morphologischen Lage des Standortes eine Differenzierung durch bäuerliche Nutzungsfaktoren wie Mahd, Düngung und Tierhaltung an.
Im Übergangsbereich von Nordeifel und Niederrheinischer Bucht (Nordrhein-Westfalen) wurden konventionell bewirtschaftete Getreidefelder mit herbizidfreien Ackerrändern pflanzensoziologisch untersucht. Der Vergleich des unbehandelten Randbereichs mit dem Bestandsinnern ergibt, dass sich die in der Literatur beschriebenen Ackerwildkraut-Gesellschaften nur noch als "Ackerrand-Gesellschaften" nachweisen lassen.
Transektuntersuchungen zum floristischen Gefälle vom Ackerrand ins Bestandsinnere ergeben, dass die Artenvielfalt bereits in kurzer Entfernung vom Rand abnimmt, um an der "Spritzgrenze" auf wenige Arten abzusinken, die an die Bewirtschaftung mit Herbiziden angepasst sind. Aufgrund der Ergebnisse erscheint das Konzept herbizidfreier Ackerrandstreifen als geeigneter Naturschutz-Ansatz, das Aussterben selten gewordener Ackerwildkräuter kurzfristig verhindern zu helfen, um die Arten- und Farbenvielfalt der Kulturlandschaft für anzustrebende, umweltgerechte Landnutzungsformen zu erhalten.
Am Niederrhein zwischen Dormagen und Kleve wurde die Vegetation der Mauerfugen untersucht. Die vorhandenen Gesellschaften sind, wie oft in Mitteleuropa, nur fragmentarisch ausgebildet und durchdringen sich gegenseitig. Etwaige Assoziations-Kennarten sind gleichzeitig Klassen-, Ordnungs- oder Verbands-Kennarten.
Werden die Vorkommen anhand der drei dominierenden Arten (Asplenium ruta-muraria, Cymbalaria muralis und Parietaria judaica) klassifiziert, so sind am Niederrhein drei Gesellschaften vorhanden: die Mauerrauten-Flur, die Zimbelkraut- und die Glaskraut-Gesellschaft. Eine indirekte zweidimensionale Ordination bestätigt die Abgrenzung, die anhand der dominierenden Arten vorgenommen wurde.
Eine standörtliche Differenzierung der Gesellschaften ist anhand des austauschbaren Mineral-Stickstoffgehaltes, des durchwurzelten Mauerfugensubstrates und der Exposition der verschiedenen Gesellschaften gegeben, während pH-Wert und organischer Kohlenstoffgehalt des Mauerfugensubstrates keine Differenzierung zu erkennen geben.
Die Parietaria-Gesellschaft ist nur auf Mauern anzutreffen, die einen sehr hohen Nitrat-Gehalt aufweisen, während die Asplenium ruta-muraria-Gesellschaft nur auf stickstoffarmen Substraten zu finden ist. Die Cymbalaria muralis-Gesellschaft zeigt gegenüber den N-Gehalten des Mauerfugensubstrates ein indifferentes Verhalten.
Bezüglich der Exposition besiedeln alle drei Gesellschaften die West- und Ost-Richtungen gleichmäßig. Die Glaskraut- und Zimbelkraut-Gesellschaft sind aber bei ausreichender Wasserversorgung auch auf südlich exponierten Mauern zu finden. Deshalb sind sie als wärmeliebender einzustufen als die farnreiche Asplenium ruta-muraria-Gesellschaft, die auch auf schattigen und kühlen nordexponierten Mauern anzutreffen ist.
Durch Eingriffe des Menschen, wie Abriss, Restaurierung und Sanierung von Mauern müssen die hier siedelnden Pflanzengesellschaften als gefährdet eingestuft werden.
Der aus Nordamerika stammende und in den Bach- und Flußtälern Mitteleuropas eingebürgerte Mimulus guttatus hat seine Verbreitungsschwerpunkte in Rumici-Phalaridion- und Chenopodion fluviatilis-Gesellschaften. Im Süderbergland kommt die Art an Talsperrenufern im Bidention vor. Die Soziologie von Mimulus guttatus an diesen Standorten veranschaulicht eine Vegetationstabelle.
Im nordwestlichen Westfalen und der Grafschaft Bentheim wurde eine Bestandserhebung von Hypericum elodes durchgeführt. Mit Vorkommen an etwa 50 Gewässern dürfte diese Art innerhalb der Bundesrepublik Deutschland in der untersuchten Region ihren Verbreitungsschwerpunkt besitzen. Aspekte der Bestandsschwankungen und Gefährdung werden diskutiert.
Es wird über neue Vorkommen von Eleogiton fluitans an der Ostgrenze des Verbreitungsareals in Mitteleuropa an nährstoffarmen Diluvialstandorten berichtet. Am Beispiel von 19 soziologischen Aufnahmen wird die floristisch-soziologische Struktur beschrieben. Die Ausbildungen der im Wasser flutenden Vegetation gehören zum Isolepidetum fluitantis Allorge 1922.
Die Standortverhältnisse, insbesondere die hydrochemische Beschaffenheit, werden besprochen und mit den Verhältnissen an den Eleogiton-reichen Standorten W-Europas verglichen. Die Siedlungsgewässer Mitteleuropas unterscheiden sich in zahlreichen ökologischen Kenngrößen wesentlich von denen West-Europas. Eleogiton fluitans besiedelt an der Arealgrenze saure, nährstoffarme, oligohumose, elektrolytreiche Calciumsulfat-Gewässer, arm an gebundener Kohlensäure und an Braunstoffen, aber reich an freier Kohlensäure (CO2) und an Sulfat mit einer Gesamthärte im "mittelharten" bis "harten" Bereich.
Individuen von drei Isoetiden-Arten wurden untersucht. Die Populationen in deutlich saurem Wasser mit pH < 5 bestanden aus phänotypisch normal entwickelten Pflanzen und aus Sprossen mit deutlichen Anomalien. Individuen mit normaler Entwicklung wurden durch ihre Rosetten (Blattlänge, Blattanzahl) und durch ihr Wurzelsystem (Wurzellänge, Wurzelanzahl) charakterisiert. Im Vergleich zu 1976 waren die 1987 im See Mjävatni untersuchten Rosetten der drei Arten deutlich schwächer entwickelt. Die Wurzelsysteme der Lobelia-Pflanzen waren in saurem Wasser weniger ausgebildet als in neutralem Medium. Individuen von Isoetes lacustris zeigten zwei Besonderheiten: im See Mjavatni (pH < 5) waren die Wurzeln auffallend lang; die Pflanzen in weniger saurem Wasser (pH > 5), aber teilweise von Moosen überwachsen, wiesen besonders lange Blätter auf. Isoetes echinospora und Littorella uniflora scheinen besonders säureempfindlich zu sein. Im gekalkten See Kjerrvallvatnet wurden neben Pflanzen mit verschiedenen Anomalien (nur teilweise die gleichen wie unter sauren Bedingungen) auch normal entwickelte Sprosse beobachtet. Es gibt Hinweise dafür, dass nach vorübergehendem stellenweisem Zusammenbrechen der Vegetation eine Erholung der Bestände eintritt.
Morphologische und zytologische Untersuchungen haben eine Korrelation der Chromosomenzahlen von Bromus benekenii (2n = 28) und B. ramosus (2n = 42) mit ihren morphologischen Merkmalen ergeben. Die eindeutige Unterscheidung ist Voraussetzung für einen vegetationskundlichen, bodenkundlichen und mikroklimatischen Vergleich an Standorten in Hessen. Danach ist B. benekenii häufiger in Wäldern (Fagetalia sylvaticae), B. ramosus dagegen in Schlagfluren (Atropetalia) und mesophilen Saum-Gesellschaften (Trifolion medii) vertreten.
Beide Arten stellen während ihrer Wachstumsphasen ähnliche, relativ hohe "Ansprüche" an den Standort (z.B. Lichtverhältnisse, Wasserhaushalt, Stickstoffgehalte und pH-Werte der Böden). Die günstigen Bedingungen sind jedoch an B. benekenii-Standorten aufgrund früh einsetzender Trockenheit oder Beschattung von kürzerer Dauer als an den Standorten von B. ramosus. B. benekenii ist hieran durch eine früher abgeschlossene Entwicklung angepasst.
Die Möglichkeit einer Bastardierung ist infolge der abweichenden Blütezeiten gering.
Ergebnisse physiologischer und anatomischer Untersuchungen von Reaktionen der Arten auf Wasserstress und abgestufte Lichtintensitäten deuten daraufhin, daß B. ramosus etwas besser an höhere Lichtintensitäten und Wasserstress angepasst ist als B. benekenii. B. ramosus besitzt dadurch einen Konkurrenzvorteil.
Die durchgeführten Untersuchungen erweisen B. benekenii und B. ramosus als zwei gut geschiedene Arten. Auf Standorten mit optimalen Wuchsbedingungen ist B. ramosus in der Wettbewerbssituation überlegen und verdrängt B. benekenii auf Standorte mit verkürzter, relevanter Wachstumszeit.