Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung, Berlin
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Birgit Griesecke wendet sich einem Aphorismus Georg Christoph Lichtenbergs und dessen späterem Stellenwert in der Sprachphilosophie Ludwig Wittgensteins zu. Wenn Lichtenberg die Philosophie als "Berichtigung des Sprachgebrauchs" verstanden wissen wolle, bette er diese Idee in eine Satzkonstruktion ein, die "aus einem rhetorischen Manöver ein Erkenntnisinstrument macht", indem sie performativ gerade unterschiedliche Sprachgebräuche in Szene setze. Komme der Aphorismus Lichtenbergs Sprachdenken entgegen, so kündige Wittgenstein diese Form über ein Zitationsverfahren, das nicht auf Pointierung, sondern auf Reihung ziele, unter der Hand wieder auf. In seinem "Experimentalsinn" stehe Wittgenstein Lichtenberg freilich nicht nach.
Die enorme Bedeutung der performativen Rede für den philosophischen Diskurs um 1800 macht Andrea Polaschegg auch für Friedrich Schlegels Wiener Vorlesungen "Geschichte der alten und neuen Literatur" von 1812 geltend. Nicht über deren weitgespannten Gegenstandsbereich, sondern über den Gebrauch des Deutschen reihe sich Schlegel in genau die Literaturgeschichte ein, die seine Vorlesungen überhaupt erst begründeten. Das entscheidende Medium dieser Geschichte sei für Schlegel unweigerlich die Muttersprache, denn nur in ihr könnten sich jene Nationalerinnerungen artikulieren, die eine Literatur bildeten. Von daher müsse der Ort seiner Rede in deren Analyse stets einbezogen werden, schließlich sei das Deutsche in Habsburg weder Schul- noch Amtssprache gewesen.
Daniel Weidner beleuchtet Johann Gottlieb Fichtes Überlegungen zu Wissenschaft, Universität, Sprache und Nation im Anschluss an Kant. Als konstitutives Merkmal der neuen Wissenschaft macht er bei Fichte die Figur des Fortschritts aus, welche die eigene Forschung ihrem Selbstverständnis nach notwendigerweise als "Durchgangsstadium" erscheinen lasse. Auf der Ebene der Vermittlung führe dies zu einem "genetischen Vortragsstil", da die Adressaten in die Lage versetzt werden müssten, die jeweilige Gedankenhandlung selbst nachzuvollziehen. Paradoxerweise sei Fichtes Vortrag indes weniger mündlich als der Kants, da er anders als dieser nicht laufend ein Lehrbuch kommentiere, sondern seine Vorlesungen als selbständige Texte verfasse. Dabei reflektiere Fichte nicht nur das eigene sprachliche Handeln, sondern auch die Sprache selbst im Sinne eines Anschauungskerns der Nation, die er in Deutschland durch seine Reden als Gemeinschaft (mit) zu konstituieren versuche.
Denis Thouard geht der Frage nach, inwiefern aufklärerische Forderungen nach Verständlichkeit und Popularität auf Inhalt und Zuschnitt der Philosophie zurückwirken. Indem das moderne Systemdenken nach den Bedingungen des (eigenen) Wissens frage und es folglich nicht mehr von außen darstellbar sei, müsse das System dem Leser nunmehr im Prozess des Entstehens vorgeführt und nachvollziehbar gemacht werden. Dies habe zwar - etwa bei Kant oder Hegel - oft eine besonders esoterische Ausdrucksweise zur Konsequenz, doch könne diese ihrer Intention nach nichtsdestotrotz eminent pädagogische oder gar populäre Zwecke verfolgen.