Aussiger Beiträge : 10. Jahrgang
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Webportal Polyphonie. Mehrsprachigkeit_Kreativität_Schreiben http://www.polyphonie.at
Das Webportal Polyphonie. Mehrsprachigkeit_Kreativität_Schreiben ist 2012 aus dem gleichnamigen Forschungsprojekt entstanden, das 2009 von einer Gruppe von ForscherInnen aus Italien und Österreich ins Leben gerufen wurde. Das Projekt untersucht die vielfältigen Zusammenhänge zwischen Mehrsprachigkeit und Kreativität im Schreiben systematisch und aus interdisziplinärer Perspektive. Es setzt sich zum Ziel, den mehr oder weniger stringenten Zusammenhang von individueller oder gesellschaftlicher Mehrsprachigkeit und Kreativität im Allgemeinen bzw. literarischer Kreativität im Besonderen zu erforschen.
"Diachrone Interkulturalität". Tagung der Universität Luxemburg, 17.-19. November 2016
Ziel der Tagung "Diachrone Interkulturalität" war einerseits eine stärkere Anbindung der interkulturellen Forschung an ästhetische und literaturwissenschaftliche Fragestellungen, andererseits auch die Erweiterung eines bislang vorwiegend gegenwartszentrierten Theoriediskurses um die diachrone Betrachtungsweise: "Im aktuellen Theoriediskurs wird jedoch inzwischen häufiger darauf hingewiesen, dass eine Beschränkung der Interkulturalitätsforschung auf Globalisierungsphänomene zu kurz gegriffen ist und die Notwendigkeit einer Historisierung besteht. In diesem Sinne intendiert die Tagung eine Erweiterung des Forschungsfeldes im Zeichen des Diachron-Geschichtlichen und damit auch eine Komplexitätssteigerung eines häufig undifferenziert gedachten Interkulturalitätsbegriffes."
"Globale - Festival für grenzüberschreitende Literatur" in Bremen, 25. Oktober - 15. November 2016
(2016)
"Globale - Festival für grenzüberschreitende Literatur" in Bremen, 25. Oktober - 15. November 2016
Das Festival für grenzüberschreitende Literatur verwandelte auch dieses Jahr die Stadt Bremen drei wochenlang in einen Begegnungs- und Diskussionsort für alle literarisch Interessierten mit einem vielfältigen Programmangebot an Lesungen von Autoren und Autorinnen, die die Grenzüberschreitung verbindet. Denn die Intention des Festivals ist, wie die diesjährige Festivalleitung Prof. Dr. Elisabeth Arend und Libuše Černá im Vorwort des umfangreichen Programmhefts betonen, eine Literatur vorzustellen, die sich mit "den Federn fremder Herkünfte" schmückt, "viele Zungen" spricht und "dabei deutsch" ist.
"Vielfältige Konzepte - Konzepte der Vielfalt: Interkulturalität(en) weltweit". Internationale Tagung der Gesellschaft für interkulturelle Germanistik e.V. (GiG) in Ústí nad Labem und Prag, 04.-09. Oktober 2016
Vom 4. bis 9. Oktober 2016 fand in Ústí nad Labem und in Prag die Jahrestagung der GiG in Zusammenarbeit mit dem Tschechischen Germanistenverband unter der Schirmherrschaft des Kulturministers der Tschechischen Republik Mgr. Daniel Herman, des Regionspräsidenten von Ústí nad Labem Herrn Oldřich Bubeníček, des Rektors der J. E. Purkyně-Universität in Ústí nad Labem doc. RNDr. Martin Balej, Ph.D., der Oberbürgermeisterin der Stadt Ústí nad Labem Frau Ing. Věra Nechybová und der Stadträtin der Hauptstadt Prag Ing. Irena Ropková statt. Die wissenschaftliche Leitung hatten Dr. habil. Renata Cornejo (Ústí nad Labem), Prof. Dr. Manfred Weinberg (Prag) und Prof. Dr. Gesine Lenore Schiewer (Bayreuth) inne.
"Gewalt und Sprache". Internationale SUNG-Tagung an der Comenius-Universität in Bratislava, 30. Juni - 2. Juli 2016
Anlässlich des 25. Jahrestages seiner Gründung veranstaltete der Verband der Deutschlehrer und Germanisten der Slowakei (SUNG) eine Konferenz, die sich thematisch auf das Verhältnis von Gewalt und Sprache konzentrierte. Veranstaltungsort war die Philosophische Fakultät der Comenius-Universität, Mitveranstalter der dortige Lehrstuhl für Germanistik, Nederlandistik und Skandinavistik. Die Konferenz stellte zugleich die zwölfte Tagung des Verbandes dar.
Linguistik- und Literaturtage "Sprachen verbinden". 24. internationale GeSuS-Fachtagung an der Masaryk-Universität in Brno, 22.-24. Juni 2016
Die 24. internationale Fachtagung der Gesellschaft für Sprache und Sprachen (GeSuS) fand vom 22. bis 24. Juni 2016 statt. Als Ort wurde diesmal die Pädagogische Fakultät der Masaryk-Universität in Brno gewählt, die nicht nur einen Großteil der Organisation übernahm, sondern damit gleichzeitig auch ihr 70. Gründungsjubiläum feierte. Die internationale Tagung setzte sich zum Ziel, eine Plattform zur Präsentation neuer Forschungsergebnisse im Bereich der Germanistik zu schaffen und das Knüpfen neuer Kontakte zu ermöglichen.
"Grenzüberschreitungen: Migration und Literatur aus der Perspektive der Literatursoziologie". Tagung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien, 20.-21. Juni 2016
Die zeitgenössische Literaturproduktion reagiert seit Längerem auf Thematiken wie Kulturkonflikte, Fremdheit, Einwanderung und Migration. Das Forschungsprojekt Literature on the Move untersuchte die Migration von Autor(inn)en nach Österreich und deren Möglichkeiten bzw. Schwierigkeiten beim Eintritt in das Feld der österreichischen Literatur. Es wurde der Versuch unternommen, die Rahmenbedingungen, die Struktur und die Konsequenzen literarischer Produktion miteinander in Beziehung zu bringen und mit Hinblick auf die literarischen Texte zu analysieren.
"Zentrum und Peripherie". Internationale Konferenz des Germanistenverbandes der Tschechischen Republik an der Schlesischen Universität in Opava, 25.-27. Mai 2016
Die internationale Tagung Zentrum und Peripherie wurde vom Germanistenverband der Tschechischen Republik und der Abteilung für Germanistik am Institut für Fremdsprachen der Schlesischen Universität in Opava veranstaltet. Das Organisationsteam aus Opava bestand aus Dr. habil. Gabriela Rykalová, Dr. habil. Veronika Kotůlková und Dr. Miroslav Urbanec. Fast hundert FachteilnehmerInnen aus der Tschechischen Republik, Deutschland, Österreich, Polen, der Slowakei, Spanien, der Türkei und Ungarn konnten in Opava begrüßt werden, außerdem VertreterInnen des DAAD, der Deutschen Welle, des Österreichischen Kulturforums Prag sowie Germanistikstudierende verschiedener Universitäten. Im Rahmen der Konferenz fand auch die Mitgliederversammlung des Germanistenverbands der Tschechischen Republik statt.
"Marie von Ebner-Eschenbach. Básnířka tří staletí / Dichterin dreier Jahrhunderte 1830 - 1916 - 2016". Internationale Tagung in Brno, 21.-23. April 2016
Über Fächer-, Sprach- und Landesgrenzen hinweg wurde bei der Konferenz Marie von Ebner-Eschenbach. Básnířka tři staletí/ Dichterin dreier Jahrhunderte (1830 - 1916 - 2016) in Brno (Brünn) vom 21. bis zum 23. April 2016 das Leben und Werk der in Mähren geborenen österreichischen Schriftstellerin beleuchtet. Vom sozialhistorischen Ansatz über die Werkanalyse bis hin zur Präsentation der Tagebücher war die Konferenz eine vielfältige Demonstration des regen Interesses an dem Forschungsgegenstand.
"Sinn - Unsinn - Wahnsinn. Beispiele zur österreichischen Kulturgeschichte". Tagung der Franz Werfel-Stipendiat(inn)en in Wien, 18.-19. März 2016
Das Franz Werfel-Stipendium des Österreichischen akademischen Austauschdienstes (OeAD) wendet sich an junge Germanist(inn)en und UniversitätslehrerInnen, die sich an ihren Heimatuniversitäten in der ganzen Welt schwerpunktmäßig mit der österreichischen Literatur beschäftigen. Als Plattform der ehemaligen sowie aktuellen Franz Werfel-Stipendiat(inn)en an den österreichischen Universitäten wird die alljährliche Franz Werfel-Tagung veranstaltet, die sich jeweils einem Thema aus der österreichischen Literatur widmet. Die Konferenz findet unter der Betreuung der Wiener Germanistin Konstanze Fliedl statt.
"Österreich - USA: Künstlerischer und interkultureller Dialog". Konferenz der Austrian Studies Association (ASA) an der Universität Wien, 14.-17. März 2016
Zum zweiten Mal seit Bestehen der 1961 ins Leben gerufenen Austrian Studies Association (ASA) fand die jährliche ASA-Konferenz in Europa, und zwar wieder in Wien, statt. Organisiert wurde sie von Pia Janke (Forschungsplattform Elfriede Jelinek, Universität Wien), Maria-Regina Kecht (Rice University) und Teresa Kovacs (Forschungsplattform Elfriede Jelinek, Universität Wien). Die Veranstaltung vernetzte durch ein vielfältiges Programm an wissenschaftlichen Vorträgen und künstlerischen Programmpunkten die Universität Wien mit anderen in Wien beheimateten Institutionen, die als Kooperationspartner fungierten, namentlich mit dem Wien Museum, dem Österreichischen Filmmuseum und dem Amerika-Haus.
"Raum Gefühl Heimat - Literarische Repräsentationen nach 1945". Internationale Tagung an der Universität des Baskenlandes in Vitoria-Gasteiz, 23.-25. September 2015
Nach einem einleitenden Vortrag von Thomas Anz (Marburg) über literarische Techniken der Emotionalisierung in der Repräsentation protoypischer Räume und Szenarien widmeten sich die Vortragenden aufbauend auf den theoretischen Grundlagen des Spatial und Emotional Turns aus verschiedenen Perspektiven und mit verschiedenen Foki dem Tagungsthema.
Rezension zu Urválek, Aleš (2015): Vyměřování Německa [Die Vermessung Deutschlands]. Brno: Host, 416 S., ISBN 978-80-7491-524-6
In der tschechischen germanistischen und politisch-kulturgeschichtlichen Literatur gibt es kaum einen Titel, der sich sowohl durch die Ambitionen, als auch durch die angestrebte Komplexität der Blickwinkel so ausführlich dem Diskurs der deutschen Nachkriegsentwicklung widmet wie die Publikation Vyměřování Německa (dt. Die Vermessung Deutschlands) des Brünner Germanisten Aleš Urválek. Der Titel verweist auf den Bestseller-Roman von Daniel Kehlmann über den Mathematiker und Geodäten Carl Friedrich Gauss und den Naturforscher Alexander von Humboldt und versucht in unerwarteter Komplexität den Diskurs des Deutschseins zu untersuchen, der für die intellektuellen Debatten über die Entwicklung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg prägend gewesen ist. Urválek grenzt die Zeitspanne seiner Analyse auf der einen Seite mit den Sechzigerjahren, auf der anderen Seite mit der Gegenwart ab, trotzdem erinnert er an Ereignisse der früheren Epochen viel mehr als an die Diskussionen der jüngsten Zeit.
Rezension zu Ulbrecht, Siegfried/ Küpper, Achim (Hgg.) (2014): Germanoslavica. Zeitschrift für germano-slawische Studien. Theatralität in Literatur und Kultur, Jg. 25 (2014), H. 2 (Prag: Euroslavica), 220 S., ISSN 1210-9029
Die Herausgeber der Zeitschrift für germano-slawische Studien GERMANOSLAVICA, Siegfried Ulbrecht und Achim Küpper, haben sich vorgenommen, den Begriff Theatralität zur Diskussion zu stellen, um diesen aus einer kulturenübergreifenden Perspektive wissenschaftlich zu erproben und zu konturieren. So entstand der Sonderband, eine über 200 Seiten umfassende Publikation, die einleitend den Begriff beschreibt und wissenschaftliche Beiträge sammelt, die alle die Theatralität fokussieren. Transnationale und transdisziplinäre Perspektiven fördern in einem internationalen Dialog zwischen Ost und West die Möglichkeit der Erforschung kultur- und gattungsüberschreitender Aspekte. Die theoretischen Studien zeichnen innerhalb von vier Sektionen ein komplexes Bild des begrifflichen Inventars der Theatralität. Mit ihr wird vordergründig Darstellung und Inszenierung assoziiert, in direkter Verbindung mit dem Drama, wobei theatrale Inszenierungsmuster in vielen anderen Bereichen präsent sind.
Rezension zu Tommek, Heribert (2015): Der lange Weg in die Gegenwartsliteratur. Studien zur Geschichte des literarischen Feldes in Deutschland von 1960 bis 2000. Berlin, München, Boston: Walter de Gruyter, 620 S., ISBN 978–3–11–035270–2
1989 steht für das Ende der Nachkriegsliteratur. Aber wo ist der literaturgeschichtliche Ort der Gegenwartsliteratur? Im Unterschied zu ereignisgeschichtlich ausgerichteten Versuchen, die Gegenwartsliteratur zu bestimmen, zielt die vorliegende Studie auf eine Strukturgeschichte, die sich auf Pierre Bourdieus Konzept des literarischen Feldes stützt. Dadurch wird der Blick frei für die lange Genese der Gegenwartsliteratur seit den 1960er Jahren.
[Rezension zu:] Szczęk, Joanna: Absageschreiben auf Bewerbungen. Eine pragmalinguistische Studie.
(2016)
Rezension zu Szczęk, Joanna, Joanna (2015): Absageschreiben auf Bewerbungen. Eine pragmalinguistische Studie. Berlin: Frank & Timme, 415 S., ISBN 978-3-7329-01463
In einer Welt, in der die Arbeitslosenrate und dementsprechend die Bewerbungen um einen Arbeitsplatz hoch sind, ist die Frage, wie auf Letztere bezogene Absageschreiben gestaltet werden, der die vorliegende Habilitationsschrift von Joanna Szczęk nachgeht, von besonderer Aktualität. Nach einem akribisch recherchierten Überblick über einsprachig oder kontrastiv angelegte internationale Forschungsarbeiten zu ablehnenden Reaktionen, die sich mit u.a. linguistisch, soziolinguistisch, pragmalinguistisch bzw. kulturell geprägten Aspekten des Ablehnens beschäftigen und unter denen polonistische Forschungen einen wichtigen Platz einnehmen, erörtert Joanna Szczęk im ersten Kapitel ihre Zielstellung und ihr methodisches Vorgehen. Die Autorin richtet ihr Augenmerk in erster Linie auf die pragmalinguistische Beschreibung der Textsorte Absageschreiben unter Fokussierung auf deren textlinguistische Merkmale.
Rezension zu Schenk, Klaus/ Cornejo, Renata/ V. Szabó, László (Hgg.) (2016): Zwischen Kulturen und Medien. Zur medialen Inszenierung von Intermedialität. Wien: Präsens, 315 S., ISBN 978-3-7069-0766-8
Der umfangreiche Band thematisiert, was dauernd überfällig erscheint und in den Literaturwissenschaften unterschiedlich avanciert diskutiert wird: den Konnex zwischen Interkulturalität und Medialität. Vorab: Es ist das Verdienst des vorliegenden Sammelbandes, diese bedeutsame Verbindung zu thematisieren und zwar mit Blick auf vielfältige Dimensionen: Es werden in vier Abteilungen 'Literarische und historische Perspektiven', 'Bild-, Schrift- und Text-Relationen', 'Filmische Inszenierungen' und 'Zeitkritische Perspektiven' erörtert. Es geht in den insgesamt 15 Aufsätzen wesentlich um die mediale Inszenierung von Fremdheit, Migration und Kulturen, die nicht nur Gegenstand interkultureller Literatur sei, sondern den HerausgeberInnen als 'Kennzeichen der Schreibweise moderner Literatur' (S. 7) gilt.
Rezension zu Malý, Radek (2014): Příběhy básní a jejich překladů [Die Geschichten der Gedichte und deren Übersetzungen]. Olomouc: Univerzita Palackého v Olomouci, Filozofická fakulta (Edition Litera libera; 2), 134 S., ISBN 978-80-87895-09-2
Příběhy básní a jejich překladů nannte Radek Malý seine jüngste, im Jahr 2014 in tschechischer Sprache veröffentlichte Monografie. Der Titel suggeriert Geschichtenerzählen, Spannung und Abenteuer dort, wo man sie üblicherweise nicht erwartet: bei Gedichten und ihren Übersetzungen. Der Autor begründet dies in seiner Einleitung folgendermaßen: "Denn die Übersetzung jedweden Gedichts ist neben anderem ein Abenteuer, das der Übersetzer mit dem Text des Originals und mit seiner Muttersprache erlebt, in welcher er für das Gedicht eine optimale Gestalt sucht - und dieses Abenteuer bietet auch bei ausgesprochen lyrischen Texten spannende Geschichten an." (S. 7, Übersetzung J. H.) Die Auswahl der Texte ist offensichtlich Radek Malýs Professionen zu verdanken. Der Germanist und Bohemist, der zudem selbst erfolgreicher Autor und Übersetzer ist, kann in seinen Ausführungen zu konkreten Übersetzungen und der Problematik des gerechten Übersetzens Erfahrungen aus seinem eigenen Schaffen miteinbeziehen und dadurch die Spannung der einzelnen Kapitel steigern.
Rezension zu Karr, Ruven (Hg.) (2015): Celan und der Holocaust. Neue Beiträge zur Forschung. Hannover: Wehrhahn, 190 S., ISBN 978-3-86525-431-3
Am 9. November 2013, zum 75. Jahrestag der sog. Reichskristallnacht, fand an der Universität des Saarlandes das Symposium Paul Celan und der Holocaust statt, das im Untertitel versprach, 'Neue Perspektiven' auf Leben, Werk wie Wirkung dieses bedeutsamen Dichters zu eröffnen. Insgesamt neun Beiträge versammelt der Band, der im Anschluss an die Tagung entstanden ist, darunter Artikel von so ausgewiesenen Celan-Forschern wie Barbara Wiedemann, Lydia Koelle oder Paul Sars. Alle neun verbindet dabei das Ziel, Celan einer wiederholten literaturwissenschaftlichen Lektüre zu unterziehen, und Holocaust, Erinnerung und Zeugenschaft in seinem Werk neu bzw. komplexer einzuordnen. Auch zeitgeschichtliche und biographische Gesichtspunkte der 1950er und 1960er Jahre sollten berücksichtigt werden. Nicht zuletzt verdienten einige Aspekte der Aufnahme und kreativen Umwandlung von Celans Holocaust-Dichtung die Aufmerksamkeit der Forscher.
Heinrichová, Naděžda/ Dědičová, Helena et al. (Hgg.) (2015): Německá próza po roce 2000 [Deutsche Prosa nach dem Jahre 2000]. Červený Kostelec: Pavel Mervart, 166 S., ISBN 978-80-7465-183-0
Im April 2013 fand an der Universität Hradec Králové eine tschechisch-deutsche Autorentagung unter dem Motto Passagen - Literatur im Übergang statt, die sich der Literatur und dem literarischen Leben in der Tschechischen Republik und in Deutschland widmete und neben Autorenlesungen und Workshops zur Gegenwartsliteratur auch Podiumsdiskussionen über den tschechischen wie deutschen Literaturmarkt bot. Sie wurde zum Impuls für die vorliegende Publikation zur deutschen Prosa des 21. Jahrhunderts der Literaturwissenschaftlerin Naděžda Heinrichová, der Sprachwissenschaftlerin Helena Dědičová (die hier auch als Übersetzerin von Milena Oda figuriert) sowie der Studentinnen der Pädagogischen Fakultät der Universität Hradec Králové.
Rezension zu Chiellino, Carmine/ Shchyhlevska, Natalia (Hgg.) (2014): Bewegte Sprache. Vom 'Gastarbeiterdeutsch' zum interkulturellen Schreiben. Dresden: Thelem, 288 S., ISBN 978-3-942411-60-8
Unter welchen Voraussetzungen entsteht interkulturelle Literatur in Deutschland? Dieser Frage widmet sich der vorliegende Band und untersucht, wie sich der kreative Umgang mit der deutschen Sprache durch drei Autorengenerationen entwickelt hat. Die Beiträge würdigen die Sprachleistungen der jeweiligen AutorInnen und weisen zugleich durch gezielte Analysen auf wiederkehrende Grundtendenzen im Umgang mit der deutschen Sprache hin. Dabei ist besonders von Interesse, wie sich die deutsche Sprache unter dem Einfluss der Literatur interkultureller AutorInnen entwickelt und verändert. Literatur-, Sprach- und Translationswissenschaftler aus mehreren Ländern analysieren wiederkehrende Erzählstrategien und literarische Phänomene in den Werken zahlreicher AutorInnen mit unterschiedlichen Herkunftssprachen und -kulturen.
Rezension zu Catani, Stephanie/ Marx, Friedhelm (Hgg.) (2015): Über Grenzen. Texte und Lektüren der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. Göttingen: Wallstein, 223 S., ISBN 978-3-8353-1723-9
Das Buch Über Grenzen erscheint als zwölfter Band der Reihe Poiesis. Standpunkte zur Gegenwartsliteratur, die sich als 'Forum poetologischer, literaturwissenschaftlicher und literaturkritischer Beiträge im Kontext der Bamberger Poetikprofessur' versteht. Der vorliegende Band passt sehr gut in das Programm der Reihe1, die sich in der Mehrzahl einzelnen SchriftstellerInnen - wie zuletzt Jenny Erpenbeck, Thomas Glavinic oder Annette Pehnt - widmet, werden in ihm doch Werke (Romane und ein Hörspiel) von gleich sieben Gegenwartsautor(inn)en vorgestellt und literaturwissenschaftlich analysiert sowie mit einem Kommentar zu deren Entstehung von den SchriftstellerInnen selbst versehen.
Rezension zu Bergerová, Hana/ Vaňková, Lenka et al. (2015): Lexikalische Ausdrucksmittel der Emotionalität im Deutschen und im Tschechischen. Ostrava: Universität Ostrava, 262 S., ISBN 978-80-7464-460-3
Die Publikation Lexikalische Ausdrucksmittel der Emotionalität im Deutschen und im Tschechischen entstand im Rahmen des von der Forschungsagentur der Tschechischen Republik (GA ČR) geförderten Projektes Ausdrucksmittel der Emotionalität im deutsch-tschechischen Sprachvergleich. An diesem Projekt haben Germanist(inn)en und Bohemist(inn)en der Universität Ostrava, der Masaryk-Universität in Brno und der Jan-Evangelista-Purkyně-Universität in Ústí nad Labem vier Jahre lang zusammen gearbeitet, wobei die besprochene Publikation nur einen Teil der Forschungsergebnisse vorstellt.
Für die deutsche Minderheit spielte die deutschsprachige Presse immer eine bedeutende Rolle. Über sie bewahrte man die deutsche Sprache und wurde es möglich, Informationen in der Muttersprache zu bekommen. Für die tschechoslowakischen Deutschen übernahmen diese Rolle seit 1951 zuerst die Blätter Aufbau und Frieden und seit 1964 die Prager Volkszeitung. Der vorliegende Aufsatz behandelt die Rolle der Prager Volkszeitung für die Identitätsbildung der deutschen Minderheit. Er befasst sich mit der historischen Entwicklung dieser Zeitung bis zu ihrer Einstellung im Jahr 2005 und verfolgt, wie in den einzelnen geschichtlichen Abschnitten, vor allem in jenem bis 1968, dann von 1968 bis 1989 und schließlich seit 1989 das genannte Blatt die Existenz der Deutschen beeinflusst bzw. widergespiegelt hat.
Zeit ihres Lebens bewegte sich Marie Luise Kaschnitz zwischen den Kulturen: denen des Nordens und des Südens, subtiler auch zwischen der deutschen (ihres familiären Ursprungs) und der österreichischen (ihres Ehemannes). In dem gefeierten lyrischen Prosatext Beschreibung eines Dorfes gelingt ihr gleichsam von der Peripherie aus, dem badischen Ort Bollschweil, ein durchaus interkultureller Weltentwurf. Seine tragende Mitte, das Haus Nr. 84, bleibt zwar weitgehend ausgespart, dennoch offenbart sich, welche Energien diese unbeschriebene Mitte des peripheren Dorfes in sich bündelt.
Ausgehend von der Verschränkung der aktuellen Diskurse von Spatial Turn und Emotional Turn wird in dem Beitrag der Frage nachgegangen, inwiefern der Begriff 'Heimat' als Raum des sozialen und symbolischen Handelns des Menschen bzw. dessen Emotionen in den Werken deutschsprachiger Gegenwartsautor(inn)en tschechischer Herkunft konstruiert wird. Während im Roman Die Fassade (Libuše Moníková) der Heimat eine symbolische Funktion eines externen Gedächtnisses zugesprochen wird, rückt in dem Roman Georgs Sorgen um die Vergangenheit… (Jan Faktor) die räumliche Komponente in den Vordergrund. Die Hauptfigur in Novemberfäden (Katja Fusek) konstruiert dagegen ihren Heimatbegriff aus der eigenen emotionsbeladenen Erinnerung heraus, wobei dessen Revision eine notwendige Voraussetzung für die eigene Identitätsbildung auf Grund der Konfrontation von 'Fiktion' und 'Realität' darstellt.
Der Beitrag versucht die Lektüre einer wenig bekannten Erzählung Oskar Panizzas unter machttheoretischen Aspekten. Mit ihrer Fokussierung auf Panizzas Kritik an der Hegemonie des wilhelminischen Kaiserreiches reproduziert die Panizza-Forschung ein Machtverständnis, das Macht als Besitz der Herrschenden konzipiert. Ein solches Verständnis verstellt den Blick auf die produktive Qualität und die performative Wirkung von Panizzas Texten. In Anlehnung an Michel Foucaults Konzept von Macht als produktivem Netz von Kräfteverhältnissen zeigt mein Beitrag, wie sich das Verhältnis zwischen Norm und Abweichung nicht in der zentralen Ausübung einer einzelnen Machtinstanz, sondern in dem dezentralen und produktiven Spiel der Kräfteverhältnisse beschreiben lässt. Vermittels literarischer Techniken inszeniert Panizzas Erzählung Ein scandalöser Fall ein solch dynamisches Machtverständnis und macht dabei die prekäre Beschaffenheit hegemonialer Konstellationen sichtbar.
"… die ehernen Blöcke männlichen Schaffens umkreisen" - Elfriede Jelinek queert Lessing und Goethe
(2016)
Der Beitrag verschränkt kommunikations-, informations-, kulturwissenschaftliche sowie philosophische Ansätze zur Störung mit gender- und queer theory, um Elfriede Jelineks 'Gattung' des Sekundärdramas analytisch zu beschreiben. Jelinek verfasst ihre Sekundärdramen zu kanonisierten Dramen des deutschsprachigen Raums und stellt über ihr typisches, intertextuelles Verfahren Bezug zu den Stücken her, fordert gleichzeitig aber auch die Kombination der Sekundärdramen mit ihren Bezugstexten im Moment der Inszenierung und geht damit über ihr bisheriges Verfahren hinaus. Ausgehend von der Feststellung, dass Jelineks Sekundärdramen in den Umsetzungen am Theater meist als weibliche Gegenschreibung interpretiert werden, will der vorliegende Beitrag zeigen, dass die Sekundärdramen vielmehr an einer Auflösung der Kategorien von 'Weiblichkeit' und 'Männlichkeit' arbeiten. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Thematisierung des Inzests, der mit Judith Butler als vorhandene Ordnungen und Relationen verschiebendes Element gelesen werden kann.
Der Beitrag untersucht anhand von Amazon-Kundenrezensionen zu Werken Judith Hermanns die Beweggründe für deren Verwendung. Dabei wird ersichtlich, dass eine Abgrenzung zur professionellen Literaturkritik vorhanden ist und durch mindestens sechs folgende Gründe ergänzt werden muss: (1.) virtuelle Hilfsbereitschaft, (2.) Nacherzählung des Inhalts, (3.) Wertung und Kaufempfehlung, (4.) Beschreibung des Lektüreprozesses mit Empfehlung für Art und Weise des Lesens, (5.) Kommunikationsmittel zwischen Kunden und Autorin sowie (6.) vernichtender Umgang mit Hörbüchern.
Hinter dem kritischen und kommerziellen Erfolg literarischer Texte stehen nicht selten Autor(inn)en, verstanden als mächtige Akteure des literarischen Feldes sowie als Marken, die beim Publikum bestimmte Erwartungen erwecken und zur Gestaltung von entsprechenden Wertungsstrategien beitragen. Derartige Wertungen überschreiten nicht immer nationale Grenzen. Am Beispiel der polnischen Rezeption der deutschsprachigen Literatur kann bewiesen werden, dass die Macht der genannten Akteure kulturgeographisch begrenzt ist und dass sie im Kulturtransfer stereotypisiert werden. So lassen sich einzelne Rezeptionsfälle in Figuren ausdrücken: Metapher (Allgegenwart) - Günter Grass, Metonymie (Repräsentation) - Elfriede Jelinek, Litotes (Abwesenheit) - Daniel Kehlmann und Wolf Haas im polnischen Feld.
Das literarische Feld Deutschlands wurde lange durch eine Spaltung zwischen West und Ost geprägt, die man nun zu überwinden versucht. Seit der Wende wird nämlich an Mechanismen gearbeitet, die zu einer friedlichen Wiedervereinigung des Literaturbetriebs beitragen können, wie z. B. die Einführung zweier neuer Literaturpreise, und zwar des Deutschen Buchpreises und des Preises der Leipziger Buchmesse. Die beiden haben sich von Anfang an dank des Publikumserfolgs der ausgezeichneten Werke als kanonbildende Instanzen durchgesetzt, die die Richtlinien sowohl des Buchmarktes, als auch der Literaturkritik, stark beeinflussen. Es wird im folgenden Beitrag versucht, durch eine gründliche Analyse der Mechanismen dieser Preise, ihre Rolle als politisch-ökonomische Vorrichtungen, nämlich als 'agent in the cultural economy' (ENGLISH 2005), zu untersuchen. Darüber hinaus wird auch erforscht, wie diese zwei Ehrungen, die Aufnahme einzelner Werke in den herrschenden Kanon ermöglichen oder wesentlich erleichtern, indem sie als materielles Mittel eines 'invisible-hand Phänomens' (WINKO 2002) fungieren, und wie sie zur Produktion von Texten, die als 'Klassiker von heute' bezeichnet werden könnten, beitragen.
Dieser Beitrag versteht sich als Fallstudie zu den Aspekten der Macht und Aufmerksamkeit im literarischen Feld und untersucht beide im Kontext des Deutschen Buchpreises. Dieser Preis wurde während der letzten zehn Jahre zu einem mächtigen Marketingtool im deutschsprachigen Raum. Die Initiatoren und Organisatoren des Deutschen Buchpreises haben die Bedeutung von Aufmerksamkeit im literarischen Feld erkannt und versuchen, möglichst viele Akteure des Feldes an der durch den Preis generierten Aufmerksamkeit partizipieren zu lassen: Verlage, Autor(inn)en, den Buchhandel, den Börsenverein selbst, die Literaturkritik in ihren vielfältigen Erscheinungsformen. Problematisch dabei ist, dass diese Aufmerksamkeitsmaximierung im Rahmen von bestimmten Machtstrukturen erfolgt. Wer lenkt bei diesem Prozess die Aufmerksamkeit worauf und wie passiert das? Wer hat im Rahmen der Hierarchien des Feldes die Möglichkeit, diese Aufmerksamkeit zu nutzen bzw. daran zu partizipieren?