LiTheS Nr. 11, 2014
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Obwohl das Rollenfach von der Forschung bisher stiefmütterlich behandelt wird, scheint die Kategorie zumindest für Schriftsteller und Theaterpraktiker ein ewiger Stein des Anstoßes zu sein. Inwiefern es ein Gewinn sein kann, die Kategorie des Rollenfachs bei der Analyse von Theaterstücken und Dramentexten zu berücksichtigen, wird im Anschluss an die einführenden Erläuterungen zu Definition, Geschichte und Stellenwert des Rollenfachs anhand von zwei Fallbeispielen darzulegen sein. Anhand von Gotthold Ephraim Lessings 'Emilia Galotti' und Friedrich Schillers 'Die Verschwörung des Fiesko zu Genua' soll demonstriert werden, wie unterschiedlich sich der Umgang mit dem Rollenfach auf die Dramentexte und deren Rezeption auswirken kann. Abschließend werden mögliche Konsequenzen für die Dramen-textanalyse angedeutet.
Der Begriff dessen, was Theater ist, hat sich in den letzten 20 Jahren sehr erweitert. Ich will zumindest einige der neuen Erscheinungsformen kurz skizzieren, weil sich mit ihnen die Wertung des Rollenbegriffs verändert hat. Der kompetenteste Chronist des Zustands, der Theaterwissenschaftler Hans-Thies Lehmann, nennt unser Theater 'postdramatisch', weil der Theatertext weithin kein dramatischer Text mehr ist, konstatiert aber natürlich, daß die älteren Ästhetiken weiterbestehen. Es gibt heute auf den Bühnen eine sehr pluralistische Koexistenz von Dramen, adaptierten Filmen und Romanen, szenisch umgesetzten Recherchen, Interviews, biografischen Narrationen, ungegliederten Textflächen, Shakespeares Sonetten, Marx' 'Kapital', Schillers 'Räubern' und des Märchens vom Geist in der Flasche … Wenn Sie als Literaturwissenschaftler und Soziologen ein Symposion zusammenrufen unter der Überschrift 'Person - Figur - Rolle - Typ', nehme ich an, daß es für Sie an diesen Begriffen etwas zu erörtern (zu retten, zu korrigieren, zu verwerfen) gibt. Das ist für mich als Praktiker nicht so. Diese Begriffe sind für uns unbeschadet ihres Alters unstrittig und werden benutzt wie die Werkzeugteile eines Baukastens. Es lohnt sich nicht, darüber zu reden. Worüber es sich zu reden lohnt, ist das, was dazugekommen ist.