Maniculae 2.2021
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Zwar werden erst weitere Untersuchungen erweisen können, ob und inwieweit die neu entdeckten Fragmente ein neues Licht auf die Textfassung und Geschichte der Handschrift, aus der sie stammen, werfen können oder gar auf die allgemeine Text- und Überlieferungsgeschichte des deutschen 'Lucidarius'. In jedem Fall aber hat dieser Heidelberger Neufund die aus der Einband- und Provenienzanalyse gewonnenen Überlegungen zum ursprünglichen Trägerband der von Mone entdeckten 'Lucidarius'-Fragmente vollauf bestätigt. Die Frage, wo bzw. in welchem Buch Franz Joseph Mone die zuerst entdeckten Teile der Göttinger 'Lucidarius'-Handschrift gefunden hat, kann nun als geklärt gelten.
Der kleine Roman 'Die Heidin II' ist mehrfach überliefert, darunter auch in vier Fragmenten von unterschiedlichem Umfang. [...] In den einschlägigen Katalogen der besitzenden Bibliotheken finden sich keine Hinweise auf eine mögliche Zusammengehörigkeit der Fragmente. [...] Erst im Rahmen der Vorbereitung der neuen Ausgabe der 'Heidin II' im DFGProjekt "Edition und Kommentierung der deutschen Versnovellistik des 13. und 14. Jahrhunderts" (2009–2017) wurden endlich Digitalisate aller vier Fragmente angefertigt, sodass sie direkt nebeneinandergelegt und verglichen werden konnten. Dabei wurde sehr schnell klar, dass die vier Bruchstücke eindeutig aus demselben Codex stammen müssen.
Im Katalog "Deutsche Rechtsbücher des Mittelalters" und bei seinen Ergänzungen, die regelmäßig in der Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte erscheinen, werden neben Handschriften und Fragmenten auch Hinweise auf Handschriften aufgenommen, die so unbestimmt sind, dass sie auf Anhieb keinem bekannten Textzeugen zuzuordnen sind. Diese Hinweise sollen es erlauben, neu aufgefundene Handschriften einzuordnen, wie im vorliegenden Beitrag gezeigt wird.
Im Zuge der systematischen Erfassung der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Stadtbücher Deutschlands werden durch die Mitarbeiter des DFG-Langfristvorhabens 'Index Librorum Civitatum' gelegentlich interessante Funde von makulierten Inkunabeln und Handschriften gemacht. [...] Im Stadtarchiv Heringen (Helme) befinden sich 66 Bände, die als "Rechnungen des Raths zu Heringen und Manuale über Einnahme und Ausgabe" bezeichnet werden und eine Laufzeit von 1600 bis 1764 aufweisen. [...] Zwischen den einzelnen Heften fanden sich immer wieder ältere Pergamentblätter, die als Einbände der ursprünglichen Einzelrechnungen gedient hatten. Zumeist handelte es sich dabei um liturgische Handschriften wie Hymnarien oder Gradualien. Im Band mit der Signatur XV. wurde jedoch ein hinter dem Buchblock liegendes, loses Pergamentblatt aufgefunden, das nicht mit einem lateinischen, sondern einem mittelhochdeutschen Text beschriftet war, wobei der Name Willehalm sofort ins Auge fiel. Eine anschließende Textbestimmung ergab, dass es sich bei dem aufgefundenen Fragment um eine Textpassage aus dem 'Rennewart' Ulrichs von Türheim handelte.
Bei den Katalogisierungsarbeiten zur abgelösten Makulatur im Archiv der Hansestadt Wismar trat im Bestand der Akten des Ratsarchivs ein loses Pergamentblatt zutage, das als Makulatur gedient hatte. Das Blatt weist auf Vorder- und Rückseite Beschriftungen auf, die nicht in direktem Zusammenhang miteinander stehen. Auf dem oberen Teil der Verso-Seite des Pergamentblattes findet sich ein Mariengebet im Umfang von neun Zeilen.
Unter den in Archiven und Bibliotheken erhaltenen Einband- und Makulaturfragmenten bilden die auf Hebräisch beschrifteten Reste jüdischer Handschriften eine besondere Gruppe. Die Erforschung dieser jüdischen Fragmente erfährt seit einigen Jahren in Deutschland und auch in benachbarten europäischen Ländern zunehmende Beachtung. Dennoch sind viele Funde noch unbekannt und konnten daher etwa auch im Rahmen größerer Editionsprojekte nicht berücksichtigt werden. Ihre systematische Erfassung stellt daher nach wie vor eine wichtige Aufgabe dar und wird auch in den kommenden Jahren immer wieder interessante Entdeckungen auch an entlegenen Orten zu Tage fördern. Das hier vorgestellte Blatt wurde unlängst in der Universitätsbibliothek Frankfurt entdeckt und bietet einen wichtigen Textzeugen eines bekannten rabbinischen Bibelkommentars.
Die Gemeinde Buxheim bei Memmingen im Südwesten Deutschlands wird seit mehr als 600 Jahren von der dort 1402 gegründeten Reichskartause dominiert. Die Geschichte dieses Klosters ist vor allem wegen dessen Bibliothek und deren eventuellen Schicksals bekannt. Die Kartause wurde 1803 säkularisiert und ging 1810 mit all ihren Einrichtungen in den Besitz der Grafen Waldbott von Bassenheim über. Graf Hugo, der zweite Eigentümer aus diesem Hause, verschleuderte die Buxheimer Kulturgüter, sodass er Konkurs anmelden und den größten Teil des beweglichen Besitzes verkaufen musste, einschließlich der Bibliothek, die auf insgesamt etwa 20.000 Bände geschätzt wird. Zusammen mit Hunderten von spätmittelalterlichen Handschriften und Inkunabeln wurde 1883 die Bibliothek in München versteigert.
Fast vor der Haustüre : zur Wiederentdeckung des verschollenen Predigtfragments Morvay/Grube T 128
(2021)
In einer kleinen, nur neunzeiligen Miszelle teilte J. A. Stargardt von der gleichnamigen Berliner Antiquariatsbuchhandlung 1869 mit, dass er bei einer Auktion aus dem Nachlass von August Vilmar ein Pergamentblatt in Quart aus dem 15. Jahrhundert mit deutschen Predigten erworben habe, das mit folgenden Worten beginnt: "Frocht gebrengen Mach der bose baum | Nyet gude frocht gebrengen." [...] Dank der zunehmenden digitalen Bereitstellung von Materialien und Hilfsmitteln ist es nun gelungen, die Spur zu diesem verschollenen Fragment wieder aufzunehmen und es schließlich zu orten.
Die Überlieferung des Lübischen Rechts nimmt für den Ostseeraum eine zentrale Stellung ein. In über 100 Städten hatte dieses Recht Geltung. Bereits in den 1260er Jahren entstanden erste deutschsprachige Handschriften und im Jahr 1294 veranlasste der Lübecker Kanzler Albrecht von Bardewik eine Neuordnung des Rechts im sog. Bardewikschen Codex. Heute liegt das Lübische Recht in rund 30 mittelalterlichen Codices sowie einer Reihe von Fragmenten vor. [...] Bei der Katalogisierung der abgelösten mittelalterlichen Makulatur im Archiv der Hansestadt Wismar tauchte sozusagen in allerletzter Sekunde, als das Manuskript des Kataloges bereits abgeschlossen war, ein niederdeutsches Fragment auf, das sich inhaltlich sehr schnell als Lübisches Recht entpuppte.
Das Handschriftenfragment Bergen, Universitetsbiblioteket, MS 1550.5 (im Folgenden: MS 1550.5) veranschaulicht das Schicksal vieler Mittelaltercodices der frühen Neuzeit in Norwegen. Die meisten für liturgische Zwecke genutzten Codices wurden als Palimpseste für verschiedene Aktenstücke, Verstärkung in Buchrücken, Fütterung von Brieftaschen u.ä. wiederverwendet. Das hier vorgestellte Pergamentstück mit den Maßen 305 × 175 mm erhielt in der Forschung bereits weitreichende Aufmerksamkeit. Der Fokus lag allerdings auf der lateinischen Textüberlieferung. Der vorliegende Artikel zielt nun darauf ab, das Fragment in Zusammenhang mit seiner Wiederverwendung als altnorwegische Urkunde zu kontextualisieren und mittels einer vollständigen Beschreibung des Fragments dessen Rezeptionsgeschichte zu beleuchten.
Die Handschriftendichte im Norden, speziell im Dreieck der Weser- und Elbemündungen, ist recht gering. Umso erfreulicher ist der Hinweis auf einen spätmittelalterlichen Codex, der - wie es scheint - auf eine bereits ältere Texttradition zurückgeht. Es handelt sich um das Bremervörder Stadtrechtsbuch in Bremervörde, Kreisarchiv des Landkreises Rotenburg (Wümme), Best. C1 Stadt Bremervörde, Nr. 1 (Kurzform: Kreisarchiv ROW, C1 Nr. 1).
Unter der Signatur Frg. 39 werden in der Universitäts- und Landesbibliothek Tirol in Innsbruck (ULBT) drei Papierdoppelblätter, unter Frg. 40 ein Doppelblatt eines geistlichen Prosatextes aufbewahrt, die sich lange einer Identifikation entzogen haben. Geistliche Prosatexte haben seit den Editionen und Studien der 'Würzburger Prosaforschungsgruppe' um Kurt Ruh die germanistische Forschung beschäftigt. Die Editionstätigkeit auf diesem Feld scheint jedoch in jüngerer Zeit weitgehend zum Erliegen gekommen zu sein. Die Kapitelzählung (36, 37, 39) im Text von Frg. 39 ließ auf ein längeres Werk schließen, die Kapitelüberschriften auf eines aus dem Bereich der Katechese. Die Vermutung, dass es sich um die 'Himelstraß' des Augustiner Chorherren Stephan von Landskron (†1477) handeln könnte, ließ sich über den Weg des 'Handschriftencensus' durch Vergleich mit dem Digitalisat einer vollständigen Überlieferung erhärten.
Klosterbibliotheken und -archive bergen mitunter noch ungehobene Schätze. Dies durfte der Autor erfahren, als er während seiner systematischen Suche nach Textzeugen des 'Magnum Legendarium Austriacum' im Archiv des Benediktinerstifts Göttweig (Niederösterreich) auf ein Fragment von Wolframs von Eschenbach 'Willehalm' stieß.