100 Philosophie und Psychologie
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This article attempts to read the Transcendental Dialectic through Meillassoux’s model of the absolute contingency of being in order to rethink some of its central difficulties. Specifically, this concerns better understanding the role played by the categories of relation and modality in the empirical use of the ideas of reason, which underlies their regulative use that is directed at an absolute unity of reason. It will be discussed which questions are implied in the central claim of Meillassoux’s ontology, i.e., that it is possible to derive from the necessity of contingency the existence and noncontradictory being of the thing in itself. First, I will retrace basic points of Meillassoux’s critique of “correlationism”, by means of which he reconfigures the divisions between metaphysics, physics, and ontology. Second, against the background of the Kantian concept of hope, I will examine a relation between the Transcendental Dialectic and ethics, as, respectively, conceived of in Kant and in Meillassoux’s reinterpretation. Third, I will critically ask in how far absolute contingency can be understood as grounding a concept of experience and in which sense the idea of the antinomy chapter in the Transcendental Dialectic contains an argument more complex than Meillassoux’s model suggests.
Am 18. Juni wird Jürgen Habermas, der die Geistes- und Sozialwissenschaften der Goethe-Universität nachhaltig geprägt hat, 95 Jahre alt, und dazu sendet unsere wissenschaftliche Community, der er nach wie vor aktiv angehört, die herzlichsten Glückwünsche. Bis heute ist Habermas’ wissenschaftliche und intellektuelle Stimme national und international eine der meistgehörten, und wir wünschen von Herzen, dass es noch lange so bleiben möge.
Mit Berührung als Phänomen der Grenze und Entgrenzung befasst sich Sandra Fluhrer, und zwar in Texten, die Erscheinungen der Pflanzenwelt in Verbindung mit dem taktilen Sinnesvermögen des Menschen bringen. Ihr Beitrag untersucht Berührung als "exzentrische Denkfigur" in Johann Wolfgang von Goethes Morphologie, Emanuele Coccias "Philosophie der Pflanzen" und in der politischen Anthropologie Helmuth Plessners. Der "Metaphysik der Mischung" in Coccias Pflanzenlehre, die Fluhrer als Aktualisierung der Goethe'schen Metamorphosen und als Gegenwehr zu einem aktuellen Identitäts- und Grenzdenken liest, stellt sie Plessners auch gesellschaftliches Interesse an einem "Berühren auf Distanz" und "exzentrischer Positionalität" zur Seite, das ebenso statische Identitätsvorstellung zurückweise.
Anatol Heller vermittelt zwischen den Annäherungen von Phänomenologie und Kunst. Sein Aufsatz untersucht die Funktion der Selbstbetastung bei Hofmannsthal und Palágyi und greift hierbei auf Husserls Berührungsszene der Hände zurück. Heller geht es vor allem um die tastende Realitäts- und Selbstversicherung, etwa an der Grenze von Traum und Wirklichkeit. In seiner Lektüre stabilisiert das Tasten jedoch nicht die Hierarchie von 'echter' Realität und bloßem Traum oder Fiktion, sondern zeigt im Gegenteil, wie auch das 'Handfeste' auf Fiktionalität und Inszenierungsstrategien aufbauen muss.
Alexander Waszynski argumentiert, dass sich im Medium der Sprache höchstens indirekt thematisieren lässt, was unter 'Berühren' zu verstehen ist, nämlich in der Unhaltbarkeit absoluter Distanz, die das Methodenideal objektiver Wissenschaft jedoch voraussetzt. Anhand von Hans Blumenbergs, Siegfried Kracauers und Jacques Derridas Wiederaufnahmen von Edmund Husserls Krisis-Schrift wird rekonstruiert, wie im 20. Jahrhundert methodologische Instabilität, für die schon bei Husserl die Figur des 'Zickzack' einsteht, programmatisch operationalisiert und mit dem Problem des Berührens verbunden wird.
Nicola Zambon beschäftigt sich mit einer Phänomenologie der Berührung. Er verfolgt die Rolle von Taktilität in den Philosophien Edmund Husserls und Maurice Merleau-Pontys und fragt danach, inwieweit insbesondere Husserl einem Okularzentrismus verbunden bleibt. In Auseinandersetzung mit Husserls berühmter Beschreibung einer Selbstberührung der Hände und deren Modifikationen durch Merleau-Ponty macht der Beitrag einen Vorschlag für eine zukünftige Phänomenologie der Taktilität, die insbesondere die Fremdhautwahrnehmung zu berücksichtigen hätte.
Alma Magdalene Knispel nimmt sich eines Klassikers und Wegbereiters des Denkens von und mit dem Berühren an: Jean-Luc Nancy. Sie geht der Rolle der Haut in Nancys "Corpus" nach und begibt sich damit auf die Spur eines Denkens, das sich von traditionellen Vorstellungen etwa des äußeren Begrenzens und Einschreibens lossagt, um den Körper von dessen Kontaktflächen her neu zu konzeptualisieren.
Hanna Sohns' Text befasst sich mit Luce Irigarays Philosophie und der These, dass Theorie von Geschlechtlichkeit nicht zu trennen ist. Sohns rekonstruiert, mit Irigaray, antike wie moderne Theorien des Geschlechts (Soranos, Freud) und deren Verstricktheit in Regime des Visuellen, um daran Irigarays am Paradigma des Berührens orientiertes Denken zu konturieren.
Rethinking Romanticism with Spinoza : encounter and individuation in Novalis, Ritter, and Baader
(2021)
Siarhei Biareishyk setzt sich mit Berührung bei Novalis, Joachim Ritter und Franz Baader auseinander, bei denen er ein materialistisches Denken findet, das starke Parallelen zur Philosophie Spinozas zeigt. Mit Novalis erweist sich Berührung - und nicht 'Begegnung' wie etwa bei Gilles Deleuze - als eine zentrale Denkfigur für Individuierungsprozesse und Konzepte der Transindividualität. Der um Novalis angesiedelte Kreis der 'Freiberger Romantik' bildet so ein interessantes Scharnier zwischen einem Denken von Berührung und aktuellen Debatten um einen neuen Materialismus.
Was heißt Berühren Denken?
(2021)
Johannes Ungelenk reflektiert über den Titel des Bandes "Berühren Denken". Dem tastenden Spiel zwischen Berühren und Denken sind ausgewählte Stationen der philosophischen Beschäftigung mit dem Berühren zur Seite gestellt (Kant, Hegel, Husserl, Merleau-Ponty, Adorno, Irigaray), die dem vorgeschlagenen berührenden Denken eine Richtung weisen sollen.
Berühren Denken : Vorwort
(2021)
'Theorie' geht etymologisch auf 'Anschauen' zurück. Der Theoretiker gilt gemeinhin als distanzierter Zuschauer. Diese distanzierte Position wird hier hinterfragt. Die Beiträge stützen sich dabei auf eine theoretische Tradition, die sich am Tastsinn als Korrektiv des Sehsinns orientiert. Taktilen Erfahrungsdimensionen wie dem Berühren wird schon lange eine idealisierte 'unmittelbare Wahrnehmung' jenseits von begrifflicher Abstraktion zugeschrieben. Die Autorinnen und Autoren beleuchten dagegen die komplizierte Verwandtschaft von Berühren und Denken und die begrifflichen Verwicklungen und Potenziale des Berührens. Es werden nicht nur unterschiedliche Konzepte von Berührung in Philosophie und Kunst betrachtet, sondern auch theoretische Denk- und Schreibformen erkundet, die selbst 'Berührungen' mit sich bringen.
Berühren Denken
(2021)
'Theorie' geht etymologisch auf 'Anschauen' zurück. Der Theoretiker gilt gemeinhin als distanzierter Zuschauer. Diese distanzierte Position wird hier hinterfragt. Die Beiträge stützen sich dabei auf eine theoretische Tradition, die sich am Tastsinn als Korrektiv des Sehsinns orientiert. Taktilen Erfahrungsdimensionen wie dem Berühren wird schon lange eine idealisierte 'unmittelbare Wahrnehmung' jenseits von begrifflicher Abstraktion zugeschrieben. Die Autorinnen und Autoren beleuchten dagegen die komplizierte Verwandtschaft von Berühren und Denken und die begrifflichen Verwicklungen und Potenziale des Berührens. Es werden nicht nur unterschiedliche Konzepte von Berührung in Philosophie und Kunst betrachtet, sondern auch theoretische Denk- und Schreibformen erkundet, die selbst 'Berührungen' mit sich bringen.
Die maßgebliche Position des Übersetzungskonzepts ergibt nicht nur aus dem unweigerlich vielsprachigen, migrierenden und interdisziplinären Denken des Philosophen, Psychoanalytikers, Ökonomen und Aktivisten Cornelius Castoriadis. Vielmehr existiert ein konkreter Kern des Translatorischen in den zwei konstitutiven Gegenständen seiner Philosophie, im Imaginären einerseits und anderseits in der Politik, die auf die imaginäre Verfasstheit der Gesellschaft zurückgeht. Ob also Castoriadis seinen eigenen Text vom Französischen in die griechische Sprache überträgt oder ob er die Vorstellungswelt der kapitalistischen Gegenwart beschreibt - in beiden Fällen geht es um die Übersetzung als einen kreativen Prozess innerhalb der Sprache, des Denkens oder der Politik.
Was in diesem Aufsatz unternommen werden soll, lässt sich als eine Phänomenologie der pathischen Wahrnehmung charakterisieren: Es geht um die Wahrnehmung, insofern sie als ein leibliches Widerfahrnis erlebt wird. Genauer gesagt: In der Wahrnehmung geschieht eine Einwirkung des Wahrgenommenen auf den Wahrnehmenden, also eine angenehme oder unangenehme Einwirkung des Wahrnehmungsobjekts auf das Wahrnehmungssubjekt, die sich als phänomenaler Bestand erfassen lässt. Das Widerfahrnis gehört daher selbst zum Wahrnehmungsgehalt des wahrnehmenden Subjekts, und nur insoweit ist es das Thema einer Phänomenologie der pathischen Wahrnehmung. [...] Das Ziel dieser Untersuchung besteht darin, die Aufmerksamkeit auf bestimmte Qualitäten der Wahrnehmungsobjekte zu richten, welche in einer jeden Wahrnehmungsphilosophie unter den Tisch fallen, welche sich üblicherweise an epistemischen Fragestellungen orientiert und die Wahrnehmung deshalb primär als sinnliche Erkenntnis befragt. [...] Eine entscheidende Hürde, die einer Phänomenologie der pathischen Wahrnehmung im Wege steht, ist nun jene bereits erwähnte und in Philosophie und Wissenschaft weit verbreitete Auffassung, Wahrnehmung sei sinnliche Erkenntnis und sonst gar nichts - zumindest nichts, was einer philosophischen Untersuchung wert sei. Es bietet sich an, diese Hürde als Primat der Erkenntnis zu charakterisieren. Allerdings ist dies nicht die einzige Hürde, die es zu überwinden gilt, um die Philosophie weiter ins Dickicht der Wahrnehmung hinein zu führen. Es lassen sich immerhin noch zwei weitere unterscheiden, die als Primat der Praxis und Primat des Leibes bezeichnen werden können. Von einem Primat der Praxis lässt sich dort sprechen, wo eine pragmatische Verkürzung in dem Sinne vorliegt, dass Widerfahrnisse nur als Widerstände gegen unser Handeln berücksichtigt werden und das Unangenehme sich damit auf das Hinderliche reduziert. Demgegenüber soll von einem Primat des Leibes, bei dem die häufige Leibvergessenheit der Wahrnehmungsphilosophie geradezu durch eine Leibversessenheit überkompensiert wird, dann die Rede sein, wenn zwar pathische Qualitäten im Mittelpunkt stehen, diese jedoch lediglich als eigenleibliche Zustände verstanden und damit von jeglicher Wahrnehmung weltlicher Objekte abgetrennt werden. In den nun anschließenden Überlegungen sollen zunächst durch eine kritische Abgrenzung gegenüber den genannten drei Hürden die Konturen eines alternativen wahrnehmungsphilosophischen Ansatzes tentativ sichtbar werden. Nach dieser kritischen Auseinandersetzung folgt dann der positive Gegenentwurf, in dem anhand von konkreten Beispielen der Versuch einer Phänomenologie der pathischen Wahrnehmung unternommen wird.
Die folgenden Überlegungen zielen darauf ab, den Übergangscharakter der Erkenntnislehre Feuerbachs auszuweisen, die einerseits an die objektivistische Linie der empiristisch-sensualistischen Philosophie unter den französischen Materialisten anschließt und andererseits auf die ökologische Fundierung des menschlichen Bewusstseins und seiner Leistungen vorausweist, die seit dem letzten Drittel des neunzehnten Jahrhunderts in Philosophie und Wissenschaften Verbreitung gefunden und der aktuellen, in Philosophie und Neurowissenschaften vertretenen Embodiment-Forschung den Weg bereitet hat. So stehen Feuerbachs 'reformatorische' Bemühungen um eine Erneuerung der deutschsprachigen Philosophie nach dem Idealismus in einer bislang noch unbeachtet gebliebenen Fernbeziehung mit den Bemühungen der Gegenwart um eine Revision des klassischen Leib-Seele-Dualismus. Zur Veranschaulichung des Kerngehalts von Feuerbachs französischen Vorläufern greife ich zunächst auf die Radikalisierung des Empirismus einerseits durch den erkenntnistheoretischen Sensualismus und andererseits durch den physiologischen Materialismus zurück, indem ich exemplarisch Etienne Bonnot de Condillacs "Traité des sensations" und Julien Offray de La Mettrie's "L'Homme Machine" als realtypische Ausdrucksgestalten dieser französischen Entwicklungslinie darstelle (1). In einem zweiten Schritt zeige ich Gemeinsamkeiten und Differenzen Ludwig Feuerbachs im Verhältnis zu dieser sensualistischmaterialistischen Traditionslinie des empiristischen Philosophierens auf (2) und schließe damit, wie Feuerbachs Umformung dieser Tradition zugleich auf die Ökologisierung der Erkenntnistheorie um 1900 und vermittelt darüber auch auf die gegenwärtige Forschung zur Philosophie der Verkörperung vorausweist (3).
So unterschiedlich auch immer J. G. Fichtes und Hegels Auffassung des Ich sind, unterscheidet sich I. H. Fichte - der posthume Herausgeber der Werke seines Vaters - in der "Erste[n] Abtheilung: Das Erkennen als Selbsterkennen" seiner Grundzüge zum Systeme der Philosophie 1833 in mehreren Hinsichten, die für den Vormärz charakteristisch sind, noch stärker von ihnen als die beiden voneinander: 1. Am Anfang dessen Entwicklung steht das Ich weder Sachen gegenüber noch setzt es ein Objekt sich gegenüber, sondern das Ich wird von einer Mannigfaltigkeit der Empfindung geradezu besetzt. 2. Die Entwicklung des Ich beginnt nicht mit einer völligen Aktivität, sondern mit einer völligen Passivität, aus der allmählich (keine unbegrenzte) Aktivität entsteht. 3. Das Ich ist am Anfang dessen Entwicklung Mannigfaltigkeit; es konstituiert sich als Ich erst allmählich. 4. Das Ich ist am Anfang weder ein rein universelles Subjekt, in dem Sinne, in dem jedes Ich jedem Ich gleich ist, sondern das Ich ist individuell. Auch im Laufe dessen Entwicklung entsteht kein reines, universelles Ich, sondern es bleibt immer individuell. 5. Anders als das reine Ich bei J. G. Fichte und Hegel steht I. H. Fichtes Ich am "Anfang" seines "System der Philosophie". Die Wahrnehmung steht als "Erste Epoche" am Anfang der Entwicklung des Ich. Die erste Epoche enthält wiederum drei "Stufen" der Wahrnehmung.
February 18th 2024 marked the centenary of the birth of Evald Ilyenkov (1924–1979) - a brilliant and influential Soviet philosopher whose most important early works remained unpublished during his lifetime. Two days before Ilyenkov's 100th birthday, Russian opposition leader Alexei Navalny was found dead in a Siberian prison colony; that news overshadowed the little attention given to Ilyenkov's anniversary in Russia. The manner in which Ilyenkov's centenary and Navalny's death were treated reflects memory culture in Putin's Russia, where the legacies of Soviet Marxism are often suppressed by ultra-nationalist propaganda. Abroad, Ilyenkov's prestige has seen a remarkable rise in recent years, accompanied by translations and new scholarship in, for example, Sweden, Ukraine, Peru, Turkey, Canada and Cuba.