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Der aus Ungarn stammende israelische Satiriker Ephraim Kishon (1924–2005) gilt als ‚Versöhnungsfigur‘ zwischen Deutschen und Jüdinnen und Juden im bundesdeutschen Nachkriegsdiskurs. Seine „israelischen Satiren“ erfreuten sich in der freien Übertragung durch Friedrich Torberg vor allem in den 1960er bis 1990er Jahren enormer Beliebtheit. Dabei wurde zunächst verdrängt, dass Kishon selbst Überlebender der Schoah war und seinen Humor als Überlebensstrategie entwickelt hatte. Bisher wurde die Bedeutung der Schoah für Kishons Schreiben nur unzureichend berücksichtigt.
Birgit M. Körner beleuchtet das Phänomen von Kishons Erfolg in der Bundesrepublik nun von drei Seiten: von der Seite des Autors und Schoah-Überlebenden Kishon, von der Seite des Mitschöpfers und Übersetzers Friedrich Torberg und von der Seite der Rezeption durch ein postnationalsozialistisches deutschsprachiges Publikum.
Im Fokus steht zunächst die Rekonstruktion von Kishons Verfolgungs- und Überlebenserfahrung anhand bisher unbekannter Akten und der Nachweis, dass sich deren Spuren in Kishons Satiren finden lassen. Kishon und Torberg konstruieren einen „israelischen Humor“, der maßgeblich auf den europäischen jüdischen Humortraditionen – dem ostjüdischen Witz und der jüdischen Tradition des literarischen Sarkasmus – sowie auf Kishons Schoah-Überleben basiert. Deutlich wird dabei Torbergs Tendenz, das deutschsprachige Publikum zu ‚schonen‘ und explizite Stellen zu streichen, u.a. um eine positive Haltung zu Israel zu fördern. Kishon selbst stand seiner Rolle als ‚Versöhnungsfigur‘ für ein westdeutsches Publikum durchaus ambivalent gegenüber.
Sondernewsletter / Fachverband Judaistik - Jüdische Studien - Jüdische Theologie in Deutschland e.V.
(2021)
Poesie ermöglicht Zugänge : Potenziale deutschsprachig-muslimischer Lyrik für Unterricht und Praxis
(2023)
Im Folgenden soll ein kurzer Überblick gegeben werden über die schiitische Sicht der frühislamischen Geschichte sowie über einige Phänomene, die sich daraus ergeben haben. Sie sind Hindernisse einer islamischen Einheit und müssten, sollte ein ernsthafter Versuch einer solchen verfolgt werden, mit deutlich mehr Mut angegangen werden. Dabei geht es hier weniger darum, alle Unterschiede zwischen Schia und Sunna aufzuzeigen, als sich auf die wirklich problematischen Felder zu konzentrieren, die nicht Folgen späterer, oft zufälliger Entwicklungen sind, sondern Weichenstellungen, die in der Frühgeschichte zu verorten sind. Bisher werden diese neuralgischen Punkte bei den Versuchen einer islamischen Ökumene, um diesen sehr christlich belegten Begriff an dieser Stelle doch einmal zu verwenden, meist umgangen, weil man um ihre Brisanz und Sprengkraft weiß. Doch müsste die Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Geschichtsbildern erfolgen, da sie ein wichtiges innerislamisches Differenzkriterium bilden; zumindest sollte man sich klar darüber sein, dass es unterschiedliche Geschichtsbilder gibt und sie ein Differenzkriterium bilden.
Entstanden in einem Milieu aus exklusivistischen islamischen Bewegungen, baut die Gewalttheologie der dschihadistischen Organisationen wie der al-Qa‘ida oder des IS auf eine Geschichtstheologie, welche Verfalls- und Dekadenzdiagnosen über die Situation der islamischen Welt und der Muslime mit eschatologischen Elementen verknüpft. In der Konsequenz müsse diese Dekadenz zum Zerfall der Welt und zum Anbruch der Endzeit führen, als deren kämpfende Avantgarde und notwendige Vorbedingung sich die dschihadistischen Akteure stilisieren. Videos mit identifizierbaren erzählerischen Elementen gehören dabei zu zentralen Mitteln der dschihadistischen Kommunikation. Anhand eines Fallbeispiels untersucht der Artikel die geschichts- und gewalttheologisch geprägten Strukturen der IS-Videopropaganda. Zugleich wird auf im muslimischen Spektrum generierte Alternativen zu dieser exklusivistischen Geschichtstheologie verwiesen, die nicht von einem sich in der Geschichte enthüllenden ‘Heilsplan’ Gottes ausgehen, sondern auf der Prämisse der Unabgeschlossenheit und der offenen Bewegung menschlichen Denkens beruhen und damit eine Epistemologie anbieten, die nicht Spielarten des Identitären befördert.
Der Artikel wirft einige Schlaglichter auf die Geschichtsbilder und -vorstellungen, die im modernen muslimischen religiösen Denken seit dem späten 19. Jahrhundert zum Tragen gekommen sind. Insbesondere im Blick steht dabei die Frage nach dem Umgang mit eigener Geschichtlichkeit und mit den Konsequenzen, die sich daraus für die Ausgestaltung von Islamität ergeben. Die unterschiedlichen Gewichtungen und Verknüpfungen von Vergangenheit und Gegenwart und die Frage, ob die Bedeutung des historischen Wandels für die eigenen Erkenntnisprozesse mitreflektiert wird, entscheidet, so die These, über den Umgang des religiösen Denkens mit neuen Wissensbeständen, Epistemen und methodischen Verfahren ebenso wie darüber, ob diese als legitim angesehen werden, um als authentisch islamisch akzeptiert zu werden.
Buber digital
(2021)
Ein neues Langzeitprojekt erschließt Korrespondenzen aus dem Nachlass Martin Bubers für die Digitalen Geisteswissenschaften: Im Frühjahr 2021 nimmt das von Christian Wiese geleitete Akademieprojekt „Buber-Korrespondenzen Digital: Das Dialogische Prinzip in Martin Bubers Gelehrten- und Intellektuellennetzwerken im 20. Jahrhundert“ seine Arbeit auf. Das für 24 Jahre bewilligte Projekt, das an der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz beheimatet ist und insgesamt mit 9,2 Millionen Euro vom Bund und dem Land Hessen gefördert wird, erfolgt in Kooperation mit der Israelischen Nationalbibliothek in Jerusalem, der Friedrich-Schiller-Universität Jena und der Boston University. Das Projekt bildet den Mittelpunkt des 2021 am Fachbereich neu gegründeten Buber-Rosenzweig-Instituts für jüdische Geistes- und Kulturgeschichte der Moderne und Gegenwart.
"Imara – Moscheen und Umweltschutz" : Moscheegemeinden als Akteurinnen nachhaltiger Entwicklung
(2021)
Dr. Dominik Müller hat für seine Dissertation zehn Monate in Malaysia verbracht. Sein Interesse galt dem Jugendflügel der größten islamistischen Oppositionspartei, der Parti Islam Se-Malaysia, kurz PAS. Die PAS-Jugend trage mit Mitteln der Populärkultur zur Neuausrichtung der Gesamtpartei bei – so ein Hauptergebnis der Studie, die im Januar 2014 unter dem Titel „Islam, Politics and Youth in Malaysia: The Pop-Islamist Reinvention of PAS“ im Londoner Verlag Routledge erscheinen wird. Müller wurde für seine Arbeit, die er bei der Frankfurter Ethnologin Prof. Susanne Schröter geschrieben hat, mit dem Forschungsförderungspreis der Frobenius-Gesellschaft ausgezeichnet. Nach einem Stipendium an der Standford University in der ersten Jahreshälfte ist er seit diesem Sommer Postdoktorand am Exzellenzcluster „Die Herausbildung normativer Ordnungen“.